Einleitungstext zum
Archiv zur Geschichte der Behindertenbewegung - SELBSTBESTIMMT LEBEN BEWEGUNG in Österreich
Inhalt:
- Einleitende Zusammenfassung – ein Überblick
- Das Dokumentationsarchiv zur Geschichte der Selbstbestimmt Leben Bewegung in Österreich
- Schwerpunkte und Bereiche des Onlinearchivs
- Das Forschungsteam/ Projektteam
- Dank
- Geschichte der Behindertenbewegung in Österreich in der Zwischenkriegszeit 1924 bis 1938
- Zusammenfassung der Geschichte der Selbstbestimmt Leben Bewegung ab 1945
- Geschichte der Selbstbestimmt Leben Bewegung ab 1945
- Zentren für Selbstbestimmtes Leben
- People First
- Strategie der Selbstbestimmt Leben Bewegung
- Tendenzen von Behinderten- und Selbsthilfepolitiken
- Literatur
Einleitende Zusammenfassung - ein Überblick
Die Geschichte der Behindertenbewegung ist in Österreich, aber auch international bisher nicht systematisch aufgearbeitet worden. Selbsthilfebewegungen von Menschen mit Behinderungen existieren in Österreich seit der Zwischenkriegszeit (1918 bis 1938) und versuchen zur Existenzsicherung behinderter Menschen Soziale Rechte und soziale Sicherungen zu erreichen. Neue Soziale Bewegungen von behinderten Menschen orientieren sich ab den 1970er-Jahren an Menschenrechten und Selbstbestimmung; es entsteht als Graswurzelbewegung die Selbstbestimmt Leben Bewegung. Zur Geschichte dieser Bewegungen in Österreich im Kontext der österreichischen Behindertenpolitik sind bisher wenig Dokumente und Texte veröffentlicht. Um das Gedächtnis der Behindertenbewegung zu unterstützen, stellt das vorliegende Archiv eine Vielzahl von ausgewählten Dokumenten und die Gesamtausgaben der Zeitschrift „Der Krüppel“ (1927-1938), sowie der Zeitschrift LOS (1983-1992) zur Verfügung. In Interviews mit 14 ZeitzeugInnen wird die Geschichte der Behindertenbewegung und Behindertenpolitik in Österreich von den 1970er-Jahren bis zur Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention 2008 lebendig.
Das Dokumentationsarchiv zur Geschichte der Selbstbestimmt Leben Bewegung in Österreich
Das Vorhaben der Erstellung eines Dokumentationsarchivs zur Geschichte der Selbstbestimmt Leben Bewegung in Österreich wurde von Volker Schönwiese angeregt, der selbst Mitglied der GründerInnengeneration der Selbstbestimmt Leben Bewegung ist. Er hat den Aufbau des vorliegenden Archivs gemeinsam mit einem Team aus behinderten und nichtbehinderten WissenschaftlerInnen der Universität Innsbruck[1] und Wien[2] in einer dreijährigen Projektphase umgesetzt. Das Projekt wurde von der Universität Salzburg finanziert, Zusatzmittel stellten BIDOK (digitalen Bibliothek zur Integrativen /inklusiven Pädagogik) und Selbstbestimmt Leben Tirol zur Verfügung.
Die Idee des Archivs ist es, zeitgeschichtliche Ereignisse dem Vergessen zu entreißen und der österreichischen Selbstbestimmt Leben Bewegung ein Gedächtnis zu verleihen, das vermittelt durch die Gegenwart in die Zukunft reichen soll. Von Beginn an war klar, dass dieser Anspruch nicht nur durch die Anhäufung und Sammlung von Einzeldokumenten, Film- und Tonaufnahmen eingelöst werden kann. Im Sinne eines partizipativen Prozesses und in Anlehnung an die Oral History sollten deshalb VertreterInnen aus der Gründungsphase der Bewegung selbst zu Wort kommen, um ihre eigene Geschichte in Verbindung mit der Selbstbestimmt Leben Bewegung aus heutiger Perspektive neu zu erzählen und zu reflektieren. So wurden mit 14 Personen über 50 Stunden Filminterviews durchgeführt, über 1.000 Dokumente gesammelt, gesichtet und eine Auswahl von repräsentativen oder zentral wichtigen Dokumenten für die Veröffentlichung im Onlinearchiv ausgewählt und vorbereitet.
Das Onlinearchiv, das seit März 2017 freigeschaltet und zugänglich ist, beinhaltet die bearbeiteten Filminterviews mit den AktivistInnen und eine Zeitleiste, die mit ausgewählten schriftlichen Dokumenten und mit einer Vielzahl von zeithistorischen Ton- und Filmaufnahmen unterlegt ist sowie die gesamten Ausgaben der digitalisierten bewegungspolitischen Zeitschriften „Der Krüppel“ und „LOS“. Ein weiterer Bereich, der sich derzeit noch im Aufbau befindet und der die Zukunft im Blick behalten will, widmet sich wissenschaftlicher Forschung zur Selbstbestimmt Leben Bewegung, die durch das Archiv angeregt werden soll.
[1] Univ. Ass. Dr. Sascha PLANGGER und Mag.a Christine RIEGLER.
[2] Univ. Ass. Dr.in Gertraud KREMSNER und Benjamin EMBERGER.
Schwerpunkte und Bereiche des Onlinearchivs
- Die Filminterviews
Wie bereits erwähnt wurden mit 14 Personen Filminterviews in einer Gesamtlänge von über 50 Stunden durchgeführt. In einem ersten Schritt wurden die Interviews transkribiert und einer Grundcodierung mit Atlas.ti unterzogen, woraus sich thematische Kategorien ableiten ließen. Anhand dieser Kategorien wurden die Filminterviews geschnitten und einzelne Filmsequenzen thematischen Schwerpunkten zugeordnet. Nun können die auf der Homepage zur Verfügung gestellten Filminterviews nach ausgewählten Themen durchforstet und angeschaut werden.
Sowohl die transkribierten Interviews als auch die thematischen Filmschnitte wurden den InterviewpartnerInnen zur kommunikativen Validierung übermittelt. Dieser Schritt war nicht nur aus methodischer Sicht wichtig, sondern auch zur Vergewisserung, welche Interviewsequenzen eine Veröffentlichung erlauben. - Die Zeitleiste
- Die Zeitschrift LOS
- Die Forschungsplattform
Literatur zur Selbstbestimmt Leben Bewegung
Forschungsprojekte zur Selbstbestimmt Leben Bewegung
Archivprojekte zur Selbstbestimmt Leben Bewegung
Das Forschungsteam/Projektteam:
- Volker Schönwiese (A.o.Univ.-Prof. i.R. Dr., Uni Innsbruck & Obmann Verein BIDOK)
- Sascha Plangger (Univ. Ass. Dr., bis 2017 an der Uni Innsbruck, Institut für Erziehungswissenschaft)
- Gertraud Kremsner (Univ.Ass. Dr.in, Uni Wien, Institut für Bildungswissenschaft bzw. Zentrum für LehrerInnenbildung)
- Benjamin Emberger (BA, bis 2016 an der Uni Wien, Institut für Bildungswissenschaft)
- Christine Riegler (Univ.Ass. Mag.a, Uni Innsbruck, Institut für Erziehungswissenschaft)
- Kamera, Video-Schnitt: Fridolin Schönwiese
- Transkription, Text-Korrektur, Untertitelung: Judith Auer, MMag.a Natalie Mayr
- Erstellung der Homepage: Mag.a Katharina Ager, MA
- Unterstützung beim Einleitungstext: Mag.a Petra Flieger (Textteil „People 1st“)
Dank
Vielen Dank an die 14 Personen, die sich für Zeitzeugen-Interviews zur Geschichte der Selbstbestimmt Leben Bewegung zur Verfügung gestellt haben! Wir alle werden an den ausführlichen Berichten und Reflexionen, die öffentlich zur Verfügung gestellt werden, lernen.
Das Forschungsteam und die digitale Bibliothek bidok danken insbesondere der Universität Salzburg, die auf Initiative der Behindertenbeauftragten der Universität Mag.a Christine Steger die finanzielle Förderung für den Aufbau der Forschungsplattform zur Verfügung stellte. Ohne diese Förderung wäre diese Archiv-Initiative nicht zustande gekommen. Danke auch an Selbstbestimmt Leben Innsbruck für einen finanziellen Zuschuss.
Geschichte der Behindertenbewegung in Österreich in der Zwischenkriegszeit von 1924 bis 1938
Im Zuge der Industrialisierung im 19. Jhd. kam es zu einem rasanten Anstieg der Anzahl von Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen. Menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit, hohe Arbeitsbelastungen, gesundheitsschädliche Produktionsverfahren, fehlende Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz, Ausbeutung und Verelendung hatten zerstörerische Folgen für die Gesundheit und das Leben der arbeitenden Bevölkerung. (Fuchs 1999a) Als Folge des Kampfes der Arbeiterbewegung im 19. Jhd. gegen krankmachende Lebensbedingungen und für eine revolutionäre ökonomische und politische Umwälzung wurden erste soziale Sicherungssysteme eingeführt, deren Aus- oder Abbau historisch fortlaufend Anlass für politische Auseinandersetzungen war und ist.
Bei Wegscheider (2016) ist auf bidok nachzulesen, welche Leistungen der noch „rudimentäre Sozialstaat“ in Österreich in der Zwischenkriegszeit für Menschen mit Behinderungen bereitstellte. Die Kriegsopfer (vgl. Pawlowsky/ Wendelin 2015) hatten sich zwar durch demonstratives Auftreten bestimmte Leistungen erkämpft (Heilbehandlungen, Krankengelder, die Förderung von Körperersatzstücken und orthopädischen Behelfen, berufliche Rehabilitation, Invaliden- und Hinterbliebenenrente, Beschäftigungsquote für die Wirtschaft und die Vorschreibung einer Ausgleichstaxe bei Nichterfüllung), die Leistungen waren allerdings gering und die Armut der Kriegsopfer war und blieb hoch, trotz ihres anfänglichen Heldenstatus. Die allgemeine gesetzliche Unfall-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung war ebenfalls bescheiden, in der Leistungsgewährung kausal an Erwerbstätigkeit orientiert und für unterschiedliche Berufsgruppen mit unterschiedlichen Leistungen bedacht. Für nicht im Erwerbsleben stehende oder als erwerbsunfähig eingeschätzte Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderungen waren bis 1938 primär die Gemeinden im Rahmen der Armenfürsorge zuständig. Die Situation für sie war im Vergleich zu anderen Personengruppen am prekärsten.
Für die Geschichte der Behindertenbewegung in der Zwischenkriegszeit ist die Geschichte der „Ersten österreichischen Krüppelarbeitsgemeinschaft“ exemplarisch; sie ist als Selbsthilfebewegung durch ihre mediale Präsenz und die von ihr herausgegebene Zeitschrift „Der Krüppel“ (1927-1938) gut zu dokumentieren.
Die „Erste österreichische Krüppelarbeitsgemeinschaft“
Zu den Begriffen:
Die Bezeichnung Krüppel war in der Zwischenkriegszeit durchaus üblich, wenn auch eine Diskussion begann, ob nicht andere Begriffe verwendet werden sollten. Siegfried Braun, erster Obmann der „ersten österreichischen Krüppelarbeitsgemeinschaft“ argumentiert:
Was uns Krüppel zu Boden drückt ist nicht das Wort, sondern die Wertung, das Vorurteil, das die Allgemeinheit, sei es der Staat oder die Gesellschaft damit verbindet. Ich sehe gar keine Änderung darin, daß ich nur die Signatur ‚Körperbehinderter‘, ‚Körperbeschädigter‘, ‚Bewegungsgestörter‘, ‚Zivilinvalide‘ erhalte. Auf gut wienerisch gesagt, würde das heißen: g'hupft wie g‘sprungen.“ (Siegfried Braun, Der Krüppel, 5 1928, S. 75)
Dennoch kommt es über mehrere Jahre zu einer vielstimmigen, teilweise heftigen Diskussion, da viele Mitglieder der Krüppelarbeitsgemeinschaft den Begriff als sehr abwertend kennen. Vor allem AktivistInnen der Krüppelarbeitsgemeinschaft sehen die Begrifflichkeit Krüppel als wichtigen Kampfbegriff, Professionelle wollen ihn ebenfalls erhalten. Der Begriff Krüppel bleibt als Titel der Zeitschrift der Gemeinschaft bestehen, ab der Nr. 5/6 1930 wird jedoch als Untertitel bei „Krüppelarbeitsgemeinschaft“ hinzugefügt: „Vereinigung der Körperbehinderten Österreichs“.
Gründung und Tätigkeit
Siegfried Braun ergriff 1924 die Initiative, eine Interessensvertretung für nichtversicherte körperbehinderte Menschen ins Leben zu rufen, um aus eigener Kraft und durch Selbsthilfe die Not der Krüppel zu lindern und um das Krüppelproblem zu lösen. Braun schreibt:
„Schon im Jahre 1915 bemühte ich mich, eine Auskunfts- und Beratungsstelle für Krüppel zu errichten. Aus folgenden Ursachen: Im Jahre 1913 war ich von Olmütz in Mähren nach Wien übersiedelt, in der Hoffnung, daß von den großen Versprechungen, die mir Primarius Dr. Kienast als Leiter des damaligen Krüppelfürsorgevereines "Leopoldineum" und der berühmte Orthopäde Prof. Lorenz als Leiter der Universitätsklinik machten, wenigstens ein Bruchteil eingelöst werden würden. Aber von beiden Seiten bekam ich als Abfertigung jene Worte zu hören, die immer als Damoklesschwert über uns Schwerkrüppeln hängen, wenn wir arm sind und keine Angehörigen besitzen, die in eigener Entsagung die schwere Pflicht übernehmen, die eigentlich Aufgabe des Staates und der Gesellschaft sein müßte. ‚Am besten ist es, Sie gehen ins Siechenhaus‘, das war der letzte Rat der Wissenschaft an einen 22 jährigen Menschen. Mich befiel Verzweiflung. Ich sagte mir: ‚Gut, ich geh' ins Siechenhaus, aber vorher schaffe ich eine Stelle, die anderen Krüppeln das jahrelange Suchen und dann Zuspätkommen für eine Hilfe nach Möglichkeit erspart.‘ “ (Der Krüppel, 9/10 1934, S. 37-38)
Mit einer starken Interessensvertretung war vor allem die Hoffnung verbunden, Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen, um nach internationalem Vorbild ein Krüppelfürsorgegesetz zu verabschieden: „…. Schaffung eines geeigneten Krüppelfürsorgegesetzes, wie solche bereits in anderen Kulturstaaten bestehen.“ (Der Krüppel, 10 1928, S. 149) Denn bis auf einzelne Einrichtungen gab es zur damaligen Zeit in Österreich keine funktionierende staatliche Krüppelfürsorge. Die Finanzierung der Krüppelfürsorge war Angelegenheit der Familie oder im Falle von Mittellosigkeit der kommunalen Armenfürsorge. Diese basierte auf dem Subsidiaritäts-, dem Heimatrechts- und dem Einzelfallprüfungs-Prinzip. Die Basis bildete das Heimatrechtsgesetz von 1863, das bis 1938 galt. Es regelte zwei bedeutende Grundrechte: Erstens, das Recht auf bedingungslosen Aufenthalt in einer bestimmten Gemeinde und zweitens, daran geknüpft, das Recht auf Versorgung durch diese Gemeinde. Das Versorgungsrecht war durch den Grundsatz der Subsidiarität beschränkt und als nachrangige Nothilfe konzipiert. Hilfe erhielten nur jene Personen, die sich nicht selbst helfen können. Für erwerbsunfähige Menschen mussten die Gemeinden für Verpflegung, Kleidung, Wohnraum und Krankenversorgung aufkommen. Rehabilitative medizinische Maßnahmen wurden kaum organisiert, die Gemeinden waren nicht verpflichtet Behelfe, wie Rollstühle oder Prothesen, zur Verfügung zu stellen. Für viele Betroffene war die Übersiedelung in Armen- oder Versorgungshäuser die einzige Option, wo neben alten Menschen auch junge erwerbsunfähige Personen in autoritärer Abhängigkeit, Fremdbestimmung und sozialer Ausgrenzung lebten. (vgl. Wegscheider 2016)
Nach Zurverfügungstellung eines Büros im Lokal der Kriegsinvaliden in Wien Lerchenfelderstraße wurde 1924 der ursprüngliche Selbsthilfebund der Körperbehinderten Österreichs gegründet. (Der Krüppel, 9/10 1930, S. 1) Durch die ungeplante Aufnahme von Betriebsinvaliden bzw. Unfallrentnern und ihres Einflusses auf die Ausrichtung des Selbsthilfebundes, gerieten die Interessen der sog. Geburts- und Krankheitskrüppel allmählich ins Abseits. Es wurde eine Trennung vollzogen und es gründete sich die „Erste österreichische Krüppelarbeitsgemeinschaft“ (ebd.), die nach eigenen Schätzungen ca. 60.000 Personen vertrat. In der Erkenntnis der Notwendigkeit eines Sprachrohrs für die Positionen und Forderungen der Krüppelarbeitsgemeinschaft wurde ab 1927 die Zeitschrift „Der Krüppel“ herausgegeben, im Untertitel steht „Mitteilungsblatt der ‚Ersten österreichischen Krüppelarbeitsgemeinschaft‘ Zeitschrift für Wahrung der geistigen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Krüppel Österreichs von der Geburt, durch Krankheit und Unfall ohne Rente“. Die Zeitschrift sollte bewusstseinsbilden wirken, sowie öffentliche Stellen und politische Repräsentanten auf das Krüppelproblem aufmerksam machen.
Die Krüppelarbeitsgemeinschaft gründete aufgrund der Notlage in einer typischen Selbsthilfereaktion mehrere selbstorganisierte Werkstätten, um Arbeit zu schaffen und demonstrativ die Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Krüppel zu beweisen. Letztlich konnten 60 Arbeits-Plätze in Werkstätten durch Spenden und dem Verkauf von Produkten finanziert werden. Beratung, interne Fürsorge, Fortbildung (Bildungssektion), Kontaktpflege unter den Mitgliedern (Musik-, Gesangs-, Schach-, Sport-, Wander- und Exkursionssektion), Arbeitsvermittlung, die Führung der Werkstätten und der Versuch politische Ziele umzusetzen waren die zentralen Tätigkeiten der Krüppelarbeitsgemeinschaft (Bericht Generalversammlung, Der Krüppel, 3-4 1937, S. 10-20).
Forderungen und Entwicklung
Unter der zentralen Parole Arbeit nicht Mitleid sollte menschwürdiges Wohnen und Arbeiten erreicht werden, ein eigenes Bundes-Leistungsgesetz sollte helfen, der Armuts-, Wohltätigkeits- und Mitleids-Falle zu entkommen. In der politischen Konfrontation der 20er-und 30er-Jahre hatten die nur von den Sozialdemokraten (kurz vor ihrem Verbot) im Nationalrat unterstützten Forderungen keine Chance. Der praktische und politische Erfolg blieb mäßig, nach einem spürbaren Optimismus in den 1920er-Jahren dominierte danach im Selbsthilfeverband immer mehr Enttäuschung, ein entscheidender Wendepunkt dabei war das Bürgerkriegsjahr 1934.
Zu Beginn waren die Forderungen der Krüppelarbeitsgemeinschaft einerseits an existierenden Maßnahmen für Kriegs- und Unfallopfer orientiert. Dies betraf z.B. Heilbehandlungen, die Förderung von Körperersatzstücken und orthopädischen Behelfen sowie die Gleichstellung bei Arbeitsbeschaffung mit Kriegsgeschädigten. Andererseits wurden intensiv neue Maßnahmen in Richtung Bildung, Wohnen und Beruf gefordert, immer im Mittelpunkt Arbeit und Arbeitsbefähigung zu erreichen, immer mit der Betonung, dass Krüppel/Körperbehinderte grundsätzlich arbeits- und leistungsfähig sind. Es wurde davon ausgegangen, dass durch den Auf- und Ausbau von Sonderschulen, beruflicher Bildung/Rehabilitation, Werkstätten und Wohnheimen entsprechende Arbeitsfähigkeit gebildet werden kann. Entgegen der damaligen Verfassungslage sollte dies in einem Bundesleistungsgesetz geregelt werden. Der Verband pflegte engsten Kontakt mit führenden Sonderpädagogen und Ärzten in Österreich (soweit erkennbar, nur Männer) und ließ sie in der Zeitschrift „Der Krüppel“ zu Wort kommen (z.B. vielfach den Wiener Sonderschul-Direktor Hans Radl). Dazu wurde in der Zeitschrift zentral auf den deutschen Orthopäden Konrad Biesalski, als Vertreter von medizinisch-beruflicher Rehabilitation, verwiesen, z.B.: „Es wäre daher die Pflicht aller maßgebenden Stellen, unsere Arbeit in bezug auf die produktive Krüppelfürsorge in noch größerem Maße als bisher zu unterstützen, um eine weit höhere Zahl von Krüppeln der wertschaffenden Arbeit zuzuführen und so aus ‚Almosenempfängern Steuerzahler‘ zu machen, eine Grundforderung des Pioniers der deutschen Krüppelfürsorge Prof. Biesalski.“ (Der Krüppel, 11-12 1934, S. 43) Dazu bezog sich die Vereinigung immer wieder auf den deutschen Psychologen und Sonderpädagogen Hans Würtz, als Vertreter der Krüppelseelenkunde, und ließ ihn auch direkt zu Wort kommen (z.B. 12 1928, S. 170-173). All dies ist aufgrund der massiven Problemlage bei einer von Siegfried Braun geschätzten Anzahl von 6.000 behinderten Kindern ohne Schulbildung und ohne Grundversorgung (Arbeiterzeitung 20.8.1926, S. 5) in Österreich verstehbar. Hans Jiricek nannte in einer Parlamentsrede 1931 „ …. eine namhafte Zahl von schulpflichtigen Kindern [die] weder privat noch öffentlichen Schulunterricht genießen“. (Der Krüppel 3-4 1932, S. 5) Die Position des Verbandes entsprach dem sozialdemokratischen Schulreformprogramm von Otto Glöckel, der sich für ein gegliedertes Schulsystem einsetzte und Sonderschulen gründete, um „Hilfsschüler … erwerbs- und gesellschaftsfähig“ zu machen (vgl. Gstettner 1982). Die Krüppelarbeitsgemeinschaft beteiligte sich damit allerdings an einer langfristig hochproblematischen Entwicklung: „Schulreform und ärztliche Kunst, sie haben in der Tat vor nichts halt gemacht und gemeinsam jene typisch ‚deutsche Sonderentwicklung‘ ( ….) eingeleitet, die unser Land heute an die Spitze jener Staaten gebracht hat, die durch ein besonders streng gegliedertes, unflexibles, nichtintegriertes und obrigkeitsstaatliches Schulsystem auffallen. Und dabei war das Schulreformprogramm von Otto Glöckel ein durchaus liberales.“ (ebd.)
Die Krüppelarbeitsgemeinschaft nahm kritische Argumentationen einzelner AktivistInnen des deutschen Selbsthilfebund der Körperbehinderten (auch Otto Perl-Bund genannt) gegen Sonderbeschulung und gegen die Krüppelseelenkunde nicht auf. Friedrich Malikowski, Hilde Gruhl und Otto Perl, die in Österreich referierten, scheinen sich in Österreich mit kritischen inhaltlichen Positionen zurückgehalten zu haben (zum Konflikt zwischen Selbsthilfe und Krüppelfürsorge siehe die Kapitel 2.1.4 und 2.1.5 bei Fuchs, 1999a; zu Otto Perl: Fuchs 1999c). In der Linie, sich argumentativ auf leistungsfähige Körperbehinderte zu konzentrieren und deren produktiven Wert hervorzuheben, gibt es allerdings eine Ähnlichkeit mit der Position von Otto Perl, der sich „in seinem Aufsatz ‚Auswählende Krüppelfürsorge‘ von 1935 für eine Trennung der ‚geistig vollwertigen von den geistesschwachen und pervers veranlagten Gebrechlichen‘ …. ausspricht. In diesem Zusammenhang begrüßt er die erbbiologischen Maßnahmen des Nationalsozialismus, 'denn erst hierdurch bekommt der Auslesegedanke in der Krüppelfürsorge wie überhaupt in der Volksgesundheitspflege seine grundlegende Wichtigkeit für die Durchführung praktischer Hilfsmaßnahmen.‘ " (Fuchs 1999c) Die österreichischen AutorInnen im „Der Krüppel“ vermieden es, diese Trennung zu direkt anzusprechen, in der vielfachen Betonung der Leistungsfähigkeit ist die Abgrenzung zu „Geistesschwachen“ aber klar vorhanden.
Die Krüppelarbeitsgemeinschaft bewegte sich im internationalen Mainstream der sich institutionalisierenden Krüppelfürsorge und Rehabilitationspolitik. Im „Krüppel“ wird intensiv über Entwicklungen in ganz Europa berichtet und versucht, die eigenen Forderungen damit zu unterstützen und zu legitimieren. Es wird z.B. berichtet über: Deutschland (1 1928, S. 3-5; 4 1928, S. 49-52), England und Wales (7/8 1928, S. 97-102), Russland (10 1928, S. 146-149), die Tschechoslowakei (12 1928, S. 173-175), Schweden (11/12 1930, S. 3-4) die Schweiz (7/8 1928, S. 102-104; 9/10- 1931, S.4-6), Dänemark (1/2 1934, S. 6-7), Norwegen (10 1928, S. 140-146; 7/8 1934, S.31f), Holland (3/4 1935, S. 13-15), über Studienreisen (Siegfried Braun: „Internationalisierung der Krüppelfürsorge und Krüppelselbsthilfe“, in: Der Krüppel, 10 1927, 75-77) und die Teilnahme an der 1. Weltkonferenz für Krüppelfürsorge in Genf (Der Krüppel 11/12 1929, S. 270-272).
Als Strategie, die Ungleichstellung gegenüber Kriegsopfern und sozialpolitische Vernachlässigung zu bekämpfen, bevorzugte der Verband den geduldigen Verhandlungsweg mit Behörden und Entscheidungsträgern. Klassische Kampfmaßnahmen, wie sie die Arbeiterbewegung, aber auch die z.B. die Kriegsopfer zu Beginn ihrer Organisation (z.B. mit Demonstrationen) verwendeten, entsprachen nicht der Politik der Arbeitsgemeinschaft. Kleinere Erfolge konnten damit erzielt werden, wie Zuschüsse für die Werkstätten, Erleichterungen beim Benützen der Bundesbahnen (Der Krüppel, 7/8- 1934, S. 33), Begünstigungen bei der Nutzung der Arbeiterbücherei der Stadt Wien (Der Krüppel, 11/12 1937, S. 54), die Stadt Wien hat z.B. auch einige behinderte Personen angestellt: „…. getreu Ihrer sozialen Einstellung hat die Gemeinde Wien mit Beginn der heurigen Saison sieben von uns vorgeschlagene Krüppel belderlei Geschlechts als Saisonarbeiter in ihre Dienste genommen. Dieselben werden teils in der Gärtnerei teils in Bädern beschäftigt. Nach unseren Erkundigungen bewähren sich alle ausnahmslos. Das gibt die Hoffnung, daß im kommenden Jahre nicht nur die heuer eingestellten Krüppel neuerlich beschäftigt, sondern durch weitere ergänzt werden.“ (Der Krüppel, 7-8 1930, S. 3) Viele Verhandlungen endeten aber so: „Anlässlich einer Vorsprache bei Herrn Stadtrat Prof. Dr. Julius Tandler wurden u. a. nachfolgende Vorschläge in Regelung der Krüppelfürsorge unterbreitet und vom Herrn Stadtrat mit dem Versprechen entgegengenommen, die Vorschläge nach Prüfung im Rahmen des Möglichen zu verwirklichen.“ (Der Krüppel, 9-10 1929, S. 262). Ähnlich verlief eine Vorsprache bei Sozialminister Josef Dobretsberger: „Alle Maßnahmen müßten sich naturgemäß in den Grenzen vollziehen, die das Budget offen lasse.“ (Der Krüppel, 3-4 1936, S. 22)
Es sind bei aller immer wieder formulierten politischen Neutralität der Krüppelarbeitsgemeinschaft klare Verbindungen mit sozialdemokratischen sozial-, bildungs- und gesundheitspolitischen Zielen zu erkennen, die in der Tradition der Arbeiterbewegung solidarische soziale Sicherungssysteme anstreben. Die ebenfalls in der Sozialdemokratie existierende Orientierung an einer restriktiven Menschenökonomie stand dem allerdings entgegen: „Dieser sozialdemokratische resp. sozialistische Eugenik-Diskurs prägt auch das Denken und Argumentieren des Wiener Stadtrats für das Wohlfahrtswesen und Begründer einer sich professionalisierenden Familien- und Jugendfürsorge, Julius Tandler. Nach dem Programm Tandlers beginnt Fürsorge als ‚Wohlfahrt der noch Ungeborenen‘ und zielt auf eine ‚vernünftige Zuchtwahl‘, also eine ‚vernünftige Auslese der sich paarenden Menschen.‘ ‚Bevölkerungspolitisch unproduktive‘ Ausgaben, d. h. Fürsorgeleistungen für ‚Gebrechliche, Alte und Irre‘ sollen möglichst gering gehalten werden. Das Ziel ist, ‚die Familie als Keimzelle aller sozialen Organisationen gesund zu erhalten‘ “. (Sieder/ Smioski 2012, S. 33) Dass die Unterstützung der Krüppelarbeitsgemeinschaft und Selbstorganisation durch die Sozialdemokratie unter diesen Bedingungen mäßig ausfiel, erscheint verständlich.
Forderungen 1928 (versandt an das Sozialministerium und alle Landesregierungen)
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Resolution 1930
„Unter dem Zwange der Not, unter welcher wir Krüppel zu leiden haben und mangels entsprechender Krüppelfürsorgeeinrichtungen haben wir die heutige Versammlung als Auftakt zu weiteren einberufen um laut und eindringliehst die in Betracht kommenden Faktoren, also Bund, Länder und Gemeinden zu mahnen, ihre längst fällige Schuld uns Krüppeln gegenüber einzulösen. Die Schuld besteht aus unseren vorläufigen Forderungen: |
Forderungen 1931, gesandt an den Sozialminister und an die Parlamentsparteien (Der Krüppel, 3-4 1931, S. 2), im Plenum des Parlaments im Rahmen einer Grundsatzrede zum „Krüppelproblem“ vom sozialdemokratischen Abg. Hans Jiricek präsentiert: "Die Krüppeln in Österreich fordern:
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Mit der politischen Entwicklung in Österreich in der Zwischenkriegszeit, dem Scheitern der Republik (vgl. Pelinka 2017), dem Verbot der Sozialdemokratie, Bürgerkrieg und der Errichtung eines autoritären Ständestaates/ des Austrofaschismus, reduzierten sich die Ziele der Arbeitsgemeinschaft auf „realistischere“ Ziele in der medizinischen Versorgung und Krüppelfürsorge. Ein entscheidender Rückschlag für die Arbeitsgemeinschaft war die Verabschiedung des „Gesetz über die militärische Ausbildung als Grundforderung für die Aufnahme in den öffentlichen Dienst“ im Jahr 1935. Nur Personen mit militärischer Ausbildung durften zukünftig öffentliche Dienstverhältnisse antreten: „Die Auswirkung dieses Gesetzes trifft eine große Zahl von Mitbürgern, die das Unglück haben, krüppelhaft zu sein, aufs schwerste, um so mehr, als alle Dienstverhältnisse zu einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft von dem Gesetz erfaßt sind, also insbesondere der Dienst beim Bund, bei den Ländern, bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden, bei den Berufskörperscharren und gleichzuhaltenden Körperschaften, bei den Sozialversicherungsanstalten und Verbänden dieser Anstalten, bei den Bundesbahnen, beim Wiener Krankenanstaltenfonds, beim Kriegsbeschädigtenfonds und beim Dorotheum…. Es kann nicht sein und bedeutet auch ein schweres Unrecht, daß sich Einschränkungen und Maßnahmen von so weittragender Natur – handelt es sich doch um das Recht auf Arbeit, das auch für den Krüppel das gleiche sein muß, wie für den Gesunden – gegen Mitbürger des Staates richten, die wegen ihres körperlichen Gebrechens nicht die geforderte Wehrfähigkeit aufzuweisen vermögen….“ (Der Krüppel, 7/8 1935, S. 33-34)
Es wurde dennoch versucht, reduzierte Ziele über Kontakte zur austrofaschistischen Vaterländischen Front (z.B. über die Wiener Vizebürgermeister Ernst Winter und Fritz Lahr) und zur katholischen Kirche (z.B. über Kardinal Innitzer) zu erreichen. Ein Aufruf im „Der Krüppel“ sollte dazu dienen, sich aktiv einzumischen: „Die Vaterländische Front, die die alleinige Trägerin der politischen Willensbildung in Österreich ist, ist auch berufen, die Krüppelfürsorge in unserem Heimatlande so auszugestalten, wie es einem Kulturstaat gleich Österreich geziemt. In ihrem Wollen liegt es, ob wir vorwärts gehen - oder stehen bleiben. Da ich aber nicht weiß, ob diese Zeilen an die richtigen Stellen gelangen, ist die Mithilfe jeder Kollegin und jedes Kollegen Pflicht und Ehrensache. Wir sind gewohnt unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Da wir alle Mitglieder der Vaterländischen Front sind, besuchen wir die Sprechabende derselben. Jeder hat dadurch die Möglichkeit, die Forderungen unserer Organisation an richtiger Stelle vorzubringen. Denken wir an das Symbol unseres Vereinsabzeichens und handeln wir darnach. Zeigen wir, daß wir wohl körperlich, aber nicht geistig beeinträchtigt sind.“ (Paul Adamick, in: Der Krüppel, 7/8 1937, S. 35).
Bei aller – fast schon verzweifelt wirkenden – Anbiederung, doch leistungsfähig zu sein und damit einem selektierenden bis eugenischen Zeitgeist zuzuarbeiten: In dem herrschenden autoritären Regime, das konsequent das Subsidiaritätsprinzip der christlichen Soziallehre nutzte (z.B. nach dem Rundschreiben „Quadrogesimo Anno“ von Papst Pius XI von 1931, vgl. Trojan 1986, S. 289), konnte keine Unterstützung gefunden werden. Alle Versorgungsprobleme sollten, wie schon beschrieben, in der Gemeinde, und vor allem in der Familie gelöst werden. Als letztes Netz daneben existierten als Struktur die oft schon im 19. Jhd. gegründeten und von Orden streng klösterlich geführten Armenhäuser und Versorgungsanstalten (vgl. z.B. die Beschreibung der Versorgungsanstalten in Oberösterreich, in: Wegscheider 2016). Die Worte von Kardinal Innitzer bei der Weihnachtsfeier der Krüppelarbeitsgemeinschaft 1936, in der er ärztliche Rehabilitation lobte, auf die Seelengröße und Charakterstärke der Körperbehinderten verwies und auf die formulierten Anliegen der Krüppelarbeitsgemeinschaft nicht einging, sind in diesem Zusammenhang zu verstehen: „Mit tiefem Verständnis schilderte Se. Eminenz die durch die Körperbehinderung bedingten Mängel, sprach anerkennende Worte über die Tätigkeit der Vereinigung, erwähnte die segensreiche Tätigkeit des Hofrates Prof. Spitzy als Arzt und Mensch im Dienste der Krüppel und sprach innige Worte des Trostes und hob hervor, nicht das Äußerliche bestimme den Wert eines Menschen, sondern vielmehr die Reinheit der Seele, die Seelengröße eines Menschen sei bestimmend für dessen Wert. Seelengröße und Charakterstärke, diese Eigenschaften sollen im Leben des Körperbehinderten vorherrschen.“ (Der Krüppel, 1/2 1937, S. 4)
Sozialpolitische Unterstützung und die Stärkung der Rechte von behinderten Menschen waren ausgeschlossen. Wie im Leerlauf arbeitete die Krüppelarbeitsgemeinschaft weiter.
„…. die Tragik der sehr langsamen Fortentwicklung der Krüppelarbeitsgemeinschaft.…., weil die Ziele der Krüppelarbeitsgemeinschaft nicht in dem Maße verwirklicht werden konnten, als es im Interesse der Krüppel liegt. Fern davon, den guten Willen der für die Krüppelarbeitsgemeinschaft in Betracht kommenden öffentlichen Stellen, diese zu unterstützen und zu fördern, auch nur im geringsten bezweifeln zu wollen, muß doch konstatiert werden, daß irgendwelche Hindernisse obwalten müssen, die den Worten nicht die Taten folgen lassen.“ (Der Krüppel, 3-4 1937, S. 11) „Wir sind aber angesichts der ungünstigen Zeit zur Erkenntnis gekommen, daß die Verwirklichung dieses Programms derzeit aus finanziellen Gründen nicht durchgeführt wird. Wir haben daher dieser Situation Rechnung getragen und haben unser Programm umgearbeitet, und zwar ebenfalls auf sieben Punkte, deren Durchführung aber den Staat finanziell nicht so belastet und den Krüppeln Österreichs die notwendige Hilfe bringt. Dieses abgeschwächte, staatlich finanziell tragbare Programm haben wir der Vaterländischen Front und Seiner Eminenz dem hochwürdigsten Herrn Kardinal Dr. Theodor Innitzer mit der Bitte um Unterstützung desselben überreicht.“ (Obmann Georg Schauer, in: Der Krüppel, 1-2 1938, S. 5) 1937, Forderungen:
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1938: Die Auflösung der Krüppelarbeitsgemeinschaft
Die Arbeitsgemeinschaft passte sich 1938 widerstandslos den NationalsozialistInnen an, die die Herrschaft übernommen hatten. In der letzten Nummer der eigenen Zeitschrift wurde dazu aufgerufen, für den „Anschluss“ zu stimmen. In einem Telegramm an die Leitung des deutschen „Reichsbunds der Körperbehinderten“ schreibt der Obmann: "Die Körperbehinderten Deutschösterreichs entbieten herzliche Grüße und geben ihrer besonderen Freude über den Vollzug der großen geschichtlichen Geschehnisse Ausdruck. In Schicksalsverbundenheit mit ganzer Kraft für zukünftige positive gemeinsame Arbeit zum Wohle aller deutschen Körperbehinderten. Heil Hitler! Erste österreichische Krüppelarbeitsgemeinschaft, Wien. Georg Schauer, Obmann." (Der Krüppel, 3/4 1938, S. 2)
Damit ist das Jahr 1938 auch ein vollständiger Einbruch in der Geschichte der Behindertenbewegung.
Es folgte die Eingliederung der Krüppelarbeitsgemeinschaft in den Reichsbund der Körperbehinderten (RBK) als Teil der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV). Aus dem Kampf um Arbeit wurde eine Pflicht auf Leistung und Arbeit für die „Volksgemeinschaft“, verbunden mit einem eugenischen Sterilisations-, Selektions- und Mordprogramm zur Auslöschung der weniger Leistungsfähigen, getreu der Vorgabe von Adolf Hitler: „In der Volksgemeinschaft hat nur der ein Recht zu leben, der bereit ist, für die Volksgemeinschaft zu arbeiten.“ (zit. nach Wegscheider 2016)
Versuch einer zusammenfassenden Interpretation:
Die gescheiterte Behindertenbewegung
Im Sinne der gescheiterten Republik (Pelinka 2017) kann von einer gescheiterten Behindertenbewegung gesprochen werden
- Versuch in den 1920er-Jahren, überparteilich christlich-soziale und sozialdemokratische Orientierungen gemeinsam anzusprechen
- Selbsthilfe, Beratung, Fürsorge und Selbstorganisation wird mit Rehabilitationspolitik und Sondereinrichtungen verbunden (Werkstätten, Sonderschulen, Heime, z.B. langfristige Kooperation mit dem Sonderschuldirektor Hans Radl)
- Verbindung mit der Sozialdemokratie in Wien (Reden von Julius Tandler und Otto Glöckl beim Kongress für Krüppelvorsorge 1928 an dem die Krüppelarbeitsgemeinschaft entscheidend teilnahm)
- Völlige Erfolglosigkeit bei politischen Forderungen nach einem Bundesleistungsgesetz und weitere Annäherung an die oppositionelle Sozialdemokratie, mit dem Höhepunkt der Rede des sozialdemokratischen Abgeordneten Hans Jiricek im Dez. 1931 im Parlament
- Nach dem Verbot der Sozialdemokratie und dem Bürgerkrieg 1934: Politisch erfolgloser Versuch der Annäherung an die katholische Kirche und an die austrofaschistische „Vaterländische Front“ (z.B. über den Wiener Vizebürgermeister Ernst Winter und Fritz Lahr, zuletzt Vorsitzender des Kuratoriums der Krüppelarbeitsgemeinschaft [Der Krüppel, 1/2 1937, S.4] und ein Verbindungsmann zu den illegalen Nationalsozialisten - siehe: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Fritz_Lahr).
- Die Behindertenbewegung in der Zwischenkriegszeit ist damit historisch gescheitert und die Bedingungen für eine widerstandslose Selbstaufgabe 1938 waren geschaffen.
Zusammenfassung der Geschichte der Selbstbestimmt Leben Bewegung ab 1945
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden neben der Wierderaufnahme der Arbeit traditionsreicher Selbsthilfeverbände ab den 1970er-Jahren im Rahmen der Neuen Sozialen Bewegungen an Menschenrechten und Selbstbestimmung orientierte Selbsthilfebewegungen. Sie wandten sich vom traditionellen Wohlfahrtsmodell ab, forderten umfassende Gleichstellung und protestierten gegen jede Art von Diskriminierung und Aussonderung. Sie gründeten Zentren für Selbstbestimmtes Leben und entwickelten eine Praxis von Peer Counselling und Persönlicher Assistenz. Diese Neuen Behindertenbewegungen hatten und haben starken Einfluss auf den Paradigmenwechsel in Behindertenpolitik und Behindertenhilfe wie er sich in der von der internationalen Selbstbestimmt Leben Bewegung initiierten UN-Behindertenrechtskonvention wiederspiegelt (vgl. zu dem ganzen Kapitel: Schönwiese 2016).
Geschichte der Selbstbestimmt Leben Bewegung ab 1945
Nach dem Zweiten Weltkrieg konstituierten sich die nach Kriegsopfern und verschiedenen Behinderungsarten gegliederten Selbsthilfeverbände, die schon in der Zwischenkriegszeit existiert hatten, neu. Sie waren nach innen und nach außen vorwiegend an Wohlfahrt und der Erreichung von Sozialleistungen orientiert, gleichzeitig setzte die Behindertenhilfe wieder an den repressiven Betreuungskonzepten der Zwischenkriegszeit an, ab den 1960er-Jahren durch Rehabilitation und Sonderpädagogik ergänzt (vgl. Plangger & Schönwiese 2010; Kremsner 2016). Die Selbsthilfeverbände waren kaum in der Lage, die Vergangenheit aktiv aufzuarbeiten (vgl. Schönwiese 2012), das betrifft sowohl die Tradition der totalen Institutionalisierung und repressiven Fürsorge vom 19. Jhd. bis in die Zwischenkriegszeit und ihre Fortsetzung nach 1945 als auch die eugenisch motivierten Mordprogramme der Nationalsozialisten.
Eine Welle an Neu-Gründungen von Gruppen mit dem Anspruch auf Selbstvertretung entstand im Rahmen der Neuen Sozialen Bewegungen im deutschsprachigen Raum ab den 1970er-Jahren. Sie entwickelte sich in einer Vielzahl unterschiedlicher Zusammenschlüsse, die international (und so auch in Österreich) zumeist in lokalen Initiativen ihren Ausgang nahmen und die im Laufe der Zeit zu regionalen, überregionalen und internationalen Netzwerken heranwuchsen. Unabhängig von den unterschiedlichen Interessen, die die jeweiligen Gruppierungen und Initiativen verfolgten, ob sie z.B. auf Kooperationen zwischen behinderten und nichtbehinderten Menschen setzten oder als autonome Krüppelgruppen agierten, stand im gemeinsamen Kampf um Partizipation und Emanzipation die Politisierung des Alltags behinderter Menschen und ihr Selbstverständnis als diskriminierte und ausgeschlossene Bevölkerungsgruppe im Mittelpunkt.
Ausgangspunkt waren Aktivitäten und Selbsthilfebewegungen für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in den USA in den 1950er und 1960er-Jahren (vgl. Willig Levy 1998). Deren zentraler politischer Hintergrund war die Geschichte von BürgerInnenrechtskämpfen in den USA, verschärft durch den Vietnam-Krieg mit seinen vielen behinderten Veteranen. Ein Faktor waren wohl auch Polio-Epidemien mit ihren Folgen – Präsident Roosevelt war z.B. durch Polio behindert –, die im kollektiven Gedächtnis der USA verankert sind. Die BürgerInnenrechtsbewegung behinderter Menschen – Independent Living-Bewegung – breitete sich von Kalifornien über die USA aus. Anfang der 70er Jahre protestierten Menschen mit den verschiedensten Behinderungen vehement mit Demonstrationen, Blockaden und Klagen gegen die diskriminierenden Bedingungen für behinderte Menschen und traten für die Schaffung von Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes Leben ein (vgl. Miles-Paul 1992).
Aus der politischen Stimmung der 1968er-Bewegung und den sich formierenden allgemeinen politischen, sozialen und an BürgerInnenrechten orientierten Bewegungen (Friedensbewegung, Frauenbewegung, Ökobewegung usw.) begann sich auch im deutschsprachigen Raum – in Deutschland, Österreich und der Schweiz – eine kleinteilige Graswurzelbewegung von Personen mit Behinderungen und ihren Verbündeten zu entwickeln, die erst in den 1980er-Jahren als Selbstbestimmt Leben Bewegung mit relativ einheitlichen Zielen auftrat.
Neue Perspektiven und Themen jenseits des herrschenden Diskurses um Behinderung wurden in die politischen Debatten einer Gesellschaft eingeführt, die es bis dahin gewohnt war, behinderte Menschen als Objekte karitativer Fürsorge oder staatlicher Wohlfahrt zu betrachten. Entmündigung, Isolation und Aussonderung sollten nicht länger hingenommen, die institutionellen Mauern, die den Raum des gesellschaftlichen Ein- und Ausschlusses markieren, zum Einsturz gebracht werden. Ein neues Bewusstsein auf Seiten der Betroffenen sollte gestärkt werden. Ed Roberts, eine wichtige Leitfigur der amerikanischen Independent-Living-Bewegung, brachte dies so auf den Punkt (vgl. Schönwiese 2009):
„Die Leute sagen, dass viele von uns verärgert sind. Natürlich sind wir verärgert. Wir mussten die schlimmsten Gemeinheiten hinnehmen. Wir wurden zu vegetierenden Krüppeln gebrandmarkt. Man hält uns für krank und chancenlos. Da hat man eben einmal die Nase voll. Für mich ist der Zorn eines der wichtigsten Elemente in unserer Bewegung“ ( Ed Roberts 1995).
In diesem Zitat von Ed Roberts wird auf eine zentrale Inspirationsquelle der Selbstbestimmt Leben Bewegung Bezug genommen, die sich aus den persönlichen Erfahrungen von Unterdrückung und aus ihrer Empörung über die gesellschaftlichen Verhältnisse, die diese Verweigerung von Lebens- und Menschenrechten hervorbrachte, speiste. Gemeinsamer Widerstand - oder wissenschaftlicher: ein kollektives Subjekt des Widerstands - ging daraus hervor; private Erfahrung von Ausschluss, Marginalisierung und Stigmatisierung verwandelte sich in ein politisches Geschehen des sich Wehrens. Ausschlaggebend für die neue Blickrichtung war, dass Behinderung nicht länger der Deutungsmacht sogenannter anwendungsorientierter Wissenschaften (Medizin, Psychologie, Heil-/Sonderpädagogik) überlassen wurde, die Behinderung als individuelles und bearbeitungsbedürftiges Problem definieren und durch Heilung, Rehabilitation oder Therapie eine Versprechen auf die normalisierende Veränderung des Subjekts abliefern. Dieser Perspektivenwechsel entfaltete eine identitätsstiftende Wirkung, da sich durch ihn persönliche Erfahrungen zu einem gemeinsamen Erfahrungsraum verdichten konnten: „Wir sind alle miteinander verbunden, aber nicht durch die Liste unserer gesammelten Symptome, sondern durch die sozialen und politischen Umstände, die uns als Gruppe zusammengeschweißt haben (…). Worüber wir uns empören, das sind die Strategien, die verwendet werden, um uns in unseren Rechten und Möglichkeiten und uns in unserer ursprünglichen Lebensfreude zu beschneiden.“ (Simin Linton, zit. nach Dederich 2007, S. 19)
Ein wichtiger Auslöser von Entwicklungen in diese Richtung war im deutschsprachigen Raum der Frankfurter VHS-Kurs „Bewältigung der Umwelt“, der ab 1973 von Ernst Klee und Gusti Steiner, beeinflusst von den amerikanischen BürgerInnenrechtskämpfen, begonnen wurde (vgl. Klee 1980; Steiner 1999). Der Kurs formulierte seine Grundsätze: „Nicht die Behinderung schafft die Barriere zu anderen, sondern das ‚Behinderten-Bewußtsein‘, minderwertig zu sein.“ (Klee 1980) Der Kurs war an der Entwicklung von Selbstbewusstsein orientiert und wurde aufgrund seiner aktionistischen Demonstrationen und Blockaden sowie seiner Öffentlichkeitsarbeit sehr bekannt. Der Frankfurter VHS-Kurs löste eine Welle von Gründungen ähnlicher Initiativen aus (Deutschmann 1981; Gstettner 2013; Huainigg 1999; Initiativgruppe 1982a, 1982b; Köbsell 2012). Es begann auch bald eine Differenzierung; in Abgrenzung von integrativen Gruppen von behinderten Personen und Verbündeten agierten in Deutschland einige wenige und sehr kleine autonome Krüppelgruppen, die keine nichtbehinderten UnterstützerInnen innerhalb der Gruppen zuließen und insgesamt in ihren Forderungen radikaler und autonom auftraten. Diese kleinen Gruppen lösten weitreichende Diskussionen, Analysen und die Entwicklung von praktischen politischen Perspektiven aus, die sich in einer Reihe von Zeitschriften widerspiegeln: in Deutschland z.B. Die Luftpumpe, die Krüppelzeitung (vgl. Mürner & Sierck 2009) und die Randschau, in der Schweiz die Zeitschrift puls (vgl. Graf, Renggli & Weisser 2011) und in Österreich LOS (LOS 1983-1992). In der ersten Nummer 1/1983 von LOS werden exemplarisch Ziele formuliert: „Wir verstehen unsere Zeitschrift als einen Teil einer Bewegung gegen Aussonderung [...]. Wir hoffen, daß es uns gelingen wird, Mißstände deutlich beim Namen zu nennen. Es ist das System selber, das radikal geändert gehört." Themen, die die Selbstbestimmt-Leben-Bewegung insgesamt beschäftigten, zeigen exemplarisch Schwerpunktnummern von LOS wie: Hilflose Medizin, Krüppelbewegung, Absonderschule, Literatur, Arbeitswelt, Euthanasie und Faschismus in Österreich, Eltern am Wort, Behinderte Sexualität, Selbstbestimmt Leben, Medien und Öffentlichkeit, Leben ohne Privatheit oder Hungerstreik für Pflegegeld.
Zentren für Selbstbestimmtes Leben
Die Mitglieder der Selbsthilfegruppen der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung reagierten von Anfang an unmittelbar sehr persönlich auf Fremdbestimmung und Segregation und erhoben entsprechende politische Forderungen. Bald wurde aber klar, dass das Ziel, Kontrolle über das eigene Leben zu erhalten, nicht nur über politische Aktionen erreicht werden konnte. Die politischen Systeme reagierten oft nicht, die Sozial- und Behindertenpolitik sowie das traditionelle System der Behindertenhilfe übten sich in Selbsterhaltung und nicht in Änderung. Viele Gruppen gründeten in dieser verzweifelten Situation in einer für Selbsthilfegruppen typischen Reaktion Selbsthilfeorganisationen, ähnlich wie nach dem Ersten Weltkrieg Selbsthilfegruppen TrägerInnen von Werkstätten wurden: „Aus einer Dialektik zwischen Kritik am Hilfesystem - Kampf gegen Fremdbestimmung und Entwurf und Verwirklichung von Alternativen - entwickelten sich über Heimkritik das Paradigma ‚Ambulante Dienste‘ und über die Kritik an Ambulanten Diensten der Gedanke ‚Selbstorganisierter Hilfen‘, der dann in der ersten Hälfte der 80er Jahre zu einem weitgehend gemeinsamen Konzept der Bundesrepublik und der USA von ‚Selbstbestimmt Leben‘ und ‚Assistenz‘ führte.“ (Steiner 1999) Die neu gegründeten Zentren für Selbstbestimmtes Leben (Centres for Independent Living - CIL) boten als Selbsthilfeorganisationen Peer Counselling und Persönliche Assistenz statt Pflege und Betreuung (vgl. Meier & Ratzka 1988) an. Diese Entwicklung war und ist aufgrund der verzweifelten Lebenslage vieler behinderter Menschen, der fehlenden politischen Durchsetzung von Deinstitutionalisierung und der fehlenden Achtung von Selbstbestimmung in den vorhandenen Einrichtungen der Behindertenhilfe nötig geworden. Die Frage ist allerdings offen, wieweit diese alternativen Organisationen das traditionelle System der Behindertenhilfe nicht nur ergänzen und unter dem Druck der öffentlichen Finanzierung und öffentlicher Vorgaben selbst Dynamiken der Institutionalisierung unterworfen werden. Sicher ist durch die Tätigkeit der internationalen Selbstbestimmt Leben Bewegung im Rahmen eines größeren gesellschaftlichen Wandels im Spät-Kapitalismus eine Reform-Dynamik in Gang gesetzt worden, deren Höhepunkt die Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2006 war. Es kann nur gesagt werden: Die diesbezüglichen Entwicklungen und Kämpfe dauern an.
People 1st - Selbstvertretung von Menschen mit Lernschwierigkeiten
Zeitlich etwas versetzt zur Independent-Living-Bewegung entstanden nach Anfängen in Schweden auch in Nordamerika Selbsthilfe- bzw. Selbstvertretungsgruppen von Personen mit sogenannter geistiger Behinderung. Die ersten vergleichbaren Initiativen sind in Deutschland und Österreich ab Mitte der 1990er Jahre zu beobachten (vgl. Flieger 1997; Göbel 1997) Den Begriff geistige Behinderung – im Englischen mental retardation - lehnen SelbstvertreterInnen als entwürdigend und verletzend ab, im deutschen Sprachraum wollen sie als Menschen mit Lernschwierigkeiten bezeichnet werden: „Wir meinen mit den Wörtern Menschen mit Lernschwierigkeiten alle Menschen, die früher als Menschen mit geistiger Behinderung bezeichnet wurden. Mit mögen das Wort `geistige Behinderung´ nicht. Es ist oft ein Schimpfwort.“ (Wibs 2005) Dass der Begriff Menschen mit Lernschwierigkeiten mittlerweile etabliert und weit verbreitet ist, sollte als politischer Erfolg der People 1st Bewegung verstanden werden. Dasselbe gilt für die Forderung nach Leichter Sprache: Im Sinne des Abbaus von Barriereren, die durch schwere Sprache und nicht zugängliche Information entstehen, ist für AktivistInnen der People 1st Bewegung die Verwendung von Leichter Sprache eine zentrale politische Forderung. Gut verständliche und zugängliche Information ist nicht zuletzt ist eine wesentliche Voraussetzung für die Partizipation an politischen und gesellschaftlichen Prozessen. „Wenn jemand mit uns spricht, dann muss das in leichter Sprache sein. Damit wir mitreden können. Wir brauchen Zeit, um nachfragen zu können. Wir brauchen ÜbersetzerInnen in leichte Sprache. Wichtige Informationen müssen in leichte Sprache übersetzt werden.“ (Wibs 2005).
Wichtige Elemente der Selbstvertretung und Selbstermächtigung von Menschen mit Lernschwierigkeiten sind einerseits regelmäßige Treffen in lokalen Gruppen, andererseits immer wieder stattfindende Vernetzungstreffen auf überregionaler und internationaler Ebene (vgl. Flieger 1998). Bereits früh wurde unterschieden zwischen trägerinternen Gruppen, also beispielsweise KlientInnenvertretungen, Wohnhaus- oder Werkstättenbeiräten, und Gruppen, die unabhängig von Trägerorganisationen der Behindertenhilfe agieren. Im deutschen Sprachraum ist die Forderung nach unabhängiger Selbstvertretung immer noch eines zentralen Anliegen der People 1st Bewegung. Stephan Göthling, ein Selbstvertreter aus Deutschland, erläutert dies so: „Heim-Beiräte und Werkstatt-Räte sind keine Selbstvertretung. Sie haben nur ein Mit-Sprache-Recht. Und kein Mit-Bestimmungs-Recht. Die Entscheidung liegt dort nicht bei den Menschen mit Lernschwierigkeiten. Deshalb bin ich der Meinung, dass echte Selbstvertretung nur außerhalb von Einrichtungen geht. Innerhalb von Einrichtung kommen SelbstvertreterInnen immer wieder mit den Zielen und den Vorgaben der Einrichtung in Konflikt. Eine Einrichtung hat nicht die gleichen Ziele wie ich als Selbstvertreter. Sie vertritt auch nicht nur die Meinung von Menschen mit Lernschwierigkeiten.“ (Göthling 2016, 34). Obwohl in Österreich die erste Tagung von und für Menschen mit Lernschwierigkeiten bereits im Jahr 1994 von der Lebenshilfe organisiert wird (vgl. Flieger 1997), entstehen trägerübergreifende Gruppen bzw. unabhängige Beratungseinrichtungen von und für Menschen mit Lernschwierigkeiten hier erst nach der Jahrtausendwende: Im Jahr 2002 startet die Beratungsstelle Wibs (= Wir informieren, beraten und bestimmen selbst) als EU finanziertes Projekt (vgl. www.wibs-tirol.at). Von Wibs geht auch die Initiative zur Gründung eines überregionalen Netzwerks aus und im Jahr 2008 gründen schließlich SelbstvertreterInnen aus ganz Österreich das Netzwerk Selbstvertretung Österreich.
Im Jahr 2008 eröffnet Mensch zuerst Vorarlberg, eine Beratungsstelle von und für Menschen mit Lernschwierigkeiten, ein Büro, im Jahr 2014 das Selbstvertretungszentrum Wien. Im Jahr 2016 erscheint das Netzwerkbuch, in dem Männer und Frauen mit Lernschwierigkeiten beschreiben, warum Selbstvertretung und Vernetzung für sie und ihre politischen Aktivitäten wichtig sind (vgl. Selbstbestimmt Leben Innsbruck – Netzwerk Selbstvertretung Österreich 2016).
Strategie der Selbstbestimmt Leben Bewegung
Die Selbstbestimmt Leben Bewegung hat keine formulierte Strategie, als soziale Bewegung hat sie aber eine beschreibbare Dynamik entwickelt. Oft war in den 1970er-Jahren eine professionelle oder von engagierten Professionellen angestoßene Initiative ein Ausgangspunkt der Mobilisierung behinderter Menschen. Es fand eine Kooperation von engagierten Professionellen – aus dem Bereich der Behindertenhilfe, der Sozialen Arbeit oder WissenschaftlerInnen – und behinderten Personen auf dem Weg zur Emanzipation statt, bis sich in Dominanz der betroffenen behinderten Personen ein eigenes Selbstverständnis und eine eigene Praxis durchsetzte. Die mehr oder weniger lose oder enge Kooperation mit beteiligten oder (mit-)betroffenen oder verbündeten Personen war und ist ein wichtiger Teil der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung über die ganze Zeit ihrer Existenz geblieben – ein Kooperationsverhältnis, dessen Dynamik wenig beschrieben ist.
Ein wichtiges Vorbild in der Strategie der Selbstbestimmt Leben Bewegung ist z.B. in der „Ich – Wir – Sie“-Strategie der „Niederländischen Vereinigung für Sexuelle Reform“ (NVSH) aus den 1970-er-Jahren zu finden (vgl. Bächinger 1978, S. 126f). Dabei geht es darum, Persönliches zur reflektieren, Barrieren zu erkennen und politisch zu handeln. Am Beispiel des Rechts auf Sexualität beschreibt Bächinger (1978), ein Verbündeter der Selbstbestimmt Leben Bewegung in der Schweiz in den 1970er-Jahren, die Strategie der NVSH so:
Zitat dazu:
- „ICH-Phase: Das ist die Phase der direkten Hilfe für den KB [Körperbehinderten], welcher das Gefühl hat, mit seinen Problemen allein zu sein. Er sieht seine eigenen Probleme grösser als diejenigen der anderen. In Gesprächen versucht der Berater, den KB zu verstehen und hilft ihm gemeinsam Lösungen zu entwickeln. In diesem Rahmen können indirekte und direkte sexuelle Hilfeleistungen gegeben werden. [Sexualberatung, Vermittlung bis zu direkter Sexualhilfe]
- WIR-Phase: In dieser Phase wird gemeinsam erarbeitet, dass der KB mit seinen Problemen nicht allein ist, sondern dass andere auch ähnliche Probleme haben. Dies geschieht vorwiegend in Gesprächsgruppen.
- SIE-Phase: Hier geht es um den Bewusstseinsprozess , dass das individuelle
(ICH) und das soziale Problem (WIR) zu einem grossen Teil auch ein Problem der Gesellschaft ist. Die Gesellschaft, d .h. die NB [Nichtbehinderten], hat Probleme mit den KB. In dieser Phase sind Arbeits- und Aktionsgruppen (Öffentlichkeitsarbeit) die Mittel.“ (Bächinger 1978, S. 126f)
Der Film „Behinderte Liebe“ (Graf 1979), der im deutschsprachigen Raum sehr wichtige Akzente gesetzt hat, setzt diese drei Schritte perfekt um. Auch der Film „Was heisst denn da behindert“ der Innsbrucker „Initiativgruppe-Behinderte-Nichtbehinderte“ (IBN, 1979) war genau in einem solchen ICH-WIR-SIE-Prozess eingebunden.
In der Entstehung der ersten Selbstbestimmt-Leben-Gruppen in Österreich und bei vielen Neugründungen von Gruppen der Graswurzelbewegung Selbstbestimmt Leben Bewegung sind derartige Prozess-Dynamiken wichtig gewesen. Das Betrifft in Österreich z.B. in den Jahren 1976/77 die „Alternativgemeinschaft Körperbehinderter und Nichtbehinderter“ Wien (AKN), den „Arbeitskreis Bewältigung der Umwelt“ Linz (BWU) und die „Initiativgruppe-Behinderte-Nichtbehinderte“ Innsbruck (IBN). Die ICH-WIR-SIE als Anfangs- und Gründungsstrategie ist inzwischen in der Selbstbestimmt Leben Bewegung als Prinzip des Peer Counsellings – Behinderte beraten Behinderte – einer der Grundpfeiler der Bewegung geworden.
Allgemeiner kann ein Eskalationsprogramm der Tätigkeit der Selbstbestimmt Leben Bewegung beschrieben werden. Diese Beschreibung ist nur eine grobe Orientierungshilfe und nimmt keinen lineareren Ablauf, eher ein zyklisches Auf und Ab. Viele der Teile des Eskalations-Programms werden in den vorliegenden Zeitzeugen-Interviews benannt und ausgeführt.
- Hinnehmen der eigenen Situation oder sich selbst bzw. die eigene Behinderung als das zentrale Problem annehmen (wie es gesellschaftlich erwünscht ist)
- Mängel in der eigenen Situation erkennen und nicht nur als eigenes Problem
- Kontakt und Austausch mit anderen Personen in ähnlichen Situationen finden
- Gemeinschaftlich den Mangel beschreiben, als Barrieren erkennen und Ursachen definieren
- Kontaktaufnahme mit und Information an verantwortliche Personen und Stellen, die für Barrieren verantwortlich sind
- Politische Forderungen formulieren
- Versuch, mit Verantwortlichen zu verhandeln
- Vernetzung mit anderen Organisationen und sich verbünden
- Öffentlichkeit herstellen – Informations- und Bewusstseinsarbeit machen
- Öffentliche Aktionen (z.B. Demonstrationen, Petitionen)
- Versuch, breitere politische Kontakte herzustellen (Parteien, Interessensgruppen)
- Externe Expertise heranziehen (Podiumsdiskussionen etc.)
- Aktionismus (Mahnwachen, Demos etc.)
- Gründung von alternativen Selbsthilfeorganisationen, um Grundbedürfnisse abdecken zu können (z.B. Persönliche Assistenz)
- Wege am Rande der Legalität (Hungerstreik, Suche nach individuellen Lösungen am Pflege-Schwarzmarkt usw.)
Peer Counselling beschränkt sich weitgehend auf die ICH-Ebene, wenn SL-Organisationen sich institutionalisieren, z.B. als Anbieter für Persönliche Assistenz. Am deutlichsten wird dies dort, wo SL-Organisationen unter dem Druck der öffentlichen Leistungsfinanzierung zur Organisationsform der gemeinnützigen GmbH wechseln, strukturell immer mehr mit den traditionellen Anbietern der Behindertenhilfe gleichziehen und in Administration und Ausführung der Leistungen dem Kostenträger verpflichtet sind. Eine Trennung von Dienstleistung (persönliche Assistenz) und Beratung (Peer Counselling) als möglicher Ausweg aus diesem Dilemma ist in der Dynamik/ Eigendynamik der Selbstbestimmt Leben Bewegung Entwicklung nicht systematisch zu erkennen. Übrig bleibt die Frage, wie sich die Selbstbestimmt Leben Bewegung als Graswurzelbewegung mit ihren ICH-Selbsthilfestrategien über WIR- und SIE-Prozesse immer wieder als soziale und politische Selbstvertretungs-Bewegung neu entwickelt. Mit der Rolle des Leistungsanbieters ist ein politisch forderndes Auftreten schwer vereinbar. In dieser Dynamik werden neue Gruppen zur Aufrechterhaltung der SL-Prinzipien initiativ, vermutlich eine notwendige Entwicklung für eine erfolgreiche und im Wandel begriffene soziale Bewegung.
In der Bereitschaft zum Aktionismus liegt eine wichtige Charakteristik der Selbstbestimmt Leben Bewegung. Demonstrationen, Blockaden, Mahnwachen und ein Hungerstreik sind in der Zeitleiste beschrieben, Aktionen in der Tradition außerparlamentarischer Bewegungen. Dennoch ist die Selbstbestimmt Leben Bewegung grundsätzlich auch am langen Weg der Verhandlungen und der Beteiligung an offiziellen Arbeitsgruppen, Beiräten u.ä. orientiert und ist dabei vielfach mit den traditionellen Selbsthilfe-Organisationen in Kooperation. Das betrifft ebenso eine Kooperation in Distanz mit der ÖAR (Österr. Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation [jetzt: österreichischer Behindertenrat]), der öffentlich finanzierten und gesetzlich verankerten sozialpartnerschaftlichen Organisation von Selbsthilfeorganisationen und den wichtigsten Anbietern der Behindertenhilfe. Gegenseitige Unterstützung gab es z.B. bei der Petition für ein Pflegegeld und bei der Petition für die Gleichstellung behinderter Menschen in der Verfassung. Die Erfolge und Misserfolge in dieser Politik beschäftigt die Selbstbestimmt Leben Bewegung seit ihrer Existenz.
Tendenzen von Behinderten- und Selbsthilfepolitiken
Die österreichische Behindertenpolitik lässt sich historisch und aktuell mit einem Mix von drei Typen beschreiben (vgl. Stockner 2010, Kapitel 4.4 und 4.5):
- Der Typus der kompensationsorientierten Behindertenpolitik entspricht dem medizinischen (Fürsorge-)Modell und beinhaltet mehr oder weniger ausgebaute Geldleistungen sowie Sach- und Dienstleistungen, wie die Unterbringung in Einrichtungen.
- Rehabilitationsorientierte Politik folgt einem ökonomischen Modell, setzt medizinische, soziale und psychische Rehabilitation zur Förderung von Arbeitsbefähigung und Beschäftigung ein.
- 3. An Menschenrechten orientierte Politik folgt einem sozial-politischen Modell von Behinderung, beinhaltet Antidiskriminierungsvorschriften/ Herstellung von Barrierefreiheit, setzt auf gemeindenahe Unterstützungs- und Assistenzdienste und ist grundsätzlich an Selbstbestimmung und Partizipation orientiert.
Die Selbstbestimmt Leben Bewegung forderte und fordert soziale Rechte und allgemeine Gleichstellung ein, begegnete dabei im politischen Alltag vor allem zwei Abwehrtypen. Unter dem Titel „Subsidiarität“ sollen Lösungen wohnorts- und gemeindenah gefunden werden, meist ist damit aber nichts anderes als Sparpolitik und Rückverweisung an die Familie (an Frauen) gemeint – klassisch als christlich soziale Politik bekannt, die weniger Sozialstaat und mehr Eigenverantwortung/ Marktwirtschaft fordert. Unter dem Titel „Solidarität“ geht es um allgemeine soziale Sicherungssysteme, die aber meist keine inhaltlichen Einflussnahmen durch die betroffenen Personen auf die Qualität der erbrachten Leistungen zulässt und stark an Sachleistungen und einer Dynamik der Dienstleistungs- und Sozialwirtschaft orientiert ist – klassisch als sozialreformerische Politik bekannt (vgl. Trojan 1984).
Die Selbstbestimmt Leben Bewegung ist in der Umsetzung ihrer Forderungen nach Gleichstellung und Selbstbestimmung – letztlich geht es um eine Politik von Verteilungsgerechtigkeit - im Rahmen größerer politischer Dynamiken nur bedingt erfolgreich. Die Politiken der Verwahrung, Rehabilitation und Normalisierung, sowie die Politiken der Kommerzialisierung in dem wirtschaftlich nicht unwichtigen Dienstleistungssektor der Behindertenhilfe erscheinen gegenüber Graswurzelbewegungen von behinderten Frauen und Männern übermächtig (vgl. Maschke 2008; Plangger/ Schönwiese 2010; Stockner 2010 u. 2011, Schönwiese 2017). Die Kämpfe dauern allerdings – im historischen Rückblick und im Blick auf die Zukunft – an. Sicher hat die Selbstbestimmt Leben Bewegung einen internationalen Paradigmenwechsel verstärkt, der Selbstbestimmung, Inklusion, De-Institutionalisierung, Partizipation, Barrierefreiheit und Gleichstellung zu leitenden Prinzipien machte. Die UN-Behindertenrechtskonvention ist in diesem Sinne sowohl in ihrem Entstehungsprozess als auch in ihren formulierten Inhalten stark von der internationalen Selbstbestimmt Leben Bewegung behinderter Menschen geprägt.
Literatur:
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Der Krüppel. Mitteilungsblatt der ersten österreichischen Krüppelarbeitsgemeinschaft (Vereinigung der Körperbehinderten Österreichs). Zeitschrift zur Wahrung der geistigen, wirtschaftlichen und sozialen Interessen der Krüppel Österreichs durch Geburt, Krankheit und Unfall ohne Rente. Gesamtausgabe 1927-1938. Im Internet: http://bidok.uibk.ac.at/bibliothek/archiv/krueppel.html (13.3.2017)
Deutschmann, Wolfram (1981): „LIEBER ARM DRAN ALS ARM AB“, Film, 47“. Im Internet: https://www.youtube.com/watch?v=a8VX7QRW1GI (13.3.2017)
Egger, Gertraud (1999): Irren-Geschichte - irre Geschichten. Zum Wandel des Wahnsinns unter besonderer Berücksichtigung seiner Geschichte in Italien und Südtirol. Innsbruck: Diplomarbeit. http://bidok.uibk.ac.at/library/egger-irre.html (13.3.2017)
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Flieger, Petra (1997): Tia Nelis. Expertin für Selbstvertretung. In: Domino, H.3, S. 23-24
Flieger, Petra (1998). Geistig behinderte Personen erobern die Welt. Bilder und Eindrücke von der 4. Internationalen People First Konferenz in Alaska. In: Behinderte in Familie, Schule und Gesellschaft 6/98, S. 10-11
Fuchs, Petra (1999a): "Krüppel" zwischen Emanzipation und Selbstaufgabe am Beispiel der Entstehung und Entwicklung des Selbsthilfebundes der Körperbehinderten (1919-1945) und der Biographie Hilde Wulffs (1898-1972). Berlin: Dissertation. Im Internet: http://bidok.uibk.ac.at/library/fuchs-krueppel-diss.html (15.8.2018)
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Göthling, Stephan (2016). Erfolg macht stark! Menschen mit Lern-Schwierigkeiten vertreten sich selbst. In: Selbstbestimmt Leben Innsbruck - Netzwerk Selbstvertretung Österreich, a.a.O., S. 26 – 36
Graf, Erich Otto/ Renggli, Cornelia/ Weisser, Jan (2011): PULS – DruckSache aus der Behindertenbewegung. Materialien für die Wiederaneignung einer Geschichte. Zürich: Chronos Verlag
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