Österreichische Behindertenpolitik im Lichte der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

Autor:in - Hubert Stockner
Themenbereiche: Recht
Textsorte: Diplomarbeit
Releaseinfo: Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Philosophie eingereicht bei Herrn ao.Univ.-Prof. DDr. Günther Pallaver Institut für Politikwissenschaft Fakultät für Politikwissenschaft und Soziologie der Universität Innsbruck
Copyright: © Hubert Stockner 2010

Inhaltsverzeichnis

Abbildungen

Abb. 1: Das lineare ICIDH Modell von Behinderung 14

Abb. 2: Interaktion zwischen den Strukturelementen der ICF 26

Abb. 3: Behindertenpolitik - Typologien, normative Vorstellungen, Funktionen und eingesetzte Mittel 43

Abb. 4: Relative Ausgaben der Länder für die Behindertenhilfe bezogen auf den Landeshaushalt 47

Abb. 5: Relative Ausgaben der Länder für die Behindertenhilfe in €/Kopf 48

Abb. 6: Absolute Ausgaben der Länder für die Behindertenhilfe 2008 48

Abb. 7: Organisationsstruktur der Behindertenpolitik in Österreich 51

Abb. 8: Plätze in Behinderteneinrichtungen zum Stichtag 31.12.2006 nach Bundesland bzw. zuständiger BewohnerInnenvertretung 58

Abb. 9: Entwicklung der Anzahl an Plätzen in stationären Großeinrichtungen für Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung je 100.000 EinwohnerInnen in Skandinavien, den USA und Großbritannien 59

Abb. 10: Kosten- und Qualitätseffekte bei der Umwandlung der Unterstützungssysteme in Richtung gemeindenaher Dienstleistungen 63

Abb. 11: Entwicklung der SchülerInnenzahl in der Integration bzw. in der Sonderschule 67

Abb. 12: Entwicklung der Integrations- bzw. Segregationsquote im Zeitverlauf 68

Abb. 13: Bundesländervergleich der Integrationsquoten in den Schuljahren 2005/06 und 2008/09 69

Abkürzungen

Abb.

Abbildung

Abs.

Absatz

ABGB

Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch

ADA

Americans with Disabilities Act 1990

ADAPT

Americans Disabled for Accessible Public Transit

 

Americans Disabled for Assistance Programs Today

AEMR

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

ANED

Academic Network of European Disability experts

Anm.

Anmerkung

APA-OTS

Austria Presse Agentur - Original Text Service

APTA

American Public Transport Association

Art.

Artikel

B-VG

Bundes-Verfassungsgesetz

BBG

Bundesbehindertengesetz

BEinstG

Behinderteneinstellungsgesetz

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGStG

Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz

BIP

Bruttoinlandsprodukt

BKF

Behindertenrechtskonventionsforum

BM

Bundesministerium

BMAS

Bundesministerium für Arbeit und Soziales

BMASK

Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

BMSG

Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz

BMUKK

Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur

bzw.

beziehungsweise

CRPD

Convention on the Rights of Persons with Disabilities

 

Committee on the Rights of Persons with Disabilities

DECLOC

Deinstitutionalisation and community living

DIMDI

Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information

DISTA

Disability Studies Austria

DPI

Disabled People's International

DS

Disability Studies

EC

European Commission

ECCL

European Coalition for Community Living

ECHP

European Community Household Panel

EDF

European Disability Forum

ed. bzw. eds.

editor(s)

eig. Ber.

Eigene Berechnung

ESSOSS

Europäisches System der Integrierten Sozialschutz-Statistik

etc.

ecetera

EU

Europäische Union

f. bzw. ff.

folgende Seite(n)

FSW

Fonds Soziales Wien

HeimAufG

Heimaufenthaltsgesetz

HRC

Human Rights Commission

Hrsg.

Herausgeber

H. St.

Hubert Stockner

Hv. im Orig.

Hervorhebung im Original

ICF

International Classification of Functioning, Disability and Health

ICIDH

International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps

IDA

International Disability Alliance

idR

in der Regel

IL

Independent Living

ILI

Independent Living Institute

IPWSKR

Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

LRH

Landesrechnungshof (Tirol)

NAP

Nationaler Aktionsplan

NGO

Non-governmental Organizations

No.

Number/Nummer

NRO

Nicht-Regierungs Organisationen

Mio.

Millionen

Mrd.

Milliarden

ÖAR

Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation

o.J.

ohne Jahresangabe

o.O.

ohne Ortsangabe

OU

Open University

ÖVP

Österreichische Volkspartei

PA

Persönliche Assistenz

PAA

Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz

Pkt.

Punkt

SchOG

Schulorganisationsgesetz

SchPflichtG

Schulpflichtgesetz

SLIÖ

Selbstbestimmt Leben Österreich

SPF

Sonderpädagogischer Förderbedarf

SOCX

Social Expenditure Database der OECD

StGB

Strafgesetzbuch

STIL

Stockholm Cooperative for Independent Living

TRG

Tiroler Rehabilitationsgesetz

u.a.

und andere

UK

United Kingdom

UN

United Nations

unv.

unveröffentlicht

UPIAS

Union of the Physically Impaired Against Segregation

UPR

Universal Periodic Review

US(A)

United States (of America)

vgl.

vergleiche

Vol.

Volume/Ausgabe

VSP

Verein für Sachwalterschaft und Patientenanwaltschaft

WHO

World Health Organization

z.B.

zum Beispiel

ZBDW

Zeitschrift Behinderung und Dritte Welt - Journal for Disability and International Development

zit. n.

zitiert nach

zT

zum Teil

Vorwort

Die meisten Frauen und Männer, die als behindert gelten, teilen diskriminierende Erfahrungen. Früher wurde davon ausgegangen, dass solche Ungleichbehandlungen unweigerliche Folgen der körperlichen, geistigen oder wie auch immer gelagerten Einschränkung sind. Auch heute noch werden in Österreich zahlreiche Kinder mit Behinderung aus der Mitte der Gesellschaft entfernt und in speziell geschaffenen Institutionen - Behindertenheimen und Sonderschulen - untergebracht. Behauptet wird, in diesen Strukturen würde ihnen mithilfe spezialisierter Maßnahmen besondere Förderung angedeihen. Tatsächlich wird ihnen aber häufig der Erwerb von Bildung und eine normale altersgerechte Entwicklung vorenthalten. Die Beschäftigungstherapie gewährt behinderten Menschen weder gerechtes Gehalt noch Pensionsversicherung. Die Trennung von den Gemeinschaften führt zu Effekten der Institutionalisierung und zu vielfältigen Schwierigkeiten, die eine spätere Integration in Gesellschaft und Arbeitswelt erschweren oder verunmöglichen. Die neuen Möglichkeiten der Pränataldiagnostik führen in Kombination mit dem eugenisch indizierten Schwangerschaftsabbruch in den letzten Jahren dazu, dass Menschen mit Down-Syndrom ihr Lebensrecht verlieren und stattdessen ein Recht auf einnichtbehindertes Kind entsteht.

Betrachtet man Behinderung unter dem Gesichtspunkt der Menschenrechte, dann hat Politik die Aufgabe, behinderte Menschen vor solch segregierenden Maßnahmen und technischen bzw. gesellschaftlichen Entwicklungen zu schützen. Gleichheit als selbstverständliches Faktum ist aber leider noch nicht erreicht. Dies bringt die weltweite Behindertenbewegung in ihrer Forderung nach politischer Partizipation zum Ausdruck: "Nothing about us without us". Die Unteilbarkeit und Allgemeingültigkeit der Menschenrechte ist nicht a priori vorhanden, sie muss erst erobert werden. Die neue Menschenrechtskonvention ist in diesem Sinne ein machtvolles politisches Instrument in den Händen der Bürgerrechtsbewegung behinderter Menschen. Dass dieses Projekt gelingen möge, ist einer der Wünsche, der diese Arbeit geleitet hat.

Für die freundliche v.a. aber auch pragmatische Begleitung bei der Umsetzung dieser Diplomarbeit danke ich zunächst meinem Betreuer Herrn Prof. DDr. Günther Pallaver. Von vielen FreundInnen erhielt ich wesentliche inhaltliche und methodische Impulse, Zuspruch und Aufmunterung. An erster Stelle erwähnen möchte ich hier Volker Schönwiese, aber auch Hermann Mitterhofer, Martin Oberthanner und Michael Liener. Maria Furtner hat die Arbeit in professioneller Weise durchkorrigiert. Meine KollegInnen und Freunde im Beruf, sowie die Unterstützung von Franz Hießböck haben mir den nötigen Freiraum zum Denken erst ermöglicht. Petra Flieger begleitete diese Arbeit von der unausgereiften Idee über die Recherche, bis hin zur Fertigstellung, mit fachlicher sowie methodischer Kenntnis und regelmäßigem Beistand. Eine bessere Begleitung ist für mich nicht vorstellbar.

"Women, men and children with disabilities are too often amongst the most marginalized in all societies and face unique challenges in the enjoyment of their human rights. For a long time it was assumed that such challenges were the natural and unavoidable consequence of their physical, mental, intellectual or sensory impairment (...).

On the contrary, the Convention views disability as a "pathology of society", that is, as the result of the failure of societies to be inclusive and to accommodate individual differences. Societies need to change, not the individual, and the Convention provides a road map for such change."

Navanethem Pillay,

United Nations High Commissioner for Human Rights

1. Einführung - Zielsetzung

Am 29. März 2010 gab Sozialminister Rudolf Hundstorfer via APA-Aussendung bekannt, dass er plane einen Nationalen Aktionsplan (NAP) zur grundsätzlichen Ausrichtung der österreichischen Behindertenpolitik in den nächsten zehn Jahren entwickeln zu wollen. Dieser solle Leitlinien für die Behindertenpolitik - u.a. für die Bereiche Bildung, Beschäftigung, Antidiskriminierung und den umfassenden Abbau von Barrieren - enthalten und unter Beteiligung der zivilgesellschaftlichen Organisationen behinderter Menschen erarbeitet werden. Anlass für diese Initiative ist der erste Staatenbericht zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, den die Republik Österreich bis spätestens 26. Oktober 2010 in Genf dem Sitz der UN-Menschenrechtskommission vorlegen sollte (BMASK 2010). Im Jahr 2007 meinte der damalige Sozialminister Buchinger noch, durch das Behindertengleichstellungsgesetz seien die meisten Anforderungen der Konvention in Österreich bereits erfüllt (Ladstätter 2007a). Auch der aktuellste Behindertenbericht der Bundesregierung geht davon aus, dass "(...) die im Übereinkommen festgelegten konkreten Rechte bereits derzeit in der österreichischen Rechtsordnung verankert sind" (BMASK 2009, 73).

Die UN-Konvention über die Rechte von behinderten Menschen(UN-Convention on the Rights of Persons with Disabilities - CRPD) entstand als erste Menschenrechtskonvention im neuen Jahrtausend in den Jahren 2002 bis 2006 unter maßgeblicher Einbindung der NGOs behinderter Menschen. Für Österreich wurde sie von Buchinger am 30. März 2007 in New York unterzeichnet, trat mit 3. Mai 2008 völkerrechtlich in Kraft und wurde im Juli 2008 vom österreichischen Nationalrat ratifiziert (ÖVP 2008).

Geschätzte 650 Millionen Menschen weltweit - ungefähr zehn Prozent der Weltbevölkerung - leben mit einer Behinderung. Der größte Teil davon lebt in armen Ländern, aber in allen Ländern der Welt sehen sich behinderte Menschen eingeschränkt in ihrer Teilhabe an der Gesellschaft und sind mit einem geringeren Lebensstandard konfrontiert (UN o.J.b).

Das Policy-Feld Behindertenpolitik ist angesiedelt in einem Spannungsfeld verschiedener Ideen von Behinderung, unterschiedlichen Systemtraditionen, unterschiedlichen Interessen und Wertvorstellungen politischer EntscheidungsträgerInnen. Medizin und Rehabilitation, Transferpolitik und Wohlfahrtsstaatlichkeit, Antidiskriminierung und Gleichstellung benachteiligter Gruppen prägen die Interessenlagen. In den letzten Jahren wird das Feld auch immer mehr beeinflusst durch die direkte Artikulation politischer Forderungen behinderter Menschen und ihrer Organisationen.

Behindertenpolitik in Österreich ist gekennzeichnet durch aufgesplitterte Kompetenzen. Das B-VG weist in Art. 15 Abs. 1 die Generalkompetenz den Ländern zu, im Bereich der beruflichen Rehabilitation sieht Art. 10 B-VG (BMASK 2009, 42) eine Ausnahmekompetenz für den Bundesgesetzgeber vor. Eine Vielzahl von Bundes- bzw. Landesgesetzen formuliert direkt oder indirekt Ansprüche, Rechte und Leistungen, die behinderten Menschen zugedacht werden. Behinderung ist eine Querschnittsmaterie, die alle Politikfelder betrifft.

Die (neuen) sozialen Bewegungen behinderter Menschen und die Vorgaben der UN-Konvention werfen die Frage auf, welchem Paradigma (vielleicht auch: welchen Paradigmen) die offizielle Behindertenpolitik in Österreich folgt, was ihre Zielsetzungen sind und ob ihre Maßnahmen diesen Zielsetzungen entsprechen. Inwieweit die föderale Strukturierung Ungleichheiten produziert oder ob sie nützlich ist, weil direkt dort, wo die Probleme auftreten, Lösungsansätze entwickelt werden können, sind ebenfalls Fragen, mit denen sich diese Arbeit auseinandersetzt.

Gerade in den letzten Jahren beschäftigen sich auch verschiedene politikwissenschaftliche Untersuchungen mit Behindertenpolitik, auch speziell mit der österreichischen (Naue 2006; Wegscheider 2010; Hochwarter 2009). Die interessanteste Auseinandersetzung mit Behindertenpolitik in den letzten Jahren stammt von Maschke (2008). Seiner Untersuchung verdankt die vorliegende Arbeit wesentliche inhaltliche und methodische Impulse.

Diese Arbeit liefert einen Beitrag zur politikwissenschaftlichen, aber auch zur behindertenpolitischen Debatte über die Implementierung der Vorgaben der Behindertenkonvention in die österreichische Politik. Sie entwirft keine Lösungsansätze für Probleme in Teilbereichen der Behindertenpolitik. Aufgrund des Neuigkeitswerts der Konvention und ihres konsequenten Paradigmenwechsels im Verständnis von Behinderung wird versucht einen Problemaufriss zu liefern, in welchen Bereichen österreichische Behindertenpolitik in ihren Effekten von den Zielsetzungen der Behindertenkonvention abweicht und möglicherweise Menschenrechte verletzt.

Die Arbeit verfolgt durchaus einen normativen Ansatz. Ein Ansatz der aus einem Unverständnis darüber resultiert, dass manche Menschen an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden, ihnen Bildung vorenthalten wird, der Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt bleibt und Welfarism oder Wohltätigkeitzu wenigzur langfristigen Verbesserung ihrer gesellschaftlichen Position beitragen. Sie orientiert sich in ihrer Ausrichtung grundlegend an den inhärenten Prinzipien der CRPD: Selbstbestimmung, Inklusion, Nicht-Diskriminierung, Würde sowie Respekt vor dem wesentlichen Beitrag, den behinderte Menschen zur Entwicklung der Gesellschaft beitragen können.

Da ich selbst schon lange in den Zusammenhängen der Interessenvertretung behinderter Menschen tätig bin, im politischen Streit um gleiche Lebens- und Bürgerrechte beteiligt, sehe ich meine ideologische Heimat auch in der politischen Programmatik der weltweiten Behindertenbewegung - nothing about us without us! Die politischen Ideen der internationalen Behindertenbewegung bilden ein Leitmotiv, welches sich durch verschiedene Kapitel zieht. Das soziale Modell von Behinderung stellt den Blickwinkel dar, den der Autor für diese Untersuchung einnimmt. Da ein Vergleich gezogen werden soll zwischen der CRPD und der österreichischen Behindertenpolitik, ist dieses Vorgehen für die Forschungsfrage angemessen. Die CRPD ist - wie zu zeigen sein wird - konsequent am sozialen Modell von Behinderung ausgerichtet und stellt einen Bruch zu früheren internationalen Dokumenten dar, die noch das medizinische Modell von Behinderung widerspiegelten.

Die Studie untersucht die etablierten Strukturen bzw. Systeme, die österreichische Behindertenpolitik ausmachen. Sie beschäftigt sich mit der strukturellen Dimension österreichischer Behindertenpolitik und überprüft, ob die Systeme ausreichend vorbereitet sind, die Vorgaben der UN-Konvention umzusetzen.

Die forschungsleitenden Fragestellungen lauten daher wie folgt:

1. Welcher paradigmatischen Ausrichtung bzw. welcher Vorstellung von Behinderung folgt Österreichs Behindertenpolitik? Orientiert sie sich an einem Modell der Fürsorge oder am partizipatorischen Modell der Menschenrechtskonvention?

2. Ist Österreichs Behindertenpolitik konform zur UN-Konvention bzw. in welchen Punkten ergibt sich Anpassungsbedarf aufgrund des nunmehr geltenden Völkerrechts?

3. Welche Korrekturen müssten in beispielhaft untersuchten Politikbereichen durchgeführt werden, um der Konvention Genüge zu tun?

Die zentrale These, die diese Arbeit belegen will, lautet: Aufgrund des Inkrafttretens der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen besteht deutlicher Anpassungsbedarf, sowohl in der paradigmatischen Ausrichtung als auch in den Zielsetzungen und den konkreten Maßnahmen der Behindertenpolitik in Österreich.

Eine Beantwortung dieser Fragen setzt voraus, grundlegende Begriffe im Themenfeld Behinderung, Behindertenpolitik und Menschenrechte zu klären. Einerseits wird es darum gehen, die verschiedenen theoretischen Modelle zu skizzieren, die auf gesellschaftspolitischem und wissenschaftlichem Boden entwickelt wurden und den Umgang mit Behinderung und mit behinderten Menschen prägen. Dieser Themenkreis wird in Abschnitt 2 behandelt. Andererseits wird zu klären sein, in welcher Art und Weise Politik diese Vorstellungen operationalisiert und wie sich daraus Ziele und Maßnahmen von Behindertenpolitik generieren. Abschnitt 4 behandelt dieses Thema.

Im Anschluss daran wird versucht, aus den theoretischen Grundlagen ein Analyseraster für den Vergleich zwischen österreichischer Behindertenpolitik und den Anforderungen der Konvention zu entwickeln. Auf Basis dieses Vergleichs werden Thesen entwickelt, die am Ende der Arbeit überprüft/diskutiert werden. Um einen Vergleich zwischen UN-Konvention und österreichischer Behindertenpolitik herstellen zu können, muss von beiden Materien ein kurzer Abriss gegeben werden. Dies geschieht in Abschnitt 3 bzw. 5.

Das eigentliche Kernstück der Untersuchung bildet Abschnitt 6. Hier wird versucht anhand dreier Beispiele, die Teilbereichen der Behindertenpolitik entsprechen, zu belegen, dass es Veränderungsbedarf für Österreich in der normativen Ausrichtung der Ziele und Maßnahmen gibt. In Abschnitt 7 werden schließlich die zentralen Ergebnisse zusammengefasst und bewertet.

Im Englischen wird u.a. die Bedeutungsdimension von handicap bzw. disability von verschiedenen AutorInnen unterschiedlich eingegrenzt. Im deutschen Sprachraum wurden Kreationen wie Menschen mit Behinderungen und Menschen mit besonderen Bedürfnissen entwickelt, um eine Diversity-Haltung zu unterstreichen und politisch korrekt zu erscheinen. Die deutsche sowie die österreichische progressive Behindertenbewegung be nutzten über eingrenzbare Zeiträume ihrer Entwicklung hinweg affirmativ die Ausdrücke Krüppel bzw. Krüppelbewegung (Sierck 1987). Für den weiteren Verlauf der Untersuchung werde ich die Begriffe Menschen mit Behinderung(en) und behinderte Menschen synonym verwenden, wiewohl meine Präferenz bei Zweiterem liegt. Behinderte Menschen kennzeichnet am deutlichsten die soziale und somit die politische Dimension von Behinderung, ohne den betroffenen Menschen einen speziellen Status als TrägerInnen eines besonderen Merkmals zuzuweisen, wie dies auf der semantischen Ebene durch den Ausdruck Menschen mit Behinderung geschieht.[1]Um die Komplexität nicht voreilig zu reduzieren, werde ich Behinderung verwenden um das beschriebene soziale Phänomen zu bezeichnen und Behindertenpolitik um die Regulationsversuche, Strategien und Ideologien sowie AkteurInnen zusammenzufassen, die in diesem Politikfeld auftreten bzw. von Bedeutung sind.[2]



[1] Die Verwendung von "Menschen" erleichtert außerdem den wichtigen Anspruch geschlechtsneutrale Formulierungen zu verwenden. Mit "Menschen mit Behinderungen" bzw. "behinderten Menschen" meine ich stets Frauen und Männer, Kinder und ältere Menschen sowie Menschen mit Behinderungen aller Art.

[2] Auch aus Gründen der Lesbarkeit möchte ich Begriffe wie Politik für Menschen mit besonderen Bedürfnissen o.ä. vermeiden.

2. Theorien von Behinderung

Um Behindertenpolitik in ihren Zielsetzungen, Funktionen und Ergebnissen untersuchen zu können, ist es zunächst notwendig, den Begriff Behinderung zu reflektieren. Wie andere Politikfelder wird auch Behindertenpolitik grundlegend von Menschenbildern, Weltanschauungen und Ideologien geprägt. Im Bereich Behinderung sind dies die sich über die Zeit verändernden, soziokulturellen Auffassungen der Kategorie Behinderung. Diese Vorstellungen entstehen aus Alltagsdiskursen, aber natürlich auch in wissenschaftlichen Diskursen, wie v.a. der Medizin, der Pädagogik, der Soziologie. Auch die politische Bewegung behinderter Menschen hat ihre eigenen Ansätze entwickelt.

Zumindest von vier verschiedenen paradigmatischen Annäherungen an "Behinderung" kann nach Cloerkes (1997, 9f.) gesprochen werden:

1. einem personenorientierten Paradigma (medizinisches Modell, ätiologisches Modell), welches Behinderung als objektivierbare individuelle Funktionseinschränkung betrachtet sowie als weitgehend unabänderliches persönliches Schicksal.

2. dem interaktionistischen Paradigma. Dieses thematisiert das Zusammenspiel von Erwartungshaltungen, Etikettierung und Stigmatisierung. Behinderung ist eine Abweichung von Normen.

3. dem systemtheoretischen Paradigma, welches Behinderung als Resultat von (v.a. schulischer) Selektion in unserem Gesellschaftssystem begreift, sowie

4. einem gesellschaftstheoretischen Paradigma, welches Behinderung als Ergebnis von Klassen- bzw. Produktionsverhältnissen - also als typisch für kapitalistische Gesellschaftssysteme - erklärt.

Die neuen Sichtweisen der Disability Studies auf das Thema Behinderung erweitern diese Paradigmen um weitere Komponenten.Die Disability Studies entstehen als interdisziplinärer akademischer Zweig in den 1980er-Jahren in den USA und Großbritannien als Herausforderung der vorherrschenden rehabilitationsorientierten, medizinisch geprägten Forschung über Behinderung. Initiiert werden diese neuen Ansätze v.a. von behinderten WissenschaftlerInnen mit zum Teil engem Bezug zur Behindertenbewegung (vgl. Barnes u.a. 2002; Johnstone 2005; Waldschmidt 2005).

Ergänzend zu Cloerkes sowie im Anschluss an Pfeiffer (2001) zählt Maschke (2008, 33) somit acht gängige Vorstellungen von Behinderung auf:

1. Goffmans Stigma-Konzept, welches dem interaktionistischen Paradigma in der Aufzählung Cloerkes entspricht.

2. Das soziale Modell der Benachteiligung, am ehesten Punkt 4. in Cloerkes Aufzählung entsprechend.

3. Das Modell der medizinischen Schädigung entsprechend dem personenorientierten oder ätiologischen Konzept. Pfeiffer (2002, 2ff.) spricht im Original an dieser Stelle von der impairment version, welche die Beeinträchtigung als wesentliches Kriterium festmacht, das behinderte Menschen von Nichtbehinderten unterscheidet. Er bezieht sich aus meiner Sicht weniger auf das medizinisch-ätiologische Modell (Pkt. 1. bei Cloerkes), sondern auf Strömungen innerhalb der Disability Studies, bei denen seiner Meinung nach noch unklar ist, inwieweit sie ebenfalls einen defizitorientierten Ansatz verwenden.[3]

4. Das politische Modell, wonach es sich bei der Gruppe behinderte Menschen um eine unterdrückte politische Minderheit handle.

5. Die Vorstellung der Independent-Living-Bewegung, der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung behinderter Menschen, nach der Behinderung v.a. ein Ergebnis von unzulänglichen Unterstützungssystemen sowie der Abhängigkeit von professionellen HelferInnen sei, also ein Resultat von Machtverhältnissen.

6. Nach dem postmodernen Verständnis der Kulturwissenschaften handelt es sich bei den Annahmen und Vorurteilen zu Behinderung um ein diskursives Produkt: "Der Unterschied zwischen Behinderung und Nichtbehinderung ist konstruiert und die Annahmen und Vorurteile über Behinderung werden im Diskurs über Behinderung geschaffen" (Maschke 2008, 33).

7. Die Vorstellung von Behinderung als Kontinuum, wonach die Wahrscheinlichkeit sehr groß sei, dass jeder Mensch irgendwann im Laufe seines Lebens behindert werde[4], sowie

8. einem Modell, das menschliche Vielfalt in den Mittelpunkt stellt und die Lösungsmöglichkeit in Ansätzen von universellem Design und Barrierefreiheit sieht. Maschke führt die neunte Variante, die Pfeiffer (2002) für die Disability Studies zählt, nicht an, nämlich das Diskriminierungsmodell[5]:

9. "DISABILITY AS DISCRIMINATION: All of the previous eight versions of the disability paradigm have some basis in logic and experience, but a person with a disability only feels she is disabled when confronted with discrimination. It is this discrimination which brings together the other versions. Disability rights are civil rights" (Pfeiffer 2002, 7; Hv. im Orig.).

Diskriminierung ist somit jener Vorgang, der es erst ermöglicht von behinderten Menschen als einer abgrenzbaren sozialen Gruppe zu sprechen. Diskriminierungserfahrungen sind den meisten behinderten Menschen gemein und konstituieren erst das Phänomen Behinderung.

Zu Recht weist Maschke auf die unspezifische und im Bereich der Behindertenpolitik "inflationäre" Verwendung des Begriffs "Paradigma" hin: Im wissenschaftstheoretischen Sinn handelt es sich bei den meisten Vorstellungen lediglich um Ausdifferenzierungen des interaktionistischen Paradigmas und nicht um unterscheidbare Theoriebildungen.[6]Lediglich in Abgrenzung "(...) zum medizinischen Modell handelt es sich also um neue Paradigmen" (Maschke 2008, 33). Waldschmidt (2005) differenziert lediglich zwischen einem individuellen, einem sozialen, sowie einem kulturellen Modell von Behinderung. Barnes und Mercer (2010) erwähnen neben dem individuellen und dem sozialen Modell auch noch deren beider vermeintliche Synthese: das biopsychosoziale Modell.[7]Johnstone (2005) zählt insgesamt fünf Modelle auf:

1. Das medizinische bzw. das Modell der individuellen Tragödie,

2. das Rehabilitationsmodell,

3. das soziale Modell, welchem er noch

4. ein affirmatives Modell und

ein Rechte-basiertes hinzufügt.

Priestley (2003, 28f.) subsumiert die Vielzahl der Modelle unter den Kategorien individuell bzw. sozial und differenziert zwischen materialistischen und idealistischen Erklärungsansätzen.

Bei allen Unterschieden im Detail sind sich die AutorInnen der DS darin einig, dass es sich bei Behinderung um ein sozial konstruiertes Phänomen handelt. Dieses muss beschrieben und modellhaft dem medizinisch-individualisierenden Paradigma, welches für die Beschreibung der sozialen Situation behinderter Menschen nicht geeignet ist, entgegengestellt werden.

Die skizzierten Ausdifferenzierungen waren nicht nur für die Behindertenbewegung wichtig. Unterschiedliche Auffassungen prägen die Ausrichtung der Wissenschaft, aber auch der Behindertenpolitik. Sie waren

"(...) nicht nur aus Sicht der Betroffenen wichtig. Auch in der wissenschaftlichen Reflexion werden sozialpolitische Fragen nach dem Gegenstand Behinderung je nach Sichtweise unterschiedlich beantwortet. So macht es sehr wohl einen Unterschied, ob behinderte Menschen als körperlich eingeschränkte Personen, als unterdrückte Minderheit oder als sozial und politisch konstruierte Gruppe verstanden werden" (Maschke 2008, 33).

Ich beschränke mich darauf, im Folgenden die Kernpunkte einzelner Paradigmen bzw. einzelner Modelle darzustellen, welche nach wie vor nebeneinander existieren und damit Bedeutsamkeit für die Ausrichtung gegenwärtiger Behindertenpolitik (disability policy) haben: das medizinische Modell, inklusive der Ausprägung in den Klassifikationen der WHO, die Stigmatheorie sowie das soziale (politische) Modell von Behinderung, welches im Wesentlichen die Definition der Behindertenbewegung darstellt. Darüber hinaus präsentiere ich das Konzept des Flexiblen Normalismus (vgl. Link 2004), dessen theoretischer Ausgangspunkt sich im Begriff der Norm bei Michel Foucault findet und für die aktuellen Debatten in den Disability Studies bedeutsam ist

Die Disability Studies stehen in einem engen Zusammenhang mit der politischen Behindertenbewegung. Die Relevanz und die Facetten dieser Bewegung im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Vorstellungen von Behinderung werden in einem Exkurs behandelt.

Diese grundsätzlichen theoretischen Überlegungen sollen es anschließend ermöglichen, näher auf die darauf aufbauenden konkreten Konzepte von Behindertenpolitik eingehen zu können.

2.1. Das medizinische Modell - Behinderung als persönliche Tragödie

Im späten 19. Jahrhundert war die medizinische Perspektive auf Behinderung in westlich-industrialisierten Gesellschaften weitgehend akzeptiert. "Medical knowledge determined the boundaries between ,normal' and ,abnormal' individuals, the sane and insane, healthy and sick people" (Barnes/Mercer 2010, 18). Die medizinische Sichtweise siedelt den Grund für Behinderung im Individuum an und wendet das Verständnis von Krankheit analog auf Behinderung an (vgl. Wegscheider 2010, 59). Die körperliche, mentale oder psychische Beeinträchtigung der Person wird mit Behinderung gleichgesetzt und als schicksalhaftes persönliches Unglück gedeutet, das individuell zu bewältigen sei (vgl. Waldschmidt 2005, 17). Diese Schädigung/Funktionseinschränkung kann gebessert werden durch Rehabilitation oder Therapie. Sie kann durch Hilfsmittel oder Prothesen ausgeglichen oder gelindert werden. Sie kann letztlich verhindert werden u.a. durch die neuen Methoden der pränatalen Diagnostik und der Präimplantationsdiagnostik. Gleichzeitig mit der Behandlung wird in der medizinischen Praxis aber auch eine machtvolle Gruppe von Professionellen konstituiert: die Ärzte, denen Johnstone einen Gott gleichen Status zuschreibt: "Doctors carry with them an aura of God-like responsibility over life and death" (2005, 16f.).

Aufgrund ihrer Einschränkung sind behinderte Menschen vielfach über längere Lebensphasen hinweg auf professionelle Unterstützung von z.B. ÄrztInnen oder therapeutischen Einrichtungen angewiesen. Über diese sachlichen Notwendigkeiten hinaus wird aber im medizinischen Modell ein Bild behinderter Menschen entworfen, welches diese mit Mitleid, Angst und Wohltätigkeit konnotiert.[8]Umweltfaktoren - wie z.B. architektonische Barrieren - sowie Vorurteile und Stereotype der nichtbehinderten Gesellschaft gegenüber Menschen mit Behinderung kommen im Modell der persönlichen Tragödie nicht vor. Wenn Behinderung als Tragödie gesehen wird, dann hat dies sowohl Auswirkungen auf die All Alltagswahrnehmung von behinderten Menschen als auch auf die Inhalte von Behindertenpolitik:

"(...) if it is seen as a tragedy, then disabled people will be treated as if they are the victims of some tragic happening or circumstance. This treatment will occur not just in everyday interactions but will also be translated into social policies which will attempt to compensate these victims for the tragedies that have befallen them" (Oliver 1990, 2).

Das medizinische Modell von Behinderung entwirft laut Johnstone (2005) einen Dualismus, der darauf gerichtet ist, Nichtbehinderte als "besser" oder "überlegen" gegenüber behinderten Menschen zu kategorisieren, während die offensichtliche Funktion des Modells in der Legitimation "primitiver Ängste" (Johnstone 2005, 17)[9]liegt, die mit Behinderung verbunden werden. Der individuelle Nutzen des medizinischen Modells für einzelne behinderte Menschen ist somit klar begrenzt. Es führt eher zu Verzerrung und Missverständnissen und dient dazu ein Bild zu erzeugen, das behinderten Menschen einen Mangel oder eine Unzulänglichkeit in ihrem Menschsein unterstellt (Brisenden 2005, 20). Darüber hinaus lässt sich auch ein Zusammenhang herstellen zwischen der medizinischen Sichtweise einerseits und zwischen Segregation und Zwangsmaßnahmen andererseits:

"Such descriptions have been used to justify the assumptions that it is legitimate to do things to people with disabilities rather than attempt to do things with them. Such explanations served as the rationale for large asylums and coercive control of disabled people in the guise of philanthropy that denied the right of reproduction to disabled people at the beginning of the 20th century (...)" (Johnstone 2005, 17; Hv. im Orig.)

Das medizinische Modell verfestigt nur die Vorstellung, dass Einschränkungen oder Schädigungen Abweichungen von der Norm sind und dass Behinderung gleichbedeutend ist mit der Unfähigkeit die normalen menschlichen Aktivitäten auszuführen und Rollen wahrzunehmen:

"(...) it conserves the notion of impairment as abnormality in function, disability as not being able to perform an activity considered normal for human being and handicap as the inability to perform a normal social role" (Oliver 1990; zit. n. Johnstone 2005, 17).[10]

2.1.1. Impairment - Disability - Handicap

Im englischen Sprachraum existieren drei Begriffe, die jeweils unterschiedliche Dimensionen des deutschen Begriffs Behinderung beschreiben: impairment, handicap und disability. Naue (2006, 55) differenziert die drei Dimensionen folgendermaßen: Impairment beschreibt die Schädigung und damit die körperliche Dimension, handicap wird von ihr mit Behinderung übersetzt und beschreibt diegesellschaftliche Dimension (also: jemand wird behindert), während disability mit Beeinträchtigung übersetzt wird und die individuelle Dimension beschreibt.

Barnes und Mercer (2010, 18) zeichnen die erste offizielle britische Definition dieser drei Dimensionen auf Basis einer Befragung der Volkszählungsbehörde in den späten 1960er-Jahren nach:

  • impairment: ,lacking part or all of a limb, or having a deffective limb, organ or mechanism of the body'

  • disablement: ,the loss or reduction of functional ability'

  • handicap: ,the disadvantage or restriction of activity caused by disability'

Auch diese drei englischen Begrifflichkeiten unterliegen historischen Veränderungen: International wohl am bedeutsamsten in ihren Auswirkungen - auch bezüglich der Kritik, die die Klassifikation hervorrief - ist die 1980 von der WHO entwickelte Definition der drei Begriffsdimensionen in der ICIDH - International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps. Sie unterschied

"(...) einerseits zwischen Schädigung (impairment), Beeinträchtigung (disability) und Benachteiligung (handicap). Andererseits postulierte sie, dass sowohl Benachteiligung wie auch Beeinträchtigung kausal auf eine körperliche oder kognitive Anomalie oder Funktionsstörung zurückzuführen seien" (Waldschmidt 2005, 16).[11]

Die ICIDH stellt insofern aber einen Bruch mit dem klassischen medizinischen Modell dar als sie den Begriff des "handicap", welcher sich auf das Soziale bezieht, in eine medizinische Klassifikation einführt (Barnes/Mercer 2010, 20). Weiterhin wird aber die Ursache der Behinderung in der Person verortet. Durch die Neudefinition wird aber auch die Analogie zwischen Krankheit und Behinderung[12]aufgehoben: "Erst mit der 1980 von der WHO verabschiedeten Internationalen Klassifikation der Schädigungen, Beeinträchtigungen und Behinderungen (ICIDH) wurden Krankheit und Behinderung international von einander unterschieden" (Hirschberg 2003, 117). Die ICIDH war als Ergänzung zur International Classification of Disease gedacht, welche eigentlich nur Akuterkrankungen klassifizierte und lediglich eine einfache Kausalsequenz beinhaltete: von der Ätiologie über die Pathologie zur Manifestation (vgl. Barnes/Mercer 2010, 20).

Auch über die ICIDH hinaus kann das medizinische Modell weiterhin vereinfacht als lineare Kausalverknüpfung zwischen einem physiologischen Funktionsverlust (impairment) ausgehend z.B. von einer Krankheit oder einem Unfall und der eingeschränkten Fähigkeit zur Wahrnehmung einer bestimmten sozialen Rolle (handicap) beschrieben werden (Priestley 2003, 24; Waldschmidt 2005, 16). "The overall disablement process is represented in terms of a causal chain between sepaerate but linked linear states" (Barnes/Mercer 2010, 20).

Abb. 1: Das lineare ICIDH Modell von Behinderung

(Wegscheider 2010, 56

2.2.1. Krankheit, Etikettierung, Stigma

Aus soziologischer Perspektive stellt Parsons Konzept der sick role erstmals die Vormachtstellung der medizinischen Profession in der Produktion von Kategorien der Abweichung und Abnormalität in Frage (Barnes/Mercer 2010, 43). Die Rolle des Kranken stellt das bedeutendste Einzelkonzept der Medizinsoziologie dar (De Jong 1982, 146). Seine funktionalistische Analyse sozialer Ordnung wandte Parsons auch auf die Interaktion zwischen Patient und Arzt an. Krankheit bedeutet ihm zufolge eine Bedrohung des Individuums und seines sozialen Systems, da sie die Fähigkeit seine soziale Rolle produktiv wahrzunehmen in Frage stellt: Krankheit macht unproduktiv und abhängig. Die Übernah me der "Krankenrolle" stellt für das Individuum und das soziale System die Möglichkeit dar, diese Gefahr zu managen. Die Krankenrolle ist eine gesellschaftlich sanktionierte Form der Abweichung (Barnes/Mercer 2010, 43f.) und besteht im Einzelnen aus zwei Erleichterungen und zwei Verpflichtungen für das kranke Individuum. De Jong (1982, 147) zitiert Parsons wie folgt:

  • ein Kranker ist je nach Art und Schwere der Erkrankung von "normalen" gesellschaftlichen Aktivitäten und Verantwortlichkeiten freigestellt.

  • Ein Kranker ist von jeder Verantwortung für seine Krankheit befreit. Er ist nicht moralisch verantwortlich für seinen Zustand und man erwartet nicht von ihm, daß er durch bloße Willensanstrengung eine Besserung herbeiführt.

Diese Ausnahmen werden bedingt gewährt. Denn umgekehrt gilt:

  • Ein Kranker ist verpflichtet, den Zustand des Krankseins als anormal und unerwünscht zu betrachten und alles zu tun, um seine Genesung zu erleichtern.

  • Ein Kranker ist verpflichtet, sich um technisch fachkundige Hilfe zu bemühen und in seiner Genesung mit dem Arzt zu kooperieren.

Krankheit ermöglicht also die sozial akzeptable, temporäre Befreiung des Individuums von seinen gesellschaftlichen Aufgaben. Den Erwartungshaltungen, die aus der Krankenrolle entstehen, können behinderte Menschen aber v.a. im dritten Punkt nur bedingt entsprechen:

"(...) Da die Behinderung häufig einen unabänderlichen Bestandteil seines Daseins darstellt, beginnt der behinderte Mensch aufgrund der Rolle des Kranken nicht nur seinen Zustand anzunehmen, sondern er beginnt auch, seine ureigene Persönlichkeit als "anormal" und "unerwünscht" zu begreifen. Mehr noch, er beginnt, die Abhängigkeit, die in der Rolle des Kranken beschrieben ist, für die Dauer seiner Behinderung als Norm anzunehmen. Auf diese Weise enthebt die Rolle des Kranken den behinderten Menschen von der Verpflichtung, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern" (De Jong 1982, 147).

Parsons Konzept der sick-role wird durch verschiedene AutorInnen hin zu einer Behindertenrolle als Erwartungshaltung in der Interaktion weiterentwickelt (vgl. Maschke 2008, 32). Die Elemente, die die Behindertenrolle prägen, sind:

1. Die Zuschreibung von Verantwortung für die Abweichung: Kriminelle z.B. sind verantwortlich für ihre Devianz, nicht jedoch Behinderte.

2. Der Schweregrad der Abweichung: Erst hinreichend schwere Abweichungen führen zu einer Sonderrolle und zu einer Befreiung von Rollenverpflichtungen.

3. Die Rückgewinnung eines Normalzustandes ist nicht möglich. Dies führt zur Zuweisung eines besonderen, dauerhaften Status der Abweichung (Cloerkes 1997, 143). Nach Barnes und Mercer (2010, 45) begründet die distinkte "impaired role" gleichzeitig die soziale Abhängigkeit.

Stigma

In seinem einflussreichen Text Stigma - über Techniken der Bewältigung beschädigter Identität von 1963 behandelt Goffman die möglichen (und erzwungenen) Strategien, die Personen entwickeln, um mit Etikettierungen umzugehen, die ihnen in der sozialen Interaktion zugeschrieben werden.

Goffman geht also davon aus, dass Individuen auf Grundlage von Bedeutung handeln und diese Bedeutungen auf Basis von Rollenerwartung in sozialen Situation immer wieder neu geschaffen werden. Er verwendet "Stigma" in Bezug auf eine Eigenschaft, die zutiefst diskreditierend wirkt: "Es (das Individuum, Anm. H. St.) hat ein Stigma, das heißt, es ist in unerwünschter Weise anders, als wir es antizipiert hatten" (Goffman 1988, 13). Er betont aber gleichzeitig die soziale Relativität solcher Merkmale, indem er meint: "Ein und diesselbe Eigenschaft vermag den einen Typus zu stigmatisieren, während sie die Normalität eines anderen bestätigt (...)" (Goffman 1988, 11). Vom Stigma, das eine Einstellung beschreibt, ist Stigmatisierung auf der Ebene des Verhaltens zu unterscheiden. Stigmatisierungen können einen sozialen master-status erzeugen, der das abweichende Merkmal einer Person als hervorstechendstes und nahezu einziges erscheinen lässt:

"Stigmatisierungen knüpfen bei Merkmalen von Personen an. Diese Merkmale könnnen sichtbar oder unsichtbar sein (...) Sichtbarkeit erleichtert das Stigmatisieren. Auf der Grundlage eines Stigma tendieren die ,Normalen' dazu, weitere Unvollkommenheiten und negative Eigenschaften zu unterstellen. Über derartige Generalisierungen wird das Stigma zum alles beherrschenden ,master status'. Die Zuschreibung wird durch Verwendung spezifischer Stigmatermini (Krüppel, Bastard, Schwachsinniger, etc.) unterstrichen" (Cloerkes 1997, 148; Hv. im Orig.).

Mit Goffmans Beitrag wird die Vorstellung von Behinderung als Merkmal, das unabänderlich in der Person gründet, erstmals auf grundsätzliche Weise in Frage gestellt. Soziale Interaktion wird stattdessen in den Mittelpunkt der Betrachtung gesetzt, Etikettierungen werden zur "Verhandlungssache". Stigma beschreibt ein soziales Verhältnis. Trotzdem bleibt es auch aus der Perspektive des Symbolischen Interaktionismus wahrscheinlich, dass eine Abweichung eines gewissen Schweregrades zu einem Widerspruch mit Rollenerwartungen und damit unausweichlich zu einem Statusverlust - zur "Diskreditierung" - führt. Pfeiffer (2002, 5) weist daher auf die eingeschränkte Nützlichkeit des interaktionistischen Modells für Forschung und Interessenvertretung hin, da es nach wie vor ein Defizit-Modell darstellt. Thomas (2002, 44) vertritt einen ähnlichen Standpunkt indem sie meint, dass es der medizinischen Soziologie zwar erstmals gelinge die wichtigen existentiellen und ontologischen Dimensionen von Erfahrungen zu beleuchten, die vorher nur durch die biomedizinische Perspektive betrachtet wurden. Diese Soziologie habe aber wenig dazu beigetragen, die sozialen und materiellen Dimensionen von Behinderung zu erfassen, denn:

"(...) it is not a sociology of disability. It does not begin to address the issues of pressing concern to many disabled people: independent living, poverty, employment, education, communication, transportation, accessing built environments and civil rights" (Thomas 2002, 44; Hv. im Orig.).

2.2.2. Normalisierung

Das "Normale und das Pathologische" von Canguilhem (1996) sowie verschiedene Texte von Michel Foucault[13]bilden den Ausgangspunkt für eine weitere bedeutende Konzeption zur gesellschaftlichen Konstruiertheit der Kategorie Behinderung. Die vielfach erwähnte soziale Devianz behinderter Menschen wird vom Sprachwissenschaftler Link in seiner historischen Diskursanalyse als flexibel-normalistisches Konstrukt gedacht: Im Begriffsfeld des Normalen und der Normalität unterscheidet Link zumindest drei verschiedene Spielarten von Normen:

Normative Normen, die binär funktionieren, also v.a. Gesetze, Vorschriften und Regeln.

2. Normen im Sinne einer Grenz- oder Schwellnorm. Als Beispiel nennt Link u.a. die"Olympianorm". Es leuchtet unmittelbar ein, dass das Erreichen einer solchen Norm wenig mit Normalität zu tun hat, sondern eher einer Art "Supernormalität" entspricht.

3. Normalität im Sinne einer durchschnittlichen Verteilung von Merkmalen in einer Bevölkerung. Dieser dritte Normalitätsbegriff setzt statistische Datensammlung voraus, die in den europäischen Gesellschaften nicht vor dem 18. Jahrhundert begonnen wurde. Analog zur Gauss-Kurve wird die Messung eines bestimmten Merkmals in der Bevölkerung, z.B. der Körpergröße, in der Verteilung annähernd die Form einer Glocke annehmen:

"Die Struktur einer solchen Verteilungskurve ist grob dreigeteilt wie die Verteilung eines Massen-Marathonlaufes am Ziel: Die übergroße Mehrheit der Individuen befindet sich im breiten Mittelfeld - das ist der ,normale Bereich' (...)" (Link 2004, 132 ff.).

An den beiden Rändern des Normalen befinden sich weniger Individuen. Link unterscheidet diesen flexiblen Normalismus, in dem die Übergänge zwischen "normal" und "anormal" fließend sind vom Protonormalismus, der den Bereich des Normalen sehr eng setzt, die Abweichungsbereiche möglichst groß erscheinen lässt und in denen die Grenzen zwischen den Bereichen undurchlässig, unüberwindbar gestaltet werden. Abweichungen bleiben oft hinter (buchstäblichen) Mauern versperrt: "Der ganze biologistische und rassistische Horror bis hin zur Euthanasie der Naziärzte stammt aus dem Protonormalismus und seiner panischen Angst vor einer Durchlässigkeit der Normalitätsgrenzen." Der flexible Normalismus weist die Tendenz auf, "(...) möglichst große Bereiche von Behinderung in den Normalbereich aufzunehmen" (Link 2004, 135). Umgekehrt gilt, dass auch der flexibelste Normalismus nicht ohne Grenzen zum Anormalen auskommt,

"(...) wobei in der Regel irgendein Phänomen, das intuitiv für den ,normalen' Durchschnittsmenschen das schlechthin ,Andere' zu symbolisieren scheint, diese Grenze markiert. Das entsprechende Phänomen macht in der Regel spontan erhebliche Angst. Im Falle der Sexualität ist das zweifellos die Pädophilie" (Link 2004, 136).

Somit bleibt das Versprechen, das behinderten Menschen durch die Normalisierungstendenzen gemacht wird, ein zweideutiges: Ein Versprechen auf Integration bzw. Inklusion gilt für die meisten von ihnen, aber sehr schwer behinderte Menschen verbleiben in der Segregation. "(...) Daran zeigt sich, wo die Behinderten auf der normalistischen Vertei lungskurve platziert sind: Wie eh und je ganz unten natürlich, im bedrohlichen Gravitationsfeld der unteren Anormalität" (Link 2004, 139). Auch ein Rückfall in den Protonormalismus ist - z.B. angesichts der Entwicklung biomedizinischer Forschung -nicht auszuschließen.

2.3. Das soziale Modell und die Disability Studies

Behinderte Menschen beginnen in den 1970er- und 1980er-Jahren damit, selbst zu definieren, was es bedeutet, behindert zu sein bzw. ein Leben mit einer Behinderung zu führen. Die ersten ProponentInnen der Behindertenbewegung betonen die Notwendigkeit selbst die Definitionsmacht über Behinderung zu erlangen, v.a. um die Vorherrschaft des medizinischen Modells zu durchbrechen:

"It is vital that we insist on the right to describe our lives, our disabilities, and that we appropriate the space and proper occassions to do so. (...) If the experience of disability is always presented in the context of the medical implications it is supposed to have, it will always be seen as largely a matter of a particular set of physical or intelectual dysfunctions and little else" (Brisenden 2005, 21).

2.3.1. Das soziale Modell

Das - wie erwähnt - von der amerikanischen, mehr noch von der britischen Behindertenbewegung[14]entwickelte soziale Modell stellt erstmals die politische Dimension des Begriffs Behinderung in den Mittelpunkt. Die Selbstorganisation behinderter Menschen beginnt in Großbritannien in den 1970er-Jahren. Barnes, Oliver und Barton (2002, 4) skizzieren die Themen, um die herum sich die Bewegung formierte: "(...) disabled people began to organize collectively in increasingly large numbers to protest against their incarceration in residential institutions, their poverty and the discrimination they encountered." Segregation in Institutionen, Armut, Ausschluss aus der Gemeinschaft und die Erfahrung alltäglicher Diskriminierung bildet den Ausgangspunkt für die Bewegung und die akademische Reflexion.

Eine der Gründungsorganisationen der britischen Behindertenbewegung spielte eine Schlüsselrolle darin, das Konzept von Behinderung in den Bereich des Sozialen zu verschieben (Thomas 2002, 39). Die UPIAS - Union of the Physically Impaired Against Segregation wandte sich gegen Institutionalisierung behinderter Menschen in Sonderschulen, besonderen Wohn- und Arbeitsformen und kritisierte diese als "menschliche Müllhalden" (UPIAS 1976). Das damals bestehende britische System von Unterstützungsleistungen für behinderte Menschen müsse radikal umgekrempelt werden. Finkelstein (2001, 2) unterstreicht die damals unbestrittene Dominanz des medizinischenModells und des ExpertInnenblicks auf Behinderung:

"At that time (early 1970s) there were no dissenting opinions that the ,problems' disabled people faced were caused by our impaired individual bodies. Sympathetic professionals loved talking about, and encouraged us to talk about, our awful experiences (...)" (Finkelstein 2001, 2; Hv. im Orig.).

Die dem politischen Manifest der UPIAS (Hughes 2002) The Fundamental Principles of Disability zugrunde liegende Konzeption von Behinderung formuliert in eindrucksvoller Weise die Totalverweigerung der Kausalitätsverknüpfung des medizinischen Modells:

"Thus we define impairment as lacking part of or all of a limb, or having a defective limb, organ or mechanism of the body; and disability as the disadvantage or restriction of activity caused by a contemporary social organisation which takes no or little account of people who have physical impairments and thus excludes them from participation in the mainstream of social activities. Physical disability is therefore a particular form of social oppression (UPIAS 1976)."

Durch diese Definition wird eine fundamentale Unterscheidung zwischen impairment und disability gemacht und die Kausalitätskette aufgelöst. Die reale Dimension eines impairments wird deswegen nicht abgelehnt, jedoch wird disability in seiner Bedeutung radikal neuinterpretiert (Barnes/Mercer 2010, 30).

"Disability is something imposed on top of our impairments by the way we are unnecessarily isolated and excluded from full participation in society. Disabled people are therefore an oppressed group in society" (UPIAS 1976).

2.3.2 Disability Studies

Der Sozialwissenschafter und Aktivist Oliver geht in der Formulierung des Primats des Sozialen sogar so weit zu behaupten, Behinderung habe nichts mit dem Körper zu tun: "(...) disablement has nothing to do with the body" (Oliver; zit.n. Barnes/Mercer 2010, 30). Behinderung ist also etwas, was auf die Beeinträchtigung "zusätzlich aufgesetzt wird" (Priestley 2003, 27) und sie ist mit einem Ausschluss von vollständiger Teilhabe an der Gesellschaft verbunden. Aber dieser Ausschluss ist nicht zwangsläufig, "(...) es ist durchaus eine Gesellschaft vorstellbar, in der Menschen mit Beeinträchtigungen nicht behindert sind" (Priestley 2003, 27).

Der Grund für die strikte Trennung der Begriffe impairment und disability war die Orientierung an den politischen Zielsetzungen der Bewegung und an einer radikalen Umformulierung von disability policy:

"(...)at the personal level we may talk about acquiring an impairment being a personal tragedy, but at the social level we should talk about the restrictions that we face are, and should be interpreted as, a crime" (Finkelstein 2001; zit.n. Barnes/Mercer 2010, 31).

Erst die Verschiebung der Perspektive von impairment auf disability ermöglichte es, gesellschaftliche Benachteiligung ins Visier zu nehmen: (...) "our interpretation of ,disability' led us to focus on the nature and workings of society, not (I emphasise) our personal or individual attributes (which as we saw as related to impairments)" (Finkelstein 2001, 1; Hv. im Orig.).

Die Disability Studies entstehen direkt aus der amerikanischen und englischen Behindertenbewegung.[15]Meist werden der verstorbene Mediensoziologe Irving K. Zola, Gründer von Disability Studies Quarterly und Mitbegründer der amerikanischen Society for Disability Studies, und der bereits erwähnte Mike Oliver als Gründerväter ausgewiesen. Beide waren neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit auch Behindertenaktivisten (vgl. Barnes u.a. 2002; Waldschmidt 2005).

Oliver selbst beschreibt die schwierigen Anfänge der neuen Forschungsrichtung und ihr Ringen um Akzeptanz im akademischen Umfeld:

"Britain's first disability studies course was not developed within a sociology department or even with a conventional university setting. It was conceived and produced by an interdisciplinary team at the Open University (OU) in 1975 (...) the OU provided unprecedented opprtunities for all those disadvantaged by Britain's education system, including disabled people" (Barnes u.a. 2002, 6).

Demgegenüber war es für die amerikanischen und kanadischen ForscherInnen etwas schneller möglich zu Akzeptanz zu gelangen, die Verknüpfung zwischen WissenschaftlerInnen und Behindertenbewegung war ähnlich eng. Oliver, Barnes und Barton (2002, 7) betrachten das soziale Modell von Behinderung als rein britische Errungenschaft, indem sie über die frühen Texte der amerikanischen Disability studies meinen: "(They) failed to recognize the significance of the distinction between impairment and disability that characterized the British social model approach."

Im deutschsprachigen Raum existiert seit 2002 eine bundesweite Arbeitsgemeinschaft Disability Studies in Deutschland. In Österreich gibt es eine Vernetzungsinitiative von WissenschafterInnen (Disability Studies Austria - DISTA). Waldschmidt (2005, 11) meint jedoch, dass die zwar recht unsystematisch bereits seit den 1980er-Jahren durch behinderte Menschen betriebene Wissenschaft sehr wohl auch unter dem Namen Disability Studies zusammengefasst werden könnte. Der deutschen Behindertenbewegung ging es sehr wohl um Kritik an etablierter Wissenschaft, in der behinderte Menschen vielfach zum Objekt gemacht und ihre Würde ausgeblendet wurde. Aufgrund der spezifischen Geschichte des deutschen Sprachraums mit Faschismus und Rassenwahn ging es der Bewegung sehr bald darum, die Verbindungen zwischen Nationalsozialismus und Gegenwartsgesellschaft zu untersuchen:

"Ausgehend von der erschreckenden Erkenntnis, dass allein der Zufall der späten Geburt einen davor bewahrt hatte, Opfer von Zwangssterilisation, eines Menschenversuchs oder gar der Euthanasie zu werden, fing man an, in den Archiven zu stöbern (...)" (Waldschmidt 2005, 11).[16]

Ihre Analogie in der Gegenwart fanden diese Arbeiten in Debatten um das Lebensrecht Neugeborener, um Gentechnologie und Bioethik.[17]Darüber hinaus gab es eine rechtswissenschaftliche Debatte, in der die ProponentInnen der Bewegung Behinderung als Menschenrechts- und Gleichstellungsthema zu etablieren versuchten. Ebenso existieren zahl zahlreiche Arbeiten zur Frage der doppelten Diskriminierung behinderter Frauen und schließlich kulturwissenschaftliche Arbeiten[18](Waldschmidt 2005, 12).

Die Leitperspektiven der Disability Studies haben sich mittlerweile aber stark ausdifferenziert: Es zeichnen sich einerseits poststrukturalistische bzw. postmoderne Ansätze ab, die Behinderung im Anschluss an Foucaults Überlegungen als diskursives Produkt begreifen, andererseits kulturtheoretische Auseinandersetzungen, welche die kulturelle und historische Bedingtheit der Kategorie Behinderung in den Mittelpunkt stellen.

Exkurs: Identity Politics, Independent Living und Disability Rights Movement

Auch in der Forschung zu sozialen Bewegungen spielt die interaktionistische Perspektive auf soziales Handeln, welches durch Identität und Bedeutung strukturiert wird, eine wichtige Rolle: "Since the 1980s, the interactionist version of the theory of collective behaviour has stressed the processes of symbolic production and of construction of identity, both of which are essential components of collective behaviour" (Della Porta/Diani 2006, 13). Barnes und Mercer (2010, 181) geben - ohne die interaktionistische Begründung mitzuliefern - die gleiche Deutung: "The assertion of a positive cultural identity and a politics of difference has become a favoured political strategy for protest movements." Ähnlich wird Identity Politics von Albrecht betrachtet:

"He (Goffman, Anm. H. St.) and other symbolic interactionists suggest that finding a common identiy and cause, organizing against an outside force, including people with the same interests, developing organizational signs, symbols and culture, presenting a united front, and becoming politically astute are concrete actions that can be taken to unite groups" (Albrecht 2002, 30f.).

Empirische Belege aus verschiedenen qualitativen Studien für die positive Identifikation mit Behinderung, welche auch durch politischen Aktivismus entstehen kann, führt Putnam an:

"(...) political activists were more likely to cite instances of discrimination and state the attitudes of nondisabled people were a problem for them than those who did not identify as political activists. In addition, these individuals reported the highest levels of personal satisfaction, control, and efficacy, which was the reverse of those persons who did not see discrimination and stigma as a problem" (Putnam 2005, 189f.).

Als wesentliches Element zur Identitätsstiftung der Behindertenbewegung gilt für Albrecht wie für Putnam also das Faktum der Diskriminierung. Der Erwerb einer gemeinsamen Gruppenidentität, die letztlich positiv erlebt wird, funktioniert zentral aufgrund der negativen Effekte von Vorurteilen und Diskriminierungserfahrungen. Für weitere Untersuchungen zur Political Disability Identity schlägt Putnam (2005, 190ff.) sechs wesentliche Parameter vor:

1. Selbstwert,

2. Stolz,

3. Diskriminierung als gemeinsamer Erfahrungshintergrund,

4. eine gemeinsame (politische) Sache,

5. politische Alternativen zu formulieren, bezogen auf Public Policy, welche ja positive und negative Auswirkungen auf behinderte Menschen hat, und

6. Engagement in politischer Aktion.

Ed Roberts, eine der wichtigsten Leitfiguren der amerikanischen Independent-Living Bewegung, beschreibt Auflehnung gegen die herrschenden Verhältnisse und v.a. Zorn als identitätsstiftende Elemente für die Behindertenbewegung:

"Die Leute sagen, dass viele von uns verärgert sind. Natürlich sind wir verärgert. Wir mussten die schlimmsten Gemeinheiten hinnehmen. Wir wurden zu vegetierenden Krüppeln gebrandmarkt. Man hält uns für krank und chancenlos. Da hat man eben einmal die Nase voll. Für mich ist der Zorn eines der wichtigsten Elemente in unserer Bewegung" (Golfus/Simpson 1995; zit.n. Schönwiese 2009a, 288).

Etwas anders gelagert findet sich die Theorie der Behindertenbewegung bei Oliver und Zarb (1989). Ausgehend von ihrem historisch-materialistischen Ansatz sehen sie die Behindertenbewegung als Teil der neuen sozialen Bewegungen,die durch die strukturellen Veränderungen in der post-kapitalistischen Gesellschaft entstehen und die Logik des Klassenkonfliktes ablösen. Das medizinische Modell, aber auch staatliche Politik schaffen Gruppen innerhalb der behinderten Menschen nach dem Prinzip des Teilens und Herrschens[19], daher könne nicht erwartet werden, dass Parteipolitik die Interessen behinderter Menschen gut unterstützt. Soziale Bewegungen sind am Rande des politischen Systems lokalisiert, verbinden Persönliches mit Politik[20], sind Träger post-kapitalistischer Werte und ihre Themen sind (öfters) grenzüberschreitend (Oliver/Zarb 1989). In Weiterführung von Gramscis Überlegungen zur Hegemonie bzw. zu Laclau und Mouffe (2006) geht es ihnen um die Entwicklung von "counter-hegemonic politics".

Streiflichter aus der Geschichte

Ed Roberts, auf einen Elektro-Rollstuhl und ständig auf ein Atemgerät angewiesen, erkämpfte sich trotz heftiger Widerstände von Seiten der Universitätsleitung im Jahr 1962 einen Studienplatz an der University of California in Berkeley. Dies wird zumeist als Geburtsstunde des amerikanischen independent living bzw. disability rights movements bezeichnet (Laurie 1982, 127).[21]Gleichzeitig mit ihm kämpften behinderte CollegekollegInnen in Berkeley und an der University of Illinois darum, aus ihren "Nursing Homes" ausziehen zu dürfen um selbstbestimmt zu leben (Hahn 2002, 167). Von ehemaligen StudentInnen wird schließlich 1972 in Berkeley das erste von behinderten Menschen betriebene Beratungszentrum, das Centre for Independent Living, gegründet (De Jong 1982, 137). Es entstanden in der Folge immer mehr solcher IL-Zentren bzw. Independent Living Programme über zahlreiche US-Bundestaaten hinweg. Bis Ende 1981 waren es knapp 200, die durch Bundesmittel aus den Medicare und Medicaid Programmen finanziert bzw. unterstützt wurden (Laurie 1982, 129).[22]Die Independent Living Bewegung hatte ihren Ausgangspunkt in den Forderungen nach selbstbestimmter und von Spezialeinrichtungen unabhängiger Lebensführung behinderter Menschen. Die Lebensqualität von Menschen, die auf unterstützende Dienstleistungen im Alltag angewiesen sind, sollte sich verbessern. Die IL-Bewegung reagiert auf:

"(...) patriarchalische und autoritäre Grundwerte und auf die allgegenwärtige bürokratische Engstirnigkeit, die lieber mehr Geld ausgibt, um behinderte Menschen in Pflegeheimen und anderen Institutionen unterzubringen, anstatt ihnen durch ein System von gemeindenahen Hilfsdiensten zu ermöglichen, in der eigenen Wohnung zu bleiben" (Laurie 1982, 121).

Ein erster Erfolg im Sinne dieser Zielsetzungen wird 1973 durch das neue amerikanische Rehabilitationsgesetz erreicht, welches seither einen Passus (Section 504) enthält, der die Diskriminierung behinderter Menschen in allen Programmen oder Aktivitäten verbietet, die aus Bundesmitteln gefördert werden (De Jong 1982). Über die Forderungen nach selbstbestimmter Lebensführung hinaus weitete die Bewegung ihre Zielsetzungen aber sehr schnell auf andere Lebensbereiche aus, wie den öffentlichen Verkehr, Beschäftigung und Bildung.

Kulminationspunkte des Kampfes um Bürgerrechte und selbstbestimmtes Leben waren u.a. eine eintägige Blockade des Busverkehrs in Denver durch The gang of nineteen oder Aktionen des zivilen Ungehorsams durch eine der prominentesten Organisationen: ADAPT - Americans Disabled for Accessible Public Transit (Scotch 2009, 20). ADAPT wollte über die ersten Jahre hinweg v.a. die amerikanische Vereinigung der öffentlichen Verkehrsbetreiber[23]dazu bringen, ihre Mitglieder aufzufordern uneingeschränkten Zugang für behinderte Passagiere zu öffentlichen Verkehrsmitteln zu bieten. Unter Anspielung auf die Forderungen der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung verwendeten die RollstuhlfahrerInnen u.a. den Slogan "access to the bus, even if it is the back of the bus". Öfters kam es zu Polizeiaktionen und zur Verhaftung der DemonstrantInnen. In Folge wurden Pressekonferenzen abgehalten, die die mangelnde Zugänglichkeit von öffentlichen Haftanstalten zum Thema hatten (Hahn 2002, 167).

In weiterer Folge beschäftigt sich auch ADAPT immer mehr mit den Forderungen nach selbstbestimmtem, in die Gesellschaft integriertem Leben in der Gemeinde, anstelle von Segregation in den Nursing Homes (Scotch 2009, 22). Die Unterstützungsmaßnahmen, die behinderte Menschen vielfach dafür benötigten, sollten durch Umleitung der Finanzmittel, die für die Anstalten gewidmet waren, direkt an die Betroffenen finanziert werden. Diese wären dadurch in die Lage versetzt worden, selbst Persönliche AssistentInnen zu beschäftigen und andere Kosten ihrer Lebensführung zu Hause zu tragen.

Nach der Beschreibung von Albrecht (2002, 30) gelingt der US-Behindertenbewegung der größte Erfolg: die Einführung des weltweit ersten, umfassenden Antidiskriminierungsgesetzes für behinderte Menschen, des ADA - Americans with Department 2009), durch eine bis dorthin nicht gekannte Einigkeit der Gruppierungen, die vorher noch um verschiedene Behinderungsarten herum fokussiert waren.

Die ersten Ausläufer der IL-Bewegung erreichten den deutschsprachigen Raum erst einige Jahre später. Die Botschaften der Centers for Independent Living wurden zuallererst von den Frankfurter Volkshochschulkursen mit Ernst Klee und Gusti Steiner aufgenommen. Dies war eine der ersten Gruppen mit behinderten und nichbehinderten Mitgliedern, die auf aktionistische Weise im öffentlichen Raum auf diskriminierende Misstände aufmerksam machte - z.B. durch die Blockade der nicht behindertengerechten Straßenbahnen. Wenige Jahre später gab es in Deutschland dann erste politische Aktionen körper-, seh- und mehrfachbehinderter Menschen, die sich in einem selbst organisierten Zusammenschluss, der Krüppelbewegung[24]gegen Diskriminierung, Benachteiligung und Unterbringung in Pflegeheimen, Behindertenanstalten oder auch Psychiatrien wandten. Die Krüppelgruppen waren der Ansicht, dass es zunächst einmal darum ging, eigenes politisches Selbstbewusstsein in Abgrenzung zur "Nichtbehindertennormalität" zu entwickeln (Bartuschat 2002).

Köbsell (2006) sieht den Beginn der deutschen Selbstbestimmt Leben Bewegung im Frankfurter Urteil: Ein Frankfurter Bezirksgericht gibt einer Urlauberin recht, die Preisreduktion für ihr Reisearrangement verlangte, weil sie fortgesetzt den Anblick schwerbehinderter Menschen, während ihres "wohlverdienten Urlaubs" ertragen musste. Die Veröffentlichung führte zu zahlreichen Protesten und einer Demonstration mit 5.000 TeilnehmerInnen, viele von ihnen behindert.

Zeitgleich mit dem "Jahr der Behinderten" der Vereinten Nationen im Jahr 1981 wurde mit dem Motto "Keine Reden - Keine Aussonderung - Keine Menschenrechtsverletzungen" zunächst der Bundespräsident von der offiziellen Rednerbühne verbannt (Köbsell 2006). Im selben Jahr wurde von AktivistInnen in Dortmund ein "Krüppeltribunal" veranstaltet (von Daniels u.a. 1983; Bartuschat 2002).

In Bremen entsteht 1986 nach amerikanischem Vorbild die erste Beratungsstelle Selbstbestimmt Leben in Deutschland. Im Jahr 1987 beginnt die erste europäische Assistenz genossenschaft STIL (o.J.), eine von behinderten KonsumentInnen geführte Organisation für unterstützende Dienstleistungen, in Stockholm mit ihrer Tätigkeit.

Österreich

In Österreich entstehen Ende der 70er-Jahre erste kleine Selbsthilfegruppen behinderter Menschen, z.B. die Initiativgruppe Behinderte-Nichtbehinderte in Innsbruck und die Alternativgemeinschaft von Behinderten und Nichtbehinderten Wien (Wegscheider 2010, 130) v.a. aus Enttäuschung über die Politik der traditionellen Interessenvertretungen der Kriegsopfer und Zivilinvaliden. Diese verhandelten vor allem um Geldleistungen und Vergünstigungen zur Benützung öffentlicher Einrichtungen, z.B um Ermäßigungen bei öffentlichen Verkehrsmitteln. Schönwiese (1999, 46) vermutet, dass "(...) keine Politik mit strukturellen Forderungen" gemacht wurde. Die Bewegung beginnt, ähnlich wie in Deutschland, mit Aktionismus zum UN-Jahr: "Wir fürchteten, daß die Funktion des Jahres nur dazu dienen würde, die paternalistische Behinderten- und Rehabilitationspolitik weiterzuführen und zu verstärken" (Schönwiese 1999, 47). Der Zugang zum Festakt der Bundesregierung in der Innsbrucker Hofburg wurde von zwanzig RollstuhlfahrerInnen verstellt.

Die losen Selbsthilfegruppen formieren sich über die Jahre zunächst zu einem Forum der Behinderten- und Krüppelinitiativen und später zur Selbstbestimmt Leben Bewegung:

"Seit den 1990er Jahre haben in Österreich Menschen mit Behinderung damit begonnen, sich in ,Selbstbestimmt Leben Initiativen' nach dem Vorbild der internationalen Independent Living Bewegung zu organisieren. So wurden 1994 Bizeps in Wien und die Selbstbestimmt Leben Initiative in Linz gegründet" (Wegscheider 2010, 134).

Aber auch in Innsbruck entstand eine Selbstbestimmt Leben Initiative. Parallel zu den Selbsthilfegruppen entsteht in den 1980er-Jahren eine v.a. von den Eltern behinderter Kinder getragene Integrationsbewegung (vgl. Schönwiese 1999, 48ff.).

Die von offizieller Seite anerkannte Interessenvertretung behinderter Menschen in Österreich wurde in den 1970er-Jahren gegründet. Als Dachverband vertritt sie "(...) gebündelt die Interessen der Menschen mit Behinderung und der TrägerInnen der freien Wohlfahrt" (Wegscheider 2010, 161). Eigentlich kann sie nicht als zur Behindertenbewegung zugehörig betrachtet werden, denn: "Ihre Struktur ist als eine Art Behinderten-Kammer zu sehen, BetreuerInnengruppen/Betreuungsorganisationen" (Schönwiese 1999, 52). Also eigentlich Interessengruppen aus deren Abhängigkeit sich die IL-Bewegung befreien will. Srb (1999, 56) meint, dass für Selbstbestimmt Leben Organisationen eine Mitgliedschaft in der ÖAR nicht vereinbar wäre, die "(...) gleichzeitig auch Heimbetreiber vertritt und bei (der) viele nichtbehinderte Funktionäre das Sagen haben."

2.3.3. Die neue WHO-Klassifikation: ICF 2001 - Ein Erfolg der Behindertenbewegung?

Wie auch ihre Vorgängerin, die ICIDH der 1980er-Jahre, soll die ICF -International Classification of Functioning, Disability and Health[25]als Instrumentarium für Statistik, Forschung und Pädagogik (Curriculumentwicklung, Schaffung von Problembewusstsein, Anstoß zu sozialem Handeln) dienen. In der Gesundheitsvorsorge soll sie v.a. die Bedarfserhebung in Zusammenhang mit Behandlung und Rehabilitation unterstützen. Im engeren Bereich der Sozialpolitik zur Planung der sozialen Sicherheit, für Entschädigungssysteme, für Politikgestaltung und -umsetzung beitragen[26](DIMDI 2005, 11).

Wie bereits erwähnt, wurde die Vorgängerin der ICF von der Behindertenbewegung aufgrund des nach wie vor verbliebenen Kausalzusammenhangs zwischen impairment und Behinderung bzw. Benachteiligung abgelehnt: (...) Der historische Verdienst dieser Definition ist, dass soziale Zusammenhänge im Verständnis von Behinderung Bedeutsamkeit erlangte(n)." Es wurde aber: "(...) vielfach kritisiert, dass dieses Modell eine Ursache-Folge-Konstruktion darstellt, die (...) den medizinischen Befund als zentralen Ausgangspunkt definiert "(Schönwiese 2009, 40).

Die WHO unternahm die Revision, aufgrund von Schwierigkeiten in der Praxis, (chronische) Krankheiten und Behinderungen voneinander abzugrenzen, aber auch aufgrund der kritischen Rezeption. In diesem Vorhaben war auch die Zielsetzung enthalten, die gesellschaftliche Dimension von Behinderung stärker zu differenzieren und die beeinflussenden Faktoren der natürlichen und sozialen Umwelt besser zu berücksichtigen (Hirschberg 2005, 28). "Im Unterschied zu der Entwicklung früherer Klassifikationen sollten internationale und nichtstaatliche Organisationen, inklusive Behindertenorganisationen, in den Revisionsprozess einbezogen werden" (Hirschberg 2005, 29; Hv. im Orig.; vgl. auch Hollenweger 2003, 158).

Die WHO geht von einem vielfältigen Nutzen der ICF aus, auch im Sinne des sozialen Modells:

"Sie bietet einen konzeptionellen Rahmen für Informationen, die auf die Gesundheitsversorgung des Einzelnen anwendbar sind, einschließlich Prävention und Gesundheitsförderung sowie für die Verbesserung der Partizipation [Teilhabe] durch die Beseitigung oder Verringerung von gesellschaftsbedingten Hindernissen sowie durch Schaffung oder Verbesserung der sozialen Unterstützung und anderer, die Teilnahme oder Partizipation [Teilhabe] in Lebensbereichen fördernder, unterstützender oder erleichternder Faktoren" (DIMDI 2005, 12).

Schönwiese (2009, 40) analysiert die konstitutiven Elemente der ICF-Klassifikation folgendermaßen:

"Darin sind Körperfunktionen und -strukturen, Aktivitäten der betroffenen Person und soziale/gesellschaftliche Partizipation mit umwelt- und personenbezogenen Faktoren in einem Wechselwirkungsverhältnis verbunden. Behinderung - oder allgemein ein Gesundheitsproblem - kann demnach nur in diesem komplexen Verhältnis verstanden werden. Diese Definition kommt einem bio-psycho-sozialen Denken nahe" (Schönwiese 2009, 40).

Abb. 2: Interaktion zwischen den Strukturelementen der ICF

(Wegscheider 2010, 57)

Im Vergleich zur ICIDH ist handicap aus der Liste der Faktoren verschwunden. Die soziale bzw. gesellschaftliche Dimension wird in der ICF durch Partizipation (Teilhabe) und durch Umweltfaktoren[27]berücksichtigt. "Die ICF wird als Biopsychosoziales Modell bezeichnet, mit dem das Medizinische und das Soziale Modell von Behinderung integriert werden sollen (...)" (Hirschberg 2005, 42). Hollenweger (2003, 158) betont, die ICF stelle ein Modell dar, welches die Versöhnung zwischen sozialem und medizinischem Modell fordere und streicht die Transdisziplinarität der Klassifikation heraus, die es ermögliche verschiedene Sichtweisen und Perspektiven miteinander zu verbinden. Trotzdem kann weiterhin von einer negativen Konstruktion von Gesundheitsbeeinträchtigung ausgegangen werden. Diese Ambivalenzen sind der ICF inhärent, insbesondere wird dies sichtbar durch das Konzept der statistischen Normalität, das als Maßstab für Funktionseinschränkung dient (Hirschberg 2003, 126f.). Die Definitionsgewalt über impairment haben laut offizieller Sichtweise der WHO weiterhin ÄrztInnen oder andere einschlägige FachexpertInnen:

"Schädigungen stellen eine Abweichung von gewissen, allgemein anerkannten Standards bezüglich des biomedizinischen Zustands des Körpers und seiner Funktionen dar. Die Definitionen ihrer Bestandteile obliegt in erster Linie Fachleuten, die dazu qualifiziert sind, die physische und mentale Funktionsfähigkeit bezüglich dieser Standards zu beurteilen" (DIMDI 2005, 18).

Im Anschluss an das Normalismuskonzept von Jürgen Link[28]bezeichnet Hirschberg (2003, 127) die ICF als eine "(...) in einer protonormalistischen Tradition stehende Klassifizierung (...) mit zunehmenden flexibel-normalistischen Strategien. Dabei behandelt die ICF auch protonormalistische Charakteristika, die die Exklusion von Behinderung unterstützen." Waldschmidt (2003b, 97) kommt hingegen zur Schlussfolgerung, "(...) dass sich der flexible Normalismus im aktuellen Behinderungsdispositiv anscheinend endgültig durchgesetzt hat" (vgl. auch Schönwiese 2009).

Die Entscheidung, die Organisationen behinderter Menschen in die Neufassung der ICF einzubeziehen sowie das soziale Modell von Behinderung zu integrieren, kann sicherlich als Erfolg der Behindertenbewegung gesehen werden.[29]Dass damit das medizinisch-individualisierende Modell von Behinderung durch das soziale abgelöst wird, ist angesichts der Komplexität des neuen Bewertungssystems und der nach wie vor bestehenden Dominanz des medizinischen Standes bei der Beurteilung, was eine Funktionseinschränkung darstellt, wohl mehr als in Frage zu stellen: "(...) die WHO (hat) mit dem ICF auch ein umfassendes Klassifikationssystem mit einer Unzahl von Items, das das ganzheitliche Verständnis des ICF in der Praxis auf ein lineares und additives reduziert" (Schönwiese 2009, 41). Barnes und Mercer (2010, 39) kommen zu einer vergleichbaren Schlussfolgerung, wonach der ICF eine grundlegende Vorstellung über soziale Prozesse fehle: "(...) the ICF provides a detailed taxonomy to structure data collection but lacks a coherent theory of social action as a new basis for understanding disability." Der Einschätzung, wonach flexibel-normalistische Prinzipien die Klassifikation bestimmen würden, kann ich hier nicht folgen. Die verbliebenen protonormalistischen Elemente in der neuen Klassifikation geben noch mehr Anlass zur Sorge angesichts der neuen, sich gerade entwickelnden technologischen Möglichkeiten impairment zu verhindern. Schließlich lässt sich auch noch die Frage diskutieren, ob impairment wirklich in jedem Fall eine objektive Abbildung der Abweichungen von einer Norm liefern kann: "Genauso denkbar ist aber auch, daß Behinderung das Ergebnis eines sozialen Abwertungsprozesses darstellt, selbst ohne objektiven Grund, indem dieser als Schädigung einfach unterstellt wird" (Cloerkes 1997, 5).[30]

2.4. Bewertung der Modelle von Behinderung

Die vorigen Ausführungen dienten dazu zu zeigen, dass trotz verschiedener Präzisierungsversuche der Begriff Behinderung multidimensional bleibt. Trotzdem ist es möglich und legitim von einer abgrenzbaren sozialen Gruppe der behinderten Menschen zu sprechen. Dies deswegen, weil eine gemeinsame (oft positiv empfundene) Identität auf Grundlage der geteilten Erfahrungen von Diskriminierung bis hin zu Segregation genügend belegt ist.

Das individualisierende Modell und der mit ihm verbundene medizinische Blick auf Behinderung macht aus behinderten Menschen Objekte von Fürsorge, Abwertung und Aussonderung. Die Euthanasiepolitik im Dritten Reich ist die wahnhafteste Ausformung dieses Denkens über Behinderung. Sie zeugt von der nur vorgegebenen Objektivität der medizinischen Betrachtungsweise und verkennt, dass sie selbst historischen Veränderungen unterliegt und vom jeweils dominierenden sozialen Verständnis geprägt wird. In Abschnitt 4 soll gezeigt werden, in welcher Hinsicht das medizinische Modell nach wie vor die Grundlage bildet für die Ausrichtung von Behindertenpolitik. Vielleicht auch -zumindest in Teilbereichen - unverzichtbar bleibt für die Gestaltung von Maßnahmen. Auch die neue Klassifikation der WHO, die ICF, bleibt weiterhin in dieser Konzeption von Behinderung verhaftet.

Behinderte Menschen sind - wie ich gezeigt habe - immer in Gefahr, abhängig vom Schweregrad ihrer Beeinträchtigung, aus dem Bereich der Normalität abgedrängt zu werden. Es ist mehr als verständlich nach den historischen Erfahrungen und den Bedrohungen durch die neue Biopolitik, dass die Behindertenbewegung konsequent das soziale Modell vertritt und eine zentrale Forderung mittlerweile "nothing about us without us" lau tet. Auch Politik für behinderte Menschen sollte nicht ohne Beteiligung behinderter Menschen stattfinden. Unter der Perspektive des sozialen Modells und in Abgrenzung zum individualisierenden ist diese Forderung nur konsequent.

Die sich seit über vierzig Jahren weltweit erstarkende Behindertenbewegung und die mit ihr verbundene Forschungsrichtung der Disability Studies haben v.a. unter Weiterentwicklung des interaktionistischen Paradigmas, des Konzepts der sick-role und der Stigmatisierung, neue Dimensionen von Behinderung erarbeitet. Die vielfältigen Ausprägungen des sozialen Modells können wieder zusammengeführt werden, wenn man sie mit den Zielsetzungen, die ihnen gemeinsam sind, verbindet: Bei Behinderung handelt es sich um eine soziale Beziehung, die von Unterdrückung, Diskriminierung, ungerechtfertigten Machtverhältnissen und Barrieren in der Umwelt handelt. Das Ziel von Behindertenpolitik muss sein, Machtverhältnisse umzukehren, Diskriminierungen zu verhindern, Segregation zu beenden und Barrieren in der Umwelt abzubauen. All diese Zielsetzungen können unter dem Begriff eines sozial-politischen oder Rechte-basierten Modells von Behinderung subsumiert werden.

Für die gegenständliche politikwissenschaftliche Untersuchung ist es ebenso das relevanteste Modell von Behinderung, da die aus dem Modell abzuleitenden Zielsetzungen Bürger- und Menschenrechte, Antidiskriminierungs- bzw. Gleichstellungsgesetzgebung sowie der Aufbau von bedarfsgerechten Unterstützungssytemen sind. Im Weiteren werde ich daher Behinderung und Behindertenpolitik aus dieser Perspektive betrachten.

Dass die individualisierende Vorstellung von Behinderung mittlerweile sogar von Seiten der Medizin selbst in Frage gestellt wird, zeigt, dass The Lancet erstmalig in seiner 186-jährigen Geschichte ein Themenheft zu Behinderung veröffentlichte (WHO o.J.). Mit großer Spannung wird auch der World report on disability der WHO erwartet, der unter Einbindung behinderter ExpertInnen und Interessenvertretungen erarbeitet wird. Das Konzept lautet:

"The goal is to support implementation of the Convention on the Rights of Persons with Disabilities by compiling evidence about the prevalence of disability and the situation for people with disabilities around the world; assess what works to meet needs and promote participation; and suggest directions for the way forward" (WHO 2010).

Dies leitet über zum nächsten Abschnitt, in dem die UN-Konvention in Kürze beschrieben und gezeigt wird. Die CRPD will 650 Millionen behinderte Frauen, Männer und Kinder in das Schutzsystem der internationalen Menschenrechte einbeziehen und folgt darin konsequent einer Konzeptionvon Behinderung, nämlich der Vorstellung des sozial-politischen bzw. Rechte-basierten Modells.



[3] Zur Thematisierung von impairment innerhalb der Disability Studies vgl. z.B. (Thomas 2002, 50f.).

[4] Pfeiffer (2002, 4) beschreibt diese Standpunkte im Original folgendermaßen: "Implicit in all the versions and an assumption of all of them is that there is a continuum from non-disabled to disabled. Everyone, it is said, will eventually be disabled. However, this version is not fully developed even though it may become so in the future."

[5] Die Zitation Maschkes (2008, 33) ist hier nicht ganz korrekt. Er bezieht sich ganz offensichtlich auch auf einen anderen Text als er anführt: Pfeiffer behandelt die neun "interpretations or versions of the disability paradigm" z. B. in Disability Studies Quarterly, Vol. 22, No. 2, 3-23 (Pfeiffer 2002).

[6] Pfeiffer (2002) ist im Originaltext hier wesentlich gelassener. Er betont im Gegenteil sogar: "In this paper the terms model and paradigm are interchangeably in part because it follows common usage in this area. No matter which term is used, a model or paradigm presents the major variables in a field and their relationships" (Pfeiffer 2002, 3). Zur Unterscheidung von Interpretationen, Modellen und Theorien in Bezug auf Behinderung vgl. auch Finkelstein (2001).

[7] Inwieweit diese Synthese beim derzeitigen Diskussionsstand zum biopsychosozialen Modell bereits als gelungen bewertet werden kann oder ob es sich nur um eine neue Ausprägung des medizinischen Paradigmas handelt, soll in Kapitel 2.3.3. veranschaulicht werden.

[8] Barnes und Mercer (2010) betonen, dass man eigentlich nicht von einem medizinischen Modell sprechen sollte, sondern vielmehr von einem individuellen Modell, in welchem Medizinisierung eine signifikante Komponente darstellt. Die Aussage, das medizinische Modell wirkt individualisierend, wäre wahrscheinlich noch präziser.

[9] Präziser: Die Ängste der Nichtbehinderten vor Behinderung.

[10] Oliver bezieht sich hierbei auf die offiziellen Definitionen von Behinderung, die auf dem Hintergrund des medizinischen Modells entstanden sind u.a. auf die ICIDH-Klassifikation der WHO.

[11] Waldschmidt erwähnt in der Fußnote, dass handicap aufgrund seiner im Englischen negativen Konnotationen später fallengelassen wird, spätestens in der Folgeklassifikation der ICF. Schädigung, Beeinträchtigung und Funktionsstörung werden unter impaiment subsumiert. Disability bezeichnet die Teilhabebeschränkung und Benachteiligung aufgrund einer impairment (Waldschmitt 2005, 28). Zur ICF vgl. Abschnitt 2.3.3. Angelehnt an diese Bedeutungen verwende ich in der Folge impairment und disability, um die sozial-politische Vorstellung klarer von der medizinischen von Behinderung zu unterscheiden als dies mit den deutschen Begriffen möglich wäre.

[12] Zum Verhältnis von Krankheit und Behinderung vgl. Abschnitt 2.2.1.

[13] Vor allem Foucaults Arbeiten zum Verhältnis von Macht und Wissen sowie zur historischen Konstruktion von Phänomenen wie dem des Wahnsinns bilden den Hintergrund für Analysen zum Thema Behinderung (Foucault 1969, 1973). Aber natürlich auch die methodologische Konzeption des Diskurses sowie die Idee der Biopolitik sind theoretische Vorläufer verschiedener Arbeiten zu Behinderung in den letzten Jahren (vgl. Naue 2006; Tremain 2005; Waldschmidt 2003).

[14] Als Elemente des britischen sozialen Modells sehen Shakespeare und Watson (2002): 1. Dass behinderte Menschen eine unterdrückte soziale Gruppe sind, 2. die Unterscheidung zwischen impairment und der Erfahrung von Unterdrückung und 3. das wichtigste Element, dass disability die soziale Unterdrückung meint und nicht die Form des impairment. Die nordamerikanischen TheoretikerInnen und AktivistInnen gingen in ihrer Interpretation des sozialen Modells der Unterdrückung wesentlich weniger weit, was z.B. der Begriff people with disabilities illustriert.

[15] Zu Independent Living und zum Disability Rights Movement vgl. die Ausführungen im nächsten Kapitel.

[16] Als Erster beschäftigte sich Klee (1983) mit der Euthanasie und Zwangssterilisation unter dem NS-Regime.

[17] Zur durch den Philosophen Singer ausgelösten neuen Euthanasie-Debatte sowie zu den Kontinuitäten zwischen alter und neuer Euthanasie vgl. Bogner (2000).

[18] vgl. z.B. Flieger/Schönwiese (2007) sowie Mürner (2003).

[19] Man könnte hier etwa als Beispiel die Ungleichbehandlung in Österreich zwischen behinderten Menschen aufgrund der Ursache ihrer Behinderung anführen; vgl. hierzu Abschnitt 5.2.

[20] Gemeint sind bezogen auf die Behindertenbewegung v.a. Selbsthilfegruppierungen, aber auch Organisationen behinderter Menschen, die selbst alternative Angebote für den Unterstützungsbedarf behinderter Menschen entwickelt haben und anbieten. Vgl. zu den Centers for Independent Living die Ausführungen auf den folgenden Seiten.

[21] Ed Roberts leitete später das Rehabilitationsministerium des Bundesstaates Kalifornien (Laurie 1982, 127).

[22] Einen weltweiten Überblick über Beratungszentren und Organisationen, die sich der IL Bewegung zugehörig fühlen, versucht das Independent Living Institute in Stockholm zu bieten (ILI o.J.).

[23] Ein Verweis auf das Wortspiel "APTA" und "ADAPT" scheint hier nahezu überflüssig zu sein. APTA steht für American Public Transport Association. Das Kürzel ADAPT steht heute für: Americans Disabled for Assistance Programs Today (Putnam 2005, 190) und das Logo wurde durch den Slogan "Free our People" ergänzt (ADAPT 2009).

[24] "In den letzten Jahren macht mehr und mehr eine Form der Organisierung der Behinderten von sich reden, die ganz offenkundig dem offiziellen Konzept der Integration widerspricht: Behinderte schließen sich zur Krüppelgruppe zusammen und verwehren Nichtbehinderten die Teilnahme an den Treffen" (Sierck 1987, 151).

[25] Die ICF wurde von der 54. Vollversammlung der WHO im Mai 2001 verabschiedet (DIMDI 2005, 4).

[26] Auf die Bedeutung von Klassifikationen bzw. Kategorisierungen als Grundlage für die Bedarfserhebung und die Zuerkennung von Leistungen der Behindertenpolitik werde ich in Abschnitt 4 ausführlicher eingehen.

[27] "Diese Fachbegriffe, welche die früher verwendeten Begriffe ,Schädigung', ,Fähigkeitsstörung' und ,soziale Beeinträchtigung' ersetzen, erweitern die Reichweite der Klassifikation, sodass die Beschreibung positiver Erfahrungen ermöglicht wird" (DIMDI 2005, 9). Der Begriff Schädigung taucht aber sehr wohl auch in der ICF als "Beeinträchtigung einer Körperfunktion oder -struktur" wieder auf (DIMDI 2005, 17).

[28] vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel 2.2.2.

[29] Hirschberg (2005) zitiert hier Halbertsma u.a. (2000), die die Einbeziehung von Umweltfaktoren in die ICF auf den Einfluss von v.a. kanadischen Behindertenorganisationen zurückführen.

[30] Einen solchen Behinderungsbegriff kennt zum Beispiel das amerikanische ADA - Americans with Disabilities Act 1990: "An individual with a disability is defined by the ADA as a person who has a physical or mental impairment that substantially limits one or more major life activities, a person who has a history or record of such an impairment, or a person who is perceived by others as having such an impairment" (U.S. Department of Justice 2005, 1). Degener (2005, 906) verweist jedoch auf die geringe praktische Bedeutung dieses weiten Behinderungsbegriffs: Diese dritte Variante des Behindertenbegriffs des ADA (- to be regarded as having a disability -) wird jedoch regelmäßig von den Gerichten ignoriert, obwohl sie prinzipiell anwendbar wäre.

3. Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

Die Behindertenrechtskonvention wurde als erstes Menschenrechtsübereinkommen des 21. Jahrhunderts am 13.12.2006 von der UN-Generalversammlung angenommen und während acht Sitzungen eines Ad Hoc Committees zwischen 2002 und 2006 ausverhandelt - die kürzeste Zeitspanne, welche jemals für das Entstehen eines Menschenrechtsvertrages aufgewandt wurde (UN o.J.).

3.1. Das soziale Modell setzt sich durch

Während in Bezug auf die ICF der WHO die Frage, ob der Paradigmenwechsel vom medizinischen hin zum sozialen Modell vollzogen wurde, negativ zu beantworten war, sind sich die KommentatorInnen, was die CRPD betrifft einig: Der Paradigmenwechsel wird damit vollzogen. Behinderte Menschen werden in der Konvention nunmehr als Rechtssubjekte begriffen, anstatt wie im medizinischen Modell als Objekte von Wohlfahrt, Fürsorge oder medizinischer Behandlung:

"The Convention marks a "paradigm shift" in attitudes and approaches to persons with disabilities. It takes to a new height the movement from viewing persons with disabilities as "objects" of charity, medical treatment and social protection towards viewing persons with disabilities as "subjects" with rights, who are capable of claiming those rights and making decisions for their lives based on their free and informed consent as well as being active members of society" (UN o.J.)

Bielefeldt (2009, 6) umschreibt dies mit der "Überwindung des Defizit-Ansatzes" und dessen Ersetzung durch einen "Diversity-Ansatz": Behinderung wird "(...) als normaler Bestandteil menschlichen Lebens ausdrücklich bejaht und darüber hinaus als Quelle möglicher kultureller Bereicherung wertgeschätzt (...)." Dieses Verständnis liegt der Konvention konsequent und bestimmend zugrunde.[31]Ebenso betont Bielefeldt die soziale Konstruiertheit von Behinderung, welche aus der Definition in der Präambel hervorgeht:

"(...) disability is an evolving concept and (...) results from the interaction between persons with impairments and attitudinal and environmental barriers that hinders their full and effective participation in society on an equal basis with other" (UN o.J., 1).

Zwar kommt in dieser Definition nach wie vor der Begriff des impairment vor, welches eine Person aufweist, jedoch muss dieses keineswegs zwangsläufig zu disability führen. Im Gegenteil entsteht disability erstaus Vorurteilen und Barrieren, welche vollständige und gleichberechtigte Partizipation verhindern. Die Behinderungsdefinition der Konvention weist allerdings auch nicht alle Faktoren des postuliert ganzheitlichen (biopsychosozialen) ICF-Modells auf, sondern beschränkt sich auf das soziale Verständnis von Behinderung. Dadurch wird es erst möglich, Behinderung als Menschenrechtsthema zu fassen. Erst durch die Vorleistungen, welche die TheoretikerInnen des sozial-politischen Modells erbracht haben, wird begreifbar, dass Barrieren aller Art, Vorurteile, Benachteiligungen und Diskriminierungen behinderte Frauen, Männer und Kinder in ihren grundlegenden Menschenrechten verletzen können. Das medizinische Modell sieht die Ursache für Ungleichbehandlungen nur in der Person.

Kurz vor der Fertigstellung wird die Intention der Konvention von Degener folgendermaßen beschrieben: "(Es) soll der Paradigmenwechsel vom medizinischen zum menschenrechtlichen Modell von Behinderung im Übereinkommen reflektiert und der normative Standard für diesen Wechsel gesetzt werden" (Degener 2006, 104). Schulze (2009, 22) betont ebenfalls die normative Dimension der Konvention und die politische Wichtigkeit der sozialen Definition von Behinderung: "Das so genannte soziale Modell von Behinderung ist daher die Grundlage für barrierefreie Menschenrechte." Für geschätzte 650 Millionen Menschen (von Bernstorff 2007, 1) bewirkt der Paradigmenwechsel hin zum sozialen Modell nun Menschensrechtsschutz. Die (...) insgesamt 50 Artikel umfassende Konvention enthält die zentralen Anliegen des Disability Movement und formuliert sie als Völkerrecht" (Hochwarter 2009, 28).

3.2. Die Rolle der Behindertenbewegung in den Verhandlungen

Die Konvention stellt wohl auch was die Beteiligung der Zivilgesellschaft während der Verhandlungsphase betrifft, eine Novität dar. Eine außerordentlich hohe Beteiligung sowohl der Mitgliedsstaaten als auch von UN-Sonderorganisationen, NGOs sowie nationalen Menschenrechtsorganisationen beschreibt Degener (2006, 105f.). Die Zahl der vertretenen Mitgliedsstaaten stieg von 80 auf 120, die Zahl der beteiligten NGOs[32]stieg vom Zeitpunkt der ersten Sitzung des Ad Hoc Ausschusses von 30 auf 469 bei der siebten Sitzung. Manche Staatendelegationen nahmen selbst VertreterInnen von Behindertenorganisationen auf, in manchen Fällen wurde die Delegation sogar von Behinderten geleitet (Schulze 2009, 21). Bei den akkreditierten NGOs dominierten die Behindertenorganisationen, unter denen sich die acht größten Verbände im Verlauf der Verhandlungen zu einem Bündnis zusammenschlossen, der IDA - International Disability Alliance (Degener 2006, 109f.).[33]Während sich die Allianz der Behindertenverbände am Anfang noch schwer tat zu innerer Koordination zu finden, hatten sie bis spätestens zur sechsten Sitzung zu hervorragender Organisation und Kompetenz gefunden, "(...) dass man fast von einem Vetorecht der Zivilgesellschaft sprechen konnte" (Degener 2006, 110). Resümierend beurteilt Degener diese völlig neuartige Einbindung der NGOs wie folgt:

"Dass die Zivilgesellschaft dann aber tatsächlich eine so weitgehende, fast paritätische Rolle innerhalb des Ad-hoc-Ausschusses einnehmen würde, war nicht vorhersehbar und ist in der Geschichte der Menschenrechtsüber-einkommen wohl bislang einmalig" (Degener 2006, 110).

Von Bernstorff betont das Geschick in der Verhandlungsführung, welches die Behindertenorganisationen an den Tag legten:

"Die Führung und Letztentscheidung über die gebündelt vorgetragene gemein- same Position der NROen zu einzelnen Artikeln lagen stets bei den jeweils am stärksten von einer Regelung betroffenen Spezialverbänden. Das Interesse einer bestimmten Gruppe behinderter Menschen (z.B. die Gruppen blinder Menschen, geistig behinderter Heimbewohner etc.) wurde zum gemeinsamen Anliegen aller NROen gemacht. Diese interne Organisationsleistung auf Seiten der NROen erhöhte ihren Einfluss auf die Einzelregelungen des Vertragstextes erheblich" (von Bernstorff 2007, 1045).

Laut Radtke, für Disabled People's International an den Verhandlungen beteiligt, waren bei Konventionsverhandlungen noch niemals derart viele NGOs eingebunden. In jeder Zeile des Konventionstextes, so Radtke, schwinge das Motto der politischen Behindertenbewegung mit: "Nichts über uns, ohne uns!" (zit.n. Steinmetz 2010, 111).

3.3. Die Rechte behinderter Menschen

Die Konvention formuliert keine neuen Menschenrechte für eine Spezialgruppe (Aichele 2008, 4), sondern versucht auch für behinderte Menschen die volle und gleichberechtigte Inanspruchnahme des gesamten Katalogs der internationalen Menschenrechte zu ermöglichen. Dies war bisher nicht gewährleistet, das zeigt ein Blick auf die Geschichte der Menschenrechtsdurchsetzung: In der Aufzählung der Diskriminierungsgründe am Beginn der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte fehlt der Tatbestand der Diskriminierung aufgrund von Behinderung (vgl. Schulze 2009, 20). Behinderung wurde unter anderem aufgrund der Dominanz des medizinischen Modells auch auf der Ebene der Vereinten Nationen nicht als Menschenrechtsthema gesehen, sondern "(...) allenfalls als medizinisches oder sozialpolitisches Thema verstanden, das bei der Kommission für soziale Entwicklung oder bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gut aufgehoben war." (Degener 2006, 104; vgl. Degener 2003). Erst zwei Studien aus den letzten zwei Jahrzehnten ebneten den Weg für ein Verständnis darüber, dass behinderte Menschen aus einer globalen Perspektive betrachtet, erheblichen Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind und sich diskriminierenden Strukturen (von Bernstorff 2007, 1042) gegenübersehen:

"Der Bericht des Sonderberichterstatters Leandro Despouy aus dem Jahr 1993 (...) belegt einerseits, dass Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Krieg, unmenschliche Strafen (etwa Amputationen), traditionelle Praktiken, wie Genitalverstümmelung bei Frauen und medizinische Experimente an Menschen, Ursachen für viele Behinderungen sind. Zum anderen verdeutlicht der Bericht, dass Menschenrechtsverletzungen zum Alltag vieler behinderter Menschen in allen UN-Mitgliedstaaten gehören. Als Menschenrechts-verletzungen werden physische Gewaltakte, wie Misshandlungen und Zwangssterilisationen oder sexualisierte Gewalt gegen Frauen, in Behinderteneinrichtungen genannt. Auch die Institutionalisierung in Heimen und anderen Sondereinrichtungen selbst und die damit verbundene Gettoisierung und Isolierung behinderter Menschen wird als strukturelle Menschenrechtsverletzung eingeordnet" (Degener 2006, 104f.).

Die dargestellte Aufzählung von Verletzungen der Menschenrechte betrifft also alle Mitgliedsstaaten und beinahe den gesamten Katalog der Rechte.

Die umfassende Studie von Quinn und Degener (2002) für das Hochkommissariat für Menschenrechte lieferte Belege dafür, dass Verweise auf Behinderung in den Menschenrechtsgremien nur sporadisch vorkamen (Schulze 2009, 20f.) sowie weitreichende Vorschläge für Verbesserungen des bestehenden Menschenrechtsschutzes. Diese Untersuchung war schließlich Begleitinstrumentarium für den Konventionsprozess (Degener 2006, 105).

In ihrer Evaluation der Anwendung des Vertrages über die politischen und bürgerlichen Rechte stellen Quinn und Degener (2002) z.B. bezogen auf das Recht auf freie Meinungsäußerung fest, dass dieses unzureichend umgesetzt sei, da behinderten Menschen teilweise die dafür notwendigen Voraussetzungen fehlen würden bzw. zu wenig Bedacht auf Kommunikationsbarrieren genommen würde:

"However, to become politically aware, it is essential to have access to general political debate in society. Media and lobby groups play an important role in political discourse. Some persons with disabilities, such as deaf and blind persons, are often deprived of this opportunity because of communication barriers. Yet article 19 states that the right to freedom of expression includes ,freedom to seek, receive and impart information'" (Quinn/Degener 2002, 58).

Gewaltakte, wie etwa Eingriffe in die Integrität des Körpers, stellen offensichtliche, wenn auch häufig nicht sanktionierte Menschenrechtsverletzungen dar. Der zu wenig beachtete Aspekt der Barrierefreiheit als Umsetzungsvoraussetzung für die Rechte behinderter Frauen und Männer führt dagegen zu mittelbaren[34], weniger augenscheinlichen Diskriminierungen bzw. zu nur scheinbarer Gleichberechtigung mit anderen.

Präambel und allg. Verpflichtungen

In der Präambel ist v.a. der Anspruch der Konvention formuliert, indem sie auf den allgemeinen Kanon der internationalen Menschenrechtsabkommen und dessen notwendige Adaption auf die Bedürfnisse behinderter Menschen verweist. Sie ist naturgemäß nicht als rechtlich verbindlich anzusehen. Neben der Wiederaufnahme des Behinderungsbegriffes[35]in Artikel 1 - Zweck, findet sich die Definition von Schlüsselbegriffen in Artikel 2, wie Kommunikation, Diskriminierung, angemessene Vorkehrungen, universelles Design. Das Diskriminierungsverbot

"(...) erstreckt sich ausdrücklich auf die bürgerlichen, kulturellen, politischen, sozialen, wirtschaftlichen sowie alle sonstigen Lebensbereiche. Es lassen sich also auch in Bezug auf das Diskriminierungsverbot keine Beschränkungen des sachlichen Anwendungsbereichs der Konvention feststellen" (Aichele 2008, 5).

Der in Artikel 3 als Erstes erwähnte Grundsatz der jedem Menschen innewohnenden Würde sowie dessen grundlegende Anerkennung in den Menschenrechten stellt die Kontinuität her zwischen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, den nachfolgenden Pakten und der Behindertenrechtskonvention (Aichele 2008, 6). Der Begriff der Menschenwürde, der im Menschenrechtsansatz von schlechthin "fundamentaler Bedeutung" ist, kommt in der Behindertenrechtskonvention nicht nur häufiger vor als in jeder anderen, sie geht noch einen Schritt weiter, indem sie "Respekt für Differenz und Anerkennung von Behinderung als Bestandteil menschlicher Vielfalt und Menschlichkeit"[36]als weiteres Grundprinzip formuliert und damit deutlich macht, dass die Anerkennung von Behinderung als Bestandteil menschlichen Lebens und Zusammenlebens zur Humanisierung der Gesellschaft beiträgt (Bielefeldt 2009). Artikel 4 stellt die "Implementierungsklausel" dar, die zwischen obligatorischen Verpflichtungen und der Verpflichtung zur Förderung der Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen unterscheidet (vgl. CRPD Art. 4).

Personenschutzrechte [37]

Die Personenschutzrechte umfassen die Artikel 10 sowie 14-17 und beinhalten das Recht auf Leben, Freiheit von Folter, Schutz vor grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung, die Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch sowie den Schutz der Unversehrtheit der Person. Explizit erwähnt wird hierbei der Schutz vor medizinischen bzw. wissenschaftlichen Experimenten ohne freiwillige Zustimmung. Nach Art. 16 (3) ist auch vorgesehen, dass Behinderteneinrichtungen von unabhängigen Behörden zu kontrollieren sind, um Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch vorzubeugen.[38]

Selbstbestimmungsrechte

Diese Gruppe beinhaltet die Anerkennung der Rechts- und Geschäftsfähigkeit behinderter Menschen in Art. 12, der sicherstellt, dass "alle Menschen mit Behinderung - unabhängig von der ,Art und Schwere' ihrer Behinderung - die gleiche Anerkennung vor dem Recht genießen wie Menschen ohne Behinderung auch" (Buchner/Lidon 2009, 54). Gegebenenfalls benötigen behinderte Menschen Unterstützung in der Ausübung dieses Rechtes. Eine StellvertreterInnenkonstruktion sieht die Konvention nicht vor.[39]

Für diese Arbeit ist Art. 19 besonders wichtig, deshalb möchte ich ihn an dieser Stelle im Originalwortlaut wiedergegeben:

"Article 19 - Living independently and being included in the community

States Parties to the present Convention recognize the equal right of all persons with disabilities to live in the community, with choices equal to others, and shall take effective and appropriate measures to facilitate full enjoyment by persons with disabilities of this right and their full inclusion and participation in the community, including by ensuring that:

a) Persons with disabilities have the opportunity to choose their place of residence and where and with whom they live on an equal basis with others and are not obliged to live in a particular living arrangement;

b) Persons with disabilities have access to a range of in-home, residential and other community support services, including personal assistance necessary to support living and inclusion in the community, and to prevent isolation or segregation from the community;

c) Community services and facilities for the general population are available 0on an equal basis to persons with disabilities and are responsive to their needs."

Diese Bestimmung ist von der klaren Zielsetzung der Inklusion behinderter Menschen in die Gemeinschaft geprägt. Das Recht den Wohnort selbst zu wählen bzw. nicht gezwungen zu werden in besonderen Wohnformen leben zu müssen, wird ergänzt durch die Verpflichtung der öffentlichen Hand eine breite Palette entsprechender gemeindenaher Unterstützungssysteme zur Verfügung zu stellen. "Daher sind diese Bestimmungen gleichzeitig eine Absage an herkömmliche Einrichtungen, die ausschließlich der Betreuung von Menschen mit Behinderungen dienen" (Schulze 2009, 23).

Barrierefreiheit und Zugänglichkeit

Nicht auf die vorhergehenden Pakte des UN-Menschenrechtssystem zurückzuführen ist die neue Verpflichtung zur Barrierefreiheit (von Bernstorff 2007, 1050). Entsprechend der sozialen Perspektive der Konvention auf Behinderung wurden Bestimmungen entwickelt, in denen es um den Abbau von physischen (also z.B. architektonischen) Barrieren geht aber auch von Barrieren in der Kommunikation. Auch Barrieren, die die gesellschaftliche und politische Partizipation (Teilnahme an Wahlen, Mitarbeit in Verbänden, Parteien und Organisationen) einschränken, stellen Diskriminierungen dar und sind zu beseitigen.

Freiheitsrechte

In Art. 18 ist das Recht auf Freizügigkeit und das Recht auf eine Nationalität beinhaltet, ebenso wie das Recht bei Geburt registriert zu werden. Zu dieser Gruppe zählen weiters das Recht auf Freiheitund Sicherheit. In der Konvention wird auch besonders auf die Rechte von Kindern eingegangen, sowohl das Recht eines behinderten Kindes bei seinen Eltern zu bleiben als auch das Recht von Eltern, die eine Behinderung haben, für ihr Kind zu sorgen. Das Recht auf persönliche Mobilität ist spezifisch für die Behindertenkonvention.

politische Rechte

Unter die politischen Rechte lassen sich das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Recht auf ein faires Verfahren sowie das Recht auf Teilhabe und politische Partizipation einordnen.

wirtschaftliche und soziale Rechte

Im Bereich der wirtschaftlichen und sozialen Rechte kommt dem Recht auf Bildung besondere Bedeutung zu, da sich die Konvention konsequent zum Konzept inklusiver Bildung bekennt: In "(...) keiner Bildungsstufe dürfen Menschen mit Behinderungen von Bildungseinrichtungen aufgrund einer Behinderung ausgeschlossen werden" (Schulze 2009, 23).[40]Weiters fallen in diese Gruppe die Gesundheitsversorgung, Arbeit und Beschäftigung, das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard und Sozialschutz, sowie das Recht auf Teilnahme am kulturellen Leben. Diese Gruppe wurde aus dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte übernommen (von Bernstorff 2007, 1051).

3.4. Durchführung - Umsetzung - Durchsetzung

Die entscheidende Formulierung betreffend die Umsetzung der Konvention findet sich in der "Implementierungsklausel" des Art. 4 (1): Der Staat wird verpflichtet nicht nur die gesamte Rechtsordnung, sondern das gesamte staatliche Handeln an der Konvention auszurichten, um "(...) die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern." In diesem Sinne sind "(...) einzelne Aspekte der Konvention sofort umzusetzen, wie beispielsweise das Diskriminierungsverbot im Bereich rechtlicher Regelungen" (Aichele 2008, 6). Nach der Implementierungsklausel besteht zusätzlich aber auch die Verpflichtung, in allen politischen Programmen und Konzepten "(...) den Schutz und die Förderung der Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen vorzusehen" (Art. 4 (1) lit. c.).

Für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte ist hingegen nicht von einer sofortigen Umsetzungsverpflichtung sondern von einer längerfristigen gesellschaftspolitischen Zielsetzung der Implementierung auszugehen (Aichele 2008, 6). Denn nach Art. 4 (2) verpflichtet sich jeder Staat, unbeschadet der Bestimmungen, die nach dem Völkerrecht sofort anwendbar sind, "(...) unter Ausschöpfung seiner verfügbaren Mittel (...) nach und nach die volle Verwirklichung dieser Rechte zu erreichen." Wie im Fall jener Rechte, die aus dem IPWSKR - dem Internationalen Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte - stammen, wird hier vom "Vorbehalt progressiver Realisierbarkeit" und vom "Vorbehalt verfügbarer Ressourcen" gesprochen (von Bernstorff 2007, 1051). Diese Differenzierung zwischen sofortiger Umsetzungspflicht und langfristiger Politikvorgabe lässt sich auch aus den abgeschwächten Formulierungen in den Artikeln im Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte ableiten, die z.B. lauten: "Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens treffen wirksame Maßnahmen (...), indem sie unter anderem (...)" (vgl. z.B. Art. 20 - Persönliche Mobilität; vgl. auch Degener 2006, 107). Von einer unmittelbaren Umsetzungsverpflichtung ist jedenfalls für die Gruppen der Personenschutz-, der Freiheits- und der politischen Rechte auszugehen.

Nach von Bernstorff (2009, 1051) ist insbesondere ungeklärt inwieweit eine unmittelbare Verpflichtung zur Umsetzung für Rechte besteht, die weder dem Bereich der politischen noch dem Bereich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zuzuordnen sind, sondern tatsächlich konventionsspezifisch sind, wie z.B. Art. 9, der sich der Barrierefreiheit widmet. Degener (2006, 107) spricht bzgl. Art. 9 sehr deutlich von einer längerfristigen Umsetzungsverpflichtung. Für eine unmittelbare Umsetzungsverpflichtung spricht aber auch der Begriff der angemessenen Vorkehrungen, der in Art. 2 als individuelles Recht definiert wird. Art. 5 verpflichtet die Vertragsstaaten "(...) alle geeigneten Schritte zu unternehmen"um die Bereitstellung angemessener Vorkehrung zu gewährleisten.Insofern ist sicherlich davon auszugehen, dass die Unterlassung angemessener Vorkehrungen eine Diskriminierung darstellt (von Bernstorff 2009, 1049).

"Ein verbreitetes Argument gegen die Gleichrangigkeit (von politischen und sozialen Rechten; Anm. H. St.) unterstreicht die Differenz zwischen kostenlosen Freiheitsrechten und kostenträchtigen Leistungsrechten" (Fritzsche 2009, 97). Politische Rechte würden somit Unterlassungspflichten des Staates darstellen und soziale Rechte reine Leistungspflichten, für die der vorhin beschriebene Grundsatz der progressiven Implementierung gelten würde. Dem gegenüber steht die dreifache Menschenrechtsverpflichtung: to respect, to protect, to fullfill. Der Staat hat zunächst jegliche Menschenrechtsverletzungen zu unterlassen, er hat die Menschen vor Übergriffen durch Dritte zu schützen und "(...) schließlich fordert die Gewährleistungspflicht vom Staat die vollle Verwirklichung der Menschenrechte, in Bereichen, wo dies noch nicht gegeben ist" (Fritzsche 2009, 97).

Entgegen der Auffassung, dass völkerrechtliche Übereinkommen ausschließlich Staaten binden würden, kann gemäß der Trias von Respektierungs-, Schutz- und Verwirklichungspflichten sehr wohl auch von einer Horizontalwirkung der Menschenrechte gesprochen werden.

Mit der Verpflichtung zur konkreten und geeigneten Erfassung statistischer Daten zur innerstaatlichen Umsetzung der Konvention wird ein für das UN-Menschenrechtssystem neues Verfahren etabliert.[41]urch Schaffung eines oder mehrerer sogenannte Focal Points (Anlaufstellen innerhalb der Regierungen) sollen für die innerstaatliche Umsetzung koordinierende Stellen namhaft verantwortlich gemacht werden. Die Konvention empfiehlt weiters die Prüfung eines nationalen Koordinationsmechanismus, der die Durchführung der Maßnahmen auf den verschiedenen Ebenen erleichtern könnte. Die Zivilgesellschaft soll in vollem Umfang in den Überwachungsprozess einbezogen werden (CRPD Art. 33).

Auf UN-Ebene wird ein Ausschusss zur Überwachung der Rechte von Menschen mit Behinderungen eingerichtet.[42]Die Vertragsstaaten sind verpflichtet, zwei Jahre nach innerstaatlichem Inkrafttreten, den ersten Bericht dem Ausschuss vorzulegen. Ebenso ist die Schaffung einer unabhängigen nationalen Monitoring-Stelle vorgesehen, diese soll (innerstaatlich die konventionseigenen Rechte fördern und schützen sowie die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention überwachen (Aichele 2008, 10).[43]Schließlich sind nach Ausschöpfung aller innerstaatlichen Beschwerdemöglichkeiten auch Individualbeschwerden an das UN Committee on the Rights of Persons with Disabilities möglich.



[31] Vgl. z.B. auch: "Diese Definition von Behinderung ist auf der Höhe der Zeit - sie verzichtet auf einen Rückgriff auf medizinische Normen und die damit zusammenhängende Festlegung von ,Normabweichungen'. Der herkömmliche medizinische Behinderungsbegriff hatte die Definitionsmacht über körperliche Normen bzw. Abweichungen allein der Medizin und Gesundheitsverwaltung überlassen und damit gesellschaftliche Diskriminierung vielfach zementiert" (von Bernstorff 2007, 1047f.).

[32] Die UN-Resolution 56/168, welche den Ad Hoc Ausschuss einrichtete, forderte ausdrücklich auch NGOs zur Beteiligung auf (Degener 2006, 106; vgl. auch UN o.J.a). Detaillierter zur Rolle der NGOs äußert sich auch von Bernstorff (2007), der allerdings auch Kritik formuliert, nämlich die Frage mangelnder demokratischer Legitimation und "verschleierter Machtasymmetrien" unter den AkteurInnen.

[33] Disabled People's International, Inclusion International, Rehabilitation International, World Blind Union, World Federation of the Deaf, World Federation of the Deafblind, World Network of Users and Survivors of Psychiatry, International Federation of Hard of Hearing People (Degener 2006), (vgl. IDA 2010).

[34] Zum Begriff der mittelbaren Diskriminierung vgl. z.B. das 2006 in Kraft getretene österreichische Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz - BGStG § 5 (2): "Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sowie Merkmale gestalteter Lebensbereiche Menschen mit Behinderungen gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können (...)." Vgl. hierzu auch Kapitel 6.5.

[35] "Article 1 - Purpose: The purpose of the present Convention is to promote, protect and ensure the full and equal enjoyment of all human rights and fundamental freedoms by all persons with disabilities, and to promote respect for their inherent dignity. Persons with disabilities include those who have long-term physical, mental, intellectual or sensory impairments which in interaction with various barriers may hinder their full and effective participation in society on an equal basis with others (UN o.J). "D.h. es gibt keine abschließende Definition von "Behinderungen," sondern eine Skizze, welche Aspekte eine Behinderung darstellen können (...) (Schulze 2009, 22).

[36] vgl. Article 3 (d): "Respect for difference and acceptance of persons with disabilities as part of human diversity and humanity."

[37] Für die folgende Darstellung der zentralen Inhalte der Konvention orientiere ich mich an der von Schulze (2009) vorgeschlagenen Gliederung.

[38] Zur behindertenpolitischen Funktion der institutionellen Segregation in Österreich vgl. Kapitel 6.3.

[39] Buchner/Lidon (2009) beschäftigen sich im angeführten Text ausführlich mit der wahrscheinlichen Konventionswidrigkeit des österreichischen Sachwalterschaftsrechts.

[40] Das Prinzip der Inklusion gehört mit zu den allgemeinen Prinzipien der Konvention: "Dem Inklusionsprinzip wird hiermit zum ersten Mal in einem universalen Menschenrechtsabkommen Rechtsqualität zugebilligt. Es ersetzt den Begriff der Integration und soll deutlich machen, dass behinderte Menschen nicht nachträglich integriert, sondern durch Abbau von Barrieren von vorneherein voll am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und hierzu beitragen können" (von Bernstorff 2007, 1049).

[41] ie Konvention bringt in Form einer weiteren Durchführungsbestimmung auch einen völlig neuen Ansatz für den Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, nämlich indem deren Programme für behinderte Menschen zugänglich gestaltet werden müssen. Vgl. zu diesem Thema Hochwarter (2009) sowie ZBDW (2007).

[42] Vgl. zum Committee on the Rights of Persons with Disabilities - CRPD (UN 2010).

[43] In Deutschland übernahm das Deutsche Institut für Menschenrechte diese Funktion. In Österreich wurde durch eine Novellierung des Bundesbehindertengesetzes - BBG ein eigener Monitoringausschuss ins Leben gerufen, der seine Tätigkeit am 10.12.2008, dem 60. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, aufnahm (Schulze 2009, 25).

4. Konzepte von Behindertenpolitik

Die im vorherigen Abschnitt skizzierten Modelle von Behinderung stehen in direkter Konkurrenz zueinander: Es ist wahrscheinlich, dass sich in den meisten Ländern ein Mix der verschiedenen Modelle in den Maßnahmen der Behindertenpolitik finden lässt. Die medizinische Vorstellung, Behinderung als Stigma und das soziale Paradigma haben direkte oder indirekte Auswirkungen auf die Konzeption von Behindertenpolitik. Sie bilden den ideologischen Hintergrund für die Einstellung der politischen Akteure und stellen zusammen mit deren Interessenlagen die Grundkomponenten des Policy-Feldes dar. "In Abhängigkeit davon, was unter Behinderung verstanden wird, lassen sich verschiedene staatliche Umgangsformen (mit Behinderung, Anm. H. St.) vorstellen" (Maschke 2008, 47).

Für die Zwecke dieser Untersuchung ist es im nächsten Schritt notwendig, die theoretischen Modelle in ihrer Komplexität zu reduzieren, um sie operationalisierbar zu machen. Den daraus resultierenden politisch-ideologischen Konzepten von Behinderung sollen anschließend konkrete Ziele, Funktionen und Maßnahmen staatlicher Behindertenpolitiken zugeordnet werden.

4.1. Typen von Behindertenpolitik

Den drei Modellen von Behinderung können nach Bickenbach (zit. n. Maschke, 2008) drei Typen von Behindertenpolitik zugeordnet werden:

1. Dem biomedizinischen Modell, nach dem Behinderung die Beeinträchtigung körperlicher, geistiger oder seelischer Funktionen darstellt, entspricht der Typus der kompensationsorientierten Behindertenpolitik.

2. Dem ökonomischen Modell, nach dem Behinderung als Einschränkung der Arbeitskraft und der beruflichen Tätigkeit betrachtet wird, wird von Bickenbach der Typus der rehabilitationsorientierten Behindertenpolitik zugeordnet.

3. Dem sozial-politischen Modell, welches die eingeschränkten Möglichkeiten behinderter Menschen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben aufgrund gesellschaftlicher Barrieren betrachtet, wird Behindertenpolitik, die auf Partizipation und Gleichstellung zielt, zugeordnet.

Breiter angelegt ist die Differenzierung von Drake (1999, 35ff.), der zwischen fünf verschiedenen Policy-Modellen unterscheidet:

1. Einem negativen Modell der vorsätzlichen Vernichtung bzw. Prävention von Behinderung: "(...) the desire to eradicate physiological and cognitive disorders, thus minimising the numbers of children born with impairments."[44]

2. Einem Laissez-faire Modell, welches die Existenz (gesellschaftlicher) Probleme, die im Zusammenhang mit Behinderung stehen, ignoriert. Dieses Policy-Modell zielt darauf ab, behinderte Menschen zu isolieren, v.a. durch institutionalisierte Segregation.

3. Das Patchwork Politik-Modell, "(...) seeking to integrate, but offer a limited and piecemeal approach to supporting nominated individuals within specified services" (Drake 1999, 39). Die Staaten haben bemerkt, dass Institutionalisierung unerwünschte Effekte liefert. Sie versuchen einen integrativeren Ansatz zu verfolgen, der allerdings aufgrund von politischem Druck zustande kommt. Die Maßnahmen der Behindertenpolitik sind daher durch eine bestimmte Wahllosigkeit geprägt (vgl. Maschke 2008, 58).

4. Das maximale Politik-Modell basiert auf einer Vielzahl von Maßnahmen, die unterschiedlichen Politikbereichen entspringen, einige davon auch ausgerichtet auf die Beseitigung von Barrieren in der Umwelt. Diese Vielfalt schlägt sich auch in der Fragmentierung der Zuständigkeiten zwischen verschiedenen Gesetzgebungsorganen, Behörden sowie freiwilliger Tätigkeit nieder. Die Maßnahmen bleiben widersprüchlich und lückenhaft. Die Typen 1 bis 4 bleiben weiterhin in der medizinischen Anschauung des Defizits verhaftet[45], erst

5. Das soziale oder Rechte-basierte Modell ist radikal genug in seiner Konzeption, um die Gesellschaft für alle ihre BürgerInnen zu öffnen.[46]

4.2. Ziele und Funktionen

Den eben dargestellten Politiktypen können Funktionen von Behindertenpolitik zugeordnet werden:

Ad. 1: Vernichtung und Prävention,

Ad. 2: Vernachlässigung und institutionelle Segregation,

Ad. 3: Kompensation,

Ad. 4: Rehabilitation,

Ad. 5: Gleichstellung und Partizipation (Drake 1999, 37ff.).

Die Typologie von Drake ist zwar stark normativ geprägt (Maschke 2008, 58), ermöglicht es aber, staatliche Politiken in eine Skala einzuordnen, die von aktiver Verleugnung von Behinderung bis zur Anerkennung (und Gewährung) der Bürgerrechte behinderter Menschen auf gleicher Basis mit dem Rest der Bevölkerung reicht. Ich gehe davon aus, dass die meisten nationalen Politiken der Gegenwart in dieser Skalierung zwischen dem Typus des Patchwork Politik-Modells und dem Typus des maximalen Politikmodells einzuordnen sind.[47]

Wie Maschke zeigt, unterscheidet sich die offizielle Programmatik nationaler Behindertenpolitiken deutlich von ihren versteckten Intentionen und von ihrem Outcome. In Abschnitt 6 soll exemplarisch auf Basis einzelner ausgewählter Teilbereiche von Behindertenpolitik in Österreich gezeigt werden, welcher Outcome durch Konzepte, versteckte Zielsetzungen und unintendierte Effekte politischen Handelns produziert wird. Ebenso soll gezeigt werden inwieweit diese Effekte im Widerspruch zur Konvention stehen.

Als gemeinsamen Nenner staatlicher Programmatiken in 15 EU-Ländern nennt Maschke (2008, 49ff.) die Zielsetzung, volle Partizipation trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen sowie ungeachtet der Art und Schwere der Behinderung in allen Lebensbereichen zu sichern. Gleichwohl deckt er versteckte Zielsetzungen auf, die auf unterschiedlichen Definitionen und normativen Vorstellungen von Behinderung in den verschiedenen Ländern basieren. Versteckte Zielsetzungen haben begründen sich auch darin, dass Behindertenpolitik nicht nur behinderten Menschen zugutekommen soll:

"Neben dem primären Ziel von Behindertenpolitik, der Verbesserung der Lebenssituation behinderter Menschen, existieren sekundäre Ziele, die auf ökonomische Interessen sowie Interessen der nicht-behinderten Bevölkerung gerichtet sind (...)" (Maschke 2008, 51).

Neben den allgemeinen, sozialpolitischen Zielsetzungen des Wohlfahrtsstaates nach dem zweiten Weltkrieg - wie der Armutsverhinderung, der Förderung sozialer Gerechtigkeit, der Unterstützung sozialer Integration, der Förderung sozialer Stabilität, der Unterstützung der personalen Autonomie sowie der Förderung ökonomischer Effizienz - werden in der Behindertenpolitik sekundäre oder versteckte Zielsetzungen verfolgt. Nationale Behindertenpolitiken haben auch zum Ziel, eine Entlastung der betroffenen Haushalte, der Familien und Angehörigen zu erreichen. Die Sozialversicherungssysteme des Sozialstaates sind für die Absicherung von nichtbehinderten Personen für den Fall des Eintritts von Behinderung zuständig. Volkswirtschaftliche Kosten sollen vermieden und das Arbeitskräftepotenzial erhalten werden. Vielfach zielen nationale Behindertenpolitiken auch darauf ab, behinderte Personen von nichtbehinderten Personen streng abzugrenzen, um Selektion in Bildung und Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen des Wohlfahrtsstaates definieren den Begriff Behinderung häufig sehr eng, um den nicht arbeitenden EmpfängerInnenkreis staatlicher Leistungen klein zu halten und die Arbeitsethik aufrechtzuerhalten. Segregation dient auch dazu, die Konfrontation der nichtbehinderten Bevölkerung mit der Tatsache, dass menschliches Leben auch unvollkommen sein kann, zu vermeiden. Die "Auseinandersetzung mit Leid, Verlust und Angst" (Maschke 2008, 52) soll vermieden werden. Schließlich geht es auch um die Befriedigung des Wunsches nach guten Taten durch z.B. karitative Leistungen.

"Normativ neutral formuliert ist es das Ziel staatlicher Behindertenpolitik, vergleichbar mit der Absicherung anderer sozialer Risiken wie Alter und Krankheit, die Auswirkungen der Behinderung sowohl für behinderte Menschen als auch für ihre Umwelt zu minimieren und den mit der Behinderung einhergehenden Einkommensausfall zu verhindern oder wenigstens zu kompensieren" (Maschke 2008, 52).

4.3. Die soziale Konstruktion von politischen Zielgruppen, Policy-Definitionen, Kategorisierungen und Assessments

Schneider und Ingram (1993, 334) gehen davon aus, dass die soziale Konstruktion bestimmter Bevölkerungsgruppen einen erheblichen Einfluss auf die Formulierung öffentlicher Politik ausübt. Unter solchen sozialen Konstrukten verstehen sie:

"The social construction of a target population refers to (1) the recognition of the shared characteristics that distinguish a target population as socially meaningful, and (2) the attribution of specific, valence-oriented values, symbols, and images to the characteristics" (Schneider/Ingram 1993, 335).

Soziale Konstruktionen stellen Stereotype über spezifische Gruppen dar, welche von Politik, Kultur, Sozialisation, den Medien etc. geschaffen wurden und als Matrix für die Zumessung von politischen Maßnahmen - vorteilhafter oder einschränkender Art - dienen können. Vier idealtypische Zielgruppen lassen sich in Bezug auf ihre politische Macht und im Hinblick darauf, ob das Gruppenkonstrukt positiv oder negativ konnotiert ist, unterscheiden:

1. Bevorteilte Gruppen, die sowohl als machtvoll als auch als positiv konstruiert angesehen werden, wie z.B. die Gruppe der Wirtschaftstreibenden, die Wohlstand produziert und deren Wohlergehen somit im gesamtgesellschaftlichen Interesse steht.

2. Herausforderer, wie z.B. die Gewerkschaften, zwar durchaus machtvoll, aber negativ bewertet. Sie erhalten weniger Zuwendungen öffentlicher Politik.

abhängige Gruppen, zu denen nach Schneider und Ingram auch die Gruppe der Behinderten gehört, sind grundsätzlich politisch schwach, aber zumeist positiv konnotiert.

4. In der schwierigsten Situation sind die Gruppen der Devianten (Kriminelle, Drogenabhängige etc.).[48]Sie sind machtlos und in der Gesellschaft negativ bewertet. Sie kommen äußerst selten in den Genuss positiver politischer Zuwendung, sondern sind meist das Ziel restriktiver, ausgrenzender Politikmaßnahmen (Schneider/Ingram 1993, 335f.).

Manche dieser Gruppenkonstruktionen sind stabil in diesen Dimensionen angesiedelt. Die Bewertung anderer Gruppen ist historisch veränderbar und Teil von Auseinandersetzungen. So werden im politischen Wettstreit unterschiedliche AkteurInnen unterschiedliche Konstruktionen derselben Gruppen verwenden, hier am Beispiel von gesellschaftlichen Minderheiten dargestellt:

"Competing officials champion different constructions of the same groups. Some view minorities as oppressed populations and argue for policies appropriate to dependent people, whereas others portray minorities as powerful special interests and not deserving of government aid" (Schneider/Ingram 1993, 336).

Aus dem Zusammenspiel von Agenda-Setting, politischen Maßnahmen, deren Begründungen sowie unterschiedlichen Botschaften an die verschiedenen Zielgruppen entsteht eine komplexe, distinkte Verteilungslogik, in der die bevorzugten Gruppen am meisten profitieren und die Gruppen am Rande sich kaum Hilfe von Regierungen erwarten:

"Benefits are expected to become oversubscribed to advantaged populations (i.e., these groups will receive more beneficial policy than is warranted either in terms of policy effectiveness or representativeness), whereas dependents and deviants will receive too little beneficial policy. Burdens will become oversubscribed especially to deviants and undersubscribed to the advantaged groups" (Schneider/Ingram 1993, 337).

Die implizite Logik moderner, arbeitsteiliger Gesellschaften bewirkt ebenso, dass politische Maßnahmen zugunsten einer spezifischen Gruppe häufig zulasten von anderen gehen.

Für die Gruppe der Behinderten lässt sich daher sagen, dass sie aufgrund ihrer geringen Machtfülle seltener Ziel direkter Zuwendungen sein wird als es die privilegierten Gruppen sind. Da sich politische AkteurInnen aber aufgrund der positiven Konstruiertheit der Gruppe mit ihren Interessen identifizieren möchten, ist symbolische Politik - z.B. in Form von Öffentlichkeitskampagnen - häufig die Antwort auf die materiellen Bedarfslagen der Betroffenen. Ähnlich sehen Schneider und Ingram (1993, 339) auch die konkreten Verfahrenswege bei der Zuteilung von Maßnahmen. Während privilegierten Gruppen Leistungen - wie z.B. Subventionen - aktiv angeboten werden, müssen sich Personen aus abhängigen Gruppen selbst um Leistungszuerkennung bemühen. Häufig fehlen ihnen selbst noch die Informationen über ihre Ansprüche und die jeweiligen behördlichen Zuständigkeiten:

"Welfare programs even for persons perceived as deserving, such as college students, the disabled, or the unemployed, usually do not seek out eligible persons but rely on those who are eligible to make their case to the agency itself" (Schneider/Ingram 1993, 339).

Die Überprüfung der Anspruchsberechtigung wird sich bei den abhängigen Gruppen ebenfalls anders darstellen als bei den privilegierten. Leistung zu deren Gunsten umfassen häufig einkommensunabhängige Subventionen, freien Zugang zu Informationen, aktive Ermutigungen, die sich darbietenden Möglichkeiten zu nutzen, sowie technische Assistenz. Völlig anders die Assessment-Vorgänge bei den benachteiligten Gruppen:

"Policy tools for dependent groups (...) are expected to be somewhat different. Subsidies will be given, but eligibility requirements often involve labeling and stigmatizing recipients. Subsidies to farmers do not require income tests, for example; but college students must prove that they are needy and without resources" (Schneider/Ingram 1993, 339).

Die Politik sendet aber auch spezifische Botschaften an die unterschiedlichen Gruppen, nicht nur durch die Medien, sondern direkt durch die Erfahrungen die BürgerInnen im Umgang mit den für sie zuständigen Behörden machen. Diese politischen Botschaften der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe und des Status als BürgerInnen informieren die Einzelnen darüber, ob sie von der Regierung und der Bürokratie als KlientIn oder als Objekt betrachtet werden und werden von den Individuen internalisiert:

"Policy teaches lessons about the type of groups people belong to, what they deserve from government, and what is expected of them. The messages indicate whether the problems of the target population are legitimate ones for government attention, what kind of game politics is (public-spirited or the pursuit of private interests), and who usually wins" (Schneider/Ingram 1993, 340).

Während die bevorzugten Gruppen daraus ein positives Verhältnis zu politischen Prozessen entwickeln und sich als aktive TeilnehmerInnen darin erleben, lauten die Botschaften an die abhängigeren Gruppierungen eher, dass sie machtlos, hilflos und bedürftig sind. Einkommensprüfungen und die Tatsache, dass sich die Betroffenen selbst um Hilfe bemühen müssen, festigt gleichzeitig den stigmatisierten Status und rechtfertigt erneut die Botschaft, die Abhängigkeit lautet.

Die Anspruchsvoraussetzungen bzw. Assessments für den Bezug von Maßnahmen der Behindertenhilfe lassen sich ebenso nach den idealtypischen Modellen oder Paradigmen von Behinderung systematisieren: Einer Anspruchsvoraussetzung für eine bestimmte Leistung liegt meist eine mehr oder weniger spezifische Definition von Behinderung zugrunde die z.B. dazu dient, den BezieherInnenkreis von Sozialleistungen möglichst zu begrenzen.[49]Unterschieden werden kann zwischen Kategorisierungen und Klassifikationen (Maschke 2008, 43ff.). Kategorisierungen grenzen behinderte Menschen als Zielgruppe von Leistungen vom nicht anspruchsberechtigten Rest der Bevölkerung ab. Sie fallen je nach Politikbereich anders aus. Durch Klassifikationen werden Behinderte innerhalb ihrer Gruppe weiter differenziert. Medizinische Klassifikationen differenzieren nach der Ursache, nach dem Schweregrad oder nach der Art der Behinderung (impairment), nicht nach deren Auswirkungen (Kausalitätsprinzip).

Tendenziell ist davon auszugehen, dass medizinische Klassifikationen eher für den Bereich der Transferleistungen angewandt werden. Dem ökonomischen Modell entspricht die Berechnung der aus der Behinderung resultierenden (Einkommens-)Verluste, wie z.B. Konzepte der Unterstützungsleistungen bei Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit. Logisch betrachtet folgen sie daher einem Finalitätsprinzip. Klassifikationen, die dem sozialen Modell zugehörig sind, definieren ebenfalls final Teilnahme- oder Partizipationseinschränkungen in verschiedenen Bereichen der Lebenswelt.

Definitionen in Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsgesetzen weisen naturgemäß den extensivsten Begriff von Behinderung auf, da es darum geht, einen möglichst weit gefassten Personenkreis vor Diskriminierung zu schützen. In einer von der Europäischen Kommission (2002) in Auftrag gegebenen Studie kommen die AutorInnen zum Schluss, dass es wohl kaum möglich sei, eine über die Grenzen der verschiedenen Leistungsbereiche der Sozialpolitik hinweg einheitliche Definition von Behinderung zu entwickeln:

"If the categories are defined and assessed in a relevant way, they are not coherent, while the candidates for a coherent definition lack relevance to at least some of the specific concerns which social policies address" (Europäische Kommission 2002, 96).

4.4. Behindertenpolitik und Wohlfahrtsstaat

In den meisten (europäischen) Sozialstaaten entwickelte sich kein spezifisches Sicherungssystem für das Risiko Behinderung,stattdessen

"(...) wurde das Problem Behinderung lange Zeit entweder über andere Bereiche, vor allem das Gesundheitssystem, mitversorgt oder die Fürsorge und Betreuung behinderter Personen in die Obhut der Gemeinschaft, sprich der Familien und Haushalte, gelegt. Historisch können drei Traditionslinien von Behindertenpolitik zurückverfolgt werden, die in jeweils einer Sphäre wohlfahrtstaatlicher Tradition stehen: die Armenfürsorge, die Kriegsversehrtenversorgung und die Invaliditätsversicherung in Folge von Arbeitsunfällen" (Maschke 2008, 54).

Die Leistungen der Behindertenhilfe entwickeln sich additiv zu den modernen Sozialstaaten: In den 1970er-Jahren entwickelt sich, neben der vorherrschenden Fürsorgepolitik, gewissermaßen eine eigene Arbeitsmarktpolitik für behinderte Menschen mit "speziellen Beschäftigungsprogrammen und Arbeitnehmerschutzrechten" (Maschke 2008, 54). Ausgehend von den Erfolgen der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung mit dem ADA entstehen schließlich ab den 1990er-Jahren in verschiedensten Ländern Antidiskriminierungsgesetze sowie z.B. Gesetze, die Barrierefreiheit als Grundsatz für Gebäude einführen. Diese regulativen Systeme formulieren Rechte für behinderte Menschen, indem sie tendenziell eher der nichtbehinderten Bevölkerung Lasten bzw. Vorschriften auferlegen. Zu einem großen Teil beziehen sie sich vorwiegend auf Merkmale gestalteter Umwelt.

Da im nächsten Abschnitt eine detailliertere Darstellung der Maßnahmen der österreichischen Behindertenpolitik folgt, soll an dieser Stelle eine exemplarische Aufzählung genügen. Zu den eingesetzten Mitteln der Behindertenpolitik zählen insbesondere:

1. Dem Typus der kompensationsorientierten Behindertenpolitik entsprechend sind dies monetäre Transferleistungen sowie Sach- und Dienstleistungen und die Unterbringung in Einrichtungen. Maßnahmen der Prävention, wie z.B. die Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs bei Vorliegen einer eugenischen Indikation sowie Pränatal- bzw. Präimplantationsdiagnostik, die auf versteckten Zielsetzungen von Behindertenpolitik beruhen, lassen sich ebenfalls dem medizinischen (Fürsorge-)Modell zuordnen.

2. Dem rehabilitationsorientierten Politiktypus entsprechen z.B. staatliche Beschäftigungsprogramme oder Kündigungsschutz für behinderte ArbeitnehmerInnen. Negative Maßnahmen, wie z.B. die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, die Einschränkung der Geschäftsfähigkeit bzw. die Sachwalterschaft im österreichischen System sind am ehesten auch dem ökonomischen Modell zugehörig.

3. Antidiskriminierungsvorschriften oder Baugesetze die Barrierefreiheit vorschreiben sind partizipationsorientiert und entsprechen dem sozial-politischen Modell von Behinderung.

Somit lässt sich von Behindertenpolitik eigentlich nur im Sinne eines Konglomerats von vielfältigen, historisch gewachsenen, kaum aufeinander abgestimmten Programmen für unterschiedliche Zielgruppen und teilweise mit entgegengesetzten Zielen sprechen (Maschke 2008, 54). Drake beschreibt diese Patchwork Politik am Beispiel Großbritanniens nahezu deckungsgleich:

"Different groups, politicians, professional welfare workers, voluntary agencies and disabled people themselves subscribe to differing definitions and principles, and vie for different kinds of disability policy in pursuit of differing purposes" (Drake 1999, 67).

Entsprechend dieser Systemproblematiken und Widersprüchlichkeiten der Leistungsbereiche untereinander tendiert Behindertenpolitik dazu, auch Effekte zu produzieren, die nicht beabsichtigt wurden.

4.5. Analyseraster

Im Anschluss an Maschke (2008) sowie Drake (1999) lässt sich die in der folgenden Abbildung dargestellte Systematisierung von Politikmodellen, mit den zugrunde liegenden normativen Konzepten, Maßnahmen und Funktionen sowie den dazugehörigen Kategorisierungs- bzw. Klassifizierungsinstrumenten und eingesetzten Mitteln, darstellen. Ich weiche in meinem Vorschlag vor allem von Maschke (2008, 59) in einem zentralen Punkt ab. Dieser subsumiert unter dem Typus der kompensationsorientierten Behindertenpolitik nämlich die Funktionen der Kompensation und Segregation sowie unter dem Typus der rehabilitationsorientierten Behindertenpolitik sowohl die Funktion der Rehabilitation als auch jene der Prävention. Die Schwierigkeiten des medizinischen Modells wurden in Abschnitt 2 ausführlich dargestellt. Daher möchte ich die Funktionen der Vernachlässigung, der institutionellen Segregation, der Prävention und andere im engeren Sinne medizinische Maßnahmen auch dem medizinischen Modell zurechnen. Die Zuordnung der fünf idealtypischen Politikmodelle von Drake fällt schwerer, da es sich eher um Ausprägungen auf einer Skala handelt. Der Übersichtlichkeit halber werden hier das negative, das Laissez-Faire Modell sowie das Patchwork Politik-Modell der normativen medizinischen Vorstellung von Behinderung zugeordnet. Für die Untersuchung wurde die Entscheidung getroffen, die normative Konzeption des sozial-politischen Modells für die Zwecke dieser Arbeit zu übernehmen. Es ist für die Zielsetzung dieser Arbeit angebracht, Österreichs Behindertenpolitik vergleichbar zu machen mit den Vorgaben, die die CRPD entwirft. Wie gezeigt wurde, entspricht die Behindertenkonvention in ihrer Konzeption klar dem sozial-politischen Modell. Die vorgeschlagene Typologie wird für die weitere Untersuchung als Analyseraster für den Vergleich zwischen Österreichs Behindertenpolitik und den Vorgaben der CRPD dienen.

Maschkes (2008, 66 f.) Hinweis, wonach eine gute Behindertenpolitik einer Kombination der drei verschiedenen Ansätze - des kompensations- und rehabilitationsorientierten sowie des partizipatorischen Ansatzes - bedarf, soll hier dennoch nicht verschwiegen werden: Bei einer Vernachlässigung des kompensationsorientierten Ansatzes besteht das Risiko, dass behinderte Menschen keinen Zugang zur Erwerbsarbeit finden und der Einkommensausfall nicht kompensiert wird. Der Verzicht auf spezielle Programme zur Förderung von Beschäftigung könnte das Risiko der Exklusion auf dem Arbeitsmarkt erheblich erhöhen. Eine Vernachlässigung der Partizipationsorientierung schließlich führt zu Diskriminierung aller behinderten Menschen.

Abb. 3: Behindertenpolitik - Typologien, normative Vorstellungen, Funktionen und eingesetzte Mittel

(Maschke 2008, 58ff, Drake 1999, 35ff, Modifikation H. St.)



[44] Drake (1999, 37f.) ergänzt hier, dass mittlerweile staatliche Politiken, die auf direkte Vernichtung behinderter Menschen abzielen, selten sind. In vielen Ländern spiegelt sich jedoch Prävention im Umgang mit (vermeintlich) behinderten Föten wider. Vgl. hier StGb § 97 (2).

[45] Auch Maßnahmen der Integration beginnen laut Drake (1999, 36) mit der Identifizierung und Etikettierung behinderter Menschen und wirken somit segregierend, zumindest im konzeptuellen Sinne.

[46] Drake spricht hier von Citizenship: "To be a citizen is to be able to take part in the decisions that create or re-create the contours of society, and to be able to participate in key functions such as work, leisure, political debate, travel and relgious observance (...) The opposite of citizenship is social exclusion (Drake 1999, 41).

[47] Maschke (2008, 58) vermutet die meisten der nationalen Behindertenpolitiken im Patchwork Politik-Modell.

[48] Nach Links flexibel-normalistischer Konzeption wäre diese Personengruppe am untersten Rand der Normalverteilung angesiedelt. Vgl. hierzu Kapitel 2.2.2.

[49] Entwickelt man hier die Thesen von Schneider und Ingram (1993, 339) weiter, kann es durch die Notwendigkeit für die AntragstellerInnen im Assessment-Verfahren ihre Bedürftigkeit zu belegen, zu diskriminierenden bzw. stigmatisierenden Situationen kommen. Umgekehrt ist nicht auszuschließen, dass die Bürokratie, die Stelle der Leistungsvergabe, einen generalisierten Missbrauchsverdacht gegenüber der benachteiligten Gruppe entwickelt.

5. Behindertenpolitik in Österreich

Zusätzlich zu den im Analyseraster im vorigen Abschnitt entwickelten Typologien von Modellen, Zielen, Anspruchsvoraussetzungen, Funktionen und Maßnahmen muss, um Österreichs Behindertenpolitik verstehen zu können, eine weitere Strukturdimension in die Betrachtung mit aufgenommen werden: Die föderale Organisation der Republik bewirkt, dass es keinen einheitlichen Kompetenztatbestand zur Behindertenpolitik in Österreich gibt.

5.1. Kompetenzverteilung und Föderalismus

Der Bereich der beruflichen Eingliederung bzw. der beruflichen Rehabilitation behinderter Menschen liegt in doppelter Zuständigkeit, da Art. 10 B-VG eine Ausnahmekompetenz für den Bundesgesetzgeber für Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht vorsieht. Die Grundsatzgesetzgebung in der Sozialhilfe bzw. der zukünftigen bedarfsorientierten Mindestsicherung obliegt dem Bund, Ausführungsgesetzgebung und Vollziehung den Ländern. Alle anderen Materien unterliegen der Generalklausel des Art. 15 Abs. 1 und somit der Länderzuständigkeit (BMAS 1993, 8; BMASK 2009, 42). Etwa 100 Bundes- bzw. Landesgesetze formulieren direkt oder indirekt Ansprüche, Rechte und Leistungen, die behinderten Menschen zugedacht werden (Wegscheider 2010, 103). Die Vielzahl weiterer Bestimmungen, welche behinderte Menschen tangieren, ist unüberschaubar. Behinderung ist eine Querschnittsmaterie, die alle Politikfelder in Österreich betrifft.

Die Verteilung der Zuständigkeiten wird von offizieller Seite grundsätzlich als richtig erachtet:

"Diese Kompetenzaufteilung hat sich in den Grundsätzen bewährt und als sachlich begründet erwiesen, weil sie es ermöglicht, sich mit Problemen behinderter Menschen dort auseinander zu setzen, wo sie auftreten" (BMASK 2009, 42).

Auf Bundesebene ist als herausragend die Verfassungsbestimmung in Art. 7 (1) B-VG zu nennen. Das Benachteiligungsverbot aufgrund einer Behinderung ergänzt seit 1997 den Allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in der Verfassung (Hofer u.a. 2006, 16; BGBl. I Nr. 87/1997). Der Abs. 1 enthält seither auch eine Staatszielbestimmung, nach der sich Bund, Länder und Gemeinden verpflichten, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten. Nach jah relangen politischen Forderungen der Behindertenbewegung trat schließlich mit 1.1.2006 - an die Verfassungsbestimmung anknüpfend - ein Gleichstellungpaket in Kraft. Dessen Bestimmungen finden sich vorwiegend im Bundes-Behindertengleichstellungs-gesetz -BGStG sowie im Behinderteneinstellungsgesetz - BEinstG (BGBl. I Nr. 82/2005).

Im Sozialversicherungsrecht sind v.a. die Leistungen der medizinischen Rehabilitation sowie die Berufsunfähigkeits- bzw. Erwerbsunfähigkeitspensionen geregelt. Das Arbeitsmarktförderungsgesetz enthält Förderungsbestimmungen für die (Wieder-) Eingliederung ins Berufsleben. Daneben ist v.a. noch das Pflegegeldgesetz von Bedeutung, welches pauschalierte Geldleistungen in sieben Stufen für pflegebedürftige Personen vorsieht.

Auch Gesetze der neun Bundesländer regeln wesentliche Teilbereiche des Behindertenrechts: Neun Behindertengesetze mit unterschiedlichen Bezeichnungen bzw. Bestimmungen in den Sozialhilfegesetzen der Länder definieren in vielfältiger Weise, die unterschiedlichen Unterstützungsleistungen, die behinderte Menschen im jeweiligen Bundesland erhalten. Subsidiär zum Bund gibt es darüber hinaus - basierend auf einer Vereinbarung nach Art. 15a B-VG - neun Landespflegegeldgesetze. Darüber hinaus existieren auf Landesebene Antidiskriminierungs- bzw. Gleichbehandlungsgesetze, die den Tatbestand der Diskriminierung aufgrund von Behinderung in unterschiedlicher Qualität berücksichtigen.

Das Behindertenkonzept (BMAS 1993), welches die Leitprinzipien der Politik in diesem Bereich darstellen sollte, wurde seit 1992 nicht verändert oder ergänzt. Mit einer Neufestsetzung der Leitlinien für Maßnahmen der Behindertenpolitik ist somit erst nach fertiger Ausarbeitung des erwähnten Nationalen Aktionsplans zu rechnen.[50]

5.2. Die Prinzipien des österreichischen Wohlfahrtsstaats

Das erste soziale Netz schützt vor den Risiken von Krankheit und vor in Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit stehenden Unfällen. Es gewährt Ersatzleistungen im Falle temporärer Arbeitslosigkeit, allerdings nur, sofern bereits eine bestimmte Zeit gearbeitet wurde. Ausgeklammert sind sowohl junge Menschen, die erstmals in den Arbeitsmarkt drängen, als auch selbständig Erwerbstätige, die ihr Unternehmen nicht mehr weiterführen können (Tomandl 1992, 725). Es bietet ebenfalls eine bestimmte Absicherung des Lebensstandards für die Zeit nach dem Erwerbsleben. Die eigene Erwerbstätigkeit ist somit der Schlüssel zum Eintritt in dieses System (Wegscheider 2010, 95). Der Zugang zu diesem primären Netz ist somit nicht-erwerbstätigen Menschen mit Behinderung verwehrt.

Kausalität und Finalität

Bereits bei Unfallopfern differenziert das erste Netz sehr deutlich: Personen, die Opfer eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit werden, "(...) erhalten besondere Leistungen zur Wiederherstellung der Gesundheit, zur Wiedereingliederung in das Berufsleben" und können mit weitaus höheren Einkommensersätzen rechnen. "(...) Opfer anderer Unfälle sind von diesen Leistungen ausgeschlossen und auf Ansprüche gegen die Krankenversicherung, einen allfälligen Schädiger oder den Träger einer Invaliditätsleistung beschränkt" (Tomandl 1992, 724; Hv. im Orig.). Was behinderte Menschen betrifft, stellt dies somit bereits eine erste Differenzierung aus Gründen der Kausalität dar.[51]"Es fördert zudem den Rückzug aufgrund einer Behinderung aus dem Erwerbsleben" (Wegscheider 2010, 96).

Das erste Netz wird vorwiegend über Versicherungsbeiträge der einbezogenen Berechtigten finanziert und gewährt somit Leistungen, die präzise festgelegt und einklagbar sind (Tomandl 1992, 725). Erst mit der Einführung universeller Leistungen, die unabhängig von Erwerbsstatus und Einkommensverhältnissen gewährt werden (Wegscheider 2010, 99), wie den verschiedenen Regelungen des Familienlastenausgleichs und dem Pflegegeld, wird das Versicherungsprinzip des ersten Netzes relativiert. Mit ihnen wurde im ersten Netz erstmals die Idee des Menschenrechts auf soziale Leistungen verwirklicht (Tomandl 1992, 725).[52]

Das zweite soziale Netz besteht v.a. aus den Regelungen der Sozialhilfe sowie den bereits erwähnten Behinderten-, Rehabilitations- bzw. Blindengesetzen der Länder. "Die Landesregelungen gelten grundsätzlich nur subsidiär. Das heißt, wenn keine anderen Rehabilitationsträger Leistungen erbringen" (Badelt/Österle 2001, 75). Die Erwerbstätig keit spielt im zweiten Sicherungssystem für die Anspruchsberechtigung keine Rolle. Es ist stattdessen auf Notlagen oder Bedürftigkeit ausgerichtet. Die Leistungen der Behindertenhilfe der Länder kommen daher v.a. für Menschen in Betracht, die ihre Behinderung vor ihrem Eintritt ins Berufsleben erworben haben, ansonsten wären die Sozialversicherungsträger zuständig. Das zweite System der sozialen Sicherung bleibt "(...) in seinen Leistungen in der Regel hinter dem ersten Netz zurück." Über "(...) weite Strecken dominieren Ermessensleistungen. Damit ist es zwar möglich, in einer flexiblen Weise auf festgestellte Notstände individuell zu reagieren, der Notleidende sieht sich aber in die Rolle eines Bittstellers gedrängt, der vom Wohlwollen der entscheidenden Behörde abhängig ist" (Tomandl 1992, 725).

Tomandls Kritik am System der Behindertenhilfe ist - abgesehen von der Einführung des bundesweiten Pflegegeldes, die zeitlich nach seinem Beitrag datiert und auf welches ein Rechtsanspruch besteht - nach wie vor berechtigt: Eine große Zahl der behinderten Menschen ist nach wie vor auf das zweite Netz angewiesen. Aufgrund der mangelnden Rechtsansprüche auf die meisten Leistungen, werden sie dort in die Rolle von BittstellerInnen gedrängt. Behinderte Menschen sehen sich zudem einer für sie "(...) kaum bewältigbaren Zuständigkeitsvielfalt"(Tomandl 1992, 734; Hv. im Orig.) ausgesetzt. Als Leistungsträger kommen für sie die Sozialabteilungen der Länder, die Sozialversicherung und die Bundessozialämter in Betracht.

Ebenso hat man den behinderten Menschen

"(...) die Führung des mühsamen Formularkrieges und die Koordination aller Ansuchen aufgebürdet. Diese Zersplitterung der Zuständigkeiten und das Fehlen von Rechtsansprüchen auf behindertengerechte Leistungen zählen zu den auffallenden Mängeln unseres Systems der sozialen Sicherheit" (Tomandl 1992, 734).

In Abschnitt 4 wurde anhand der Ausführungen zur Konstruktion von unterschiedlichen politischen Zielgruppen gezeigt, dass sich die damit einhergehenden Verfahren zur Leistungszuerkennung je nach angesprochener Gruppe unterscheiden. In diesem Sinne lässt sich bereits an dieser Stelle sagen, dass in der österreichischen Behindertenhilfe das medizinische Modell von Behinderung und somit die Zielsetzung der Vernachlässigung und institutionellen Segregation noch immer einen gewichtigen Bestandteil darstellt. Im Bereich der Beschäftigung dominiert das ökonomische Modell und die Zielsetzung der Rehabilitation, wiewohl auch dort institutionelle Segregation vorkommt. Die Kategorisierung nach der Ursache von Behinderung im ersten sozialen Sicherungssystem sowie das weitgehende Fehlen von Rechtsansprüchen im zweiten Netz stellen wohl klare Widersprüche zu den Vorgaben der CRPD dar.

5.3. Ausgaben und Mittelverwendung

Die Gesamtausgaben der Behindertenhilfe beliefen sich für Bund und Länder gemeinsam im Jahr 2008 auf etwa € 6 Mrd. (Statistik Austria 2010a). Davon entfallen etwa € 1,2 Mrd. auf die Behindertenhilfe der Länder. Die Behindertenpolitik stellt nach der Pensionsvorsorge, dem Gesundheitssystem und nach den familienpolitischen Leistungen die viertgrößte Ausgabenposition im System der sozialen Sicherung Österreichs dar. Dies entspricht etwa 8 % der Sozialausgaben oder rund 2,1 % des Bruttoinlandsproduktes (Statistik Austria, 2010a). Damit liegen Österreichs Ausgaben genau im Durchschnitt der von Maschke (2008, 121) untersuchten 15 EU-Länder.[53]In diesem internationalen Vergleich gibt Schweden, gefolgt von den Niederlanden und Dänemark am meisten, und Spanien am wenigsten für die Behindertenhilfe aus. "Für den Zusammenhang zwischen Invaliditätsleistungen und Bruttoinlandsprodukt gilt, dass mit zunehmendem Bruttoinlandsprodukt auch die Invaliditätsleistungen kontinuierlich zunehmen" (Maschke 2008, 123).

Bundesländer

"Die konkreten behindertenpolitischen Aktivitäten unterscheiden sich von Land zu Land recht deutlich" (Badelt/Österle 2001, 75). Ein Vergleich der Länderausgaben belegt diese Behauptung: Die Ausgaben für Behindertenhilfe bezogen auf die Bevölkerungszahl schwanken zwischen € 78 und € 207/Kopf (Statistik Austria 2010b, eig. Berechnungen).

Abb. 4: Relative Ausgaben der Länder für die Behindertenhilfe bezogen auf den Landeshaushalt

Abb. 5: Relative Ausgaben der Länder für die Behindertenhilfe in €/Kopf (Statistik Austria 2010b; 2010c; eig. Berechnung)

Die Ausgaben für Behindertenhilfe bezogen auf die gesamten Haushaltsausgaben der einzelnen Bundesländer schwanken zwischen 1,72 % und 5,73 %. Am meisten gibt relativ betrachtet Oberösterreich aus, sowohl im Verhältnis zur Landesbevölkerung als auch im Verhältnis zu den gesamten Haushaltsausgaben des Bundeslandes. Die Plätze 2 bis 5 nehmen in beiden Vergleichen in der gleichen Reihenfolge Vorarlberg, Tirol, Steiermark und Salzburg ein. Erst ab dem 6. Rang weichen die beiden Vergleiche voneinander ab: Bezogen auf die Bevölkerung liegt Burgenland an letzter Stelle der Ausgaben für die Behindertenhilfe, bezogen auf den Anteil am Landeshaushalt das Bundesland Wien.

Abb. 6: Absolute Ausgaben der Länder für die Behindertenhilfe 2008

(Statistik Austria 2010b)

Die Statistik Austria unterscheidet in ihrer Länderstatistik zur Behindertenhilfe zwischen sechs verschiedenen Leistungsbereichen der Landesbehindertenhilfe: 1. Unterbringung, und Betreuung inkl. Tagesstrukturierung, 2. Beschäftigungstherapie, 3. Geschützte Arbeit, 4. Suchtkrankenhilfe, 5. Heilmittel, Heilbehandlung und Hilfsmittel und 6. Sonstige Leistungen. Diese Datensammlung ist aber - wie aus der Abbildung ersichtlich ist - nur teilweise vollständig: Insbesondere Personen- bzw. Fallzahlen einzelner Bundesländer fehlen, die Kategorisierung verschiedener Leistungsbereiche ist uneinheitlich. Ein Vergleich mit den Ausgaben der offiziellen Tiroler Statistik zeigt, dass Statistik Austria die Tiroler Kategorien Wohnstruktur, Tagesstruktur sowie Persönliche Assistenz und psychische Nachsorge unter Unterbringung und Betreuung inkl. Tagesstrukturierung subsumiert, obwohl es sich bei Persönlicher Assistenz und psychischer Nachsorge klar um Leistungen handelt, die dem ambulanten Bereich zuzuordnen sind (Statistik Austria 2010b; Tirol o.J.a, 69).

5.4. Definitionen von Behinderung und Anspruchsvoraussetzungen

Badelt und Österle (2001, 71) weisen darauf hin, dass sich in gesetzlichen Regelungen für behinderte Menschen vielfach Schädigungs- und Beeinträchtigungsdefinitionen finden, so z.B. im Behinderteneinstellungsgesetz. Das Schädigungskonzept findet sich als Anspruchsvoraussetzung auch in den meisten Landesgesetzen zur Behindertenhilfe. Demgegenüber ist das Pflegegeldgesetz nicht auf Art oder Ursache der Behinderung, sondern nach dem Finalitätsprinzip auf den Zeitbedarf für die notwendigen Unterstützungsleistungen ausgerichtet. Paradoxerweise findet sich im Gleichstellungsrecht, welches eigentlich die weiteste Definition des Behindertenbegriffs aufweisen sollte, um möglichst viele Personen vor Diskriminierung zu schützen, das Impairment-Konzept wieder.[54]Genauer gesagt, findet sich die Kausalkette der ICIDH wieder:

Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten (BGStG § 3).

Die Zielgruppe des BGStG wird allerdings insofern erweitert als das Diskriminierungsverbot auch Angehörige und PartnerInnen von behinderten Menschen schützen soll.

Schon eine kurze Recherche im Rechtsinformationssystem des Bundes deckt skurile Sachverhalte auf, bei denen es sich um eindeutige Diskriminierungen auf sprachlicher Ebene handelt. Z.B. im § 865 ABGB, der die erforderlichen Fähigkeiten zum Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrages definiert: "Kinder unter sieben Jahren und Personen über sieben Jahre, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, sind - außer in den Fällen des § 151 Abs. 3 - unfähig, ein Versprechen zu machen oder es anzunehmen." (ABGB § 865).

Die Organisationsstruktur der österreichischen Politik für Menschen mit Behinderung ist in der folgenden Abbildung ersichtlich. Von offizieller Seite wird sie in verschiedenen Publikationen immer wieder verwendet (vgl. BMASK 2009, 43; BMASK 2010a, 4).

Die Komplexität dieser Abbildung bestätigt die föderale Zersplitterung des Kompetenzbestandes Behinderung sowie den strukturbedingt hohen Aufwand an Koordination und Kooperation zwischen den Kompetenzträgern: Bund, Länder und Sozialversicherung. In der graphischen Abbildung wird die Unübersichtlichkeit der Politik für behinderte Menschen demonstriert (vgl. Wegscheider 2010, 104).



[50] vgl. hierzu Abschnitt 1.

[51] Diese Differenzierung anhand der Ursache einer Behinderung ist umso weniger nachvollziehbar, wenn man in die Überlegung mit einbezieht, dass "(...) der Anteil der angeborenen Behinderungen (...) recht gering (ist). Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung entstehen die meisten Behinderungen aufgrund chronischer Krankheiten oder eines Unfalls" (Maschke 2008, 44). Das 1994 eingeführte Pflegegeld sowie die Familienbeihilfe stellen Ausnahmen von dieser Ungleichbehandlung aufgrund der Ursache einer Behinderung dar.

[52] Wenn man Tomandl folgt, lässt sich konstatieren, dass diese beiden Leistung nicht nur kompensationsorientert sind, sondern zumindest Aspekte einer partizipationsorientierten Politik in sich tragen.

[53] Diesselbe Berechnung basierend auf Daten der OECD führt zu deutlich höheren Anteilen für den Bereich der Behindertenhilfe in den EU-15: "Die Kategorisierung von Incapacity in SOCX ist breiter: Hier sind es 2,9 % des Bruttoinlandsprodukts oder 12,1 % des Sozialbudgets, die mit Behinderung verbunden sind" (Maschke 2008, 121).

[54] Degener (2005, 908 f.) ist der Meinung, dass das Impairment-Konzept als Grundlage für Behinderungsdefinitionen in Antidiskriminierungsgesetzen durchaus geeignet ist, denn immer "(...) ist es ein vorhandener oder angedichteter medizinischer Schaden, auf den sich die diskriminierende Handlung oder Maßnahme bezieht. Das medizinische Modell von Behinderung wird daher nicht perpetuiert, wenn diese soziale Realität bei der Definition von Behindertendiskriminierung berücksichtigt wird, wenngleich durch jede juristische Definition immer auch ein Teil sozialer Realität konstruiert wird."

6. Österreichs Behindertenpolitik im Lichte der CRPD

In der Einführung zu dieser Arbeit wurden folgende Fragestellungen entwickelt:

Welcher paradigmatischen Ausrichtung bzw. welcher Vorstellung von Behinderung folgt Österreichs Behindertenpolitik? Orientiert sie sich an einem Modell der Fürsorge oder an einem partizipatorischen Konzept, das der Menschenrechtskonvention entsprechen würde? Daraus leiten sich direkt die weiteren Fragestellungen ab. Nämlich inwieweit ist Konformität zur UN-Konvention gegeben bzw. in welchen Punkten ergibt sich Anpassungsbedarf aufgrund des nunmehr geltenden Völkerrechts sowie: Welche Korrekturen müssten in beispielhaft untersuchten Politikbereichen durchgeführt werden, um der Konvention Genüge zu tun?

6.1. Vorgehensweise

Um diese Fragen beantworten zu können, wurde versucht für die Analyse drei möglichst repräsentative Teilpolitiken im Behindertenbereich auszuwählen. Aufgrund der föderalistischen Struktur des Politikfeldes sollen die Beispiele sowohl Bundeskompetenzen als auch Landeskompetenzen abbilden. Die Zweiteilung im Menschenrechtssystem, die zwischen bürgerlichen und politischen Rechten einerseits und zwischen wirtschaftlichen und sozialen Rechten andererseits unterscheidet, soll sich ebenfalls im Vergleich wiederfinden. Die Teilbereiche sollen weiters verschiedenen Typen von Behindertenpolitik entsprechen. Die ausgewählten Teilbereiche sind: das Recht selbstbestimmt zu leben und auf Einbeziehung in die Gemeinschaft, das Recht auf Bildung sowie das Recht auf Nichtdiskriminierung, Barrierefreiheit und Partizipation. Diese Lebensbereiche entsprechen jeweils eigenen materiellen Rechten der CRPD.

Das in Kapitel 4 entwickelte Analyseraster soll zur Anwendung gebracht werden, um Kon-ventionswidrigkeiten festzustellen. Widersprüche zur Konvention werden sich ermitteln lassen, wenn sich Österreichs Behindertenpolitik am medizinischen Modell orientiert und nicht am sozialen Modell. Sofern sich die Behindertenpolitik stärker an versteckten Zielen orientiert, welche den offiziellen sozialpolitischen Zielsetzungen widersprechen, wird ebenfalls von Abweichungen von den Zielsetzungen der CRPD auszugehen sein. Das gleiche gilt, sofern die behindertenpolitischen Maßnahmen die Funktionen der Vernachlässigung oder der institutionellen Segregation in sich tragen. Schließlich können auch Effekte von Maßnahmen, sofern sie offiziellen Zielsetzungen widersprechen, auf Widersprüche zur CRPD aufmerksam machen.

Das Recht aufselbstbestimmtes Leben und Einbeziehung in die Gemeinschaft betrifft die Frage, wo behinderte Menschen in Österreich leben - in Institutionen oder im eigenen Haushalt, möglicherweise mit ambulanter Unterstützung. Die Kompetenz für beide Formen liegt bei den Bundesländern. Nach dem System der Menschenrechte ist es dem wirtschaftlichen und sozialen Bereich zuzuordnen. Es besteht also die Verpflichtung zur progressiven Realisierung. Welcher Konzeption bzw. Typologie von Behindertenpolitik in Österreich in diesem Bereich verfolgt wird, wird zu klären sein.

Das Recht auf Bildung gehört ebenfalls zu den wirtschaftlichen und sozialen Rechten. Die Kompetenzen für den Bildungsbereich in Österreich verteilen sich auf Bund, Länder und Gemeinden (v.a. als Schulerhalter). Auch für den Bereich Bildung soll untersucht werden, welche Zielsetzungen real verfolgt werden, welchem Typus von Behindertenpolitik er zugeordnet werden kann und welche Effekte das Schulsystem produziert.

Beim dritten Beispiel handelt es sich um Nichtdiskriminierung, Barrierefreiheit und Partizipation. Nichtdiskriminierung gehört zu den bürgerlichen Rechten und es besteht eine unmittelbare Umsetzungsverpflichtung. Mangelnde Barrierefreiheit in der gestalteten Umwelt stellt aber vielfach eine Diskriminierung für behinderte Menschen dar. Daher müssen diese beiden Themen auch zusammen untersucht werden. Politiken der Antidiskriminierung sind klar dem partizipatorischen Konzept zuzuordnen und stammen eindeutig aus den normativen Vorstellungen des sozialen Modells. Antidiskriminierungsgesetze haben in Österreich eine relativ kurze Historie und fallen in Bundes- sowie in Landeskompetenz. Da die wichtigsten Elemente des Diskriminierungsschutzes für behinderte Menschen in Bundesgesetzen geregelt sind, wird der Fokus darauf gelegt.

Die Analyseschritte für den Vergleich der drei ausgewählten Lebensbereiche sind folgende: An den Anfang der Analyse der einzelnen Teilbereiche setze ich - sofern vorhanden - ein Zitat aus einer veröffentlichten Biographie einer behinderten Frau. Diese Stellen werden exemplarisch verwendet und sollen dazu dienen, den jeweiligen Bezug zur Konvention zu konkretisieren und den Lebensalltag behinderter Menschen in Österreich zu veranschaulichen.

In einem nächsten Schritt werden der jeweilige Konventionsbezug dargestellt und die Umsetzungsverpflichtungen abgeleitet. Dem schließt sich eine Beschreibung der relevanten Gesetzeslage in Österreich an, die auch die föderale Kompetenzaufteilung umfasst. Schließlich wird anhand der jeweils zur Verfügung stehenden Materialien die Ist-Situation in Österreich auf die Vorgaben der Konvention hin, aber auch auf Abweichungen zur offiziellen Programmatik hin überprüft.

Die wichtigsten für den Vergleich verwendeten Materialien sind: die relevanten Bestimmungen in Bundes- bzw. Landesgesetzen, das Behindertenkonzept der Bundesregierung aus dem Jahr 1992, der Bericht der Bundesregierung über die Lage von behinderten Menschen in Österreich 2008 sowie die Berichte zur sozialen Lage und zur Bildung und die vorhandenen Daten der Statistik Austria. Um einen Lokalbezug herzustellen wird an verschiedenen Stellen die Behindertenpolitik in Tirol vertiefend dargestellt. Studien der europäischen Organe, Stellungnahmen des österreichischen Monitoringausschusses zur Umsetzung der Konvention und Materialien der Zivilgesellschaft (teilweise unveröffentlicht) dienen zur kritischen Reflexion der realen Lebenssituation behinderter Menschen in Österreich. Sofern Daten vorhanden sind, wird versucht auch durch Zahlenvergleiche die Ist-Situation zu beschreiben. Sofern diese nicht zur Verfügung standen, musste sich das Verfahren auf Textanalysen beschränken.

Die abschließenden Schlussfolgerungen in Abschnitt 7 versuchen die Ergebnisse der Untersuchung über die drei Teilbereiche hinweg zusammenzufassen und zu interpretieren. Ebenso soll auf weitere Forschungsnotwendigkeiten hingewiesen werden.

6.2. Die Biographie einer behinderten Frau

Monika Rauchberger ist heute 39 Jahre alt (Rauchberger 2006, 11). Sie lebt in Innsbruck und arbeitet in einem Beratungsprojekt für Menschen mit Lernschwierigkeiten des Selbstbestimmt Leben Zentrums. Sie benutzt zur Fortbewegung einen Rollstuhl sowie für die Kommunikation einen Computer mit Sprachausgabe.

In verschiedenen veröffentlichten Texten (2006, 2006a, 2007, 2009, 2009a, 2009b) berichtet sie über ihre Biographie als behinderte Frau. Die Erzählung beginnt mit einem Vorfall, bei dem sie als mehrwöchiges Baby beinahe erstickt wäre. Ihre spastische Behinderung sowie ihre Sprecheinschränkung resultiert aus diesem Vorfall und der nachfolgenden ärztlichen Behandlung mittels Luftröhrenschnitt. "Als meine Eltern das erfuhren, holten sie mich nicht mehr aus der Klinik und hauten einfach ab. Deshalb kam ich schon als Baby in ein Kinderheim" (Rauchberger 2006, 11). Ab dem dritten Lebensjahr verbringt sie ihre Kindheit in einem Behindertenheim in der Umgebung von Innsbruck.

Wie viele Behindertenheime bietet auch dieses ein umfassendes Angebot vom Kindergarten über Sonderschule, Internat, Therapien bis zum Arbeitstraining. Im Sinne Goffmans (1973) stellt diese Einrichtung eine totale Institution dar, weil kein Lebensbereich der Kinder mit Behinderung aus dem Angebot ausgeklammert wird. Rauchbergers Texte kreisen um zentrale Themen wie Selbstvertrauen, Freiheit, Recht auf Selbstbestimmung, Beziehung sowie dem Bedürfnis nach sinnvollem Tätigsein, inklusive dessen angemessener Entlohnung. Rauchberger hat ihre Geschichte nicht zuletzt deshalb geschrieben, um anderen Menschen diesen Weg zu mehr Selbstbestimmtheit zu ermöglichen.

Mit achtzehn Jahren wechselt die junge Frau in eine andere Einrichtung desselben Trägers, die direkt in Innsbruck liegt und für erwachsene Menschen mit Behinderung ebenfalls die Bereiche Wohnen und Arbeit, Beschäftigung und Tagesgestaltung abdeckt (Rauchberger 2009, 7).

Rauchbergers Texte beschreiben den schwierigen Weg des Auszuges aus dem Behindertenheim, der ihr über lange Zeit von den BetreuerInnen nicht zugetraut wird. Über einen Zwischenschritt in einer Übergangs-Wohngemeinschaft (Rauchberger 2009a, 11) sowie mittels Unterstützung durch Persönliche Assistenz und entsprechender begleitender Beratung gelingt es ihr in eine Mietwohnung zu ziehen. Ihr Wunsch wäre es, dass ihr Freund irgendwann bei ihr einzöge. Die Eltern und der Sachwalter ihres ebenfalls behinderten Partners verhindern dies aber bisher (Rauchberger 2009b). Ebenso beschrieben wird der Lebensbereich Arbeit bzw. Beschäftigung. Die zumeist unbefriedigende und nur mit Taschengeld entlohnte Tätigkeit in den Werkstätten der Behinderteneinrichtung führt sie seit ihrem achtzehnten Lebensjahr aus. Frau Rauchberger findet schließlich eine Stelle in dem erwähnten Projekt von Selbstbestimmt Leben Innsbruck. Nicht ganz ohne anfängliche Probleme: "Alles war anders als in der Werkstatt" (Rauchberger 2006a).

6.3. Das Recht selbstbestimmt zu leben und auf Einbeziehung in die Gemeinschaft

"Ich habe sehr, sehr lang in Heimen gewohnt. Mit 2 Jahren kam ich in das erste Heim. Dort konnte ich bleiben, bis ich mit der Schule fertig war. Danach musste ich nach Innsbruck in ein anderes Heim für erwachsene Menschen mit Körper- und auch Mehrfachbehinderungen übersiedeln. Dort lebten schon viele meiner KollegInnen, die Jahre vor mir die Schule und das Kinderheim verlassen hatten. Niemand hat uns erzählt, dass es auch noch andere Heime gibt. Niemand hat uns gefragt, ob wir in eine eigene Wohnung ziehen wollen. Aber das war mir damals nicht klar" (Rauchberger 2009).

Rauchberger spricht in diesem Ausschnitt an, dass sie einen großen Teil ihres Lebens in Behindertenheimen verbrachte und dass ihr keine Alternativen zu einem Leben in einem Heim angeboten wurden, wie etwa die Möglichkeit mit mobiler Unterstützung in eine eigene Wohnung zu ziehen. Biographische Analogien zwischen ihr und ihren behinderten KollegInnen tauchen auf: Der normale Lebensweg behinderter Menschen führt von einem Heim in das nächste, typischerweise in eines des gleichen Trägers.

6.3.1. Konventionsbezug

Artikel 19 der Behindertenrechtskonvention sieht vor, dass alle Menschen mit Behinderungen das Recht genießen sollen, mit gleichen Wahlmöglichkeiten ausgestattet wie andere, in der Gemeinschaft zu leben. Insbesondere sollen sie auch die Möglichkeit haben selbst zu entscheiden, wo und mit wem sie leben. Sie dürfen nicht verpflichtet werden in besonderen Wohnformen zu leben. Die Konvention verpflichtet die Vertragsstaaten gemeindenahe Unterstützungsdienste bereitzustellen, die die Ausübung dieser Wahlmöglichkeiten für viele erst ermöglichen. Explizit erwähnt wird die Unterstützungsform der Persönlichen Assistenz. Auch alle Einrichtungen, die der Allgemeinheit zur Verfügung stehen, müssen für behinderte Menschen nutzbar sein. Der Artikel enthält die klare Vision, dass in Zukunft alle behinderten Menschen als gleichberechtigte Bürger und Bürgerinnen in der Gemeinschaft leben sollen (Bulić/Parker 2009, 4).

Wie in Abschnitt 4 dargelegt wurde, stellt die institutionelle Segregation behinderter Menschen eine der - wenn auch verdeckten - Zielsetzungen von Behindertenpolitik dar. Sie bedient v.a. Interessen der nichtbehinderten Bevölkerung und erfüllt hauptsächlich die Funktionen Angehörige zu entlasten, Selektion für den Arbeitsmarkt zu betreiben sowie den "Wunsch nach guten Taten" zu bedienen. Traditionell sind - wie das Beispiel von Frau Rauchberger auch zeigt - die segregierenden Institutionen von kirchlichen Trägern geführt.

Die institutionelle Segregation behinderter Menschen wird nicht nur von der Behindertenbewegung, sondern mehrheitlich mittlerweile auch im wissenschaftlichen Diskurs kritisiert und abgelehnt. Wie Goffman am Beispiel von psychiatrischen Anstalten eindrucksvoll gezeigt hat, produziert die Kultur von Institutionen Entpersonalisierungseffekte: Während es grundlegend für die Ordnung moderner Gesellschaften ist, dass "(...) der einzelne an verschiedenen Orten schläft, spielt, arbeitet - und dies mit wechselnden Partnern, unter verschiedenen Autoritäten und ohne einen umfassenden rationalen Plan" - wird die Trennung der einzelnen Lebensbereiche in der totalen Institution aufgehoben: "(...) Alle Angelegenheiten des Lebens finden an ein und derselben Stelle unter ein und derselben Autorität statt" (Goffman 1973, 17). Es herrschen rigide Tagesstrukturierungen, die sich nicht nach den Bedürfnissen der BewohnerInnen richten. Eine Art Schicksalsgemeinschaft konstituiert sich, in der alle Leidensgenossen gleich behandelt werden und dieselben Tätigkeiten gemeinsam verrichten müssen (Goffman 1973, 17; EC 2009, 8). Teilweise unter Auflösung von Privatheit und Intimität: "In diesem Heim war es so, dass immer eine Person geduscht und eine andere daneben gebadet hat. Wie am Fließband ist das gegangen" (Rauchberger 2009, 7)[55]Der totale Charakter von Institutionen manifestiert sich schließlich darin, dass alle Tätigkeiten, die in einem von oben verordneten Tagesablauf durchgeführt werden müssen, "(...) in einem einzigen rationalen Plan vereinigt (werden), der angeblich dazu dient, die offiziellen Ziele der Institution zu erreichen" (Goffman 1973, 17). Die InsassInnen totaler Institutionen werden über die Zeit mehr und mehr passiv und entwickeln ein angepasstes Verhalten. Sie werden "institutionalisiert".[56]

6.3.2. Das Behindertenkonzept der Bundesregierung

Das Behindertenkonzept der österreichischen Bundesregierung aus dem Jahre 1992 hält fest, dass Institutionalisierung kein intendierter Effekt von Behindertenpolitik ist. Im Rahmen des medizinischen Modells allein sind die Probleme behinderter Menschen nicht zu lösen, denn Behinderung ist "(...) sehr wesentlich auch soziales Behindertwerden (...), das im alltäglichen Umgang miteinander erfahren wird." Integration als Leitlinie für Behindertenpolitik sollte bereits mit dem Kindesalter beginnen: "(...) eine gesellschaftliche Integration (kann) am ehesten gelingen, wenn das Zusammenleben behinderter und nichtbehinderter Menschen bereits im Kleinkindalter beginnt" (BMAS 1993, 22). Das Behindertenkonzept formuliert ebenso einen klaren Standpunkt gegen die Unterbringung behinderter Menschen in Sonderinstitutionen und signalisiert eine Perspektive in Richtung der Auflösung von Großinstitutionen:

"In einer zukunftsorientierten Behindertenpolitik müssen Servicewohnungen und betreute Wohngemeinschaften Vorrang haben vor der Unterbringung in Institutionen. Großheime dürfen nicht mehr gebaut werden und bestehende große Wohnheime müssen in kleinere Einheiten, Wohngemeinschaften oder Einzelwohnungen umgewandelt werden" (BMAS 1993, 56).

Während Deinstitutionalisierung 1993 also zumindest programmatisch eine Leitlinie der Behindertenpolitik darstellt, verschwindet diese Selbstverpflichtung in neueren Publikationen. Im Bericht zur sozialen Lage 2003 - 2004 findet sich folgende interessante Stelle, die nicht mehr vom Vorrang kleiner Einheiten spricht, aber ein erstes Indiz über die Zahl behinderter Menschen in Institutionen liefert:

"Derzeit stehen Menschen mit geistigen und mehrfachen Behinderungen in Österreich 13.600 Plätze in Tageseinrichtungen zu Verfügung, das sind um rund ein Drittel mehr Plätze als noch Mitte der neunziger Jahre. Damit ist der für das Jahr 2010 ermittelte Bedarf an Plätzen (dies ist für fünf Bundesländer erfolgt) bereits abgedeckt. Das Angebot an voll- und teilbetreuten Wohnplätzen hat seit Mitte der neunziger Jahre um ca. 70 % zugenommen. Österreichweit gibt es 8.400 Plätze, wobei sich der Anteil der teilbetreuten Wohnplätze deutlich erhöht hat" (BMSG 2004, 94).

Das Angebot an segregierenden Wohnformen für behinderte Menschen nahm also deutlich zu, obwohl für den Pflegebereich bereits seit Einführung des Pflegeldes insgesamt der Grundsatz des vorrangigen Ausbaus der ambulanten Dienste gilt. An die Europäische Union wird aber sehr wohl kommuniziert, dass Österreich den Ausstieg aus der institutionellen Segregation sucht: "(...) there is a general consensus in favour of the deinstitutionalisation process. Alternatives are being developed, such as community based services" (EC 2009a, 13).[57]Österreich hat auch im Rahmen der Ministerkonferenz des Europarates gleichgerichtete Zielsetzungen mitbeschlossen, die u.a. vorsehen, dass es behinderten Menschen ermöglicht wird, ihr Leben selbst zu planen und so selbstständig wie möglich in der Gemeinschaft zu leben und dass die Staaten "(...) ein breites Angebot an hochwertigen Unterstützungsdiensten auf Gemeindeebene bereithalten, um eine freie Auswahl zu ermöglichen" (Europarat 2006, 26). Für behinderte Menschen, v.a. aber für die erwähnte Gruppe der "Menschen mit geistigen und mehrfachen Behinderungen" gelten diese Maßstäbe aber offenkundig nur bedingt.

6.3.3. Der Behindertenbericht der Bundesregierung

Im Bericht der Bundesregierung über die Lage von Menschen mit Behinderungen in Österreich 2008 der vom Sozialministerium verfasst wurde, findet sich zwar eine Kapitelüberschrift "Behinderung und Wohnen", dort werden allerdings lediglich die zusätzlichen baulichen oder technischen Erfordernisse behandelt, die behinderte Menschen oft benötigen, um in einer barrierefreien Umgebung zu leben. Der Bericht liefert zwar Zahlen über Plätze in Alten- und Pflegeheimen, jedoch keine Platzzahlen für Behindertenheime (BMASK 2009, 207). Abgesehen vom Hinweis auf das Heimaufenthalts- und das Heimvertragsgesetz kommen behinderte Menschen, die in Institutionen leben im mehr als 300 Seiten starken Bericht nicht vor. Die Zielsetzungen des Konzepts aus dem Jahre 1992, u.a. die der Selbstbestimmung, werden lediglich erneut aufgezählt (BMASK 2009, 44). Der Sozialbericht 2007 - 2008 führt ebenso wie der vorangehende ein eigenes Kapital "Behindertenpolitik", das Thema der institutionellen Segregation findet darin aber kaum mehr Beachtung (BMSK 2009).

6.3.4. Bundesländer

Das Tiroler Behindertengesetz aus dem Jahre 1983 beinhaltet keinen Rechtsanspruch auf Unterstützungsdienste, die von behinderten Menschen für ein unabhängiges Leben in der Gemeinschaft benötigt werden. Sehr wohl enthält es aber ein individuelles Recht auf Unterbringung in einem Behindertenheim (vgl. TRG § 8 Abs. 2).[58]

Offizielle Daten zur Zahl der institutionalisierten behinderten Menschen in Österreich existieren nicht. "The number of persons with disabilities living in institutions is not known at Federal level, since in Austria the issue is with the responsibility of the Provinces" (EC 2009a, 13). Gleichlautend die Einschätzung von Flieger (2009, 7): "No data are published and available on how many people with disabilities live in more or less segregating institutions(...)" Die in EU-Mitgliedsländern und der Türkei durchgeführte DECLOC-Studie, Deinstitutionalisation and community living - outcomes and costs schätzt, dass etwa 1,2 Millionen Kinder und Erwachsene mit Behinderung dauerhaft in Institutionen leben (Mansell u.a. 2007, 25).[59]

Aufgrund der mangelhaften Datenlage in verschiedenen Ländern sind diese Zahlen wahrscheinlich sogar zu niedrig angesetzt (Bulić/Parker 2009, 5). In 16 von 25 Ländern über die Daten verfügbar waren, werden Institutionen mit mehr als hundert Plätzen aus öffentlichen Mitteln finanziert. In 21 Ländern fließen öffentliche Mittel in Institutionen mit mehr als 30 Plätzen (EC 2009, 9). Österreich steht mit der behindertenpolitischen Zielsetzung der institutionellen Segregation somit nicht alleine da. Aber auch in dieser Studie wird wieder die höchst unzureichende Datenlage für Österreich deutlich: Nur die Bundesländer Wien und Oberösterreich waren in der Lage Personenzahlen in Einrichtungen mitzuteilen. Kärnten und die Steiermark lieferten keinerlei Daten, die restlichen Länder berichteten ausschließlich über die Zahl der Trägerorganisationen (Mansell u.a. 2007a, 8ff.).

Die Mikrozensuserhebung, die einen Bevölkerungsanteil von 20,5 % bzw. 1,7 Millionen ÖsterreicherInnen ausweist, die sich selbst als dauerhaft gesundheitlich eingeschränkt betrachten, wurde nur in Privathaushalten und nicht in Institutionen durchgeführt (Leitner 2008, 1133).[60]Seit dem Jahr 2006 unterliegen auch Behinderteneinrichtungen, einschließlich Tages- und Beschäftigungsstrukturen dem Heimaufenthaltsgesetz.[61] im Gesetz vorgesehenen BewohnerInnenvertreterInnen sind aufgrund ihrer internen Dokumentation in der Lage auch Zahlen über Behinderteneinrichtungen sowie deren BewohnerInnen zu erheben. Eine begleitende Studie liefert zum Stichtag 31.12.2006 auf das Bundesgebiet bezogen die Zahl von 16.920 Plätzen in Behinderteneinrichtungen, für welche die Bestimmungen des Heimaufenthaltsgesetzes anzuwenden sind (Hofinger u.a. 2007). Man kann also davon ausgehen, dass in Österreich eine ähnlich hohe Zahl behinderter Frauen, Männer und Kinder zumindest einen beträchtlichen Teil ihres Tages in Einrichtungen verbringen.[62]

Abb. 8: Plätze in Behinderteneinrichtungen zum Stichtag 31.12.2006 nach Bundesland bzw. zuständiger BewohnerInnenvertretung

 

Wien

NÖ/ LV

NÖ/Bgld/ VSP

Stmk

Sbg/ VSP

Sbg/ LV

Ktn/ O-Tir

Tir. West

Vlbg

Ö

                       

Bevölkerung in 1000 (Jahresschnitt 2006)

1.658

1.183

682

1.203

1.404

278

251

682

611

364

8.282

                       

Platzzahl in Behinderten-einrichtungen

1.369

3.247

1.618

2.427

2.856

638

743

1.278

1.567

1.177

16.920

                       

Plätze/ 100.000 Einwohner

83

274

237

202

203

229

296

187

256

323

204

Im Bundesländervergleich wird ersichtlich, dass die sogenannte "Institutionalisierungsrate" in Wien mit 83 Plätzen in Behinderteneinrichtungen je 100.000 EinwohnerInnen deutlich am geringsten ist. "In Salzburg oder Vorarlberg ist der Anteil der in Behinderteneinrichtungen lebenden Personen, die unter das HeimAufG fallen, dreimal so hoch wie in Wien" (Hofinger u.a. 2007, 27). Tirol liegt hier mit 256 Plätzen im Mittelfeld.

Andere Länder verfolgen politische Strategien, die deutlich stärker an der Einbeziehung behinderter Menschen in die Gemeinschaft orientiert sind. Als positive Beispiele einer konsequenten Deinstitutionalisierungspolitik werden häufig die Länder Schweden, Norwegen, die USA sowie Großbritannien genannt. Der Ausstieg aus der institutionellen Segregation wurde insbesondere seit den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts planvoll betrieben.

Abb. 9: Entwicklung der Anzahl an Plätzen in stationären Großeinrichtungen für Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung je 100.000 EinwohnerInnen in Skandinavien, den USA und Großbritannien

Auf Basis dieses Ländervergleichs lässt sich schließen, dass in allen österreichischen Bundesländern ein ähnlicher bzw. höherer Prozentsatz an behinderten Menschen segregiert ist wie in den oben erwähnten Ländern in den 1970er-Jahren. Auch die neuere DECLOC-Studie (Mansell u.a. 2007, 32) liefert vergleichbare Zahlen: Die geschätzte Institutionalisierungsrate in Wohneinrichtungen liegt im europäischen Vergleich in Schweden bei null. Am höchsten ist sie in Estland mit 539 Plätzen pro 100.000 Einwohner. Im mittleren Bereich, mit Institutionalisierungsraten von etwa 150 bis 250, befinden sich Länder wie z.B. die Niederlande, Frankreich, Deutschland, Ungarn, Polen, Belgien, Malta und Irland, aber auch die Länder der letzten Beitrittsrunde: Rumänien und Bulgarien. Aufgrund des Datenmangels waren die AutorInnen für zwei Länder nicht einmal in der Lage eine Schätzung abzugeben: für Österreich und für Griechenland (Freyhoff u.a. 2004).

Das Land Tirol differenziert in seinen offiziellen Statistiken zur Behindertenhilfe (vgl. Tirol o.J.a, 69) die Fallzahlen nicht zwischen ambulanten und intramuralen Unterstützungsleistungen. Daher kann an dieser Stelle nur die Gesamtzahl von unterstützten Personen nach dem Tiroler Rehabilitationsgesetz in Verhältnis zu den Plätzen in den Tiroler Institutionen gesetzt werden. Ausgehend von einer solchen Schätzung ergibt sich, dass ca. 35,5 % der behinderten Menschen, die Leistungen nach dem Tiroler Behindertengesetz beziehen, institutioneller Segregation ausgesetzt sind.[63]zuständige Landesrat Gerhard Reheis gibt in einer schriftlichen Beantwortung einer Anfrage der Abgeordneten Christine Baur die Frage nach Personenzahlen für 2009 in der ambulanten Unterstützung mit 2.608 bzw. jener in Wohneinrichtungen mit 796 an. Die damit verbundenen Kosten belaufen sich im selben Jahr auf € 19,4 Mio. für die mobilen Leistungen und auf € 35 Mio. für die Wohnleistungen (Reheis 2010).

Verweildauer in Institutionen

Rauchbergers Beispiel zeigt, dass Menschen durchaus viele Jahre ihres Lebens in Einrichtungen verbringen. Bei ihr waren es zumindest die ganze Kindheit und Jugend und große Teile ihres Erwachsenenlebens. Insgesamt mehr als dreißig Jahre. Über die Verweildauer in Institutionen liefern die europäischen Studien wenig Aufschlussreiches: Verlässlich lässt sich lediglich sagen, dass es im Jahre 2004 zumindest zwei Einrichtungen in Österreich gab, in denen durchschnittlich 70 % der InsassInnen mehr als elf Jahre ihres Lebens verbrachten (Freyhoff u.a. 2004, 34).[64]

Das Behindertenrechtskonventionsforum - BKF stellt in seinem Entwurf eines Zivilgesellschaftsberichtes fest, dass eine selbstbestimmte Entscheidung über den Wohnort v.a. für Frauen und Männer mit schwereren körperlichen Einschränkungen oder mit Lernschwierigkeiten in Österreich nicht gewährleistet ist:

"Aufgrund mangelnder finanzieller Unterstützung haben Menschen mit schweren Behinderungen sowie Menschen mit Lernschwierigkeiten idR keine Chance, selbst zu entscheiden, wo und mit wem sie leben möchten. Meist stellt für sie die Unterbringung in Heimen (zT auch in Alters- und Pflegeheimen) und damit eine Betreuung nach traditionellem Muster die einzige Möglichkeit dar" (BKF 2010, 66; Hv. im Orig.).

Der Menschenrechtskommissar des Europarates Hammarberg empfiehlt allen europäischen Ländern Institutionen zu schließen, um die tatsächlichen Voraussetzungen für Inklusion zu schaffen: "Closure of institutions is not a goal in itself, but it is a method to ensure independence and inclusion for persons with disabilities" (Hammarberg 2008).

6.3.5. Zur Situation der Persönlichen Assistenz in Österreich

Explizit wird in der Behindertenkonvention die Persönliche Assistenz als Beispiel für gemeindenahe Unterstützungsdienste genannt (CRPD Art. 19 lit. c.). "Persönliche Assistenz ist jede Form der persönlichen Hilfe, die Assistenznehmerinnen und Assistenznehmer in die Lage versetzt, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten" (Frehe 1999; zit. n. Mayerhofer/Sutterlüty 2008, 3).

"Kernpunkt des Unterstützungskonzepts der Persönlichen Assistenz ist, dass Menschen mit Behinderung selbst über Art und Umfang ihres Unterstützungsbedarfs bestimmen. (...) Sie bestimmen Zeit, Umfang, Ort und Ablauf der Assistenz. (...) Das von der emanzipatorischen Behindertenbewegung entwickelte Modell der PA versteht sich als bewusste Abkehr von einem Leben in Einrichtungen und will Fremdbestimmung durch eine weitgehende Verfügungsmacht über die eigenen Belange ersetzen" (Mayerhofer/Sutterlüty 2008, 3; BKF 2010, 68).

Während in Schweden - spiegelbildlich zum Prozess der Deinstitutionalisierung - ein gesetzlicher Anspruch auf Persönliche Assistenz verankert wurde, steht dieses Angebot in Österreich noch in den Anfängen. Eine in Oberösterreich durchgeführte Studie listet die Unterschiede auf:

"Der Vergleich mit Schweden zeigt, dass die Entwicklungspotenziale bei weitem noch nicht voll ausgeschöpft sind. Bezogen auf 100.000 Einwohner/innen erhalten in Schweden 159 Personen Assistenz, in Oberösterreich sind dies 11 Personen. Auftraggeber/innen erhalten in Schweden durchschnittlich 103 Assistenzstunden wöchentlich, in Oberösterreich sind dies 15,3 Stunden wöchentlich. In Schweden sind ca. 70.000 Personen als Assistent/innen beschäftigt, in OÖ sind dies derzeit ca. 260. Die Differenzen sind auf unterschiedliche Rahmenbedingungen zurückzuführen: In Schweden besteht ein Rechtsanspruch auf Persönliche Assistenz, eine Obergrenze für die Assistenzstunden gibt es nicht, auch ein Selbstbehalt ist nicht vorgesehen" (Bacher u.a. 2008, 197).

Derzeit existieren Assistenzprojekte in den Bundesländern Wien, Tirol, Oberösterreich und Kärnten. "Persönliche Assistenz gibt es nur dort, wo sich engagierte Frauen und Männer mit Behinderung in jahrelangen politischen Kämpfen dafür eingesetzt haben" (Flieger 2010, 11). Die Leistungen, die inhaltlich vergleichbar sind, unterscheiden sich deutlich in Bezug auf Anspruchsvoraussetzung, Umfang und Kostenbeteiligung für KonsumentInnen (vgl. Mayerhofer/Sutterlüty 2008). Darüber hinaus wird seitens des Bundes eine zusätzliche Schiene finanziert, die Persönliche Assistenz ausschließlich für Beschäftigung und Ausbildung gewährt. Allerdings kommen nur etwa 300 Personen (Bundessozialamt 2010, 17) in den Genuss dieser Persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz - PAA (vgl. BMASK 2008).

In Oberösterreich und Tirol sind die von den Ländern finanzierten Leistungen mit 250 Stunden pro Monat gedeckelt. Das Unterstützungsausmaß in Wien kann deutlich höher sein, gilt aber ausschließlich für "Menschen mit schwerer Körperbehinderung" (FSW 2007). Die bundesfinanzierte Leistung der PAA gilt für Menschen ab der Pflegestufe 5, in Ausnahmefällen ab der Stufe 3. Die Maximalleistung orientiert sich am Beschäftigungsausmaß (Obergrenze 40 Stunden/Woche). Abgesehen von der in Oberösterreich gewährten Leistung ist allen anderen Regelungen gemeinsam, dass es im Gegensatz zu Schweden keinen Rechtsanspruch gibt (Mayerhofer/Sutterlüty 2008, 50). Das BKF fasst diesen Sachverhalt folgendermaßen zusammen:

"Es gibt weder auf Bundes- noch auf Landesebene einheitliche Standards oder einen Rechtsanspruch auf umfassende persönliche Assistenz in allen Lebensbereichen, um ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Dies führt in der Praxis zu großer Unklarheit und Rechtsunsicherheit bei den Betroffenen und vielfach zu willkürlichen Entscheidungen bei der Gewährung der erforderlichen Leistungen" (BKF 2010, 67).

Die österreichische Behindertenbewegung fordert seit Langem die Einführung einer tatsächlich bedarfsgerechten und bundeseinheitlichen Lösung mit Rechtsanspruch (vgl. Ladstätter 2006; 2007). Das schwedische Assistenzgesetz gewährt allen "(...) Menschen mit körperlichen, geistigen, psychischen Behinderungen und Menschen mit Autismus oder ähnlichen Symptomen" Persönliche Assistenz (Mayerhofer/Sutterlüty 2008, 50). Diese Leistung kennt daher nahezu keine Einschränkung der Zielgruppe. Eine Kostenschätzung über die Ausgaben für die Persönliche Assistenz in Österreich ist schwierig, da verschiedene Bundesländer keine eigene Kostenposition für diese Leistung führen. In der Datensammlung der Statistik Austria für den Bereich der Behindertenhilfe scheint die Persönliche Assistenz in der Rubrik "Unterbringung, Betreuung inkl. Tagesstrukturierung" subsumiert zu werden, was inhaltlich widersinnig ist (Tirol o.J.a, 69; Statisitk Austria 2010b; eig. Berechnungen). Der Sozialbericht des Landes Tirol subsumiert unter dem Begriff der Persönlichen Assistenz auch die Nachsorge für Suchtkranke (Tirol o.J., 47).

Auf Basis der Daten von Mayerhofer und Sutterlüty (2008) und Flieger (2009) sowie unter Heranziehung der Bundesdaten kann grob von bundesweiten Ausgaben in Höhe von etwa € 10-12 Mio. ausgegangen werden und von kaum mehr als 800 Leistungsempfänger-Innen.[65]"Es muss davon ausgegangen werden, dass in Österreich deutlich mehr behin-derte Menschen in großen Heimen als in den eigenen vier Wänden mit bedarfsorientierter Persönliche Assistenz leben" (Flieger 2010, 11).

In Schweden, einem Land vergleichbarer Größe, organisieren sich 18.000 Personen ihre Unterstützungsleistungen über Persönliche Assistenz. Die staatlichen Ausgaben wurden im Jahr 2007 mit ca. € 1,7 Mrd. budgetiert (Mayerhofer/Sutterlüty 2008, 53). Das Academic Network of European Disability experts - ANED sieht klare Konventionswidersprüche und konstatiert, dass die Praxis der institutionellen Segregation auch Zwangscharakter hat, weil die Politik keine Wahlmöglichkeiten zur Verfügung stellt:

"Austria does not meet the standards for community living described in article 19a of the UN Convention because there are still many people with disabilities who do not have the opportunity to choose where and with whom they live but are obliged to live in particular living arrangements" (Flieger 2009, 9).

6.3.6. Menschenrechte, Kosten und Outcome von Behindertenpolitik

Es ist keine Frage, dass Unterstützungsleistungen für behinderte Menschen Kosten verursachen. Die Kosten für Menschen mit einer schweren Beeinträchtigung sind in einem qualitätsvollen Unterstützungssystem normalerweise hoch, unabhängig davon, ob die Menschen in Einrichtungen oder in der Gemeinschaft leben. Mansell u.a. (2007, 97ff.) kommen zum Schluss, dass die verschiedenen bisher durchgeführten Studien keinerlei Evidenzen dafür liefern, dass gemeindenahe Unterstützungsdienste aus sich heraus teurer wären als die Versorgung in Institutionen. Sofern einerseits der Unterstützungsbedarf der Betroffenen und andererseits die Unterstützungsqualität der Dienstleistungen tatsächlich miteinander vergleichbar sind. EntscheidungsträgerInnen, die aus rein ökonomischem Kalkül heraus die institutionelle Versorgung mit geringer Qualität den gemeindenahen Unterstützungssystemen vorziehen, könnten übersehen, dass solche Entscheidungen weder ethisch akzeptabel noch im pragmatischen Sinne nachhaltig sind. Ethisch akzeptabel sind sie deswegen nicht, da - sofern Wahlmöglichkeiten existieren - Menschen gemeindenahe Unterstützungsformen bevorzugen. "Experience also shows that when states succeed in providing proper services in the community, people prefer this form of service over institutional settings (Hammarberg 2008). Auch die europäische Kommission konstatiert, dass Behindertenpolitik, die Unterstützungssysteme in der Gemeinde gegenüber der institutionellen Segregation präferiert, klare Vorteile in der Ergebnisqualität liefert:

"In general, available studies confirm that if high-quality community services are provided, most formerly institutionalised users have a clear preference for community living and display higher levels of personal satisfaction and social inclusion, with fewer problems linked to insecurity or loneliness than anticipated" (EC 2009, 11; Hv. im Orig.).[66]

Nachhaltig sind politische Strategien, die die Institutionalisierung bevorzugen, spätestens dann nicht mehr, wenn die öffentliche Meinung die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Institutionen fordert:

"(...) Sooner or later, public pressure is likely to result in improving the quality of care in those institutions where it has traditionally been poor - and at that stage, community care is likely to provide an option which will be not only intrinsically better for the user, but also cost-effective from the perspective of the provider" (EC 2009, 12).

Wenn man die Kosteneffektivität und damit den Outcome von Behindertenpolitik mit in Betracht zieht, produzieren gemeindenahe Unterstützungssysteme die besseren Ergebnisse:

Costs are incurred to provide services, in response to needs, and in order to achieve outcomes. It therefore makes little sense to compare costs between two service systems without also looking at the needs of the individuals and the outcomes they experience (Mansell u.a. 2007, 97).

Abb. 10: Kosten- und Qualitätseffekte bei der Umwandlung der Unterstützungssysteme in Richtung gemeindenaher Dienstleistungen

 

After transition to services in the community

   
 

Costs

Quality

Cost-efectiveness

Less expensive institution

     

Less disabled person

→ Same or lower

Same or higher

Same or better

More disabled person

→ Higher

Higher

Same or better

More expensive institution

     

Less disabled person

→ Lower

Same or higher

Better

More disabled person

→ Same or lower

Higher

Better

Der Menschenrechtskommissar des Europarates Hammarberg fordert die europäischen Staaten zum Handeln auf, um den diesbezüglichen Anforderungen der Konvention Genüge zu tun. Um dies zu erreichen, müssen Ausstiegsszenarien aus der Segregation entwickelt und Ressourcen neu verteilt werden:

Develop programmes to enable persons with disabilities to live in the community. Cease new admissions to social care institutions and allocate sufficient resources to provide adequate health care, rehabilitation and social services in the community instead (Hammarberg 2009, 108).

6.4. Die Bildungssituation behinderter Menschen in Österreich

"Mit drei Jahren zog ich ins Elisabethinum nach Axams, das ist eine Einrichtung für körper- und mehrfachbehinderte Kinder. Dort ging ich in den Kindergarten und auch in die Sonderschule. (...) Ich lernte zuerst schreiben und dann erst reden. Bis ich schreiben konnte, sprach ich mit Händen und Füßen. Irgendwie gelang es mir immer auszudrücken, was ich wollte. Teilweise glaubten die Leute, ich würde gar nichts verstehen. Doch ich verstand alles. Als ich mit dreizehn Jahren langsam zu sprechen lernte, war ich sehr froh" (Rauchberger 2006, 11).

Rauchberger beschreibt hier, dass ihr offensichtlich länger unterstellt wurde, keine Fähigkeiten erwerben zu können, vielleicht auch dumm zu sein oder geistig behindert. Sehr spät lernt sie zu sprechen. Weiter wird die Sonderschulerfahrung bzw. deren Auswirkungen in Rauchbergers Texten nicht erläutert. Dieses Blitzlicht mag hier aber trotzdem als Ausgangspunkt für die nächsten Überlegungen dienen.

6.4.1. Konventionsbezug

Das Recht auf Bildung für behinderte Menschen ist in Artikel 24 der Behindertenrechtskonvention unmissverständlich formuliert:

"With a view to realizing this right without discrimination and on the basis of equal opportunity, States Parties shall ensure an inclusive education system at all levels and lifelong learning (...) States Parties shall ensure that: (a) Persons with disabilities are not excluded from the general education system on the basis of disability, and that children with disabilities are not excluded from free and compulsory primary education, or from secondary education, on the basis of disability" (CRPD Art. 24).

Behinderte Menschen haben nach der CRPD das Recht auf inklusiven, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen; Die Formulierung "auf allen Ebenen" inkludiert selbstverständlich auch die Hochschulbildung sowie Fort- und Weiterbildung erwachsener Menschen mit der Zielsetzung lebenslanges Lernen zu ermöglichen. Im Bedarfsfall müssen angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse der Einzelnen getroffen werden, damit behinderte Frauen, Männer oder Kinder ihr Recht auf Bildung auch gleichberechtigt wahrnehmen können.

Die institutionelle Segregation in Behindertenheimen bezieht sich vielfach auch auf den Lebensbereich Schule. Nicht nur Arbeit, Wohnen und Therapien finden für behinderte Menschen häufig unter einem Dach statt, sondern auch noch zusätzlich das Lernen bzw. der Erwerb von Bildung. In Tirol existieren z.B. verschiedene Behinderteneinrichtungen mit angeschlossener Sonderschule bzw. drei vom Land Tirol geführte Sonderschulen mit angeschlossenem SchülerInnenheim (LRH 2010, 5).

Behinderte Kinder, die aufgrund einer körperlichen, mentalen oder Sinnesbehinderung vermeintlich besonderer medizinischer oder therapeutischer Förderungen bedürfen, bekommen diese ebenfalls in der Sonderschule. Das medizinische Modell von Behinderung in seiner rehabilitativen Ausrichtung schlägt hier voll durch. Die Zeit die in der Schule verbracht wird, könnte für Therapien abgehen. Daher wird beides kombiniert um den rehabilitativen Nutzen zu maximieren. Als Beleg mag ein Auszug aus dem Lehrplan der Sonderschule für körperbehinderte Kinder dienen, der über die normale Stundentafel hinaus zwei bis vier Stunden pro Woche Therapien vorsieht.

"Als solche kommen in Betracht: a) Bewegungstherapie: Zur Anbahnung der lebensnotwendigen Bewegungen, Erhö(h)ung der motorische(n) Kraft, Vergrößerung des Bewegungsumfanges behinderter Gelenke, Koordination der Bewegungsabläufe. b) Unterwassertherapie: Zur Schulung und Förderung des Bewegungsablaufes bei bestimmten Gebrechen unter Ausnützung der besonderen Wirkung des warmen Wassers" (BMUKK o.J.).

Um diesem Anspruch der individuellen, bedürfnisorientierten Förderung bestmöglich zu entsprechen, ist das österreichische Sonderschulsystem aufgefächert in zehn verschiedene Sonderschulsparten: In der Allgemeinen Sonderschule, der Sonderschule für schwerstbehinderte Kinder, der Sondererziehungsschule sowie der Sonderschule für gehörlose bzw. für blinde Kinder gibt es einen eigenen, auf die jeweilige Behinderungsart abgestimmten Lehrplan. In der Sonderschule für hörbehinderte Kinder, für körperbehinderte Kinder, für sehbehinderte Kinder, der Schule für sprachgestörte Kinder sowie in der Heilstättenschule werden die Lehrpläne der Volks- bzw. Hauptschule mit entsprechenden Anpassungen angewendet (BMUKK o.J.).

6.4.2. Inklusion vs. Sonderschule

Häufig wird als pädagogische Legitimation der Sonderschule die sogenannte Schonraumthese angeführt, die sich folgendermaßen umschreiben lässt: Kinder und Jugendliche, die entweder als SchulversagerInnen im Regelschulsystem ihre Motivation, Lernfreude oder ihren positiven Selbstwert verloren haben, bekommen in einer spezialisierten Schule, die auf ihre Bedürfnisse individuell zugeschnittene, bestmögliche Förderung. Der Schonraum Sonderschule soll individuell angepasste, bedürfnisgerechte Leistungsanforderungen und persönliche Hilfestellungen zur Verfügung stellen sowie ohne den üblichen Konkurrenz- und Leistungsdruck ein positives Selbstkonzept erwirken (Schumann 2007, 15ff.).

Der Sonderschulbesuch führt aber eher zu Stigmatisierung (Monitoringausschuss 2010, 1), wie im Beispiel von Rauchberger (2006, 11) angedeutet, und zu negativem Selbstwert. Die Folgen frühzeitiger Exklusion sind im späteren Leben schwer rückgängig zu machen. Schönwiese (2009b) verweist sogar auf die signifikant bessere gesundheitliche Entwicklung von Kindern in der Inklusion. Schumann (2007) erhebt in ihren SchülerInnen- und LehrerInnenbefragungen in deutschen Sonderschulen für Lernbehinderte und Integrationsklassen das Selbstkonzept der SonderschülerInnen bezüglich Selbstzufriedenheit: Nur ca. 13 % der befragten SonderschülerInnen bekennen sich zu einem positiven Selbstbild. "Die heutige Sonderschule ist eine Falle, weil das Versprechen der besonderen Förderung und der Integration im "Schonraum" der Sonderschule mit dem fast sicheren sozialen Ausschluss im Anschluss an die Sonderschule bezahlt wird" (Schumann 2007, 16; Hv. im Orig.).

6.4.3. Das Behindertenkonzept der Bundesregierung

Die entsprechende Stelle zu Integration bzw. Sonderbeschulung behinderter Menschen im Behindertenkonzept der Bundesregierung ist geprägt von der Ambivalenz dieser beiden grundlegend verschiedenen pädagogischen Vorstellungen:

"Bei einem behinderten Kind kann die Frage auftauchen, ob die allgemeine Schule oder eine Sonderschule den günstigeren Bildungsweg darstellt. Keinesfalls kann nämlich Behinderung mit Sonderschulbedürftigkeit gleichgesetzt werden (...) Für einzelne Kinder mit Behinderungen werden Sonderschulen weiterhin notwendig sein. Wo nur immer möglich, sollte jedoch die schulische Integration behinderter Kinder gefördert und vorgezogen werden" (BMAS 1993, 26).

Im vorhergehenden Kapitel konnten deutliche Differenzen zwischen offizieller Programmatik und realer Lebenssituation behinderter Menschen herausgearbeitet werden. Für den Bereich der Schulbildung scheinen die offiziellen Konzepte und die Effekte der Politik zu korrelieren: Integration ist zwar der Sonderschule vorzuziehen, trotzdem ist davon auszugehen, dass es immer Menschen geben wird, für die Inklusion nicht möglich sein wird. Die Schulpflicht für behinderte Kinder ist in Österreich folgendermaßen geregelt:

"Gemäß § 8a Schulpflichtgesetz 1985 (...) können schulpflichtige Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf ihrer allgemeinen Schulpflicht entweder in einer für sie geeigneten Sonderschule oder Sonderschulklasse oder in einer den sonderpädagogischen Förderbedarf erfüllenden allgemeinen Pflichtschule (Stichwort: Integration) nachkommen" (LRH 2010, 3).

Ein gesetzlich verankertes Wahlrecht der Eltern zwischen integrativem oder Sonderschulunterricht besteht erst seit 1993 für die Volksschule, seit 1996 für die Sekundarstufe. "(...) 2002 scheitert, wie bereits 2001, die gesetzliche Verankerung der Integration auf bzw. ab der 9. Schulstufe" (Feyerer 2009a, 75). Das zugrunde liegende Kategorisierungsinstrument ist die Erhebung des sogenannten sonderpädagogischen Förderbedarfs, der ebenfalls im SchPflichtG § 8 (1) geregelt ist:

"Ein sonderpädagogischer Förderbedarf ist auf Antrag festzustellen, sofern das schulfähige Kind infolge physischer oder psychischer Behinderung dem Unterricht ohne sonderpädagogische Förderung nicht zu folgen vermag" (LRH 2010, 3).

Die Einleitung dieses Verfahrens können die Erziehungsberechtigten oder der/die betreffende SchulleiterIn bei dem/der BezirksschulinspektorIn beantragen. Diese/r kann auch von Amts wegen einen sonderpädagogischen Förderbedarf feststellen. Einzuholen ist im Verfahren jedenfalls ein sonderpädagogisches Gutachten, allenfalls auch schul- oder amtsärztliche oder schulpsychologische Gutachten (SchPflichtG § 8 Abs 1). Das medizinische Modell der Kategorisierung dominiert also in diesem Verfahren. Ebenfalls handelt sich es aber um ein Klassifikationsverfahren, da auf Basis des sonderpädagogischen Förderbedarfs Stundenzuteilungen für StützlehrerInnen in unterschiedlichem Ausmaß zugemessen werden.

Die Konvention formuliert in Artikel 7 Abs. 2, dass "das Wohl des Kindes" den Gesichtspunkt darstellt, der in allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, vorrangig zu berücksichtigen ist. Um Konventionswidrigkeiten im österreichischen Bildungssystem zu beseitigen, müsste auch das Wahlrecht der Eltern, durch ein Recht des Kindes auf Inklusion ersetzt werden. Dieses wird in der Praxis durch die Favorisierung der Sonderschule in der Elternberatung ohnehin unterlaufen (Monitoringausschuss 2010, 2; Feyerer 2009a, 88).

"Die Einstufung von SchülerInnen mit so bezeichnetem "sonderpädagogischem Förderbedarf" führt - per Gesetz - im Vergleich zum Regelschulsystem zu einer Verkürzung der Bildungsjahre. (...) In den letzten 10 Jahren ist die Zahl der SonderschülerInnen konstant geblieben, während die Zahl der Pflichtschü-lerInnen gesunken ist. Der Besuch einer Sonderschule bedeutet ein Stigma, das sich negativ auf den weiteren Lebens(ver)lauf auswirkt und den Aus-schluss aus der gesellschaftspolitischen Mitte verstärkt" (Monitoringausschuss 2010, 1).

6.4.4. Der Behindertenbericht der Bundesregierung

Der Behindertenbericht der Bundesregierung für das Jahr 2008 spricht davon "(...) dass der Integrationsgedanke erfolgreich umgesetzt wird." Während im Zeitraum vom Schuljahr 1994/95 bis zum Schuljahr 2006/07 die Zahl der SonderschülerInnen von 19.000 auf 13.200 zurückging, stieg in derselben Zeitspanne die Zahl der SchülerInnen mit sonderpädagischem Förderbedarf, die an Volks- und Hauptschulen integrativen Unterricht besuchen, von 4.731 auf 13.741 an (BMASK 2009, 124ff.). In absoluten Zahlen formuliert stimmt diese Aussage sehr wohl. Allerdings gab es im Schuljahr 1993/94 noch kein Recht auf Integration. Präziser formuliert: Es gab das Kategorisierungs- und Klassifizierungsinstrument des sonderpädagogischen Förderbedarfs noch gar nicht. Somit existieren keine Zahlen, beispielsweise über Kinder mit leichteren Behinderungen, die die Regelschulen besuchten. Grundsätzlich kann für den Zeitraum bis 1994/95 davon ausgegangen werden, dass Kinder mit schwereren Behinderungen und Kinder mit sogenannten geistigen Behinderungen zum Großteil segregiert waren.

Die Bildung einer Zeitreihe über die Jahre 1993/94 bis 2006/07 unter Verwendung der Daten des Sozialministeriums ergänzt durch jene der Statistik Austria bis zum Schuljahr 2008/09 führt bereits zu differenzierteren Aussagen. Das Diagramm stellt die absoluten SchülerInnenzahlen in den vier Schultypen Volksschule, Hauptschule, Polytechnische Schule und Sonderschule dar.

Abb. 11: Entwicklung der SchülerInnenzahl in der Integration bzw. in der Sonderschule

(BMASK 2009, 124ff.; Statistik Austria 2008; 2009; eig. Berechnungen; keine Daten für das Schuljahr 2003/04 verfügbar).

Das Diagramm führt eher zu folgender Interpretation: Wohl sinkt die Zahl der SonderschülerInnen in den Jahren nach der Schulrechtsreform recht deutlich. Ebenso steigt die Zahl der integrierten Kinder v.a. was Volks- und Hauptschulen betrifft recht deutlich an. Der Gipfelpunkt scheint allerdings bereits im Schuljahr 2003/04 erreicht zu sein. Seit diesem Zeitpunkt verändern sich die SchülerInnenzahlen offensichtlich nur mehr unwesentlich. Von einem Systemwechsel kann, zumindest in den letzten Jahren, daher wohl nicht gesprochen werden. Da die einzelnen Schultypen in den letzten Jahren ihre SchülerInnenzahlen beinahe konstant halten können, kann eher von einer Verdoppelung der Systeme gesprochen werden. Ein weiterer wichtiger Faktor muss aber noch zusätzlich miteinbezogen werden: Die GesamtschülerInnenzahlen verändern sich nämlich in direkter Abhängigkeit zur Geburtenrate, welche für Österreich seit 1995 sinkt:

"Nach Berechnungen der STATISTIK AUSTRIA (vorläufige Daten) gab es im Schuljahr 2008/09 insgesamt 332.210 Volksschülerinnen und Volksschüler und somit über 61.300 weniger als noch vor acht Jahren (minus 15,6 Prozent). (...) Mit österreichweit leicht steigenden Schülerzahlen im Volksschulbereich wird wahrscheinlich erst wieder ab dem Schuljahr 2016/17 zu rechnen sein" (Statistik Austria 2010).

Die einzig mögliche Schlussfolgerung auf Basis dieses Sachverhaltes lautet, die Zahl der Kinder mit sonderpädagischem Förderbedarf wurde im Verhältnis zur Grundgesamtheit der Gesamtzahl an SchülerInnen ausgeweitet. Dieses Ergebnis bestätigt Feyerer (2009a, 77): Insgesamt lässt sich ein deutlicher Anstieg der SPF-Quote von Beginn der Integration 1994/95 bis ins Schuljahr 2006/07 belegen von 2,94 % auf 3,42 %, in den Schulstufen 5-8 liegt diese 2006/07 sogar bei 4,03 %. Dies bewirkt allerdings gleichzeitig eine Reduktion der Unterstützungsressourcen bezogen auf den einzelnen Schüler/die einzelne Schülerin mit SPF. Während sich 1994/95 eine Vollzeit-Planstelle noch auf drei Kinder verteilte, müssen sich 2006/07 beinahe vier Kinder eine solche teilen.[67] Betrachtung einer Zeitreihe mit den Zahlen der integrierten Kinder bzw. der Sonderschulkinder im Verhältnis zur Gesamtheit der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf liefert ausreichend aufschlussreiche Ergebnisse über den Erfolg der Integrationsbemühungen in Österreich.

Abb. 12: Entwicklung der Integrations- bzw. Segregationsquote im Zeitverlauf

(BMASK 2009, 124ff.; Statistik Austria 2008; 2009; eig. Berechnungen; keine Daten für das Schuljahr 2003/04 verfügbar)

Die Berechnung liefert ein entsprechendes Ergebnis wie der graphische Eindruck in Abb. 10: Der relative Anteil der integrierten SchülerInnen steigt bereits im Schuljahr 02/03 auf knapp über 50 %. Seither muss allerdings von Stagnation gesprochen werden (vgl. Moni-toringausschuss 2010, 1). Flieger (2010a, 11) bestätigt die Stagnation im Prozess der Integration: "Die Anzahl der Sonderschulen hat in Österreich seit 1993 insgesamt nur um 15 % abgenommen, ein konsequenter Ressourcentransfer in Richtung Integration hat nie stattgefunden."

6.4.5. Bundesländer

Das Tiroler Rehabilitationsgesetz stammt aus einer Zeit, in der das Prinzip des integrativen Unterrichts in Österreich noch kaum diskutiert wurde. Sonderbeschulung war der beinahe ausnahmslose Regelfall. Daher wird in § 8 "Hilfe zur Erziehung und Schulbildung" ein Recht auf Sonderkindergärten und Sonderbeschulung formuliert:

"Die Hilfe zur Erziehung und Schulbildung umfaßt die Beratung der Erziehungsberechtigten des Behinderten in Erziehungs- und Bildungsfragen, die Vermittlung des Behinderten in eine seiner Behinderung und Befähigung entsprechende Erziehungs- und Bildungseinrichtung und die Übernahme der durch die Behinderung bedingten Kosten für die Erziehung und Schulbildung" (TRG § 8 Abs. 1).

Abb. 13: Bundesländervergleich der Integrationsquoten in den Schuljahren 2005/06 und 2008/09

(Statistik Austria 2010; eig. Berechnung)

"Die Zahl der Kinder, die eine Integrationsklasse besuchen, schwankt je nach Bundes- land zwischen 32 und 82 %" (Monitoringausschuss 2010, 1). Die Steiermark ist seit Jahren das Bundesland mit der höchsten Integrationsquote von rund 80 %. Im dargestellten Zeitraum steigt die Quote der Kinder in der Integration in fünf Bundesländern: Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Vorarlberg und Wien. Im Burgenland, in Kärnten, in Niederösterreich und in Tirol sinkt sie hingegen sogar. Die Länder Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg bilden im Bundesländervergleich die Schlusslichter und integrieren nur etwa ein Drittel der behinderten Kinder. "Tirol ist - im Gegensatz etwa zur Steiermark mit einer hohen Integrationsquote - ein stark sonderschulorientiertes Land" (LRH 2010, 4; vgl. Feyerer 2009, 47). Die Parallelität der beiden Systeme Sonderschule und integrativer Unterricht führen zusammen mit den von der föderalen Struktur bedingten Effekten zu erheblichen Ungleichheiten. "Vergleicht man die drei Kernindikatoren sonder- und integrationspädagogischer Erziehung (Integrations-, Segregations- und SPF-Quote; Anm. H. St.) zeigen sich so große Differenzen zwischen den Bundesländern, dass nur mehr schwer von erwünschter föderalistischer Vielfalt gesprochen werden kann" (Feyerer 2009, 47). Auch das BKF betont die Ungleichheitseffekte, die Föderalismus bzw. sogar Regionalismus hervorbringt:

"Das bestehende Sonderschulsystem und die Integration wurden als gleichwertige Systeme verankert. Das Ausmaß und die Art der Integration sind bundesländerspezifisch, aber auch innerhalb mancher Bundesländer regional, in sehr unterschiedlicher Weise entwickelt jeweils entlang der vorherrschenden Traditionen und regionalen Politiken. (...) Dies hat zur Folge, dass sich in den Bundesländern und dort wiederum in den Regionen sehr unterschiedliche Traditionen im Hinblick auf die Integration behinderter Kinder herausgebildet und gefestigt haben" (BKF 2010, 90).

6.4.6. Die Effekte der Sonderbeschulung

Der hohe Anteil an SonderschülerInnen führt u.a. dazu, dass behinderte Menschen im Schnitt niedrigere Bildungsabschlüsse erreichen als die Gesamtbevölkerung: "Gemäß Mikrozensus 2007 haben lediglich 14,6 % der Männer und 15,7 % der Frauen mit Behinderungen Matura oder Universitätsabschluss, im Vergleich zu 31,3 % der Männer und 33,3 % der Frauen ohne Behinderungen" (BKF 2010, 90). An österreichischen Universitäten sind lediglich 1 % der Studierenden behindert. Gemessen am Anteil behinderter Menschen an der Gesamtbevölkerung sind Studierende mit Behinderung daher an den Universitäten massiv unterrepräsentiert. An 14 von insgesamt 37 österreichischen Hochschulen gibt es keine behinderten Studierenden (Wroblewski u.a. 2007, 21). Man kann also davon ausgehen, dass behinderte Menschen trotz vielfältigster Förderung im ausdifferenzierten Sonderschulsystem selten in die Lage kommen höhere oder höchste Bildungsabschlüsse zu erreichen (vgl. Monitoringausschuss 2010, 1).

"Die Konsequenzen getrennter Bildung sind vielschichtig. Die mangelnde Inklusion im Bildungsbereich ist ein gewichtiger Faktor in der unzureichenden Inklusion in der Gesellschaft. Die übliche Abfolge, wonach auf die Sonderschule in der Regel die sogenannte Beschäftigungstherapie (...) folgt, ist ein dramatischer Nachweis für die strukturellen Auswirkungen segregierter Bildung" (Monitoringausschuss 2010, 2).

6.4.7. Bildung, Beschäftigung, Armut

Im Gemeinsamen Bericht über Sozialschutz und soziale Eingliederung des Rates der Europäischen Union betont die österreichische Delegation sehr wohl, dass Beseitigung der Hindernisse in Bezug auf Bildung und lebenslanges Lernen behinderter Menschen zu den politischen Schwerpunkten in Bezug auf die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung gehört (Rat 2009, 7). Die Sozialberichte 2007 - 2008 bzw. 2003 - 2004 erwähnen das Thema Bildung behinderter Menschen gar nicht, möglicherweise weil keine Ressortzuständigkeit des Sozialministeriums gegeben ist (BMSG 2004; BMSK 2009).

Mangelnde oder schlechte Bildung hat weitreichende Auswirkungen, nicht nur auf das Leben der einzelnen Personen, sondern auch auf deren Angehörige: Auf der EU-Statistik ECHP basierende Berechnungen der Armutsgefährdungen für bestimmte Risikogruppen führen zu einem eindeutigen Ergebnis: "Auch Menschen mit Behinderung und ihre Haushaltsangehörigen (11 %) (...) zeigen eine mehr als doppelt so hohe Betroffenheit von manifester Armut wie die Gesamtbevölkerung" (BMSK 2009, 251). Maschke findet für die EU-Länder eben diesen Zusammenhang auch zwischen Behinderung und niedrigen Bildungsabschlüssen: Dieser

"(...) lässt sich in Abhängigkeit vom Eintrittszeitpunkt der Behinderung, sowohl auf die Schwierigkeiten und Barriereren, denen behinderte Kinder und Jugendliche in den nationalen Schul- und Berufsausbildungssystemen gegenüberstehen, zurückführen als auch auf die höheren Gesundheits- und Unfallrisiken von Berufstätigkeiten, für die nur niedrige Bildungsabschlüsse notwendig sind" (Maschke 2008, 82 ff.).

In den Berichten zur sozialen Lage (BMSG 2004; BMSK 2009) sind in Bezug auf Maßnahmen der Beschäftigungspolitik für behinderte Menschen ebenfalls keine Querverbindungen zur Bildung zu finden. Eine Ausnahme bildet lediglich die Erwähnung der neu geschaffenen Möglichkeit der Integrativen Berufsausbildung im Bericht von 2009,die auch für behinderte Jugendliche zugänglich ist.[68]Wiewohl man davon ausgehen muss, dass qualitätsvolle Ausbildung die Chancen für die Integration in den Arbeitsmarkt erhöht, genauso wie bei nichtbehinderten Menschen auch. Stärker noch als der Behindertenstatus tragen nämlich der Bildungsstatus und der Beschäftigungsstatus zur Armutsgefährdung bei, wie Maschke (2008, 102) mithilfe statistischer Verfahren unter Verwendung von EU-Daten berechnet hat.[69]

Behinderte Menschen sind also vermehrt armutsgefährdet. Behinderte Menschen sind vielfach schlechter gebildet. Sie sind daher auch doppelt von sozialer Exklusion bedroht. Aus der Perspektive des sozialen Modells von Behinderung formuliert: Dies ist ihre eigentliche Behinderung. "So paradox dies klingen mag, aber die schulische Integration hat in Österreich zur Stärkung des Sonderschulwesens geführt" (Flieger 2010a, 11).

Verschiedene andere Länder - wie z.B. Norwegen und Italien - beweisen, dass die Inklusion behinderter Kinder in das Regelschulsystem möglich ist. Von einem inklusiven Bildungssystem - wie es die Konvention vorsieht - ist Österreich weit entfernt (vgl. SLIÖ 2010, 4; BKF 2010, 90; Monitoringausschuss 2010, 6). Selbst der neue Behindertenanwalt Buchinger, der frühere Sozialminister, fordert neuerdings den mittelfristigen Ausstieg aus der schulischen Segregation innerhalb von zehn Jahren: "Das heißt, dass ab nächstem Schuljahr kein Kind mehr neu in die Sonderschule kommen würde" (Baumgartner 2010).

6.5. Antidiskriminierung, Barrierefreiheit und Partizipation

Das Recht nicht diskriminiert zu werden stellt den zentralen Kern der Menschenrechte dar und bildet für alle anderen Rechte die Voraussetzung. Die Geschichte dieses Rechts beginnt zunächst mit dem Schutz vor rassistischer Diskriminierung: "Die rassistische Ideologie der Ungleichheit bestreitet prinzipiell die Kernidee der Menschenrechte: Gleiche Würde und gleicher Wert aller Menschen und daraus sich ableitend ihre gleichen Rechte" (Fritzsche 2009, 115).[70]Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte führt bereits ein Diskriminierungsverbot "ohne irgendeine Unterscheidung" (Humanrights 2010) ein. In der anschließenden demonstrativen Aufzählung möglicher Unterscheidungsgründe kommt Behinderung allerdings nicht vor.

6.5.1. Konventionsbezug

Die CRPD dehnt den Diskriminierungsschutz und das Recht auf Gleichberechtigung nun im internationalen Völkerrecht auf Menschen mit Behinderung aus und sieht eine unmittelbare Umsetzungsverpflichtung für die Vertragsstaaten vor.

Viele Staaten weltweit kennen mittlerweile eine Antidiskrimierungsgesetzgebung, die nicht nur Rassendiskriminierung verbietet, sondern auch Ungleichbehandlungen aus Gründen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung[71], des Alters oder der sexuellen Orientierung verhindern oder abbauen soll.

6.5.2. Diskriminierungsschutz in Österreich

Wie erwähnt garantiert in Österreich seit 1997 der zweite Satz in Art. 7 (1) B-VG auch das Gleichbehandlungsrecht behinderter Menschen:

"Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten" (BGBl. I Nr. 87/1997).

Die Verfassungsbestimmung alleine entfaltet allerdings keine unmittelbare Wirkung. Im Jahr 1998 hat eine Arbeitsgruppe im Bundeskanzleramt die österreichische Rechtsordnung auf direkte oder indirekte Benachteiligungen durchforstet. Untersuchungsgegenstand waren auch sprachliche Diskriminierungen in Gesetzestexten. Ein Sammelgesetz im Jahr 1999 änderte diskriminierende Bestimmungen in insgesamt neun Bundesgesetzen (Hofer u.a. 2006, 18).

Die österreichische Behindertenbewegung wartete bis zum Inkrafttreten des Gleich-stellungspaketes am 1.1.2006 (BGBl. I Nr. 82/2005) auf die umfassende Umsetzung des Benachteiligungsverbotes.[72]Seit diesem Datum gewähren v.a. das BGStG und das BEinstG individualisierten Rechtsschutz, allerdings nur für den Bereich der Bundeskom-petenzen. Zum gleichen Zeitpunkt wurde in das B-VG eine ergänzende Be-stimmung zur Anerkennung der österreichischen Gebärdensprache "als eigenständige Sprache" (BGBl. I Nr. 81/2005) aufgenommen. Im Mai 2006 änderte das Bundes-Behindertengleich-stellungs-Begleitgesetz 19 weitere Materiengesetze (BGBl. I Nr. 90/2006) und im Dezem-ber 2007 beschloss der Nationalrat weitere Novellierungen, die v.a. Erleichterungen für den Zugang zu den Berufen des Anwalts/der Anwältin und des Notars/der Notarin mit sich bringen (BGBl. I Nr. 111/2007).

Die Antidiskriminierungs- bzw. Gleichbehandlungsgesetze der Länder regeln im Zusammenhang mit dem Diskriminierungsgrund der Behinderung v.a. das Diskriminierungsverbot im Landesdienst und gegenüber Bediensteten der Landesschulen sowie für Dienstleistungen, die von den Ländern angeboten werden.

Der Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern bietet auf seiner Internet-Seite eine detaillierte Übersicht über die verschiedenen bundes- und landesgesetzlichen Vorschriften, die einen Schutz vor Diskriminierungen aus den verschiedensten Gründen bieten. Ebenso listet die Seite alle unabhängigen Antidiskriminierungs- bzw. Gleichbehandlungsstellen auf. In derzeit 22 verschiedenen Landesgesetzen wird auch der Diskriminierungsgrund Behinderung behandelt. Überwiegend existieren pro Bundesland ein oder mehrere Gesetze, die den Bereich Beschäftigung regeln, und ein weiteres, welches den Zugang zu Gütern und Dienstleistungen, die von den Ländern angeboten werden, regelt. Die Bundesländer Wien und Niederösterreich kennen derzeit noch keinen Diskriminierungsschutz für behinderte Menschen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen (Klagsverband o.J.; vgl. BKF 2010, 13). Aufgrund der Unübersichtlichkeit[73]in diesem Feld konzentriere ich mich bei den weiteren Überlegungen auf das Bundesbehindertengleichstellungsrecht.

Das Behindertengleichstellungsrecht auf Bundesebene verbietet Diskriminierung im Bereich der Verwaltung des Bundes. Es verbietet aber auch Diskriminierungen im Bereich des Zugangs zu Güter- und Dienstleistungen, sofern dafür eine bundesgesetzliche Regelung gilt. Im Wesentlichen entspricht der Geltungsbereich damit dem Verbraucherschutz (BMASK 2009, 87). Der Diskriminierungsschutz für den Bereich Beruf und Beschäftigung ist, den unterschiedlichen Politikbereichen entsprechend, in das Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) aufgenommen worden (BMASK 2009, 88). Die Qualität des Diskriminierungsschutzes ist abgesehen von den abweichenden Lebensbereichen, im Wesentlichen gleichwertig.

Das Diskriminierungsverbot erstreckt sich auf mittelbare und unmittelbare Diskriminierungen - "dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, sowie Merkmale gestalteter Lebensbereiche" (BGStG § 5 Abs. 2) sowie auf Belästigung und auch Anweisung zur Diskriminierung. Diese Formulierung legt nahe, dass unter den Begriff dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren auch Gesetze fallen. Die Anfechtung diskriminierender Gesetze kann allerdings weiterhin allein vor dem Verfassungsgericht erfolgen: "Unter Vorschriften sind keinesfalls Gesetze, Verordnungen oder Satzungen zu verstehen. Die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen bzw. die Gesetzmäßigkeit von Verordnungen wird jeweils vom VfGH überprüft" (Hofer u.a. 2006, 46). Ein Beispiel für einen mittelbar diskriminierenden Tatbestand in der österreichischen Rechtsordnung stellt meines Erachtens die Eugenische Indikation im StGB § 97 Abs. 2 dar. Diese Bestimmung ermöglicht die Abtreibung vermeintlich behinderter Föten auch über den dritten Schwangerschaftsmonat hinaus.[74]

Eine Diskriminierung liegt nicht vor, wenn Ungleichbehandlungen sachlich gerechtfertigt sind und die entsprechenden Mittel angemessen und erforderlich sind (BGStG § 5 Abs. 2). Teilbereiche wie bauliche Anlagen, Verkehrseinrichtungen und Schienenfahrzeuge werden mittels Übergangsfristen erst bis Ende 2015 stufenweise in den Geltungsbereich des Gesetzes aufgenommen.

Der Diskriminierungsschutz für behinderte Menschen umfasst jedoch nicht eine Beseitigung der Diskriminierung sondern beschränkt sich auf ein Schadenersatzrecht:

"Das dort geregelte Verbot einer Diskriminierung aus dem Grund einer Behinderung setzt einen Meilenstein in der österreichischen Behindertenpolitik. Erstmals ist es nunmehr möglich aufgrund einer Diskriminierung wegen einer Behinderung einen Schadenersatz geltend zu machen" (BMASK 2009, 86).

Der Schaden kann materieller, aber auch immaterieller[75]Art sein. Einen Anspruch auf die Beseitigung von Barrieren, oder einen Unterlassungsanspruch - z.B. bei fortgesetzter Beleidigung - gewährt das Gesetz nicht. Dies ist, neben den langen Übergangsfristen für Barrierefreiheit, auch einer der wichtigsten Kritikpunkte der Behindertenbewegung bzw. der Oppositionsparteien. "Wenn eine Klage gewonnen wird und die Institution ihre Strafe bezahlt hat, aber sonst nichts ändert an ihrer Diskriminierung, muss wieder von einer geschädigten Einzelperson geklagt werden" (Reiz 2009). Das Gesetz entfaltet somit keine unmittelbare Wirkung für die gesamte Gruppe der behinderten Menschen im Sinne eines Abbaus von Barrieren. "Somit verlagert der Staat das Instrument der Rechtsdurchsetzung bei Diskriminierungen von Menschen mit Behinderung weitgehend ins Privatrecht" (SLIÖ 2010, 1).

6.5.3. Nichtdiskriminierung und Zugänglichkeit

Das Sozialministerium betont im Behindertenbericht 2008 die Wichtigkeit des Abbaus von Barrieren v.a. baulicher Art und hofft in diesem Sinne auf die mittelbare Wirkung des Behindertengleichstellungsrechts durch Bewusstseinsbildung:

"Das Behindertengleichstellungsrecht als solches verpflichtet nicht zur Zugänglichkeit bzw. Barrierefreiheit, leistet allerdings aufgrund des Diskriminierungsschutzes einen wesentlichen Beitrag zur faktischen Herstellung von Barrierefreiheit (...). Im Diskriminierungsfall steht betroffenen behinderten Menschen Schadenersatz zu, was den Druck auf die diskriminierende Stelle erhöht, die Barriere zu beseitigen" (BMASK 2009, 94).

Der Bund ist in besonderer Weise verpflichtet geeignete und konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um Menschen mit Behinderungen den Zugang zu Angeboten und Dienstleistungen zu ermöglichen. Deshalb existiert ein Etappenplan, der festlegt, dass Bundesbauten bzw. die Dienststellen des Bundes - auch in den Bundesländern - bis 2015 barrierefrei umzugestalten sind (BMASK 2009, 97ff.). Auch das Land Wien hat sich zur Erstellung eines solchen Planes verpflichtet (BMASK 2010, 11). Das Bundessozialamt förderte in den letzten Jahren investitive Maßnahmen zur barrierefreien Umgestaltung öffentlicher Angebote.

851.000 Menschen in Österreich haben mittlere bis schwerwiegende Probleme mit Beweglichkeit und Mobilität. Bei 318.000 Menschen mit Sehbeeinträchtigungen und 202.000 Menschen mit Hörbeeinträchtigungen kann ebenfalls davon ausgegangen werden, dass sie bestimmte Anforderungen an eine barrierefreie öffentliche Umwelt haben. Etwa 30- 40 % der erwähnten Gruppen von behinderten Menschen geben auf die Detailfragen auch an, Probleme im öffentlichen Verkehr oder beim Zugang zu öffentlichen Gebäuden, Einrichtungen und Verkehrsflächen zu haben (Leitner 2008; BMASK 2009, 95). Selbstbestimmt Leben Österreich schätzt, dass nur etwa 35 % aller Einrichtungen und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, für mobilitätsbeeinträchtigte Personen benutzbar sind (BMASK 2010a, 18).

Für den Bereich des BGStG wurde für die ersten beiden Jahre des Diskriminierungsverbots erhoben, dass sich mehr als zwei Drittel der durchgeführten Verfahren auf mangelnde Barrierefreiheit gründeten (bauliche, kommunikationstechnische oder sonstige). Mehr als 70 % davon bezogen sich wiederum auf mangelnde bauliche Barrierefreiheit (Bundessozialamt o.J., 11; BMASK 2009, 95). Die Zählungen der Diskriminierungen auf der Grundlage mangelnder Barrierefreiheit des Bundessozialamtes bzw. des Sozialministeriums bestätigt auch der Bericht der Tiroler Antidiskriminierungsbeauftragten: Von 64 Anfragen im Zeitraum Juli 2006 bis Juni 2008 betrafen 51 den Themenkreis Diskriminierung aufgrund von Behinderung. "Speziell der Themenkreis Barrierefreiheit in unterschiedlichster Form ist immer wieder Thema" (Kafka/Strobl o.J., 29).

Die Bedeutung einer barrierefreien Umwelt für den Schutz behinderter Menschen vor Diskriminierung betont auch der Behindertenanwalt und regt Änderungen im Gleichstellungsgesetz an:

"Während ein Anspruch allein auf Schadenersatz vorwiegend pönalisierende Wirkung entfaltet, kann das angestrebte Ziel einer tatsächlichen Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft nur mit Hilfe eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruches verwirklicht werden. Daher erscheint dessen Normierung neben dem bereits bestehenden Schadenersatzanspruch erforderlich" (BMASK 2009a, 14; Hv. im Orig.).

Ebenfalls verbesserungsbedürftig ist laut Behindertenanwalt, dass das Gesetz keinen Schutz biete vor der Neuerrichtung von Barrieren, schließlich gelte der Diskriminierungsschutz erst für existierende Barrieren (BMASK 2009a, 18). Das Gleichstellungsrecht schützt auch nicht davor, dass neu erlassene Ländergesetze dem BGStG widersprechen, "wie jüngst im Fall des neuen Baugesetzes der Steiermark, in dem Gewerbebetriebe ausdrücklich von der Verpflichtung zur Barrierefreiheit ausgenommen wurden (BKF 2010, 68).

Ein weiteres Erschwernis bei der Umsetzung des Grundsatzes einer zugänglichen Umwelt stellen die Übergangsfristen des BGStG dar, die die Zumutbarkeitsgrenzen für Herstellung von Barrierefreiheit erst stufenweise bis zum Jahr 2017 anheben. Wie in Abschnitt 3 gezeigt wurde, stellt die Bereitstellung von angemessenen Vorkehrungen eines der Grundprinzipien der Konvention dar. Diese stellen "(...) notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen dar", um behinderte Menschen in den Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen zu lassen (CRPD Art. 2). Das Bundesbehindertengleichstellungsrecht sieht derzeit bereits einen finanziellen Aufwand in Höhe von € 3.000,- für geringfügige Adaptierungen als nicht mehr zumutbar an. Diese Grenze steigt im Rahmen der im Gesetz vorgesehenen Übergangsfristen weiter an. Das BKF stellt hierzu fest:

"Auch wird der Begriff "unverhältnismäßige Belastung", wonach die Beseitigung einer Barriere als unzumutbar erklärt wird, vielfach sehr weit und nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgelegt, was zu erheblichen Rechtsschutzdefizite(n) für die Betroffenen führt" (BKF 2010, 14).

Das BKF ist der Ansicht, dass sich bei den Zumutbarkeitsregelungen im BGStG stark die Interessenlagen der Wirtschaft bemerkbar machen. Dieser gelingt es, sich bereits während der Gesetzwerdung gegen die Normierung von umfassender Barrierefreiheit durchzusetzen (BKF 2010, 6).

Die Gleichbehandlung vor dem Recht sowie der Diskriminierungsschutz sind aufgrund der Konvention sofort umzusetzen. Hingegen weichen die AutorInnen voneinander ab, inwieweit dies auch für die Herstellung der Zugänglichkeit und Barrierefreiheit der Umwelt gilt. Die Formulierung "geeignete Maßnahmen treffen" (CRPD Art. 9) anstatt der stärkeren "die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen" im Recht auf Nichtdiskriminierung ließe den Schluss zu, dass es sich bei der Barrierefreiheit um ein Menschenrecht handle, das analog zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten progressiv zu implementieren und nicht unmittelbar zu gewährleisten ist. Gegen diese Analogie zu den Rechten des Wirtschafts- und Sozialpakts spricht, dass dieser das Recht der Barrierefreiheit noch gar nicht enthielt (von Bernstorff 2007, 1051).

Wenn nicht von einer sofortigen, dann ist jedenfalls zumindest von einer prioritären Verpflichtung auszugehen, da eine Nicht-Umsetzung bzw. eine nur schleppende Umsetzung des Rechts auf eine barrierefreie Umwelt gleichzeitig das Recht auf Nichtdiskriminierung unterläuft.[76]

6.5.4. Durchsetzbarkeit des Diskriminierungsschutzes

Als eines der größten Probleme bei der Implementierung der Richtlinie 2000/78/EG in den verschiedenen Mitgliedsstaaten identifizierte das European Disability Forum das Fehlen von abschreckenden Sanktionen für Diskriminierungen. Laut EDF stellt dieser Mangel die Hauptschwierigkeit für die Effizienz der nationalen Regelungen dar: "The European Commission should ensure the creation of efficient sanctions to enforce the directive 2000/78 and to make clear that it is taken seriously by public and private employers within the EU" (EDF o.J., 21). Zwar deckt Österreichs Antidiskriminierungsschutz weit mehr als den in der Richtlinie vorgegebenen Bereich der Arbeitswelt ab, ob jedoch die Sanktionen ausreichen, um die gestaltete Umwelt barrierefrei werden zu lassen, darf bezweifelt werden.

Schlichtungsverfahren

Das Gleichstellungsrecht des Bundes sieht im prozeduralen Sinn verpflichtend ein Schlichtungsverfahren beim Bundessozialamt vor. Erst wenn in diesem Vorverfahren keine gütliche Einigung erzielt werden kann, besteht die Möglichkeit der Klage vor einem ordentlichen Gericht. Laut Aussage des Sozialministeriums wird dieses Instrument eines außergerichtlichen Ausgleichs auch von Behindertenorganisationen als best practicegelobt (BMASK 2010, 10). Tatsächlich betonen verschiedene Stimmen in der Bewegung die Vorteile dieses außergerichtlichen Ausgleichs. So seien Schlichtungsverfahren "(...) ein großer Fortschritt zur Bekämpfung von Diskriminierungen von Menschen mit Behinderung" (Reiz 2009). Überzeugt vom Erfolg des außergerichtlichen Streitverfahrens zeigt sich naturgemäß das Bundesministerium (Ladstätter 2007b; Bundessozialamt o.J.). Gemeinsam ist den Kommentaren, dass durch die Schlichtung in einzelnen Fällen z.B. der Abbau von architektonischen Barrieren erreicht werden konnte. Diese Erfolge lägen eigentlich außerhalb der Möglichkeiten einer Klage. Vor Gericht hätten die Übergangsfristen für Adaptierungen greifen müssen und dem Kläger/der Klägerin wäre maximal ein Schadenersatz zugesprochen worden.

Bis zum Juli 2008 sind bei den Bundessozialämtern österreichweit 329 Anträge auf Einleitung eines Schlichtungsverfahrens eingelangt. Zum selben Zeitpunkt waren 281 Verfahren bereits erledigt: Davon endeten 115 Fälle mit einer Einigung (41 %), 123 Fälle ohne Einigung (44 %), in 43 Fällen (15 %) wurde der Antrag zurückgezogen. Von ministerialer Seite wird für Letztere vermutet, dass zurückgenommene Anträge erfahrungsgemäß oft auf eine Einigung im Vorfeld zurückzuführen seien (BMASK 2009, 90; BMASK 2010, 10). Nach Bereichen bzw. Inhalten gegliedert beziehen sich die Beschwerden zum größeren Teil (etwa zwei Drittel) auf den Bereich Beschäftigung und Beruf, in etwa der Hälfte der Fälle geht es um Diskriminierung bei der Beendigung eines Dienstverhältnisses.

Gerichtsanhängige Fälle

"2006 ergab eine Umfrage bei Schlichtungswerbern/innen eine Zahl von 15 Klagen. Für 2007 kann keine Aussage getroffen werden" (Bundessozialamt o.J., 14).[77]Die Klagen betrafen zum größten Teil den Bereich Beschäftigung. Wie dargestellt, kann davon ausgegangen werden, dass nur ein Bruchteil der Schlichtungen mit negativen Ergebnis tatsächlich vor Gericht weitergeführt werden. Unter Umständen wird das vermeintliche Prozessrisiko als zu hoch eingeschätzt. Bloß vermuten ließe sich aber auch, dass bereits das Schlichtungsverfahren an sich abschreckend genug war und daher von einer Weiterführung des Verfahrens abgesehen wird.

Ob das verpflichtende Schlichtungsverfahren den Diskriminierungsschutz ausreichend absichert oder sogar weitreichendere Möglichkeiten als gerichtliche Klagen bietet, ist umstritten. Ein weiteres Mal mangelt es für eine definitive Beurteilung des Sachverhalts an Daten:

"Die Anzahl von Schlichtungsfällen hält sich bisher in überschaubaren Grenzen; mangels genauer Statistiken bzw. Evaluierungen zu den geführten Verfahren und ihren Ergebnissen (sowohl vor der Schlichtungsstelle als auch vor Gericht) ist eine abschließende Beurteilung der Effektivität der bestehenden Rechtsschutzverfahren nicht möglich" (BKF 2010, 14).

Auch der Bundesbehindertenanwalt vermutet, dass viele behinderte Menschen von einer Klage vor einem ordentlichen Gericht letztlich aus Ungewissheit über den Ausgang des Verfahrens Abstand nehmen:

"Dem Behindertenanwalt wurde auch zur Kenntnis gebracht, dass Betroffene nach einem erfolglosen Schlichtungsverfahren vielfach den Gang vor die ordentlichen Gerichte scheuen. Das für diese Haltung ausschlaggebende Motiv ist, wie durch Recherchen verifiziert werden konnte, in aller Regel das Kostenrisiko." (BMASK 2009a, 15; Hv. im Orig.).

Das Menschenrechtskommittee der UN zeigt sich einerseits betroffen, dass sich in österreichischen Gesetzen offensichtlich eine Hierarchisierung unter den verschiedenen Diskriminierungsgründen findet und der Schutz vor einer Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts offenkundig schlechter entwickelt ist als der aus Gründen einer Behinderung. Ebenso wird konstatiert, dass für einige Diskriminierungsgründe nur ein Schutz im Rahmen von Beschäftigung und Beruf gegeben ist. Diese Besorgnis bezieht sich auch auf die Ländergesetze. Was den Diskriminierungsschutz behinderter Menschen betrifft, drückt das Kommitee aber auch seine Sorge über die prozedurale Ausgestaltung des Diskriminierungsschutzes im Behindertenbereich als außergerichtliches Verfahren aus:

"It is also concerned that such hierarchisation of discrimination grounds can also be found in Provincial laws, and that in cases covered by the Acts concerning disabled persons, victims must seek an out­of­court settlement prior to filing a court action. (arts. 2 (1), 14 (1), 26)

The State party should consider amending the Equal Treatment Act, the Employment of Disabled Persons Act, the Equality of Disabled Persons Act and relevant Provincial laws, with a view to levelling up and ensuring equal substantive and procedural protection against discrimination with regard to all prohibited grounds of discrimination" (HRC 2007, 2f.; Hv. im Orig.).

Verbandsklagerecht

Das BGStG sieht auch die Möglichkeit einer Verbandsklage vor: Sofern "(...) die allgemeinen Interessen des durch dieses Gesetz geschützten Personenkreises wesentlich und dauerhaft beeinträchtigt sind" (BGStG § 13), kann die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine Klage auf Feststellung einer Diskriminierung aus dem Grund einer Behinderung einbringen. Dieses weitergehende Recht beschränkt sich allein auf eine Organisation in der Interessenvertretung behinderter Menschen und kann nur auf Empfehlung des Bundesbehindertenbeirats eingebracht werden. Zusätzlich erfordert die Beschlussfassung im Bundesbehindertenbeirat hier ein Konsensquorum von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen. Seit dem Jahr 2006 hat es noch keine Verbandsklage im Rahmen des Behindertengleichstellungsrechts gegeben.

Im Rahmen der Universal-Periodic-Review - UPR, einem neuen Monitoring-Mechanismus der UN, wird jedes Mitgliedsland periodisch alle vier Jahre auf die Menschenrechtssituation im Land sowie auf Fortschritte in der Umsetzung aller Konventionen hin überprüft (vgl. UPR Info 2010). Im Rahmen seiner Stellungnahme für die UPR weist der Klagsverband darauf hin, dass der Rechtsschutz vor Diskriminierung in Österreich lückenhaft ist, v.a. die Rechtsmittel nicht ausreichen würden und NGOs nicht genügend in den Menschenrechtsschutz von diskriminierten Personen eingebunden sind: "NGOs (...) cannot take class action in cases other than disability. Even in disability cases only one NGO is entitled to take class action. Still, the procedure is so complicated that there has not been a single action yet" (Klagsverband 2010, 3).

Das Behindertenrechtskonventionsforum führt die bisherige Unwirksamkeit des Rechtsschutzinstruments der Verbandsklage auf die Unterrepräsentation behinderter Menschen im Bundesbehindertenbeirat zurück:

"Die Erhebung einer Verbandsklage durch die ÖAR ist zwar grundsätzlich möglich, allerdings nur mit Zustimmung des Behindertenbeirates, welcher aus insgesamt 29 Mitgliedern besteht, von denen die meisten aus Parteien, Ministerien und Sozialpartnern und bloß sieben Mitglieder aus Organisationen von Menschen mit Behinderungen stammen. Bisher wurde von der Möglichkeit einer Verbandsklage daher noch nicht Gebrauch gemacht" (BKF 2010, 14).

6.5.5. Politische Partizipation und Einbeziehung von NGOs

Das Recht auf Teilhabe ohne Diskriminierung bezieht sich auch auf das politische und öffentliche Leben: Behinderte Menschen sollen wirksam und umfassend an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten mitwirken können, sowie sich in NGOs, Vereinigungen und Parteien beteiligen und diese Organisationen mitgestalten können. Insbesondere sieht die Konvention aber auch "(...) die Bildung von Organisationen von Menschen mit Behinderungen, die sie auf internationaler, nationaler, regionaler und lokaler Ebene vertreten, und den Beitritt zu solchen Organisationen" als Menschenrecht an (CRPD Art. 30). In den Allgemeinen Verpflichtungen des Abkommens garantieren die Vertragsstaaten bei Entscheidungsprozessen, die Menschen mit Behinderungen betreffen, enge Konsultationen mit den behinderten Menschen bzw. deren Organisationen (CRPD Art. 5 Abs. 3). Ein entsprechender Antrag im Tiroler Landtag, der die Entwicklung eines Maßnahmenplanes zur raschen Umsetzung der Konvention unter Einbeziehung von "(...) Tiroler Organisationen, die Rechte von Menschen mit Behinderungen vertreten" vorsah, wurde mehrheitlich abgelehnt (fritzklub 2010). Das BKF bestätigt am Beispiel der Steiermark, dass es auf Länderebene beharrliche Weigerungen gibt, behinderte Menschen in Gestaltungsprozesse einzubeziehen (BKF 2010, 11).

"Der Grundsatz, nicht zu diskriminieren, gebietet, dass alle gesellschaftspolitischen RepräsentantInnen an politischen Prozessen teilhaben können. Gemäß dem Prinzip der Inklusion muss Sorge getragen werden, dass Menschen und Gruppen, die historisch bzw. strukturell marginalisiert werden, pro-aktiv in Prozesse eingebunden werden, dazu gehören gerade auch Menschen mit Behinderungen." (Monitoringausschuss o.J.; Hv. im Orig.)

Ein Schlaglicht auf Partizipationsprozesse mag auch sein, dass es bereits bei der Erarbeitung des Gleichstellungspaketes auf Bundesebene in den Jahren vor 2006 erhebliche Kritik an der Art und Weise gab, wie die Behindertenorganisationen in die Gesetzwerdung eingebunden wurden bzw. wie sie vor der Endfassung auch wieder ausgeladen wurden (BKF 2010, 11). Zur Praxis der Konsultation behinderter Menschen in den österreichischen politischen Prozessen stellt das Behindertenrechtskonventionsforum fest, "(...) dass es zwar Bemühungen gibt, Menschen mit Behinderungen in die Gesetzgebung einzubeziehen, jedoch letztlich herrschende Machtverhältnisse, politische Strategien oder wirtschaftliche Interessen den Vorrang (...) behalten" (BKF 2010, 11).



[55] Neben der Verletzung des Selbstbestimmungsrechtes ist in totalen Institutionen, wie das Beispiel zeigt, auch davon auszugehen, dass das Recht auf Achtung der Privatsphäre verletzt wird (CRPD Art. 22).

[56] "Also the care workers - as Goffman famously described in the case of a mental health institutions - tend to become increasingly ,institutionalised' over time" (EC 2009, 8).

[57] a"Die Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen für pflegebedürftige Personen (Pflegevorsorgevereinbarung) enthält als wesentliches Ziel die Verpflichtung der Länder zum Auf- und Ausbau der sozialen Dienste bis zum Jahr 2010" (BMSG 2004, 93).

[58] Dieses "Recht auf Absonderung" findet sich in § 8 Abs (2) des Tiroler Rehabilitationsgesetzes unverändert seit 1983 folgendermaßen: "Die Hilfe zur Erziehung und Schulbildung umfasst insbesondere die Tragung der Kosten des Besuches von Sonderkindergärten und Sonderschulen, der Kosten für häuslichen Unterricht, wenn ein Schulbesuch nicht möglich oder nicht zweckmäßig ist, und der Kosten der Unterbringung in Heimen einschließlich der Fahrt- und Überstellungskosten" (TRG § 8 Abs. 2).

[59] Die vom Tizard-Centre der Universität Kent in allen EU Mitgliedsländern sowie der Türkei durchgeführte Studie ist die weitreichendste und damit wohl aussagekräftigste zum gegenwärtigen Zeitpunkt (Bulić/Parker 2009, 15).

[60] Die Eingangsfragen in den Interviews lauteten: "Sind Sie im Alltagsleben aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung eingeschränkt?" und "Haben Sie diese Beeinträchtigung schon länger als ein halbes Jahr?" (Leitner 2008, 1132)

[61] ses Bundesgesetz regelt den Umgang mit freiheitsbeschränkenden Maßnahmen für Einrichtungen der Alten- und Behindertenhilfe und Krankenanstalten. Ebenso wie im Behindertenbereich existiert auch im Bereich der Pflege eine föderale Aufsplitterung der Kompetenzlage: "Das HeimAufG stellt den Versuch dar, jenseits der einschlägigen Landeskompetenzen im Bereich der Alten- und Pflegepolitik verbindlich festzulegen, welche Maßnahmen als Freiheitsbeschränkung zu betrachten und wann sie gerechtfertigt sind" (Hofinger u.a. 2007, 11).

[62] Da die Studie zwischen Alten- oder Pflegeeinrichtungen und Behinderteneinrichtungen differenziert, sind in dieser Zahl behinderte Menschen, die in Alten- oder Pflegeeinrichtungen leben, nicht erfasst.

[63] Bezirk Lienz muss in dieser Betrachtung außer Acht gelassen werden, da ansonsten die Vergleichbarkeit mit der Studie von Hofinger u.a (2007) nicht mehr gegeben wäre. In jener wird aufgrund der Zuständigkeit unterschiedlicher BewohnerInnenvertretungen der Bezirk Lienz nämlich dem Land Kärnten zugerechnet. Insgesamt erhielten im Jahr 2006 in den acht Tiroler Bezirken -außer Osttirol - 7.197 Personen Leistungen aus dem TRG. Die Schätzung folgt allerdings der Annahme, dass einzelne LeistungsbezieherInnen nicht Maßnahmen verschiedener institutioneller Einrichtungen zeitgleich in Anspruch nehmen.

[64] Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Zahlen verlässlich sind, da es sich um Auskünfte der Institutionen handelt.

[65] Tirol 2006: Ausgaben € 2,3 Mio, 210 Personen; Oberösterreich 2007: Ausgaben € 2 Mio, 148 Personen; Kärnten: Ausgaben und Personenzahl nicht bekannt; Wien 2006: Ausgaben ca. € 2 Mio, max. 130 Personen (Mayerhofer/Sutterlüty 2008, 50); Die neueren Personenzahlen von Flieger (2009, 8) ergeben für Tirol 239, für Oberösterreich 169 und für Wien 105 LeistungsbezieherInnen. Die Bundesleistungen für die Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz beliefen sich im Jahr 2009 auf € 3,4 Mio, bei 308 LeistungsbezieherInnen (Bundessozialamt 2010, 17).

[66] Am deutlichsten können die Unterschiede im Outcome der verschiedenen Politiken für Kinder nachgewiesen werden. Kinder, die in Institutionen aufgewachsen sind - ob behindert oder nicht - haben im Erwachsenenalter ein erschreckend hohes Devianzrisiko (u.a. Alkohol- und Drogengefährdung, Kriminalität, Selbstmord). "By contrast, young adults who grew up in foster care tend to integrate into society without appreciable difficulties" (EC 2009, 11).

[67] ser Umstand hat seinen Grund darin, dass "(...) die personellen Ressourcen für die sonderpädagogische Unterrichtung den Bundesländern nicht nach der tatsächlichen Zahl der Kinder mit SPF, sondern für theoretisch festgelegte 2,7 % der Pflichtschüler/innen zugewiesen (werden)" (Feyerer 2009 a, 84). "Da die demografische Entwicklung eine weitere Abnahme der Pflichtschüler/innen erwarten lässt, ist eine Fortsetzung dieses Trends wahrscheinlich." Auch bezogen auf die Bundesländer ist die Verteilung der Ressourcen sehr unterschiedlich, denn aufgrund der unterschiedlichen SPF-Quoten in den Ländern, muss z.B. in Wien eine Planstelle auf 5 SchülerInnen verteilt werden, in der Steiermark nur auf drei (Feyerer 2009 a, 85).

[68] "Ziel der integrativen Berufsausbildung ist es, Jugendlichen mit persönlichen Vermittlungshindernissen den Eintritt in den Arbeitsmarkt auch dann zu ermöglichen, wenn ein regulärer Lehrabschluss nicht erreicht werden kann. So wird die Ausbildung entweder als eine Lehrausbildung mit einer um bis zu zwei Jahren verlängerten Lehrzeit gestaltet oder es werden im Rahmen einer Teilqualifizierung nur bestimmte Teile eines Berufsbildes erlernt" (BMSK 2009, 12).

[69] Werden nämlich zusätzlich zum Behindertenstatus "(...) noch die aus der Armutsforschung bekannten wichtigen Prädiktoren Geschlecht, Alter, Bildungsstatus, Beschäftigungsstatus und Haushaltsgröße berücksichtigt, so sinkt der Vorhersagebeitrag des Behindertenstatus." So liefern sowohl in der Gesamtstichprobe (13 Mitgliedsländer), "(...) als auch in den einzelnen Ländern vor allem die Prädiktoren Beschäftigungsstatus und Bildungsstatus mit Werten, die in der zu erwartenden Richtung liegen, substanzielle Beiträge zur Erklärung von Armut" (Maschke 2008, 102).

[70] Von Bernstorff (2007, 1045) beschreibt den historischen Hintergrund der Menschenrechtserklärung folgendermaßen: "Die Präambel der AEMR von 1948 bezieht sich in Abs. 2 auf diese ,dunkle Seite': ,Whereas disregard and contempt for human rights have resulted in barbarous acts which have outraged the conscience of mankind (...)."

[71] Einen Überblick über die Diskriminierungsverbote aufgrund von Behinderung in 47 verschiedenen Ländern bietet Degener (2005).

[72] Ein wesentlicher Anlass für die Erarbeitung eines Behindertengleichstellungsgesetzes war sicherlich die europäische Rahmenrichtlinie (2000/78/EG) zur Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (BMASK 2009, 86).

[73] Der Menschenrechtskommissar des Europarates bestätigt anlässlich seines Österreichbesuches die großen Differenzen zwischen den Bundesländern: "Darüber hinaus gibt es beträchtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern, was das Ausmaß des Schutzes vor Diskriminierung und den Zugang zu Waren und Dienstleistungen angeht. In einigen Bundesländern ist nur Schutz vor Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft gewährleistet, während andere Bundesländer Diskriminierung auch aus anderen Gründen, allerdings nicht einheitlich, regeln" (Hammarberg 2007).

[74] Auf ein Beispiel für eine sprachliche Diskriminierungen in Gesetzesdefinitionen wurde in Kapitel 5 hingewiesen.

[75] Die Wirksamkeit der Sanktion des Schadenersatzes wird vom Behindertenrechtskonventionsforum - BKF bezweifelt. Seit der Novellierung des BGStG im Jahre 2008 beträgt die Mindesthöhe für den immateriellen Schadenersatz bei einer Verletzung des Diskriminierungsverbots durch Belästigung € 720,- (BGStG § 9 Abs. 2). Dieser Mindestschadenersatz hat "(...) sich in der Praxis jedoch als viel zu gering und zu wenig abschreckend für Unternehmen herausgestellt (hat)" (BKF 2010, 13f.).

[76] Einige wesentliche Standpunkte zur Barrierefreiheit, mit Auffassungsunterschieden zwischen StaatenvertreterInnen und den NGOs, können dem Entstehungssprozess der CRPD entnommen werden (vgl. Schulze 2009a, 66ff.). Den Hinweis, dass die UN bei der progressiven Realisierung deutlich zwischen Entwicklungsländern und reichen Ländern differenziert, verdanke ich ebenfalls Marianne Schulze: "Die Vereinten Nationen sagen klipp und klar und deutlich, dass Staaten, die so reich sind wie Österreich, bei progressiver Realisierung zum Maximum gefordert sind. Und dass, wenn es nicht zu einer Priorisierung kommt, das im Prinzip einer Menschenrechtsverletzung gleichkommt" (Ladstätter 2010).

[77] Eine Datenbank von beinahe 100 Schlichtungsfällen ist zu finden unter Bizeps (o.J.). Etwa ein Drittel der Schlichtungsfälle blieb ohne Einigung, aber nur fünf der dokumentierten Fälle führten zu einer Klage vor Gericht (eig. Ber.).

7. Zusammenfassung der Ergebnisse und Fazit

Zu Beginn dieser Arbeit stand die These, dass aufgrund des neuen Menschenrechtsabkommens deutlicher Anpassungsbedarf in der österreichischen Behindertenpolitik besteht, sowohl was die paradigmatische Ausrichtung als auch die Zielsetzungen und konkreten Maßnahmen betrifft. Auf der Grundlage einer umfassenden theoretischen Auseinandersetzung wurde daher ein Analyseraster entwickelt, um die Behindertenpolitik in drei konkreten Lebensbereichen von behinderten Menschen in Österreich nicht nur näher zu beleuchten, sondern vor allem zu prüfen, ob sie der UN-Konvention entsprechen.

Das Recht auf Selbstbestimmung und auf Einbeziehung in die Gemeinschaft

Die Analyse in Abschnitt 6.3. hat gezeigt, dass in Österreich das Recht auf Einbeziehung behinderter Menschen in die Gemeinschaft nicht gewährleistet ist. Zu groß ist die Zahl von Frauen und Männern, die wesentliche Teile ihres Lebens in Einrichtungen der institutionellen Segregation verbringen, oft von Kindheit an. Die CRPD sieht vor, dass behinderte Menschen gleichberechtigt die Möglichkeit haben sollen zu entscheiden, wo und mit wem sie leben. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ist dieses Recht unterentwickelt. Ausgaben der Behindertenpolitik - v.a. die verschiedener Bundesländer - fließen zu großen Teilen in Maßnahmen, deren (versteckte) Zielsetzung die institutionelle Segregation ist.

Ein Systemwandel von den Systemen des institutionalisierten Wohnens hin zu gemeindenahen Unterstützungsleistungen - im Besonderen der Persönlichen Assistenz - ist noch nicht erkennbar. Während die Zielsetzung des Zusammenlebens behinderter und nichtbehinderter Menschen in älteren Policy-Papieren noch enthalten war, verschwindet diese in den letzten Jahren tendenziell. Mit der früher formulierten Sorge vor den negativen Effekten der Institutionalisierung verhält es sich ähnlich: Sie ist aus den Texten verschwunden. Besonders auffällig ist in dieser Hinsicht das Tiroler Behindertengesetz, welches die Zielsetzung der Institutionellen Segregation nicht versteckt, sondern offen deklariert.

Im Verhältnis zu den Gesamtausgaben der Behindertenhilfe sind die Ausgaben für das Unterstützungssystem der Persönlichen Assistenz marginal. Auch der allgemeinere Vergleich zwischen den Ausgaben für institutionelle Unterbringung und ambulante Unterstützung liefert das gleiche Ergebnis: Der weitaus höhere Teil der Ausgaben fließt in institutionelle Wohnformen.

Die Maßnahmen der institutionellen Wohnformen dienen dazu Menschen, die in der gängigen Normalitätsvorstellung als schwer- und mehrfach- oder geistig behindert kategorisiert und damitstigmatisiert werden, in Systemen der institutionellen Segregation zu versorgen. Um mit Link (2004) zu sprechen, werden diese Menschen am unteren Rand der Normalverteilung angesiedelt. Nach Drake (1999) entsprechen diese Maßnahmen dem Laissez-Faire Politikmodell, das die Bedürfnisse behinderter Menschen vernachlässigt.[78]

Die beschriebenen Sachverhalte stehen in klarem Widerspruch zu Art. 19 der Konvention. Der Outcome dieser partiellen Politik widerspricht auch Österreichs internationalen Deklarationen und ist - im Vergleich zur Ist-Situation in anderen europäischen Ländern[79]- nicht zu legitimieren. Da die Konvention auch die unterlassene Gewährleistung von angemessenen Vorkehrungen als Diskriminierung ansieht, müsste - um Konformität herzustellen - ein Politikwechsel von den traditionellen, institutionellen Strukturen hin zu gemeindenahen Unterstützungssystemen - einschließlich der Persönlichen Assistenz -eingeleitet werden.

Bildung

Das Recht auf inklusiven Unterricht ist in Österreich nicht gewährleistet. Wie anhand der Entwicklung der Segregationsquote im Schulbereich dargestellt wurde, kam es nach Implementierung der gesetzlichen Möglichkeit auf Integration sehr wohl zu systemverändernden Effekten. Spätestens seit 2004/05 ist diese Bewegung in Richtung integrativer Schule aber zum Stillstand gekommen. Die SchülerInnenzahl bleibt seither sowohl in den Integrationsklassen als auch in den Sonderschulen konstant. Die Ressourcen für den sonderpädagogischen Förderbedarf sinken aufgrund steigender SPF-Quoten. Im Gegensatz zu den offiziellen Bekundungen muss davon ausgegangen werden, dass es zu einer Verdoppelung der Systeme gekommen ist. Es ist nicht anzunehmen, dass der Prozess hin zu verstärkter Inklusion von selbst in Gang bleibt. Im Sinne des flexiblen Normalismus wird die Gruppe der ausgesonderten Personen relativ zur Gesamtbevölkerung größer und nicht kleiner. Die Anforderungen, die die Konvention in diesem Zusammenhang an Behindertenpolitik stellt, können in Österreich nur durch das Ergreifen von deutlich systemverändernden Maßnahmen im Bildungsbereich erreicht werden.

Auch für den Bildungsbereich lässt sich somit sagen, dass Menschen, die den gängigen Normalitätskriterien nicht entsprechen, ausgesondert werden. Auch dieser Bereich entspricht nach Drake dem Laissez-Faire Politikmodell.

Der Monitoringausschuss formuliert diesen Vorgang in seiner Stellungnahme zur Bildungsituation behinderter Menschen sehr deutlich:

"Integriert sind vor allem Volksschulkinder mit leichteren Behinderungen, Kinder in der Sekundarstufe I mit schwereren Behinderungen besuchen überwiegend die Sonderschule. Die Schulintegration endet per Gesetz derzeit nach der 8. Schulstufe" (Monitoringausschuss 2010, 1).

Die geringe Zahl behinderte Studierender an österreichischen Universitäten belegt die These, dass die Effekte der Sonderschule aussondernd und konsequent benachteiligend sind. Bildungsarmut verfestigt Stigmatisierungen und bewirkt existentielle Armut (vgl. Maschke 2008, 82ff.).

Die Frage der Umsetzungsverpflichtung ist im Bildungsbereich etwas anders gelagert als im Bereich des Rechts auf Selbstbestimmung und Einbeziehung. Wie in Abschnitt 3 gezeigt wurde ist wohl nur von einer Verpflichtung zur progressiven Realisierung auszugehen. Allerdings gilt auch hier, dass angemessene Vorkehrungen zu gewährleisten sind.

Antidiskriminierung, Barrierefreiheit und Partizipation

Zweifellos entstammen die neuen Maßnahmen der Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsgesetzgebung dem sozial-politischen Modell von Behinderung. Sie entsprechen dem Typus des citizenship nach Drake (1999) und der partizipationsorientierten Behindertenpolitik nach Maschke (2008). Insofern können Konventionswidrigkeiten nicht unmittelbar festgestellt werden. Es kann nur die Wirksamkeit der Maßnahmen anhand der partizipatorischen Zielsetzung überprüft werden

Da die Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsrechte in Österreich erst eine relativ kurze Geschichte haben, standen für die Analyse kaum Daten über die Ergebnisse dieser Komponente des Systems der Behindertenpolitik zur Verfügung. Die Maßnahmen statten behinderte Menschen mit neuen Bürger- bzw. Menschenrechten aus. Verschiedene Stimmen drängen darauf, ihre Durchsetzbarkeit weiter zu stärken; andere zeigen sich angetan vom neuen außergerichtlichen Verfahren.

Die durchgeführte Analyse bekräftigt die Zweifel, inwieweit das verpflichtende außergerichtliche Schlichtungsverfahren den einschlägigen Antidiskriminierungsschutz der verbrieften Menschenrechte gewährleistet. Die auffällig geringe Zahl von Klagen aus Gründen der Diskriminierung sowie das bislang nicht genutzte Verbandsklagerecht sprechen für diese Interpretation.

Dass citizenship in Österreichs behindertenpolitischem System ausreichend entwickelt ist, muss aufgrund der erwähnten Beispiele über den mangelnden Abbau bzw. die Neuerrichtung von Barrieren bezweifelt werden. Auch die politische Partizipation behinderter Menschen ist - wie gezeigt wurde - noch nicht ausreichend abgesichert.

Im Bezug auf Barrierefreiheit und die damit zusammenhängende Bereitstellung angemessener Vorkehrungen wurde in Abschnitt 6.5.4. gezeigt, dass das Behindertengleichstellungsrecht das Prinzip der progressiven Realisierung bereits vor Entstehung der Konvention beinhaltet hat. Österreichs Gleichstellungsrecht verhindert stattdessen, dass unverhältnismässigen Belastungen entstehen. Ob die Neuerrichtung von Barrieren, bzw. sogar der Erlass von neuen Gesetzen, die Barrierefreiheit eindeutig verhindern, dem Prinzip der angemessenen Vorkehrungen entspricht, ist mehr als zweifelhaft.

Da die CRPD die Verpflichtung zur sofortigen Umsetzung des Rechts auf Nichtdiskriminierung vorsieht, ist jedenfalls auch für den Abbau von Barrieren Verbesserungsbedarf zu konstatieren.[80]

7.1. Differenz zwischen Programmatik und Ist-Situation

Vergleicht man die offizielle Programmatik der Politik mit der dargestellten Ist-Situation, zeigen sich unintendierte Effekte (vgl. Maschke 2008, 57). In Anwendung des flexibel-normalistischen Konzepts könnte man hingegen sagen, dass Behindertenpolitik einerseits behinderten Menschen, die sie für normalisierbar hält, Maßnahmen in vielfältiger Art und Weise zukommen lässt. Dies würde Drakes maximalen Politikmodell nahekommen. Andererseits werden Menschen, die unter Verwendung der verschiedenen, geltenden Behinderungsdefinitionen als schwer- und mehrfach- oder geistig behindert kategorisiert und stigmatisiert werden, in Systeme der institutionellen Segregation ausgelagert. Diese Menschen werden am unteren Rand der Normalverteilung angeordnet (Link 2004).

Tatsächlich entspricht Österreichs Behindertenpolitik somit am ehesten dem Patchwork-Modell, mit einzelnen Aspekten des sozial- oder Rechte-basierten Modells, aber auch deutlichen Aspekten der Vernachlässigung und Segregation. Die Maßnahmen der institutionellen Segregation entsprechen eindeutig dem medizinischen Modell von Behinderung und stehen in Widerspruch zu den Grundprinzipien der CRPD.

7.2. Strukturelle und föderale Dimension

Eine strukturelle Problematik des Querschnittthemas Behindertenpolitik ist, dass es über die verschiedenen Policy-Felder hinweg keine einheitliche Definition von Behinderung gibt, sondern verschiedenste Systeme der Kategorisierung und Klassifikation. Diese Schwierigkeit, über die Teilbereiche hinweg zu einheitlichen Definitionen zu gelangen, stellt kein österreichisches Spezifikum dar. Die komplexe Struktur gemeinsamer und getrennter Kompetenzen zwischen verschiedenen Ministerien, den Ländern und den Sozialversicherungsträgern verstärkt aber die Unübersichtlichkeit des gesamten Systems. Sicherlich muss man annehmen, dass diese Unübersichtlichkeit der österreichischen Behindertenpolitik unerwünschte Struktureffekte produziert.

Die inhärente Schwierigkeit der verschiedenen Behinderungsdefinitionen wird in Österreich noch durch die föderale Kompetenzverteilung erschwert. Es wurde nachgewiesen, dass Bund und Länder - aber auch die Bundesländer untereinander - unterschiedliche Zielsetzungen verfolgen.

Diese von einander abweichenden Zielsetzungen führen zu widersprüchlichen Effekten und Ergebnissen. So ist z.B. die institutionelle Segregation in Behindertenheimen und Sonderschulen Landeskompetenz, während die anschließende berufliche Wiedereinglie-derung v.a. in Bundeszuständigkeit liegt. Behinderte Kinder werden daher vielfach (in einzelnen Bundesländern) während ihrer ganzen Schulzeit segregiert, um anschließend durch Rehabilitationsmaßnahmen des Bundes wieder in Beschäftigungsverhältnisse (re-)integriert zu werden.

Datenlage

"As a result of the Austrian federal system and competence regulations in the Social Care sector data collection competence is decentralised and on the level of the Federal States (Bundesländer). There is no systematic and coordinated system of data collection and statistical reporting in the field of disability services for Austria. The collection of data is practised according to different categorial systems" (Mansell u.a. 2007a, 3).

Artikel 31 der CRPD verpflichtet die Vertragsstaaten zur Sammlung von geeigneten statistischen und Forschungsdaten, die es ihnen ermöglichen sollen, politische Konzepte zur Umsetzung der aus der Konvention entstandenen Verpflichtungen, zu entwickeln. Insbesondere was die Situation behinderter Menschen in Institutionen betrifft, muss festgestellt werden, dass es nicht möglich ist auf Basis der vorhanden Länderberichte festzustellen, wieviele Menschen in stationären Einrichtungen leben. Die Fallzahlen konnten nur geschätzt werden. Es gibt keinerlei Forschungsergebnisse über die Lebenssituation behinderter Menschen in den Maßnahmen der institutionellen Segregation.[81]Wenn Menschen nicht einmal gezählt werden und auch im Mikrozensus nicht vorkommen, veranlasst speziell dieses Ergebnis zur Sorge über die Menschenrechtssituation in den Einrichtungen. Die fehlenden Daten stellen keinen Beleg dar für Menschenrechtsverletzungen, jedoch erleichtern/ermöglichen sie potentielle Menschenrechtsverletzungen. Hier besteht dringender und sofortiger Handlungsbedarf.

7.3. Fazit

In den zwei Teilbereichen Selbstbestimmt Leben (Art. 19 CRPD) und Bildung (Art. 24 CRPD), konnten deutliche Konventionswidrigkeiten festgestellt werden, da sich Österreichs Behindertenpolitik noch zu sehr am medizinischen Modell und an den Maßnahmen der Segregation orientiert. Im dritten Teilbereich Nichtdiskriminierung (Art. 5 CRPD) sollten der Diskriminierungsschutz gestärkt und vermehrt Maßnahmen in Richtung zunehmender Barrierefreiheit gesetzt werden.

Ein tatsächlicher Strategiewechsel hin zu partizipatorischer Behindertenpolitik wird durch die föderale Struktur des behindertenpolitischen Systems in Österreich zumindest gebremst. Während eine partizipatorische Strategie am ehesten auf Bundesebene zu erkennen ist, verfolgen die Länder einerseits deutlich unterschiedliche Zielsetzungen und andererseits praktizieren sie stärker als der Bund kompensierende bzw. segregierende Maßnahmen, die dem medizinischen Modell von Behinderung entstammen.

"Die Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten ohne Einschränkung oder Ausnahme für alle Teile eines Bundesstaates" (CRPD Art. 4 Abs. 5). In Österreich entscheidet die Zufälligkeit des Wohnortes darüber, welche Zielsetzungen in der Behindertenhilfe verfolgt werden und inwieweit die Menschenrechte von Frauen, Männern und Kindern mit Behinderung geachtet werden.

Die Datensituation über die Behindertenhilfe bzw. die Situation behinderter Menschen in Österreich ist mehr als unbefriedigend. Es existiert keine länderübergreifende Systematik, die Vergleichbarkeit erzeugt. Was die Lebens- bzw. die Menschenrechtssituation von Frauen, Männern und Kindern in den Institutionen der Behindertenhilfe betrifft, besteht daher dringender Bedarf an weiterführenden Untersuchungen.



[78] Maschke subsumiert die Segregation zwar unter den kompensationsorientierten Politik-Typus. Dieser Einordnung kann hier jedoch nicht gefolgt werden.

[79] Insbesondere zu den ausgebauten Unterstützungssystem der Persönlichen Assistenz in Schweden vgl. Abschnitt 6.3.5.

[80] Zur Frage inwieweit diese unmittelbare Umsetzungsverpflichtung sich auch auf den Abbau von Barrieren bezieht, vgl. insbesondere Kapitel 6.5.3.

[81] vgl. hierzu Abschnitt 6.3.

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EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig angefertigt habe. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen

Gedanken sind als solche kenntlich gemacht.

Die Arbeit wurde bisher weder in gleicher noch in ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht.

Innsbruck, September 2010

Quelle:

Hubert Stockner: Österreichische Behindertenpolitik im Lichte der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades eines Magisters der Philosophie eingereicht bei Herrn ao.Univ.-Prof. DDr. Günther Pallaver, Institut für Politikwissenschaft, Fakultät für Politikwissenschaft und Soziologie der Universität Innsbruck

bidok - Volltextbibliothek: Erstveröffentlichung im Internet

Stand: 29.06.2011

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