"Nichts über uns ohne uns"

Informationen über den zukünftigen Arbeitsplatz aus Sicht von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung im Sinne des Betroffenen-Mainstreamings

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Bericht
Releaseinfo: Medieninhaber und Herausgeber: Arbeitsmarktservice Österreich - Bundesgeschäftsstelle; ABI/Arbeitsmarktforschung und Berufsinformation; Mag.a Karin Hackensöllner-Ali, Mag.a Bettina Huber; Projektdurchführung queraum. kultur- und sozialforschung
Copyright: © AMS Österreich 2011

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

Inhaltsverzeichnis

Eine Fülle von Studien zeigt, dass Menschen mit Beeinträchtigungen erhöhten Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt ausgesetzt sind. Dabei ergeben sich speziell Probleme an biografischen Übergängen, insbesondere am Übergang Schule-Beruf, beim (Wieder-) Einstieg aus arbeitsmarktpolitischen Unterstützungsmaßnahmen bzw. Werkstätten[1] sowie beim Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt nach längeren Phasen der beruflichen Inaktivität. Neben einer adäquaten personellen und finanziellen Unterstützung können zielgruppenspezifische Informationen über den zukünftigen Arbeitsplatz bzw. mögliche Berufsfelder für Menschen mit Behinderungen (im speziellen Menschen mit einer Lern- bzw. geistigen Behinderung) als wichtiger Baustein für die Integration in den ersten Arbeitsmarkt sowie die Erhaltung des Arbeitsplatzes gesehen werden.

Ausgangspunkt unseres Forschungsprojektes war der AMS-Leitfaden zur Berufsfindung von Personen mit einer Lern- oder geistigen Behinderung Berufsbeschreibungen: 117 einfache Hilfs- und Anlernberufe. Er beschreibt eine Vielzahl von Berufen, welche von Fachleuten FÜR Menschen mit Beeinträchtigungen als passend bewertet worden sind. Genau jener Tendenz möchte der Ansatz des Betroffenen-Mainstreamings entgegenwirken, wonach Betroffene in sämtliche Planungs- und Entscheidungsschritte von Maßnahmen oder Angeboten, die ihr Leben betreffen, einzubeziehen sind (vgl. Brandl, Krög & Finding 2007). Um Informationen der Zielgruppe entsprechend gestalten zu können, ist es demnach nicht nur wichtig, die Sichtweise VON Menschen mit Beeinträchtigungen zu berücksichtigen, sondern ihre Beteiligung auch darüber hinaus zu gewährleisten.

Das Forschungsprojekt möchte diese Lücke schließen und mit diesem Bericht eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für die Erstellung einer Broschüre liefern, die sowohl die Expertise der Fachleute als auch jene der betroffenen Menschen mit Beeinträchtigungen berücksichtigt und diese gleichzeitig aktiv in den Forschungsprozess einbindet. Dafür wurde methodisch auf den Ansatz der partizipatorischen Forschung zurückgegriffen und im Rahmen des Projektes eine Referenzgruppe von ExpertInnen mit intellektueller Beeinträchtigung installiert, die als Ko-ForscherInnen an wesentlichen Forschungstätigkeiten im Projekt beteiligt waren.[2]

Aufbau dieses Berichts

Im ersten Kapitel wird der Fokus auf den theoretischen Hintergrund sowie den aktuellen Forschungsstand gelegt. Dazu wird zunächst die dem Bericht zugrundeliegende "bio-psycho-soziale" Vorstellung von Behinderung vorgestellt sowie weitere zentrale Begrifflichkeiten, wie etwa "intellektuelle Beeinträchtigung", erläutert. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Benennung von Barrieren und Schwierigkeiten, mit denen Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung auf dem Weg zum allgemeinen Arbeitsmarkt konfrontiert sind sowie auf der Bedeutung von beruflicher Information und Orientierung für diese Zielgruppe.

Das zweite Kapitel beschreibt das Forschungsdesign dieser Untersuchung. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Darstellung der methodischen Elemente der Studie, wie dem partizipatorischen Forschungsansatz sowie der Beschreibung der Umsetzung der Forschung. Das dritte Kapitel stellt die im Rahmen von Referenzgruppentreffen, Fokusgruppen und Interviews gewonnenen Ergebnisse der Untersuchung ausführlich dar. Im abschließenden Kapitel werden die Ergebnisse mit Fokus auf die forschungsleitenden Fragestellungen zusammengefasst sowie Empfehlungen für die Gestaltung von Informationen und möglichen Maßnahmen zur Verbesserung der Chancengleichheit für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung auf dem Weg in den allgemeinen Arbeitsmarkt gegeben.



[1] Als Werkstätten (für behinderte Menschen) werden in diesem Bericht die unterschiedlichen Ausprägungsformen von Ersatzarbeitsmarktstrukturen bezeichnet. Da diese in den neun österreichischen Bundesländern unterschiedlich geregelt sind und jeweils spezifischen Landesgesetzen unterstehen, koexistiert in Österreich eine Fülle von Bezeichnungen wie etwa Förderwerkstätte, Fachwerkstätte, Fähigkeitsorientiere Aktivität, Tagesstruktur, Geschützte Arbeit oder Beschäftigungstherapie (vgl. Koenig 2010b, 31)

[2] Dazu zählten die Beteiligung bei der Entwicklung der Erhebungsinstrumente, der Durchführung von Interviews und Fokusgruppen mit Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung sowie anderer ExpertInnen und der Auswertung des Datenmaterials.

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Was ist Behinderung?

Wie die Weltgesundheitsorganisation WHO 2011 im Rahmen des ersten World Report on Disability (Welt-Bericht über Behinderung) feststellt, kann Behinderung seit geraumer Zeit nicht mehr als Minderheiten- oder Randgruppenthema aufgefasst werden. Demnach sind weltweit mehr als eine Milliarde Menschen in unterschiedlichem Ausmaß direkt von Behinderung betroffen. Darüber hinaus hat fast jeder Mensch auf indirektem Weg über seine Familie oder über Bekannte Kontakt zu einem Menschen mit Behinderung. Dies belegen auch vorhandene Daten aus Österreich. So wurden im Jahr 2007 von der Statistik Austria im Rahmen der jährlichen EU-SILC (Statistics on Income and Living Conditions) Umfragen einer repräsentativen Stichprobe (8.195 Personen) Zusatzfragen zur subjektiven Einschätzung von Beeinträchtigung gestellt. Demnach fühlen sich etwa 20 % der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter durch im weiteren Sinne chronische Beeinträchtigungen körperlicher, psychischer, sensorischer oder kognitiver Natur zumindest in einigen Lebensbereichen subjektiv eingeschränkt (vgl. Leitner 2008). Ungefähr 85.000 Personen (1 % der Bevölkerung) haben dauerhafte kognitive Einschränkungen (vgl. Koenig 2009).

Abbildung 1: Dauerhafte Beeinträchtigungen nach Art der Beeinträchtigung (Leitner 2008)

Behindertenpolitik ist in Österreich gemäß der Vorgaben der Europäischen Union eine Querschnittsmaterie (Mainstreaming). Aus diesem Grund existieren unterschiedliche Begriffsdefinitionen der einzelnen politischen AkteurInnen, in denen die Anerkennung eines Behinderungs- bzw. Beeinträchtigungsstatus zumeist in Zusammenhang mit der Gewährung unterschiedlicher sozialpolitischer Leistungen stehen. Auf ihrer Webseite listet die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR: http://www.oear.or.at/barrierefrei-gestalten/barrierefreie-kommunikation/zahlen-undfakten) die folgenden statistischen Zahlen und Fakten auf:

Tabelle 1: Annäherungswerte an die Anzahl von Menschen mit Beeinträchtigungen in Österreich (ÖAR 2011)

PflegegeldbezieherInnen nach dem Bundespflegegeldgesetz

347.805

PflegegeldbezieherInnen nach den Landespflegegeldgesetzen

58.958

BesitzerInnen eines Behindertenpasses

250.000

BezieherInnen der erhöhten Familienbeihilfe

68.000

SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (Schuljahr 2009/10)

27.757

Begünstige Behinderte nach dem Bundesbehinderteneinstellungsgesetz

94.426

NutzerInnen von Werkstätten (2008)

ca. 20.000

Die angeführten Zahlen liefern jeweils taxative Auflistungen von als beeinträchtigt definierten Gruppen und stellen in Summe lediglich Annäherungswerte an eine Einschätzung der Anzahl von Menschen mit Behinderungen in Österreich dar.

Parallel zu der auch demografisch bedingten Steigerung der Anzahl von Menschen mit Beeinträchtigungen hat sich seit den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts, getragen durch die internationale Behindertenrechtsbewegung in Zusammenarbeit mit ForscherInnen aus den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften, ein neues Verständnis von Behinderung durchgesetzt. Dieses betrachtet Behinderung nicht mehr als individuelles Defizit oder Eigenschaft einer Person (medizinisches oder individuelles Modell von Behinderung), sondern sieht Menschen mit einer wahrgenommenen Beeinträchtigung als durch sozial konstruierte Barrieren be-hindert an (soziales Modell von Behinderung). Die zentrale Unterscheidung beruht auf der spachlichen und bedeutungsmäßigen Trennung der beiden Phänomene "Beeinträchtigung" (Impairment) und "Behinderung" (Disability). Eine Beeinträchtigung bezeichnet dabei eine zumeist lang oder dauerhaft anhaltende Funktionseinschränkung physischer, mentaler, sensorischer oder psychosozialer Genese, die von der Gesellschaft entsprechend wahrgenommen werden kann. Unter "Behinderung" versteht man die aus den Reaktionen der Gesellschaft resultierenden Nachteile oder Handlungsbeschränkungen, die als unterschiedliche Barrieren eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft erschweren. Behinderung stellt demnach, vergleichbar dem Rassismus oder dem Sexismus, eine Form von Diskriminierung und Ungleichbehandlung dar (vgl. Goodley 2011). Das soziale Modell wurde von Menschen mit Beeinträchtigung entwickelt, um gesellschaftliche Diskriminierung und Barrieren aufzudecken. In diesem Verständnis ist es nicht mehr der Mensch mit einer Beeinträchtigung, der ein Problem hat, das mit therapeutischen und/oder rehabilitativen Maßnahmen beseitigt oder gemildert werden soll, sondern es ist die Gesellschaft, die Menschen mit einer wahrgenommenen Beeinträchtigung ausgrenzt. Wissenschaftliche Analysen innerhalb des sozialen Modells haben vielfältige Missstände offengelegt und die historisch gewachsene Natur ablehnender Einstellungen gegenüber Menschen mit Beeinträchtigung aufgezeigt. VertreterInnen des sozialen Modells treten bewusst für einen positiven Wandel ein, wenden sich gegen eine Bemitleidung ihres Zustandes, fordern mehr Rücksichtnahme und - als Menschenrecht - den Abbau von Barrieren. Auch der bereits angesprochene WHO-Report stellt im Zusammenhang mit dem sozialen Modell fest, dass weltweit Menschen mit Beeinträchtigungen[3] einen erschwerten und nicht gleichberechtigten Zugang zu Gesundheits- und sozialen Diensten, Erziehung und Bildung sowie, im Kontext dieses Berichtes besonders relevant, Beschäftigungs- und Arbeitsmöglichkeiten haben, was zur Aufrechterhaltung der Ungleichheiten zwischen Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen führt.

Das individuelle und das soziale Modell von Behinderung werden oft als dichotome, sich gegenseitig ausschließende Betrachtungsweisen gesehen. Behinderung sollte jedoch immer als Zusammenspiel von biologischen, psychischen und sozialen Faktoren beschrieben werden. Ein derartiges "bio-psycho-soziales" Verständnis von Behinderung wurde ebenfalls durch die WHO in der Internationalen Klassifikation von Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) im Jahr 2001 vorgelegt. Behinderung ist nach der ICF ein Oberbegriff für Schädigungen oder Beeinträchtigungen auf den Ebenen der Körperstrukturen (Körperteile wie Organe und Gliedmaßen) und Körperfunktionen (z.B. Wahrnehmung, Sprache, Stoffwechsel), der Ebene der Aktivitäten (Durchführung einer Aufgabe oder Handlung wie Lernen oder Kommunizieren) und der Ebene der Teilhabe (das Einbezogensein in die verschiedenen Lebensbereiche, wie etwa soziale Beziehungen, Mobilität, Arbeit und Beschäftigung, Bildung, Rechte). Diese drei Ebenen beeinflussen sich wechselseitig und stehen in Abhängigkeit von Kontextfaktoren, womit der gesamte Lebenshintergrund einer Person gemeint ist. Kontextfaktoren umfassen zum einen Umweltfaktoren (wie soziale Beziehungen, Unterstützungen, Technologien) und zum anderen persönliche Voraussetzungen (wie Alter, Geschlecht, Bewältigungsstrategien und Lebensstil). Behinderung ist nach diesem Modell das Ergebnis der negativen Wechselwirkung einer Person, ihrem Gesundheitsproblem und den Umweltfaktoren und entsteht folglich immer dann, wenn eine unzureichende Passung zwischen einer Person und den Umweltfaktoren vorliegt. Als eines der wichtigsten Konzepte sieht die ICF Teilhabe (Partizipation). Darunter werden das Eingebunden- bzw. Einbezogensein einer Person in die unterschiedlichen Lebensbereiche sowie das Einnehmen bzw. die Entfaltung damit einhergehender gesellschaftlich anerkannter Rollen verstanden. Demnach bedeutet Teilhabe, unabhängig von individuellen Einschränkungen und Beeinträchtigungen, Zugang zu unterschiedlichen Erfahrungswelten zu haben (vgl. DIMDI 2005).

Abbildung 2: Die Komponenten der ICF und ihre Wechselwirkungen (DIMDI 2005)

2.2 Behinderung als Menschenrechtsthema

Mit dem beschriebenen Perspektivenwechsel von individuellen Defiziten hin zu einem Fokus auf die Barrieren, welche Menschen an der vollen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft be-hindern, sowie deren Wechselwirkungen mit individuellen Voraussetzungen, ist das Thema Behinderung zentral zu einer Frage von Menschenrechten geworden. Dies wurde durch die Verabschiedung und Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UN-Konvention), als die umfangreichste gesetzliche verbindliche Darlegung der bürgerlichen, kulturellen, politischen, sozialen und ökonomischen Rechte von Menschen mit einer Behinderung zusätzlich verstärkt und international befördert. Auch der UN-Konvention liegt eine soziale und relationale (d.h. bio-psycho-soziale) Betrachtungsweise von Behinderung zugrunde. So heißt es in der Präambel, "dass das Verständnis von Behinderung sich ständig weiterentwickelt und dass Behinderung aus der Wechselwirkung zwischen Menschen mit Beeinträchtigungen und einstellungs- und umweltbedingten Barrieren entsteht, die sie an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern." (UN-Konvention 2006).

Das Ziel der Konvention war es nicht, neue Rechte zu schaffen, sondern durch die Anwendung von Antidiskriminierungsregelungen sicherzustellen, dass alle existierenden Rechte für Menschen mit Behinderung zugänglich sind (Quinn 2009, 247). Die in Artikel 3 der Konvention enthaltenen Grundsätze - "die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit" - halten der Gesellschaft gleichsam einen Spiegel vor. Die Konvention zwingt uns dadurch, die große Lücke zwischen diesen, für unser aller Leben geltenden Werten und den realen Lebensbedingungen von Menschen mit Beeinträchtigungen zu sehen, wodurch die Konvention letztlich erst notwendig wurde. So bekennt sich auch Österreich in Folge der einstimmigen Ratifizierung der UN-Konvention durch das österreichische Parlament am 26.09.2008 zu der in der UN-Konvention dargelegten Anerkennung von Rechten für Menschen mit Behinderungen.

In dem für den Bereich Arbeit und Beschäftigung relevanten Artikel 27 heißt es in Absatz (1): "Die Vertragsstaaten anerkennen das gleiche Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit; dies beinhaltet das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die in einem offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen Arbeitsmarkt und Arbeitsumfeld frei gewählt oder angenommen wird." In Abschnitt (d) werden weitere für diese Untersuchung wesentliche Spezifikationen gemacht. Demnach muss sichergestellt werden, dass "Menschen mit Behinderungen wirksamen Zugang zu allgemeinen fachlichen und beruflichen Beratungsprogrammen, Stellenvermittlung sowie Berufsausbildung und Weiterbildung" erhalten.

2.3 Was ist intellektuelle Beeinträchtigung?

Wir verwenden in diesem Bericht die Bezeichnung "intellektuelle Beeinträchtigung" in Abgrenzung zu den in Europa vielerorts noch weitverbreiteten Begriffen wie "geistige Behinderung", "geistige Entwicklungsverzögerung" oder "Lernbehinderung" (vgl. Lindmeier & Lindmeier 2006). Nach Speck (2005, 47) drückt "geistige Behinderung" "ein Defizit, etwas Negatives, ein Manko, ein Handicap aus, noch dazu eines, das gesellschaftlich erheblich stigmatisiert, nämlich eine intellektuelle Unzulänglichkeit." (Speck 2005, 47). Theunissen (2005,12) attestiert, dass der Begriff "geistige Behinderung" keinen objektiven Tatbestand bezeichnet, sondern vielmehr ein soziales Zuschreibungskriterium sowie ein subjektives Werturteil darstellt, weswegen es sinnvoller wäre, nicht von geistig behinderten Menschen, sondern von Kindern, Jugendlichen bzw. Erwachsenen zu sprechen, die als geistig behindert bezeichnet (etikettiert) werden. So kann auch die modernere Bezeichnung "Menschen mit geistiger Behinderung" in diesem Sinne kritisiert werden, da sie auf subtile Art die Vorstellung suggeriert, dass die Behinderung einem Menschen anhafte.

Dass die Bezeichnung "geistige Behinderung" zudem von Betroffenen als diskriminierend angesehen wird, bringt Josef Ströbl, ein Vertreter der internationalen People First Bewegung[4], zum Ausdruck: "Früher hat man uns viele Namen gegeben: Irre, Idioten, Geisteskranke oder Schwachsinnige. Diese Wörter sind sehr schlimm. Sie machen uns schlecht. Später hat man uns den Namen geistig Behinderte gegeben. Man hat gemeint, der Name ist besser als die anderen Wörter. Wir von People First finden, dass die Wörter geistige Behinderung uns auch schlecht machen. Sie passen nicht dazu, wie wir uns selbst sehen. Der Geist ist etwas Besonderes. Er kann nicht krank sein. Bei den Worten geistig behindert denken viele Menschen, dass wir dumm sind und nichts lernen können. Das stimmt nicht." (Ströbl 2006, 243).

Internationalen Definitionen folgend, ist intellektuelle Beeinträchtigung nach Weber & Rojahn (2009) von einem Mangel an kognitiven Fähigkeiten sowie von verringertem sozial-adaptiven Handlungsvermögen gekennzeichnet. Um eine intellektuelle Beeinträchtigung von ähnlichen Zustandsbildern, wie z. B. der Altersdemenz abzugrenzen, wird eine intellektuelle Beeinträchtigung, insbesondere in relevanten Gesetzestexten, als zeitlich dauerhafter Zustand mit einem erstmaligen Eintreten vor dem Erwachsenenalter definiert.

In der Wahl des Begriffs "Beeinträchtigung" statt Behinderung soll sich die bereits angeführte Unterscheidung zwischen einer, durch eine Einschränkung von Körperfunktionen dargelegten individuellen Ausgangslage (Beeinträchtigung) und einer unzureichenden Passung mit relevanten Umweltfaktoren und einer dadurch eingeschränkten sozialen und gesellschaftlichen Teilhabe (Behinderung) ausdrücken. Dies wird auch in der Definition von intellektueller Beeinträchtigung im WHO-Report (2011, 305) deutlich: "a state of arrested or incomplete development of mind, which means that the person can have difficulties understanding, learning, and remembering new things, and in applying that learning to new situations."

Anhaltende intellektuelle Schwierigkeiten beeinflussen natürlich die Art und Weise wie Menschen leben bzw., noch weitreichender, welche Lebenschancen ihnen durch ihre Umwelt zugestanden werden. Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung haben zumeist einen festgestellten Bedarf an begleitender Unterstützung in den unterschiedlichen Lebensphasen. Gleichzeitig nehmen Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung eine gesellschaftlich niedrig bewertete Position ein. Begriffe wie geistige Behinderung lösen in der Bevölkerung bestimmte negative Assoziationen wie naiv, kindlich, freundlich, abhängig bzw. unberechenbar hervor. Wie Schuppener (2011, 213ff.) darlegt, bringt die Zugehörigkeit zu der Gruppe von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung spezifische biografische Behinderungs-Erfahrungen mit sich. So ist dieser Personenkreis in seinem Lebensverlauf einem stark erhöhten Fremdbestimmungspotenzial ausgesetzt, welches sich durch Überbehütungstendenzen von Eltern sowie vor allem durch institutionell eingeschränkte Entscheidungsmöglichkeiten ausdrückt. Die Biografie ist zudem durch vielfältige Ablehnungserfahrungen geprägt. Häufig vorfindbare schwierige soziale Lebenslagen können in vielen Fällen Ausgrenzungserfahrungen produzieren und verstärken. Der Sonderstatus der Gruppe verursacht verschiedenste Schonraumerfahrungen, welche zentral durch den Besuch von Sondereinrichtungen (Sonderschule, Werkstatt) und den damit verbundenen Exklusionsprozessen bedingt sind. In diesen Einrichtungen machen viele Jugendliche und Erwachsene Erfahrungen der Über- oder Unterforderung. Ein nicht unbeträchtlicher Anteil von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung unterliegt verstärkt Erfahrungen gleichgeschlechtlicher Behandlung, da behinderte Menschen oft als geschlechtslos wahrgenommen werden. Am schwerwiegendsten für viele Betroffene sind allerdings wohl Erfahrungen des Nicht-verstanden und Nicht-ernst-genommen-werdens. In dieser unvollständigen Auflistung zeigt sich die vielfältige unzureichende Passung zwischen den Bedürfnissen von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung und ihrer Umwelt.

Jedoch stellen auch Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung keine homogene Gruppe dar. Wie Williams (2011) anmerkt, kann ihre Gruppierung unter dem Deckmantel ihrer Beeinträchtigung als ein spezifisches kulturelles Phänomen bewertet werden. Innerhalb der vermeintlich homogenen Gruppe von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung gibt es eine große Bandbreite an funktionalen und kognitiven Ausprägungen. Auf der einen Seite befinden sich Menschen, die eine für die Umwelt schwer entschlüsselbare Sprache als Kommunikationsmedium verwenden oder überhaupt nicht mit ihrer Umgebung kommunizieren können. Hinzu kommen in einigen Fällen zusätzliche komplexe Sinnes- oder physische Beeinträchtigungen. Andere Personen wiederum zeigen Verhaltensweisen, welche für ihre Umwelt zur Herausforderung werden können. Der Begriff intellektuelle Beeinträchtigung bezeichnet aber auch eine vermutlich weit größere Gruppe an Individuen, welche relativ unabhängig leben können und mit Unterstützung in der Lage sind, viele Anforderungen des täglichen Lebens zu meistern.

Wie kaum eine andere Gruppe sind Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung sozialen, gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen ausgesetzt. Wir befinden uns, wie vielerorts skizziert, in einem Wettbewerbs-, Globalisierungs- und Informationszeitalter, in dem die Anforderungen an das Individuum nach Flexibilität, Reflexion sowie Wahl und Konsumsouveränität steigen. Gleichzeitig beginnen gesellschaftlich haltgebende Strukturen und Prozesse zunehmend zu erodieren, wofür Beck (1986) den Begriff der "Risikogesellschaft" geprägt hat. Diese Risikogesellschaft birgt für einige Menschen Chancen, sich reflexiv und eigenständig zwischen vormals sozial festgelegten Rollen (z.B. ArbeiterIn, Bauer/Bäuerin) zu entscheiden, schafft für eine immer größer werdende Gruppe aber Schwierigkeiten und Risiken. In einer Gesellschaft, in der zunehmend die intellektuellen Fähigkeiten von Menschen gewürdigt werden, müssen wie Dowse (2009) feststellt, neben vielen anderen in diesem Prozess sozial marginalisierten Gruppen, insbesondere jene Menschen, bei denen gerade intellektuelle Fähigkeiten herabgesetzt sind, als die am stärksten benachteiligte Gruppe angesehen werden.

Wie aus den bisherigen Ausführungen deutlich geworden ist, sind gerade Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in besonderem Maße Barrieren ausgesetzt. Jedoch werden derartige soziale und einstellungsbezogene Barrieren weitaus seltener thematisiert als bauliche, die Zugänglichkeit von Gebäuden und Fortbewegungsmittel einschränkende Barrieren. Anders ausgedrückt: Genauso wie Menschen, die einen Rollstuhl benützen, von der Gesellschaft physisch durch bauliche Barrieren ausgeschlossen werden, werden auch Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung von einer Gesellschaft exkludiert, welche als oberste Zieldimension die intellektuellen Fähigkeiten ihrer BürgerInnen ansieht. Wie Redley (2009) nachzeichnet, zeichnen internationale soziale Exklusions-Indizes ein düsteres Bild der Lebenssituation von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung. So zählen sie nicht nur im Erwerbsleben zu der, auch unter behinderten Menschen am stärksten benachteiligten Gruppe, sondern sind auch in vielen anderen Lebensbereichen wie dem Zugang zu Bildung, Kultur und Politik, den Möglichkeiten ein eigenständiges Leben zu führen sowie in Partnerschaften und der Sexualität erheblich benachteiligt (Postek 2009).

Ein Erklärungsmodell dafür gibt Priestley (2003), der aufzeigt, dass wir in einer auf idealisierten Vorstellungen von "Erwachsenensein" aufgebauten erwerbsarbeitszentrierten Gesellschaft leben, welche auf die Autonomie und Unabhängigkeit ihrer erwachsenen BürgerInnen setzt. In diesem System werden behinderte Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, als abhängig wahrgenommen. Demzufolge nehmen insbesondere Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung, die in der Verrichtung ihrer Lebens- und Arbeitsbedürfnisse auf Unterstützung angewiesen sind, eine gesellschaftlich und oftmals auch rechtlich marginalisierte Position ein, die im weiteren Sinne mit jenen von Kindern und älteren Personen verglichen werden kann. So wird vor allem Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung die Rolle einer erwachsenen Person mit dem Verweis auf ihre fehlende Unabhängigkeit zumeist vorenthalten, und ein Leben und Arbeiten in geschützten Sonderinstitutionen dementsprechend legitimiert und begünstigt. Die durch die Verdienste der politischen Behindertenrechtsbewegung mittlerweile anerkannte Tatsache, dass Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung nicht alles in ihrem Leben selber tun können müssen, um unabhängig und selbstbestimmt leben zu können, hat sich im Falle von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung weitestgehend noch nicht durchgesetzt. Demgegenüber stehen avanciertere Konzepte, die alle Menschen - als soziale Wesen - als wechselseitig voneinander abhängig sehen (Interdependenz), wodurch die zur Erfüllung von normal angesehenen Aktivitäten notwendige Unterstützung ihren ausschließenden Charakter verlieren würde.

2.4 "Geistige Behinderung" und Lernbehinderung: Die Unterschiede

Während wir im Rahmen dieses Berichtes zur Bezeichnung der Zielgruppe den Begriff der intellektuellen Beeinträchtigung verwenden, ist an einigen Stellen eine Unterscheidung zwischen der sogenannten "geistigen Behinderung" und der "Lernbehinderung" erforderlich. Gleichwohl vertreten wir die Auffassung, dass die Grenzen zwischen diesen beiden Gruppen, welche zumeist am Intelligenzquotienten festgemacht werden, eine fließende soziale Konstruktion darstellen. Neben dem bereits erwähnten Intelligenzquotienten, hat sich weitestgehend die Auffassung durchgesetzt, dass sogenannte "geistige Behinderungen" (hirn-)organisch feststellbare Ursachen haben, während die Lernbehinderung primär durch sozialisationsbedingte und institutionelle Faktoren verursacht wird (Theunissen 2008). So lautet der wissenschaftliche Grobkonsens zur Definition der Gruppe der Menschen mit Lernbehinderung, dass es sich dabei um Personen handelt, welche die Schule für Lernbehinderte besuchen bzw. besucht haben (Theunissen 2005). So zeigen auch Untersuchungen im deutschsprachigen Raum, dass insbesondere in der Sonderschule für Lernbehinderte Kinder und Jugendliche aus sozial schwächeren Verhältnissen, Burschen sowie Kinder und Jugendliche mit einem Migrationshintergrund deutlich überrepräsentiert sind (vgl. Cloerkes 2007).

Wie bereits deutlich geworden ist, verwenden wir die beiden Begriffe in erster Linie in ihrer schuladministrativen Unterscheidung, wonach Personen mit einer sogenannten geistigen Behinderung zumeist nach dem Lehrplan für schwerstbehinderte SchülerInnen (S-Lehrplan) und Personen mit einer Lernbehinderung nach dem Lehrplan der allgemeinen Sonderschule (ASO-Lehrplan) unterrichtet werden bzw. worden sind. In diesem Zusammenhang zeigen internationale Studien (Danforth 1997) auf, dass die Zuordnung von Lehrplänen mindestens ebenso von den durch (soziales, kulturelles und ökonomisches) Kapital beeinflussten Interventionsmöglichkeiten der Eltern, wie vom Ausmaß der Beeinträchtigung abhängen (Buchner, Postek & Schachinger 2011; Fasching & Koenig 2010b). Somit stellen wir der Unterscheidung lediglich die Annahme gegenüber, durch die Differenzierung der beiden Gruppen zum Teil das Ausmaß der intellektuellen Beeinträchtigung sowie - davon abgeleitet - des Unterstützungsbedarfes zumindest in Ansätzen abbilden zu können. Dies geschieht insbesondere deswegen, da aktuelle Studien nahelegen, dass die Zuweisung zu einem der beiden Lehrpläne signifikant andere individuelle und institutionelle Erwartungshaltungen sowie als Resultat unterschiedliche Unterstützungsmöglichkeiten eröffnen (vgl. Fasching & Koenig 2010; Fasching & Mursec 2010; Koenig 2010b).

2.5 Die Bedeutung von Arbeit und die Arbeitsmarktsituation von Menschen mit Behinderung in Österreich

Der Zugang zum Arbeitsleben stellt einen zentralen Bereich der gesellschaftlichen Teilhabe dar. Hinz & Boban (2001) machen deutlich, dass Erwerbsarbeit zunehmend zum knappen Gut wird und immer mehr Menschen, die den sich rasant ändernden Anforderungen der Arbeitswelt nicht entsprechen können, aus ihr hinausgedrängt werden. Dies betrifft überdurchschnittlich häufig Menschen mit Beeinträchtigungen. So stellt der WHO World Report on Disability (2011) fest, dass Menschen mit Beeinträchtigungen weltweit eine signifikant niedrigere Erwerbsbeteiligung aufweisen, häufiger und länger von Arbeitslosigkeit betroffen sind und als Ergebnis überproportional Armut mit entsprechenden eingeschränkten Lebensverhältnissen ausgesetzt sind. Einen Überblick über die Erwerbsbeteiligung von Menschen mit Beeinträchtigung im internationalen Vergleich gibt die nachfolgende Tabelle. Ein direkter Vergleich ist jedoch aufgrund unterschiedlicher Definitionen und Zählweisen von Behinderung nur eingeschränkt möglich.

Tabelle 2: Erwerbsbeteiligung von Menschen mit Beeinträchtigung im internationalen Vergleich anhand ausgewählter Länder (vgl. WHO 2011, 238)

Land

Referenzjahr

Erwerbsbeteiligung von Menschen mit Behinderung

Erwerbsbeteiligung allgemein

Australien

2003

41,9%

72,1%

Deutschland

2003

46,1%

64,8%

Großbritannien

2003

38,9%

68,6%

Indien

2002

37,6%

62,5%

Japan

2003

22,7%

59,4%

Kanada

2003

56,3%

74,9%

Niederlande

2003

38,9%

61,9%

Norwegen

2003

61,7%

81,4%

Österreich

2003

43,4%

68,1%

Polen

2003

20,8%

63,9%

Schweiz

2003

62,2%

76,6%

Spanien

2003

22,1%

50,5%

Vereinigte Staaten von Amerika

2005

38,1%

73,2%

Marie Jahoda, die über viele Jahrzehnte die individuellen Auswirkungen von Arbeitslosigkeit untersucht hat, beschreibt in ihrem Buch "Wie viel Arbeit braucht der Mensch" (1983) unterschiedliche Bedeutungs- und Erlebnisinhalte von Arbeit, welche für alle Menschen unabhängig von Art und Qualität der Arbeitserfahrung relevant sind:

  • Arbeit konstituiert ein für den Menschen charakteristisches Zeiterleben, sie teilt die Zeit und das Leben in Perioden von Freizeit und Arbeitszeit ein.

  • Arbeit erweitert den sozialen Horizont über Familie, Nachbarschaft und FreundInnen hinaus.

  • Da Arbeit kollektiv organisiert ist, bringt sie den Menschen dazu, sich als soziales Wesen zu erleben, in Kooperation mit anderen tätig zu sein, in Arbeitsabläufe eingebunden zu sein und Zusammenhänge zu erkennen.

  • Arbeit beeinflusst maßgeblich die Identität und den Status eines Menschen in der Gesellschaft. Zwischen der im Arbeitsleben eingenommenen Position und der gesellschaftlichen Position besteht eine enge Korrelation.

  • Erwerbsarbeit ermöglicht dem Menschen eine "regelmäßige, systematische Tätigkeit, deren Zweck über persönliche Zwecke hinausgeht und den Arbeitenden an die soziale Realität bindet" (vgl. Jahoda 1983).

Von dieser individuellen wie sozialen Bedeutung von Arbeit und den hohen durch Arbeitslosigkeit verursachten Kosten ausgehend, hat sich die nationale und internationale Behindertenpolitik seit der jüngeren Vergangenheit besonders intensiv mit Fragen, Programmen und gesetzlichen Bemühungen rund um das Thema der beruflichen Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen beschäftigt. Auch die internationale Behindertenrechtsbewegung hat sich über die letzten Jahrzehnte vehement für die Verabschiedung von gesetzlichen Antidiskriminierungsbestimmungen eingesetzt, welche vornehmlich Barrieren im Zugang zum Arbeitsleben abbauen sollten (Roulstone & Barnes 2005).

Wie der WHO World Report (2011) ebenfalls mehrfach feststellt, gehören Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung zu der Behinderungsgruppe mit der niedrigsten Erwerbsbeteiligung, wobei für die wenigsten Staaten der Welt konkrete zahlenmäßige Angaben gemacht werden können. Eine Ausnahme bildet dabei Großbritannien, wo in einer nationalen Studie (Emerson & Hatton 2008) herausgefunden werden konnte, dass 83-90% aller Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung nicht am Erwerbsleben teilnehmen, obwohl über 50 % dieser Gruppe sich eine Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wünschen. Dies entspricht einer über sechs Mal so hohen Wahrscheinlichkeit, nicht am Erwerbsleben zu partizipieren wie bei nicht-behinderten Personen. Mit zunehmendem Ausmaß der intellektuellen Beeinträchtigung sinkt die Erwerbsbeteiligung sogar auf einen Wert von unter 1 %.

Wie bereits in der Tabelle 1 angeführt, hatten im Jahr 2011 durchschnittlich 94.753 Personen im erwerbsfähigen Alter in Österreich den nach dem Bundesbehinderteneinstellungsgesetz anerkannten Status einer begünstigt behinderten Person (siehe www.arbeitundbehinderung.at ). Bezüglich der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern mit Beeinträchtigung in Österreich lassen die zur Verfügung stehenden Daten keine umfassende Abbildung zu. In der letzten diesbezüglichen Auswertung der Mikrozensusdaten im Jahr 2008 zeigte sich, dass die Erwerbsbeteiligung von Menschen mit Beeinträchtigung signifikant unter jener der Gesamtbevölkerung gelegen hat. So waren von allen Personen im erwerbsfähigen Alter 86% der Männer und 70% der Frauen erwerbstätig, während die Erwerbsbeteiligung bei jenen Personen, die im Mikrozensus angaben, eine langzeitliche Gesundheitsschädigung zu haben, bei 57 % für Männer und 48 % für Frauen lag (vgl. Mikrozensus 2008 auf www.arbeitundbehinderung.at ). In diesen Daten waren zudem die quantitativ großen Gruppen frühzeitig invaliditätspensionierter Personen im erwerbsfähigen Alter sowie der NutzerInnen von Werkstätten nicht erfasst, weswegen angenommen werden muss, dass die tatsächliche Erwerbsbeteiligung von Menschen mit Beeinträchtigung noch deutlich unter diesem Niveau liegt.

Erschwert werden Aussagen zur Erwerbsbeteiligung und der Arbeitslosigkeit von Menschen mit Beeinträchtigungen auch durch die unterschiedlichen Definitionen und Zählweisen des Arbeitsmarkservice (AMS), des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales & Konsumentenschutz (BMASK) sowie anderer relevanter AkteurInnen in Österreich. In einem europäischen Vergleich ist festzuhalten, dass die Datenlage zur Arbeitssituation von Menschen mit Beeinträchtigungen in Österreich als lückenhaft zu bezeichnen ist (Koenig 2009a; Koenig 2010a). Laut AMS waren im Jahresdurchschnitt 2011 14,77 % aller arbeitslosen Personen von gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen betroffen.

Insgesamt waren Menschen mit Beeinträchtigungen europaweit von den Auswirkungen der Wirtschaftskrise überproportional betroffen (vgl. Priestley & Roulstone 2009) und können angesichts der aktuell immer noch angespannten und als unsicher zu bezeichnenden ökonomischen Situation weiterhin als besonders gefährdete Gruppe angesehen werden[5].

Seit dem Jahr 1999 führt weder das AMS noch das dem BMASK nachgeordnete Bundessozialamt (BASB) nehmen in ihren jeweiligen Statistiken Differenzierungen nach Art der Beeinträchtigung durch. Die letzten nach Beeinträchtigung differenzierten Aufzeichnungen des AMS stammen aus dem Jahr 1999. Zu diesem Zeitpunkt waren 1.173 arbeitslos gemeldete Personen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung registriert, was 3 % aller erfassten beeinträchtigen Menschen ausmachte (vgl. Koenig 2009). In der Evaluation der Beschäftigungsoffensive der österreichischen Bundesregierung im Zeitraum 2004-2006 (vgl. Eglseer, Lechner, Riesenfelder et al. 2008) wurde berichtet, dass 18 % der Personen, die eine vom Bundessozialamt finanzierte arbeitsmarktpolitische Unterstützungsmaßnahme besuchten, Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung waren. Aktuelle Studien (vgl. Fasching & Koenig 2010) zeigen, dass im Jahr 2008 der Anteil der SchülerInnen, die nach dem S-Lehrplan unterrichtet wurden, an allen von derartigen Maßnahmen begleiteten Personen bei deutlich unter einem Prozent lag, und dass von 560 SchulabgängerInnen dieses Jahrganges 59 % überhaupt keinen Zugang zu Angeboten der beruflichen Beratung und/oder Qualifizierung erhielten.[6] Auf Basis der spärlich vorhandenen empirischen Befunde in Österreich lassen sich in Summe jedoch keine genauen und aktuellen Aussagen über die Erwerbsbeteiligung oder den Zugang zu arbeitsmarktpolitischen Unterstützungsangeboten von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung machen. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass sich die Situation günstiger darstellt als in Großbritannien. Dies, obwohl bereits seit Anfang der 90er Jahre in zahlreichen Modellprojekten im In- und Ausland nachgewiesen werden konnte, dass auch Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung, weitestgehend unabhängig von Art und Ausmaß der intellektuellen Fähigkeiten, mit den passenden Unterstützungsangeboten und Rahmenbedingungen in der Lage sind, am regulären Arbeitsmarkt erfolgreich zu partizipieren (Jenaro, Mank, Doose et al. 2002; Doose 2006).

Unterstützte Beschäftigung

Dem zugrunde liegt der methodische Ansatz der Unterstützten Beschäftigung (Supported Employment) (Doose 2006), welcher zumindest in den Anfängen die Ausgestaltung der Unterstützungsangebote der beruflichen Integration in Österreich maßgeblich beeinflusst hat (Koenig 2007). Von der deutschen Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung (BAG-UB) wird Unterstützte Beschäftigung wie folgt definiert:

"Diese innovative ambulante Form der beruflichen Integration umfasst alle Hilfen, die

für Menschen mit Behinderung erforderlich sein können, um erfolgreich in einem Betrieb

des regulären Arbeitsmarktes zu arbeiten.

Kerninhalte von Unterstützter Beschäftigung sind:

  • die individuelle Berufsplanung,

  • die Erarbeitung eines individuellen Fähigkeitsprofils für die Suche nach einem passenden Arbeitsplatz,

  • die Arbeitsplatzakquisition,

  • die Arbeitsplatzanalyse,

  • die Anpassung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsplatzanforderungen,

  • die Qualifizierung am Arbeitsplatz und

  • die kontinuierliche Unterstützung des/der ArbeitgeberIn und des/der unterstützten ArbeitnehmerIn bei auftretenden Fragen oder Problemen im weiteren Verlauf der Beschäftigung.

Ziel von Unterstützter Beschäftigung ist es, die notwendigen Rahmenbedingungen für dauerhafte, bezahlte, reguläre Arbeitsverhältnisse für Menschen mit Behinderung - unabhängig von Art und Umfang der Behinderung - in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes zu schaffen und zu erhalten. (vgl. Doose 2006)

Obwohl, wie der WHO-Weltbericht (2011, 242) feststellt, der Erfolg und die Wirksamkeit von Unterstützter Beschäftigung mittlerweile auch für Menschen mit schwerer intellektueller Beeinträchtigung wissenschaftlich nachgewiesen werden konnte, arbeitet nach wie vor die überwiegende Mehrheit dieser Personengruppe in Werkstätten, Tageseinrichtungen bzw. anderen Formen eines Ersatzarbeitsmarktes. Diesen Einrichtungen ist gemein, dass sie kein Sprungbrett in den allgemeinen Arbeitsmarkt darstellen, was auch im Rahmen einer Untersuchung in Österreich (Koenig 2010b) erstmalig nachgewiesen werden konnte. Demnach liegt der Anteil an Vermittlungen österreichweit bei ca. 1 %, und es werden, wenn überhaupt, überwiegend leistungsstärkere Personen aus den Werkstätten vermittelt. Gleichzeitig wird dadurch soziale Exklusion in Verbindung mit hohen finanziellen Kosten begünstigt (vgl. Heckl, Dorr & Sheikh 2004). So wurde in besagter Studie auch nachgewiesen, dass die Kosten für Werkstätten in Österreich über 60 % höher sind als alle Ausgaben im Bereich der beruflichen Integration für alle Menschen mit einer Behinderung zusammengenommen (Koenig 2010b).

In Summe dürften in Österreich knapp über 20.000 Personen, der Großteil davon Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung, in derartigen Einrichtungen tätig sein (Koenig 2010b; ÖAR 2010). Bei den Werkstätten handelt es sich um Maßnahmen, die von den neun Bundesländern im Rahmen von eigenen Sozial-, Behinderten- bzw. Chancengesetzen geregelt werden. Die von den dort tätigen Menschen erbrachte Arbeit wird nicht als Erwerbsarbeit gesehen. Dies hat zur Folge, dass der sozialrechtliche Status der NutzerInnen von Werkstätten in einem internationalen Vergleich (vgl. Koenig 2008) eine Vielzahl von Diskriminierungen aufweist. So unterliegen sie weder dem Arbeitsrecht noch den gesetzlichen ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen (z.B. in Bezug auf Arbeitszeiten, Urlaubsanspruch etc.), sind nicht eigenständig sozialversichert und erwerben dadurch auch keinen Pensions- oder Arbeitslosengeldanspruch. Für ihre Arbeit erhalten sie lediglich ein geringes Taschengeld von teilweise unter zehn Euro monatlich und sind für ihre Existenzsicherung von den jeweiligen Sozialhilfebestimmungen der einzelnen Bundesländer abhängig (Koenig & Pinetz 2009a; ÖAR 2010).

2.6 Informationen und Beratung als Voraussetzung für berufliche Teilhabe

Adäquate Informations- und Beratungsangebote bilden einen wesentlichen Grundstein für die soziale und berufliche Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen und stellen neben der physischen Zugänglichkeit eine gleich wichtige Zugangsvoraussetzung dar (Eglseer 2007). Im österreichischen Länderbericht der OECD über Berufsberatung (OECD 2001), in dem Menschen mit Beeinträchtigungen explizit erwähnt werden, wird zum Stellenwert von Informationen festgehalten: "Veränderungen der Arbeits- und Berufswelt im Allgemeinen und beschleunigten Entwicklungen in Wirtschaft, Technologie im Speziellen stehen vielfach Vorstellungen von Bildungswegen und Berufskarrieren gegenüber, die auf Erfahrungen der Vergangenheit gründen und den Entwicklungen in die Zukunft nicht immer entsprechen. Wachsende Schwierigkeiten an den Übergängen zwischen dem Bildungswesen einerseits und der Arbeits- und Berufswelt andererseits sind ebenso die Folge wie Probleme bei der Neuorientierung für Personen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Dies gilt besonders auch für ältere Arbeitnehmer und für Mädchen und junge Frauen, für Wiedereinsteiger/innen und für Menschen mit Behinderungen." (Länderbericht OECD Österreich 2001).

In einem Bericht über die Situation von SchülerInnen und Jugendlichen mit intellektueller Beeinträchtigung und Benachteiligungen hält die OECD (2007) darüber hinaus fest, dass für einen erfolgreichen Übergang von der Schule in die Arbeitswelt ein hohes Niveau der Schulausbildung, die Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen, die Partizipation an der Gemeinschaft sowie die Einbeziehung der Eltern in Entscheidungsprozesse wesentlich sind (Koenig, Fasching & Biewer 2010). Um an Entscheidungsprozessen über die eigene berufliche Zukunft und die Wahl eines möglichen, infrage kommenden Berufes erfolgreich partizipieren zu können, brauchen Jugendliche und Erwachsene mit Beeinträchtigungen entsprechend auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Informationsmaterialien, Beratungs- und Orientierungsmöglichkeiten.

Die Bedeutung von Information und Beratung ergibt sich überdies aus der bereits teilweise skizzierten komplizierten Rechtslage sowie einem z.B. von Biermann (2008) kritisch als "Maßnahmendschungel" bezeichneten, für Laien unübersichtlichen Geflecht aus unterschiedlichen arbeitsmarktpolitischen Unterstützungsmaßnahmen (Heckl, Dorr & Sheikh 2004). Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung sind in vielen Fällen von derartigen Informations- und Beratungsangeboten ausgeschlossen. So verlässt, wie bereits aufgezeigt, ein Großteil der SchülerInnen, die nach dem S-Lehrplan unterrichtet wurden, die Schule, ohne irgendeine Form von adäquater Beratung oder Information erhalten zu haben und wechselt in vielen Fällen direkt in eine Werkstätte (Fasching & Mursec 2010; Fasching & Koenig 2010). Die wenigsten Personen mit intellektueller Beeinträchtigung können überdies an Angeboten der beruflichen Bildung teilhaben (ÖAR 2010).

Wie VertreterInnen der kritischen Pädagogik und der Aktionsforschung (Gaventa & Cornwall 2008) zu Recht betonen, erweitern gute Informationen und Beratung - als situiertes Wissen - die individuellen Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten und vergrößern somit die Chancen auf volle gesellschaftliche Teilhabe (Koenig & Buchner 2011). So konnte in einer Studie zu Beschäftigungsvorlieben von WerkstättenmitarbeiterInnen mit intellektueller Beeinträchtigung auch gezeigt werden, dass der von 58 % aller NutzerInnen von Werkstätten artikulierte Wunsch nach einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt signifikant von der vorherigen Versorgung mit entsprechender Information abhängig war (Koenig 2009b). Dies setzt natürlich voraus, dass auch Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung als entsprechend lern- und arbeitsfähig sowie -willig wahrgenommen und gemäß ihres jeweiligen Alters auch als Jugendliche bzw. Erwachsenen behandelt werden.

2.7 Berufsorientierung

Wie bereits dargestellt, erfordert die Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt gute Informationen über mögliche Arbeitsfelder und Berufe sowie nicht nur punktuell angebotene praktische berufliche Orientierungsmöglichkeiten, da diese den Schlüssel zur richtigen Berufswahl und langfristigen Berufsausübung darstellen. Aufgrund unterschiedlicher schulischer Versorgungsstrukturen in Österreich sowie fehlender gesetzlich verankerter schulischer Integration nach der achten Schulstufe, bricht für viele Jugendliche mit einem Sonderpädagogischen Förderbedarf die Schule bereits frühzeitig ab. Berufsorientierung und -information müssen daher bereits in einem sehr frühen Alter ansetzen, was sich teilweise als schwierig gestalten kann (vgl. Meyer Schweizer 2009, 20) und durch zahlreiche Barrieren strukturell erschwert wird. Dies vor allem deswegen, da die Personen aufgrund ihres Alters (zwischen 14 und 15 Jahren) bis dahin wenig berufliche Erfahrungen sammeln konnten sowie häufig aufgrund der Zuschreibung einer intellektuellen Beeinträchtigung nicht ausreichend über berufliche Möglichkeiten informiert worden sind. Folglich sind gerade bei dieser Zielgruppe Vorstellungen über Berufswünsche weniger stark ausgeprägt als bei altersmäßig vergleichbaren Jugendlichen ohne Beeinträchtigungen (vgl. Fasching 2004, 365f.). Darüber hinaus werden im derzeitigen arbeitsmarktpolitischen Unterstützungs- und Beratungssystem fast 60 % aller SchülerInnen, die nach dem S-Lehrplan unterrichtet wurden, nicht erreicht und verlassen die Schule zumeist ohne adäquate berufliche Informationen. Besonders dramatisch stellt sich die Situation von SonderschulabgängerInnen dar, denen vonseiten der Schule zumeist die Werkstätte für behinderte Menschen als einzige berufliche Lebensperspektive nahegelegt wird (vgl. Fasching & Mursec 2010). Das daraus resultierende "Verschieben auf Später" der beruflichen Orientierung von Kindern und Jugendlichen mit intellektueller Beeinträchtigung führt zu einem erschwerten Übergang von der Schule in den Beruf und einem frühen Eintritt in Werkstätten für behinderte Menschen (vgl. Fasching 2004, 365f.; Fasching & Mursec 2010, 10; Fasching & Koenig 2010). Das "Verschieben auf Später" wird dadurch häufig zu einem "Verschieben auf Nie". Studien haben gezeigt, dass Werkstätten nur in wenigen Fällen in der Lage sind, Jugendlichen mit intellektueller Beeinträchtigung eine für ihre berufliche Eingliederung wichtige Nachreifung im Sinne einer umfassenden Persönlichkeitsentwicklung sowie der Aneignung von beruflichen Schlüsselqualifikationen zukommen zu lassen (Schartmann 1999). Darüber hinaus sind viele Personen in Werkstätten entweder nicht oder nicht ausreichend mit Informationen über berufliche Integrationsmöglichkeiten versorgt (Koenig 2009b). Die sich daraus ergebende Notwendigkeit einer Verbesserung und Intensivierung der Unterstützung, Beratung und Versorgung mit Informationen von Kindern und Jugendlichen mit intellektueller Beeinträchtigung sowie ihrer Eltern durch LehrerInnen und Fachkräfte erscheint evident. Diese setzt einerseits strukturelle Veränderungen, wie die Möglichkeit der integrativen Schulbildung nach der achten Schulstufe voraus, andererseits müssen ausreichend Informationsmaterialien und Beratungsangebote zur Verfügung gestellt werden, um eine gute Berufsorientierung auch für Personen nach Beendigung der Schule zu gewährleisten.

Dabei zeichnet sich nach Seifner (2001, 14) eine effiziente Berufsorientierung durch

die folgenden Kriterien aus:

  1. Die Berufsorientierung und -findung ist ein Prozess und kann nicht mittels punktueller Interventionen abgehandelt werden.

  2. Die Berufsorientierung bedarf qualifizierter UnterstützerInnen.

  3. Es bedarf einer Zusammenarbeit mit den Eltern oder nahen Angehörigen.

  4. Die Berufsorientierung bedarf ausführlicher Informationen über Berufs- und Ausbildungswege.

  5. Die Berufsorientierung bedarf Realbegegnungen.

Berufsorientierung, als kontinuierlicher und ressourcenorientierter Prozess verstanden, ist somit abhängig von guten Informationsmaterialien für seine NutzerInnen sowie für UnterstützerInnen (LehrerInnen, Fachkräfte der beruflichen Integration, MitarbeiterInnen in Werkstätten für behinderte Menschen usw.), Eltern und Angehörige sowie Betriebe.

Eine Auseinandersetzung mit der Arbeits- und Berufswelt in einem lebensnahen, an den Erfahrungen und Erlebnissen der Betroffenen anknüpfenden Kontext (vgl. Butz & Wust 2007, 10), setzt auch Sensibilisierungsmaßnahmen in Bezug auf die Zielgruppe voraus. Speziell bei Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung erscheint dies umso wichtiger, als nach wie vor eine Vielzahl von Vorurteilen ihnen gegenüber existiert. Dabei sind derartige Vorurteile in der Arbeitswelt besonders virulent, werden doch hier intellektuelle Leistungsfähigkeit und die Möglichkeiten und Fähigkeiten einer Person im Beruf in besonderem Maße gleichgesetzt (vgl. Kulig, Theunissen & Wüllenweber 2006, 116ff.). Diese Vorurteile gegenüber Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung erschweren die berufliche Information und Orientierung. Damit in Zusammenhang zählt es ebenso zur Aufgabe von beruflicher Beratung und Information, positiv besetzte Selbstbilder von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung zu fördern, da diese aufgrund fehlender Vorbilder und entsprechender an sie herangetragener Erwartungshaltungen, wenn überhaupt, gelernt haben, Berufswünsche zu artikulieren, welche einer geringen Qualifikation bedürfen (vgl. Pfriem & Moosecker 2004, 471f.).

Trotz des Wissens um die Bedeutung der Berufsorientierung wird dieser im österreichischen Unterstützungssystem zu wenig Raum beigemessen. Wie Wetzel (2005, 95ff.) aufzeigt, werden hier meist die Personen den Arbeitsplätzen und nicht die Arbeitsplätze den Personen angepasst, was oftmals zu einer schwierigen Arbeitsplatzsuche und einem unpassenden Arbeitsplatz für die Personen führt. Ebenfalls sind Unterstützungsmaßnahmen für erwachsene Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung mangelhaft, und ermöglichen diesen oft weder den Austritt aus einer Werkstatt noch den (Wieder-)Eintritt in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Häufig lassen Unterstützungsmaßnahmen die Berufsorientierung grundsätzlich außen vor, bzw. berücksichtigen zu wenig den alltäglichen Kontext der Betroffenen.

Auch der Zusammenarbeit mit den Eltern wird in der Praxis der Berufsorientierung meist zu wenig Bedeutung beigemessen (vgl. Mühl 2007, 6). Die Unterstützung der Eltern und nahen Angehörigen der Personen beim Berufswahl- und -findungsprozess stellt jedoch einen wichtigen Faktor dar, welcher die Selbsteinschätzung der Arbeitsuchenden positiv beeinflussen kann und zugleich motivierend wirkt (vgl. Gedhardt 2009, 228ff.).

Darüber hinaus führt die Veränderung des Arbeitsmarktes durch technologische Entwicklungen und demografische Veränderungen zu einer verstärkten Notwendigkeit, sich mit dem Angebot von und der Nachfrage nach Berufen auseinanderzusetzen (vgl. Pfeifer & Kaiser 2009, 12ff.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Personen vermehrt neue und eventuell ihnen völlig unbekannte Berufssparten näher gebracht werden müssen, und dies somit auch die Praxis der Berufsorientierung und -information beeinflusst. Zugängliche und verständliche Informationen zu Berufs- und Ausbildungssparten, mit einem Schwerpunkt auf nachgefragte und nicht überlaufene Berufsfelder, wären somit verstärkt zu entwickeln und anzubieten (vgl. Raddatz & Bergmann 1999, 4ff.). Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung werden in der Praxis der Berufsberatung und Information von derartigen Entwicklungen und Veränderungen jedoch meist komplett ausgenommen, es werden ihnen nur "klassische" Berufsmöglichkeiten vorgestellt, die zumeist schwere körperliche Hilfsarbeitertätigkeiten umfassen. Diese sind im Zuge der Globalisierung des Arbeitsmarktes zunehmend seltener geworden (vgl. Wetzel 2005, 103).

Eine in Österreich nach wie vor zu wenig beachtete Alternative bietet das Konzept der Nischenarbeitsplätze (siehe Schwerpunktausgabe der Zeitschrift IMPULSE Nr. 39 / 2006). Üblicherweise entstehen Arbeitsplätze aus den betrieblichen Anforderungen sowie an Berufsbildern orientierten Jobbeschreibungen für die, nach einem bestimmten Leistungs- und Stundenumfang, auf kompetitivem Weg geeignete ArbeitnehmerInnen gesucht werden (vgl. Bauer 2006, 13). Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung sind dabei zumeist benachteiligt, da sie aufgrund häufig fehlender ausgewiesener Qualifikationen sowie weiterer beeinträchtigungsbedingter Einschränkungen selten alle Anforderungen erfüllen können. Das Konzept der Nischenarbeitsplätze umfasst hingegen neue, meist zusätzlich eingerichtete Arbeitsplätze, die auch Teile eines regulären Arbeitsplatzes umfassen können, die sich an den Fähigkeiten derjenigen behinderten Person orientieren, die dort arbeiten möchte. Auch die Leistungsanforderungen und der Stundenumfang werden entsprechend des Leistungsvermögens der behinderten Person angepasst. Die Bezahlung der MitarbeiterInnen mit Behinderung durch den Betrieb erfolgt entsprechend der real erbrachten Leistung und der dafür vorgesehenen Vergütung. Die Differenz zu einem kollektivvertraglichen Entgelt, entsprechend der geleisteten Arbeitszeit, wird durch dauerhafte Lohnkostensubventionen der öffentlichen Hand ausgeglichen (vgl. Bauer 2006). Wie das Modell SPAGAT in Vorarlberg zeigt, hat eine konsequente Ausrichtung auf dieses Konzept, gepaart mit entsprechenden methodischen Ansätzen, dazu geführt, dass mittlerweile über 70 % eines SchülerInnenjahrganges mit zum Teil erheblicher intellektueller Beeinträchtigung den Weg in den allgemeinen Arbeitsmarkt finden. Das nunmehrige Regelangebot der Vorarlberger Behindertenhilfe SPAGAT des Instituts für Sozialdienste startete im Jahr 1997 als ESF (Europäischer Sozialfonds) gefördertes Modellprojekt, mit dem Ziel herauszufinden, wie die in der Schulzeit begonnene Integration auch in der nachschulischen Welt fortgesetzt werden kann. Alle acht TeilnehmerInnen des Modellprojektes konnten beruflich integriert werden. Für Jugendliche am Übergang Schule-Beruf, deren Leistungsfähigkeit so gering ist, dass sie nach den gesetzlichen Bestimmungen als arbeitsunfähig gelten, bedeutet dies das Ermöglichen der Wahlfreiheit zwischen einer Tätigkeit in einer Werkstätte oder Unterstützter Beschäftigung. Als zentrales Element jedes beruflichen Integrationsprozesses steht bei SPAGAT der Aufbau eines Unterstützungskreises nach dem Konzept der Persönlichen Zukunftsplanung, mit dem in der Regel bereits im letzten Schuljahr begonnen wird. Zu den Treffen des Unterstützungskreises werden, unter der größtmöglichen Beteiligung des/der Jugendlichen selbst, immer jene Personen aus dem jeweiligen sozialen Netzwerk eingeladen, von denen sich der/die Jugendliche die größtmögliche Unterstützung erwartet.

Zu den Aufgaben des Unterstützungskreises bei SPAGAT zählen vor allem die Beschreibung der notwendigen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche berufliche Integration (jeweils fokussiert auf die Hauptperson), die Definition möglicher Arbeitsfelder, das Herstellen sowie Nachbereiten von Schnupperkontakten in Betrieben sowie die laufende Mitarbeit bei der Lösung von Schwierigkeiten. Die Tätigkeit von SPAGAT wird zudem durch die internationalen Kernelemente der Unterstützten Beschäftigung maßgeblich geleitet, die gleichsam als Maßstäbe für die Beurteilung der Qualität der erbrachten Arbeit dienen. Diese Elemente sind:

  • das Nachgehen einer für die Person sowie für den Betrieb sinnvollen Tätigkeit,

  • die Bezahlung nach Kollektivvertrag,

  • die Schaffung eines regulären Dienstverhältnisses,

  • die Etablierung von MentorInnen in den Betrieben,

  • das Prinzip der Regionalität,

  • die Arbeit auf einem integrativen Arbeitsplatz (d.h. Interaktionen mit anderen Menschen)

  • sowie keine zeitliche Begrenzung der Unterstützung (vgl. Tschann 2005).

Als weitere Erfolgskriterien können die konsequent integrationsbefürwortende Haltung der IntegrationsbegleiterInnen sowie die durch das Land Vorarlberg geschaffenen optimalen gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedingungen genannt werden, die in dieser Form in Österreich bislang noch einmalig sind. So müssen die Betriebe nur die real erbrachte Leistung der bei ihnen kollektivvertraglich beschäftigten Personen entlohnen. Die Differenz wird, ebenso wie die Leistungseinbußen der MentorInnen, dauerhaft und unbürokratisch von der Landesregierung subventioniert. Im Jahr 2011 wurden in Vorarlberg derart bereits 295 Arbeitsplätze für Menschen mit erheblichen intellektuellen Beeinträchtigungen geschaffen (vgl. Werle 2011).

Zudem erweist sich dieses Modell im Vergleich zu einer Unterbringung in Werkstätten für behinderte Menschen auch als kostengünstiger. So beliefen sich die durchschnittlichen Aufwendungen für einen integrativen Arbeitsplatz im Jahr 2008 auf 12.230 Euro pro Person, während ein Werkstättenarbeitsplatz im Schnitt mit 14.803 gefördert wurde (vgl. Koenig 2010b). Für eine weitere Verbreitung dieses Ansatzes bräuchte es neben einer österreichweiten politischen Bereitschaft auch entsprechende Informationsmaterialien, die Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung in derartigen Nischenarbeitsplätzen abbilden und denen somit auch eine Sensibilisierungsfunktion für Betriebe zukommen kann.

2.8 Integrative Berufsausbildung

Die Integrative Berufsausbildung (IBA) stellt für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung zunehmend eine Möglichkeit zur Teilhabe am Arbeitsmarkt dar. Mit der Novellierung des österreichischen Berufsausbildungsgesetzes besteht seit 2004 für Jugendliche und Erwachsene mit einer Beeinträchtigung die Möglichkeit, eine Lehrausbildung entweder in Form einer zeitlich verlängerten Lehre oder insbesondere für Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung als Teilqualifizierungslehre zu absolvieren. Wie auch die reguläre Lehrausbildung können beide Formen der IBA entweder in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarkts oder in überbetrieblichen Ausbildungslehrgängen durchlaufen werden. Zentrales Element der Integrativen Berufsausbildung ist die Unterstützung durch die Berufsausbildungsassistenz. Mit dieser wird ein individueller Ausbildungsvertrag erarbeitet, der von Ausbildungsbetrieb, Berufsschule und Lehrling unterschrieben wird. Dieser Vertrag umfasst, auf den individuellen Bedürfnissen und Stärken des/der Jugendlichen aufbauend, die im Rahmen der Ausbildung zu setzenden Unterstützungsleistungen (vgl. Presslauer 2007).

Als Zielgruppe der verlängerten Lehre gelten Jugendliche, die grundsätzlich in der Lage sind, den Anforderungen der regulären Lehre zu entsprechen, jedoch aufgrund beeinträchtigungs- und/oder sozialisationsbedingter Faktoren für deren Erfüllung mehr Zeit benötigen (vgl. Norz 2006, 11). Dabei ist vorgesehen, die Dauer der Lehrausbildung um ein bis zwei Jahre zu verlängern. Für Lehrlinge der verlängerten Lehre ist der Besuch der Berufsschule verpflichtend vorgesehen. Das zweite Modell der Integrativen Berufsausbildung, die Teilqualifizierungslehre, richtet sich an Jugendliche, von denen angenommen wird, dass sie nicht in der Lage sind, allen Anforderungen einer spezifischen Lehrausbildung voll zu entsprechen, für die jedoch eine berufliche Ausbildung als Möglichkeit gesehen wird, die beruflichen Vermittlungschancen zu verbessern (vgl. Norz 2006, 12). In einer individuell auf ein bis drei Jahre festgelegten Lehrzeit werden im Ausbildungsvertrag jene Teile eines Berufes festgelegt, die der Lehrling in seiner Ausbildungszeit erlernen soll. Der Besuch einer Berufsschule sowie die Teilnahme an den entsprechenden Unterrichtseinheiten ist in der Teilqualifizierungslehre optional, wird jedoch weitgehend empfohlen, da derart auch eine soziale Integration des/der Jugendlichen in den schulischen Alltag ermöglicht werden soll. Hierzu sollen vonseiten der Berufsschulen auch Unterrichtseinheiten für Jugendliche mit intellektueller Beeinträchtigung, durch entsprechend aufbereitete Lehr- und Lernmaterialen unterstützt, angeboten werden (vgl. Wöber 2007). In der Praxis erweist sich jedoch dieser Anspruch der individualisierten Unterstützung in integrativen Settings in Berufsschulen häufig als schwer einlösbar, da sowohl den BerufsschullehrerInnen als auch den BerufsausbildungsassistentInnen die Ausbildung und die zeitlichen Ressourcen zur Gestaltung eines integrativen Unterrichts fehlen. Vielerorts wurden deshalb eigene Klassen für Teilqualifizierungslehrlinge eingerichtet, wodurch lediglich der Anspruch der räumlichen, nicht jedoch jener der sozialen Integration erfüllt wird (vgl. Langner 2010). Seit ihrem Bestehen hat sich die IBA als quantitativ wichtiger Bestandteil des Systems arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen für beeinträchtigte Menschen in Österreich etabliert. Während 2004 erst 1.114 Jugendliche eine Integrative Berufsausbildung absolvierten, waren es 2007 bereits 3.410 (vgl. Lehrlingsstatistik WKÖ 2004-2007, zit. in Heckl. et. Al 2008, 26). 2011 stieg die Zahl auf 5.507 Jugendliche an (vgl. WKÖ 2011a).

Von diesen Personen absolvierten im Jahr 2011 4.000 eine verlängerte Lehre und 1.507 eine Teilqualifizierungslehre. Dabei durchliefen die Teilqualifizierungslehrlinge mit 40,8 % ihre Ausbildung seltener in Betrieben als Jugendliche in einer verlängerten Lehre mit einem Anteil von 69,2% (vgl. WKÖ 2011a). Weder aus den jährlich dokumentierten Daten der Wirtschaftskammer zur Lehrlingsstatistik, noch aus den beiden bisherigen bundesweit in den Jahren 2006 und 2008 durchgeführten Evaluationen lassen sich derzeit gesicherte Aussagen über die Auswirkungen der Integrativen Berufsausbildung auf eine nachhaltige berufliche Vermittlung der beeinträchtigten Lehrlinge treffen. Die AutorInnen der zweiten Evaluation der IBA (Heckl, Dörflinger, Dorr et al 2008, 105ff.) nennen eine Reihe von förderlichen und hinderlichen Faktoren, welche insbesondere eine Einstellung von Teilqualifizierungslehrlingen beeinflussen. Zu den förderlichen Faktoren zählen:

  • das vor und während der Ausbildung speziell zugeschnittene Tätigkeitsfeld in einem Betrieb, welches auch nach der Ausbildung bereitsteht

  • die konkreten Arbeitserfahrungen in Wirtschaftsbetrieben, die als Sprungbrett für eine spätere Anstellung dienen

  • das dokumentierte und beherrschte Leistungsspektrum, für das zumeist auch ein geringeres Gehalt bezahlt werden muss und das Teilqualifizierungslehrlinge attraktiver macht als ausgelernte GesellInnen, die in dem spezifischen Aufgabengebiet möglicherweise nicht so begabt sind

Als hinderliche Faktoren wurden genannt:

  • Die Teilqualifikationszertifikate verfügen über zu wenig Aussagekraft und sind noch nicht überall in der Wirtschaft anerkannt.

  • Mit dem Begriff der Teilqualifikation schwingt das "Gefühl des Unfertigen" mit, dass mit einer Teilqualifikation kein "ganzer" oder "richtiger" Abschluss erzielt wurde. Besondere Schwierigkeiten zeigen sich dabei bei Personen, die aus überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen vermittelt werden sollen.

  • In vielen Branchen und Kollektivverträgen ist die Stellung von Teilqualifizierungslehrligen noch ungeklärt, was dazu führt, dass derzeit viele TeilqualifikantInnen als Hilfskräfte angestellt werden.

  • Aufgrund der zu starken Spezialisierung der Ausbildung sind die Arbeitsmarktchancen, wenn keine Übernahme durch den Ausbildungsbetrieb stattfindet, gering.

Von den AutorInnen werden die Integrationsmöglichkeiten von Teilqualifizierungslehrlingen in den einzelnen Branchen sehr stark unterschiedlich bewertet, wobei besonders dort Potenzial besteht, wo dauerhaft einfache Tätigkeiten vor Ort ausgeführt werden müssen, die nicht in Billiglohnländer ausgelagert werden können (wie z.B. MaurerIn , GärtnerIn, Lager- und Regalbetreuung). Insgesamt, so schreiben Heckl, Dorr, Dörflinger et al. (2008, 117) kann "die integrative Berufsausbildung als Erfolgsstory bezeichnet werden. Dies zeigen nicht nur die kontinuierlich steigende Nachfrage und der damit einhergehende Zuwachs an IBA-Lehrverträgen, sondern auch die durchwegs positive Reaktion aller AkteurInnen und ExpertInnen, die sie als wertvolles und taugliches Mittel zur besseren Integration von Jugendlichen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt ansehen." Dass diese positiven Entwicklungen jedoch nicht allen Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung in gleichem Maße zugutekommen, zeigt eine Analyse der Zielgruppen der integrativen Berufsausbildung. So beträgt der Anteil an Jugendlichen mit einer nicht näher definierten Lernschwäche in der IBA 60% (vgl. ebd. 56ff.). Diese ungenaue Definition in der öffentlichen Statistik erschwert eine Zuordnung der Zielgruppe von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung, da in den Daten zur Integrativen Berufsausbildung weitere Differenzierungen nach der Art der Beeinträchtigung fehlen. Wie Fasching und Koenig (2010, 36) feststellen, konnte 2008 keine einzige Person, die in der Schulzeit nach dem S-Lehrplan unterrichtet worden war, eine IBA abschließen. Positiv zu attestieren ist jedoch, dass diese Maßnahme für Jugendliche mit einer sogenannten Lernbehinderung zu der quantitativ bedeutsamsten nachschulischen beruflichen Qualifizierungsmaßnahme geworden ist. Der erschwerte Zugang zur Integrativen Berufsausbildung für Jugendliche, die nach dem S-Lehrplan unterrichtet worden sind, zeigt, dass im derzeitigen Beratungs- und Unterstützungssystem für diese Personen nur Tätigkeiten in ungelernten Hilfs- und Anlernberufen sowie in der Werkstatt für behinderte Menschen als realistische Möglichkeiten angesehen werden. Dabei würde insbesondere der Ansatz der Teilqualifizierungslehre strukturell die Möglichkeit bieten die Qualifizierungslücke zum Konzept der Nischenarbeitsplätze für Menschen mit sogenannter "geistiger Behinderung" zu schließen, wie es auch im Rahmen der Erprobungsphase der Integrativen Berufsausbildung gelungen ist (vgl. Gusel 2005). Verstärkte Informationen für S-SchülerInnen, deren Eltern und LehrerInnen, insbesondere an Sonderschulen, hinsichtlich der Möglichkeiten einer Teilqualifizierungslehre, könnten dem erschwerten Zugang dieser Zielgruppe zumindest ansatzweise entgegenwirken.

2.9 Genderaspekte in der beruflichen Orientierung und Beratung

"Vortheoretische Alltagserfahrungen" (vgl. Dern 1997, 384) in Form von gesellschaftlichen Zuschreibungen und Vorurteilen spielen, wie bereits vielfach aufgezeigt, in der Praxis der beruflichen Beratung und Orientierung eine wichtige Rolle und beeinflussen die Art und Weise der Interaktion und der daraus resultierenden selektiven Informationsweitergabe und Beratung. Dabei erweist sich jedoch nicht nur die wahrgenommene Zugehörigkeit zur Gruppe der Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung als bedeutsam. Studien haben aufgezeigt, dass auch das Geschlecht eine enorme Rolle in der beruflichen Beratung und Orientierung von behinderten Jugendlichen und Erwachsenen spielt (vgl. Fasching 2005). So werden Frauen nach wie vor vermehrt zu geschlechtsstereotypen Frauenberufen (z.B. Friseuse, Berufe im sozialen Bereich etc.) beraten, während Männern häufig als männlich typisierte handwerkliche und technische Berufe (z.B. Maurer, Maler, Tischler oder Kfz-Mechaniker) vorgeschlagen werden. Ein Vergleich der Daten von Lehrlingen innerhalb der regulären dualen Lehrausbildung und jenen in der Integrativen Berufsausbildung legt nahe, dass geschlechtsstereotype Berufswahlprozesse sich zwar in beiden Fällen tendenziell widerspiegeln, jedoch sowohl Frauen als auch Männer in der IBA häufiger in denselben Berufsfeldern ausgebildet werden. Ob dies eine positive Auswirkung der Gender Mainstreaming-Regelungen (vgl. BMASK 2010) darstellt oder Befunde widerspiegelt, wonach behinderte Personen vermehrt als geschlechtslose Wesen wahrgenommen werden (vgl. Stinkes 2006), kann aufgrund der Datenlage nicht beantwortet werden.

Befragungen von lernbehinderten Jugendlichen in Deutschland zeigen demgegenüber auf, dass im Vergleich zu Jugendlichen ohne Beeinträchtigung keine Unterschiede innerhalb geschlechtsspezifischer Berufswahlprozesse vorliegen. Demnach war auch bei lernbehinderten Jugendlichen der beliebteste Beruf bei jungen Männern der Kfz-Techniker und bei jungen Frauen die Friseuse (vgl. Pfriem & Moosecker 2004, 471f.). Als Quellen der Etablierung der Berufswünsche werden in dieser Untersuchung Praktika, Einfluss der Eltern, Interessen und Hobbys, schulische Arbeitsvorbereitung sowie Gespräche mit dem/der BerufsberaterIn genannt. Dies mag sich von Jugendlichen ohne Beeinträchtigung nicht unterscheiden, zeigt jedoch auf, dass auch bei Jugendlichen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung vortheoretische Alltagserfahrungen die Berufsorientierung in eine geschlechtsspezifische Richtung lenken.

Studienergebnisse aus Österreich unterstreichen darüber hinaus, dass gerade Frauen mit intellektueller Beeinträchtigung im Zugang zu beruflicher Information, Qualifizierung und Vermittlung benachteiligt sind (vgl. Fasching & Mursec 2010). Dies spiegelt sich auch in Werkstätten für behinderte Menschen wieder. Behinderte Frauen verbringen längere Zeit zu Hause in der Familie und sind in Angebotsstrukturen mit einer qualifizierenden und arbeitsmarktnahen Ausrichtung genauso unterrepräsentiert wie in der Anzahl der Vermittlungen aus diesen Einrichtungen (vgl. Koenig 2010b).

2.10 Das Projekt "Nichts über uns ohne uns"

Vor dem in der Einleitung skizzierten theoretischen Hintergrund und Forschungsstand nimmt das vom AMS beauftragte Projekt "Nichts über uns ohne uns - Informationen über den zukünftigen Arbeitsplatz aus der Sichtweise von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung im Sinne des Betroffenen-Mainstreamings" folgende Fragestellungen in den Blick:

  • Welchen Chancen und Grenzen begegnen Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung beim Erstzugang zum Arbeitsmarkt bzw. Wiedereintritt in ein Dienstverhältnis? Wie können die Chancen erweitert werden, um eine verbesserte Integration auf dem ersten Arbeitsmarkt zu erzielen?

  • Wie werden Berufe von Männern und Frauen mit intellektueller Beeinträchtigung gewählt? Wie und welche Informationen werden abhängig vom Geschlecht an die Betroffenen weitergeben?

  • Wie empfinden Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung die Informationen über die Tätigkeitsprofile von Arbeitsplätzen? Wie können diese aus ihrer Sicht sowie jener der Fachleute verbessert werden?

  • Wie müssen Informationen über Berufsmöglichkeiten gestaltet werden, damit Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung ihre Möglichkeiten und Grenzen auch ausreizen können?

  • Wie gestaltet sich die Sichtweise der Betroffenen im Vergleich zur Sichtweise der Fachkräfte? Wie kann eine gemeinsame Sichtweise erreicht werden?

Ausgehend von einer kritischen Analyse der bestehenden Broschüre "117 einfache Hilfs- und Anlernberufe" des AMS, in der nicht-behinderte ExpertInnen für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung infrage kommende Berufe und Arbeitsbereiche darstellen, verfolgte dieses Projekt das Ziel, gemäß des Grundsatzes des Betroffenen-Mainstreamings ("Nichts über uns ohne uns") mit Methoden der partizipatorischen Forschung die Sichtweisen von "ExpertInnen in eigener Sache" zu Informations-, Beratungs- und Arbeitsmöglichkeiten von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung einzuholen und die daraus gewonnenen Daten und Erkenntnisse mit einer Gruppe von betroffenen Personen als Ko-ForscherInnen gemeinsam zu diskutieren und auszuwerten.



[3] Wenn in diesem Bericht, Beeinträchtigungsgruppen übergreifend, die Situation von betroffenen Personen thematisiert wird, findet - in Übereinstimmung mit dem sozialen Modell von Behinderung - die Bezeichnung "Menschen mit n" Anwendung.

[4] People First bezeichnet die internationale Selbstvertretungs- und Empowerment-Bewegung von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung. Diese ist als politische Bewegung darauf ausgerichtet, die gesellschaftliche Wahrnehmung von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung zu verändern sowie im Rahmen von Peer-Beratung (= Betroffene beraten Betroffene) die individuellen Lebenssituationen der "Betroffenen" zu verändern (vgl. Postek 2009).

[5] Mit Beginn des Jahres 2011 wurden in Österreich die Regelungen des über viele Jahre als Einstellungsbarriere diskutierten Kündigungsschutzes gelockert. Laut dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen können "Begünstigte Behinderte, die ab dem Jahr 2011 neu eingestellt werden, innerhalb der ersten vier Jahre wie jede andere Arbeitnehmerin/jeder andere Arbeitnehmer gekündigt werden". Zudem wurden die Ausgleichsabgabe, also jene Summe die einstellungspflichtige Betriebe ab 25 MitarbeiterInnen pro nicht besetzter Pflichtstelle zahlen müssen, nach Unternehmensgrößen gestaffelt erhöht. "Dienstgeberinnen/Dienstgeber, die die Einstellungspflicht von einem begünstigten Behinderten pro 25 Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer nicht erfüllen, müssen im Jahr 2011 für jede offene Pflichtstelle monatlich mindestens 226 Euro (im Jahr 2010: 223 Euro) zahlen. Hat der Betrieb 100 oder mehr Beschäftigte, steigt die Ausgleichstaxe auf 316 Euro pro offener Pflichtstelle, bei 400 oder mehr Beschäftigten auf 336 Euro."

(http://www.bundessozialamt.gv.at/basb/Neuigkeiten/Gesetzliche_Aenderungen_ab_1.1.2011__Ueberblick ). Die 2011 vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz beschlossene Ausbildungsgarantie für Jugendliche gilt gleichberechtigt auch für Menschen mit Beeinträchtigungen.

[6] 6 Im Schuljahr 2008/2009 verließen laut Angaben der zuständigen Bezirksschulbehörden 560 SchülerInnen des S-Lehrplanes und 2.638 SchülerInnen des ASO Lehrplanes das Schulsystem.

3 Umsetzung der Forschung

Im folgenden Kapitel wird die Umsetzung des Forschungsansatzes beschrieben. Als zentraler methodischer Ansatz waren im Sinne der partizipatorischen Forschung Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in der Form einer Referenzgruppe an der Entwicklung und Durchführung unterschiedlicher Elemente des Forschungsprozesses beteiligt. Innerhalb des Projektes wurden Daten, welche die Sichtweise von unterschiedlichen Personengruppen repräsentieren, mit verschiedenen Methoden der qualitativen Sozialforschung erhoben. Dazu zählten Testungen der genannten Broschüre, die Befragung in Fokusgruppen sowie leitfadengestützte Interviews.

Dabei wurden Fokusgruppen mit den folgenden Gruppen durchgeführt:

  • Sieben MitarbeiterInnen arbeitmarktpolitischer Unterstützungsangebote der nachschulischen beruflichen Beratung, Qualifizierung und Begleitung wie beispielweise dem Clearing, der Berufsausbildungsassistenz sowie Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigung. In weiterer Folge werden diese Personen als Fachkräfte bezeichnet.

  • Acht LehrerInnen aus Sonderschul- und Integrationsklassen, die für die Gestaltung von Angeboten der innerschulischen Berufsberatung und -vorbereitung zuständig sind

  • Acht arbeitsuchende Jugendliche und Erwachsene mit einer intellektuellen Beeinträchtigung

Leitfadengestützte Interviews wurden durchgeführt mit:

  • Drei Müttern von arbeitsuchenden Jugendlichen bzw. erwachsenen Personen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung

  • Zehn arbeitsuchenden Jugendlichen und erwachsenen Personen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung

In drei Treffen der Referenzgruppe wurden darüber hinaus die Perspektiven von zwölf teils arbeitsuchenden, teils bereits arbeitenden Personen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung abgebildet.

Insgesamt wurden somit Erfahrungen und Verbesserungsvorschläge von 48 Personen erhoben, wobei gemäß dem Schwerpunkt dieser Untersuchung die Sichtweisen von in Summe 30 Jugendlichen und Erwachsenen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung den Schwerpunkt gebildet haben. Die Verteilung der erhobenen Sichtweisen wird auf der abgebildeten Grafik veranschaulicht.

Abbildung 3: Abgebildete Perspektiven (N = 48)

3.1 Partizipatorischer Forschungsansatz

Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung werden im Rahmen von Forschungsprojekten nur selten direkt zu ihren Erfahrungen oder Ansichten befragt, sondern zumeist stellvertretend ihre BetreuerInnen oder wichtige Bezugspersonen. Dadurch wird häufig nur eine Außenansicht wiedergegeben. Meinungen und Einschätzungen von anderen Personen über Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung werden erhoben und interpretiert, ohne die Betroffenen selbst in den Prozess der Wissensproduktion einzubeziehen (vgl. Buchner & Koenig 2008).

Dieser traditionellen Art von Forschung über Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung steht der Ansatz der partizipatorischen Forschung gegenüber. Dieser wurde insbesondere durch die inter- und transdisziplinäre Forschungsrichtung der "Disability Studies"[7] entwickelt, aus deren Feder auch das soziale Modell von Behinderung hervorgegangen ist. Partizipatorische Forschung versucht, den subjektiven Blickwinkel von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung abzubilden und diese aktiv in den Forschungsprozess einzubeziehen. Gemäß einer menschenrechtsorientierten Herangehensweise soll das über Forschung hervorgebrachte Wissen Menschen mit Beeinträchtigung in ihren Forderungen nach gesellschaftlicher Teilhabe unterstützen, indem Barrieren aufgezeigt und Lösungsansätze entwickelt werden. Dabei wird ihnen im Forschungsprozess selbst ein aktiver Part zugewiesen. So können Betroffene an verschiedenen Phasen eines Forschungsablaufs beteiligt sein, zum Beispiel bei der Entwicklung des Methodendesigns oder der Datenauswertung. Dies hat natürlich auch Auswirkungen auf den Ablauf und die Qualität der Forschung. Im Rahmen partizipativ angelegter Forschungsprojekte wird Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung somit auch die Kontrolle über den Forschungsverlauf ermöglicht (vgl. Buchner, Koenig & Schuppener 2011; Koenig & Buchner 2010; Koenig & Buchner 2011a & b). Weiters stellt die Arbeit mit Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung als ExpertInnen in der Forschung, und somit die Einbeziehung ihrer Erfahrungen, Geschichten, Sichtweisen und Lösungsvorschläge zu dem beforschten Themengebiet, einen Mehrwert für Forschungsprojekte dar (vgl. Gates & Waight 2007).

Im Rahmen des Projektes wurde auf ein weitverbreitetes Element der partizipatorischen Forschung zurückgegriffen: die Referenzgruppe (Biewer, Fasching & Koenig 2009; Koenig 2011). Die Mitglieder der Referenzgruppe repräsentieren die zu beforschende Gruppe und bringen über ihre persönlichen und beruflichen Erfahrungen die Sichtweise von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in die Gestaltung des Projektes, die Auswertung der Daten sowie die Kommentierung der Ergebnisse ein. Insgesamt bestand die Referenzgruppe aus 12 Mitgliedern, wobei ebenso viele Frauen wie Männer vertreten waren. Ein Großteil der Mitglieder konnte bereits Erfahrungen in partizipatorischen Forschungsprojekten an der Universität Wien sammeln (Koenig et al., 2010). Neu in die Gruppe hinzugekommene Personen waren entweder über viele Jahre in der People-First Bewegung und Peer-Beratung aktiv oder insofern von dem Thema betroffen, als sie selbst zu diesem Zeitpunkt nach einer für sie geeigneten Berufs- und Arbeitsmöglichkeit suchten. In Summe wurden drei Treffen (Februar, April und Juni 2011) der Referenzgruppe abgehalten, welche jeweils als eintägige Workshops angelegt waren.

Im Zuge des ersten Treffens im Februar 2011 wurden folgende Tätigkeiten durchgeführt:

  • Die Forschungsfragen wurden mit den Mitgliedern der Referenzgruppe besprochen und in Leichte Sprache übersetzt.

  • Die Fragenkataloge für die einzelnen Fokusgruppen wurden entwickelt.

Zwischen dem ersten und dem zweiten Treffen der Referenzgruppe waren einige Mitglieder der Gruppe als Ko-ForscherInnen an der Durchführung und Moderation der Fokusgruppen beteiligt.

Während des zweiten Treffens der Referenzgruppe im April 2011 wurden

  • Auszüge aus den transkribierten Fokusgruppen gemeinsam ausgewertet und das Kategoriensystem entwickelt,

  • die Broschüre 117 einfache Hilfs- und Anlernberufe getestet und die Erfahrungen dokumentiert und

  • Fallgeschichten zu den Themen Berufsinformationen und -orientierung verfasst.

Das letzte Treffen im Juli 2011 widmete sich schwerpunktmäßig den folgenden Aufgaben:

  • der Besprechung des Rohberichts und der Auswertung der Fokusgruppen, Interviews sowie von Erlebnissen und Gedanken der Referenzgruppenmitglieder.

  • der Entwicklung von Maßnahmen und Verbesserungsvorschlägen und

  • den Überlegungen für ein Folgeprojekt.

Die Arbeitsphasen der Referenzgruppentreffen fanden je nach thematischem Schwerpunkt und den zu erledigenden Aufgaben in Klein- oder Großgruppen statt. Die Arbeit in Kleingruppen eignete sich dabei vor allem zur Durchführung von Gruppendiskussionen, Testungen und Auswertungssitzungen, da in diesem Setting ein besseres Eingehen auf die einzelnen Gruppenmitglieder sowie ein Erfassen aller Perspektiven erleichtert werden. In den Plenarsitzungen der Großgruppe wurden die in den jeweiligen Arbeitsgruppen gemachten Ergebnisse und Erfahrungen ausgetauscht sowie organisatorische Fragen besprochen. Die Sitzungen der Referenzgruppe wurden dabei stets von zwei ModeratorInnen sowie zwei Unterstützungspersonen begleitet und moderiert.

3.2 Testung der Broschüre "117 einfache Hilfs- und Anlernberufe" durch Mitglieder der Referenzgruppe

Das Vorgehen bei der Testung der Broschüre kann als Aktionsforschung aufgefasst werden. Damit ist ein Forschungsansatz bezeichnet, der sich "explizit auf die soziale Realität ein[lässt], mit der Intention, diese zielbezogen zu verändern" (Klüver & Krüger 1972, 76 zit. in: Wright 2009, 413). Im Rahmen der Aktionsforschung ist die Anlehnung an den Lebenskontext der Betroffenen sowie die Praxis von zentraler Bedeutung. Dabei ist das "In-Beziehung-Setzen von Aktion und Reflexion" (vgl. Altrichter 2008, 275) ein wichtiger Bestandteil, indem die Tätigkeiten und Reaktionen des Gegenübers ständig reflektiert und beleuchtet werden. Dieses methodische Prinzip spielte auch in der Durchführung der Testung der Broschüre eine bedeutsame Rolle. So wurde allen an den Testungen beteiligten Personen eine Unterstützungsperson zur Seite gestellt. Deren Aufgabe bestand darin, den Prozess zu dokumentieren sowie im Anschluss an eine erfolgte Testung gemeinsam mit der jeweiligen Person deren Eindrücke und Erfahrungen zu reflektieren. Die Ergebnisse der Testung wurden in Gedankenprotokollen festgehalten und sind in Kapitel 3.1. beschrieben. Für die Weiterentwicklung von Informationsmaterialien sowie Beratungsmaßnahmen liefern die daraus gewonnenen Erkenntnisse wichtige Anregungen.

3.3 Fokusgruppen

Zur Erfassung der unterschiedlichen Sichtweisen wurden im Rahmen des Projektes vier Fokusgruppen mit LehrerInnen, Eltern, Fachkräften sowie SchülerInnen und NutzerInnen von arbeitsmarktpolitischen Unterstützungsangeboten sowie Werkstätten geplant. Eine mit Eltern geplante Fokusgruppe fand nicht statt, da trotz intensiver Bewerbung keine Person zum Termin erschien. Wie auch in den Interviews festgestellt wurde, lässt sich dies vor allem mit der Überbelastung von Eltern erklären, welche in vielen Fällen Beruf und die Unterstützung ihres behinderten Kindes miteinander vereinbaren müssen (vgl. Chelebecek 1998).

Zu den drei durchgeführten Fokusgruppen kamen sieben Fachkräfte, acht LehrerInnen sowie acht NutzerInnen. Ziel der Fokusgruppen war es, die Sichtweise der unterschiedlichen Personen zu den forschungsleitenden Fragestellungen zu erfassen sowie in einem gemeinsamen Austausch Verbesserungsvorschläge zu entwickeln. Dabei wurde für jede Fokusgruppe mit der Referenzgruppe jeweils ein eigener Fragenkatalog entwickelt. Alle Fokusgruppen wurden zudem von einem Mitglied der Referenzgruppe ko-moderiert.

Methodisch wurde darauf geachtet, die für die Fokusgruppen zentrale Erzählbereitschaft der TeilnehmerInnen durch einen gemeinsamen Austausch zu fördern (vgl. Bohnsack 2000). Dazu wurde auf die in Fokus- und Gesprächsgruppen wichtige Selbstläufigkeit achtgegeben, welche voraussetzt, dass die ModeratorInnen einer Fokusgruppe sich zurücknehmen und den TeilnehmerInnen genügend Raum bieten, ihre Erfahrungen untereinander auszutauschen (vgl. Pszyborski & Riegler 2010).

Innerhalb des Forschungsdesigns wurde bewusst die Entscheidung getroffen "homogene" Fokusgruppen durchzuführen, da dadurch die spezifischen Perspektiven der einzelnen Gruppen besser abgebildet werden können (vgl. Breitenfelder et al. 2004). Aufgrund der Behandlung ähnlicher Themen war es somit in der Auswertung möglich konträre Sichtweisen zu spezifischen Fragestellungen, Gemeinsamkeiten und Widersprüche zu erfassen sowie spezifische Vorschläge zur Verbesserung des Informationsflusses zwischen den einzelnen Beteiligten abzuleiten.

3.4 Interviews

Da trotz einer intensiven Verbreitung der Einladung zu den Fokusgruppen über Organisationen der beruflichen Integration, Werkstätten, Dachverbände, Selbstvertretungsgruppen und Elternverbände ersichtlich wurde, dass der Zugang für einige Zielgruppen (v.a. Eltern und Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung) nicht niederschwellig genug war, wurden zusätzlich Interviews mit Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung und Eltern durchgeführt. Die zahlreichen telefonischen und schriftlichen Reaktionen auf die über dieselben Verteilungskanäle ausgesendeten Einladungen zu den Interviews machen deutlich, dass das Angebot der Durchführung von Interviews zu einer von den InterviewpartnerInnen gewünschten Zeit und an einem gewünschten Ort den Zugang erheblich leichter machte. Insgesamt wurden zusätzlich leitfadengestützte Interviews mit zehn Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung sowie drei Müttern durchgeführt. Die Interviews fanden im räumlichen Umfeld von Wien und Niederösterreich statt und wurden, wie die Fokusgruppen, auf Tonband aufgenommen, transkribiert und ausgewertet.

3.5 Auswertung

Aufgrund der zeitlich mit neun Monaten relativ kurz angelegten Dauer des Forschungsprojekts sowie der Fülle an Datenmaterial, die aus den Fokusgruppen und Interviews gewonnenen werden konnte, wurden die Daten mit der Methode der Globalauswertung ausgewertet. Eine solche Vorgangsweise ermöglicht es, die Daten sowohl fallbezogen als auch themen- und perspektivenorientiert zu bearbeiten und daraus Hypothesen abzuleiten (vgl. Flick 2005). Nach einer ersten Bearbeitung des Materials wurde ersichtlich, dass das Thema berufliche Information nicht losgelöst von den strukturellen Bedingungen betrachtet werden kann. Um die Daten weiter zu bearbeiten und hinsichtlich der leitenden Fragestellungen auszuwerten, wurden in Abstimmung mit der Referenzgruppe drei Überkategorien gebildet, welche in der weiteren Bearbeitung verfeinert und erweitert wurden. Diese Kategorien sind:

  1. Fremd- und Selbstbilder von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung: Hierunter wurden sämtliche Aussagen kodiert, welche von Fachkräften, LehrerInnen oder Eltern ÜBER Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung geäußert wurden. Derartige Aussagen beziehen sich, als Fremdbild bezeichnet, beispielsweise auf wahrgenommene Stärken und Defizite, Ausgangsvoraussetzungen, Aussagen über den Stellenwert von Behinderung und intellektueller Leistungsfähigkeit.Ferner wurden Aussagen erfasst, die als Selbstbild von betroffenen Personen von IHNEN SELBST getätigt wurden. Darunter fallen Äußerungen zu eigenen Wünschen und Vorlieben sowie zum selbst wahrgenommen Stellenwert der Behinderung.

  2. AkteurInnen und Stakeholder beruflicher Integration: Hierunter wurden sämtliche Ansichten über relevante Prozesse, Strukturen und Probleme erfasst, die einer der sechs für den Prozess der beruflichen Information und Integration als relevant identifizierten Systemgruppen zugeordnet werden konnten. Dabei handelt es sich um: Familie, Schule, Maßnahmen, Werkstätten, Wirtschaft sowie FördergeberInnen.

  3. Gestaltung beruflicher Integration: Hierunter wurden sämtliche Aussagen über inhaltliche, methodische und konzeptionelle Aspekte kodiert, die sich in die Bereiche (1) Unterstützung und Begleitung, (2) Informationen sowie (3) berufliche Orientierung und Berufswahl einteilen ließen.

Sämtliche Daten wurden mithilfe der Software Atlas.ti ausgewertet und kodiert. Dieses Programm bietet die Möglichkeit, qualitatives Datenmaterial effizient und übersichtlich auszuwerten sowie Überschneidungen zwischen den einzelnen Kategorien zu identifizieren. Die in der Auswertung gewonnenen Erkenntnisse zur Beantwortung der leitenden Fragestellungen wurden in einem weiteren Schritt mit der Referenzgruppe besprochen sowie mithilfe von Rückkoppelungsschleifen anhand des Datenmaterials überprüft.



[7] 7 Die Disability Studies sind eine inter- und transdisziplinäre Wissenschaft, die Behinderung als soziale, historische und kulturelle Konstruktion versteht und sich der sozial- und kulturwissenschaftlichen Erforschung des Phänomens Behinderung widmet. Die international etablierten Disability Studies haben sich etwa seit Mitte der 80er Jahre in den USA und Großbritannien entwickelt. In dem neuesten Lehrbuch zu Disability Studies beschreibt Dan Goodley (2011, XI) diese Forschungsrichtung als "ein breites Gebiet von Theorieentwicklung, Forschung und Praxis, die sich der Annahme, dass Behinderung ein persönliches Unglück darstellt antagonistisch entgegenstellt. Während wir Menschen als Träger unterschiedlicher physischer, kognitiver, psychischer oder gesundheitlicher Einschränkungen identifizieren können, verorten die Disability Studies das Problem von Behinderung in der Gesellschaft ... Die Disability Studies markieren einen Paradigmenwechsel: von der Behinderung als persönliche Eigenschaft zu einem Konzept von Behinderung als sozialer Pathologie. Wenn wir Behinderung in der Person lokalisieren, halten wir einen behindernden Status quo aufrecht. Wenn wir im Gegensatz anfangen, Behinderung als kulturelles und politisches Phänomen zu sehen, beginnen wir, seriöse Fragen nach der sozialen Welt zu stellen." (Übersetzung: Oliver Koenig).

4 Ergebnisse des Forschungsprojekts

In diesem Kapitel werden die Ergebnisse des Forschungsprojekts dargestellt. Dazu werden zunächst die aus der Testung der Broschüre 117 einfache Hilfs- und Anlernberufe gewonnenen Erkenntnisse vorgestellt sowie im Anschluss die Auswertung der qualitativen Daten entlang der im vorherigen Kapitel beschriebenen Haupt- und Unterkategorien präsentiert. Jeden dieser Bereiche ist ein kurzer Exkurs zu wichtigen vorhandenen Forschungsbefunden vorangestellt, an den sich die Darstellung der im Rahmen dieser Studie gewonnenen Ergebnisse anschließt. Im Anschluss daran werden jeweils die Ergebnisse im Lichte der leitenden Fragenstellungen diskutiert und zentrale daraus ableitbare Empfehlungen gegeben. Optisch hervorgehoben, werden die Ergebnisse durch Zitate sowie Exzerpte aus den von den ReferenzgruppenteilnehmerInnen verfassten Fallgeschichten veranschaulicht.

4.1 Rückmeldungen der Referenzgruppe zur Broschüre 117 einfache Hilfs- und Anlernberufe

Als wichtiges Element des partizipatorischen Designs des Forschungsprojekts wurde die Broschüre 117 einfache Hilfs- und Anlernberufe herangezogen, um den von ihr definierten Anspruch, "einen ersten Überblick über verschiedene berufliche Möglichkeiten zu bieten sowie eine erste konkrete Zielvorstellung für die Arbeitsuchende Person zu schaffen" (AMS 2006, 4), zu überprüfen. Da betroffene Personen auch explizit als Zielgruppe genannt werden, versuchten die Referenzgruppenmitglieder mit Unterstützung, aus der Broschüre einen für sie passenden Beruf herauszusuchen. Aufgabe der Unterstützungspersonen war es - neben konkreten Erklärungen und Hilfestellungen -, die Eindrücke sowie Verbesserungsvorschläge der Testpersonen zu dokumentieren, die in Folge wiedergegeben werden:

  • Die Broschüre ist durchgängig nicht nach den Grundsätzen von Leichter Sprache gestaltet. Deren Verwendung, ergänzt durch eine größere Schrift sowie das Verdeutlichen wichtiger Inhalte durch Bilder oder Zeichnungen, würde es Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung ermöglichen, die darin enthaltenen Informationen besser zu verstehen und die Broschüre auch ohne Unterstützung zu verwenden.

  • Die Gestaltung der Broschüre wird als unübersichtlich und abstrakt wahrgenommen. Konkrete Beispiele von Personen, die in dargestellten Berufen arbeiten sowie deren Einschätzungen und Beschreibungen über Vor- und Nachteile, würden die Informationen anschaulicher machen. Dabei sollten gezielt auch Beispiele von Personen gegeben werden, die eine Mehrfachbeeinträchtigung aufweisen.

  • Die primäre Einteilung der Berufe nach dem Ausmaß der beherrschten Kulturtechniken wurde nicht nur als zu abstrakt wahrgenommen, sondern repräsentiert auch eine defizitorientierte Sichtweise. Eine entsprechende Selbsteinschätzung ist nur schwer möglich. Eine neu zu entwickelnde Broschüre sollte nicht primär bei den Kulturtechniken, sondern bei den jeweiligen Vorlieben und Interessen der LeserInnen ansetzen.

  • Ein Großteil der Berufe orientiert sich an rein betrieblich definierten Bestandteilen einfacher Hilfsarbeits- und Anlernberufe. Beispiele von Nischenarbeitsplätzen, in denen eine Passung zwischen individuellen Fähigkeiten und Vorlieben mit den betrieblichen Anforderungen vorgenommen wird, fehlen zur Gänze. Die Referenzgruppenmitglieder haben angemerkt, dass es so gut wie aussichtslos sei, einen Beruf zu finden, in dem eine Person alle beschriebenen Anforderungen erfüllen kann. Das Ergebnis einer solchen Darstellung ist häufig nicht gezielte Eigeninitiative, sondern Motivationsverlust.

  • Die Broschüre berücksichtigt die Veränderungen im beruflichen Qualifizierungsbereich für Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung nicht. Eine Vielzahl an Personen, die eine Teilqualifizierungslehre abgeschlossen haben, sind mittlerweile erfolgreich beruflich integriert. Die Darstellung konkreter Personen in "untypischen" Berufsfeldern sowie die Beschreibung ihrer Arbeitsplatzanforderungen könnte nicht nur Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung die Möglichkeit bieten, diese als Rollenvorbilder wahrzunehmen, sondern auch Betriebe entsprechend sensibilisieren.

  • In der Broschüre sind keine Informationen über konkrete Beratungs- und Anlaufstellen enthalten. Das Sammeln dieser Informationen bedeutet angesichts der Komplexität des derzeitigen Unterstützungssystems für Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung eine oft unüberwindbare Hürde.

  • Mit Ausnahme von zwei der 117 beschriebenen Berufe setzen alle vorgeschlagenen Hilfs- und Anlernberufe schwere körperliche Tätigkeiten voraus. Neben der grundsätzlichen Problematik potenziell gesundheitsschädigender Arbeitsplätze, werden somit Personen mit einer Mehrfachbeeinträchtigung und/oder schlechten körperlichen Voraussetzungen lediglich zwei Berufe vorgestellt, die sie durchführen können. Dies wird von den Testpersonen als eine massive Benachteiligung gesehen.

Im Folgenden wird exemplarisch das Beispiel einer Testung mit einem Referenzgruppenmitglied dargestellt:

Bei der Testung der Broschüre 117 einfache Hilfs- und Anlernberufe mit Herrn J., der aufgrund seiner körperlichen Beeinträchtigung auf die Verwendung eines elektrischen Rollstuhls angewiesen ist und seine Fähigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen als eher gering einschätzt, wurde versucht, einen für ihn passenden Beruf zu finden.

Herr J. äußerte den Wunsch, einem Beruf nachzugehen, bei dem er mit Menschen arbeiten kann. Dabei kann er es sich vorstellen, beratende und informierende Tätigkeiten durchzuführen. Die Arbeit am Telefon ist für ihn eine denkbare Alternative, jedoch verweist er auf Schwierigkeiten bei der gleichzeitigen Bewältigung von mehreren Aufgaben, wie Telefonieren und der Informationsrecherche am Computer. Herr J benötigt bei diesen Tätigkeiten Unterstützung.

Bei der intensiven Suche nach einem passenden Beruf konnte für Herrn J. in der Broschüre lediglich der Beruf des "Pförtners/Portiers" gefunden werden, der allerdings gute Kenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen voraussetzt. Die Chance, ein gänzlich barrierefreies Bürogebäude zu finden, in dem der Job eines Pförtners angeboten wird, schätzt er als sehr gering ein.

4.1.1. Wahrnehmungen von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung

Wie bereits ausführlich dargestellt wurde, sind Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung mit einer Vielzahl von Vorurteilen und Barrieren konfrontiert. So werden Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung heutzutage noch immer als kindsgleich und hilfsbedürftig angesehen (vgl. Beirne-Smith, Patton & Kim 2006). Im Prozess der beruflichen Integration von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung spielen derartige Fremd- und Selbstbilder als vortheoretische handlungsleitende Vorstellungen eine große Rolle und sollen hier näher dargestellt werden.

Aus den Ergebnissen des Forschungsprojekts lassen sich eine Reihe von Widersprüchen in der Sichtweise von Fachkräften der beruflichen Integration und LehrerInnen in Bezug auf Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung aufzeigen. Für viele der interviewten Personen spielt die Auseinandersetzung mit der Zielgruppe im Sinne eines sozialen Modells von Behinderung eine bedeutende Rolle. So sehen Fachkräfte der beruflichen Integration und LehrerInnen eine ressourcenorientierte Arbeitsweise, den Abbau von Barrieren und das Fördern der Stärken von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung als Ziele ihrer beruflichen Tätigkeit an. Gleichzeitig werden jedoch am Individuum "Grenzen" in der Unterstützung festgemacht, die als Selektionsmechanismen die zugestandenen Möglichkeiten der beruflichen Integration von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung beeinflussen und als Filter hinsichtlich der Weitergabe von Informationen wirken. Diese, insbesondere bei einigen der interviewten LehrerInnen bestehende Grundhaltung wirkt handlungsleitend. Befragte Lehrkräfte berichten, dass Personen, die als "leichter intellektuell beeinträchtigt" erscheinen, gezielt gefördert und unterstützt werden, während für "Mehrfachbehinderte" und "schwerer Beeinträchtigte" abseits von Werkstätten keine Möglichkeiten gesehen werden. In Anbetracht eingeschränkter schulischer Ressourcen zur Berufsorientierung sowie einer in den Interviews mehrfach angesprochenen Überforderung der Lehrkräfte, kann ein solches Verhalten als gezielte Coping-Strategie verstanden werden, denjenigen Personen zu helfen, denen unter den aktuellen Rahmenbedingungen geholfen werden kann. Bei manchen Personen erscheint diese Tendenz jedoch als Ausdruck einer festen Überzeugung. In diesen Fällen ist es ein Ziel, die Unterstützung von subjektiv als "stärker beeinträchtigt" wahrgenommenen Personen rein auf eine lebenspraktische Bewältigung ihres Alltags auszurichten. Dementsprechend kommt der Vermittlung einer beruflichen Perspektive entweder eine nachrangige oder überhaupt keine Bedeutung zu. Ein Lehrer berichtet zum Beispiel:

"Wir nehmen dann ja eh nur die Schüler mit, die wirklich infrage kommen, wo ich sage, ok, da hat es einen Sinn, die könnte das Arbeitsamt weiter vermitteln. Die Schüler, wo ich weiß, die brauchen eine Werkstätte, mit denen gehe ich dort gar nicht hin, das ist sinnlos, bringt ihnen gar nichts, die sind dort vielleicht auch nur störend."

Die im Rahmen von Fokusgruppen und Interviews befragten 18 arbeitsuchenden Personen mit intellektueller Beeinträchtigung berichten durchwegs von Diskriminierungserfahrungen und Vorurteilen, denen sie im Laufe ihrer (beruflichen) Bildungsbiographie begegnet sind. Viele der befragten Personen fühlen sich dabei in ihren Fähigkeiten und Wünschen nicht wahr- und ernstgenommen. Vorurteile sind - laut Aussage der befragten Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung -am häufigsten bei jenen Stellen und Institutionen wahrnehmbar, an denen die dort handelnden Personen bislang wenig oder gar keinen Kontakt mit behinderten Menschen gehabt haben. Die InterviewpartnerInnen nannten hierbei häufig Betriebe des allgemeinen Arbeitsmarktes sowie Bereiche der Arbeitsvermittlung.

Von den Mitgliedern der Referenzgruppe wurde eine Reihe von negativen Einstellungen bzw. Vorurteilen genannt, denen sie größtenteils selbst bereits mehrfach ausgesetzt waren. Demnach würden Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung:

  • keine Fähigkeiten besitzen,

  • abhängig und hilfsbedürftig sein,

  • nicht den Anforderungen des Arbeitsmarkts entsprechen,

  • mit den Erwartungen der Konsum- und Leistungsgesellschaft nicht mithalten können,

  • nicht in der Lage sein, Verantwortung zu übernehmen,

  • nicht mehr zu kündigen sein

sowie Personen sein, mit denen nicht wie mit anderen erwachsenen Menschen kommuniziert werden könne. Ein Großteil der Befragten berichtet von negativen Erfahrungen mit Betrieben. Hierzu äußerten einige Mitglieder der Referenzgruppe eine tendenziell pessimistische Grundhaltung. Demnach blieben Vorurteile gegenüber Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung im Bereich der Wirtschaft so lange bestehen, solange sich Betriebe durch die zu niedrige Ausgleichstaxe von der Einstellung behinderter Menschen "freikaufen könnten".

Aus Sicht der Fachkräfte der beruflichen Integration und LehrerInnen sind sowohl die Chancen als auch die Grenzen der Zielgruppe, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, zusätzlich von einer Reihe weiterer Faktoren abhängig. Dabei werden die Art und das Ausmaß der Beeinträchtigung, das Alter der Person, das Geschlecht, die sozio-ökonomische Herkunft sowie ein etwaiger Migrationshintergrund als mögliche Faktoren von Diskriminierung beschrieben, wie es auch in der sozialwissenschaftlichen Intersektionalitätsforschung zunehmend thematisiert wird (vgl. Björnsdottir & Traustadottir 2010). Während die Kombination der Strukturkategorien "Intellektuelle Beeinträchtigung", "Migrationshintergrund" und/oder "fortgeschrittenes Alter" deren MerkmalsträgerInnen meist wenige oder keine Chancen lasse, sei auch bei dieser Zielgruppe die Verbindung von "jung" und "aus guten sozialen Verhältnissen" ein begünstigender Faktor.

Trotz der Evidenz dieser Aussagen stellt die Wahrnehmung und Beurteilung der Integrationswahrscheinlichkeit bestimmter Personengruppen durch Fachkräfte der beruflichen Integration einen weiteren potenziellen Selektionsmechanismus dar, durch den gesellschaftlich vorfindbare Ungleichheitsstrukturen genau in jenen Institutionen unbewusst reproduziert werden, die zu deren Aufhebung geschaffen wurden (vgl. Wansing 2005). Dies kann und soll an dieser Stelle jedoch nicht an den unterstützenden Fachkräften festgemacht werden, sondern ist als Ausdruck struktureller Förderungsbedingungen zu sehen, wonach Fachkräften für die Arbeit mit sogenannten "Multi-Problemfällen" nicht genug Ressourcen zugestanden werden.

In diesem Zusammenhang wird auch von den interviewten Eltern eine mangelnde Orientierung am Lebenskontext der Person beklagt. Auf die persönlichen Bedürfnisse und Fähigkeiten werde zu wenig eingegangen. Eltern erhoffen sich eine Erweiterung der Möglichkeiten für ihre Kinder. Von allen befragten Gruppen wird die Bedeutung von Rollenvorbildern, die einen Arbeitsplatz gefunden haben, betont. An diesen könnten sich Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung orientieren. Positive Vorbilder würden sich zudem günstig auf das Selbstbild von Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen auswirken, das häufig durch anhaltende biografische Behinderungserfahrungen negativ besetzt ist. Weiters würde Rollenvorbildern eine Sensibilisierungsfunktion - insbesondere gegenüber Betrieben - zukommen und eine Abkehr von bislang primär medial repräsentierten Bildern von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung als abhängig und hilfsbedürftig bedeuten. Eine Mutter erzählt in diesem Zusammenhang:

"Und ich möchte der Welt irgendwo zeigen, wie schön das eigentlich ist. Mich freut es immer so, wenn ich mit der L. [Tochter mit Behinderung] einkaufen gehe. Der Spar ist schräg vis-a-vis, da treffen wir Kinder mit Müttern, die ich nicht kenne und die rufen: "Hallo L.!" Sie kann mir die Namen sagen, sie kann mir Vornamen und Familiennamen sagen. Sie kann mir sagen, in welcher Kindergartengruppe sie sind, alles. Und das finde ich so schön, dieses Angenommensein. Von den kleinen Kindern wird sie mehr angenommen als von den Eltern. Obwohl ... ich habe jetzt auch ein sehr schönes Erlebnis gehabt. Eine junge Frau, deren Kind auch im Kindergarten ist, ist auf mich zugekommen und hat gesagt: ‚Frau M., Sie machen mir eine richtige Freude, dass die L. dort ist, unser Kind lernt wenigstens, damit umzugehen'" [8]

4.1.2. Diskussion der Ergebnisse und Empfehlungen

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die Chancen und Grenzen, denen Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung beim Zugang zum Arbeitsmarkt begegnen, in besonderem Maße von gesellschaftlichen und defizitorientierten Vorurteilen geprägt sind, die als soziale Barrieren wirksam werden. Derartige Bilder werden durch strukturelle Selektionsmechanismen und medial transportierte Vorstellungen dieser Zielgruppe verstärkt und von Fachkräften und LehrerInnen in ihrer beruflichen Tätigkeit als handlungsleitende Prinzipien in der subjektiven Beurteilung der Integrationsmöglichkeiten oft unbewusst reproduziert. Die daraus resultierende selektive Weitergabe von, insbesondere bei LehrerInnen oftmals ohnehin nur lückenhaft vorhandenen Informationen über Berufsbilder von und Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung, strukturiert die Möglichkeiten in Abhängigkeit vom wahrgenommenen Ausmaß der intellektuellen Beeinträchtigung sowie den sozio-ökonomischen und kulturellen Voraussetzungen.

Dabei variieren die Sichtweisen der einzelnen Gruppen erheblich. Betroffene Personen erleben, dass sie in ihren Wünschen nicht hinlänglich ernstgenommen werden und entwickeln ein negatives Selbstwirksamkeitserleben (vgl. Bandura 1998), wodurch sie für sich selbst wenig bis keine Chancen sehen. Besonders intensiv erleben Betroffene Vorurteile und Zurückweisung dort, wo AkteurInnen bislang wenig Kontakt mit behinderten Menschen hatten und daher kaum entsprechende positive Erfahrungen machen konnten.

Die gewonnenen Erkenntnisse lassen die Schlussfolgerung zu, dass zur Verbesserung der beruflichen Chancen von Menschen mit einer intellektueller Beeinträchtigung eine gezielte Veränderung der Sichtweise über die Zielgruppe erforderlich ist, weswegen einer gezielten positiven und lebensweltnahen Darstellung dieser Personen in Informations- und Sensibilisierungskampagnen eine entscheidende Bedeutung zukommt. Dies müsste sich folgerichtig auch in der Gestaltung von Tätigkeitsprofilen und Berufsbeschreibungen widerspiegeln. Anhand von bewusst ausgewählten Fallgeschichten, die sowohl die Erfahrungen des/der MitarbeiterIn mit einer intellektuellen Beeinträchtigung als auch jene der Betriebe dokumentieren, könnten zudem sowohl die konkreten auf diesem Arbeitsplatz durchgeführten Tätigkeiten beschrieben als auch Informationen über verwandte Berufsbilder gegeben werden. Dabei kommt es aus Sicht der Befragten nicht darauf an, wie in der Broschüre 117 einfache Hilfs- und Anlernberufe, eine umfassende Darstellung aller möglichen Berufe zu bieten. Genauso wie von den Mitgliedern der Referenzgruppe in der Testung der Broschüre beschrieben, betonen auch einige Fachkräfte, dass die Beratungspraxis der beruflichen Integration für Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung mit deren heterogenen Ausgangsvoraussetzungen durch eine solche Darstellung eher eingeschränkt, denn dazu aufgefordert würde, das kreative Potenzial der IntegrationsberaterInnen in der Beschreibung der Stärken und Fähigkeiten der Personen mit intellektueller Beeinträchtigung zu entdecken. Zukünftig zu entwickelnden Informationsmaterialien wird somit eher eine sensibilisierende Bedeutung für die unterschiedlichen SystemakteurInnen zugestanden bzw. werden sie als Medium gesehen, um Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung mit positiven Beispielen und Rollenvorbildern zu motivieren.

Von VertreterInnen der Referenzgruppe sowie einigen interviewten Personen mit intellektueller Beeinträchtigung wurde der Bedarf an Schulungen und Sensibilisierung von MitarbeiterInnen des AMS im Umgang mit Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung genannt, da dem AMS in seiner von den interviewten Personen wahrgenommenen Drehscheibenfunktion eine grundlegende Bedeutung in der Erstberatung, Richtungsentscheidung und Motivation der arbeitsuchenden Menschen zukommt. Ebenso sollte, so eine weitere Empfehlung, ein Leitfaden zum Umgang mit behinderten Menschen entwickelt werden, der zudem relevante Informationen über sozialrechtliche Bestimmungen sowie - laufend aktualisiert - über die wichtigsten Unterstützungsangebote enthält. Die Inhalte dieser Schulungen und eines Leitfadens sollten von SelbstvertreterInnen mit intellektueller Beeinträchtigung mitentwickelt und angeboten werden.

Im Folgenden wird in der Darstellung der Ergebnisse der Blick jeweils auf die einzelnen wichtigsten AkteurInnen und Stakeholder der beruflichen Orientierung und Information sowie Begleitung und Unterstützung von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung geworfen. Inhaltliche Überschneidungen sind dabei unvermeidbar und spiegeln die Beziehungen dieser AkteurInnen in diesem in besonderem Maße inter-systemischen Arbeitsfeld wider, auf die auch in der Gestaltung von entsprechenden Informationsmaterialien und/oder Sensibilisierungsmaßnahmen Rücksicht genommen werden sollte.

4.2 Familie

Eltern und Familien stellen in beruflichen Beratungs-, Informations- und Entscheidungsprozessen eine wichtige Instanz dar, die in der Entwicklung von Unterstützungsmaßnahmen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit und ohne intellektueller Beeinträchtigung nicht außer Acht gelassen werden dürfen (vgl. Schmidt 2004, 283). Auch wenn im Kontext funktional differenzierter Gesellschaften die Funktion der gesellschaftlichen Status- und Chancenzuweisung von der Familie an das Bildungssystem delegiert worden ist, sind Familien immer noch als zentrale Instanzen zu betrachten, die aufgrund ihrer schicht- und milieuspezifischen Erwartungshaltungen und Vorbildwirkung die Lebenschancen und Berufswege ihrer Kinder steuern (vgl. Beham & Wilk 1998). Für Menschen mit Beeinträchtigung stellen in vielen Fällen ihre Familien die wichtigste soziale Institution dar, wodurch ihre berufliche Laufbahnplanung in verstärktem Ausmaß durch die materiellen und sozialen Voraussetzungen der Eltern beeinflusst wird (vgl Shah 2010).

Die Rolle der Familienmitglieder in beruflichen Entscheidungsprozessen ist umso bedeutsamer, je stärker die wahrgenommene Beeinträchtigung des behinderten Kindes ist. Aus Sicht der Familien zeigt sich jedoch häufig, dass insbesondere Eltern von Kindern mit Beeinträchtigung durch fehlende Informationen sowie unkoordinierte Unterstützungsmaßnahmen vielfältigen Erschwernissen ausgesetzt sind (vgl. Chelebecek 1998; Thimm & Wachtel 2003; Buchner, Postek & Schachinger 2011). So belegen Studien, dass Eltern von Kindern mit einer Mehrfachbeeinträchtigung fehlende Informationen bezüglich Unterstützungsmaßnahmen als die größte Belastung in der Unterstützung ihrer Kinder empfinden (van Saanen 2011).

In vielen Fällen sind Eltern nicht nur eine wichtige Stütze für das Kind, den Jugendlichen und Erwachsenen mit und ohne einer intellektuellen Beeinträchtigung, sondern sind, im Falle einer Beeinträchtigung, als die gesetzlichen SachwalterInnen der Personen zusätzlich in grundlegende Entscheidungsprozesse eingebunden. Die Situation erwachsener Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung, welche noch im Elternhaus leben und durch die Eltern besachwaltet sind, erfordert eine intensive Zusammenarbeit der unterschiedlichen Institutionen zur beruflichen Orientierung, Vorbereitung und Unterstützung mit den Eltern (vgl. Seifert 2003).

4.2.1. Ergebnisse aus den Erhebungen

Eine Betrachtung der Auswertungsergebnisse ergibt ein spannungsgeladenes Bild. Während Fachkräfte und LehrerInnen die Zusammenarbeit mit den Eltern und Angehörigen als schwierig beschreiben, betonen die interviewten Eltern, sich von den "Professionellen" nicht als gleichwertige Unterstützungspersonen ihrer beeinträchtigten Kinder wahrgenommen zu fühlen.

Fachkräfte und LehrerInnen beschreiben die Beziehung der Eltern zu ihren Kindern als durch Überbehütung oder Desinteresse geprägt, was sich dementsprechend kontraproduktiv auf die Zusammenarbeit auswirke. So empfinden einige der interviewten Personen die Familien eher als ein störendes und belastendes "Zusatzpaket" in der Beratung, da diese den betroffenen Personen häufig Dinge aufdrängt. In diesem Zusammenhang werden milieu- und kulturspezifische Unterscheidungen angestellt. Demnach zeigen Eltern aus sozial schwächeren Familien kein bzw. wenig Interesse an ihrem Kind und erfüllen aufgrund ihrer als schwierig beschriebenen sozialen Lebenslage keine Vorbildfunktion. Hingegen nehmen - aus Sicht der befragten Fach- und Lehrkräfte - Eltern aus besser gestellten Verhältnissen den Unterstützungsbedarf ihres Kindes oftmals nicht wahr oder sie überhüten ihre - oftmals schon erwachsenen - Kinder. Die Lebensverhältnisse in sozial und materiell benachteiligten Familien wirken sich zudem für viele Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung als eine zusätzliche Benachteiligung beim Zugang zum Arbeitsmarkt aus.

Trotz dieser Vorbehalte nehmen alle Befragten das System Familie als zentrales Element in der Unterstützung wahr. Insbesondere im Zusammenhang mit der Berufswahl beeinflussen die Berufe der Eltern die Wahl der Kinder. Eine interviewte Frau mit intellektueller Beeinträchtigung berichtet, den Beruf ihres Vaters (Taxilenker) ergreifen zu wollen, obwohl dessen Arbeitsbedingungen - Arbeit in der Nacht, lange Arbeitszeiten - ihr nicht liegen.

Vor allem die interviewten Mütter berichten von der Überbelastung in den Familien. Dabei sind es zumeist die Frauen, welche Beruf und die Unterstützung eines Kindes mit Beeinträchtigung vereinbaren müssen. Aufgrund mangelnder und/oder falscher Informationen wissen Eltern zudem häufig nicht, welche Möglichkeiten der Unterstützung ihnen zur Verfügung stehen.

Auf Basis der Erhebungsergebnisse lässt sich das Verhältnis zwischen professioneller Seite und Eltern als belastet und für beide Seiten belastend beschreiben. In Anbetracht der zentralen Bedeutung der Elternarbeit werden insbesondere im Kontext beruflicher Beratung und Information verstärkte Bemühungen in diesem Bereich für notwendig erachtet. Fachkräfte betonen, dass Beratungsangebote und Informationsmaterialien berücksichtigen sollten, dass die Unterstützung, die von den Familien der Personen mit intellektueller Beeinträchtigung erbracht wird, vom sozialen Milieu und dem familiären Zugang zu Informationen abhängen. Besonders Jugendliche mit einer sogenannten Lernbehinderung stammen, wie in der Einleitung bereits dargestellt wurde (siehe Kapitel 1.4), häufig aus sozial benachteiligten Verhältnissen. Hier müssten berufliche Beratung und Information besonders niederschwellig ansetzen und entsprechend Zeitressourcen für die Familienarbeit zur Verfügung stehen.

Der Qualität von Beratungsangeboten wird aus Sicht der Fachkräfte bislang zu wenig Bedeutung beigemessen. Derart, so lässt sich resümieren, drohen fehlende sowie nicht entsprechend aufbereitete und zugängliche Informationen zu einer weiteren Überbelastung von Familien beizutragen, was sich zumeist negativ auf Kinder, Jugendliche oder Erwachsene mit intellektueller Beeinträchtigung auswirkt, da diese in erhöhtem Maße von ihren Familien abhängig sind.

4.2.2. Diskussion der Ergebnisse und Empfehlungen

Die Chancen und Grenzen von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung beim Zugang zum Arbeitsmarkt sind in besonderem Maße von der Zusammenarbeit mit deren Familien abhängig. Diese sind gerade wegen oftmals fehlender oder nicht zugänglicher Informationen, die vielfach die Voraussetzung für den Zugang zu finanziellen und instrumentellen Unterstützungsangeboten schaffen, erheblichen Belastungen ausgesetzt. Darüber hinaus lebt ein Großteil der Eltern, mit denen Fachkräfte und LehrerInnen in ihrer Arbeit zu tun haben, in sozial und materiell schwierigen Lebenslagen, welche sich als zusätzliche Benachteiligung für die betroffenen Personen auswirken. Wie von den Fachkräften und LehrerInnen beschrieben, existieren bestimmte, teilweise auf Vorerfahrungen basierende negativ besetzte Vorstellungen von Eltern beeinträchtigter Kinder, denen eine handlungsleitende Funktion zukommt und einer gegenseitig funktionalen Beziehung zwischen Eltern und professionellen Unterstützungspersonen im Weg stehen. So betonen auch die interviewten Eltern, dass sie sich in ihrer Lebenssituation häufig nicht wahrgenommen fühlen. Zudem ist die Unterstützung durch Fachdienste der beruflichen Beratung und Integration zeitlich begrenzt, während Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung meist für eine längere Dauer von ihren Eltern emotional, finanziell und instrumentell unterstützt werden.

Eine Aufrechterhaltung des Status quo mindert die Möglichkeiten, die sich aus einer gezielten Zusammenarbeit zwischen Fach- und Lehrkräften mit den Eltern ergeben könnten. So werden Arbeitsplätze größtenteils über informelle Kontakte und Netzwerke erschlossen. Eine Fachkraft sowie einige Mitglieder der Referenzgruppe nennen dabei die Methode der Persönlichen Zukunftsplanung als zukunftsweisendes Modell, wofür aber neben Schulungen für MitarbeiterInnen häufig die zeitlichen Ressourcen fehlen.

Exkurs: Persönliche Zukunftsplanung

Der Ansatz der Persönlichen Zukunftsplanung wurde in den frühen 80er Jahren in den USA entwickelt und hat sich international seitdem als ein erfolgreicher Weg herausgestellt, Veränderungen im Leben von Menschen zu planen und die notwendige Unterstützung für diese Veränderungen zu organisieren. Es ist ein methodischer Ansatz, um mit Menschen mit und ohne Beeinträchtigung über ihre persönliche Zukunft nachzudenken, Visionen für eine positive Zukunft zu entwickeln, Ziele zu setzen und diese Schritt für Schritt umzusetzen. Persönliche Zukunftsplanung basiert auf einem positiven Grundverständnis: die Zukunft wird als gestaltbar erlebt, Fähigkeiten und Stärken, Möglichkeiten und Chancen werden als Ausgangspunkte genommen, kreative Problemlösung, gute Unterstützung und gemeinsame Stärkung als wichtige Wegbereiter gesehen. Persönliche Zukunftsplanung bietet sich überall dort an, wo es um Veränderungen von Lebenssituationen geht.

Kernelement der Persönlichen Zukunftsplanung ist der Unterstützungskreis, dessen Grundidee es ist, ein Netz aus UnterstützerInnen um jeden Menschen aufzubauen. Dieses Netzwerk soll die Person und ihre Familie nicht nur bei dem zu bewältigenden Übergang unterstützen, sondern längerfristig bereit sein, sich regelmäßig mit ihr zu treffen, sie bei Fragen im Zusammenhang mit Lebensqualität zu unterstützen und an konstruktiven Lösungen bei auftretenden Problemen mitzuwirken. Der betroffene Mensch soll dabei, soweit dies möglich ist, selbst entscheiden können, welche Personen in seinen Unterstützungskreis aufgenommen und welche Themen bei den Zukunftsplanungen bearbeitet werden sollen. In diesem Prozess werden die betroffene Person und ihre Familie von einem/einer ModeratorIn (Facilitator) unterstützt. Dabei orientiert sich die Moderation dieser Treffen an eigens entwickelten Planungsformaten wie etwa MAP ("Making Action Plan") oder PATH ("Planning Alternative Tommorows with Hope"). Diese beinhalten zumeist folgende Fragestellungen:

  • "Wer sind die Personen, die gemeinsam mit dem Menschen planen wollen und welche Rolle spielen sie in seinem Leben?"

  • "Was zeichnet die planende Person aus, welche Stärken und Fähigkeiten hat sie?".

  • "Was sind Vorstellungen einer erstrebenswerten Zukunft der Person und welche Befürchtungen gibt es?"

  • "Wo braucht es Unterstützung, und wie kann diese organisiert werden?"

  • "Wie können sinnvolle Schritte aussehen, die es der Person mit Unterstützung möglich machen können, ihre Ziele zu erreichen und die Probleme zu überwinden?".

Grundprinzipien der methodischen Zugänge zur Zukunftsplanung sind

  • die Beteiligung der Person selbst,

  • das Prinzip des runden Tisches mit der Überzeugung, dass jede(r) etwas zur Gestaltung der Situation beitragen kann,

  • die gezielte Aktivierung und Nutzung informeller Ressourcen und der Aufbau sozialer Netzwerke,

  • die Konsensbildung (wie aus der Organisationsentwicklung bekannt),

  • die Verabredung nächster pragmatischer Schritte und

  • die Visualisierung als sichtbarer Ausdruck von Einigungen, an die später angeknüpft werden kann (vgl. Koenig 2007) - Ende des Exkurses[9].

Die Lebensverhältnisse und Schichtzugehörigkeit der Eltern haben ebenso wie deren Erwartungshaltungen bezüglich der beruflichen Zukunft ihrer Kinder einen großen Einfluss auf die Berufswahl von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung. Aufgrund des häufigen Fehlens von Rollenvorbildern in der Berufsorientierung sind die Berufe der Eltern die ersten und manchmal die einzig greifbaren vorstellbaren Berufe. LehrerInnen und Fachkräfte der beruflichen Integration berichten, dass sie Jugendlichen häufig erstmals die Bedeutung von Arbeit nahebringen und erst in einem weiteren Schritt damit beginnen können, ihnen unterschiedliche Berufsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Insbesondere Familien von sogenannten lernbehinderten Jugendlichen haben häufig selbst mit längeren Phasen der Arbeitslosigkeit zu kämpfen oder gehen einfachen Hilfs- und Anlernberufen nach, wodurch soziale Verhältnisse ohne externe berufliche Beratung und Begleitung reproduziert werden. Dies beeinflusst auch eine geschlechtsstereotype Rollen- und Berufsorientierung. Einige der befragten Personen mit intellektueller Beeinträchtigung berichten, dass sie sich mehr Unterstützung und Informationen außerhalb der Familien wünschen. Dabei sollte in der Beratung zur Wahl des Berufes auf die berufliche Situation der Eltern besonders eingegangen werden. Entweder lassen sich über die Berufe der Eltern und deren soziale Netzwerke Kontakte zu Betrieben mit entsprechenden Realbegegnungen erschließen (siehe Exkurs zur Persönlichen Zukunftsplanung) oder es müssen den Jugendlichen bzw. Erwachsenen bewusst andere soziale Milieus und Berufsgruppen als jene der Eltern aufgezeigt werden. All dies verlangt eine an der Lebenssituation der betroffenen Personen ansetzende Beratung und Information, welche stärken-, fähigkeiten- und netzwerkerweiternd bzw. -erschließend ist.

Der Entwicklung und Verbreitung von Informationen für Eltern scheint eine große Bedeutung zuzukommen. So wurde sowohl von professioneller Seite als auch von den befragten Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung gleichermaßen die Notwendigkeit formuliert, Eltern und Angehörigen Informationen zukommen zu lassen, welche diese entlasten und ihnen Möglichkeiten aufzeigen. Auch hier scheinen konkrete beschriebene Beispiele und Rollenvorbilder, in denen auch auf die Bedeutung des sozialen Umfeldes hingewiesen wird, eine größere Wirkung zu haben als lediglich abstrakte Berufs- und Tätigkeitsbeschreibungen. LehrerInnen und Fachkräfte verweisen darauf, dass derartige Informationen in mehreren Sprachen herausgegeben werden müssten, um auch einen gemeinsamen Wortschatz bzw. eine Kommunikationsbasis mit Eltern mit Migrationshintergrund herstellen zu können.

Eltern wünschen sich hingegen eine stärkere Wertschätzung ihrer Rolle und zusätzliche Informationen der Fachkräfte über ihre oftmals durch Mehrfachbelastungen geprägte Lebenssituation. Die interviewten Mütter zeigen ferner den Bedarf nach gebündelten und auf ihre Lebenssituation bezogenen Informationen auf, die niederschwellig zugänglich sein sollten.

4.3 Schule

Die Schule stellt einen wesentlichen Lebens- und Entwicklungsraum dar, der für das zukünftige Erwachsensein aller Kinder und Jugendlichen von Bedeutung ist. Die Schule prägt das Alltagsleben und beeinflusst Berufswahl und soziale Platzierung (Eder & Kränzl-Nagl 1998). Zudem hat das System Schule die zentrale Aufgabe, den SchülerInnen Wissen und Kompetenzen zu vermitteln, die sie am allgemeinen Arbeitsmarkt brauchen werden (vgl. Fasching & Niehaus 2004, 5f.). Eine Vorbereitung auf die Berufswahl verlangt, dass die Wahrnehmung der eigenen Stärken und Schwächen und der damit einhergehenden Entscheidungsfreiheit von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit intellektueller Beeinträchtigung besonders gefördert wird (vgl. Kellinghaus-Klingberger & Schwager 2002, 3). Wie aktuelle Studien zeigen, ist das System Schule neben der Familie ein weiterer entscheidender Baustein in der frühen Richtungsentscheidung und beruflichen Laufbahnentwicklung von Jugendlichen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung (vgl. Timmons, Hall & Bowse 2011). LehrerInnen und schulinterne Systeme der Berufsorientierung und -vorbereitung stellen für die meisten Jugendlichen den ersten aktiven Zugang zur Arbeitswelt dar. Diese ersten beruflichen Erfahrungen, so stellen die AutorInnen der Untersuchung fest, lenken die Jugendlichen bereits in eine klare Richtung, beeinflussen eigene Einstellungen und Vorlieben gegenüber der Arbeit, die weitere Karriereplanung sowie das Selbstvertrauen. Viele SchülerInnen verlassen das Schulsystem mit negativen Selbstwirksamkeitserwartungen, da sie aufgrund fehlender Ressourcen ihre ersten Arbeitserfahrungen in Settings ohne ausreichende Unterstützung und Nachbereitung absolvieren. Dort geraten sie häufig in Situationen, in denen sie die an sie gestellten Erwartungen nicht erfüllen können, oder sind mit ArbeitgeberInnen konfrontiert, die nicht wissen, wie sie mit beeinträchtigten Menschen umgehen sollen. Aufgrund fehlender Nachbereitung wird ihnen nicht vermittelt, dass es sich nicht um individuelles Versagen gehandelt hat, sondern um eine schlechte Passung des Jobs und fehlende Unterstützung. So sind es häufig Jugendliche mit diesem Erfahrungshintergrund, die dazu tendieren, für sich selbst eher die Werkstätte in Betracht zu ziehen (vgl. Timmons, Hall & Bowse 2011).

Das Bildungssystem kann auch in seiner Bedeutung gesehen werden, den SchülerInnen unterschiedliche Formen sozialen Kapitals zukommen zu lassen. So steht die Schule idealtypisch in einer biografischen Brückenfunktion zu weiterführenden Bildungs- und Ausbildungsinstitutionen. Darüber hinaus sollte Schule auch den Raum geben, sich über weiterführende Kontakte zu Jugendkulturen und Peers erste berufliche Vorstellungen anzueignen (vgl. Riddel, Baron & Wilson 2001).

Da insbesondere SchülerInnen mit intellektueller Beeinträchtigung in Sonderschulen vom Zugang zu Peers als wichtiger beruflicher Informations- und Orientierungsquelle ausgeschlossen sind, kommt der Beruforientierung in der Schule ein besonderer Stellenwert zu. Wie Studien aus Österreich aber zeigen (vgl. Fasching & Mursec 2010) verstärken schulische Beratungsprozesse tendenziell eine segregative berufliche Laufbahn, indem SonderschülerInnen vermehrt die Werkstatt für behinderte Menschen als Übergangsdestination empfohlen wird. Dem Zugang zu außerschulischen Informations- und Beratungsstellen kommt hierbei eine wichtige Bedeutung zu. Jedoch verlassen rund 60 % der SchülerInnen, die nach dem S-Lehrplan unterrichtet wurden, die Schule, ohne mit außerschulischer Beratung und Unterstützung versorgt worden zu sein (vgl. Fasching & Koenig 2010). Auch hierdurch können negative Selbstwirksamkeitserwartungen nach Abschluss der Schule kulminieren, welche insbesondere durch Bedingungen schulischer Separation noch tendenziell verstärkt werden.[10] (vgl. Priestley2003).

Innerhalb der jeweiligen Lehrpläne wird die Berufsorientierung für Kinder und Jugendliche mit intellektueller Beeinträchtigung unterschiedlich gesetzlich geregelt. Dabei spiegelt sich die Unterscheidung zwischen "Lernbehinderung" und sogenannter "geistiger Behinderung" (Kapitel 2.5) und die damit einhergehende Wahrnehmung einer stärker oder schwächer ausgeprägten intellektuellen Beeinträchtigung auch in den Regelungen zur beruflichen Orientierung wider. Während im Lehrplan der Allgemeinen Sonderschulen berufsvorbereitende Maßnahmen des Kindes im Ausmaß von 1-4 Wochenstunden verpflichtend vorgesehen sind (vgl. Bundeskanzleramt 2008), ist im Schwerstbehindertenlehrplan eine Vorbereitung auf die Arbeits- und Berufswelt als "unverbindliche Übung" nur im Gesamtausmaß von jeweils sechs Stunden pro Jahr in den letzten drei Schuljahren geregelt (BMuKK o.J. S. 25).

Die unterschiedliche Wertigkeit von Berufsorientierung für SchülerInnen, welche nach dem ASO-Lehrplan oder S-Lehrplan unterrichtet werden und eine sich daraus ergebende reduzierte Nutzung von Angeboten zur Berufsvorbereitung,[11] resultieren in der häufig geradlinigen Mündung von S-SchülerInnen in Werkstätten für behinderte Menschen. Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen müssten Informationsmaterialien sowie Hilfestellungen zu deren Nutzung bereits frühzeitig in der Schule zur Verfügung stehen und gezielt an BerufsvorbereitungslehrerInnen weitergegeben werden, die mit SchülerInnen des S-Lehrplanes arbeiten. Dies könnte dem derzeitigen Automatismus der Unterbringung von ehemaligen S-SchülerInnen in Werkstätten zumindest ansatzweise entgegenwirken.

4.3.1. Ergebnisse aus den Erhebungen

Die in der Untersuchung gewonnenen Daten bestätigen die eingangs skizzierten empirischen Befunde und zeigen auf, dass sich LehrerInnen bei der Berufsvorbereitung von SchülerInnen mit gravierenden Schwierigkeiten konfrontiert sehen. Viele der interviewten LehrerInnen gaben an, nicht ausreichend über Unterstützungs- und Berufsmöglichkeiten informiert zu sein. Insbesondere Informationen zu Möglichkeiten einer Teilqualifizierungslehre seien noch nicht an allen Schulstandorten und bei allen LehrerInnen vorhanden. Das mangelnde Wissen führt häufig dazu, dass LehrerInnen sich nach wie vor an traditionellen Berufsbildern mit entsprechenden Qualifizierungserfordernissen orientieren (z.B. Einzelhandelskauffrau/-mann, Friseuse/Friseur, TechnikerIn, FloristIn) und folglich diese lückenhaften Informationen nur an jene SchülerInnen weitergegeben, welche in der subjektiven Wahrnehmung der LehrerInnen eine "realistische Chance" auf eine Vermittlung in derartige Berufe haben. Für SchülerInnen, die aus Sicht der Lehrkräfte diese Anforderungen nicht erfüllen können, wird die Werkstatt für behinderte Menschen als einzig weiterführende Option in Betracht gezogen. Auch in der Wahrnehmung der interviewten LehrerInnen wird neben der Lehrplanzugehörigkeit die "Integrationsfähigkeit" ihrer SchülerInnen durch bestimmte Selektionskategorien gefiltert, wozu u.a. soziodemografische Merkmale wie Ausbildungsgrad, Einkommen und Beruf der Eltern, das Geschlecht, Art und Ausmaß der Beeinträchtigung sowie ein etwaiger Migrationshintergrund der SchülerInnen genannt wurden (siehe auch Kapitel 4.2).

Die befragten Lehrkräfte berichten zudem von fehlenden Kontakten zur Wirtschaft bzw. zu Wirtschaftsbetrieben. Dies stellt die LehrerInnen in der Berufsorientierung und - vorbereitung vor eine enorme Hürde. Einerseits fehlen Informationen zu aktuellen Entwicklungen des Arbeitsmarktes sowie Unterstützungsmöglichkeiten für behinderte Menschen. Diese Themen spielen auch in der LehrerInnenfortbildung nur eine marginale Rolle. Andererseits können LehrerInnen bei der Planung von Schnuppertagen in Betrieben oftmals auf keinen Pool an möglichen Unternehmen zugreifen, sondern müssen den Kontakt zu Firmen selbst herstellen. Dies zeichnet sich als schwieriges Unterfangen aus und wird nur von "engagierten" LehrerInnen durchgeführt.

So berichtet eine Lehrerin, dass die Suche nach Stellen für Berufspraktische Tage und deren Durchführung für die Jugendlichen mit Beeinträchtigungen oftmals mit Schwierigkeiten und Ängsten verbunden sind, und sich dieses Angebot aufgrund fehlender Ressourcen auch nur selten realisieren lasse. Auch die kontaktierten Firmen zeigen oftmals wenig Interesse, SchülerInnengruppen aus Sonderschulen zu empfangen. Zudem bestehen aus Sicht der befragten Lehrkräfte nur wenige Möglichkeiten, um den Kontakt und die Zusammenarbeit mit den Eltern aufrechtzuerhalten, durch welchen auch Betriebsbesuche akquiriert werden könnten. Außerdem fehlt es an Ressourcen, um die notwendige Begleitung, Reflexion und Nachbereitung der Berufspraktischen Tage zu gewährleisten. So erzählt eine Lehrerin zur Organisation der Berufspraktischen Tage:

"Das große Problem bei den Berufspraktischen Tagen ist es, die Firmen zu finden. Das ist also einmal eine ganz schwierige Aufgabe. Wir versuchen natürlich, die Schüler und Eltern so weit zu bringen, dass sie das selbst erledigen, dass sie in ihrem gewünschten Berufsfeld etwas auftreiben. "Schaut einmal in eurer Wohnumgebung, schaut einmal, geht hin, fragt in den Betrieben nach, ob ihr da eine Chance habt, unterzukommen" - und wenn wir merken, das klappt nicht oder die suchen zwar verzweifelt, finden aber nichts, dann geben wir ihnen weitere Unterstützung. Eine Kollegin, die diese Berufspraktischen Tage organisiert hat, hat so einen Pool an Firmen, wo sie also immer wieder nachfragen kann, und die sehr freundlich sind und sehr nett sind und Schüler nehmen. [...] Aber wie gesagt, das Schwierige ist, die Firmen zu finden, also Firmen, die bereit sind, Kinder zu nehmen. Im Gastronomiebereich ist es ganz besonders schwierig, vor allem auch wegen der Arbeitszeiten."

Die interviewten Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung sowie die Mitglieder der Referenzgruppe beklagen am System Schule die oft fehlende Motivation der LehrerInnen. Viele von ihnen berichten von der Einstellung der Lehrkräfte, dass sie in einer Werkstatt am "sichersten und besten" untergebracht wären.

Da der Schule, wie mehrfach zum Ausdruck gebracht, in der Berufsorientierung und -vorbereitung eine bedeutsame Rolle zukommt, wird quer über alle befragten Gruppen der Entwicklung von Informationsmaterialien und eine entsprechende Versorgung der Schulen große Bedeutung zugemessen.

Es ist jedoch an dieser Stelle zu betonen, dass selbst ohne entsprechend systemisch verfügbare Ressourcen sich viele LehrerInnen überaus engagiert zeigen, ihren SchülerInnen lebenspraktisch verwertbare Kompetenzen und Wissen zu vermitteln, Berufspraktische Tage zu organisieren und den SchülerInnen die Angst vor dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu nehmen. Als eine der zentralen Selektions- und Allokationsinstanzen von Chancen und Status (vgl. Eder & Kränzl-Nagl 1998) in unserer funktional differenzierten Gesellschaft, reproduzieren LehrerInnen in diesem System jedoch häufig eben jene mit der Zuschreibung Behinderung einhergehenden Ausgrenzungsmechanismen. So werden selbst die von den LehrerInnen als lückenhaft empfundenen Informationen selektiv nur an jene SchülerInnen weitergegeben, für die eine berufliche Integration "realistisch" erscheint und somit berufliche Perspektiven und Lebenschancen durch das System Schule zugewiesen.

4.3.2. Diskussion der Ergebnisse und Empfehlungen

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen die Rolle der Schule als zentrale biografisch und gesellschaftlich vermittelnde Instanz beruflicher Chancen und Grenzen im Spannungsfeld der

  • an sie herangetragenen Erwartungen,

  • systemimmanent fehlender Ressourcen sowie

  • Engagement und Resignation der darin handelnden Lehrkräfte.

Gerade LehrerInnen von Sonderschulen müssen in der Ausübung ihres Berufes widersprüchliche gesellschaftliche Erwartungshaltungen ausbalancieren. Während die Aufgabe von Schule und LehrerInnen gemeinhin als Investition in das zukünftige Humankapital gesehen wird, um junge Menschen durch Erziehung und Bildung für deren späteren Einsatz in der Erwerbsarbeit vorzubereiten, haben es LehrerInnen in Sonderschulen mit Personen zu tun, die häufig aufgrund ihrer Beeinträchtigung sowie weiterer benachteiligend wirkender sozialer und kultureller Faktoren zur Entlastung des regulären Bildungssystems mit seinen beschrieben Zielsetzungen aus diesem entfernt worden sind (vgl. Priestley 2003). Durch die anteilig verstärkte Repräsentanz von SonderschülerInnen im städtischen Bereich ergibt sich ein systemisches Ressourcenproblem,[12] welches aus Sicht der LehrerInnen mit bewussten und unbewussten Abwägungen verknüpft ist, in welche SchülerInnen sie investieren sollen und in welche nicht. Der nach wie vor stillschweigend vorherrschende politische und gesellschaftliche Konsens, dass Menschen mit einer sogenannten "geistigen Behinderung" am besten in Werkstätten aufgehoben sind (vgl. Koenig 2010) entlastet LehrerInnen dabei in ihrer Entscheidung.

Darüber hinaus beklagen LehrerInnen durch fehlende Informationen sowie den fehlenden systemischen Kontakt zu Wirtschaftsbetrieben mit der Erwartungshaltung der beruflichen Integration überfordert zu sein. Erneut wird dadurch die strukturelle Exklusion jener SchülerInnen begünstigt, die mehr Unterstützung und Begleitung beim Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt benötigen. Einer verbesserten Versorgung von LehrerInnen mit Informationsmaterialien, verbunden mit einer (idealerweise begleiteten) Anleitung, wie sie diese Informationen an ihre SchülerInnen verbreiten können, kommt somit eine wichtige Bedeutung bei der Verbesserung der Zugangschancen von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung zu.

Die Aussagen der relevanten SystemakteurInnen zeigen dabei abermals die Notwendigkeit, Informationsmaterialien zur Wahl eines Berufes anhand konkreter Rollenvorbilder zu gestalten. Dabei sollten vor allem Beispiele von erfolgreich integrierten Personen beschrieben werden, denen in der Wahrnehmung und Investitionsabwägung von LehrerInnen bislang wenig bis keine Integrationschancen zugestanden wurden. In der Auswahl der darzustellenden Personen sollte überdies eine Bandbreite von beruflichen Entwicklungsverläufen aufgezeigt, sowie ein Schwerpunkt auf AbsolventInnen der Integrativen Berufsausbildung und dem Aufzeigen von Beispielen schwerer beeinträchtigter Menschen auf Nischenarbeitsplätzen gelegt werden.

Es zeigt sich ferner der Bedarf, durch die Vernetzung von wichtigen AkteurInnen eine systemische Verbesserung der Wirtschaftskontakte von Schulen herzustellen. Dazu äußern die interviewten LehrerInnen den Wunsch nach einer Intensivierung des Kontakts zu Maßnahmen der beruflichen Integration sowie mit dem AMS für Jugendliche. Dabei wird die Rolle des AMS insbesondere darin gesehen, einerseits im Rahmen der Zusammenarbeit Betriebskontakte zu akquirieren sowie andererseits verstärkt Angebote für Schulklassen zu schaffen.

Einige der ReferenzgruppenteilnehmerInnen haben im Rahmen eines innovativen Projektes eine Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule Wien zu sogenannten "EmpowermentberaterInnen" absolviert, in dessen Folge auch das Beratungsbüro für Inklusive Bildung gegründet wurde.[13] Die AbsolventInnen dieses Lehrganges sehen einen verstärkten Bedarf, Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung gezielt in der LehrerInnen-Fortbildung einzusetzen sowie Angebote von Peer-Beratung an Schulen zu intensivieren. Ferner wurde von ihnen die Idee formuliert, Rollenvorbilder mit intellektueller Beeinträchtigung auch im Unternehmensservice des AMS einzusetzen.

Peer-Beratung (Peer Counseling) bezeichnet eine Form der Beratung und Unterstützung, in der sowohl der/die BeraterIn als auch die Beratung in Anspruch nehmende Person einen ähnlichen Erfahrungshintergrund aufweisen - sei es aufgrund einer Beeinträchtigung, des Geschlechts oder eines Migrationshintergrundes. Durch diese Zugehörigkeit zu einer Peer-Gruppe können einerseits Beratungen auf gleicher Augenhöhe durchgeführt werden, andererseits fungieren die beratenden Personen als mögliche Rollenvorbilder. So stellt Peer Counseling nach Miles Paul (1992, o.S.) "eine notwendige Ergänzung für den Rehabilitationsprozess [dar], in dem eine behinderte Person, die einen erfolgreichen Übergang von einem Leben in einer Institution zu einem selbstbestimmten Leben in der Gemeinde vollzogen hat, Information über Ressourcen, Unterstützung, Verständnis und Orientierung für andere behinderte Menschen bietet, die das Streben nach ähnlichen Veränderungen haben." Peer-Beratung kann sich dabei auf einen informellen Austausch beziehen, in dem eine erfahrene Person Beratungen durchführt (beispielsweise zu Themen wie Arbeit, Wohnen oder Unterstützungsmöglichkeiten), aber sich auch auf Fragen der Selbsthilfe oder Selbstvertretung bezieht.[14]

Die VertreterInnen der Referenzgruppe sind überzeugt, dass ein verstärkter Einsatz von Peer-BeraterInnen an Schulen der derzeit stattfindenden selektiven Praxis der Berufsorientierung sowie dem strukturellen Fehlen von Rollenvorbildern entgegenwirken kann.

4.4 Maßnahmen der beruflichen Integration

Als Maßnahmen der beruflichen Integration werden in diesem Bericht all jene Angebote der beruflichen Beratung, Orientierung, Qualifizierung und Integration beeinträchtigter Menschen verstanden, die im Zuge der sogenannten Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung seit dem Jahr 2001 geschaffen und seitdem kontinuierlich ausgeweitet wurden. Diese stellen somit auch für Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung eine wesentliche Voraussetzung für deren Integration auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt dar. Laut dem Bundessozialamt (vgl. BASB 2011a) fallen darunter die arbeitsmarktpolitischen Unterstützungsmaßnahmen

  • des Clearings,

  • der Integrativen Berufsausbildung,

  • der Arbeitsassistenz,

  • des Job Coachings,

  • diverser Nachreifungs- und Qualifizierungsmaßnahmen und Beschäftigungsprojekte sowie

  • der Persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz.[15]

Darüber hinaus bietet das Bundessozialamt im Rahmen von Unterstützungsleistungen am Arbeitsplatz Beratungs- und Sensibilisierungsprojekte sowie Kurse und Schulungen an (vgl. BSB 2011b, 2).

Im Kontext der beruflichen Information, Beratung und Orientierung kommt dabei dem "Clearing" eine wichtige Drehscheiben- und Vernetzungsaufgabe zu[16]. Dieses Angebot steht behinderten Kindern und Jugendlichen bereits während der Schulzeit zur Verfügung. Im Rahmen eines beruflichen Entwicklungs- und Karriereplans sollen die individuellen Vorlieben und Fähigkeiten der Person erfasst und eine Überführung in weiterführende Maßnahmen vorbereitet werden. Für die Absolvierung der Integrativen Berufsausbildung ist die vorherige Abklärung durch das Clearing eine Voraussetzung. So durchliefen im Jahr 2010 7.554 Jugendliche mit Behinderungen ein Clearing, wobei 61,28 % männlich (4.629) und 38,72 % (2.925) weiblich waren (vgl. BSB 2011). Die Unterstützung durch das Clearing umfasst im Regelfall eine Zeitspanne von sechs Monaten (vgl. Tuschl 2011). Aufgrund förderrechtlicher Bedingungen, die die Qualität der Integrationsmaßnahmen an ihrem Output an erfolgreichen Vermittlungen messen, ist das Clearing von der Aufnahmebereitschaft der weiterführenden qualifizierenden und vermittelnden SystemakteurInnen abhängig. Dies begünstigt den strukturellen Effekt von Integrationsmaßnahmen, der zu einem sogenannten "creaming" (vgl. Moser 2003, 15), d.h. der Abschöpfung von Personen geführt hat, bei denen die individuellen Voraussetzungen eine Integration wahrscheinlicher erscheinen lassen und es Anbietern somit ermöglichen, ihre Quotenvorgaben zu erfüllen (vgl. Wetzel 2002). Wie in einer Studie nachgewiesen werden konnte, führt eine beliebige Kombination der Merkmale "S-Lehrplan", "Sonderschulbesuch", "Frau" sowie "Migrationshintergrund" zu einer höheren Wahrscheinlichkeit, in einer Werkstätte für behinderte Menschen untergebracht zu werden (vgl. Fasching & Koenig 2010).

Gleichsam übernimmt das Clearing eine auch in den Richtlinien zu begleitenden Hilfen (vgl. BMASK 2011) definierte Selektions- bzw. "Gatekeeperfunktion" (vgl. Fasching & Koenig 2010). In einer ersten Abklärungsphase soll demnach grundsätzlich festgestellt werden, ob basierend auf den individuellen Voraussetzungen eine Integration auf den allgemeinen Arbeitsmarkt überhaupt möglich ist. Dies spiegelt die in der österreichischen Behindertenpolitik nach wie vor dominierende individuelle Sichtweise von Behinderung wider und berücksichtigt nicht in entsprechendem Ausmaß die Verpflichtungen der UN-Konvention, für alle beeinträchtigten Menschen den Zugang zu einem offenen und integrativen Arbeitsmarkt zu ermöglichen und dafür entsprechende Unterstützleistungen anzubieten. Wie Fasching & Koenig (2010) feststellen, werden vor diesem Hintergrund Jugendliche mit einer sogenannten "geistigen Behinderung" vom Clearing nur in den seltensten Fällen in weiterführende Maßnahmen vermittelt. Der überwiegende Anteil wird aufgrund fehlender Nachreifungsprojekte zur zeitlichen Überbrückung in die Sonderschule geschickt oder gleich direkt in eine Werkstätte verwiesen. Für diejenigen Personen mit einer sogenannten "geistigen Behinderung", die durch das Clearing weitervermittelt wurden, zeigt sich jedoch eine statistisch annähernd gleich hohe Integrationswahrscheinlichkeit, erfolgreich einen Arbeitsplatz zu erlangen (vgl. Fasching & Koenig 2010).

Ein weiteres strukturelles Problem stellt die Altersgrenze des Clearings bei 24 Jahren dar. Diese Grenzziehung erfolgt parallel zu der auch bei nicht-behinderten Jugendlichen endenden Unterhaltspflicht der Eltern sowie dem Auslaufen der Familienbeihilfe bei einer beruflichen Ausbildung. Dadurch wird aber der gerade bei Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung häufig beobachtbaren verspäteten Entwicklung nicht adäquat Rechnung getragen. In einer Befragung über Beschäftigungsvorlieben von NutzerInnen der Wiener Werkstätte zeigte sich gerade bei der Altersgruppe der 30-34-Jährigen mit über 70 % die höchste Präferenz für eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (vgl. Koenig 2009b). Die gezielte Versorgung mit Informationen über Berufsmöglichkeiten sowie Unterstützungsangebote erscheint vor diesem Hintergrund besonders bedeutsam.

4.4.1. Ergebnisse aus den Erhebungen

Vonseiten der interviewten Fachkräfte werden die zu kurze Dauer der Maßnahmen zur beruflichen Integration sowie die beschränkt verfügbaren Ressourcen für eine intensive Beratung und Begleitung als die größten Hindernisse in der beruflichen Integration von Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung gesehen. Dabei wird abermals insbesondere die Situation von betroffenen Personen aus sozial und ökonomisch benachteiligten Familien hervorgehoben, da diesen eine konstante Unterstützung außerhalb der Maßnahmen durch Eltern oder Angehörige fehlt (siehe Kapitel 3.3.1). Dies begünstigt den häufigen vorzeitigen Abbruch von Integrationsmaßnahmen.

Die als unzureichend wahrgenommenen zeitlichen Ressourcen machen sich vor allem an der derart nicht ermöglichten individuellen Vorbereitung auf die Anforderungen unterschiedlicher Berufsgruppen am Arbeitsmarkt bemerkbar. Dabei wird einem Großteil der Personen durchaus das Potenzial zugesprochen, jedoch reicht die Zeit in den Maßnahmen für individualisierte Vorbereitungsarbeit nicht aus.

Der von den Fachkräften geäußerte Wunsch, mehr Zeit in die berufliche Vorbereitung und das Trainieren von Schlüsselqualifikationen in der Schule zu investieren, erscheint vor dem Hintergrund der im vorigen Kapitel beschriebenen Rahmenbedingungen schwierig.

Auch das Clearing wird aus der Sicht der interviewten Personen durch laufend zusätzliche Erwartungshaltungen und Erweiterungen ihrer Zielgruppe überfordert, die sich real als effektive Ressourcenkürzung für die Arbeit mit Jugendlichen mit einem hohen Unterstützungsbedarf erweisen. Derart sehen sich Fachkräfte der beruflichen Integration in Fortführung der beobachteten Situation bei den Lehrkräften gezwungen, Abwägungsentscheidungen über die "Investition" in bestimmte Personengruppen und deren adäquate Unterstützung am Übergang zu treffen.

Die interviewten LehrerInnen sehen als zentrale Aufgaben die Unterstützung durch Maßnahmen der beruflichen Integration im Zugang zu Arbeitsfeldern in der freien Wirtschaft und das Ermöglichen von Realbegegnungen. Gleichzeitig fehlt jedoch die Zeit für eine gezielte Zusammenarbeit und gegenseitige Informationsweitergabe.[17]

In einem idealtypischen Setting beurteilen alle befragten Gruppen Maßnahmen der beruflichen Integration als Netzwerk schaffendes Bindeglied zwischen Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung, deren Eltern und Betrieben. Sie sollten für Jugendliche aus sozial marginalisierten Familien eine Stütze am Weg in den allgemeinen Arbeitsmarkt darstellen. In Bezug auf die Weitergabe von Informationen sehen sich die befragten VertreterInnen der beruflichen Integrationsmaßnahmen selbst als wichtige Drehscheibe. Da es jedoch nach wie vor an Informationsmaterialien in Leichter Sprache mangelt, werden diese oft von den Fachkräften selbst entwickelt. Aktuell besteht - aus Sicht der befragten Fachkräfte - ein Bedarf an Informationsmaterialien, die spezifisch auf die Lebenssituation von Erwachsenen Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung zugeschnitten sind, da die vorhandenen Materialien vor allem die Situation von Jugendlichen am Übergang Schule-Beruf in den Blick nehmen.

Als ein weiteres Erschwernis für eine zielorientierte berufliche Orientierung nennen die Fachkräfte das junge Alter der Personen. Aus ihrer Sicht ist es für Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren, die überdies häufig eine Entwicklungsverzögerung aufweisen, schwierig, sich in dieser Lebensphase mit ihren eigenen Fähigkeiten, Stärken und Wünschen auseinanderzusetzen und einen konkreten Beruf zu ergreifen. Eine Fachkraft erzählt dazu:

"Ich glaube, was ganz wichtig ist, ist nicht nur den Menschen mit Behinderung zu sehen, sondern eben auch das Alter. Einfach den Menschen zu sehen, dass der bei mir z.B. 14, 15 Jahre alt ist und in dem Alter eine Entscheidung zu ‚was mach ich mein Leben lang nicht möglich ist. Es ist sowieso illusorisch, da kein Beruf mehr ein Leben lang ausgeübt wird. Aber dennoch, die Entscheidung zu treffen, oft mit Eltern, die nicht unterstützend da sind, ist schwierig. Die Jugendlichen haben ein relativ eingeschränktes Sichtfeld. Freunde, die teilweise auch arbeitsuchend sind oder klassisch Mechaniker, Elektriker oder halt Verkauf für die Mädchen. Ich glaube wirklich, man muss den Jugendlichen dieses Pubertierende zugestehen. Ihnen zugestehen, dass sie noch nicht wissen, was sie wollen und ihre Meinung oft ändern. Man muss ihnen auch sagen, dass es okay ist, die Meinung zu ändern. Und man darf den Aspekt nicht außer Acht lassen, dass sie halt auch oft nicht wollen, weil sie einfach einen schlechten Tag haben, oder in der Schule ist etwas gelaufen. Sie haben gestritten mit Freundinnen, mit Freunden, usw. Man muss darauf achten, nicht nur diese Behinderung in den Vordergrund zu stellen oder halt die soziale und emotionale Benachteiligung, sondern auch den Menschen bzw. den Jugendlichen auch dahinter zu sehen. Und ich glaube, das ist ganz wichtig in unserer Arbeit, das immer wieder zu bedenken."

Eine befragte Mitarbeiterin einer Werkstatt äußert sich zur Problematik der Altersgrenze mancher Maßnahmen der beruflichen Integration sowie der ihrer Meinung nach fehlenden niederschwelligen Orientierungsangebote ohne Vermittlungsdruck folgendermaßen:

"Aber das ist dann wieder was, was bei uns zum Tragen kommt. Wenn Klienten 15 oder 20 Jahre in der Beschäftigungstherapie sind und im Prinzip jetzt erwachsen werden. Ihre Schlüsselqualifikationen auch so weit entwickelt haben, dass Teile davon oder manches wirklich sehr gut funktioniert. Dann fehlt die Phase und der Ort, an dem sie sensibilisiert werden können. Wo sie Informationen bekommen über die Möglichkeiten, die es gibt. Wo sie Unterstützungen erhalten, und wo sie einmal niederschwellig etwas ausprobieren können. Wenn ich jetzt sage, unter Umständen ist irgendwo ein Clearing mit Berufsorientierung, dann ist das schon mit einem Ziel verbunden und das ist ein bisschen viel für die Klienten. Das ist fast schon der Tritt ‚He, willst du nicht einen Job haben? Machen wir jetzt ein Clearing.' Das ist viel auf einmal, da ziehen viele dann wieder zurück. Es bräuchte so einen Sensibilisierungsraum, wo die Klienten einfach einmal hineinschnuppern können und wo es um das Thema "Wo anders arbeiten" geht, auf eine ganz niederschwellige Art. Und sie beginnen könnten, wieder Träume zu entwickeln, oder andere Perspektiven, andere Räume gedanklich aufmachen."

Die interviewten Personen mit intellektueller Beeinträchtigung beklagen in vielfältiger Art und Weise, dass sie sich auch in Maßnahmen der beruflichen Integration oft nicht ernstgenommen fühlen. Aus ihrer Sicht leitet eine berufliche Orientierung, welche die Fähigkeiten, Vorlieben, aber auch körperlichen und gesundheitlichen Grenzen der arbeitsuchenden Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung nicht ausreichend berücksichtigt, in vielen Fällen jahrelange Maßnahmenschleifen ein und verursacht Frustrationserlebnisse, die häufig den Abbruch einer Maßnahme sowie das Aufgeben der eigenen Berufswünsche zur Folge haben. Derartige "Maßnahmenkarrieren" sind aus Sicht der Referenzgruppe nicht nur für die davon betroffenen Personen eine erhebliche Belastung, sondern verschlechtern mit zunehmendem Alter auch die Chancen, einen Arbeitsplatz am allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden, wie folgende Fallgeschichte exemplarisch aufzeigt:

Fallgeschichte Frau Maier:

Mein Name ist Judith Maier. Ich bin seit 19 Jahren in Berufsorientierungsmaßnahmen und will jetzt endlich arbeiten.

Nach der Schule habe ich ein Jahr in einer Schneiderei gearbeitet, jedoch ohne Ausbildung, da mir die Berufsschule zu anstrengend war. Nach einem Jahr haben sie gesagt, dass es nicht mehr geht. Dann habe ich die Berufsvorbereitung angefangen, da war ich dann 19 Jahre. Jetzt bin ich 44 Jahre alt und brauche eine Arbeit, in der ich endlich bleiben kann. Weil sonst gehe ich in Pension und habe noch nie gearbeitet. Ich habe schon vieles ausprobiert und einige Praktika gemacht, doch es hat nie funktioniert. Dann habe ich halt immer wieder die Arbeitsorientierung gemacht, weil ich nicht gewusst habe, wohin.

Ich hätte gerne als Sekretärin gearbeitet. Doch sie haben mir gesagt, dass ich dafür zu wenig am Computer kann. Jetzt habe ich mich damit abgefunden und mich davon verabschiedet. Wir schauen jetzt, dass ich in einem Altersheim oder in der Wäscherei in einem Altersheim arbeiten kann oder leichte Bürosachen erledigen kann. Ich will jetzt endlich arbeiten, ich habe genug Berufsorientierung gemacht.

4.4.2. Diskussion der Ergebnisse und Empfehlungen

Maßnahmen der beruflichen Integration sind als unverzichtbarer Bestandteil arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Bemühungen zu sehen, die Chancen von Menschen mit Beeinträchtigung im Zugang zur beruflichen Orientierung, Qualifizierung, Vermittlung und Sicherung von Dienstverhältnissen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu gewährleisten. Als massive Barriere erweisen sich dabei Altersbeschränkungen, die insbesondere in Maßnahmen der beruflicher Beratung und Orientierung eine Grenzziehung bei 24 Jahren festsetzen. Wie Fasching und Koenig (2010) nachgewiesen haben, sind Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung, die erstmals einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erlangt haben, im Durchschnitt bereits 28 Jahre alt.

Als wichtigste Ressource von Maßnahmen der beruflichen Integration im Prozess der Berufswahl und beruflichen Orientierung sieht eine Mehrheit der befragten Personen die Möglichkeit, Realbegegnungen in Betrieben zu bieten, denen ein weitaus höherer Stellenwert eingeräumt wird als rein abstrakten Informationen über Berufs- und Tätigkeitsprofile. Gerade an diesen biografischen Schnittstellen erweisen sich jedoch beschränkte zeitliche Ressourcen als kontraproduktiv für den Integrationsprozess, da sich eine fehlende bzw. nicht ausreichende berufliche Orientierung in allen weiterführenden Maßnahmen als Motivations- und Perspektivenlosigkeit bemerkbar macht. Dies führt dazu, dass viele Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung sich in Integrationsmaßnahmen nicht ausreichend unterstützt und beraten fühlen. Demgegenüber treten geschlechtsspezifische Selektions- und Auswahlprozesse - wie schon für das System Schule beschrieben - auch in Integrationsmaßnahmen gegenüber anderen Faktoren in den Hintergrund.

4.5 Werkstatt

In Österreich arbeiten schätzungsweise 20.000 Personen in Werkstätten für behinderte Menschen (vgl. Koenig 2010b). Dabei hat sich das österreichische System des Ersatzarbeitsmarktes zu einem Auffangbecken für eine immer heterogenere Zielgruppe entwickelt. Für Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung stellen Werkstätten quantitativ die wichtigste berufliche Beschäftigungsmöglichkeit im Jugendlichen- und Erwachsenenalter dar. Seit dem Beginn der Beschäftigungsoffensive der österreichischen Bundesregierung (siehe Kapitel 3.3.3) im Jahr 2001 hat die Anzahl von Plätzen in Werkstätten um mehr als 30 % zugenommen. Auch für die nächsten Jahre ist zumindest nachfrageseitig mit einem zusätzlichen Mehrbedarf zu rechnen. Dabei überwiegt in Werkstätten nach wie vor ein Angebots- und Tätigkeitsspektrum, das eher beschäftigungstherapeutischen denn arbeitsmarktorientierten Charakter hat. Insofern ist eine Mehrheit der dort tätigen NutzerInnen in Gruppen mit kreativem oder handwerklichem Schwerpunkt beschäftigt (vgl. Koenig 2010b).

Laut der Stellungnahme des österreichischen Monitoring Ausschusses zur Überwachung der Einhaltung der UN-Konvention, entspricht das derzeitige System an Werkstätten für behinderte Menschen nicht den dort deklarierten Bestimmungen (vgl. Österreichischer Monitoringausschuss 2010). Besonders deutlich zeigt sich das in den vielfach strukturell fehlenden Möglichkeiten beruflicher Orientierung und Vermittlung. Mehr als zwei Drittel aller Werkstättenstandorte in Österreich haben seit dem Jahr 2004 keine einzige Person in ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt. Jährlich gelingt nur etwa 1 % aller NutzerInnen ein Übertritt in sozialversicherungspflichtige Dienstverhältnisse auf den allgemeinen Arbeitsmarkt, wobei auch hier Creamingtendenzen beobachtbar sind: Leistungsstärkere NutzerInnen mit einer sogenannten Lernbehinderung sind in den Vermittlungszahlen deutlich überrepräsentiert. Dagegen sind insbesondere Frauen sowie Personen mit einer sogenannten geistigen Behinderung innerhalb des Werkstättensystems mehrfach benachteiligt. So sind beide Gruppen in Angebotsformen mit einer qualifizierenden oder arbeitsmarktorientierten Ausrichtung deutlich unterrepräsentiert, was sich in entsprechend niedrigeren Vermittlungszahlen niederschlägt.

Auch in der Einschätzung der Beschäftigungspräferenzen ihrer NutzerInnen können deutliche Unterschiede in der Wahrnehmung zwischen den dort tätigen Fachkräften und den behinderten MitarbeiterInnen ausgemacht werden. Während StandortleiterInnen schätzen, dass knapp zehn Prozent aller WerkstättennutzerInnen den Wunsch haben, in ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis überzutreten (vgl. Koenig 2010b), wurde in einer Befragung von 222 Beschäftigten in Wien ein Anteil von 58 % ermittelt (vgl. Koenig 2009b). In dieser Untersuchung konnte auch beobachtet werden, dass unterschiedliche Werkstätten ganz unterschiedlich mit Informationen versorgen, was sich signifikant auf die jeweils artikulierte Beschäftigungspräferenz auswirkt (vgl. Koenig 2009b). Eine mögliche Erklärung dafür wird in einer qualitativen Studie über Einstellungen von professionellen MitarbeiterInnen in Werkstätten gegeben. Demnach zählt ein (Wieder-)Einstieg der NutzerInnen in den ersten Arbeitsmarkt nicht zu den primär handlungsleitenden Zielsetzungen des dort tätigen Betreuungspersonals (vgl. Paterno 2008). Vonseiten der in Werkstätten beschäftigten NutzerInnen steht die vielfach geäußerte Beschäftigungspräferenz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Zusammenhang mit dem vielfach als sozial diskriminierend und stigmatisierend erlebten Status, ein/e WerkstättenmitarbeiterIn zu sein. NutzerInnen nehmen ihre Arbeit in Werkstätten häufig nicht als voll- oder gleichwertig wahr, was durch strukturelle Merkmale wie "Taschengeld statt Lohn" sowie dem Fehlen einer eigenständigen Sozialversicherung verstärkt wird. Dies führt häufig zu einem niedrigeren Selbstwertgefühl der Personen (vgl. Cramm et al. 2009).

4.5.1. Ergebnisse aus den Erhebungen

Die in der Fokusgruppe befragten VertreterInnen von Werkstätten bestätigen die angeführten Forschungsbefunde, wonach sich ein großer Anteil der bei ihnen beschäftigten NutzerInnen einen Übertritt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wünscht. Vonseiten der Werkstatt wird der durch die UN-Konvention beförderte Veränderungsprozess von Werkstätten grundsätzlich begrüßt und mit Offenheit begegnet.

Jedoch sehen neben den WerkstättenvertreterInnen insbesondere die interviewten Fachkräfte der beruflichen Integration sowie die in Werkstätten beschäftigten Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung eine Reihe von Hindernissen bei einem Übertritt auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. So fehlt es MitarbeiterInnen in Werkstätten häufig an notwendigen Informationen über Unterstützungsmöglichkeiten, die folglich auch nicht an die behinderten NutzerInnen weitergegeben werden können. Wie einige Referenzgruppenmitglieder hinsichtlich ihrer Erfahrungen aus Peer-Counseling-Beratungen berichten, verfügen viele in Werkstätten arbeitende Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung nicht über ausreichende Informationen über die Strukturen und Rahmenbedingungen dieser Einrichtungen. So sind sich viele NutzerInnen der Unterschiede zwischen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und der Arbeit in einer Werkstatt nicht bewusst. Die in Selbstvertretungsgruppen wie WIBS[18] arbeitenden Referenzgruppenmitglieder berichten überdies, dass ihnen der Zugang zu Werkstätten, um vor Ort die MitarbeiterInnen in Werkstätten zu beraten und zu informieren, häufig mit dem Argument verwehrt wird, dass interessierte NutzerInnen dieses Angebot in ihrer Freizeit in Anspruch nehmen sollten.

Die befragten WerkstättenvertrerInnen benennen zudem eine Reihe von strukturellen Problemfeldern, welche eine berufliche Orientierung und Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt erschweren. Insbesondere für kleine Werkstättenbetreiber ist es auf Basis der finanziellen Ressourcenausstattung nur schwer möglich, einen systemischen Kontakt zu Wirtschaftsbetrieben herzustellen und dauerhaft zu pflegen. Zudem können beeinträchtigte MitarbeiterInnen, die die Möglichkeit eines Praktikums oder Volontariats in einem Betrieb erhalten, aus zeitlichen Gründen nicht im erforderlichen Ausmaß vor Ort unterstützt und eingearbeitet werden. Dies stellt allerdings oft eine Grundbedingung für ein beiderseitig als erfolgreich bewertetes Praktikum sowie die nachfolgende Bereitschaft einer Übernahme durch den Betrieb dar.

Die Zusammenarbeit mit Maßnahmen der beruflichen Integration während dieser wichtigen Phase der, häufig erstmaligen, Realbegegnungen mit Wirtschaftsbetrieben ist - laut Aussage der befragten WerkstättenvertreterInnen - vielerorts nicht möglich, wodurch sinnvolle Synergieeffekte verhindert werden. Vor dem Hintergrund der derzeitigen Ressourcenausstattung sind vor allem Menschen mit komplexen und mehrfachen Beeinträchtigungen benachteiligt, da der für diese Personen erhöhte Mehraufwand nicht abgedeckt werden kann. So berichtet eine befragte NutzerIn, dass sie ein Volontariat lediglich aufgrund der finanziellen Unterstützung ihrer Eltern durchführen konnte. Eine weitere Nutzerin gibt an:

"Ich komme zu den Angeboten nicht einmal, weil die Unterstützung fehlt. Und von der Werkstatt kannst du nicht erwarten, dass sie dir jemanden alleine zur Verfügung stellen, der mit dir dann dort hingeht. Das ist nicht drinnen im Budget und somit passiert es dann gar nicht. Weil von der Werkstatt aus ist es unmöglich, dass sie dich zu Kursen, die das AMS anbieten würde, egal ob die dann passen oder nicht, schicken. Wenn du im Rollstuhl sitzt und eben Unterstützung brauchst, dann kommst du zu den Kursen gar nicht, wenn du keine Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz bekommst oder von mir aus, eine Persönliche Assistenz für das Wohnen. Ist ja dann egal, mit wem du sie machst, aber in irgendeiner Form bräuchtest du eine Persönliche Assistenz, dass du als Rollstuhlfahrerin, die auf Unterstützung angewiesen ist, überhaupt einmal hinkommst."

Die WerkstättenverteterInnen kritisieren zudem die in den einzelnen Bundesländern ungleichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der möglichen Dauer von Praktika oder Volontariaten. Die befragten beeinträchtigten NutzerInnen von Werkstätten berichteten über ihren Wunsch, die Werkstatt für behinderte Menschen zu verlassen und einen Arbeitsplatz am allgemeinen Arbeitsmarkt zu finden. Bei einem Großteil der Personen sind dabei eingeschränkte Selbstwirksamkeitserwartungen vorhanden, die nicht in allen Fällen auf tatsächlich negativen Erfahrungen beruhen. Es kann somit ein Kreislauf beobachtet werden, in dem sich negative Erwartungshaltungen der begleitenden MitarbeiterInnen - angesichts als nicht ausreichend wahrgenommener Ressourcen - auf die von den Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung selbst wahrgenommenen Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auswirken. Einige der befragten NutzerInnen berichten überdies, dass es ihnen aufgrund des eingeschränkten Angebots- und Tätigkeitsspektrums in den Werkstätten schwer fällt, sich konkrete Vorstellungen über Berufsbilder und Einsatzmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu machen. So berichtet auch eine Fachkraft über die häufig fehlenden Berufsbilder der NutzerInnen:

"Also, da bräuchte es mehr, dass wir unsere Klienten auch auf den Weg schicken können. Unsere Klienten haben ganz wenige Informationen, was den Arbeitsmarkt betrifft! Ganz wenige Jobbilder im Kopf und die sind teilweise so, dass ich sage: "Das wird wohl so nicht funktionieren. Ich werde dir nicht sagen, du kannst Arzt werden, wie es dein Papa ist!" Das heißt, ein realitätsnahes Bild, das braucht einfach das Material, das braucht die Sensibilisierung, das braucht die Auseinandersetzung mit den eigenen Ressourcen, das braucht ganz viel. Und das wird für unsere Klienten in der Werkstatt nicht angeboten [...] also wir können das derzeit nicht machen. Aber das braucht es dringend."

Die interviewten Fachkräfte sind sich weitestgehend einig, dass im derzeitigen Unterstützungssystem das Potenzial der Werkstätten darin besteht, mit den dort beschäftigten NutzerInnen ohne Zeitdruck arbeitsmarktrelevante Fähigkeiten und Kompetenzen auszubauen.

4.5.2. Diskussion der Ergebnisse und Empfehlungen

WerkstättenvertreterInnen erachten den zeitlich unbefristeten Bildungs- und Orientierungsauftrag als zentrale Chance des Werkstättensystems innerhalb eines idealtypisch durchlässigen Netzwerks an beruflichen Integrations- und Unterstützungsmaßnahmen. Dabei lautet das Ziel, sowohl für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung am Übergang Schule-Beruf als auch für bereits in Werkstätten beschäftigte Personen informierte Wahlfreiheit zwischen unterschiedlichen Teilhabemöglichkeiten zu gewährleisten.

Die Umsetzung dieses Auftrages bedarf aus ihrer Sicht in Zukunft neben struktureller und förderrechtlicher Anpassungen des derzeitigen Systems, die zu veränderten Schwerpunktsetzungen des Werkstättenalltages sowie des Begleitungsverständnisses beitragen würden, auch zusätzlicher Zugänge zu Information aller handelnden AkteurInnen in der in diesem Bericht bereits mehrfach beschriebenen Art und Qualität.

So wird auch in diesem Zusammenhang nochmals betont, dass anhand von zu entwickelnden Informationsmaterialien Personen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung anhand realer Fallbeispiele die Vielfalt von unterschiedlichen Berufs- und Tätigkeitsprofilen nähergebracht werden könnte. Zudem würden diese Beispiele auch einen Beitrag zur Sensibilisierung von LehrerInnen, Fachkräften und Wirtschaftsbetrieben leisten.

Die befragten Fachkräfte unterstrichen dabei die Notwendigkeit, jenseits medial aufbereiteter Beispiele, arbeitsuchenden Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung niederschwellig Realkontakte mit Personen zu ermöglichen, denen die berufliche Integration auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gelungen ist. Diesen Personen könnte beispielsweise die mehrfach erwähnte Rollenvorbildfunktion zukommen, was für die arbeitsuchenden Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung besonders motivationsfördernd wirken würde.

Vor allem die Referenzgruppenmitglieder schlagen neben der Entwicklung von Informations- bzw. Sensibilisierungsmaterialien vor, MitarbeiterInnen von Werkstätten Fortbildungsangebote zu machen, in denen die bislang handlungsleitenden Vorstellungen reflektiert und überdacht werden könnten.

Die befragten Fachkräfte sehen einen weiteren Lösungsansatz in der Etablierung von Integrationsfachkräften in den Werkstätten. Dies wird auch durch Studienergebnisse unterstrichen, wonach werkstätteninterne Rahmenbedingungen - wie das Freisetzen von MitarbeiterInnen von den üblichen Betreuungsverpflichtungen - sich signifikant auf die beruflichen Vermittlungsergebnisse der Werkstätten auswirken (vgl. Detmar et. al.2002).

Fallgeschichte Herr Schmidt

Mein Name ist Peter Schmidt. Derzeit arbeite ich in einer Werkstatt. Aber das war nicht immer so. Gleich nach der Schule habe ich eine Lehre zum Gärtner begonnen. Schon da habe ich keine Unterstützung gehabt, obwohl es sehr nützlich gewesen wäre. Als ich dann als Kasernenwart zum Bundesheer gekommen bin, hat es dort überhaupt nichts gegeben, weder einen Job Coach noch einen Arbeitsassistenten oder Ähnliches. Der Arbeitgeber hat das entschieden abgelehnt. Außerdem hat es große Probleme mit den Arbeitskollegen gegeben. Sie haben mich ständig gemobbt. Ich habe dann die einvernehmliche Kündigung eingereicht, weil ich gesagt habe "ich mag nicht mehr, mir wird das zu viel". Die Werkstatt ist eine Zwischenstation für mich. Ich werde schon noch etwas finden, was für mich passt.

Für alle befragten Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung (Interviews, Fokusgruppen und Referenzgruppe) erfüllt Arbeit, genauso wie Jahoda (1983) für Menschen ohne Beeinträchtigung aufgezeigt hat, vielfältige Funktionen, die sich nicht auf die finanzielle Entlohnung beschränken. Somit steht auch der Wunsch nach einem Arbeitsplatz mit der intrinsischen Motivation im Zusammenhang, einer Tätigkeit nachzugehen, auf die man stolz sein kann und dadurch gesellschaftliche und soziale Anerkennung als erwachsener Mensch zu erfahren.

Speziell der Unterschied zwischen Arbeit am allgemeinen Arbeitsmarkt und Arbeit in der Werkstatt ist für die befragten Personen von konstitutiver Bedeutung. Die derzeitigen Rahmenbedingungen und Strukturen von Werkstätten begünstigen und verfestigen, aus Sicht der befragten Personen, den gesellschaftlich defizitorientierten Blick auf Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung. Mit einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verbinden die meisten demgegenüber eine stärkenorientierte Betrachtungsweise in der Wahrnehmung anderer.

Darüber hinaus wird Arbeit, im Gegensatz zu Tätigkeiten in der Werkstatt für behinderte Menschen, als Voraussetzung wahrgenommen, um abwechslungsreiche Tätigkeiten in der Arbeits- und Freizeit durchzuführen sowie ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben führen zu können. Ein Mann mit intellektueller Beeinträchtigung erzählt dazu:

"Arbeit hat für mich die Bedeutung, dass man für sich persönlich etwas macht und danach sagen kann: ‚Okay ich habe dafür gearbeitet, ich kann mehr oder weniger stolz auf mich sein. Ich tue etwas.' Weil ich glaube, dass jeder Mensch auf seine Weise arbeitet. Ich glaube, es gibt keinen Menschen, der den ganzen Tag nichts tut, einfach, nur dasitzen und in die Luft schauen, das macht niemand. Aber Arbeit heißt für mich wirklich, es ist ein Anfang, ‚Okay ich habe das gemacht, ich habe das durchgezogen und kann mehr oder weniger stolz auf mich sein. '"

4.6 Wirtschaft

Wie bereits in der Einleitung skizziert (Kapitel 1.3.), stellen die durch Ökonomisierung und Globalisierung beeinflussten Veränderungen in der Wirtschaft die berufliche Integration von Menschen mit Beeinträchtigung vor viele Herausforderungen (vgl. Kühn & Rüter 2008). Wie Zink (2004) feststellt, hat sich der Arbeitsmarkt seit den 1980er Jahren zunehmend hin zu Berufs- und Anforderungsprofilen verändert, in denen die Informationsbe- und -verarbeitung im Mittelpunkt steht. Dazu parallel zeigt sich eine drastische Verringerung "traditioneller" Erwerbsarbeit in Form von Massengüterproduktion, die nunmehr entweder automatisiert abläuft oder ins kostengünstigere Ausland verlagert wird. Damit einher geht ein verringerter Bedarf an Hilfsarbeitstätigkeiten (vgl. Niehaus 2006, 183). Dies spiegelt sich auch in den Statistiken des AMS zur Langzeitarbeitslosigkeit wider. Demnach sind Personen mit fehlenden Qualifikationen, die einen Beruf im Hilfsarbeitersegment anstreben, signifikant öfter und länger arbeitslos (vgl. AMS 2011). Ebenso sind die Anforderungen an Beschäftigte immer weiter gestiegen. Dabei werden neben fachlichen Qualifikationen zusätzliche methodische und soziale Kompetenzen gefordert. So stellt Zink (2004) resümierend fest, dass eine Integration in die traditionelle Erwerbsarbeit mit einem entsprechend (niedrigen) Anforderungsniveau wesentlich schwieriger geworden ist, wodurch gerade Personen mit intellektueller Beeinträchtigung strukturell aus dem Arbeitsmarkt hinausgedrängt wurden. Der Unterstützung und Förderung des Lebenslangen Lernens wird in diesem Zusammenhang auch für bereits am Arbeitsmarkt tätige behinderte Menschen zukünftig eine besonders große Bedeutung zukommen (vgl. Niehaus 2006, 183), um ihren Arbeitsplatz in einer sich verändernden Wirtschaftswelt behalten zu können.

4.6.1. Ergebnisse aus den Erhebungen

Unter den Befragten der Untersuchung herrscht Einigkeit, dass die berufliche Integration von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung von der Aufnahmebereitschaft der Betriebe abhängig ist. In diesem Zusammenhang beeinflussen Vorurteile, die teilweise auch auf falschen und lückenhaften Informationen beruhen, die Bereitschaft der Beschäftigung von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung. Eine befragte Frau mit intellektueller Beeinträchtigung berichtet dazu:

"Weil bei einer Behinderung, zum Beispiel, ist das so. Da glauben dann viele Betriebe, Menschen mit Behinderungen sind viel im Krankenstand, dass sie Therapien machen müssen oder irgendwas. Und ich glaube, dass das alles ein bisschen die Chefs abschreckt. Dabei bekommen sie Förderungen. Nur wissen sie das oft nicht."

Als entscheidendes Kriterium, um einen Zugang zu Betrieben herzustellen, wird von den Befragten die Nutzung persönlicher Kontakte, informeller Ressourcen und Netzwerken genannt. Diese können von den handelnden AkteurInnen aufgrund fehlender Ressourcen oder Kenntnisse jedoch oftmals nicht aktiviert werden. Ein Lehrer erzählt dazu:

"Es ist unterschiedlich. Es gibt Kleinstbetriebe, wo nur der Chef und vielleicht der Geselle drinnen stehen, die dann sehr engagiert sind. Es gibt Riesenbetriebe, die das fast gewerbsmäßig betreiben, die Berufspraktische Tage anbieten und Schüler auch mit Teilqualifizierungen schnuppern lassen. Und es gibt auch wieder Kleinbetriebe, die sagen, das ist für meinen Betrieb zu mühsam. Es ist unterschiedlich. Also, wenn man gute Kontakte zu den Firmen aufbauen kann, wirklich persönliche, dass man hingeht und mit ihnen spricht, funktioniert es oft besser als über das Telefon. Also wenn man mit ihnen spricht, geht es oft leichter, als wenn man einfach nur anruft und sagt: "Hätten Sie einen Platz für eine Berufspraktische Woche für einen Schüler oder eine Schülerin?" Also, persönlicher Kontakt ist immer sehr erwünscht."

Die Kontaktaufnahme mit Betrieben führt ohne einen entsprechenden "persönlichen Draht" in den meisten Fällen zu ablehnenden Reaktionen. Dies wirkt sich vor allem auf Menschen aus sozial benachteiligten Familien nachteilig aus, deren soziale Netzwerke häufig nur aus Personen in einer ähnlichen Lebenslage bestehen.

4.6.2. Diskussion der Ergebnisse und Empfehlungen

Es lässt sich festhalten, dass jede Strategie zur Entwicklung und Verbreitung von Informationen Wirtschaftsbetriebe als Zielgruppe mitdenken muss. Ohne eine durch entsprechende Sensibilisierungs- und finanzielle Förderungsprogramme positiv beeinflusste Bereitschaft von Unternehmen, behinderte Menschen zu beschäftigen, erweisen sich alle sonstigen Bemühungen als nicht nachhaltig.

Die zentrale Aufgabe von Informationsmaterialien für Betriebe liegt im Abbau von Ängsten und Vorurteilen gegenüber Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung. Anhand konkreter Beispiele, in denen die Sichtweise von ArbeitgeberInnen berücksichtigt wird, sollten sowohl betriebliche Problemlagen beschrieben, als auch der durch die Beschäftigung eines behinderten Menschen mögliche Mehrwert für Betriebe realistisch dargestellt werden. Mit der ORF-Kampagne "Meine Chance ihr Nutzen" wurden gezielt der Mehrwert für Unternehmen angesprochen vermehrt Menschen mit Behinderung einzustellen. Dazu hat parallel die von der österreichischen Sozialpartnerschaft betriebene Webseite www.arbeitundbehinderung.at einen wichtigen Schritt in Richtung Sensibilisierung gesetzt. Vor allem für ArbeitgeberInnen aufbereitet, finden sich dort 60 Beispielfälle gelungener beruflicher Integration von Menschen mit Beeinträchtigung entlang unterschiedlicher Branchen und Beeinträchtigungsformen.

Insbesondere MitarbeiterInnen von Werkstätten fehlt es häufig an den notwendigen Kenntnissen und Informationen, um betriebliche Abläufe und Anforderungen entsprechend zu verstehen. In diesem Zusammenhang könnten einzelne Elemente entsprechender Fortbildungsangebote genutzt werden, wie sie beispielsweise für MitarbeiterInnen von Integrationsmaßnahmen zur Qualifizierung zur Fachkraft der beruflichen Integration zur Verfügung stehen[19].

Aus der Sichtweise aller befragten Personen wird hierbei die besondere Bedeutung des Arbeitsmarktservice als potenzielle Schnittstelle zwischen den SystemakteurInnen, behinderten Menschen und Wirtschaftsbetrieben hervorgehoben.

4.7 Fördergeber

Wie im Kapitel zu Maßnahmen der beruflichen Integration (4.5) erwähnt, werden diese gemeinsam mit Werkstätten für behinderte Menschen neben dem AMS insbesondere vom Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK), dem ihm unterstellten Bundessozialamt (BASB) sowie den einzelnen Bundesländern finanziell gefördert. Vonseiten des Bundessozialamtes wurden laut Geschäftsbericht (vgl. BASB 2011) im Jahr 2010 insgesamt 175 Millionen Euro an projekt- und personenbezogenen sowie investiven Förderungen ausbezahlt. Für die hier in besonderem Maße relevanten beruflichen Integrationsmaßnahmen Clearing, Berufsausbildungsassistenz, Arbeitsassistenz und Job Coaching bildet die Richtlinie zu den begleitenden Hilfen die zentrale Förderungsgrundlage (vgl. BMASK 2011). Die neun Bundesländer sind, neben ihren schwerpunktmäßigen politischen Gestaltungs-, Verwaltungs- und Finanzierungsaufgaben des förderalen Systems der Werkstätten, zumeist als Ko-Finanzierungsgeber beruflicher Integrationsmaßnahmen beteiligt. Für das System der Werkstätten wurden 2008 hochgerechnet etwa 280 Millionen Euro österreichweit an Förderungen ausbezahlt.

Im Bundesland Wien wurde - vorbildgebend für Österreich - eine eigene Koordinationsstelle zur Koordinierung und Steuerung der arbeitsmarktpolitischen Agenden des Bundessozialamtes, des Fonds Soziales Wien (FSW) sowie des AMS eingerichtet (vgl. Gabrle 2008)[20]. Dabei orientiert sich das delegierte Aufgabenspektrum an den Zielgruppen von behinderten Jugendlichen sowie Personen mit Benachteiligungen am Arbeitsmarkt. Somit bleibt auch hier die berufliche Beratungs- und Unterstützungssituation von Erwachsenen Personen sowie Personen, die in Werkstätten beschäftigt sind, weitestgehend unberücksichtigt.

4.7.1. Ergebnisse aus den Erhebungen

Die befragten VertreterInnen beruflicher Integrationsmaßnahmen und der Werkstätten beurteilen ihre jeweiligen förderrechtlichen Rahmenbedingungen und Zielvorgaben hinsichtlich der beruflichen Beratung, Qualifizierung und Begleitung von Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung und/oder höherem Unterstützungsbedarf in vielen Fällen als kontraproduktiv. Dies betrifft in erster Linie Einschränkungen hinsichtlich der Dauer und Intensität beruflicher Orientierungs- und Begleitungsprozesse, die als fundamental für eine nachhaltige berufliche Integration gewertet werden. Durch die Vielzahl an unterschiedlichen AkteurInnen mit jeweils eigenen Förderrichtlinien und Bestimmungen, entsteht für die betroffenen Personen ein nicht durchschaubares Geflecht an Maßnahmen und verantwortlichen Behörden, welches eine Vielzahl an Barrieren enthält. Dazu erzählt eine befragte Person mit intellektueller Beeinträchtigung:

"Das erste Kriterium ist schon einmal das, dass die Kriterien bei den Bundesländern unterschiedlich sind. Da hast du schon einmal das Hauptproblem. Und dadurch, dass sie unterschiedlich sind, ist es auch sehr schwierig, sich umzumelden. Und außerdem, das ist jetzt nicht mehr so, aber wenn du nicht in Pension bist, kriegst du Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz nur, wenn du eine Arbeitstelle hast und die Arbeitstelle kriegst du aber nur dann, wenn du Persönliche Assistenz hast, weil du sie ja ohne nicht schaffst. Also es ist im Prinzip ein Kreislauf, der irgendwo anfängt und nie aufhört."

Die oftmals nicht nachvollziehbaren Behördenwege und Entscheidungen sowie fehlende Informationen verunsichern viele der befragten Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung. Ängste bestehen ferner angesichts der vielfach drängenden Frage, ob und wie die Arbeitsuchenden im Falle eines gescheiterten Arbeitsversuchs ihre sozialen Transferleistungen zurückerhalten und in die Werkstätte zurückkehren können.[21] Dies beeinflusst viele Personen in ihrer Entscheidung, ob sie den Schritt in den allgemeinen Arbeitsmarkt versuchen oder in der Werkstätte verbleiben. Die Mitarbeiterin einer Werkstatt erzählt dazu:

"Aber was sagen wirklich die Kunden und Kundinnen? Und ob er es sich zutraut? Ja, das ist immer für mich das große Fragezeichen. Weil er könnte sich dann auch für eine Tagesstruktur entscheiden. Gewohnheit macht die Sache nicht besser, aber trotzdem ist es für ihn ein sicherer Raum. Und das andere wäre sozusagen ein Stück weit wirklich Unsicherheit und es ist nicht abzusehen, nämlich alle Schritte zurück, diese strukturellen Schwierigkeiten, mit Rückversicherung. Also auch sich zu erproben ist ja schon einmal extrem schwierig. Bis hin zu der Entscheidung, die man dann auch akzeptieren muss vonseiten des Kunden."

Einige befragte Personen mit einer mehrfachen Beeinträchtigung erwähnen, dass sie im Rahmen eines Volontariates oder Praktikums keinen Anspruch auf die persönliche Assistenz am Arbeitsplatz[22] haben, da dafür zumindest ein konkret in Aussicht stehendes sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis Voraussetzung ist. Häufig ist es jedoch für diese Zielgruppe nicht möglich, einen Betrieb zu finden, der bereits im Vorhinein ein Dienstverhältnis in Aussicht stellt.

Als vielfach erste Realbegegnung kommt dem Volontariat bzw. Praktikum im Kontext der beruflichen Orientierung eine wichtige Funktion zu - sowohl für die beeinträchtigte Person als auch für den Betrieb. Da auf Basis der bestehenden Ressourcenausstattung Werkstätten die notwendige und zeitintensive Begleitung nicht durchführen können, sind Menschen mit einer mehrfachen Beeinträchtigung doppelt benachteiligt. Unter den derzeitigen förderrechtlichen Bestimmungen ist die Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz an eine Pflegegeldeinstufung ab der dritten Stufe gebunden. Da Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung oftmals entweder kein Pflegegeld beziehen oder nur den Stufen eins bis zwei zugewiesen sind, haben diese derzeit grundsätzlich keinen Anspruch auf diese Art von Unterstützungsleistung.[23]

Ähnlich problematisch sehen einige der befragten Personen mit intellektueller Beeinträchtigung sowie die Mitglieder der Referenzgruppe die förderrechtliche Koppelung eines betreuten Wohnplatzes an eine durchgehende Tagesstruktur. Personen mit intellektueller Beeinträchtigung, die aufgrund ihres Unterstützungsbedarfes und fehlender Zugangsmöglichkeit zur Persönlichen Assistenz einen derartigen Wohnplatz in Anspruch nehmen, sind vielerorts verpflichtet, eine durchgehende Tagesstruktur von 9 bis 15 Uhr nachzuweisen, da in dieser Zeit keine Betreuung bereitsteht. Für Menschen, die aufgrund ihrer mentalen oder körperlichen Konstitution leistungsmäßig keinen Vollzeitjob ausfüllen können, bedeutet dies, dass die Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung ihnen keine "ausreichende Tagesstruktur" gewährleistet. Möglichkeiten der Halbtagsnutzung von Werkstättenplätzen sind bislang nur in wenigen Bundesländern förderrechtlich möglich. Außerdem können Personen die meisten Leistungen und Maßnahmen der beruflichen Integration nicht nützen, wenn sie in Werkstätten beschäftigt sind. Derartige durch Förderrichtlinien verursachte Barrieren erschweren den Entschluss, den Sprung aus einer Werkstätte zu wagen und wirken in den meisten Fällen demotivierend. Die Entscheidung für eine berufliche Veränderung bringt für Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung oftmals vielfältige Veränderungen in anderen Lebensbereichen mit sich. Diese würden eine Koordination der unterschiedlichen Unterstützungsleistungen in den Bereichen Wohnen und Arbeiten notwendig machen. Eine solche findet jedoch nur selten statt.

4.7.2. Diskussion der Ergebnisse und Empfehlungen

Die Wirkungen bestehender förderrechtlicher Rahmenbedingungen werden von allen befragten Gruppierungen als zusätzliche Barriere empfunden, die eine berufliche Integration strukturell erschwert. Neben fehlenden Ressourcen, wird das Nebeneinander sich gegenseitig ausschließender bzw. bedingender Regelungen bestimmter Unterstützungsformen kritisiert. In bestimmten Lebensbereichen werden Betroffene somit finanziell über-, in anderen jedoch unterversorgt. Die Erschließung derart ungenützter Synergieeffekte könnte im Sinne individueller und flexibler Integrationspfade die benötigten Ressourcen für eine zeitliche und personelle Intensivierung des Prozesses der beruflichen Integration kostenneutral schaffen. Dies würde allerdings ein Umdenken in Richtung einer bedarfsorientierten Vernetzung und gegebenenfalls zeitweise parallelen Nutzung unterschiedlicher Integrationsleistungen erfordern. Transparente und niederschwellig zugängliche Informationen über das bestehende System, seine Anspruchsvoraussetzungen, Unterstützungsleistungen, Maßnahmen, Möglichkeiten und Grenzen sind dafür eine notwendige Voraussetzung.

Fallgeschichte Hr. Huber

Mein Name ist Johannes Huber. Ich habe eine Mehrfachbehinderung. Seit meiner Schulzeit bin ich immer bei derselben Organisation gewesen und habe mit keiner anderen Organisation etwas zu tun gehabt.

Ich habe eine Zeitlang überlegt, den Hauptschulabschluss nachzuholen. Da wurde mir gesagt, dass es vielleicht gehen würde, teilweise. Vielleicht mit einer Persönlichen Assistenz. Es wäre dann aber so gewesen, dass ich aus der Beschäftigungstherapie hätte aussteigen müssen. Und ich hätte dort nur zwanzig Stunden gehabt. Da wäre der WG-Platz dann eigentlich gefährdet gewesen. Weil ich um 13 Uhr schon wieder in der WG gewesen wäre. Das geht nicht, weil Betreuung gibt es erst ab 15 Uhr. Die WG setzt voraus, dass man von 9 Uhr bis 15 Uhr in Beschäftigung ist. Da hätte ich mir eine andere Lösung suchen müssen. Und das ist nicht machbar.

Jetzt mache ich eine Teilausbildung. Das Ziel ist da eigentlich, dass man die Leute in einen Arbeitsprozess integriert, aber ich glaube das läuft nicht darauf hinaus, also auf mehr als eine geringfügige Anstellung auf keinen Fall. Da hat man mir eigentlich auch zugestimmt und gesagt, dass ich eigentlich nur eine Chance hätte, wenn ich in Zukunft Persönliche Assistenz in Anspruch nehmen könnte, die bekomme ich aber nicht bei einer geringfügigen Anstellung. Weil ich bei manchen Sachen wirklich große Defizite habe. Man müsste wirklich effizient an den Sachen arbeiten, die ich nicht so gut kann. Das müsste man ein Jahr trainieren, dann würde es gehen. Aber das ist mit dem, was in einer Tagesstruktur angeboten wird, nicht realistisch. Es wäre sehr wichtig, in Zukunft eine Persönliche Assistenz zu bekommen, damit ich auch wirklich einmal eine Arbeit finden kann.



[8] Die in dem Bericht dargestellten Interview-, Fokusgruppen und Referenzgruppenausschnitte sind lediglich in der Hinsicht überarbeitet worden, als dass Wortwiederholungen und Sprecheigenheiten (wie lange Pausen zwischen den Sätzen, Ähms Hms, usw.) entfernt wurden. Inhaltliche Kürzungen in den Darstellungen wurden nicht vorgenommen bzw. durch eckige Klammern [...] gekennzeichnet.

[9] Für aktuelle Entwicklungen siehe: www.personcentredplanning.eu & www.persoenlichezukunftsplanung.at

[10] Durch entsprechende gesetzliche Veränderungen der Schulorganisationsgesetze wurde mit dem Schuljahr 1993/94 die Integration in der Volksschule und vier Jahre später 1997/98 in der Sekundarstufe 1 als Wahlrecht der Eltern gesetzlich verankert, entscheiden zu können, ob eine Beschulung in einer Integrationsklasse oder Sonderschule bevorzugt wird. Durch innerhalb der einzelnen österreichischen Bundesländer existierende Unterschiede in der schulpolitischen Ausrichtung, gepaart mit unterschiedlichen Ausbaustufen der Versorgung integrativen Unterrichts, wird die rechtliche Wahlfreiheit der Eltern aber faktisch ausgehöhlt. Überdies zeigen sich klar identifizierbare Zusammenhänge zwischen Bildungs- und sozial-ökonomischem Status der Eltern und dem Besuch einer Sonderschule oder Integrationsklasse (vgl. Buchner & Gebhardt 2011, 300).

[11] ASO-SchülerInnen nehmen zu 89,5 % Angebote der Berufsvorbereitung in Anspruch, während dies lediglich 10,5 % der S-Lehrplan-SchülerInnen tun (vgl. Fasching & Mursec 2010, 24)

[12] In Österreich werden die personellen Ressourcen für die sonderpädagogische Unterrichtung in den Bundesländern nicht nach der tatsächlichen Zahl der Kinder mit einem Sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) festgelegt, sondern für einen theoretisch festgesetzten Grenzwert von 2,7 % der Pflichtschüler/innen zugewiesen, während im Schuljahr 2006/07 die Quote an SchülerInnen mit SPF bereits bei 3,31 % und im Bundesland Wien sogar bei 4,34 % lag (vgl. Feyrer 2009).

[14] In Österreich werden sowohl von den einzelnen Bundesländern als auch vom Bundessozialamt unterschiedliche Projekte und Angebote der Peer-Beratung finanziert, siehe unter: http://www.bundessozialamt.gv.at/cms/basb/pdb_start.html;jsessionid=aVM46wqInEo_?fontsize=75

[15] Mehr Informationen auf der Seite des Bundessozialamtes unter: http://www.bundessozialamt.gv.at/cms/basb/pdb_start.html;jsessionid=aVM46wqInEo_?fontsize=75

[16] Mit 01.01.2012 wird in den Bundesländern Wien und Steiermark pilothaft die Maßnahme Clearing durch das Jugendcoaching ersetzt. Das Jugendcoaching richtet sich an ALLE Jugendlichen die bis zum Abschluss der Schule noch keine berufliche Perspektive oder eine Lehrstelle in Aussicht haben. Für Jugendliche mit intellektueller Beeinträchtigung soll es dadurch zu keiner Schlechterstellung kommen. Wie das Clearing kann auch das Jugendcoaching bereits im letzten Schuljahr begonnen werden, und begleitetden/die SchülerIn bedarfsorientiert bis zu ein Jahr. Genauere Informationen über den Ablauf und Anbieter des Jugendcoaching finden sich im Internet auf der Webseite: http://www.neba.at/jugendcoaching.html

[17] 17 Mit der Einführung des Jugendcoachings, welches ab 2012 pilotweise in den Bundesländern Wien und Steiermark angeboten und dort die Struktur des Clearings ersetzen wird, sollen verstärkte Bemühungen zur Zusammenarbeit mit Lehrkräften und Eltern erfolgen (siehe Interview mit Bundesminister Hundstorfer unter: http://kurier.at/wirtschaft/4272192.php) .

[18] Wir informieren beraten bestimmen selbst (WIBS) ist eine Informationsstelle für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in Innsbruck, welche unter anderem Beratungen, Werkstättenbesuche, Vorträge und unterschiedliche Kurse anbietet. Näheres siehe: http://www.selbstbestimmt-leben.net/wibs/

[21] 21 Im Bundesland Wien haben im "Arbeitskreis Rückversicherung" VertreterInnen des Landes Wien (FSW), des AMS Wien, der Pensionsversicherungsträger und der Finanzverwaltung unter Koordination der Landesstelle Wien des BSB Regelungen und Verwaltungsabläufe entwickelt, die ein Wiedererlangen der Sozialhilfeleistung und/oder der erhöhten Familienbeihilfe bei Scheitern eines Arbeitsversuches bei Einhaltung definierter Vorgehensweisen sicherstellen. Informationen über diese Regelungen sind jedoch noch nicht ausreichend bekannt und finden jenseits des Bundeslandes Wien nur selten Anwendung. Mehr Informationen unter: http://www.koordinationsstelle.at/informationen/ruckversicherung.html

[22] Der österreichische Monitoringausschuss zur Überwachung der Einhaltung der UNBehindertenrechtskonvention definiert Persönliche Assistenz folgendermaßen:

Persönliche Assistenz bedeutet:

- Fokus auf den individuellen Unterstützungsbedarf mit dem Ziel maximaler Selbstbestimmung.

- Die AssistenznehmerInnen bestimmen selbst den Grad der Kontrolle, den sie entsprechend ihrer persönlichen Bedürfnisse, Fähigkeiten, Lebensumstände, Vorlieben und Ziele über ihre Assistenz ausüben möchten.

- Dies schließt das Recht mit ein, sich maßgeschneiderte Dienstleistungen einzukaufen.

- Damit die freie Wahl gewährleistet ist, müssen die AssistenznehmerInnen frei darüber entscheiden können, wer was wann wo und wie für sie erledigt.

- Die Mittel für die Finanzierung der Dienstleistungen erhält die Person, nicht der Dienstleister. Dadurch wird die freie Wahl der Organisationsform und die allfällige Auswahl der Dienstleister gewährleistet.

Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz (PAA) ist eine Leistung des Bundessozialamts und wird mit den Mitteln der Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung (Behindertenmilliarde) finanziert. Voraussetzungen für das Erhalten von PAA ist Pflegestufe 5, 6 oder 7 (in Ausnahmefällen wird auch PAA Personen mit der Pflegestufe 3 oder 4 bewilligt) und ein Dienst- bzw. ein Ausbildungsverhältnis der Person. Das Dienst- bzw. Ausbildungsverhältnis muss der fachlichen und persönlichen Eignung der Person entsprechen. PAA wird im jeweils zuständigen Bundessozialamt beantragt (vgl. BMASK 2011).

Im Unterschied dazu ist die Leistung der Persönlichen Assistenz (PA) eine Leistung des zuständigen Landes und kann nicht in allen Bundesländern in Anspruch genommen werden. Die im Bundesland Wien als Pflegegeldergänzungsleistung angebotene Persönliche Assistenz stellt rein eine Leistung für Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung (Pflegestufe 5-7, in Ausnahmefällen auch 3 und 4) dar, die in einem Erwerbstätigenalter sind und ihren Hauptwohnsitz in Wien haben. Personen mit intellektueller Beeinträchtigung sowie Personen in Werkstätten oder jene mit einem/einer gesetzlichen SachwalterIn sind explizit nicht Zielgruppe der Persönlichen Assistenz in diesem Bundesland (vgl. Mayrhofer & Sutterlüty 2008; Stockner 2011).

[23] 23 Der österreichische Monitoringausschuss zur Überwachung der Einhaltung der UNBehindertenrechtskonvention hat in einer eigenen Stellungnahme festgestellt, dass Persönliche Assistenz auch für Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung finanziert werden muss. Aktuell arbeitet ein Arbeitskreis unter der Federführung des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz mit VertreterInnen der Bundesländer sowie der Pensions- und Unfallversicherungsanstalten an einer bundesweit einheitlichen Regelung für persönliche Assistenz.

5 Zusammenfassende Diskussion der Ergebnisse

In diesem Kapitel werden die forschungsleitenden Fragestellungen dieser Studie einzeln beantwortet und die wichtigsten Ergebnisse zusammenfassend dargestellt. Auf den Erkenntnissen aufbauend, werden Empfehlungen für die Gestaltung von beruflichen Informationsmaterialien sowohl für Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung als auch andere relevante SystemakteurInnen gegeben und mögliche strukturelle und konzeptionelle Veränderungen von Maßnahmen der beruflichen Orientierung und Integration angedacht. Beide Aspekte sollen dazu beitragen, die Chancen von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung beim Zugang und Wiedereintritt in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verbessern.

Welchen Chancen und Grenzen begegnen Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung beim Erstzugang zum Arbeitsmarkt bzw. Wiedereintritt in ein Dienstverhältnis?

Wie können die Chancen erweitert werden, um eine verbesserte Integration auf dem ersten Arbeitsmarkt zu erzielen?

Die Betrachtung der Chancen und Grenzen, mit denen sich Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung derzeit beim Eintritt in den allgemeinen Arbeitsmarkt konfrontiert sehen, zeigt die nach wie vor vorherrschende Dominanz defizitorientierter Vorstellungen gegenüber den betroffenen Personen. Die daraus entstehenden Barrieren werden durch fehlende lebensweltnahe Informationen über Berufs- und Unterstützungsmöglichkeiten zusätzlich verstärkt. Aufgrund mangelnder Aufklärung und Sensibilisierung von wichtigen SystemakteurInnen an für die berufliche Laufbahnplanung von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung sensiblen Schaltstellen, wie insbesondere dem System Schule, und medialen Bildern der Abhängigkeit und Hilflosigkeit, wird eine schwer zu überwindbare Hürde zwischen potenziellen ArbeitgeberInnen und Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung errichtet. Vor diesem Hintergrund wird die Suche nach aufnahmebereiten Betrieben für die in diesem Prozess wirkenden UnterstützerInnen zu einer großen Herausforderung.

Die seit der Einführung der Beschäftigungsoffensive der österreichischen Bundesregierung für Menschen mit Beeinträchtigung stattgefundene kontinuierliche Ausweitung anspruchsberechtigter Zielgruppen seit dem Jahr 2001 hat sich für die Begleitung von Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung und/oder Personen mit höherem Unterstützungsbedarf als reelle Ressourcenkürzung dargestellt. Auch wenn Unterstützungssysteme der beruflichen Integration nunmehr eine quantitativ größere Zielgruppe versorgen und erfolgreich begleiten können, haben sich dadurch die für einen Menschen zur Verfügung stehenden personellen Ressourcen pro Fachkraft deutlich reduziert. Während nach wie vor differenzierte Indikatoren zur Beurteilung der Nachhaltigkeit, Effizienz und Treffsicherheit von beruflichen Integrationsmaßnahmen fehlen, wurden durch die bislang primäre Erfolgsorientierung am Vermittlungsoutput von arbeitsmarktpolitischen Integrationsmaßnahmen strukturelle Selektions- und Abschöpfungseffekte begünstigt.[24] Diese Selektionsmechanismen haben für die in den Unterstützungssystemen agierenden Personen eine handlungsleitende Funktion. Sie manifestieren sich beispielsweise in alltäglichen Abwägungsentscheidungen von LehrerInnen und Fachkräften der beruflichen Integration, in welche Personen sie auf Grundlage der bestehenden Ressourcen und von ihnen auf der Basis von vortheoretischen Alltagserfahrungen getroffener Einschätzung der Integrationsfähigkeit der Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung "investieren" sollen und in welche nicht. Dieses strukturelle Defizit wird auch in der politischen Diskussion und Steuerung von Maßnahmen der beruflichen Integration - wie es sich beispielsweise auch in den Richtlinien zu den begleitenden Hilfen (vgl. BMASK 2011) widerspiegelt -, genützt, um Grenzen der Vermittlungs und Integrationsfähigkeit am Individuum selbst festzumachen, während - wie am Beispiel von SPAGAT in Vorarlberg sowie zahlreicher wissenschaftlich dokumentierter Erfahrungen weltweit (vgl. WHO 2011) gezeigt - längst nachgewiesen wurde, dass mit geeigneter methodischer Unterstützung und passenden Rahmenbedingungen auch Menschen mit schweren Beeinträchtigungen erfolgreich am allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können.

Neben dem wahrgenommenen Ausmaß der intellektuellen Beeinträchtigung beeinflussen eine Reihe weiterer sozio-ökonomischer und kultureller Voraussetzungen, Unterstützungsentscheidungen der in den Unterstützungssystemen agierenden Personen. Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung sowie deren Eltern beschreiben die Situation als gleichermaßen frustrierend und demotivierend. Als Reaktion stellen viele betroffene Personen und ihre Angehörige die Suche nach einem Arbeitsplatz frühzeitig ein und nehmen den Weg in eine Werkstatt als einzig verbleibende Option für Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung wahr.

Als Beispiel kann die im Rahmen des Clearingprozesses stark auf die Zusammenarbeit mit Eltern, Angehörigen und dem sozialen Umfeld hin konzipierte Begleitung zur Wahl eines Berufes sowie vorgeschalteter Praktikums- und Ausbildungsplatzsuche genannt werden. Dem Engagement der beteiligten Personen kommt dabei als einem der wichtigsten Erfolgsindikatoren eine besondere Rolle zu. Die Fähigkeit, ein solches Engagement aufbringen zu können, ist wie bereits aufgezeigt, von einer Vielzahl von familiären und kulturellen Faktoren sowie dem Zugang zu sozialen Netzwerken abhängig, über die Jugendliche aus sozio-ökonomisch benachteiligten Schichten in der Regel nicht verfügen. Auch mangelnde Deutschkenntnisse der Eltern führen häufig zu einem frühzeitigen Aufgeben der Suche nach einer geeigneten Ausbildungs- oder Arbeitsmöglichkeit und dem Abbruch einer Maßnahme. Die in diesem Zusammenhang notwendigen und bisher vorhandenen Informationsmaterialien werden von allen befragten Gruppen als schwer zugänglich, unübersichtlich, unvollständig und für Betroffene größtenteils nicht verständlich wahrgenommen.

Unflexible Förderrichtlinien, die entweder die parallele Nutzung bestimmter Unterstützungsmaßnahmen (z.B. Werkstatt und Persönliche Assistenz oder Job Coaching) ausschließen oder bedingen (z.B. Wohnplatz und Tagesstruktur) erschweren - gekoppelt mit für die Zielgruppe oftmals nicht transparenten Behördenwegen und Anspruchsvoraussetzungen - zusätzlich den Weg in die berufliche Integration.

In der Wahrnehmung der eigenen Chancen, in absehbarer Zeit einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erlangen, lassen sich Unterschiede zwischen jungen und älteren Personen mit intellektueller Beeinträchtigung identifizieren. Während Jugendliche und junge Erwachsene, aufgrund des ihnen zur Verfügung stehenden Angebots an Beratungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, ihre Chancen hinsichtlich eines Arbeitsplatzes besser einschätzen, haben Erwachsene Personen, die zumeist bereits in Werkstätten für behinderte Menschen beschäftigt sind, bereits deutliche Anzeichen einer negativen Selbstwirksamkeitserwartung entwickelt. Eine besondere Rolle kommt hierbei dem System Schule zu, wo heute Kindern und Jugendlichen vermehrt arbeitsmarktrelevante Schlüsselkompetenzen vermittelt werden. Dabei wird von den LehrerInnen insbesondere der über einen längeren Zeitraum bestehende Kontakt zum Clearing positiv hervorgehoben. Vor allem eine verstärkte Investition in die Ermöglichung früher Arbeitserfahrungen und entsprechende systemübergreifende Unterstützungsmöglichkeiten werden als wichtige Bausteine gesehen, um die Chancen für berufliche Integrationsprozesse zu verbessern und somit den unverhältnismäßig höheren Folgekosten einer späteren Unterbringung in einer Werkstätte vorzubeugen.

Für Erwachsene Personen mit intellektueller Beeinträchtigung - unabhängig davon, ob sie bereits einer Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgegangen sind und/oder in einer Werkstatt arbeiten - gestaltet sich der Weg in den allgemeinen Arbeitsmarkt besonders schwierig. Die befragten Personen mit Erfahrungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt geben an, beim Wiedereintritt meist aufgrund fehlender Unterstützung gescheitert zu sein. Dabei haben einige der Befragten die Erfahrung gemacht, dass nach einem einmalig gescheiterten Arbeitsversuch ihnen von AkteurInnen arbeitsmarktpolitischer Unterstützungsmaßnahmen nahegelegt wurde, in die Erwerbsunfähigkeitspension zu wechseln, womit für sie als einzige dauerhafte Optionen die Werkstatt für behinderte Menschen oder die Arbeitslosigkeit zur Verfügung gestanden haben.

Das Angebot an weiterführenden Beratungs- und Unterstützungsleistungen sowie die Qualität der erhaltenen Informationen wurden dabei zumeist als nicht ausreichend bewertet. Jene Personen, die nicht direkt in die frühzeitige Pensionierung verwiesen wurden, beschreiben häufig als frustrierend erlebte "Maßnahmenkarrieren". Es wird etwa davon berichtet, dass sie von einer Maßnahme der beruflichen Integration an die nächste verwiesen werden, während sie - von vereinzelten, nicht ausreichend unterstützten Praktika abgesehen -, aufgrund ihres fortschreitenden Alters für sich selbst immer weniger Chancen auf einen Arbeitsplatz am allgemeinen Arbeitsmarkt sehen. Auch hier erscheint für Betroffene, über Umwege, eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oftmals als einzige Option.

Am schlechtesten werden die eigenen Chancen von jenen Personen beurteilt, die bereits in Werkstätten arbeiten und bislang keine oder kaum Berufserfahrung vorzuweisen haben. Als nicht ausreichend beschriebene Unterstützung vonseiten der Werkstätten, wiederholte Erfahrungen des Scheiterns, fehlende Rollenvorbilder sowie häufig unzureichende Informationen über mögliche Berufs- und Unterstützungsmöglichkeiten prägen die erlebte Situation dieser Personen. Das Beibehalten des Wunsches nach einer beruflichen Veränderung wird von den betroffenen Menschen als immenser Kraftakt beschrieben, der angesichts des drohenden Verlustes von existenzsichernden Sozialleistungen, des Wohnplatzes sowie ungewisser Zwischenmodelle und Rückkehrmöglichkeiten nur in den wenigsten Fällen über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten wird.

Eine weitere bedeutsame Unterscheidung wurde von Betroffenen insbesondere im Kontext der Integrativen Berufsausbildung zwischen inner- und überbetrieblichen Ausbildungsformen angestellt. Während, wie die befragten Personen berichten, eine innerbetriebliche Ausbildung in vielen Fällen zu einem längerfristigen Verbleib der Personen im Betrieb führt, berichten diejenigen, die eine Ausbildung in überbetrieblichen Einrichtungen oder in der Behindertenhilfe absolviert haben, von aus ihrer Sicht nur geringen Chancen auf eine Stelle am allgemeinen Arbeitsplatz. Der fehlende Nachweis an Erfahrung in einem Wirtschaftsbetrieb lässt potenzielle ArbeitgeberInnen demnach sowohl die Qualität der Ausbildung als auch erwartbare Schlüsselkompetenzen anzweifeln. So berichten Befragte, dass sie nach mehreren gescheiterten Anläufen der Arbeitsplatzsuche erneut eine überbetriebliche Berufsorientierung und/oder -ausbildung absolviert haben. In weiterer Folge wurde nach einer "Maßnahmenkarriere" die Berufsunfähigkeitspension beantragt, wodurch sich die oben beschriebenen Kreisläufe wieder schließen.

Empfehlungen

Sowohl Berufsinformationsmaterialien als auch Maßnahmen der beruflichen Integration sollen in einem verstärkten Ausmaß auf die unterschiedlichen Problemlagen und Lebenssituationen von Jugendlichen und erwachsenen Personen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung eingehen. Den aktuell größten Bedarf an einer Versorgung mit Informationen haben, den Ergebnisse dieser Untersuchung zufolge, Personen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung, die ihren Arbeitsplatz verloren haben oder in einer Werkstatt arbeiten, sowie insbesondere jene SystemakteurInnen an für die berufliche Laufbahnentwicklung und -planung sensiblen Schaltstellen, also Familien, LehrerInnen, AMS-MitarbeiterInnen sowie MitarbeiterInnen von Werkstätten.

Die bestehenden Förderrichtlinien sollen insbesondere hinsichtlich strukturell eingezogener Barrieren untersucht werden, welche eine Zusammenarbeit und kosteneffiziente Synergieeffekte zwischen den einzelnen in diesem Bericht beschriebenen Systemen derzeit erschweren.

Eine besondere Aufgabe liegt im Abbau negativer Einstellungen und Ängste gegenüber Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung. Obgleich Informationsmaterialien Realbegegnungen nicht ersetzen können, liegt in einer personen- und stärkenorientierten Darstellung konkreter Best-Practice-Beispiele und daraus ableitbarer Handlungsempfehlungen eine große Chance, Sensibilisierungs- und Motivationseffekte bei den unterschiedlichen SystemakteurInnen zu erzielen.

Wie werden Berufe von Männern und Frauen mit intellektueller Beeinträchtigung gewählt?

Wie und welche Informationen werden abhängig vom Geschlecht an die Betroffenen weitergegeben?

Im Prozess der Berufsorientierung und Berufswahl von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung sind neben dem Faktor Geschlecht unterschiedliche Faktoren von Bedeutung. Wie die sozialwissenschaftliche Intersektionalitätsforschung aufzeigt, beeinflussen sich strukturelle Kategorien wie

  • die soziale Schichtzugehörigkeit der Person,

  • der damit in Zusammenhang stehende Zugang zu informellen und unterstützenden Netzwerken,

  • die Art und das Ausmaß der Beeinträchtigung,

  • das Alter sowie

  • die kulturelle und ethnische Zugehörigkeit der Person gegenseitig (vgl. Goodley 2011).

In Abwägung der eigenen Situation und Möglichkeiten erweist sich das Auswahlspektrum an möglichen anzustrebenden Berufen durch fehlende Rollenvorbilder und eingeschränkte soziale Netzwerke der Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen mit intellektueller Beeinträchtigung als reduziert, womit elterliche Berufe meist einen hohen Orientierungswert besitzen. Besonders prekär gestaltet sich die Situation für Personen mit Beeinträchtigungen aus sozio-ökonomisch benachteiligten Familien, da bei einer Arbeitslosigkeit der Eltern auch der wichtige familiäre Orientierungsrahmen fehlt.

Auch dem Faktor Geschlecht kommt eine besondere Stellung zu: Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigen, dass bei einem größeren Unterstützungsbedarf des Kindes zumeist Mütter die Unterstützung sowie häusliche Tätigkeiten übernehmen. Die sich daraus ergebende Unvereinbarkeit mit einem Beruf bedingt eine begrenzte Wahrnehmung von Berufsmöglichkeiten für Mädchen und Frauen und drängt auch junge Frauen mit intellektueller Beeinträchtigung vermehrt in die häusliche und reproduktive Arbeit.

Aus Sicht der Fachkräfte und LehrerInnen kommt dem Faktor "Geschlecht" vor allem in der Beratung von Jugendlichen aus sozial benachteiligten Familien mit stereotypen Rollenaufteilungen und Berufsvorstellungen eine Bedeutung zu, in denen Eltern ihren Söhnen Berufe im technischen und handwerklichen Bereich und den Töchtern Berufe in den Bereichen Haushalt, Küche und sozialer Arbeit nahelegen. Derartige familiär vorselektierte Berufsvorstellungen stellen sich für die Fachkräfte und LehrerInnen häufig als eine zusätzliche Schwierigkeit in der Unterstützung der Berufswahl und bei der Berufsvorbereitung heraus und können tendenziell die Integration in den Arbeitsmarkt erschweren.

Von den Mitgliedern der Referenzgruppe wird Geschlecht als ein wichtiger Faktor hervorgehoben. Frauen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung sind demnach nach wie vor vermehrt Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen ausgesetzt. Eine verstärkte Sensibilisierung hinsichtlich dieser Thematik wird als notwendig erachtet.

Entgegen des Vorurteiles, dass Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung nur schwer realisierbare berufliche Vorstellungen haben würden, war allen Befragten mit intellektueller Beeinträchtigung gemeinsam, dass sie in der Auswahl der für sie infrage kommenden Berufe sich eher an ungelernten und vorwiegend manuellen HilfsarbeiterInnentätigkeiten orientieren.

Empfehlungen

Wie bereits erwähnt, lautet eine zentrale Empfehlung bei der Entwicklung von Informationsmaterialien, der Heterogenität der Zielgruppe Rechnung zu tragen. Die bewusste Auswahl von Fallbeispielen von Frauen bzw. Männern, die nicht in "typischen" Frauen bzw. Männerberufen arbeiten, kann einen Beitrag zur Sensibilisierung und Reflexion leisten. Das bewusste Aufzeigen, Informieren und Unterstützen von jungen Frauen aus sozial benachteiligten Familien, Berufsmöglichkeiten jenseits der häuslichen Arbeit aufzugreifen, sollte so früh wie möglich bereits in der Schule ansetzen. Zusätzliche - in der Frauen- und Männerforschung entwickelte Sensibilisierungsmaterialien - könnten zu diesem Zweck zur Orientierung herangezogen und adaptiert werden.

Wie empfinden Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung die Informationen über die Tätigkeitsprofile von Arbeitsplätzen?

Wie können diese aus ihrer Sicht sowie jener der Fachleute verbessert werden?

Informationen über Tätigkeitsprofile und Berufsbeschreibungen von Arbeitsplätzen spielen aus Sicht der befragten Personen eine wichtige Rolle bei der Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Die nur spärlich vorhandenen Informationsmaterialien werden von den Befragten jedoch als mangelhaft wahrgenommen.

Wie die durch die Testung der Broschüre gewonnenen Erkenntnisse zeigen, erschwert bereits die Gestaltung von Berufsinformationsmaterialien den Zugang zu benötigten Informationen für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung und beeinflusst möglicherweise sowohl Berufswahlentscheidungen als auch Berufsvorbereitung.

Barrieren bestehen dabei bereits in der Art der Darstellung von bisher vorhandenen Materialien, die weder der Lebenssituation und -bedingungen von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung gerecht werden, noch sich an den Bedürfnissen der Zielgruppe nach leicht verständlicher Sprache orientieren. Am Beispiel der Broschüre 117 einfache Hilfs- und Anlernberufe zeigt sich in der Unterteilung der beruflichen Möglichkeiten entlang des Ausmaßes der Beherrschung unterschiedlicher Kulturtechniken (Lesen, Schreiben und Rechnen) eine von der Zielgruppe selbst als defizitorientiert wahrgenommene und eingeschränkte Sichtweise auf berufliche Möglichkeiten.

Den Anspruch, eine eigenständige und subjektiv als hilfreich und richtungsgebend erlebte Einschätzung der eigenen beruflichen Möglichkeiten zu bieten, kann die Broschüre nach Ansicht der an der Testung beteiligten Mitglieder der Referenzgruppe nicht erfüllen. Mit Ausnahme von zwei Berufen verlangen alle beschriebenen Hilfs- und Anlernberufe die Ausführung schwerer körperlicher Tätigkeiten. Neben der damit verbundenen strukturellen Benachteiligung von Personen mit Mehrfachbeeinträchtigungen, zeigen Beispiele der interviewten Personen sowie der Referenzgruppe, dass eine einseitige Orientierung an derartigen Berufen einen potenziell gesundheitsgefährdenden Kreislauf in Gang setzen kann, der häufig in der Berufsunfähigkeits- oder nach längerer Erwerbstätigkeit Invaliditätspension endet. Hier schildern einige der befragten Personen, dass der Verlust eines Arbeitsplatzes aufgrund schwerer körperlicher Arbeit und die daraus folgenden gesundheitlichen Einschränkungen oftmals zum Bedarf nach einer Umschulung und Neuorientierung führen. Eine solche gestaltet sich schwierig, da die Auswahl der Berufsmöglichkeiten durch eine entstandene Mehrfachbeeinträchtigung noch stärker begrenzt ist. Insgesamt bewerten die Mitglieder der Referenzgruppe die Broschüre als nicht ihren Informationsbedürfnissen entsprechend und zeitgemäß.

Empfehlungen

Neu zu entwickelnde Berufsinformationsmaterialien sollten als Minimalanforderung nicht nur nach den Grundsätzen der Leichten Sprache verständlich, übersichtlich und benutzerInnenfreundlich gestaltet sein, sondern anhand realer Beispiele einen Schwerpunkt auf erlangte Arbeitsplätze von AbsolventInnen der Integrativen Berufsausbildung sowie auf Nischenarbeitsplätze legen, die von Personen mit höherem Unterstützungsbedarf ausgefüllt werden.

Einer anschaulichen Darstellung von Rollenvorbildern, welche auf die heterogenen Ausgangsvoraussetzungen und Unterstützungserfordernisse der Betroffenen eingeht, kommt in diesem Zusammenhang eine zentrale Bedeutung zu, um die Zielgruppe auch entsprechend erreichen und motivieren zu können. Eine Vorselektion entlang einfacher Hilfs- und Anlernberufe wird von den Befragten abgelehnt, da diese in einem selbsterfüllenden Kreislauf gerade auch in der Wahrnehmung von SystemakteurInnen (z.B. Lehrkräften oder potenzielle ArbeitgeberInnen) einen eingeschränkten Vorstellungshorizont hinsichtlich der Tätigkeits- und Berufsfelder von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung befördert.

In Folge der Testung der Broschüre 117 einfache Hilfs- und Anlernberufe während des zweiten Referenzgruppentreffens nannten die Gruppenmitglieder eine Reihe von Vorschlägen für Berufsfelder, welche die Betroffenen in neuen Informationsmaterialien gerne verstärkt wiederfinden würden. Dazu zählen u.a.:

  • Berufe im weiten Feld von Peer-Beratung, Unterstützung, Empowerment, Erwachsenenbildung, und Partizipation In vielen Ländern Europas hat sich in den letzten Jahren ein völlig neues Berufsfeld für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung entwickelt, welches auch zentral durch die UN-Behindertenrechtskonvention und ihrer Forderung nach Einbeziehung von Menschen mit Beeinträchtigung in alle Bereiche und Entscheidungen, die direkt oder indirekt ihr Leben betreffen, befördert wurde. Dies spiegelt sich auch in ersten Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten in Österreich wider z.B. zum/zur Peer-EvaluatorIn von Unterstützungsdienstleistungen (NUEVA), ExpertIn für Leichte Sprache und Barrierefreiheit (CAPITO), Peer-Counseling-Beraterin (INNOVIA), Empowerment-BeraterInnen (Pädagogische Hochschule Wien). Es ist davon auszugehen, dass sowohl im Bereich der öffentlichen Verwaltung, der politischen Selbstvertretung, Sensibilisierung, Beratung, integrativen Erwachsenenbildung sowie im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung von Einrichtungen und Dienstleistungen der Behindertenhilfe hier weitere neue Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten entstehen werden.

  • Berufe im sozialen und pflegerischen Bereich Aufgrund demografischer Veränderungen sowie gesellschaftlicher Forderungen nach quantitativ und qualitativ hochwertigen Formen der häuslichen und stationären Versorgung älterer und pflegebedürftiger Personen, bieten sich insbesondere Berufe im sozialen und pflegerischen Bereich mit seinen vielfältigen manuellen und sozialen Tätigkeitsstrukturen auch für die Zielgruppe von Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung verstärkt an. Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung könnten hier bereits kurzfristig personelle Engpässe beseitigen und neue Angebotsstrukturen schaffen, die der Isolation älterer Personen entgegenwirken. So sind neben einfachen pflegerischen Tätigkeiten vor allem auch der Bereich der Freizeitgestaltung, Animation sowie Begleitung und Unterstützung bei Spaziergängen, Einkäufen etc. möglich. Darüber hinaus würde der gezielte Einsatz dieser Zielgruppe auch gesellschaftlich sensibilisierend wirken Ein erstes Beispiel für eine berufliche Aus- und Weiterbildung von Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen wird ab 2012 von der Arbeiterkammer Vorarlberg in Kooperation mit dem Institut für Sozialdienste in Form des einjährigen "Lehrgangs zur Qualifizierung zum/zur Helfer/in in sozialen Einrichtungen für Arbeitnehmer/innen mit Handicap" [25]angeboten.

  • Berufe im künstlerischen, kulturellen, musikalischen und Animationsbereich Mitglieder der Referenzgruppe verorten auch verstärkt Möglichkeiten der sozialen Integration im Kontext von kulturellen Freizeitangeboten und Begegnungsstätten sowohl im städtischen als auch im ländlichen Bereich. Dabei geht es vor allem um vermehrte Interaktionen zwischen einzelnen Personengruppen, welche soziale Isolations- und Exklusionserfahrungen gemacht haben.

  • Berufe im Bereich technischer und handwerklicher Dienstleistungen und Beratungen. Hierbei wurden von mehreren befragten Personengruppen vor allem Entwicklungen im Bereich technischer Hilfsmittel für Menschen mit Beeinträchtigungen und Bewegungseinschränkungen angesprochen, die ebenfalls im Kontext einer älter werdenden Gesellschaft verstärkt Beratungsdienstleistungen erfordern. Ein weiterer Bereich ist die Gestaltung öffentlicher (und privater) Räume unter Berücksichtigung von (physischer und psychischer) Barrierefreiheit. Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung und/oder Mehrfachbeeinträchtigungen sind hier als ExpertInnen der eigenen Lebenslagen zu sehen und wahrzunehmen.

  • Nischenarbeitsplätze: In der Entwicklung von Informationsmaterialien sollten verstärkt Personen mit stärkeren Beeinträchtigungen in sogenannten Nischenarbeitsplätzen abgebildet werden. Dieses Konzept umfasst unabhängig von einer branchenmäßigen Zuordnung individuell entwickelte Arbeitsplätze, in denen eine optimale Passung zwischen Anforderungen und Möglichkeiten eines Betriebes und den individuellen Vorlieben und Fähigkeiten einer Person mit Beeinträchtigung erreicht worden ist. Derartige Arbeitsplätze erweisen sich für Betriebe häufig als viel zu wenig beachtete Möglichkeit der Anstellung von Menschen mit einem höheren Unterstützungsbedarf. Nischenarbeitsplätze können dabei besonders für den/die ArbeitgeberIn sowohl sozial als auch betriebswirtschaftlich interessant sein, da sonst von MitarbeiterInnen neben ihren Kernanforderungen erledigte Arbeitsabläufe zu einem eigenen Arbeitsplatz gebündelt werden und somit zusätzliche wertschöpfende Ressourcen im Unternehmen frei werden. Mit dem beschriebenen Konzept SPAGAT werden in Österreich derzeit bereits eine Vielzahl an individualisierten Nischenarbeitsplätzen auch für Menschen mit komplexen Beeinträchtigungen angeboten. In den USA wird die Einrichtung und Förderung von Nischenarbeitsplätzen unter der Bezeichnung "Customized Employment" (Maßgeschneiderte Beschäftigung) seit einigen Jahren verstärkt aufgegriffen. Das U.S. Department of Labour (2002) definiert dabei maßgeschneiderte Beschäftigung "als die Individualisierung der Beziehung zwischen ArbeitnehmerIn und ArbeitgeberIn in einer Weise, welche die Bedürfnisse von beiden Seiten erfüllt. Es basiert auf einer individualisierten Feststellung der Stärken, Bedürfnisse und Interessen der behinderten Person und ist derart gestaltet, dass die spezifischen Anforderungen des/der ArbeitgeberIn erfüllt werden. Dies kann die Entwicklung von Arbeitsplätzen durch das Prinzip des Job Carving[26] zum Inhalt haben, innovative Formen der Selbst-Anstellung oder (mikro-)unternehmerische Initiativen enthalten, oder jede andere Form von Arbeitsplatzschaffung oder Restrukturierung, die dazu führen, dass die Aufgaben eines zu erfüllenden Jobs maßgeschneidert und individuell ausverhandelt sind, um den Bedürfnissen der behinderten Person zu entsprechen. Maßgeschneiderte Beschäftigung verlangt die Zurverfügungstellung von jeglichen zumutbaren Anpassungsleistungen und anderen Unterstützungsformen, die notwendig sind, um die Aufgaben dieses individuell entwickelten und ausverhandelten Jobs dauerhaft ausfüllen zu können." (zit. in: Griffin & Targett 2006, 290; Übersetzung durch die AutorInnen).

Wie müssen Informationen über Berufsmöglichkeiten gestaltet werden, damit Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung ihre Möglichkeiten und Grenzen auch ausreizen können?

Wie bereits erwähnt, gibt es für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung eine Vielzahl von Barrieren und Schwierigkeiten auf dem Weg in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Im Rahmen dieser Studie wurde anhand unterschiedlicher Erfahrungen aufgezeigt, wie vielfältig diese Problemlagen der Betroffenen sind bzw. sein können.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass als zentrale Schwierigkeiten in der beruflichen

Orientierung,

  • die durch Vorurteile und mangelnde Ressourcen bedingte Vorselektion,

  • die zu Synergieverlust führende lückenhafte bzw. fehlende Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den SystemakteurInnen,

  • teilweise kontraproduktive Förderrichtlinien sowie

  • als unzureichend bewertete Informations- und Unterstützungsmöglichkeiten genannt wurden.

Die daraus resultierenden Unklarheiten, Ängste und Abhängigkeiten erschweren den Prozess der beruflichen Integration und führen dazu, dass vielen Personen außerhalb der Werkstätte kaum berufliche Möglichkeiten offenstehen.

Empfehlungen

Die meisten dieser als zentral erachteten Problemlagen lassen sich durch neu entwickelte Informationsmaterialien zwar nicht beseitigen, diese können aber zumindest einen Beitrag zu mehr Klarheit und Transparenz der derzeit vorhandenen Möglichkeiten leisten und somit betroffenen Personen und ihren Angehörigen die Situation erleichtern.

Darüber hinaus sollen Informationsmaterialien auch eine Sensibilisierungs- und Reflexionsfunktion gegenüber gängigen Vorurteilen und vortheoretischen Alltagserfahrungen erfüllen und somit zur Professionalisierung von Informations- und Beratungsangeboten beitragen. Gemäß dem sozialen Modell von Behinderung muss im Zentrum dieser Materialien eine positive und stärkenorientierte Sichtweise von Behinderung stehen, wobei auch die Barrieren, denen Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung gegenüberstehen, klar benannt werden sollen.

Der Nutzen solcher Materialien steigert sich durch die Entwicklung eines Schulungs- und Sensibilisierungskonzeptes für unterschiedliche SystemakteurInnen erheblich. Eine besonders wichtige Zielgruppe, für jedwede Informations- und Sensibilisierungsmaßnahmen im Kontext von Menschen mit Beeinträchtigungen im Allgemeinen und Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung im Speziellen stellen jedenfalls Unternehmen und Wirtschaftsbetriebe dar.

Die Rolle des Arbeitsmarktservices - als Informations- und Anlaufstelle für arbeitsuchende und arbeitslose Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung - ist in diesem Zusammenhang ausreichend zu berücksichtigen, da dem AMS eine zentrale Rolle in der Strukturierung beruflicher Richtungsentscheidungen und biografischer Karriereverläufe zukommt.

Wie ist die Sichtweise auf berufliche Orientierung und Information der Betroffenen im Vergleich zur Sichtweise von Fachkräften der beruflichen Integration und LehrerInnen?

Wie kann eine gemeinsame Sichtweise gestaltet werden?

Wie im Verlauf des vorliegenden Berichtes herausgearbeitet wurde, bestehen zum Teil große Abweichungen in den Sichtweisen der befragten AkteurInnen. Diese führen zu teilweise diffusen Vorstellungen über die jeweils anderen Gruppen und erweisen sich in Summe als kontraproduktiv für die notwendige Zusammenarbeit. Teilweise lassen sich die vorgefertigten Meinungen auf einen durch knappe Ressourcen verursachten Mangel an Kommunikation zwischen den wesentlichen Beteiligten zurückführen.

Einigkeit besteht jedoch - trotz aller Auffassungsunterschiede - in der zentralen Beurteilung der Bedeutung von Arbeit und Information für Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung und ihrer Angehörigen. Gleichsam wurden fehlende bzw. lückenhafte Informationen über Berufs- und Unterstützungsmöglichkeiten als eine Erklärung für die mangelnde Integration dieser Zielgruppe in den Arbeitsmarkt identifiziert. Alle Gruppen vermissen einen grundlegenden Einblick in die Rahmenbedingungen und Problemwahrnehmungen der jeweils anderen SystemakteurInnen, was sich u.a. in gegenseitigen Vorurteilen und Schuldzuweisungen bemerkbar macht. Dies verhindert in vielen Fällen ein Ausschöpfen des Potenzials der Zielgruppe sowie Synergieeffekte zwischen den Beteiligten.

Vor allem die befragten Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung sehen sich derartigen Vorurteilen in besonderem Maße ausgesetzt. Fehlende bzw. mangelhafte Informationen und demzufolge eingeschränkte Sichtweisen über berufliche Möglichkeiten schlagen sich in Folge häufig in Frustration und Motivationsverlust nieder.

Empfehlungen

Um den Kommunikations- und Informationsfluss zwischen den Beteiligten zu verbessern und eine Veränderung der Sichtweise von der jeweils anderen Gruppe als belastendes "Zusatzpaket" hin zum/zur PartnerIn zu erreichen, erscheint die Sensibilisierung und Aufklärung von Fachkräften der beruflichen Integration, LehrerInnen und Eltern über die jeweils spezifische Aufgaben- und Rollenwahrnehmung sowie Problemlagen erfolgsversprechend. Das Aufzeigen konkreter familiärer, professioneller und betrieblicher Unterstützungsbeispiele und Rollenvorbilder kann in diesem Zusammenhang zu einer Erweiterung der gegenseitigen Wahrnehmungs- und Handlungsmöglichkeiten beitragen.

5.1 Verbesserung des Zugangs zum allgemeinen Arbeitsmarkt für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine nachhaltige und wirkungsvolle Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung zum allgemeinen Arbeitsmarkt sich nur durch ein Zusammenwirken unterschiedlicher Veränderungsmaßnahmen erreichen lässt. Dazu zählen in erster Linie

  • eine Flexibilisierung bestehender förderrechtlicher Rahmenbedingungen zur Ermöglichung personenzentrierter und maßgeschneiderter Integrationspfade,

  • ein Abbau von Vorurteilen durch eine konsequent stärkenorientierte Darstellung der Zielgruppe,

  • das Aufzeigen behindernder sozialer und gesellschaftlicher Barrieren,

  • eine Verbesserung und Intensivierung der Zusammenarbeit der unterschiedlichen SystemakteurInnen als zentrales Qualitätskriterium sowie

  • eine umfassende Bereitstellung und Versorgung mit Informationsmaterialien und Sensibilisierungsschulungen.

Quer über alle befragten Gruppen wurde darüber hinaus die Notwendigkeit einer zentralen "One-Stop"-Instanz und Anlaufstelle hervorgehoben, welche zwischen den unterschiedlichen AkteurInnen der beruflichen Integration vermittelt und sowohl für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung als auch für deren Angehörige Informationen zu Berufs-, und Unterstützungsmöglichkeiten sowie Förderungen bereitstellt. Eine derartige Stelle solle niederschwellig zugänglich sein und Peer-Beratung durch Menschen mit Beeinträchtigungen für Menschen mit Beeinträchtigungen anbieten. Dabei sollen auch Vernetzungs- und Beratungsformen in informellen Settings, wie z.B. ein Teilqualifizierungsstammtisch und dergleichen angeboten werden. Strukturell würden sich dazu - bei entsprechender Beauftragung, Ressourcenausstattung und Aufhebung der als kontraproduktiv zu sehenden Altersgrenze von 24 Jahren - insbesondere die bereits flächendeckend ausgebauten Clearing bzw. Jugendcoaching-Stellen eignen. Von den Mitgliedern der Referenzgruppe werden als aus ihrer Sicht zentrale Untersuchungsergebnisse die folgenden Punkte genannt:

  • Es braucht gute Unterstützung.

  • Gute Unterstützung nimmt sich genug Zeit und hört Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung zu.

  • Gute Unterstützung sieht die individuellen Fähigkeiten der Person.

  • Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung sollen nicht nur Anlern- und Hilfsarbeitsberufe vorgeschlagen werden.

  • Informationen sollen in Leichter Sprache zur Verfügung stehen.

  • Die Gesellschaft soll vorurteilsfreier werden. Dazu soll sich die Darstellung von Menschen mit Beeinträchtigung verändern.

  • Menschen mit Beeinträchtigungen sollen mehr Chancen am Arbeitsmarkt erhalten.

  • Menschen mit Beeinträchtigungen sollen besser über ihre Rechte aufgeklärt werden.

  • Dazu kann unabhängige Selbstvertretung und Peer-Beratung beitragen.

  • Die rechtliche Situation soll sich verbessern und darf nicht länger selbst eine Barriere sein. Schließlich hat Österreich die UN-Konvention unterzeichnet.

  • Es braucht mehr Nischenarbeitsplätze. Diese sollen überall in Österreich gefördert werden und nicht nur in Vorarlberg.

5.2 Gestaltung von Informationen

Die in den bisherigen Ausführungen dargestellten Ergebnisse und Empfehlungen werden an dieser Stelle zusammenfassend in Bezug auf die Gestaltung von Informationsmaterialien für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung und deren Unterstützungspersonen präzisiert.

Primär sollen sich Informationen über Berufs- und Tätigkeitsprofile an realen Beispielen und der Lebens- und Unterstützungssituation von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung orientieren. Wie bereits erwähnt, könnten sie einerseits neue Berufsfelder für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung eröffnen, andererseits ihren unterschiedlichen Bedürfnissen und Problemlagen gerecht werden, weshalb eine Vielzahl von Berufsmöglichkeiten aufgezeigt werden soll. Diese können in einer Broschüre berücksichtigt werden. Als Grundlage für die Erstellung einer Broschüre bzw. anders medial aufbereiteter Informationsmaterialien sollen die folgenden Faktoren Berücksichtigung finden:

  • Informationen sollen nach den Grundsätzen der Leichten Sprache aufgebaut und übersichtlich gestaltet sein. Dies bedeutet eine Orientierung an den folgenden Grundsätzen: kurze und verständliche Sätze; Vermeidung von Fremdwörtern; schwierige Wörter und Fachbegriffe, die sich nicht vermeiden lassen, werden erklärt; Verwendung größerer Schrift; Bilder und Grafiken zur Veranschaulichung des geschriebenen Textes (vgl. Ströbl 2006).

  • Informationen sollen sich an bewusst ausgewählten Personen mit intellektueller Beeinträchtigung orientieren. Dabei soll ein Schwerpunkt auf neuen und noch nicht ausreichend erschlossenen Berufsfeldern, einer Darstellung von AbsolventInnen der Teilqualifizierungslehre in unterschiedlichen Branchen sowie Personen mit schweren Beeinträchtigungen auf Nischenarbeitsplätzen gelegt werden.

  • Die Heterogenität der Zielgruppe solle ausreichend repräsentiert werden. Dies bedeutet einerseits eine Darstellung von Frauen und Männern in gleicher Anzahl, wobei jeweils Beispiele enthalten sein sollen, in denen geschlechtsuntypische Berufe vorgestellt werden. Andererseits sollen auch intellektuell beeinträchtigte Personen mit einem Migrationshintergrund sowie Menschen mit einer Mehrfachbeeinträchtigung entsprechend vertreten sein. Dadurch ist es möglich sein, die spezifischen Ausgangssituationen, Problemlagen und Unterstützungsbedürfnisse adäquat abzubilden.

  • Idealerweise sollen Informationsmaterialien mehrsprachig verfügbar sein, um eine gemeinsame Kommunikationsbasis zwischen LehrerInnen, Fachkräften sowie Personen mit Migrationshintergrund und deren Angehörigen zu ermöglichen. ¡±? Die Broschüre soll mit einer kurzen und verständlichen Einführung über den individuellen Wert und die Bedeutung von Arbeit sowie mit einer kurzen Abhandlung über die UN-Behindertenrechtskonvention und Barrieren im Zugang zum Arbeitsleben von Menschen mit einer intellektuellen Beeinträchtigung beginnen.

  • In der Form der Darstellung soll zunächst die jeweils repräsentierte Person Gelegenheit haben, sich in ihren eigenen Worten vorzustellen und wichtige biografische Hintergrundinformationen zu beschreiben. Dazu würden sich exemplarisch die folgenden Fragen eignen: "Wer bin ich und woher komme ich?", "Welche Schulen habe ich besucht?", "Wie hat mein Weg in die Arbeitswelt ausgesehen?", "Welche Hindernisse und Schwierigkeiten gab es?", "Von wem wurde ich dabei unterstützt?". In diesem Einführungsteil sollen, nach Absprache mit der abgebildeten Person, auch Angehörige zu Wort kommen.

  • Der zweite große Abschnitt soll ausführlich und anschaulich den Arbeitsplatz und ausgeführte Tätigkeiten beschreiben. Hierbei soll zur Erzielung des mehrfach angesprochenen Sensibilisierungseffektes auch die Sichtweise eines/einer VertreterIn des beschäftigenden Unternehmens zu etwaigen Problemlagen sowie dem erlebten Mehrwert der Beschäftigung der jeweils dargestellten MitarbeiterInnen eingeholt und dargestellt werden. Im letzten Teil der Darstellung der Fallbeispiele sollen Hinweise zu verwandten Berufsbildern und Ausbildungsmöglichkeiten enthalten sein.

  • Da von allen befragten Gruppen der Wert einer Informationsbroschüre angemerkt wurde, in der neben einer Beschreibung von Fallbeispielen und Berufen auch relevante Informationen über Unterstützungs- und Förderungsmöglichkeiten, Anlaufstellen, Peer-Beratung und Selbstvertretungsgruppen sowie rechtliche Informationen enthalten sind, sollen im abschließenden Teil der Broschüre diese Informationen in kompakter Art und Weise in Form von Tipps und Hinweisen zusammengestellt sein.

  • Die Erarbeitung und Rückbindung der konkreten Materialien im Hinblick auf deren Verständlichkeit und Brauchbarkeit soll in enger Zusammenarbeit mit der Zielgruppe erfolgen. Dies geschieht in der Regel mithilfe von speziell geschulten Rückbindungs- und Fokusgruppen, in denen die erarbeiteten Texte gemeinsam besprochen und notwendige Änderungen eingearbeitet werden. Dies entspricht mittlerweile auch dem Standard in der Vergabe des Leichter Lesen- Gütesiegels - ein geprüfter Nachweis dafür, dass die Texte den höchsten Anforderungen für Verständlichkeit entsprechen und auch für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung oder Menschen mit schlechten Deutschkenntnissen leicht lesbar sind (vgl. Capito 2011).

  • Die Informationen sollen idealerweise multimedial aufbereitet und in einer Hard Copy-Version sowie online verfügbar sein, da sich dadurch die Reichweite der Informationen entscheidend erhöht. Optional können hierbei auch filmische Darstellungen ausgewählter Fallbeispiele, z.B. von AbsolventInnen der Teilqualifizierungslehre, entwickelt werden und somit eine sinnvolle Erweiterung der AMS BIZ-Videobibliothek auch für die Zielgruppe der Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung darstellen.

  • Weitere sinnvolle und synergieerzeugende Optionen bestehen in der Entwicklung von aus den Ergebnissen dieser Untersuchung sowie den zu erhebenden Best-Practice-Beispielen ableitbaren Leitfäden und Handlungsempfehlungen sowie Sensibilisierungsschulungen für wichtige SystemakteurInnen (z.B. BerufsberaterInnen im AMS, LehrerInnen und Fachkräfte von Werkstätten).



[24] 24 Derzeit wird im Auftrag des Bundessozialamtes Österreich am Aufbau eines Wirkungsmonitorings für ausgewählte Projekttypen des Bundessozialamtes gearbeitet, die einen differenzierten evidenzbasierten Diskussionsprozess über die Wirkungen der Leistungen beruflicher Teilhabe und Integration und eine diesbezügliche Steuerungsgrundlage ermöglichen sollen. Mehr Informationen unter: http://www.prospect.at/projekte/projekt_BSB.php

[26] Das Ziel von Job Carving ist es, "einen individuellen Arbeitsplatz zuzuschneiden, der den Fähigkeiten der unterstützten ArbeitnehmerIn am besten entspricht. Dabei können bestimmte Tätigkeiten, die normalerweise zur Arbeitsplatzbeschreibung gehören, aber nicht dem Fähigkeitsprofil der ArbeitnehmerIn entsprechen, herausgenommen werden (Job Stripping). Dies können z.B. Tätigkeiten mit Kundenkontakt, Tätigkeiten mit vielen Arbeitsschritten oder unstrukturierte Tätigkeiten sein. Eine andere Strategie ist es, aus verschiedenen Arbeitsplatzbeschreibungen von KollegInnen die Aufgaben herauszunehmen (Job Sampling), die von der ArbeitnehmerIn gut erledigt werden können. Den KollegInnen bleibt dann mehr Zeit für ihre Kernaufgaben bzw. sie haben Kapazitäten frei für andere Aufgaben" (Doose 2008).

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Quelle:

Oliver Koenig, Natalia Postek, Michael Stadler-Vida: "Nichts über uns ohne uns" Informationen über den zukünftigen Arbeitsplatz aus Sicht von Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung im Sinne des Betroffenen-Mainstreamings

Medieninhaber und Herausgeber: Arbeitsmarktservice Österreich - Bundesgeschäftsstelle; ABI/Arbeitsmarktforschung und Berufsinformation

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 08.08.2012

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