Ora et Labora

oder wie kommt man an eine Finanzierung für (s)eine Arbeitsassistenz

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: erschienen in: impulse Nr. 12, Juni 1999 impulse (12/1999)
Copyright: © Stefanie Neu-Schrader 1999

Inhaltsverzeichnis

Ora et Labora

Welche ArbeitnehmerIn kennt das nicht: man freut sich nach getaner Arbeit auf den wohlverdienten Feierabend, d.h. der/die eine entspannt vor dem Fernseher, der/die andere geht vielleicht ins Kino oder mit Freunden in die Kneipe, zum Essen, oder, oder, oder.....

Bei mir jedoch kam diese Feierabendstimmung in den letzten Monaten, explizit seit Januar d.J., nicht mehr auf. Nun mag sich der/die geneigte LeserIn fragen, "was macht sie denn dann?" Ich will es Dir sagen lieber Freund/liebe Freundin: "Ora et labora" - Bete und arbeite, das war mein all abendliches Motto.

Nicht, daß ich etwa zur Nonne geworden wäre und allem Weltlichen entsagt hätte oder ähnliches, nein, ich wurde schlichtweg an diesen Aktivitäten ge- und behindert.

Zunächst möchte ich mich allen LeserInnenn kurz vorstellen. Einige kennen mich vielleicht schon oder noch aus der impulse Nr. 10 (Okt.98). Ich heiße Stefanie Neu-Schrader, Jahrgang 52, habe ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Sozialpädagogik und bin seit dem 1.4.98 bei der BAG UB als Projektmitarbeiterin tätig. Da ich seit meinem 2. Lebensjahr Kinderlähmung habe (ich bin vom 7. Brustwirbel an abwärts gelähmt), bin ich bei meiner täglichen Arbeit auf begleitende Arbeitsassistenz angewiesen, um meine Frau im Berufsleben stehen zu können. Und dies konnte ich auch mit Hilfe meiner finanziell abgesicherten Assistenten bis Ende 1998 problemlos, aber dann...

Die Hauptfürsorgestelle Hamburg teilte uns bereits im Bewilligungsbescheid im April 1998 mit, daß sie ab 1999 nicht mehr für meine Assistenz zahlen wolle, da ihrer Meinung nach nun ein anderer Kostenträger zuständig sei - in meinem Falle als ArbeitsBeschaffungsMaßnahme-Kraft mit 30 Stunden pro Wochen das Arbeitsamt Hamburg. Wir sollten doch eine SAM oder ABM beantragen.

Bisher (sprich in den letzten Jahren bis Ende 1998) war die Finanzierung meiner Arbeitsassistenz am Arbeitsplatz durch die Hauptfürsorgestelle Hamburg nach §31 SchwG in Verbindung mit §27 SchwAV abgesichert. Das Sozialamt Lüneburg finanziert, da ich länderübergreifend wohne und arbeite (Niedersachsen/Hamburg), die begleitende Assistenz zum Arbeitsplatz.

Es gab also bis dato keinerlei Probleme, denn schließlich gibt es ja eine einheitliche bundesweite Gesetzesgrundlage ...sollte man meinen... und das haben wir, mein Arbeitgeber Stefan Doose, die BAG UB-Mannschaft und ich, als Fakt angenommen. Das war - wie wir dann feststellen mußten - ein Fehler und wir wurden eines besseren belehrt.

Von einem Tag auf den anderen wechselten die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten der jeweiligen Behörden, doch keiner, der angeschrieben und/oder angesprochenen wurde, sah sich in der Lage, die Kostenübernahme für meine Assistenz zu gewähren, geschweige denn in Vorleistung zu treten, bis die endgültige Kostenträgerschaft für meine jetzige (1999) und zukünftige Arbeitsassistenz geklärt sei.

Dennoch ... mein Arbeitsleben war auf einmal sowohl akut als auch in Zukunft gefährdet!

Es wurde zu einem Rennen meines Arbeitgebers Stefan Doose, der mich weiter beschäftigen wollte, und zu einem "Rollen" meinerseits, von Pontius zu Pilatus und zurück und gegen die Zeit.

Es fehlte nicht viel, und ich hätte jeden Morgen vor Arbeitsbeginn Stefan Doose anrufen können, um zu fragen, ob ich denn überhaupt noch kommen könne/dürfe, ob die Kosten für meine Assistenz gesichert oder endgültig abgelehnt worden seien. Entsprechend ging es auch meinen derzeit drei studentischen Assistenten, die zum einen ihren Job bei mir behalten wollten, zum anderen sich aber auch nach einer neuen Arbeit umsehen mußten.

Vor diesem Hintergrund blieb mir nichts anderes übrig, als im wohlverdienten Feierabend an Behörden, Ämter und als meine rechtliche Stütze an den Reichsbund diverse Schreiben zu richten, nur damit sich endlich irgendeine Stelle zuständig erklären würde, die Assistenzkosten zu tragen und ich meine Arbeit behalten könnte.

Um Dir, liebe/r LeserIn, eine wage Vorstellung von diesen Hürdenläufen seitens der BAG UB folgt eine verkürzte Darstellung der "Un-Zuständigkeiten" des Behördendschungels (siehe Artikel von Stefan Doose: Auf dem Weg zur Arbeitsplatzassistenz - Dokumentation des Antragverfahrens)

von Stefanie Neu-Schrader, Mitarbeiterin BAG UB - Hamburg

Quelle:

Stefanie Neu-Schrader: Ora et Labora - oder wie kommt man an eine Finanzierung für (s)eine Arbeitsassistenz

Erschienen in: impulse Nr. 12 / Juni 1999

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand:11.02.2005

zum Textanfang | zum Seitenanfang | zur Navigation