Was ist IfS-Spagat?

"Leben wie andere auch"

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Artikel
Releaseinfo: erschienen in der Zeitschrift des Insituts für Sozialdienste Vorarlberg, Nr. 3/Juni 2010, S. 10-11
Copyright: © IfS Vorarlberg 2010

Was ist IfS-Spagat? - "Leben wie andere auch"

Auch Menschen mit schweren Handicaps sollen selbst entscheiden können, ob sie sich am ersten Arbeitsmarkt behaupten möchten. Haben sie sich dafür entschieden, bietet IfS-Spagat eine professionelle Begleitung, damit dies gelingen kann.

Konzeptionell richtet sich Spagat nach den Grundsätzen von "Empowerment", das so viel wie "Selbstermächtigung" bedeutet, und "Supported Employment" was mit "Unterstützte Beschäftigung" für Menschen mit schweren Behinderungen übersetzt werden kann. Den Wunsch nach einem "Leben wie andere auch" gilt es zu verwirklichen. Arbeit ist ein wesentlicher Bestandteil des Lebens. Auch Menschen mit schweren Behinderungen sollen im Rahmen von integrativen Arbeitsplätzen in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein können. Kriterien integrativer Arbeitsplätze sind sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse sowie branchenübliche Kollektivgehälter. Aus der Integration in den Arbeitsmarkt entsteht ein selbstverständliches Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung.

IfS-Spagat richtet sich nach den Bedürfnissen der Betroffenen. Wünsche und Entscheidungen werden ernst genommen und respektiert. Im Vordergrund steht dabei der Dialog.

Nur wer Verantwortung für sich selbst übernehmen darf und auch muss, lernt aus den Folgen seines Handelns und erweitert dadurch seine Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung und Selbstverantwortung. Letztlich werden Menschen mit Behinderungen durch Spagat zu einer selbstbestimmten Lebensgestaltung geleitet.

Die KlientInnen werden zu Hauptpersonen ermächtigt.

Die Begleitung jeder Hauptperson wird individuell den Bedürfnissen angepasst. Der Prozess Spagat an sich besteht jedoch aus klar definierten Bausteinen.

Persönliche Zukunftsplanung

Die Persönliche Zukunftsplanung geht von den Träumen und Wünschen der Hauptperson aus. In ihnen steckt das absolut größte Potential eines jeden Menschen. Es ist ganz wichtig, die Träume in dieser Phase nicht in Frage zu stellen. Denn in oder hinter diesen Träumen verbirgt sich oft ein Berufswunsch, der sehr wohl in Erfüllung gehen kann. Lebensträume werden verbalisiert, ein Ziel - quasi ein "Nordstern" - wird definiert. Dabei wird der Zukunft aktiv entgegengegangen.

Unterstützungskreis

Jede Hauptperson hat ihren individuellen Unterstützungskreis. Sie bestimmt, welche Menschen diesem Kreis angehören sollen. In der Regel sind dies wichtige Personen aus dem Umfeld. Oft sind Eltern, Nachbarn, FreundInnen, PatInnen oder Verwandte in diesem Kreis vertreten. Die Unterstützungskreise sind wichtige Netzwerke für den gesamten Prozess. Gemeinsam findet dort die Planung der Schritte in Richtung "Nordstern" statt. Jede/r TeilnehmerIn ist dabei aktiv in den Prozess involviert. Mögliche Arbeitsfelder sowie notwendige Rahmenbedingungen werden definiert. Auch die Erstkontakte zu möglichen Schnupperplätzen werden von TeilnehmerInnen dieser Unterstützungskreise geknüpft.

Die TeilnehmerInnen sind somit aktiv in den Prozess eingebunden. Es entstehen dabei geteilte Aufgaben und Verantwortungen - vor allem jedoch geteilte Erfolge!

Begleitetes Schnuppern

In der Regel entwickeln sich aus den Ideen des Unterstützungskreises 5-8 Möglichkeiten, in verschiedenen Betrieben "schnuppern" zu dürfen.

In dieser Phase geht das Abenteuer Arbeit für die Hauptperson nun richtig los. Gemeinsam begeben sich IfS-Spagat- MitarbeiterIn und Hauptperson auf den Weg.

Das Schnuppern ist eine aussagekräftige Phase - sowohl für die Hauptperson wie auch für den/die IntegrationsbegleiterIn. "Erspüren und Erleben" statt "möglich oder nicht möglich". Ein Ausschlussverfahren und die Entdeckung der Möglichkeiten zugleich. Die potentiellen ArbeitgeberInnen als auch die Hauptperson brauchen besonders in der Anfangszeit die Unterstützung und das Fachwissen der Spagat BeraterInnen.

Annäherung und Kennenlernen stehen im Vordergrund.

Individuelle Gestaltung des Arbeitsplatzes

Verlaufen die Schnuppertage erfolgreich, so erfolgreich, dass sich Hauptperson und Betrieb als ArbeitnehmerIn und ArbeitgeberIn eine Zukunft vorstellen können, entsteht ein "integrativer Arbeitsplatz" (iAP). Die Hauptperson ist ArbeitnehmerIn wie jede/r andere MitarbeiterIn auch. Die Tätigkeiten sowie das Ausmaß der Arbeitszeit werden den individuellen Möglichkeiten angepasst. Eine entsprechende "Tätigkeitsbeschreibung" wird dabei gemeinsam mit dem Betrieb definiert.

Mentorenprinzip

An jedem iAP steht der Hauptperson ein/e "MentorIn" zur Verfügung. Der/die MentorIn ist der/die "betriebliche PatIn". MentorInnen sind "Schlüsselpersonen" eines gelingenden Integrationsprozesses. Meist finden sich MentorInnen bereits in den ersten Schnuppertagen. Sie sind "Anlaufstellen", wenn sich die MitarbeiterInnen von IfS-Spagat aus den Betrieben zurückziehen. Die Aufgaben des Mentorings werden genaue definiert. Die Sympathie zwischen MentorIn und Hauptperson ist dabei der entscheidendste Faktor. Ist diese gegeben, können die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Mentorentätigkeit bedeutet Herausforderung in einer speziellen Weise. MentorInnen schlüpfen sozusagen in eine neue Rolle. Dies bedarf einer adäquaten Begleitung. Ist diese Begleitung bedarfsentsprechend, weisen MentorInnen stark auf den Mehrwert dieser Aufgabe hin. Unterstützung zu geben, bringt immer auch Gewinn. Menschliche Weiterentwicklungen sind dabei ein Profi t der besonderen Art.

Finanzielle Förderungen

Betriebe, die einen integrativen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, erhalten eine finanzielle Förderungen durch das Land Vorarlberg.

Diese beinhaltet einen Lohnkostenzuschuss für den/die neue/n MitarbeiterIn. Die Höhe richtet sich dabei nach der Leistungsfähigkeit der Hauptperson. Die Einschätzung erfolgt durch einen Gutachter.

Zum anderen erhält der Betrieb eine finanzielle Förderung im Rahmen eines Mentorenzuschusses. Auch dieser wird individuell bemessen.

Weder die Förderungen noch die Assistenz durch IfS-Spagat sind zeitlich befristet. Regelmäßige Betriebskontakte sind Grundlagen einer guten Zusammenarbeit aller Beteiligter. Soziale Arbeit und Wirtschaft arbeiten so an einer gemeinsamen Sache. Spagat ermöglicht somit ein LEBEN WIE ANDERE AUCH.

Quelle:

Birgit Werle, Nina von Hellberg: Was ist IfS-Spagat?"Leben wie andere auch"

Erschienen in der Zeitschrift des Insituts für Sozialdienste Vorarlberg, Nr. 3/Juni 2010, S. 10-11

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 06.04.2011

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