erschienen in: impulse Nr. 26, Juni 2003, Seite 14 - 20 impulse (26/2003)
Inhaltsverzeichnis
Das Thema "Qualität" bzw. "Qualitätsmanagement" (QM) ist derzeit eines der meist diskutierten Themen in der sozialen Arbeit und gewinnt auch für die Arbeit von Integrationsfachdiensten (IFD) zunehmend an Bedeutung. Auch aufgrund der Novellierung des Schwerbehindertengesetzes mit Wirkung vom 1.10.00 ist im Rahmen der "Mustervereinbarung" (vgl. § 111 SGB IX, Absatz 4) die Qualitätssicherung zu regeln. Es ist somit von zentraler Bedeutung möglichst aktiv die in der Qualitätsdebatte liegenden Chancen wie z.B. die Möglichkeit einer transparenten Darstellung der Leistungen der Dienste nach außen und die weitere Professionalisierung der eigenen Arbeit wahrzunehmen.
Die Diskussion zu Fragen des Qualitätsmanagements in Feldern der sozialen Arbeit sollte sich nicht in der Übertragung betriebswirtschaftlicher Modelle und Denkweisen erschöpfen, sondern versuchen, diese Modelle mit den eigenen Traditionen zu verbinden. Außerdem ist die Diskussion um Qualitätsmanagement nicht gleichzusetzen mit einer Diskussion um Kosteneinsparungen: Qualität hat ihren Preis! In Begriffen wie Fachlichkeit, Professionalisierung und methodischem Arbeiten lassen sich gute Anknüpfungspunkte für eine Beschäftigung mit qualitätsrelevanten Fragestellungen finden. Im Gegensatz zu eher verfahrensorientierten und formalen Regelungen im Rahmen betriebswirtschaftlicher Qualitätssysteme, deren Fokus sich stärker auf die Festlegung von Zuständigkeiten und Prüfverfahren richtet (z.B. DIN EN ISO 9000ff.), liegt der Schwerpunkt in Feldern der sozialen Arbeit auf der inhaltlichen Bestimmung von Merkmalen "guter Arbeit" und ihrer Umsetzung in der Praxis. Im Mittelpunkt einer solchen Diskussion steht die Reflexion über die Ausgestaltung des eigenen Einrichtungs- und Arbeitskonzepts sowie die Gestaltung der alltäglichen Arbeitspraxis. Bevor bestimmt wird wie die Qualität der Arbeit zu sichern und weiterzuentwickeln ist, muß zuerst festgelegt sein, was die spezifischen Zielsetzungen und Inhalte dieser Arbeit sind.
Die folgenden Überlegungen stützen sich auf Erfahrungen und Ergebnisse, die im Rahmen des Modellprojektes "Qualitätssicherung und -entwicklung in Integrationsfachdiensten" gewonnen wurden, welches von der Forschungsstelle "Unterstützte Beschäftigung" der Universität Münster wissenschaftlich begleitet wurde [1]. Aufgabe dieses Forschungs- und Modellvorhabens war es, ein System des Qualitätsmanagements für Integrationsfachdienste (IFD) zu entwickeln und dessen Umsetzung zu erproben. Im ersten Projektjahr wurden durch Expertenbefragungen Qualitätskriterien für die Arbeit von Integrationsfachdiensten ermittelt (als Experten gelten in diesem Zusammenhang alle am Eingliederungsprozeß beteiligten Personen, die als Nutzer, Vertreter von Betrieben, professionelle Mitarbeiter oder Kooperationspartner bereits Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit einem IFD gemacht haben). Aufbauend auf diese Qualitätskriterien wurden in den elf am Projekt beteiligten Integrationsfachdiensten sogenannte Arbeitsstandards fachdienstspezifisch entwickelt und deren Umsetzung erprobt[2].
[1] Die Laufzeit des Projektes war der Zeitraum vom 1.1.1998-31.12.2000. Zu den Projektteilnehmern zählten drei IFD für geistig und Lernbehinderte, drei IFD für psychisch Behinderte, vier IFD die behinderungsübergreifend arbeiten, und ein IFD für Blinde und Sehbehinderte.
[2] Die Ergebnisse beziehen sich somit auf die IFD vor der Novellierung des Schwerbehindertenrechts, beinhalten jedoch bereits die Phase der Stabilisierung und nachgehenden Begleitung. Ungeachtet grundlegender Übereinstimmungen in den Aufgabenbereichen der hier untersuchten Dienste und der zur Zeit bestehenden IFD ist es sicherlich erforderlich verschiedene inhaltliche Aspekte zu ergänzen und weiterzuentwickeln. Die entwickelten QM-Instrumente, die methodischen Vorgehensweisen, die Struktur und die theoretischen Grundlagen des QM-Systems sind jedoch umfassend und nach wie vor gültig.
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Im vorliegenden Modellprojekt sind die Arbeitsstandards als zentrales Instrument zur Qualitätssicherung und -entwicklung in ein aus mehreren Modulen bestehendes umfassendes Qualitätsmanagementsystem (MuQ) eingebettet, daß neben den Arbeitsstandardmodulen auch sogenannte Basis- und Rahmenmodule beinhaltet. Unter dem Begriff ‚Basismodule' werden im Qualitätsmanagementansatz MuQ die Module ‚Leitbild', ‚arbeitsleitende Prinzipien' (siehe Anhang), ‚Vorgaben Leistungs-/Träger' und ‚Kundenorientierung' zusammengefaßt. Sie alle formulieren grundlegende Vorgaben und Orientierungspunkte für die Ausgestaltung der eigenen Arbeit und damit auch für deren Qualitätssicherung und -entwicklung. Eine Beschäftigung mit diesen Elementen sollte daher am Anfang eines Qualitätsmanagementprozesses stehen. Die ‚Rahmenmodule' ‚Mitarbeiterorientierung', ‚Managementorientierung' und ‚Außenorientierung' beschreiben hingegen Zielsetzungen bzw. Werthaltungen, die für die Gestaltung des gesamten Qualitätsmanagementprozesses von Bedeutung sind. Das Modul ‚Audit, externe Beratung & Evaluation' charakterisiert die Funktion von Bewertungs- und Verbesserungsgesprächen sowie die, die externe Experten im Rahmen eines qualifizierend-begleitenden Beratungsansatzes bei der Etablierung eines Qualitätsmanagementsystems in Integrationsfachdiensten übernehmen können.
Folgendes Schaubild veranschaulicht den Aufbau des ‚Modulsystems umfassendes Qualitätsmanagement' (MuQ):
Die Frage des richtigen Grades der Ausdifferenzierung von Handlungsleitlinien erfordert letztlich etwas Übung und ist auch von den Arbeitsgewohnheiten und Bedürfnissen der einzelnen Fachdienstmitarbeiter abhängig (eine Kurzdarstellung der Arbeitsstandards befindet sich im nachfolgenden Anhang) (Tabelle XXX, Mitte).
Im Folgenden sollen einzelne Module, die im Rahmen des QM-Ansatzes entwickelt wurden, exemplarisch näher dargestellt werden:
Das Modul ‚Arbeitsleitende Prinzipien' stellt eine Konkretisierung der im Leitbild formulierten Grundsätze dar. Dabei findet eine Konzentration auf die Art und Weise der Zusammenarbeit mit den zentralen Zielgruppen (Nutzer und Betriebe) statt. Während im Modul ‚Leitbild' die dort getroffenen Aussagen in den Bereichen Ausgangsbedingungen, Selbstverständnis und Grundsätze sich meist in abstrakt normativer Form bewegen, soll bei den arbeitsleitenden Prinzipien eine Annäherung an die Abläufe im Arbeitsalltag hergestellt werden. Dabei sollte jedoch vermieden werden, bereits detaillierte Handlungsbeschreibungen zu formulieren. Die arbeitsleitenden Prinzipien liegen somit ‚zwischen' den eher abstrakt-normativen Inhalten des Leitbildes und den konkreten Verfahrenshinweisen (vgl. ‚Arbeitsstandards'):
Arbeitsleitende Prinzipien für Nutzer |
1. Auf die Wahrung und Verwirklichung der Rechte des Nutzers wird geachtet (z.B. gesellschaftliche Teilhabe, Datenschutz). |
2. Entscheidungen werden nur gemeinsam mit dem Nutzer getroffen. |
3. Aktuelle Fähigkeiten und spezifische Entwicklungsmöglichkeiten des Nutzers werden während der Eingliederung laufend berücksichtigt. |
4. Unterstützungsangebote werden solange aufrechterhalten, bis eine Klärung über den weiteren Werdegang erreicht ist oder die Begleitung auf Wunsch des Nutzers beendet wird. |
5. Die Fähigkeit des Nutzers, Situationen wahrzunehmen und einzuschätzen, wird unterstützt. |
6. Dem Nutzer wird selbständiges Handeln ermöglicht. |
7. Eine Kontinuität der Unterstützung wird für die Dauer der Begleitung angestrebt. |
8. Der Fachdienst hat sich mit den Wünschen und Bedürfnissen des Nutzers ernsthaft auseinanderzusetzen - und zwar auch dann, wenn sie zunächst unrealistisch oder unverständlich erscheinen sollten. |
9. Der Fachdienst meldet dem Nutzer regelmäßig bzw. nach Absprache seine Sicht auf den Verlauf der Eingliederung zurück. |
Arbeitsleitende Prinzipien für Betriebe |
10. Der Fachdienst erfragt die Interessen und Wünsche der Betriebe und setzt sich mit diesen auseinander. |
11. Betriebe werden von Anfang an auf zu erwartende Anforderungen, die mit der Einstellung eines Bewerbers verbunden sein können, hingewiesen. |
12. Der Fachdienst sichert dem Betrieb zu, so bald wie möglich Fragen und Probleme im Verlauf der Eingliederung zu klären. |
13. Regelmäßige Gespräche über den Eingliederungsverlauf werden durchgeführt, in denen u.a. die Einhaltung von Vereinbarungen und notwendige Veränderungen hinsichtlich des Anforderungsniveaus besprochen werden. |
Wie das Schaubild (Anhang) verdeutlicht, ist ein Arbeitsstandard grundsätzlich aus drei Elementen aufgebaut:
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einem Leistungsziel, das innerhalb der Integrationsbegleitung anzustreben ist, wie z.B.: "Das Arbeitsverhältnis ist nach der Einarbeitungsphase zu stabilisieren" (Leitfrage: Was soll erreicht werden?),
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i.d.R. mehreren Handlungsleitlinien, die beschreiben, wie die konkreten Vorgehens- bzw. Arbeitsweisen zur Erreichung eines Leistungszieles führen (Leitfrage: Wie kann das Leistungsziel effizient erreicht werden?),
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i.d.R. mehreren und selbstevaluativ einzusetzenden Verfahren zur Überprüfung der Zielerreichung, die festlegen, woran das Erreichen des jeweils verfolgten Leistungsziels zu erkennen ist (Leitfrage: Woran ist zu erkennen, daß das Leistungsziel erreicht wurde?).
Die Arbeitsstandards enthalten die Dimensionen Prozess-, Struktur- und Ergebnisqualität: Die Prozessqualität lässt sich im Wesentlichen anhand der Handlungsleitlinien und die Ergebnisqualität (neben quantitativen Größen wie z.B. die Vermittlungsquote) mittels der Verfahren zur Überprüfung der Zielerreichung, die sich auf das jeweilige Leistungsziel beziehen, bestimmen.
Der Begriff ‚Leistungsziel' wurde gewählt, um deutlich zu machen, daß es sich dabei um Zielsetzungen innerhalb eines Dienstleistungsprozesses handelt und diese damit gegenüber fallbezogenen Zielbestimmungen - z.B. im Rahmen der Erstellung eines Integrationsplans - abzugrenzen. In dem Modellprojekt ‚Qualitätssicherung und -entwicklung in Integrationsfachdiensten' wurden für die zentralen Arbeitsfelder der Integrationsarbeit ‚Aufnahme und Klärung der Ausgangssituation', ‚Akquisition von Betrieben mit geeigneten Arbeitsplätzen', ‚Vorbereitung und betriebliche Integration' sowie ‚ Krisenintervention, Stabilisierung und nachgehende Begleitung' jeweils drei bis vier Leistungsziele (und damit auch Arbeitsstandards) entwickelt. Beispiele für Leistungsziele wären die ‚Identifikation geeigneter Betriebe', die ‚Abklärung von Perspektiven mit dem Nutzer', oder ‚Auftretende Krisen am Arbeitsplatz bewältigen'. In der Summe sollten die aufgestellten Leistungsziele in der Lage sein, das Leistungsspektrum eines Integrationsfachdienstes in seinen wesentlichen Elementen zu erfassen.
‚Handlungsleitlinien' beschreiben die konkreten Vorgehens- bzw. Arbeitsweisen, die zur Erreichung eines Leistungszieles dienen. Sie sollten so formuliert sein, daß sie
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auf der einen Seite genügend konkret sind, um die Integrationsarbeit anleiten und eine relevante Strukturierungs- und Arbeitshilfe für die Mitarbeiter darstellen zu können,
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auf der anderen Seite allgemein genug sein, um die notwendige Flexibilität in der fallbezogenen Ausgestaltung der Arbeitsprozesse zu gewährleisten.
Die Frage des richtigen Grades der Ausdifferenzierung von Handlungsleitlinien erfordert letztlich etwas Übung und ist auch von den Arbeitsgewohnheiten und Bedürfnissen der einzelnen Fachdienstmitarbeiter abhängig.
‚Verfahren zur Überprüfung der Zielerreichung' legen fest, woran das Erreichen der verfolgten Leistungsziele (und damit der Erfolg) zu erkennen ist. Oftmals wird dieser Aspekt in der Praxis mehr intuitiv erfaßt und weniger systematisch untersucht und dokumentiert. Dies hat zur Folge, daß Dritten - z.B. dem Auftraggeber bzw. Leistungsträger - vor allem qualitative Ergebnisse der Arbeit häufig nur schwer zu vermitteln sind. Aber auch für sich selbst und im eigenen Team sind die (Zwischen-) Resultate der Integrationsarbeit dadurch selten direkt faßbar. Erfolge lassen sich somit nicht adäquat darstellen, und bei unzureichender Zielerreichung können notwendige Veränderungen bzw. Verbesserungen kaum erkannt oder nicht schnell genug umgesetzt werden. Gängige Verfahren zur Überprüfung der Zielerreichung sind das Einholen von Rückmeldungen der am Integrationsprozeß beteiligten Gruppen (z.B. Nutzer, Betriebe) anhand festgelegter Leitfragen, die Bestimmung von Indikatoren für eine Zielerreichung (z.B. die Weiterbeschäftigung des Nutzers oder dessen Arbeitszufriedenheit im Anschluß an eine Krisenintervention) sowie der Einsatz von Checklisten (häufig zur Prozeßkontrolle, d.h. zur Überprüfung des Arbeitsablaufes eingesetzt). Zu den Verfahren zur Überprüfung der Zielerreichung wurden entsprechende Protokolle zu Dokumentation der Ergebnisse, die nutzer- bzw. betriebsbezogen sowie prozeßbegleitend von den Fachkräften ausgefüllt werden, entwickelt und erprobt. Anhand der Protokolle läßt sich schließlich der Grad der Zielerreichung für jeden Arbeitsstandard überprüfen und darstellen. Damit ist es möglich neben quantitativen Ergebnisse, wie Vermittlungszahlen, auch qualitative Erfolge der Fachdienstarbeit darzustellen.
Die Strukturqualität umfasst in erster Linie Größe und Ausstattung der genutzten Räumlichkeiten, Erreichbarkeit und Öffentlichkeitsarbeit des Dienstes sowie Anzahl und Qualifikation der Mitarbeiter. Fortbildung und Supervision sind dabei grundlegende Elemente der Personalentwicklung. Insgesamt zeigt diese Aufzählung an, dass die finanzielle Ausstattung der IFD eine grundlegende Voraussetzung für die gesamte Qualität der Fachdienste ist. Im QM-System MuQ ist die Strukturqualität im Wesentlichen unter "Rahmenbedingungen" den einzelnen Arbeitsstandards zugeordnet. Von den IFD-Mitarbeitern wurden u.a. folgende Strukturqualitäten zusammengetragen:
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Nach der Entwicklung der Arbeitsstandards durch die Fachdienstmitarbeiter und ihrer Eprobung im Arbeitsalltag wurden zum Ende des Projektzeitraums in den beteiligten Fachdiensten sogenannte Audits durchgeführt. Audits sind Qualitätsbewertungen, die die Arbeitsprozesse und -ergebnisse einer Organisation überprüfen. Sie dienen zudem der internen Stabilisierung und Verbesserung des QM-Systems und dem Nachweis der Qualitätsfähigkeit einer Organisation gegenüber Externen. Zentrale Leitideen sind in diesem Zusammenhang die kontinuierliche Verbesserung der Qualität der Arbeit und deren transparente Darstellung. Die Erprobung und systematische Evaluation des Auditverfahrens zeigte insgesamt, daß sich das im Rahmen des Modellprojektes entwickelte Konzept für die Auditdurchführung mit den beteiligten Ebenen Mitarbeiter, Leitung und Auftraggeber bzw. Leistungsträger bewährt hat. Die zum QM-System MuQ gehörenden Qualitätssicherungsinstrumente, insbesondere die Arbeitsstandards, leisten im Rahmen der Audits einen wichtigen Beitrag zur Dokumentation, Beurteilung und Transparenz der Leistungsfähigkeit der Fachdienstarbeit sowohl nach innen als auch nach außen. Zusammenfassend kann die regelmäßige Durchführung von Audits vor dem Hintergrund der Erfahrungen des Modellprojektes als ein wesentliches Element einer kontinuierlichen Qualitätssicherung und -entwicklung in Integrationsfachdiensten bezeichnet werden.
Die Erprobung von MuQ durch die Fachdienstmitarbeiter in der Praxis zeigte, daß die Einführung eines QM-Systems für die Mitarbeiter von Integrationsfachdiensten einen Beitrag zur kontinuierlichen Verbesserung und Professionalisierung ihrer Arbeit leistet. Hierzu zählen insbesondere:
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Die fachlich fundierte Festlegung und Strukturierung von Arbeitsabläufen
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Die fortlaufende Überprüfung und Reflexion der Arbeitsergebnisse auf der Grundlage selbstevaluativer Verfahren
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Die Entwicklung von Arbeitshilfen wie z.B. Checklisten für die Telefonakquise oder für die Gestaltung von Aufnahmegesprächen
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Die Identifikation von Verbesserungspotentialen
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Die Dokumentation und Darstellung der Qualität der eigenen Arbeit gegenüber Außenstehenden, wie z.B. Auftraggebern
Ziel des QM-Systems MuQ ist es, im Sinne eines gelebtes QM-Systems einen bleibenden und dauerhaften Einfluß auf die Arbeit einer Organisation zu haben. Dies setzt jedoch zwingend voraus, daß die Leitung die Umsetzung und Verwirklichung des QM-Systems im Alltag der Organisation von Anfang an unterstützt und einfordert (das gleiche gilt für die Auftraggeber und Leistungsträger), daß für die Mitarbeiter der Nutzen des QM-Systems für ihre Arbeit transparent sowie nachvollziehbar ist und daß die QM-Instrumente für den Einsatz in der alltäglichen Arbeit geeignet sind. Wesentlich für ein solches QM-System ist zudem, daß es nicht als starres, unabänderliches System begriffen wird, sondern selbst Gegenstand fortlaufender Anpassungen ist. Der Begriff "kontinuierliche Verbesserung" bezieht sich somit nicht nur auf die Professionalisierung der Fachdienstarbeit, sondern auch auf das gesamte QM-System.
Im zum Projektende erstellten "Handbuch zur Qualitätssicherung und -entwicklung in Integrationsfachdiensten" sind Arbeitsstandards zu zentralen Leistungszielen von IFD und umfangreiche methodische Hilfen zu Ihrer Erarbeitung enthalten (eine Kurzdarstellung der Arbeitsstandards befindet sich im nachfolgenden Anhang). Zudem enthält das Handbuch eine ausführliche Beschreibung der Module des umfassenden Qualitätsmanagementsystems, die theoretischen Grundlagen zu Organisationsentwicklung und Qualitätsmanagement sowie Empfehlungen zur Einführung des QM-Systems MuQ. Darüber hinaus beantwortet das Handbuch Fragen der Kompatibilität von MuQ mit der DIN EN ISO 9001 und dem EFQM-Modell (European Foundation for Quality Management).
Bungart, J.; Supe, V.; Willems, P.: Handbuch zum Qualitätsmanagement in Integrationsfachdiensten. Düsseldorf, Köln, Münster 2001.
Herausgeber: Ministerium für Arbeit und Soziales, Qualifikation und Technologie (MASQT) NRW; Landschaftsverband Rheinland (LVR (Integrationsamt) und Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Integrationsamt)
Das Handbuch und der Abschlußbericht ist kostenlos und zu beziehen über den Landschaftsverband Rheinland - Integrationsamt, 50663 Köln, Herrn Dr. Schartmann (Tel.: 0221/809-4368; Fax: 0221/8284-1634; e-mail: d.schartmann@lvr.de)
Inhaltsverzeichnis
Die vorliegenden Qualitätskriterien bzw. Arbeitsstandards wurden mehrfach und zuletzt aufgrund des praktischen Einsatzes im Arbeitsalltag überarbeitet. Dabei beziehen sich die Arbeitsstandards auf vier elementare Arbeitsfelder innerhalb der Integrationsbegleitung:
Qualitätskriterien- Arbeitsstandards im Arbeitsfeld I: Aufnahme und Klärung der Ausgangssituation
Leistungsziel |
Niedrigschwelliger Zugang zum Fachdienst |
Abklärung von Perspektiven |
Gestaltung einer professionellen Beziehung zum Nutzer |
Erstellen eines individuellen Integrationsplans |
Handlungsleitlinien |
Vernetzung mit abgebenden Einrichtungen Öffentlichkeitsarbeit Vermeidung von langen Wartezeiten bis zum Erstgespräch |
Zuständigkeitsprüfung nach formalen Voraussetzungen Ermittlung von Erwartungen und Motivation des Nutzers Darstellung der Leistungen und Grenzen des Fachdienstes Erstellen eines differenzierten Fähigkeitsprofils Prüfung und Beurteilung der Vermittlungschancen Klärung möglicher (finanzieller) Förderleistungen |
Klärung der unterschiedlichen Rollen des Fachdienstes und Nutzers Störungsfreie Gesprächssituation schaffen |
Ziele und konkrete Handlungsschritte der Integrationsbegleitung mit dem Nutzer verbindlich vereinbaren Klärung und ggf. Aktivierung von Unterstützungspotentialen im sozialen Umfeld des Nutzers |
Leistungszielprüfung |
Checkliste - Befragung der Akteure - Indikatoren |
Qualitätskriterien- Arbeitsstandards im Arbeitsfeld II: Akquisition von Betrieben mit geeigneten Arbeitsplätzen
Leistungsziel |
Geeigneter Betriebe ermitteln |
Ermitteln von geeigneten Arbeitsplätze |
Pflege von bestehenden Kontakten zu Betrieben |
Handlungsleitlinien |
Adreßfindung von geeigneten Betrieben Die Mitarbeiter sollen ein breites Spektrum von Handlungsmöglichkeiten zur Kontaktaufnahme zu Betrieben kennen und anwenden können Die Mitarbeiter erwerben sich umfassende Kenntnisse der regionalen Wirtschaftsstruktur Die Mitarbeiter nutzen bestehende Kontakte zu Arbeitsamt, (Haupt-) Fürsorgestelle, Schwerbehindertenvertrauensleuten etc. Die Mitarbeiter prüfen, ob der Betrieb grundsätzlich geeignet ist |
In einem Gespräch mit einem Entscheidungsträger des Betriebes sind Bedenken und Bedürfnisse des Unternehmens zu klären Die Stärken des Arbeitsuchenden werden verdeutlicht Dem Betrieb wirtschaftliche Vorteile verdeutlichen Dem Arbeitgeber wird ein passendes Dienstleistungsangebot dargestellt Die Mitarbeiter prüfen, ob der Arbeitsplatz grundsätzlich geeignet ist Sensibilisierung für Umstrukturierungen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze Vereinbarung über die Art der Zusammenarbeit erzielen |
Erreichbarkeit des IFD sichern Regelmäßige Kontakte sind wie vereinbart einzuhalten Arbeitgeber sind an weiteren Ziel- und Maßnahmeplanungen zu beteiligen Inhalte und Zuständigkeiten für weitere Maßnahmen sind zu klären |
Leistungszielprüfung |
Checkliste - Befragung der Akteure - Indikatoren |
Qualitätskriterien- Arbeitsstandards im Arbeitsfeld III: Vorbereitung der Arbeitsaufnahme und betriebliche Integration
Leistungsziel |
Individuelle Vorbereitung der Arbeitsaufnahme |
Individuelle Passung zwischen Fähigkeiten des Nutzers und Anforderungen des Betriebes ist sicherzustellen |
Die soziale Integration des Nutzers im Betrieb ist sicherzustellen |
Handlungsleitlinien |
Bei Bedarf sind außerbetriebliche, auf den allg. Arbeitsmarkt ausgerichtete Vorbereitungsmaßnahme zu initiieren und ggf. zu begleiten Ziele, Inhalte, Organisation, Zeitraum und personelle Zuständigkeiten für die Vorbereitungsmaßnahme werden abgestimmt und deren Einhaltung geprüft Der Aspekt ‚Umgang mit der Behinderung im Betrieb' ist zu thematisieren Qualifizierte Bewerbungsunterlagen erstellen Vorstellungsgespräche in Betrieben vor- und nachbereiten Individuelle Checkliste für die Arbeitsaufnahme erstellen |
Differenzierten Anleitungs- und Qualifizierungsbedarf feststellen Es ist eine Anforderungsanalyse des Arbeitsplatzes durchzuführen Durch eine Gegenüberstellung von Anforderungen und Fähigkeiten ist zu prüfen, ob, in welchem Umfang und von wem Arbeitsplatzanpassungen vorzunehmen sind Es wird ein konkreter Einarbeitungsplan erstellt, geprüft und ggf. modifiziert Nach Absprache mit dem Nutzer wird der Kontakt zum Betrieb während der Einarbeitung hergestellt und aufrechterhalten |
Die sozialen Kompetenzen des Nutzers sind zu erkennen, zu berücksichtigen und ggf. zu aktivieren Das betriebliche Umfeld ist einzubeziehen |
Leistungszielprüfung |
Checkliste - Befragung der Akteure - Indikatoren |
Qualitätskriterien- Arbeitsstandards im Arbeitsfeld IV: Krisenintervention, Stabilisierung und nachgehende Begleitung
Leistungsziel |
Vermeiden bzw. frühzeitiges Erkennen von Krisen |
Auftretende Krisen am Arbeitsplatz bewältigen |
Stabilisierung des Arbeitsverhältnisses |
Gestaltung des Ablösungsprozesses |
Handlungsleitlinien |
Erste ‚Warnsignale' für mögliche Krisen sind vom Mitarbeiter zu erkennen Sensibilisierung des Nutzers und Betriebsverteters für Krisenanzeichen Allgemeinen Kriseninterventionsplan aufstellen |
Eine gute Erreichbarkeit des Fachdienstes ist zu gewährleisten Konkreten Kriseninterventionsplan erstellen |
Es ist eine Analyse durchzuführen, ob die Einarbeitung abgeschlossen ist Der weitere Unterstützungsbedarf des Betriebes und Nutzers ist zu klären Prüfung, ob zwischen Betrieb und Nutzer Konsens hinsichtlich des betrieblichen Unterstützungsbedarfes besteht Verbindliche Vereinbarungen mit allen Beteiligten über die weitere Begleitung treffen Krisen sollen möglichst auch ohne Fachdienst von Nutzer und Betrieb selbständig gelöst werden Wenn Stabilisierung erreicht ist, evtl. weitere Vereinbarungen treffen |
Es wird festgestellt, daß der Zeitpunkt des Begleitungsendes bevorsteht Betrieb und Nutzer sind rechtzeitig auf das Begleitungsende vorzubereiten Die Notwendigkeit einer Weiterbegleitung durch den psychosozialen Fachdienst ist zu klären Die Betreuung durch den Fachdienst ist abzuschließen |
Leistungszielprüfung |
Checkliste - Befragung der Akteure - Indikatoren |
Jörg Bungart
Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung (BAG UB)
Schulterblatt 36
20357 Hamburg
Fon: +49 (0)40 / 432 53 12-3
Fax: +49 (0)40 / 432 53 12-5
Internet: www.bag-ub.de
e-mail allg.: info@bag-ub.de
e-mail pers.: joerg.bungart@bag-ub.de
Quelle:
Jörg Bungart: Modulsystem umfassendes Qualitätsmanagement für Integrationsfachdienste
Erschienen in: impulse Nr. 26, Juni 2003, Seite 14 - 20
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Stand: 25.05.2010