Unterstütze Beschäftigung - Auch ein Angebot der WfB

ServiceCenter Mainz - WfB für psychisch kranke und behinderte Menschen

Autor:in - Joachim Storck
Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: erschienen in: impulse Nr. 16, Juli 2000, S.21-22 impulse (16/2000)
Copyright: © Joachim Storck 2000

Arbeitsplätze, die passen

Herr P. ist Automechaniker. Das ServiceCenter bietet diesen Arbeitsbereich nicht. Zudem will Herr P. lieber in einem "normalen" Betrieb arbeiten. Das scheiterte bislang daran, dass Herr P. den Anforderungen des ersten Arbeitsmarktes nicht gewachsen ist und deshalb keinen Job fand. Zwischen Werkstatt und erstem Arbeitsmarkt gab es bestenfalls einige Wochen Praktika. Das ist nun anders. Die "Fachkraft für Außenarbeitsplätze" findet für Herrn P. und alle anderen, die an dieser Form der Arbeit interessiert sind einen betrieblichen Arbeitsplatz. Herr P. bleibt weiterhin Werkstattmitarbeiter und damit sozial abgesichert.. Mit dem "Arbeitgeber" wird individuell ein Arbeitsentgelt ausgehandelt, das der Tätigkeit und der Leistungsfähigkeit entspricht. Herr P. arbeitet nun in einem "normalen" Betrieb und verdient mehr als in der Werkstatt

Nach schleppenden Beginn ("Was wird uns da draußen nur erwarten?"), ist das Interesse an diesen Arbeitsplätzen ständig gewachsen und neue konnten akquiriert werden.

Das Beispiel von Herrn P. zeigt: Eingliederung wird möglich, wenn Hilfen zur Arbeit flexibel, personenorientiert und unter Einbeziehung nichtpsychiatrischer Helfer geleistet werden. Professionelle Vorbereitung und Begleitung ist dabei ein unbedingtes Muss!

AEGplus - Arbeitseingliederung nach Maß

Unsere Erfahrung ist: Es finden sich immer wieder Betriebe und EntscheidungsträgerInnen in den Betrieben, die aus sozialer Verantwortung und/oder persönlicher Betroffenheit dazu bereit sind, verantwortlich, engagiert, geduldig und kompetent an Formen der beruflichen Eingliederung mitzuwirken, wenn die betrieblichen Erfordernisse und Abläufe nicht über Gebühr belastet werden.

Um diese Potentiale zu nutzen, braucht man Fachkräfte, denen betriebswirtschaftliches Denken ebenso wenig fremd ist wie die Instrumente der Berufsplanung und -beratung, des Marketings und der Arbeitsplatzakquisition.

Denn die Betriebe verlangen:

  • den offenen Dialog über die Möglichkeiten und Grenzen des Betriebes und des vorhandenen Personals sowie über die Anforderungen der Eingliederungsarbeit.

  • schnelle, vertrauensvolle und kompetente Unterstützung durch externe Fachleute, nicht nur in Krisensituationen.

In einem gemeinsamen Prozess muss herausgefunden werden, wie Arbeitsplatz, Arbeitszeit, Arbeitsinhalte, Zusammenarbeit etc. so gestaltet werden können, damit das Arbeitsverhältnis auch über längere Zeiträume und in schwierigen Situationen trägt und für alle Beteiligten ein Gewinn ist.

Mit der WfB zu Alternativen zur WfB

Im ServiceCenter werden Menschen beschäftigt, die an psychischen Erkrankungen und/oder deren Folgen leiden und einen anerkannten Anspruch auf einen Arbeitstrainingsplatz oder einen Arbeitsplatz in der WfB haben. Sie dürfen durch die Vermittlung in Arbeitsplätze außerhalb der Werkstatt gegenüber Werkstattmitarbeiter/innen nicht benachteiligt werden.

Daraus ergeben sich folgende Anforderungen:

  • Der Außenarbeitsplatz muss ihren Fähigkeiten, Interessen und persönlichen Eigenschaften angepasst sein. Die Arbeitszeit beträgt in der Regel mindestens vier Stunden täglich.

  • Sozialpädagogische Begleitung über die Fragen und Probleme des Arbeitsplatzes hinaus (entsprechend der Aufgaben des Sozialdienstes des Service-Centers).

  • Hilfe bei der Kontaktfindung (Soziales Umfeld, Freizeit, Beziehungen zu anderen Menschen in vergleichbaren Lebenssituationen etc.).

  • Materielle Gleichstellung, d.h. Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge, Fahrgeld zur Arbeit, Mittagessen, Werkstattlohn.

Erfahrungen bei der Umsetzung: Plötzlich ging mehr

Für die Durchführung wurde eine in der beruflichen Integration psychisch kranker und behinderter ArbeitnehmerInnen erfahrene Fachkraft eingestellt, die sich im Kurs der BAG-UB zusätzlich qualifizierte.

Zunächst war es die Aufgabe der Fachkraft, sich und unser neues Angebot im Service-Center, bei den Mitarbeiter/innen und dem Fachpersonal bekannt zu machen.

Auch bei den GruppenleiterInnen, gab es zunächst nicht unberechtigte Fragen und Vorbehalte. "Fördern wir denn nicht genug?" "Was passiert, wenn die Leistungsträger weggehen?" "Ist es für die Gruppe nicht unbefriedigend, wenn insgesamt das Leistungsniveau fällt?" "Können wir dann nur noch einfache Arbeiten machen?"

Für viele Werkstattmitarbeiter/innen ist der Schritt nach "draußen" angstbesetzt. So wurden entsprechende Angebote nur zögerlich und mit viel Vorlaufzeiten angenommen.

Nachdem jedoch durch Mitarbeit der Fachkraft in den verschiedenen Abteilungen des ServiceCenters, viele Einzelgespräche, die genaue Information über Außenarbeitsplätze und vorbereitende Gruppenaktivitäten Vertrauen geschaffen wurde, wuchs das Interesse.

Zur Vorbereitung auf Praktika und auf Aussenarbeitsplätze wurde für sechs MitarbeiterInnen ein Vorbereitungskurs (24 mal 2 Wochenstunden) angeboten. Themenschwerpunkte waren:

Bewerbungstraining, Selbstsicherheitstraining, Konzentrationsübungen, Umgangsformen im Beruf, Konflikte am Arbeitsplatz, "small-talk", Abschalten/entspannen....

Insbesondere die Zahl der Praktika wuchs sprunghaft. 1999 wurden 20 - in der Regel vierwöchige - Praktika in Verwaltungen und Betrieben durchgeführt.

Es entstanden zunächst vier Aussenarbeitsplätze. Neue sind in Vorbereitung.

Eine weitere positive Folge: Mit AEGplus ist die Frage des Übergangs in den ersten Arbeitsmarkt und der zielgerichteten, kontinuierlichen Arbeit an der Verbesserung der Übergangsmöglichkeiten wieder verstärkt in den Blickpunkt unserer Arbeit gerückt und "Bewegung" in die MitarbeiterInnen gekommen.

Ebenso entwickelten sich aus wachsenden Kontakten mit Betrieben und Verwaltungen, aber auch aus Interessen und Ideen der Werkstattmitarbeiter ganz neue Arbeitsformen, die über den WfB-Tellerrand hinausgingen: Zeitlich begrenzte Auftragsarbeiten bei Behörden, Teilzeitstellen im Servicebereich, ambulantes Arbeitstraining....

Ein großer Wermutstropfen: die Finanzierung

Für Unterstützte Beschäftigung auch aus Werkstätten heraus, braucht es qualifiziertes und zusätzliches Personal. Halbherzige Billiglösungen führen nicht zum Ziel. Die Eingliederung in den Arbeitsmarkt wäre zum Scheitern verurteilt und damit Wasser auf die Mühlen derjenigen, die schon immer gewusst haben, dass Integration in den ersten Arbeitsmarkt für WerkstattmitarbeiterInnen nicht funktionieren kann.

Das ServiceCenter ist das finanzielle Risiko einer zusätzlichen Stelle und der Kosten für die Qualifizierung durch die BAG-UG eingegangen. Der Blick auf den Jahresabschluss 99 zeigt, das dies dauerhaft nicht leistbar. Will man den Übergang von der WfB in den ersten Arbeitsmarkt, will man Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten zwischen WfB und erstem Arbeitsmarkt, dann geht das nicht zum Nulltarif.

Ausbildung und Qualifizierung von Fachkräften für Unterstützte Beschäftigung sowie der Einsatz dieser Fachkräfte muss erhalten, ausgebaut und finanziert werden.

Kontakt:

Gesellschaft für psychosoziale Einrichtungen in Mainz und Umgebung gGmbH

AEG Plus

Joachim Storck

Rheinhessenstraße 17, 55129 Mainz

Tel.: 06131 958460, Fax: 06131 9584620

eMail: GPE.Mainz@t-online.de

internet: www.gpe-mainz.de

Quelle:

Joachim Storck: Unterstütze Beschäftigung - Auch ein Angebot der WfB. ServiceCenter Mainz - WfB für psychisch kranke und behinderte Menschen

Erschienen in: impulse Nr. 16 / Juli 2000, S.21-22

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 08.02.2005

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