KLABAUTER - Ein Theaterprojekt, in dem behinderte junge Menschen als professionelle Schauspieler arbeiten

Autor:in - Astrid Eggers
Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: erschienen in: impulse Nr. 12, Juni 1999 impulse (12/1999)
Copyright: © Astrid Eggers 1999

Inhaltsverzeichnis

KLABAUTER - Ein Theaterprojekt

Seit Februar 1998 sind sechs junge behinderte Menschen dabei, sich einen neuen Bereich zu erobern, der bisher nur Menschen ohne Behinderung vorbehalten war. Die Rede ist vom Beruf des Schauspielers.

Hierbei geht es nicht darum, gelegentlich in der Freizeit Theater zu spielen, sondern diese jungen Menschen verdienen ihren Lebensunterhalt mit ihren Auftritten (ihrer Kunst).

Entstanden ist das Projekt aus meiner langjährigen Theatererfahrung im Freundeskreis Eisenhans, in dem in einer Kooperation zwischen dem Hamburger Thalia Theater und dem Verein Leben mit Behinderung in Hamburg e.V. behinderte und nicht behinderte junge Amateure zusammen Theater spielen. Hier lernte ich die sechs Personen, die heute die Schauspieler bei KLABAUTER sind, kennen und bemerkte ihr besonderes Talent als Schauspieler.

Auf meiner Suche nach einem Träger für das neue Theaterprojekt mit behinderten professionellen Schauspielern traf ich mit Ingrid Maulwurf zusammen, die die Individuelle Arbeitsbegleitung des Rauhen Hauses leitet. Die Rahmenbedingungen und der Anspruch der Individuellen Arbeitsbegleitung trafen sich inhaltlich sehr gut mit der Idee dieses Theaterprojektes und so wurde beschlossen, das Projekt gemeinsam durchzuführen. Das Rauhe Haus ist der Träger des Projekts, die Finanzierung erfolgt über §§39,40 BSHG als teilstationäre Maßnahme analog zur Werkstatt für Behinderte.

Die Schauspieler sind sozialversichert und bekommen einen monatlichen Mindestlohn in Höhe von 120,00 DM. Dieser Arbeitslohn muß durch die Arbeit, d.h. durch Auftritte, erwirtschaftet werden.

Das Rauhe Haus stellt als Träger den Proberaum zur Verfügung. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt ca. 20 Stunden. Als Leiterin bzw. Betreuerin von KLABAUTER bin ich zunächst für die Ausbildung der 6 Schauspieler zuständig. Die jungen Leute bekommen täglich Unterricht in Sprechtechnik, Gesang und Bewegungstraining. Parallel zur Ausbildung werden verschiedene Produktionen unter meiner Regie erarbeitet. So hat KLABAUTER innerhalb von vier Monaten als erstes eine 45minütige Soap-Opera erarbeitet, die innerhalb des ersten Jahres sechsmal aufgeführt wurde. Außerdem hat die Gruppe auch sogenannte Auftragsproduktionen ausgeführt, d.h., es wurden kleine 15minütige Aufführungen produziert, die innerhalb von Veranstaltungen zu bestimmten Themen vorgeführt wurden.

Zur Zeit wird ein neues Stück erarbeitet, das Anfang September '99 fertig sein soll. Das erste Stück - die Soap-Opera- (Titel "Seltsames Spiel") - wird weiterhin gespielt. Mittlerweile wird ein Kundenstamm aus Hamburger und auswärtigen Veranstaltern aufgebaut, die dieses Stück in ihren Räumen aufführen werden. Weitere Verhandlungen werden z.Zt. geführt.

Die sechs Schauspieler sind sehr unterschiedlich begabt. So gibt es drei Personen, die sehr gut mit Text arbeiten können, d.h. die Texte verstehen und auswendig lernen. Zwei Andere haben eher Talent auf mimischem Gebiet und die sechste, eine schwerstmehrfach behinderte junge Frau, wirkt durch ihre Präsenz mit. Sie liegt zwar im Rollstuhl und spricht nicht, aber es ist deutlich zu merken, daß sie auf ihre Weise wahrnimmt, was gespielt wird bzw. was ihr Part im Spiel ist.

Das KLABAUTER-Projekt ist vom Konzept her als integrative Arbeit gedacht, d.h., es sollen auch nichtbehinderte Schauspieler mitspielen. Aus finanziellen Gründen befindet sich dieser Teil (des Projekts) noch im Aufbau. Auch eine Zusammenarbeit mit anderen Hamburger Theatern braucht Zeit. Noch müssen Hamburger Intendanten und Dramaturgen von den künstlerischen Möglichkeiten behinderter Schauspieler überzeugt werden.

Einer der nächsten Schritte von KLABAUTER wird es sein, zumindest einigen Schauspielern die Möglichkeit zu eröffnen, auch in Fernsehen und Film zu arbeiten. Einer der Schauspieler hat auch schon aus Eigeninitiative ein Filmangebot bekommen.

Das Gute an so einer Arbeit vor Publikum und der Vorteil eines solchen Theaters ist auch, daß sich hier behinderte Menschen einer breiten Öffentlichkeit präsentieren und dadurch der Blick auf diese Menschen insgesamt geschärft wird.

Kontaktanschrift

Das Rauhe Haus

- KLABAUTER -

Abt. Behindertenhilfe

Hornerweg 95b,

22111 Hamburg

Tel.: 040 / 65599012

von Astrid Eggers, Theaterprojekt-Klabauter der individuellen Arbeitsbegleitung, Das Rauhe Haus - Hamburg

Quelle:

Astrid Eggers: KLABAUTER - Ein Theaterprojekt, in dem behinderte junge Menschen als professionelle Schauspieler arbeiten

Erschienen in: impulse Nr. 12 / Juni 1999

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 24.03.2005

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