Einheitliche Qualitätsstandards

Europäischer Werkzeugkoffer für Unterstützte Beschäftigung

Autor:in - Kirsten Hohn
Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: erschienen in: impulse Nr. 55, 4/2010, Seite 22-24. impulse (55/2010)
Copyright: © Kirsten Hohn 2010

Einheitliche Qualitätsstandards

Der Europäische Dachverband für Unterstützte Beschäftigung (EUSE) hat im Rahmen einer mit ESF-Mitteln finanzierten Leonardo-Partnerschaft den "Europäischen Werkzeugkoffer für Unterstützte Beschäftigung" entwickelt. Dies nehmen wir zum Anlass, einen aktuellen Einblick in das Engagement der BAG UB in der europäischen Zusammenarbeit und in den Stand der Unterstützten Beschäftigung in Europa zu geben.

EUSE - europäischer Dachverband

Das Konzept der Unterstützten Beschäftigung wurde in den USA entwickelt. Seit Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts wird es auch in europäischen Ländern umgesetzt und auf die je spezifischen Rahmenbedingungen und Bedarfe angepasst. Nach ersten Projekten in Europa gründete sich 1993 die European Union for Supported Employment (EUSE) als europäischer Dachverband für Unterstützte Beschäftigung. Ein Jahr später wurde die BAG UB als deutscher Dachverband gegründet.

In der EUSE können keine Einzelpersonen oder Organisationen Mitglied werden, sondern ausschließlich nationale Dachverbände für Unterstützte Beschäftigung. Mittlerweile gibt es 19 Mitglieder[1], vorwiegend aus Nord-, West- und Südeuropa. Mit Tschechien ist auch ein osteuropäischer Verband Mitglied, darüber hinaus bestehen bislang nur einzelne Kontakte zu osteuropäischen Projekten, die mit dem Konzept der Unterstützten Beschäftigung arbeiten. Aktivitäten der EUSE: In der Regel trifft sich der "Council" (ein beratender Arbeitskreis) der EUSE zweimal jährlich. Maximal 2 Personen aus jedem Mitgliedsverband nehmen daran teil. Im Council werden die Aktivitäten der EUSE abgestimmt. Zudem gibt es einen vierköpfigen Vorstand mit Mike Evans aus Schottland als derzeitigem Präsidenten der EUSE. In unregelmäßigen Abständen erscheint ein Newsletter, in dem über die Arbeit der EUSE und die aktuellen Entwicklungen in den einzelnen Ländern berichtet wird. Der Newsletter steht ebenso wie die Protokolle der Council-Sitzungen auf der website der EUSE als Download zur Verfügung (www.euse.org ).

In den letzten Jahren haben sich regionale bzw. sprachenspezifische Untergruppen der EUSE - sog. Clustergroups - gebildet: eine skandinavische, eine südeuropäische, eine englischsprachige und eine deutschsprachige. Letztere hat sich zuletzt im Rahmen der BAG UB - Jahrestagung im November in Bad Honnef getroffen. Beteiligt sind hier auch VertreterInnen aus Ländern mit deutschsprachigen Landesteilen (Belgien, Südtirol, Liechtenstein).

Alle zwei Jahre organisiert ein Mitgliedsverband gemeinsam mit der EUSE eine europaweite Tagung zu Unterstützter Beschäftigung. Die nächste und mittlerweile zehnte findet vom 14. bis 16. Juni 2011 in Kopenhagen statt (s. unten).

Mit kleinen Stipendien ermöglicht die EUSE einzelnen MitarbeiterInnen der Unterstützten Beschäftigung ca. einwöchige Besuche in Mitgliedsländern, um die Umsetzung in einem anderen Land kennenzulernen und die eigenen Erfahrungen dort auszutauschen. Im Rahmen dessen nutzte im September diesen Jahres erstmalig eine deutsche Kollegin vom IFD Mittelfranken diese Möglichkeit und besuchte einen der neuesten EUSE-Mitgliedsverbände in Wales. Berichte über die Stipendienbesuche sind auf der website der EUSE eingestellt.

Die konzeptionelle Weiterentwicklung und eine einheitliche europäische Beschreibung dessen, was Unterstützte Beschäftigung ist, ist Inhalt der Arbeit der EUSE. So wurden im Jahr 2005 einheitliche europäische Qualitätsstandards für Unterstützte Beschäftigung in einem Handbuch veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung erschien 2007 und ist auf der website der BAG UB einzusehen (www.bag-ub.de ). Die Qualitätsstandards wurden in verschiedenen Ländern nicht nur von den Fachleuten und PraktikerInnen wahrgenommen, sondern auch von Kostenträgern und politischen Entscheidungsträgern. So sind sie in Deutschland in der Gesetzesbegründung für das Gesetz zur Unterstützten Beschäftigung vom 22.12.08 ebenso genannt wie in der am 1.12.2010 in Kraft[2] getretenen Gemeinsamen Empfehlung zur Unterstützten Beschäftigung.

Einen Überblick zu diesen unterschiedlichen Rahmenbedingungen hat Stefan Doose zu Beginn dieses Jahres zusammengestellt: "A Brief Overview about Supported Employment within EUSE National Associations". Neben diesem Bericht finden sich weitere Überblicksartikel auf der website der EUSE[3]. Auch auf der europäischen Politikebene wird Unterstützte Beschäftigung zunehmend wahrgenommen. So hat die Europäische Kommission eine Studie zur Unterstützten Beschäftigung in Europa in Auftrag gegeben, die in Kürze erscheinen wird.

Eigene Ideen in die Erarbeitung der Stücke des Theaters Klabauter einzubringen, ist für Lars Pietzko besonders wichtig

"European Supported Employment Toolkit"

Im Rahmen einer - mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) geförderten - zweijährigen Leonardo-Partnerschaft unter Beteiligung von 12 Mitgliedsverbänden der EUSE (darunter auch die BAG UB) wurden die Qualitätsstandards nun weiterentwickelt und konkretisiert. Die Ergebnisse sind im "European SupportedEmployment Toolkit" zusammengefasst.

Der Wunsch, eine einheitliche Sprache zur Unterstützten Beschäftigung und Konsens für konkrete Umsetzungsmodelle und Herangehensweisen zu finden, gründet sich in der Feststellung von europaweit sehr unterschiedlichen Ansätzen, Rahmenbedingungen, Finanzierungsmöglichkeiten und der gesellschaftlichen und politischen Wahrnehmung von Unterstützter Beschäftigung als einem entscheidenden Unterstützungsmodell für die berufliche Teilhabe behinderter und auch anders benachteiligter Menschen.

Ziel der Leonardo-Partnerschaft der EUSE war es, durch den Austausch die Praxis in den beteiligten Ländern besser zu verstehen sowie die in den Qualitätsstandards allgemein formulierten Grundsätze konkreter zur formulieren und für Fort- und Weiterbildungskonzepte für Fachkräfte nutzbar zu machen. Bislang gibt es nur in wenigen Ländern Weiterbildungskonzepte für Fachkräfte der Unterstützten Beschäftigung[4]. Die seinerzeit in den Qualitätsstandards beschriebenen fünf Phasen der Unterstützten Beschäftigung wurden im Projekt als Grundlage genutzt. Die Phasen sind:

  1. Klärung der Teilnahme / Beauftragung eines Fachdienstes

  2. Erstellen eines Fähigkeits- und Interessenprofils

  3. Akquise von Arbeits- und Praktikumsplätzen

  4. Kontakt mit ArbeitgeberInnen

  5. Inner- und außerbetriebliche Unterstützung

Während sieben Projekttreffen stand immer wieder der Austausch über die konkrete Praxis, über jeweilige Rahmenbedingungen und Zielgruppen und über Handlungsbedarfe im Vordergrund. In der ersten Projektphase wurden 11 Positionspapiere zu zentralen Aspekten Unterstützter Beschäftigung verfasst und gemeinsam mit allen Beteiligten abgestimmt. Drei der Papiere wurden während der Projektlaufzeit in deutscher Fassung in den impulsen veröffentlicht. Themen dieser Papiere waren "Werte, Standards und Prinzipien Unterstützter Beschäftigung" (impulse 49), "Erstellen eines Fähigkeitsprofils" (impulse 50) und "Akquise von Arbeits- und Praktikumsplätzen" (impulse 53). Ein weiteres Positionspapier ist der in dieser impulse abgedruckte Text zu "Inner- und außerbetrieblicher Unterstützung". Weitere Themen sind z.B. das betriebliche Praktikum, berufliche Weiterentwicklung und Unterstützte Beschäftigung für Unternehmen bzw. für EntscheidungsträgerInnen.

Aufbauend auf den Positionspapieren wurden dann fünf Handlungsleitfäden zu einzelnen Themen erarbeitet: zur Klärung und Beauftragung, zum Erstellen eines Fähigkeitsprofils, zu Akquise und ArbeitgeberInnenkontakt, zu inner- und außerbetrieblicher Unterstützung und zu Anforderungen an Fachkräfte Unterstützter Beschäftigung. Einzelne Schritte und Methoden sowie Tipps und Reflexionsfragen sind in den Leitfäden zusammengestellt.

Abschließend wurden zu den Handlungsleitfäden Powerpoint-Präsentationen erstellt, in denen Inhalte aus den Handlungsleitfäden zusammengefasst sind. Diese werden nun vor allem in den Ländern genutzt, die bislang keine Weiterbildungsmaterialien haben.

Die Positionspapiere und Handlungsleitfäden sind im englischen Original auf den websites der BAG UB (www.bag-ub.de ) und der EUSE (www.euse.org ) als pdf-Dokument erhältlich. Anfang 2011 wird eine deutsche Fassung eingestellt werden.



[1] Dänemark, Deutschland, England, Finnland, Griechenland, Irland, Island, Italien, Niederlande, Nordirland, Norwegen, Österreich, Portugal, Schottland, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechien, Wales

[2] Unter der Federführung der BAR wurde in einer Fachgruppe von Leistungsträgern, Fachleuten und Verbänden (z.B. der BAG UB) eine Gemeinsame Empfehlung verfasst, die als "Gemeinsame Empfehlung nach § 38 a Abs. 6 SGB IX ‚Unterstützte Beschäftigung'" von den Rehabilitationsträgern vereinbart wurde und zum 1.12.2010 in Kraft getreten ist.

[3] Jordán de Urríes, Beyer & Verdugo (2007): A Comparative Study of the Situation of Supported Employment in Europe; Spjelkavik& Evans (2007): Impression of Supported Employment

[4] Außer Deutschland ist hier v.a. Finnland zu nennen sowie die Schweiz, mit der die BAG UB z.Zt. eine gemeinsame Weiterbildung durchführt.

Autorin

Kirsten Hohn ist Mitarbeiterin der BAG UB und schwerpunktmäßig für die Evaluation und Qualitätssicherung in Projekten zuständig

Kontakt und nähere Informationen

BAG UB

Schulterblatt 36, 20357 Hamburg

Tel.: 040 / 432 53 123

Mail: kirsten.hohn@bag-ub.de

Quelle:

Kirsten Hohn: Einheitliche Qualitätsstandards. Europäischer Werkzeugkoffer für Unterstützte Beschäftigung.

Erschienen in: impulse Nr. 55, 4/2010, Seite 22-24.

bidok -Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 02.10.2012

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