Integrationsfachdienst und die Schnittstelle Arbeitsmarkt

Die Zusammenarbeit von Vermittlung und Begleitung mit dem Arbeitgeber

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: erschienen in: impulse Nr. 33, März 2005, Seite 21 - 22. impulse (33/2005)
Copyright: © Björn Hagen, Nadine Bauer, Ulrike Chille 2005

Integrationsfachdienst und die Schnittstelle Arbeitsmarkt

Die Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) ist eine 1986 durch das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln gegründete gemeinnützige Bildungseinrichtung.

Bundesweit unterbreitet die FAW gGmbH als Bildungsträger der Wirtschaft den unterschiedlichsten Zielgruppen ein wohnortnahes und praxisorientiertes Angebot.

Vor allem im Bereich der beruflichen Rehabilitation und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben setzt die FAW ihre Kompetenz erfolgreich an. Über die Hälfte der Projekte richtet sich an Menschen mit Behinderung, von Behinderung bedrohte Menschen und Rehabilitanden.

Mit der Novellierung des Schwerbehindertengesetzes sind auch die Integrationsfachdienste flächendeckend eingeführt worden. Der IFD der Akademie Plauen, eine von zurzeit 29 Akademien, arbeitet gemeinsam mit dem Psychosozialen Dienst (PSD) seit 2000 unter einem Dach.

Im Rahmen des Workshops stellte der IFD/PSD der FAW gGmbH Akademie Plauen anhand des Beispiels einer Teilnehmerin auf, wie sich die Arbeit vor Ort darstellt. Besonderes Augenmerk wurde hierbei auf die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen von vermittelnder und begleitender Arbeit gelegt sowie den notwendigen Informationsfluss.

Es handelte sich um folgenden Fall:

Frau M. ist zum Zeitpunkt der Teilnahme im IFD 33 Jahre alt, gelernte Köchin mit mehrjähriger Berufserfahrung auf diesem Gebiet. Sie ist seit zwei Jahren arbeitssuchend. Der Teilnehmerin wurde aufgrund einer diagnostizierten Schizophrenie ein GdB von 60 % zuerkannt. Schizophrene Störungen sind im Allgemeinen durch grundlegende und charakteristische Störungen von Denken und Wahrnehmung sowie inadäquater oder verflachter Affektivität gekennzeichnet. Der vorherrschende therapeutische Ansatz basiert auf der Medikation von Psychopharmaka, die in der Regel deutliche Nebenwirkungen nach sich ziehen. Bei Frau M. spiegeln sich diese durch erhöhte Müdigkeit, generelle Verlangsamung und Unruhe wider. Sie kann entsprechend des Krankheitsbildes nur ein bestimmtes Ausmaß an Stress ertragen, ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus ist besonders wichtig für Frau M. Für die berufliche Wiedereingliederung sind aufgrund dieser Diagnose Nacht- und Montagetätigkeiten zu vermeiden.

Entsprechend der Fähigkeiten und Fertigkeiten erfolgte mit der Teilnehmerin durch Einzelgespräche die Erarbeitung beruflicher Perspektiven. Dabei wurden gemeinsam mit der Teilnehmerin Informationen über mögliche Berufsbilder gesammelt und die persönlichen Voraussetzungen (und Ziele) von Frau M. dem möglichen Arbeitsplatz/Berufsbild gegenübergestellt und abgeglichen.

Die gesammelten beruflichen Einsatzmöglichkeiten wurden nach Prioritäten geordnet, um danach zielgerichtet eine Arbeitstelle zu eruieren.

Im Vorfeld der Akquisetätigkeit stellte sich für die Fachkraft die Frage, mit welchen Argumenten der Arbeitgeber zu einer Einstellung eines schwerbehinderten Menschen zu motivieren ist. D. h.: Wie kann die Fachkraft des IFD die Fähigkeiten der Teilnehmerin erfolgversprechend darstellen?

Im konkreten Fall konnte durch

  • die positive Beurteilung von Frau M. durch die Fachkraft (langjährige Berufserfahrung, motiviert, mobil, fachlich kompetent),

  • dem Wissen um die positive Einstellung der Arbeitgeberin gegenüber schwerbehinderten Menschen und

  • durch Unterstützung des Leistungsträgers (finanzieller Anreiz) zunächst eine betriebliche Trainingsmaßnahme in einer Kindertagesstätte als Küchenhilfe respektive Reinigungskraft vereinbart werden.

Im Ergebnis der Trainingsmaßnahme erhielt Frau M. das Angebot für ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

Bereits im Auswertungsgespräch mit Frau M., der Arbeitgeberin und der Fachkraft des IFD wurde auf die grundsätzliche Möglichkeit der perspektivischen Betreuung durch den Psychosozialen Dienst hingewiesen.

Dies empfand die Arbeitgeberin als sehr positiv. Aufgrund des Krankheitsbildes der zukünftigen Arbeitnehmerin wusste sie, an wen sie sich wenden konnte und es vermittelte ihr das Gefühl der Sicherheit und des "Nicht-Allein-Gelassen-Seins" in möglichen Krisensituationen.

Im Verlauf der Nachbetreuungszeit durch die Fachkraft des IFD zeichneten sich jedoch erste Probleme ab. Erhöhte Nervosität und Reizbarkeit bereits in den späten Vormittagsstunden führten zu einem Nachlassen der Konzentration, einer deutlich verlangsamten Arbeitsweise und resultierend zu einer Leistungsminderung von Frau M. Häufige Krankheitstage waren die Folge.

Die Fachkraft des IFD informierte daraufhin vorsorglich den Psychosozialen Dienst, weil auch Tendenzen der Arbeitgeberin erkennbar waren, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Gemeinsame Gespräche und die ständige Präsenz bei der Dienste bei der Arbeitgeberin konnten im Ergebnis einer Kündigung entgegenwirken. Dabei war es hilfreich, dass Begleitung und Vermittlung gemeinsam Lösungsmöglichkeiten suchten, sowohl für Frau M. (Stabilisierung) als auch für die Arbeitgeberin (z. B. Umgang mit der Behinderung, Reaktionen in Krisensituationen).

Derzeit befindet sich dir Arbeitnehmerin in der stufenweisen Wiedereingliederung und wird durch die Fachkraft des PSD weiter individuell betreut. Mit der Arbeitgeberin, die ebenfalls durch den PSD begleitet wird, werden präventive Strategien zur Krisenvermeidung entwickelt. Ziel hierbei ist es, Konflikte effektiv und schnell zu beheben und Lösungsansätze zu besprechen. In einem ersten Schritt erfolgt durch die Fachkraft des PSD gegenwärtig eine begleitende Arbeitsplatzbeobachtung, um Defizite bei der Klientin erkennen zu können und diese im Laufe der psychosozialen Betreuung zur Sicherung des Arbeitsverhältnisses gezielt abzubauen.

Abb.1: Rahmenbedingungen von IFD und PSD

Bei dem hier geschilderten Beispiel wurde deutlich, dass verschiedene Auftraggeber und Aufträge die Arbeit bei der Dienste in Plauen nicht nur differente Herangehensweisen, sondern auch unterschiedliche Mitarbeitertypen erfordern. Unter dem Schwerpunkt der Vermittlung schwerbehinderter Menschen in ein Arbeitsverhältnis verkörpert die Fachkraft des IFD eher die Rolle des "Verkäufers".

Die Mitarbeiterin des begleitenden Dienstes tritt eher in der "Helferrolle" auf - im Fokus stehen hier die Erhaltung und Sicherung des Arbeitsverhältnisses.

Trotz dieser Unterschiede waren und sind der gemeinsame Wille und die gegenseitige Akzeptanz Voraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit in Plauen.

Der sich anschließendende Austausch der Workshop-TeilnehmerInnen, die vorrangig aus Integrationsfachdiensten, begleitenden Diensten und von Rehaträgern kamen, wurde genutzt, um eigene Erfahrungen darzustellen.

Es zeigte sich, dass sich die auf den Arbeitgeber bezogene Zusammenarbeit beider Dienste positiv entwickelte, besonders dort, wo beide Dienste bereits unter einem Dach arbeiten und ihre unterschiedliche Fachkompetenz gemeinsam an den Arbeitgeber weitergegeben.

Zu den zukünftigen gemäß dem § 110 (7) SGB IX neuen Aufgaben zählt auch, dass der IFD verstärkt für die Arbeitgeber zur Verfügung steht. Unter diesem Aspekt wurde die Frage diskutiert, wie die Bereiche Vermittlung und Begleitung voneinander profitieren bzw. welche Synergieeffekte sich ergeben und wie sich der Nutzen für den Arbeitgeber darstellt. Hier nur einige Aspekte, die Gegenstand der Diskussion waren:

Abb.2: Brainstorming aus dem Workshop

Trotz der mehrjährigen Existenz der Integrationsfachdienste und der begleitenden Psychosozialen Dienste in enger Nachbarschaft hat sich dennoch gezeigt, dass es nach wie vor in vielen Bereichen Gesprächsbedarf gibt. Gleichzeitig wurde deutlich, dass die begleitende und die vermittelnde Arbeit im großem Maße voneinander profitieren können; beide "Rollen" sind in der täglichen Arbeit wichtig.

Wir würden uns wünschen, auch unter der neuen Strukturverantwortung die vielen positiven Erfahrungen fortzuführen, auszubauen und damit die Dienstleistungen des Integrationsfachdienstes (vermittelnd und begleitend) sowohl für schwerbehinderte Menschen als auch für die Arbeitgeber langfristig sichern zu können.

Kontakt:

Nadine Bauer

Fortbildungsakademie der Wirtschaft

(FAW) gGmbH

Straßberger Straße 27-29, 08527 Plauen

Fon: 03741/2099-0

Fax: 03741/2099-5

eMail: akademie@faw-plauen.de

Internet: www.faw.de

Quelle:

Björn Hagen, Nadine Bauer und Ulrike Chille: Integrationsfachdienst und die Schnittstelle Arbeitsmarkt. Die Zusammenarbeit von Vermittlung und Begleitung mit dem Arbeitgeber

erschienen in: impulse Nr. 33, März 2005, Seite 21 - 22.

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 09.07.2007

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