Dr. Hansjörg Hofer ist Leiter der Abteilung Behindertengesetz und Behinderteneinstellung, BMSK. Dieser Text bildet die Rechtslage aus dem Jahr 2007 ab und ist im Rahmen des Managementforums des Bundeskanzleramtes 2007 mit dem Thema "Diversity Management im öffentlichen Dienst" entstanden.
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Die Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderung ist nach wie vor signifikant höher als bei nicht behinderten Personen. Die nachhaltige Integration behinderter Menschen erfordert da her weiterhin ein umfassendes Unterstützungsinstrumentarium. Im Folgenden werden die Grundsätze der Politik des Bundesministeriums für Soziales und Konsumentenschutz für die Eingliederung von Menschen mit Behinderung auf dem offenen Arbeitsmarkt dargelegt.
Darüber hinaus wird auf die im geltenden Regierungsprogramm enthaltenen vielfältigen Maßnahmen zur Verbesserung der beruflichen Situation behinderter Menschen eingegangen.
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Das Behinderteneinstellungsgesetz als Bundesgesetz regelt die berufliche Integration von Menschen mit Behinderung. Darin enthalten sind Bestimmungen über
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den Status der begünstigten Behinderten
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die Beschäftigungsplicht für ArbeitgeberInnen von Menschen mit Behinderung
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die gegebenenfalls zu leistenden Ausgleichstaxen
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die Schutzbestimmungen, wie etwa der erweiterte Kündigungsschutz oder das Dikriminierungsverbot von Menschen mit Behinderung
Diese muss beim Bundessozialamt beantragt werden und umfasst jenen Personenkreis, der die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt bzw. Staatsbürger eines EU-Mitgliedsstaates ist und Wohnsitz und Arbeitsplatz in Österreich hat. Voraussetzung ist, dass der Antragsteller in einem Arbeitsverhältnis steht oder als Arbeitsuchender zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit fähig ist. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 % betragen. Aufgrund des Status als begünstiger Behinderter entsteht im Alltag oftmals der Eindruck, dass diese Person keine vollwertige Arbeitskraft ist.[1]
Jeder Dienstgeber, der im Bundesgebiet 25 oder mehr Mitarbeiter beschäftigt, ist verplichtet, auf je 25 Mitarbeiter einen begünstigten Behinderten einzustellen.[2]
Die Quote im öffentlichen Dienst liegt bei ca 90 % - die Verteilung zeigt jedoch erhebliche Unterschiede. So übererfüllen z. B. die Länder Steiermark, Oberösterreich und Kärnten die Quote, die Schlusslichter bilden die westlichsten Bundesländer.
Im Bundesbereich, der eine Vorbildwirkung hat, ist man fast am Ziel angelangt, die Quote zur Gänze zu erfüllen.
ArbeitgerberInnen und Unternehmen, die der Beschäftigungsplicht nicht nachkommen, haben für jede offene Pfl ichtstelle eine Ausgleichstaxe (2008: € 213,-/Monat und offener Pfl ichstelle) zu entrichten. Diese Mittel fließen in den Ausgleichstaxenfonds und werden dort zweckgebunden weiterverwendet. Im Jahr 2007 wurden so € 80 Mio. aus der Wirtschaft lukriert, die für die Förderung von Menschen mit Behinderung und deren ArbeitgerberInnen zur Verfügung stehen.
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Der erhöhte Kündigungsschutz ist als Maßnahme gedacht, Menschen mit Behinderung vor ungerechtfertigter, aufgrund ihrer Behinderung ausgesprochener Kündigung zu schützen. Die Kündigung bedarf der Zustimmung des Behindertenausschusses. Der erhöhte Kündigungsschutz wurde jedoch gelockert und gilt seit 2007 erst ab dem 7. Beschäftigungsmonat. Dies soll einen Anreiz für Unternehmen sein, Menschen mit Behinderung einzustellen, da in den ersten 6 Monaten Unklarheiten beseitigt werden können und ArbeitgeberInnen erkennen werden, dass Menschen mit Behinderung volle Leistung bringen können.
Die Basis dieser Schutzbestimmung ist eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2000 und und ist im Behinderteneinstellungsgesetz verankert. Diese 3Regelung besagt, dass Menschen mit Behinderung unter anderem nicht
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bei Arbeits- und Ausbildungsverhältnissen
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in der sonstigen Arbeitswelt, wie z.B. bei außerbetrieblichen Schulungen bzw. Berufsberatungen
diskriminiert werden dürfen.
Als Rechtsfolge einer Diskriminierung sind materieller und immaterieller Schadenersatz vorgesehen. Im Vorfeld ist jedoch ein verpflichtendes Schlichtungsverfahren beim Bundessozialamt vorgesehen und auch kostenlose Mediation kann in Anspruch genommen werden.
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Das BMSK vergibt jährlich € 150 Mio. Fördergelder. Im Jahr 2007 wurden ca. 50.000 Förderfälle von ca. 33.000 Fördernehmern (= Mehrfachanträge) bearbeitet.
Die Integrationsbeihilfe ist eine Förderung für DienstgeberInnen, die durch leistungsunabhängige Zuschüsse zu den Lohnkosten (bis zu 100 %) einen Anreiz für Unternehmen, Menschen mit Die Behinderung einzustellen, darstellt.
Bei Gefährdung des Arbeitsplatzes eines Dienstnehmers mit Behinderung kann für die Zeit der Gefahr ein Zuschuss zu den Lohn- bzw. Ausbildungskosten gewährt werden.
Zum Ausgleich behinderungsbedingter Leistungseinschränkungen beziehungsweise der Optimierung der Leistungsfähigkeit können bauliche, technische und ergonomische Adaptierungsmaßnahmen bei bestehenden Arbeitsplätzen gefördert werden.[3]
Behinderung geht häufig mit einer eingeschränkten Mobilität einher. Je nach Art der Behinderung ergeben sich verschiedene Formen von Mobilitätseinschränkungen. Schulungsmaßnahmen zur Erhöhung der Mobilität werden durch diese Fördermaßnahme finanziert.
Clearing ist für junge Menschen mit Behinderung an der Schnittstelle Schule und Beruf gedacht. Ziel ist es realistische berufliche Perspektiven für Jugendliche zu erarbeiten und es dient der Abklärung vor einer integrativen Berufsausbildung.
Bei diesem Förderangebot geht es um die Zugänglichkeit und Benützbarkeit von Gebäuden und Informationen für alle Menschen. Hier beträgt die Förderung bis zu 50 % der Kosten (max. € 50.000,-).
Auch der Gender Aspekt wird immer wichtiger und daher wird in den nächsten Jahren besonderes Augenmerk auf Jugendliche und ältere Personen mit Behinderung gelegt werden.
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Aus dem Regierungsprogramm 2007-2010 zum Thema Menschen mit Behinderung
Zur Weiterentwicklung der Gleichstellungspolitik werden folgende Maßnahmen gesetzt:
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Alle zwei Jahre ein verpflichtender Bericht ans Parlament sowie Studien zur Situation von Menschen mit Behinderung
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Monitoring, Evaluierung und Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechtes und der daraus resultierenden Bündelgesetze insbesondere durch
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Evaluierung der Effektivität der Umsetzung (Unterlassung/Beseitigung von Barrieren; Schlichtungsverfahren, Gerichtsverfahren; Gestaltung & Umsetzung der Etappenpläne, Verbandsklage)
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Rasche Umsetzung einer Art 15a B-VG-Vereinbarung zur Etablierung harmonisierter - barrierefreier Bauordnungen, sowie Einführung von Kriterien des anpassbaren Wohnbaus bei der Vergabe von Wohnbauförderungsmitteln.
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Beratungsstellen zur Herstellung baulicher Barrierefreiheit
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Evaluierung und Weiterentwicklung der Behindertenanwaltschaft
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Planung, Förderung und Finanzierung von bundesweiten/ressortübergreifenden Aktionsprogrammen zur Umsetzung des Gleichstellungsrechtes
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Förderung jener Ausbildungs- und Umsetzungsmaßnahmen, die aufgrund der Anerkennung der Gebärdensprache notwendig sind
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Förderung von Dienstleistungsangeboten durch Selbsthilfe- und Vertretungsorganisationen , um den Zugang zu den Inhalten des Gleichstellungsrechtes und damit einer selbst bestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung zu ermöglichen. Stärkung der Selbstvertretung von Menschen mit Lernbehinderung zur besseren Partizipation in Heimen, Wohngruppen (-einheiten) und Werkstätten
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Fortsetzung der Beseitigung von diskriminierenden Bestimmungen in den Materiengesetzen (z.B. Notariatsaktgesetz)
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Bundeseinheitliche Leistungen z.B.: § 29 StVO Ausweis ermöglicht behinderten Menschen einen eigenen Parkplatz und das kostenlose Parken in Kurzparkzonen und das Parken auf einem Behindertenparkplatz. Die Länder haben unterschiedliche Spruchpraxis, eine einheitliche Begutachtung zur Zuerkennung des Ausweises durch das Bundessozialamt im Einvernehmen mit dem jeweiligen Land ist notwendig.
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Ausbau der Reha-Maßnahmen und Sicherstellung der mobilen Betreuung zu Hause für beatmete PatientInnen.
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Ausbau der psychosozialen Beratungsangebote vor einer pränatalen Diagnose, bei Bekanntgabe des Ergebnisses und nach der Geburt unter Einbeziehung betroffener Eltern, Aufklärung über Unterstützungsangebote.
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Ausbau Familien entlastender Dienste für Eltern behinderter Kinder sowie für Eltern mit Behinderung insbesondere durch den Einsatz einer FamilienhelferIn. Ausbau der bestehenden Beratungs- und Diagnostikdienste zur bestmöglichen Vorbereitung der betroffenen Familie aber auch des Schulsystems auf die Anforderungen der schulischen Integration. Die Kosten für diese Maßnahmen sind nach Möglichkeit durch das jeweils zuständige Ressort bzw. die Gebietskörperschaft zu tragen. Eine Anschubfinanzierung durch das Sozialministerium über das Bundessozialamt sollte aber unabhängig von der operativen Zuständigkeit dann erfolgen, wenn die umzusetzenden Maßnahmen besondere Bedeutung zur Beförderung des Gleichstellungsrechtes haben.
Ziel der Arbeitsmarktpolitik muss es sein, behinderungsbedingte Benachteiligungen am Arbeitsmarkt zu vermeiden und zu beseitigen.
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Fortsetzung der Beschäftigungsoffensive, bedarfsgerechte Qualifizierung und Optimierung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (z.B. persönliche Assistenz), weiterer Ausbau der Integrationsfachdienste für besondere Zielgruppen, wie psychisch kranke, sinnesbehinderte und lernbehinderte Menschen
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Erhaltung und Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit von ArbeitnehmerInnen (vor allem älterer ArbeitnehmerInnen mit Behinderung oder chronischen Erkrankungen). Rechtzeitige und koordinierte Interventionsmaßnahmen (präventive Bündelung aller möglichen Dienstleistungen); Evaluierung und Optimierung der Rahmenbedingungen der beruflichen Rehabilitation
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Chancengleicher und nachhaltiger Zugang zu sozialversicherungsrechtlich abgesicherten Beschäftigungsverhältnissen. Pilotversuch "disabilityflexicurity": 3 regional verteilte Agenturen oder bereits bestehende Einrichtungen (per Ausschreibung), welche Menschen mit Behinderung anstellen und rasch an Betriebe weitervermitteln und verleihen. Bei Kündigung durch den Betrieb bleibt die Person in der Agentur/Einrichtung beschäftigt und sozial abgesichert. Prüfung von Modellen zur Erhöhung der Beschäftigungschancen vor allem junger Menschen mit Behinderung
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Schaffung und Ausbau von Anreizsystemen und Unterstützungsstrukturen insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe, die Menschen mit Behinderung ohne Verpflichtung einstellen bzw. die Quote übererfüllen
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Optimierung der unternehmensbezogenen Dienstleistungen zur Unterstützung der Wirtschaft bei der beruflichen Integration in die Arbeitswelt, vor allem auch durch regelmäßige Dienstleistungsangebote zur Reduzierung des betrieblichen und behördlichen Ressourcenaufwandes
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Bundessozialamt als Kompetenzzentrum für Menschen mit Behinderung (Beauftragung zur Koordination der beruflichen Integration für Menschen mit Behinderung auf Bundesebene, Positionierung als zentrale Anlaufstelle; Entwicklung und Vollziehung von Dienstleistungen zur Förderung von Selbstbestimmung)
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Besondere Förderung von arbeitsmarktfernen Frauen mit Behinderung durch Maßnahmen der Heranführung an den ersten Arbeitsmarkt
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Prüfung der Möglichkeiten einer Progressionslösung für die Ausgleichstaxe für Unternehmen, die sich der Einstellungspflicht entziehen, unter Einbeziehung der Sozialpartner
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AUDIT von Betrieben zur Beschäftigung behinderter Menschen: Förderung von betrieblichen Personal- und Organisationsentwicklungsansätzen, die geeignet sind, berufliche Integration strukturell zu unterstützen (z.B. Prozessbegleitung zum Abschluss einer (freiwilligen) Betriebsvereinbarung
Dr. Hansjörg Hofer
Leiter der Abteilung Behindertengesetz und Behinderteneinstellung, BMSK
Quelle:
Hansjörg Hofer: Berufliche Eingliederung von Menschen mit Behinderung
Dr. Hansjörg Hofer ist Leiter der Abteilung Behindertengesetz und Behinderteneinstellung, BSMK. Dieser Text bildet die Rechtslage aus dem Jahr 2007 ab und ist im Rahmen des Managementforums des Bundeskanzleramtes 2007 mit dem Thema "Diversity Management im öffentlichen Dienst" entstanden.
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Stand: 28.04.2010