INTEGRATIVE BERUFSAUSBILDUNG - Endbericht

Evaluierung von § 8b des Berufsausbildungsgesetzes Endbericht

Themenbereiche: Recht, Arbeitswelt
Textsorte: Bericht
Copyright: © Eva Heckl, Andrea Dorr, Céline Dörflinger, Susanne Klimmer 2006

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Die integrative Berufsausbildung (IBA) fügt sich in die österreichische Behindertenpolitik indem sie das duale Ausbildungssystem für benachteiligte Jugendliche öffnet und die Bemühungen um eine Integration beeinträchtigter Personen in den Schulen und auf dem Arbeitsmarkt fortsetzt. Sie richtet sich an Jugendliche, die eine der Hauptzielgruppen im Rahmen der Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung für behinderte Menschen (Behindertenmilliarde) darstellen. Darum findet sich die Initiative auch in den Nationalen Aktionsplänen für Beschäftigung und gegen Armut und soziale Ausgrenzung, in denen der Bildung eine wichtige Funktion im Kampf gegen Arbeitslosigkeit und Armut zukommt.

Ein Blick auf die Situation in den Schulen und auf dem Arbeitsmarkt zeigt, dass die integrative Berufsausbildung aktuelle Probleme anspricht. Die Anzahl der Kinder und Jugendlichen in den Schulen mit sonderpädagogischem Förderbedarf steigt, wobei integrative Schulformen immer mehr an Bedeutung gewinnen. Der Arbeits- und Lehrstellenmarkt zeigt sich seit Jahren angespannt. Die Lehrstellenandrangsziffer betrug zuletzt 2,1 und im Jahr 2005 waren 17 % der Arbeitslosen Jugendliche unter 25 Jahre. Es besteht zudem eine Korrelation zwischen Arbeitslosigkeit und Bildung. Fast die Hälfte der Arbeitslosen verfügt nur über maximal einen Pflichtschulabschluss, nur etwas mehr als ein Drittel der Arbeitslosen sind LehrabsolventInnen. Obwohl sich die Arbeitsmarktlage für behinderte Personen in Bezug auf die Arbeitslosigkeit in den letzten drei Jahren verbessert hat, stagniert die Beschäftigungsquote der begünstigten Behinderten.

Die Regelungen zur integrativen Berufsausbildung sind seit September 2003 in Kraft, als das Berufsausbildungsgesetz um den § 8b ergänzt wurde. Die integrative Berufsausbildung sieht entweder eine Verlängerung der gesetzlichen Lehrzeitdauer um ein Jahr (in Ausnahmefällen zwei Jahre) oder eine Teilqualifizierung durch Einschränkung auf Teile des Berufsbildes eines Lehrberufes vor. Zentrales Element der integrativen Berufsausbildung ist die Begleitung durch die Berufsausbildungsassistenz (BAS). Zielgruppe für diese Art der Ausbildung sind Jugendliche, die das Arbeitsmarktservice nicht in ein reguläres Lehrverhältnis vermitteln konnte und die am Ende der Pflichtschule sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) hatten, keinen oder einen negativen Hauptschulabschluss haben, Personen mit Behinderung im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes bzw. des jeweiligen Landesbehindertengesetzes oder Personen mit sonstigen in ihrer Person liegenden Beeinträchtigungen.

Ende 2005 standen 1.940 Personen oder 1,6 % der 1222.378 Lehrlinge in einer integrativen Lehrausbildung.[1] Damit hat sich die Zahl der IBA-Lehrlinge gegenüber 2004 um mehr als 74 % erhöht. 60 % dieser IBA-Lehrlinge absolvierten eine verlängerte Lehre, 40 % eine Teilqualifizierung. Mehr Lehrzeitverlängerungen gab es vor allem in Wien, Niederösterreich und Tirol, mehr Teilqualifizierungen in Vorarlberg, Salzburg und der Steiermark. Zwei Drittel der integrativen Lehrlinge werden in Betrieben ausgebildet, ein Drittel in Ausbildungseinrichtungen. Die integrativen Lehrstellen in Unternehmen konnten 2005 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt werden. In Wien finden sich fast alle IBA-Lehrlinge in Einrichtungen, während es im Burgenland, in Kärnten, Niederösterreich, Salzburg und Vorarlberg vorrangig integrative Lehrstellen in Betrieben gibt. Die Top-Lehrlingsberufe der IBA sind Einzelhandelskaufmann/-frau, Koch/Köchin und Kfz-TechnikerIn. Die geschlechtsspezifische Berufswahl spiegelt die der Lehrlinge insgesamt.

Die Berufausbildungsassistenz (BAS) steht im Zentrum der IBA, da sie sowohl eine Koordinationsfunktion als auch eine Betreuungsfunktion für die Jugendlichen und die Betriebe bzw. die Ausbildungseinrichtungen innehat. Während in Kärnten, Vorarlberg und Wien nur eine Organisation für die BAS zuständig ist, bieten in den anderen Bundesländern mehrere NGOs diese Dienstleistung an. Gefördert wird die BAS in Betrieben im Regelfall vom Bundessozialamt (BASB) mit einem Betreuungsschlüssel von 1:20, in den Ausbildungseinrichtungen vom Arbeitsmarktservice (AMS) mit einem höheren Betreuungsschlüssel (1:100 in Wien). Aus Organisationen kommend, die im Bereich der Integration von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen tätig sind, verfügen die BerufsausbildungsassistentInnen über breite Erfahrung im Umgang mit der Zielgruppe und haben meist einen psychologischen oder (sonder-) pädagogischen, teilweise einen wirtschaftlichen Ausbildungshintergrund.

In der ersten Betreuungsphase fallen v. a. administrative Tätigkeiten an, wie die Festlegung der Inhalte der Lehr- und Ausbildungsverträge, die Beratung und Unterstützung der Betriebe bei den Förderansuchen und die Anmeldung der Lehrlinge in den Berufsschulen. In den Betrieben wird außerdem versucht, die MitarbeiterInnen für die Anliegen des Lehrlings zu sensibilisieren, eine Vertrauensperson zu finden und Arbeitsbehelfe zu organisieren. Bei Krisen und Problemen fungiert der/die BerufsausbildungsassistentIn als MediatorIn. Schwerpunkt der Arbeit mit den Berufsschulen ist neben der Planung der Berufsschulzeit des Lehrlings die Organisation von unterstützenden Begleitmaßnahmen wie z. B. Nachhilfe. Darüber hinaus haben die BAS bei der Teilqualifizierung die Abschlussprüfung vorzubereiten. In Ausbildungseinrichtungen stellt sich die BAS weniger aufwendig dar, da die sozialpädagogische Betreuung der Jugendlichen von den SozialarbeiterInnen der Einrichtungen übernommen wird und auch die Sensibilisierungsarbeit entfällt. Mit den involvierten AkteurInnen in den Ausbildungseinrichtungen treten die BerufsausbildungsassistentInnen wesentlich öfter persönlich in Kontakt als mit den Unternehmen, da sie großteils in der gleichen Einrichtung tätig sind. Dennoch sind sowohl die Betriebe als auch die Ausbildungseinrichtungen mehrheitlich mir der jeweiligen Betreuungsfrequenz sowie mit den Leistungen der BerufsausbildungsassistentInnen zufrieden. Beide nehmen vorwiegend Beratungsleistungen in Anspruch und werden über den Unterstützungsbedarf, die Stärken und Schwächen des/r Jugendlichen sowie den Berufsschulbesuch informiert. Die Einrichtungen greifen außerdem eher auf Hilfestellungen in Krisen oder bei Konflikten zurück als Betriebe, die wiederum verstärkt die Abwicklung von finanziellen Förderanträgen an die BerufsausbildungsassistentInnen übergeben.

Die Mehrheit (68 %) der integrativen Lehrlinge ist männlich. Nur etwa jeder Dritte IBA-Lehrling ist ein Mädchen. Fast die Hälfte der integrativen Lehrlinge ist zum Erhebungszeitpunkt über 18 Jahre alt und mehr als ein Viertel sind 17 Jahre alt. Der Anteil der integrativen Lehrlinge mit Migrationshintergrund liegt bei durchschnittlich 26 %. In Hinblick auf die Zugehörigkeit der integrativen Lehrlinge zu den einzelnen Zielgruppen der integrativen Berufsausbildung zeigt sich, dass 61 % der Lehrlinge in ihrer Schulzeit einen sonderpädagogischen Förderbedarf aufwiesen bzw. teilweise Unterricht nach Sonderschullehrplan (§ 8b (4) Z. 1 BAG) erhielten. Knapp ein Viertel der integrativen Lehrlinge verfügt über persönliche Vermittlungshindernisse (§ 8b (4) Z. 4 BAG), sodass eine Vermittlung in ein reguläres Lehrverhältnis nicht möglich ist. Rd. 17 % der integrativen Lehrlinge verfügt über keinen bzw. einen negativen Hauptschulabschluss (§ 8b (4) Z. 2 BAG). Lediglich 9 % der integrativen Lehrlingen ist im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes bzw. des jeweiligen Landesbehindertengesetzes behindert (§ 8b (4) Z. 3 BAG). Laut Angaben der Berufsausbildungsassistenz weist ein Viertel der integrativen Lehrlinge eine körperliche, geistige oder psychische Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen auf. Diese beeinträchtigten Lehrlinge befinden sich zu zwei Drittel in der Zielgruppe der Lehrlinge mit ehemals sonderpädagogischem Förderbedarf (§ 8b (4) Z. 1 BAG). Lediglich 36 % der Jugendlichen mit Einschränkungen ist in der Zielgruppe nach § 8b (4) Z. 3 BAG.

Mehr als die Hälfte der integrativen Lehrlinge in verlängerten Lehrverhältnissen, aber über zwei Drittel der Lehrlinge in Teilqualifizierung hatten in der Schule sonderpädagogischem Förderbedarf bzw. wurde teilweisen nach Sonderschullehrplan unterricht (§ 8b (4) Z. 1 BAG). Ebenfalls ist der Anteil der integrativen Lehrlinge, die im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes bzw. des jeweiligen Landesbehindertengesetzes behindert (§ 8b (4)

Z. 3 BAG) sind, in der Teilqualifizierung signifikant höher (18 %) als in der verlängerten Lehre (3 %). Der Anteil der Lehrlinge, die keinen oder einen negativen Pflichtschulabschluss haben (§ 8b (4) Z. 2 BAG), ist in der verlängerten Lehre (20 %) doppelt so hoch wie bei den Lehrlingen in Teilqualifizierung (11 %). Auch sind die Lehrlinge mit persönlichen Vermittlungshemmnissen (§ 8b (4) Z. 4 BAG) öfter in einer verlängerten Lehre zu finden. In den Ausbildungseinrichtungen sind der Anteil der Lehrlinge mit keinem oder negativem Pflichtschulabschluss (28 %) und der Anteil jener Jugendlichen mit persönlichen Vermittlungshemmnissen (26 %) signifikant höher als in den Betrieben. Die Lehrlinge mit ehemals sonderpädagogischem Förderbedarf (rd. 68 %) sind dagegen in den Betrieben viel häufiger vorzufinden.

Nach Angaben der BerufsausbildungsassistentInnen weisen mehr als ein Drittel der integrativen Lehrlingen Lernschwächen auf . Ebenfalls sind jeweils rd. ein Drittel der Lehrlinge mit sozialen Problemen konfrontiert und haben emotionale Schwierigkeiten. Mehr als ein Zehntel der integrativen Lehrlinge haben Sprachprobleme und verfügen nur über mangelnde Deutschkenntnisse. Fast alle integrativen Lehrlinge (94 %) erhalten Nachhilfe oder sonstige Lernunterstützung zur Bewältigung des Berufsschulunterrichts. Rd. 15 % der Lehrlinge benötigen ebenfalls eine Arbeitsassistenz im Betrieb und 11 % eine individuelle Arbeitsbegleitung bzw. ein Job Coaching. Am seltensten werden Hilfestellungen durch persönliche AssistentInnen bzw. PflegehelferInnen von den Jugendlichen in Anspruch genommen.

Die Umsetzung der integrativen Berufsausbildung in Betrieben erfolgt vor allem in Gewerbe- und Handwerksunternehmen, gefolgt von Handelsbetrieben sowie Unternehmen in der Tourismusbranche. Sowohl die involvierten Betriebe als auch die ausbildenden Einrichtungen sind großteils kleinbetrieblich strukturiert. Der Großteil der Lehrbetriebe (74 %) ist im Bereich der regulären Lehrlingsausbildung tätig, nur etwa ein Viertel widmet sich ausschließlich der Ausbildung integrativer Lehrlinge, während sich die Mehrheit der befragten Ausbildungseinrichtungen (58 %) nur auf die integrative Berufsausbildung konzentriert. Jedoch verfügte schon der Großteil der Betriebe (78 %) sowie der Ausbildungseinrichtungen (69 %) vor der integrativen Ausbildung über Erfahrungen im Bereich der Lehrlingsausbildung. 41 % der Unternehmen hatten außerdem bereits Erfahrungen bei der Integration von behinderten Menschen.

Die Betriebe erhalten zur Unterstützung bei der integrativen Berufsausausbildung großteils zusätzliche Fördermittel. In den Ausbildungseinrichtungen wird oftmals die gesamte integrative Ausbildung der Lehrlinge von FördergeberInnen bezahlt. Die wichtigsten FördergeberInnen für Betriebe und Einrichtungen sind das AMS, das BASB und die Länder. Für knapp drei Viertel der befragten Betriebe stellen diese Fördermittel einen wesentlichen Anreiz für das Angebot von integrativen Lehrstellen dar, jedoch wären auch 38 % dazu bereit, integrative Lehrstellen ohne weitere Förderung anzubieten. In Hinblick auf die Bezahlung der integrativen Lehrlinge zeigt sich, dass die Betriebe vorwiegend eine reguläre Lehrlingsentschädigung auszahlen, während die Ausbildungseinrichtungen vorrangig ein eigenes Entlohnungsschema anwenden.

Die Einführung der integrativen Berufsausbildung wird von den Verantwortlichen in der Berufsschulorganisation durchgängig begrüßt und als gesetzlich anerkannte Basis aller bisherigen Bestrebungen in diese Richtung betrachtet. Die große Zahl an integrativen Lehrverhältnissen in einigen Bundesländern verursacht aber personelle und administrative Mehraufwände, die mit den derzeit vorhandenen Ressourcen nicht oder nur schwer bewältigt werden können. Der Unterricht in Klassen mit integrativen Lehrlingen ist eine große Herausforderung, die besonderes Engagement und persönlichen Einsatz der LehrerInnen erfordert.

Jugendliche in Teilqualifizierung werden großteils in den regulären Unterricht integriert und verbringen meist auch gleich viel Zeit im Unterricht wie reguläre Lehrlinge - in Ausnahmefällen werden Befreiungen von einzelnen Unterrichtsgegenständen ausgesprochen. Mit Ausnahme der Bundesländer Oberösterreich, wo für Gruppen von Lehrlingen mit gleichen Voraussetzungen "generelle Lehrpläne" entwickelt werden, und Wien, wo Lehrlinge aus Ausbildungseinrichtungen teilweise nicht individualisiert unterrichtet werden, werden Lehrlinge in Teilqualifizierung derzeit nach individuellen Lehrplänen mit individuell festgelegten Lehrzielen unterrichtet. In den meisten Bundesländern werden Stütz- oder BegleitlehrerInnen eingesetzt und/oder die KlassenschülerInnenzahl gesenkt. Üblicherweise sind nicht mehr als drei bis maximal vier Lehrlinge in Teilqualifizierung in einer Regelklasse.

Während die Organisation der Berufsschulzeit von Lehrlingen in Teilqualifizierung in den meisten Bundesländern keine Probleme mehr verursacht, wird die Integration von Lehrlingen mit verlängerter Lehrzeit von vielen Verantwortlichen als schwierig beurteilt. Für Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit gelten die gleichen Lehrziele wie für reguläre Lehrlinge, Voraussetzung für den Schulerfolg ist eine besondere Förderung der Lehrlinge. Die Anwesenheit in den Berufsschulen wird in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt: Eine Aufteilung des Stoffs von 3 auf z. B 4 Jahre wird zum Teil für schwierig gehalten, es wird versucht, Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit in der Berufsschule individuell zu fördern, so dass sie die Berufsschule in der vorgesehenen Zeit positiv abschließen können. In Wien hingegen wurde auf Grund der großen Zahl an Lehrlingen mit verlängerter Lehrzeit eine eigenes System der Beschulung entwickelt: Die Lehrlinge werden zunächst in eigene homogene Klassen zusammengefasst und haben dann für die erste Schulstufe drei bzw. vier Semester Zeit. Ab der zweiten Schulstufe sollen sie in den Regelunterricht integriert werden. Eine Integration in Normklassen in der zweiten Schulstufe erfolgt nur dann nicht, wenn eine sinnvolle Zuteilung der integrativen Lehrlinge zu den Normklassen durch die Konzentration der integrativen Lehrlinge auf einige wenige Lehrberufe nicht möglich ist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Verhältnis von 1 zu 4 (integrative Lehrlinge zu regulären Lehrlingen) nicht mehr aufrecht gehalten werden kann.

Unsicherheiten entstehen sowohl bei regulären Lehrlingen als auch bei den LehrerInnen durch das geltende Benotungssystem, das die individuellen Lehrziele zu wenig berücksichtigt. Neu ist für BerufsschullehrerInnen auch der Einsatz von BegleitlehrerInnen: Sie sind nicht gewohnt, im Team zu arbeiten, die Aufgaben der BegleitlehrerInnen sind nicht definiert, und häufig wird die Frage gestellt, wer über die Notengebung entscheidet. In Oberösterreich wurden daher von der Schulaufsicht gemeinsam mit Berufsschulen die Aufgaben und Kompetenzen der BegleitlehrerInnen definiert und schriftlich festgehalten.

Zusätzlicher Aus- und Weiterbildungsbedarf besteht v. a. im methodischen Bereich (reduzierte und vereinfachte Darstellung der Lehrinhalte, Vorbereitung des Unterrichts, Umgang mit Teilleistungsschwächen etc.). Die bestehenden Lehreraus- und -weiterbildungen dauern meist zu lange, um den momentanen Bedarf an für die IBA ausgebildeten LehrerInnen zu decken. Um das Ziel, möglichst jedem/jeder LehrerIn zumindest Grundkenntnisse für den Unterricht mit IBA-Lehrlingen zu vermittelt, ist es notwendig, auch kurzfristig wirksame Aus- und Weiterbildungen sowie einen Erfahrungsaustausch, kurze Trainings und einschlägige Hospitationen anzubieten und zu fördern. Außerdem erweist sich das "5-er Gremium" als wenig praktikabel - es erscheint unrealistisch, dass die Landesschulinspektoren die Ausbildungsziele von mehreren Hundert IBA-Lehrlingen überprüfen. Eine Einbeziehung der entsprechenden Berufsschule bzw. Entscheidungskompetenz der Schulkonferenz wird überwiegend bevorzugt. Eine Einbeziehung der Schulaufsicht sollte nur dann notwendig sein, wenn keine Einigung hinsichtlich der Lehrinhalte erzielt werden kann. Darüber hinaus sollte der Schulerhalter nur dann hinzugezogen werden müssen, wenn bauliche Maßnahmen durch die Einberufung eines IBA-Lehrlings notwendig sind. Damit könnte der Verwaltungsaufwand, der im Zusammenhang mit der Umsetzung der integrativen Berufsausbildung entsteht, deutlich gesenkt werden.

Die BerufsausbildungsassistentInnen ziehen eine positive Bilanz in Hinblick auf das neu geschaffene, flexible Ausbildungsinstrument, das eine Lücke im bisherigen Qualifizierungssystem schließt. Auf Grund der steigenden Nachfrage sind sie allerdings teilweise auf Betreuungsengpässe gestoßen. Ein wesentliches Erfolgskriterium ihrer Arbeit ist die intensive Betreuung aller involvierten Akteure, insbesondere der Lehrlinge, die einen sehr unterschiedlichen Unterstützungsbedarf aufweisen. Die Jugendlichen konnten nach Meinung der AssistentInnen große Entwicklungsschritte durch ihre integrative Lehrausbildung machen, wobei sie vor allem die Integration in den ersten Arbeitsmarkt reifen lässt. Die BerufsausbildungsassistentInnen würden sich daher mehr Engagement der Betriebe und teilweise auch der Berufsschulen bei der Integration ihrer Lehrlinge wünschen, um die integrative Berufsausbildung weiter zu optimieren.

Die integrativen Lehrlinge sind mit ihrer Ausbildung generell sehr zufrieden, gleichgültig ob sie diese in einem Betrieb oder in einer Ausbildungseinrichtung absolvieren. Die Jugendlichen schätzen es, dass ihnen mit der integrativen Lehre eine neue Ausbildungsoption zur Verfügung steht. In den Betrieben - wo die Lehrstellen oftmals über informelle Kontakte zustande kommen - sind die Jugendlichen mit der realen Arbeitswelt konfrontiert, während in den Einrichtungen noch ein schulischer Charakter vorherrscht und mehr Toleranz gegenüber Leistungsschwankungen sowie persönlichen Höhen und Tiefen gewährt werden kann. Um die Anforderungen der Berufsschule bewältigen zu können, sind für die Lehrlinge die individuellen Lehrpläne sowie die Inanspruchnahme von Nachhilfeunterricht und Lernunterstützung sehr hilfreich, auch wenn sie deswegen fallweise auf Vorurteile der MitschülerInnen stoßen. Die Lehrlinge schätzen auch die weiteren Unterstützungsmöglichkeiten im Rahmen der integrativen Berufsausbildung, insbesondere die regelmäßige Betreuung durch die BerufsausbildungsassistentInnen.

Beinahe drei Viertel der Betriebe und nahezu alle befragten Ausbildungseinrichtungen haben bisher gute Erfahrungen mit ihren integrativen Lehrlingen im Arbeitsalltag gemacht. Beide schätzen vor allem die soziale Integration der IBA-Lehrlinge und sind mit der Einhaltung der Tagesstruktur zufrieden. Bezüglich der Erfüllung der Arbeitsaufgaben blicken verhältnismäßig mehr Ausbildungseinrichtungen als Betriebe auf gute Erfahrungen zurück. Als Problembereich führen beide Seiten insbesondere die eingeschränkte Lernfähigkeit der integrativen Lehrlinge an. Um die Integration der Lehrlinge aus den Einrichtungen in das Wirtschaftsleben zu erleichtern, stehen diese mit Betrieben in Kontakt, bieten Betriebspraktika an, schalten ArbeitsassistentInnen ein oder führen Bewerbungstrainings etc. durch. Eine Weiterbeschäftigung der integrativen Lehrlinge in den Betrieben wird von knapp einem Fünftel zugesichert, bei einem Großteil der Unternehmen besteht diesbezüglich noch Ungewissheit. Bezüglich des weiteren Angebots von integrativen Lehrstellen herrscht bei den Betrieben noch große Unsicherheit, nur 30 % wissen bereits sicher, dass sie in Zukunft integrative Lehrlinge ausbilden wollen, während der Großteil der Ausbildungseinrichtungen plant, weiterhin integrative Lehrstellen anzubieten. Insgesamt betrachtet sind knapp 90 % der Ausbildungseinrichtungen und mehr als drei Viertel der befragten Betriebe mit der integrativen Berufsausbildung zufrieden.

Obwohl die integrative Lehre von allen beteiligten AkteurInnen als taugliches Instrument zur Integration von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen in den Arbeitsmarkt gesehen wird, können einige Aspekte in Hinblick auf die Weiterentwicklung dieser Ausbildungsform in den Blickpunkt gerückt werden. Dies betrifft die Definition der Zielgruppe insofern, als dass die IBA einerseits auch für Jugendliche, die zurzeit nicht in die Zielgruppe fallen, als geeignet erscheint, andererseits aber aus der Zielgruppenzugehörigkeit nicht unmittelbar auf die Eignung zur IBA geschlossen werden kann. Dem Clearing oder anderen vorgeschalteten Maßnahmen kommt daher bei der Auswahl der Jugendlichen große Bedeutung zu, diese sollen aber flexibel und den Erfordernissen angepasst zum Einsatz kommen. Darüber hinaus könnte zur Unterstützung der IBA-Lehrlinge eine Flexibilisierung des Betreuungsschlüssels der Berufsausbildungsassistenz eine noch individuellere Betreuung ermöglichen. Bedarf an zusätzlichen Unterstützungsleistungen ist für die Lehrlinge besonders im Bereich der Lernunterstützung sowie beim Umgang mit sozialen und emotionalen Problemen gegeben. Um die Betriebe zu motivieren, Lehrlinge integrativ auszubilden, scheint eine Vereinheitlichung der Förderungen vorteilhaft. Aber auch PR-Kampagnen, die Good-Practice-Modelle zeigen, und die Bereitstellung eines Netzwerkes für die Betriebe könnte die Bereitschaft zur integrativen Ausbildungstätigkeit erhöhen. Dort wo Ausbildungseinrichtungen die IBA-Lehrlinge ausbilden, könnte die Schaffung neuer Kooperationsmodelle mit Betrieben die notwendige Nähe der Lehrlinge zum betrieblichen Alltag erhöhen. Um die integrative Lehre erfolgreich zu gestalten, ist die Integration in den Berufsschulen von großer Bedeutung. Die Bereitstellung notwendiger Ressourcen für den zusätzlichen Aufwand (z. B. Administration, BegleitlehrerInnen etc.) wird in diesem Zusammenhang von den Verantwortlichen gefordert. Teilweise umstritten ist der Bereich der Teilqualifizierung, da die derzeitige Praxis der Gestaltung individueller Lehrpläne von den Berufsschulen als sehr aufwändig erlebt wird. Darüber hinaus fehlen kollektivvertragliche Regelungen in Bezug auf die Entlohnung für die Lehrlinge in Teilqualifizierung und die in der Folge solcherart Ausgebildeten. Um auch schwerer behinderten Jugendlichen den Weg in die integrative Lehre zu ermöglichen, bedarf es einer noch weitergehenden Flexibilisierung der Teilqualifizierungslehre, z. B. in Form von Teilzeit. Schließlich ist auch die Nachbetreuung der IBA-Lehrlinge nach Abschluss der Lehre nicht geregelt, eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt bedingt aber zum Teil weiterführende Unterstützungsmaßnahmen. Um die integrative Berufsausbildung in Hinblick auf ihre Wirkungen und ihre Nachhaltigkeit in Bezug auf die Arbeitsmarktintegration der IBA-Lehrlinge nach Lehrabschluss zu beurteilen, ist eine weiterführende Evaluierung erforderlich.



[1] Bis Ende August 2006 erhöhte sich diese Zahl weiter auf rd. 2.400 Personen.

1 Einleitung

1.1 Vorbemerkungen

Die Ziele der österreichischen Arbeitsmarktpolitik sind die Vollbeschäftigung, die Steigerung der Arbeitsplatzqualität und -produktivität sowie die Stärkung des sozialen Zusammenhalts und der sozialen Eingliederung.[2] Zielgruppen aller arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sind u. a. benachteiligte Personen auf dem Arbeitsmarkt ebenso wie Jugendliche. Es werden neue Wege gesucht, diese am Arbeitsmarkt zu integrieren und für die Jugendlichen die besten Voraussetzungen zu schaffen, am Erwerbsleben teilzunehmen. Qualifizierung gilt dabei als Schlüssel für eine bessere Arbeitsmarktintegration. Zudem setzt sich einerseits im Bildungssystem der Integrationsgedanke beeinträchtigter Kinder und Jugendlicher durch, die schulische Integration in der Volkschule und der Sekundarstufe I ist Realität. Andererseits hat Österreich mit der dualen Lehrausbildung ein besonderes Berufsausbildungssystem geschaffen, dass die praktische Ausbildung im Betrieb mit der Vermittlung fachtheoretischen Wissens in der Berufsschule verbindet. Mit der Ergänzung des Berufsausbildungsgesetzes BGBl. Nr. 142/1969 durch das BGBl. I Nr. 79/2003 um § 8b Integrative Berufsausbildung wurde dieses System auch für beeinträchtigte bzw. benachteiligte Jugendliche geöffnet.

Ziel der integrativen Berufsausbildung ist die Verbesserung der Eingliederung von benachteiligten Jugendlichen mit persönlichen Vermittlungshindernissen in das Berufsleben durch die Möglichkeit des Erwerbs eines beruflichen Abschlusses. Die integrative Berufsausbildung kann durch Verlängerung der gesetzlichen Lehrzeitdauer um ein Jahr bzw. in Ausnahmefällen um zwei Jahre oder durch Abschluss eines Ausbildungsvertrages erfolgen, der den Erwerb einer Teilqualifikation (ein bis drei Jahre) vorsieht. Zudem ist eine Begleitung durch die Berufsausbildungsassistenz vorgesehen. Für die integrative Berufsausbildung kommen Personen in Betracht, die das Arbeitsmarktservice (AMS) nicht in ein reguläres Lehrverhältnis vermitteln konnte und die am Ende der Pflichtschule sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) hatten, keinen oder einen negativen Hauptschulabschluss haben, Personen mit Behinderung im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes bzw. des jeweiligen Landesbehindertengesetzes oder Personen mit sonstigen in ihrer Person liegenden Beeinträchtigungen.

Die Bestimmungen zur integrativen Berufsausbildung treten mit Ablauf des 31. Dezember 2008 außer Kraft. Zuvor hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) die auf Grund dieser Bestimmungen getroffenen Maßnahmen und ihre Auswirkungen bis 31. Dezember 2006 einer Evaluierung zu unterziehen. Im Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Regierungsvorlage wurden die Ziele der Evaluierung festgelegt. Diese soll die Wirksamkeit der Berufsausbildungsassistenz, die Umsetzung der Pflicht und des Rechts auf Berufsschulbesuch und die Umsetzung in den Lehrbetrieben und selbstständigen Ausbildungseinrichtungen vor dem Hintergrund einer nachhaltigen Integration in das Berufsleben und in den Arbeitsmarkt analysieren und mögliche Verbesserungen ableiten.[3] Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit die KMU FORSCHUNG AUSTRIA in Zusammenarbeit mit dem Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) beauftragt, die gegenständliche Evaluierung durchzuführen. Ziel der Evaluierung ist es, zu zeigen, ob die integrative Berufsausbildung ein geeignetes Instrument darstellt, beeinträchtigte Jugendliche nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren und mögliche Verbesserungspotenziale aufzuzeigen. Die Gesamtkoordination und Durchführung der Evaluierung fällt in den Verantwortungsbereich der KMU FORSCHUNG AUSTRIA, das Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) ist für die Evaluierung im Bereich der Berufsschule verantwortlich.

Im vorliegenden Endbericht der Evaluierung kann eine erste Bilanz der integrativen Berufsausbildung (IBA) gezogen werden. Nach der Darstellung des Kontextes (Kapitel 2) werden die Grundlagen, Rahmenbedingungen, Voraussetzungen sowie quantitative Daten zur IBA präsentiert (Kapitel 3). Es folgt eine Beschreibung der Berufsausbildungsassistenz (Kapitel 4), die Darstellung der Charakteristika der integrativen Lehrlinge (Kapitel 5) sowie der ausbildenden Betriebe und Ausbildungseinrichtungen (Kapitel 6). Anschließend wird die Umsetzung der IBA in der Berufsschule näher analysiert (Kapitel 7) und auf die ersten praktischen Erfahrungen mit der neuen Ausbildungsform aus Sicht der BerufsausbildungsassistentInnen (BAS), der Lehrlinge sowie der Betriebe und Ausbildungseinrichtungen eingegangen (Kapitel 8). Auf der Grundlage der bisher gewonnen Erkenntnisse werden darüber hinaus zentrale Aspekte der IBA thematisiert und Schlussfolgerungen in Hinblick auf die Weiterentwicklung der integrativen Lehre gezogen (Kapitel 9).

1.2 Methodik

Die Evaluierung stützt sich auf eine Vielzahl unterschiedlicher quantitativer und qualitativer Methoden der empirischen Sozialforschung. Damit können verschiedenste Aspekte des Untersuchungsgegenstandes beleuchtet und die integrative Berufsausbildung aus quantitativer und qualitativer Sicht umfassend betrachtet werden. Die angewandten Methoden werden in der Folge beschrieben:

Dokumentenanalyse

Es erfolgte eine Inhaltsanalyse der relevanten Dokumente. Zum einen betraf dies den Kontext der gesetzlichen Bestimmung und politischen Vorgaben (z.B. Behindertenkonzept der Bundesregierung, Nationale Aktionspläne etc.), zum anderen das Gesetz selbst (z.B. Ergänzung zum Berufsausbildungsgesetz, Richtlinie zur Förderung der Berufsausbildungsassistenz etc.).

Sekundärstatistische Analyse

Es wurde auf vorhandenes sekundärstatistisches Material verschiedener Quellen (z.B. AMS, BMBWK, BMSG) zurückgegriffen. In Hinblick auf die Kontextanalyse wurden u. a. Indikatoren herangezogen, die im Zusammenhang mit der integrativen Berufsausbildung stehen (z. B. Anzahl der SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF), Lehrstellenangebot und -nachfrage) bzw. die Zielgruppe tangieren, und in ihrer Entwicklung dargestellt.

Für das Monitoring der integrativen Berufsausbildung sind Indikatoren von Relevanz, die die quantitative Dimension dieses Ausbildungsweges zeigen, wie die Anzahl, Art und Ort der integrativen Lehrstellen etc. Hier wurde die WKÖ-Lehrlingsstatistik herangezogen. Die Analyse erfolgte, wenn dies die vorhandenen Daten zuließen, auch regional differenziert, d.h. mögliche Unterschiede zwischen den Bundesländern wurden herausgearbeitet.

Erhebung eines Datenblattes

Um genaue Informationen über die integrativen Lehrlinge zu erhalten, wurden die LandessprecherInnen der Berufausbildungsassistenz bzw. die BerufsausbildungsassistentInnen gebeten, ein von der KMU FORSCHUNG AUSTRIA entwickeltes Datenblatt auszufüllen. Diese Erhebung, die im Zeitraum von Februar bis April 2006 stattfand, hatte zum Ziel, die Zielgruppenzugehörigkeit der IBA-Lehrlinge zu klären und weitere Charakteristika der involvierten Jugendlichen (z. B. Behinderungen, Migrationshintergrund) einheitlich zu erfassen. In die Datenblätter gingen jene integrativen Lehrlinge ein, die die BerufsausbildungsassistentInnen bis zum 31.12. 2005 betreut haben bzw. weiterhin betreuen. Auch Jugendliche, die die integrative Berufsausbildung bereits vor dem 31.12. 2005 abgebrochen haben, fanden ihre Berücksichtigung. Insgesamt wurden die Daten von 2.350 Lehrlingen erhoben, wobei durch eine gesonderte Betrachtung der Abbrüche (knapp 400) und die Berücksichtigung des Stichtages Ende 2005 rd. 1.890 Lehrlinge in die statistischen Analysen eingingen.

ExpertInneninterviews

ExpertInnen aus verschiedensten Bereichen (z. B. Sozialpartner, Arbeitsmarktservice, Bundessozialamt, Lehrlingsstellen, etc.) wurden mittels Leitfaden gestützter Interviews im März und April 2005 befragt. Inhalte dieser persönlich geführten Gespräche waren eine erste Beurteilung der integrativen Berufsausbildung aus ExpertInnensicht sowie der Kriterien, die für den Erfolg oder Misserfolg einer solchen Maßnahme entscheidend sind. Darüber hinaus lieferten die ExpertInneninterviews wichtige Informationen, die bei der Gestaltung der Fragebögen an die Betriebe und Ausbildungseinrichtungen (siehe unten) berücksichtigt werden konnten.

Workshop mit Stakeholdern

Um alle relevanten Stakeholder in die Evaluierung einzubinden wurden auch Workshops mit diesen durchgeführt. Im Rahmen eines Start-Workshops im Februar 2005 wurde das Angebot präsentiert und die Ziele der Evaluierung diskutiert sowie der Zugang zu diversen Informationsquellen erläutert. Ein Workshop im September 2005 diente der Präsentation und Diskussion der Zwischenergebnisse. Schließlich wurden im Juni 2006 die Endergebnisse im Rahmen des Workshops vorgestellt und gemeinsam mit den Stakeholdern diskutiert sowie zentrale Aspekte zur Weiterentwicklung der integrativen Berufsausbildung erläutert.

Befragung von Betrieben und Ausbildungseinrichtungen

Im Juni 2005 wurde eine Fragebogenerhebung bei Betrieben und Ausbildungseinrichtungen, die Lehrlinge integrativ ausbilden, durchgeführt. Die Basis für die Befragung der in die integrative Berufsaubildung involvierten Betriebe und Ausbildungseinrichtungen bildete dabei die WKÖ-Statistik zu den IBA-Lehrbetrieben. Auf Grund der relativ geringen Grundgesamtheit von Betrieben, die aktuell Lehrlinge im Rahmen der integrativen Berufsausbildung ausbilden, erfolgte eine Vollerhebung unter 530 Betrieben. Bei der Befragung der Betriebe stand die Analyse der Erfahrungen, die die Betriebe mit dieser neuen Ausbildungsform bereits gemacht haben, im Vordergrund. Weiters wurden die zukünftigen Perspektiven der integrativen Berufsausbildung auf Ebene der Betriebe erhoben. Ebenso konnten die Betriebe auf die Probleme in Zusammenhang mit der integrativen Berufsausbildung aufmerksam machen und Verbesserungsvorschläge formulieren. Von den insgesamt 530 angeschriebenen Betrieben haben 136 den Fragebogen retourniert, daraus resultiert eine Rücklaufquote von knapp 26 %.

Neben der Befragung von Betrieben wurden auch Fragebögen an 33 Ausbildungseinrichtungen versandt. Bei dieser Befragung galt es ebenso die bisherigen Erfahrungen der Ausbildungseinrichtungen mit der integrativen Berufsausbildung zu analysieren. Darüber hinaus wurde erhoben, ob die Einrichtungen Kontakte zu Betrieben haben und ob sie bereits Maßnahmen setzen, um die Jugendlichen nach ihrer Ausbildung in den regulären Arbeitsmarkt zu integrieren. 26 Ausbildungseinrichtungen haben an der Befragung zur integrativen Berufsausbildung teilgenommen. Damit wurde eine Rücklaufquote von 79 % erzielt.

Interviews mit BerufsausbildungsassistentInnen

Im Juni und Juli 2005 wurden die Landessprecher der Berufsausbildungsassistenz (BAS) sowie einige ProjektleiterInnen bzw. BerufsausbildungsassistentInnen (v a. in den Bundesländern, in denen mehrere NGOs die BAS anbieten) mittels eines Leitfaden-gestützten Interviews persönlich bzw. telefonisch zu ihren Erfahrungen mit der integrativen Berufsausbildung befragt. Inhalt der Gespräche waren der Hintergrund der BerufsausbildungsassistentInnen, der Ablauf und die Organisation der BAS, die Zusammenarbeit mit den anderen Akteuren sowie eine Gesamtbeurteilung der IBA und mögliche Adaptierungsvorschläge.

In einer zweiten Befragungswelle von April bis Juni 2006 wurden einige LandessprecherInnen sowie BerufsausbildungsassistentInnen wiederum zu ihren Erfahrungen bei der Umsetzung der integrativen Berufsausbildung befragt. Bei den Gesprächen standen die Nachfrage nach der IBA, die Kooperation mit den Berufsschulen, Engpässe beim Arbeitsablauf, die Zielgruppenzuordnung sowie die Zukunftsperspektiven der neuen Ausbildungsform im Vordergrund.

Interviews mit Personen aus dem Berufsschulbereich

In zwei Wellen wurden in den Monaten Mai und Juni 2005 bzw. April und Mai 2006 alle 9 Landesschulinspektoren für Berufsschulen sowie BerufsschulinspektorInnen und LehrerInnen, die in die Umsetzung der IBA in den Berufsschulen eingebunden sind, mittels Interviewleitfaden persönlich oder telefonisch befragt. Im Mittelpunkt der Befragung stand die Umsetzung der IBA im Berufsschulunterricht, die Aus- und Weiterbildung der BerufsschullehrerInnen sowie schul- und verwaltungsorganisatorische Aspekte im Zusammenhang mit der integrativen Berufsausbildung.

Interviews mit Clearingstellen

Der integrativen Berufsausbildung ist - bei Förderung der BAS durch das Bundessozialamt (BASB) - ein verpflichtendes Clearing, d.h. eine Maßnahme zur Abklärung der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten für Jugendliche mit Beeinträchtigungen, vorgeschaltet. Dieser Auswahlprozess wurde durch eine Befragung der Clearingstellen im Juni und Juli 2005 durchleuchtet, wobei teilweise Organisationen befragt wurden, die nur das Clearing, andere die sowohl das Clearing als auch die BAS anbieten. Fragestellungen bei den Interviews betrafen u. a. die Voraussetzungen der Jugendlichen, damit die IBA empfohlen wird sowie den gesamten Clearingprozess. Einige Clearingstellen wurden im Mai und Juni 2006 neuerlich zum Auswahlprozedere und zu allfälligen Adaptierungen in Hinblick auf die IBA befragt.

Fallstudien

Um eine ganzheitliche Sicht der Ausgestaltung der integrativen Berufsausbildung zu erhalten, wurden im Zeitraum von März bis Juni 2006 zehn Fallstudien durchgeführt, die einzelne integrative Lehrverhältnisse näher beleuchten. Es erfolgte jeweils eine qualitative Befragung der Jugendlichen, dem/r zuständigen BerufsausbildungsassistentenIn, der AusbildnerInnen und teilweise auch der Eltern oder BerufsschullehrerInnen, die die Jugendlichen unterrichten. Durch die Einbindung verschiedener involvierter Akteure kann der Werdegang und die Ausbildungssituation der Jugendlichen umfassend dargestellt werden, um so die unterschiedlichen Hintergründe und Formen der integrativen Berufsausbildung näher zu erläutern.

Es wurde jeweils ein Fallbeispiel in Niederösterreich und Kärnten sowie jeweils zwei Fallstudien in Oberösterreich, der Steiermark, Vorarlberg und Wien durchgeführt, um die regionalen Unterschiede zu berücksichtigen. Dabei wurden möglichst verschiedenartige Fälle herangezogen, wobei Jugendliche mit unterschiedlicher Zielgruppenzugehörigkeit, verschiedenen Berufen und Arten der Lehre (Teilqualifizierung und Verlängerung) untersucht wurden.

Fokusgruppen mit Jugendlichen

Um die Sichtweise der betroffenen Jugendlichen genauer zu erfassen, wurden vier Fokusgruppen mit IBA-Lehrlingen durchgeführt. Dabei handelt es sich um moderierte Gruppendiskussionen, denen ein Gesprächsleitfaden zugrunde liegt. Insgesamt wurden 22 Jugendliche im Rahmen der Fokusgruppen befragt. Zwei Gruppendiskussionen mit integrativen Lehrlingen in Ausbildungseinrichtungen fanden in Wien statt. Bei zwei weiteren Fokusgruppen wurden Jugendliche, die in Betrieben integrativ ausgebildet werden, in der Steiermark und in Tirol befragt. Bei der Zusammensetzung der Fokusgruppen wurde auf eine Streuung der Lehrberufe und der Art der integrativen Lehre geachtet.



[2] Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA): Fortschrittsbericht zum Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung (NAP) 2004. Wien: BMWA

[3] Bericht des Wirtschaftsausschusses: 171 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

2 Kontextanalyse: Die Situation auf dem Arbeitsmarkt

Das Instrument der integrativen Berufsausbildung soll Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen eine anerkannte berufliche Qualifikation vermitteln mit dem Ziel der Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Eine Beurteilung dieses Instruments ist aber nur vor dem Hintergrund der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im Allgemeinen und für diese Personengruppe im Besonderen und unter Berücksichtigung der Situation auf dem Lehrstellenmarkt möglich. Ebenso lohnt ein Blick auf die Integrationsbemühungen in den Schulen, die die Zielgruppe im Vorfeld ausbilden. Im Folgenden werden daher die Schulstatistiken in Hinblick auf SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, der allgemeine Lehrstellenmarkt sowie die relevante Arbeitslosen- und Beschäftigtenzahlen analysiert.

Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen

Die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs (SPF) erfolgt, wenn ein Kind auf Grund einer Beeinträchtigung dem Unterricht in der Volksschule ohne besondere Förderung nicht folgen kann. Schulpflichtige Kinder mit SPF sind berechtigt, die allgemeine Schulpflicht entweder in einer für sie geeigneten Sonderschule oder Sonderschulklasse oder in einer den sonderpädagogischen Förderbedarf erfüllenden Volkschule, Hauptschule oder Unterstufe einer allgemein bildenden höheren Schule zu erfüllen. An Polytechnischen Schulen gibt es entsprechende Schulversuche.

Im Schuljahr 2004/2005 wurden fast 29.000 SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Sonderschulen bzw. in Integrationsklassen von Volks-, Haupt-, oder Polytechnischen Schulen unterrichtet. Damit ist die Zahl der SPF-SchülerInnen gegenüber dem Vorjahr um 2 % gestiegen. Während aber die Zahl der SchülerInnen an Sonderschulen in den letzten Jahren nahezu kontinuierlich sank, stieg die Anzahl der SchülerInnen mit SPF an Haupt- und Polytechnischen Schulen stark, an Volksschulen pendelte sich die Anzahl bei knapp 6.500 ein (siehe Tabelle 1). Der Anteil der SchülerInnen mit SPF in Integrationsklassen steigt kontinuierlich. Dies ist auf die verstärkten Integrationsbemühungen vor allem in den weiterführenden Schulen (Sekundarstufe I) zurückzuführen.

Tabelle 1 Anzahl der SchülerInnen in Sonderschulen und in Integrationsklassen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF), 2000/2001 bis 2004/2005 Quelle: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur (BMBWK)

 

2000/2001

2001/2002

2002/2003

2004/2005 [a])

Anteil 2004/2005[b])

insgesamt

27.109

27.402

28.373

28.978

 

Veränderung zum Vorjahr in %

- 0,2%

+1,1%

+3,5%

+2,1%

 

Sonderschule

13.602

13.337

13.466

13.301

100,0%

Volksschule

6.492

6.365

6.455

6.444

1,8%

Hauptschule

6.740

7.313

7.978

8.647

3,2%

Polytechnische Schule

275

387

474

586

2,7%

[a] Es sind keine Statistiken für 2003/04 verfügbar.

[b] Anteil der SchülerInnen mit SPF an den SchülerInnen des jeweiligen Schultyps insgesamt

SchülerInnen mit SPF bzw. SonderschülerInnen stellen eine der Hauptzielgruppen der integrativen Berufsausbildung dar. Der Blick auf die Statistik zeigt, dass nicht nur die Zahl dieser Personengruppe steigt, sondern auch der integrative Bildungsweg immer bedeutender wird.

Der Lehrstellenmarkt in Österreich

Der Lehrstellenmarkt zeigt sich seit Jahren angespannt. Regelmäßig gibt es deutlich mehr Lehrstellensuchende als offene Lehrstellen. Im Jahr 2005 standen 6.156 Lehrstellensuchende 2.900 offenen Lehrstellen gegenüber. Damit hat sich die Zahl der offenen Lehrstellen deutlich um mehr als ein Fünftel (23 %) erhöht, was zum Teil auf die Förderung von zusätzlichen Lehrstellen ("Blum-Bonus") zurückzuführen ist. Aber auch die Zahl der Lehrstellensuchenden stieg im gleichen Zeitraum um 15 %. Daraus resultierte ein leichter Rückgang der Lehrstellenandrangsziffer von 2,3 auf 2,1, d.h. durchschnittlich standen etwas mehr als zwei Lehrstellensuchende einer offenen Lehrstelle gegenüber (siehe Tabelle 2).

Tabelle 2: Lehrstellenmarkt nach Bundesländern, 2003 bis 2005 Quelle: Arbeitsmarktservice (AMS) ∗ sofort verfügbare offene Lehrstellen bzw. Lehrstellensuchende

 

offene Lehrstellen∗

   

Lehrstellensuchenden∗

   

Lehrstellenandrangsziffer

   
 

2003

2004

2005

2003

2004

2005

2003

2004

2005

Burgenland

72

73

86

168

183

177

2,3

2,5

2,1

Kärnten

340

344

391

485

459

497

1,4

1,3

1,3

Niederösterreich

375

317

423

963

865

1.000

2,6

2,7

2,4

Oberösterreich

525

405

540

790

744

850

1,5

1,8

1,6

Salzburg

324

278

334

207

226

265

0,6

0,8

0,8

Steiermark

275

266

323

805

809

903

2,9

3,0

2,8

Tirol

408

325

394

418

438

430

1,0

1,3

1,1

Vorarlberg

133

125

128

184

200

293

1,4

1,6

2,3

Wien

180

223

283

1.461

1.453

1.741

8,1

6,5

6,2

Österreich

2.633

2.356

2.900

5.479

5.375

6.156

2,1

2,3

2,1

Der Lehrstellenmarkt weist starke regionale Unterschiede auf. Am prekärsten zeigt sich die Lage in der Bundeshauptstadt, in der durchschnittlich mehr als 6 Jugendliche um eine offene Lehrstelle konkurrieren. Aber auch in Niederösterreich (2,4), Vorarlberg (2,3) und dem Burgenland (2,1) sowie vor allem auch in der Steiermark (2,8) liegt die Lehrstellenandrangsziffer über dem Bundesdurchschnitt. Weniger als zwei Lehrstellensuchende pro offene Lehrstelle weisen Oberösterreich (1,6), Kärnten (1,3) und Tirol (1,1) auf. In Salzburg gibt es in den letzten drei Jahren sogar einen leichten Lehrlingsmangel, da mehr offene Lehrstellen als Lehrstellensuchende beim Arbeitsmarktservice registriert sind.

Eine Problematik am Lehrstellenmarkt stellt der sinkende Anteil von ausbildungsaktiven Betrieben dar. So hat in den 1980er Jahren noch mehr als ein Fünftel aller Betriebe Lehrlinge ausgebildet, im Jahr 2005 waren es nur noch 11,6 % der Betriebe, die zumindest einen Lehrling in Ausbildung hatten. Während in allen Bundesländern diese Quote erreicht oder überschritten wird, sind es in Wien nur 5,9% der Betriebe, die ausbildungsaktiv sind.[4]

Jugendarbeitslosigkeit

Die Arbeitsmarktlage zeigt sich in den letzten Jahren zunehmend angespannt. Im Jahr 2005 waren über 250.000 Menschen arbeitslos und die Zahl der Arbeitslosen hat sich seit dem Jahr 2002 kontinuierlich erhöht. Über 16 % der Arbeitslosen im Jahr 2005 waren unter 25 Jahre alt, gegenüber dem Vorjahr bedeutete dies eine Steigung um rd. 7 % und eine Fortsetzung des Trends steigender Jugendarbeitslosigkeit, der nur 2004 unterbrochen werden konnte (siehe Tabelle 3).

Signifikant ist der Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und Qualifikation. Während mehr als 46 % aller Arbeitslosen Personen sind, die über maximal einen Pflichtschulabschluss verfügen, sind nur etwas mehr als ein Drittel Personen mit einem Lehrabschluss. Darüber hinaus stellte sich die Entwicklung der Arbeitslosigkeit bei den Personen mit Lehrabschluss in den letzten Jahren deutlich besser dar, im Jahr 2004 kam es sogar zu einer Senkung der Arbeitslosigkeit innerhalb dieser Personengruppe um knapp 1 %, 2005 allerdings wieder zu einer leichten Steigung.

Tabelle 3 Vorgemerkte Arbeitslose nach Alter und Ausbildung, 2002 bis 2005. Quelle: Arbeitsmarktservice (AMS)

 

2002

2003

2004

2005

Arbeitslose Österreich

       

insgesamt

232.418

240.079

243.880

252.654

Veränderung zum Vorjahr in %

+14,0%

+3,3%

+1,6%

+3,6%

davon Jugendliche

       

Jugendliche (15 bis unter 25 Jahre)

36.628

39.366

38.748

41.568

Anteil an Gesamtarbeitslosigkeit in %

15,8%

16,4%

15,9%

16,5%

Veränderung zum Vorjahr in %

+18,4%

+7,5%

-1,6%

+7,3%

nach Ausbildung

       

Kein Abschluss/Pflichtschule

104.652

107.982

110.910

117.008

Anteil an Gesamtarbeitslosigkeit in %

45,0%

45,0%

45,5%

46,3%

Veränderung zum Vorjahr in %

+12,5%

+3,2%

+2,7%

+5,5%

Lehre

88.091

89.368

88.528

89.827

Anteil an Gesamtarbeitslosigkeit in %

37,9%

37,2%

36,3%

35,6%

Veränderung zum Vorjahr in %

+12,5%

+1,4%

-0,9%

+1,5%

Arbeitslosigkeit unter Menschen mit Behinderung

Im Jahr 2005 waren rd. 28.500 Menschen mit Behinderung ohne Arbeit, das sind 11 % aller arbeitslos gemeldeten Personen. 36 % der behinderten Arbeitslosen waren Frauen, 7 % waren Jugendliche und 30 % waren ältere Menschen über 50 Jahren. An den Gesamtarbeitslosen stellen die jugendlichen Behinderten einen Anteil von 1 %. Die Arbeitsmarktlage hat sich in den letzten drei Jahren für Menschen mit Behinderung etwas entspannt. Die Anzahl der Behinderten ohne Arbeit ist das dritte Jahr in Folge gesunken, zuletzt im Jahr 2005 gegenüber dem Vorjahr um 1 %, das entspricht rd. 300 Personen (siehe Tabelle 4).

Der überwiegende Teil der arbeitslos vorgemerkten Behinderten ist körperbehindert. 1999 waren dies 81 %. Weitere 15 % fielen in die Gruppe der psychisch Behinderten, "nur" 3 % zählten zu den geistig Behinderten und 1 % der arbeitslosen Behinderten im Jahr 1999 war sinnesbehindert.

Tabelle 4 Arbeitslos vorgemerkte Behinderte und begünstigte Behinderte, 2001 bis 2005. Quelle: Arbeitsmarktservice (AMS)

 

2001

2002

2003

2004

2005

Anteil 2005[a])

Behinderte

           

insgesamt

29.767

31.037

30.545

28.860

28.537

11 %

Veränderung absolut

-2.379

+1.270

-492

-1.684

-323

 

Veränderung zum Vorjahr in %

-7,4%

+4,3%

-1,6%

-5,5%

-1,1%

 

nach Geschlecht

           

Frauen

10.916

11.043

10.764

10.241

10.151

4 %

Männer

18.851

19.994

19.781

18.620

18.386

7 %

nach Alter

           

Jugendliche (15 bis 24-Jährige)

2.220

1.877

1.955

1.842

1.927

1 %

25 bis 49-Jährige

18.198

18.538

18.416

18.196

18.010

7 %

Ältere (50 Jahre und mehr)

9.349

10.623

10.175

8.823

8.599

3 %

davon begünstigte Behinderte [b] )

           

insgesamt

4.719

5.180

5.344

5.158

5.360

2 %

Veränderung absolut

-41

+461

+164

-186

+202

 

Veränderung zum Vorjahr in %

-0,8%

+9,8%

+3,2%

-3,5%

+3,9%

 

nach Geschlecht

           

Frauen

1.661

1.803

1.873

1.816

1.901

1 %

Männer

3.058

3.377

3.471

3.342

3.459

1 %

[a] Anteil an der Gesamtarbeitslosigkeit 2005 in Prozent

[b] Personen mit einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 %

19 % der behinderten Arbeitslosen (rd. 5.400 Personen) im Jahr 2005 waren begünstigte Behinderte (davon 35 % Frauen), das sind Personen, die einen Grad der Behinderung von mindestens 50 % haben und im Erwerbsleben besonderen Schutz, nämlich einen Entgelt- und Kündigungsschutz, genießen. Während die Zahl der arbeitslosen behinderten Personen gegenüber 2004 gesunken ist, ist diese bei den begünstigten Behinderten ohne Arbeit um 4 % gestiegen. Insgesamt zählten 2005 2 % aller arbeitslos gemeldeten Personen zu den begünstigten Behinderten. Andererseits gingen im Jahr 2005 von den insgesamt 92.500 begünstigten Behinderten in Österreich zwei Drittel (65 %) oder rd. 60.500 Personen einer Beschäftigung nach. Dabei war die überwiegende Mehrheit der beschäftigten begünstigten Behinderten unselbstständig tätig (siehe Tabelle 5). Die Zahl der begünstigten Behinderten, die einer (selbstständigen oder unselbstständigen) Beschäftigung nachgehen, steigt - ähnlich wie die Gesamtbeschäftigung - kontinuierlich. Im Jahr 2005 waren um 1,6 % bzw. rd. 1.000 begünstigte Behinderte mehr beschäftigt als im Vorjahr, die Beschäftigungsquote der begünstigten Behinderten stagniert aber bei rd. 65 %.

Tabelle 5 Begünstigte Behinderte, 2001 bis 2005

 

2001

2002

2003

2004

2005

Anteil 2005[a])

insgesamt

83.463

87.015

89.875

91.387

92.526

100%

Veränderung absolut

+2.650

+3.552

+2.860

+1.512

+1.139

 

Veränderung zum Vorjahr in %

+3,3%

+4,3%

+3,3%

+1,7%

+1,2%

 

davon Beschäftigte

56.212

57.101

59.013

59.491

60.422

65%

Veränderung absolut

+1.620

+889

+1.912

+478

+931

 

Veränderung zum Vorjahr in %

+3,0%

+1,6%

+3,3%

+0,8%

+1,6%

 

davon selbstständig Beschäftigte

3.327

3.402

3.614

3.729

3.773

4%

davon unselbstständig Beschäftigte

52.885

53.699

55.399

55.762

56.649

61%

[a] Anteil an den begünstigten Behinderten 2005 in Prozent Quelle: Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen und Konsumentenschutz (BMSG)

Der Blick auf die Situation in den Schulen und auf dem Arbeitsmarkt zeigt somit, dass die integrative Berufsausbildung aktuelle Probleme anspricht und in den Bereichen ansetzt, die von steigender Bedeutung sind. Die Relevanz der integrativen Berufsausbildung als arbeitsmarktpolitisches Instrument ist in hohem Maße gegeben.



[4] Quelle: Arbeitsmarktservice (AMS): Lehrlingsausbildung: Angebot und Nachfrage. Entwicklung und Prognosen 2005 bis 2010, Wien 2006

3 Eckpunkte der Integrativen Berufsausbildung in Österreich

3.1 Gesetzliche Regelungen und Rahmenbedingungen

Das österreichische Bildungssystem weist mit dem dualen Ausbildungssystem eine Besonderheit im europäischen Raum auf. Die Ausbildung in der Lehre, deren gesetzliche Grundlage das Berufsausbildungsgesetz (BAG) von 1978 (mehrmals novelliert) bildet, unterscheidet sich deutlich von der beruflichen Ausbildung in Vollzeitschulen und verbindet mit dem Lehrbetrieb und der Berufsschule zwei Ausbildungsstandorte. Während die Ausbildung im Betrieb der Vermittlung berufsspezifischer Fertigkeiten und berufsspezifischer Kenntnisse gewidmet ist, konzentriert sich die Berufsschule auf die Vermittlung fachtheoretischen Wissens und die Erweiterung der Allgemeinbildung. Je nach Lehrberuf beträgt die Ausbildungszeit zwischen zwei und vier Jahre, die meisten Lehrberufe sehen eine dreijährige Ausbildung vor. Die Lehrausbildung steht grundsätzlich jedem Jugendlichen offen, der die neunjährige Schulpflicht abgeschlossen hat, rd. 40 % der Jugendlichen wählen nach Absolvierung der Pflichtschule diesen Ausbildungsweg. Um die Lehre auch für beeinträchtigte Jugendliche zu öffnen, wurde die integrative Berufs¬usbildung geschaffen.

Damit wurde den Grundsätzen der österreichischen Arbeitsmarktpolitik, die sich an der Europäischen Beschäftigungsstrategie und den beschäftigungspolitischen Zielen der EU orientieren, Rechnung getragen. So wird die integrative Berufsausbildung im Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung (NAP) im Rahmen der Förderung des Aufbaus von Humankapital und des Lebenslangen Lernens im "Pakt für Jugend, Beschäftigung und Ausbildung" und im Rahmen der Förderung der Integration und Bekämpfung der Diskriminierung benachteiligter Menschen auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigt. Aber auch im 2. NAP für soziale Eingliederung (NAPincl.) findet sich das Ziel, die Zahl der Personen mit maximal Pflichtschulabschluss weiter zu reduzieren und bestimmte Gruppen von Jugendlichen (Jugendliche mit unzureichendem Lernerfolg, mit Beeinträchtigungen, etc.) im Rahmen der Bildungspolitik vorrangig zu unterstützen.

Aber auch die Behindertenpolitik mit ihren Zielsetzungen, wie sie in den Leitlinien der Bundesregierung formuliert wurden (u. a. Integration behinderter Kinder und Jugendlicher in den Schulen, Integration behinderter Menschen in den Arbeitsmarkt) findet durch die integrative Berufsausbildung eine Ergänzung. Vor allem durch die Behindertenmilliarde, die Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung für behinderte Menschen, die neue Impulse in Hinblick auf die Integration von Behinderten in den Arbeitsmarkt setzt, wurde ein Fokus auf behinderte Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf oder aus Integrationsklassen gerichtet. Zahlreiche Maßnahmen wie Job Coaching, Arbeits- und Bildungsassistenz, Clearing, etc. wurden gesetzt. Die integrative Berufsausbildung bildet ihre logische Fortsetzung.

Die integrative Berufsausbildung findet ihren gesetzlichen Niederschlag im Berufsausbildungsgesetz BGBl. Nr. 142/1969, das durch das BGBl. I Nr. 79/2003 um § 8b Integrative Berufsausbildung ergänzt wurde und mit 1. September 2003 in Kraft getreten ist. Die Bestimmungen über die integrative Berufsausbildung ersetzen die Bestimmungen über die Vorlehre. Ziel der integrativen Berufsausbildung ist die Verbesserung der Eingliederung von benachteiligten Jugendlichen mit persönlichen Vermittlungshindernissen in das Berufsleben durch die Möglichkeit des Erwerbs eines beruflichen Abschlusses. Die integrative Berufsausbildung kann entweder

  • durch Verlängerung der gesetzlichen Lehrzeitdauer um ein Jahr bzw. in Ausnahmefällen um zwei Jahre, wenn dies für die Absolvierung der Lehrabschlussprüfung notwendig ist, erreicht werden (§ 8b (1) BAG) - ein Lehrvertrag ist abzuschließen, oder

  • durch Abschluss eines Ausbildungsvertrages erfolgen, der den Erwerb einer Teilqualifizierung (ein bis drei Jahre) durch Einschränkung auf bestimmte Teile des Berufsbildes eines Lehrberufes, allenfalls unter Ergänzung von Fertigkeiten und Kenntnissen aus Berufsbildern weiterer Lehrberufe (§ 8b (2) BAG), vorsieht. Der Ausbildungsvertrag hat Fertigkeiten und Kenntnisse zu umfassen, die im Wirtschaftsleben verwertbar sind.

Für die Ausbildung mit verlängerter Lehrzeit gilt Berufsschulpflicht. Für Personen, die einen Ausbildungsvertrag mit Teilqualifizierung geschlossen haben, besteht die Pflicht bzw. das Recht zum Besuch der Berufsschule unter Berücksichtigung der Ausbildungsinhalte, des Ausbildungsziels, der Dauer der Ausbildung und der persönlichen Fähigkeiten und Bedürfnisse des Lehrlings (§ 8b (22) BAG).

Für die integrative Berufsausbildung kommen als Zielgruppe Personen in Betracht, die das Arbeitsmarktservice (AMS) nicht in ein reguläres Lehrverhältnis vermitteln konnte und die zu einer der folgenden Gruppen zählen:

  • Personen, die am Ende der Pflichtschule sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) hatten und zumindest teilweise nach dem Lehrplan einer Sonderschule unterrichtet wurden (§ 8 b (4) Z. 1 BAG);

  • Personen ohne Hauptschulabschluss bzw. mit negativem Hauptschulabschluss (§ 8b (4) Z. 2 BAG);

  • Menschen mit Behinderung im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes bzw. des jeweiligen Landesbehindertengesetzes (§ 8b (4) Z. 3 BAG);

  • Personen, von denen im Rahmen einer Berufsorientierungsmaßnahme oder auf Grund einer nicht erfolgreichen Vermittlung in ein reguläres Lehrverhältnis angenommen werden muss, dass für sie aus ausschließlich in der Person gelegenen Gründen in absehbarer Zeit keine reguläre Lehrstelle gefunden werden kann (§ 8b (4) Z. 4 BAG). Voraussetzung zur Aufnahme eines integrativen Lehrverhältnisses ist, dass

  • das AMS bestätigt, dass keine Vermittlung in ein normales Lehrverhältnis möglich ist

  • und die Betreuung des Lehrlings durch eine/n BerufsausbildungsassistentIn gewährleistet ist.

Zudem sieht das Bundessozialamt (BASB) als Voraussetzung zur Förderung der Berufsausbildungsassistenz vor, dass ein Clearingprozess durchlaufen und eine integrative Berufsausbildung für den/die betreffende/n Jugendliche/n im Anschluss befürwortet wird.[5]

Die integrative Berufsausbildung soll vorwiegend in Lehrbetrieben durchgeführt werden (§ 8b (3) BAG). Erfolgt die Ausbildung in besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtungen, bedarf es der Bewilligung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA), die beim Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen (§ 8b (15) BAG) zu erteilen ist.

Nach Abschluss der Ausbildung ist bei der verlängerten Lehrausbildung analog zur regulären Lehrausbildung eine Lehrabschlussprüfung vorgesehen. Bei der Teilqualifikation kann eine Abschlussprüfung über die im Ausbildungsvertrag vereinbarten Ausbildungsinhalte und -ziele durchgeführt werden, die den erreichten Ausbildungsstand und die erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse feststellt. Die Prüfung ist von einem/r ExpertIn des betreffenden Berufsbereiches und einem Mitglied der Berufsausbildungsassistenz durchzuführen. Als Bescheinigung gilt ein von der Lehrlingsstelle auszustellendes Abschlussprüfungszeugnis (§ 8b (10) BAG).

Ein zentrales Element der integrativen Berufsausbildung ist die Begleitung durch die Berufsausbildungsassistenz (BAS). Die Hauptaufgaben der BAS liegen in folgenden Tätigkeitsfeldern:[6]

  • Unterstützungstätigkeiten: Koordination aller relevanter Akteure (Lehrbetrieb, Ausbildungseinrichtung, Berufsschule, Schulbehörde erster Instanz etc.), generelle Informationstätigkeit über die IBA, Unterstützung in behördlichen Angelegenheiten, Unterstützung des/der Auszubildenden bei Praktika, Beratung der Betriebe über Förderungen, Sensibilisierungsarbeit, Prozessverantwortung bei der Ausbildungsplatzsuche, Krisenintervention;

  • Festlegung der Ziele der integrativen Berufsausbildung: Festlegung der Ausbildungsinhalte und des Zeitraumes (mit Vertragspartnern und Schulbehörde), Organisation der Lernbegleitung und pädagogischer Begleitmaßnahmen im Berufsschulunterricht, Organisation der (individuellen) Begleitung am Arbeitsplatz, Unterstützung der Lehrberechtigten, Organisation von Hilfsmitteln am Arbeitsplatz und in der Berufsschule, Dokumentation der Lernschritte, Einholung der verbindlichen Erklärung des Bundessozialamts (BASB) über die Durchführung der BAS;

  • Ausbildungswechsel: Herstellung des Einvernehmens mit allen Beteiligten bei einem Ausbildungswechsel, Beobachtung der Lernfortschritte, Durchführung von Beratungsgesprächen, Vernetzungsarbeit und Abstimmung, organisatorische Abwicklung;

  • Abschlussprüfung (bei Teilqualifizierung): Durchführung der Abschlussprüfung mit einem/r ExpertIn des betreffenden Berufsbereichs, Erstellung von Unterlagen für die Abschlussprüfung.

Die Berufsausbildungsassistenz hat eine zentrale Netzwerkfunktion, da sie in allen Phasen (Aufnahme der Lehre, Ausbildung im Betrieb und in der Berufsschule, Abschlussprüfung etc.) der integrativen Berufsausbildung eingebunden ist und die Koordination aller Akteure im Ausbildungsprozess übernehmen muss.

3.2 Vorgeschaltete Maßnahmen

Die Aufnahme einer integrativen Lehre ist an mehrere Vorraussetzungen geknüpft (siehe Kapitel 3.1). Neben der Bestätigung durch das Arbeitsmarktservice (AMS), dass die Person in kein normales Lehrverhältnis vermittelt werden kann, kann vor Beginn einer integrativen Berufsausbildung der Besuch einer beruflichen Orientierungsmaßnahme empfohlen werden (§ 8b (9) BAG). Jugendliche, deren Berufsausbildungsassistenz vom Arbeitsmarktservice (AMS) gefördert wird, durchlaufen dabei im Regelfall das AMS-Berufsorientierungscoaching, das den meisten AMS-Maßnahmen für Jugendliche vorgeschaltet ist.

Wird die BAS vom Bundessozialamt (BASB) gefördert, müssen die TeilnehmerInnen der integrativen Berufsausbildung einen Clearingprozess durchlaufen, um ihre Zielgruppenzugehörigkeit nach § 8b (4) BAG festzustellen. Die Zugehörigkeit zu einer der vier

Zielgruppen ist die Voraussetzung für eine Entscheidung zur integrativen Berufsausbildung. Diese wird im Clearing festgelegt und muss vom Arbeitsmarktservice bestätigt werden bzw. kann auch vom Bundessozialamt noch einmal überprüft werden. Weiters gilt es im Clearing die Art der integrativen Lehre (Verlängerung oder Teilqualifizierung) zu bestimmen und den Unterstützungsbedarf der Jugendlichen abzuklären.

Der Clearingprozess, der vom Bundessozialamt vorgegeben wird, soll max. 6 Monate dauern und die Fähigkeiten und Fertigkeiten des/r Jugendlichen beleuchten, um die Berufs- bzw. Ausbildungsfindung zu erleichtern. Das Clearingverfahren umfasst:

  • Gespräche mit den Jugendlichen, den Eltern und den LehrerInnen sowie im Falle der Bildung eines Unterstützungskreises, mit Verwandten, Freunden und professionellen BeraterInnen, um die Fähigkeiten und Wünsche des/r Jugendlichen sowie die gewünschten und benötigten Rahmenbedingungen (z. B. Art der Ausbildung, Betrieb oder Einrichtung, Arbeitszeit) zu eruieren.

  • Die Absolvierung mehrerer Schnupperpraktika in Betrieben und in Ausbildungseinrichtungen, um den Jugendlichen ein besseres Bild ihrer Berufsmöglichkeiten zu verschaffen und ihnen bei der Auswahl des Berufes bzw. der Qualifizierungsmaßnahme zu helfen.

  • Die Durchführung von Tests, um ein Eignungs- bzw. Fähigkeitsprofil der Jugendlichen zu erstellen. Diese Tests werden von den ClearerInnen durchgeführt, in manchen Fällen auch von externen PsychologInnen. Entscheidend, ob eine Eignung für die integrative Berufsausbildung vorliegt, sind vor allem die kognitiven Fähigkeiten, die Lernfähigkeit und -willigkeit sowie ob die Reife zur Arbeitsmarktintegration der/s Jugendlichen vorliegt. Es muss auch geklärt werden, ob der Jugendliche den Anforderungen der Berufsschule gerecht werden kann. Für die verlängerte Lehre erscheinen vor allem Jugendlichen mit Lernschwächen sowie jene die soziale oder emotionale Handicaps vorweisen als geeignet, diese benötigen mehr Zeit und Unterstützung zur Absolvierung einer Lehre. Für die Teilqualifizierung eignen sich jene, deren Fähigkeiten schwächer ausgeprägt sind und die über eine eingegrenzte Leistungsfähigkeit verfügen und eine verlängerte Lehre nicht absolvieren könnten.

Das Zustandekommen einer integrativen Lehrstelle verläuft meistens auf indirekter Weise. Die Jugendlichen bzw. deren Eltern sind zuerst an einer regulären Lehre interessiert und werden in Folge von den ClearerInnen auf die Möglichkeit der integrativen Berufsausbildung aufmerksam gemacht. Eine Ausnahme besteht bei Eltern von behinderten Kindern. Diese sind oft schon im Vorfeld über die integrative Berufsausbildung informiert und fragen gezielt die teilqualifizierte Lehre nach. Die ClearerInnen nehmen einen steigenden Bekanntheitsgrad und eine erhöhte Nachfrage nach integrativen Lehrstellen seit der Einführung der integrativen Lehrausbildung wahr.

Die Empfehlungen der ClearerInnen werden großteils im Einvernehmen mit den Jugendlichen bzw. deren Eltern abgegeben und bauen auf den Ergebnissen der Gespräche und der Tests sowie der Praktikabeurteilungen der Unternehmen bzw. Ausbildungseinrichtungen auf. Die Empfehlung der Clearingstelle ist jedoch nicht verbindlich, in letzter Instanz entscheiden die Eltern bzw. die Erziehungsberechtigten.

Wenn die Empfehlung der Clearingstelle auf die integrative Berufsausbildung lautet und die Jugendlichen bzw. deren Eltern mit diesem Ausbildungsweg einverstanden ist, gilt es im nächsten Schritt eine Lehrstelle zu finden. Grundsätzlich wird das Zustandekommen einer integrativen Lehrstelle vorrangig im Betrieb angestrebt. Die Lehrstellensuche wird meistens von der Arbeitsassistenz unterstützt. Das soziale Netzwerk und der Bekanntenkreis der Eltern und deren Engagement erleichtern - insbesondere in ländlichen Regionen - oftmals das Zustandekommen einer integrativen Lehrstelle für den Jugendlichen. In einigen Fällen bekommen die Jugendlichen eine Lehrstelle im Betrieb, in dem sie ihr Praktikum absolviert haben. Wenn eine Lehrstelle in einem Betrieb oder ein Ausbildungsplatz in einer Einrichtung gefunden wurde, werden die Jugendlichen im weiteren Verlauf an die BerufsausbildungsassistentInnen weitervermittelt.

Die Anforderungen seitens der Jugendlichen sind bei den jeweiligen Ausbildungsvarianten (Lehrbetrieb oder Ausbildungseinrichtung) unterschiedlich. Im Betrieb wird der/die Jugendliche sofort mit der Arbeits- und Erwachsenwelt konfrontiert. In den Ausbildungseinrichtungen erfolgt die Integration in die Arbeitswelt langsamer und die Jugendlichen werden durch geschulte Pädagogen betreut.

In einigen Fällen findet in der Praxis nur ein Kurzclearing statt. Dies ist der Fall, wenn der Jugendliche vor dem Clearingverfahren bereits eine Lehrstelle gefunden hat oder eine reguläre Lehre in eine integrative umgewandelt wird. In diesen Fällen absolvieren sie einen kürzeren Clearingprozess, bei dem vor allem überprüft wird, ob der angestrebte Lehrberuf den Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interessen des Jugendlichen entspricht. Im Rahmen des Kurzclearings werden ebenfalls die erforderlichen psychologischen Gutachten und Befunde zum Einstieg in die integrative Berufsausbildung erstellt.

3.3 Zahlen und Fakten zur integrativen Berufsausbildung

Im Jahr 2004 standen 1.114 Personen in einer integrativen Berufsausbildung, wie aus Tabelle 6 hervorgeht. Bis Ende 2005 hat sich diese Zahl bereits um mehr als 74 % auf 1.940 Personen erhöht.[7] Auch ist der Anteil der integrativen Lehrlinge unter den Lehrlingen insgesamt gestiegen. Ende 2005 wurden rd. 1,6 % der insgesamt 122.378 Lehrlinge integrativ ausgebildet, Ende 2004 waren es erst knapp 1 % aller Lehrlinge insgesamt. Fast ein Drittel (29 %) der integrativen Lehrstellen findet sich in der Steiermark, knapp ein Fünftel in Oberösterreich (19 %) bzw. in Wien (17 %). Mit Ausnahme von Wien hat sich die Anzahl der integrativen Lehrstellen gegenüber dem Vorjahr in allen Bundesländern deutlich erhöht.

Tabelle 6 Anzahl der integrativen Lehrstellen, Stand Dezember 2004 und 2005. Quellen: Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) - Lehrlingsstatistik

 

12/2004

12/2005

Burgenland

5

26

Kärnten

77

129

Niederösterreich

49

137

Oberösterreich

170

374

Salzburg

25

101

Steiermark

305

567

Tirol

93

188

Vorarlberg

30

80

Wien

360

338

Österreich

1.114

1.940

3.3.1 Die Art der integrativen Berufsausbildung

60 % bzw. 1.145 der integrativen Lehrverhältnisse sahen Ende 2005 eine Verlängerung der Lehrzeit vor. 40 % bzw. 795 Jugendliche befanden sich in einem Ausbildungsverhältnis, das eine Teilqualifizierung zum Ziel hat. Gegenüber 2004 gibt es um 60 % mehr verlängerte Lehrverhältnisse, die Anzahl der Teilqualifizierungslehrlinge hat sich verdoppelt (+99 %). Damit hat sich der Anteil der Teilqualifizierungslehrlinge etwas erhöht. Insgesamt strebt aber die Mehrzahl der IBA-Lehrlinge einen regulären Lehrabschluss an. (siehe Grafik 1).

Grafik 1: Art der integrativen Berufsausbildung, Anzahl der Lehrlinge, Anteil der Lehrlinge in Prozent, Dezember 2004 und 2005. Quellen: Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) - Lehrlingsstatistik

Dieser deutliche Überhang von Lehrzeitverlängerungen ist vor allem auf die Situation in der Bundeshauptstadt zurückzuführen, in der fast 90 % der 338 integrativen Lehrverhältnisse eine Verlängerung vorsehen. Damit wurden in Wien ein Viertel aller verlängerten Lehrverhältnisse begründet. Auch in Niederösterreich und in Tirol befinden sich mehr als drei Viertel der integrativen Lehrlinge in einer Lehrzeitverlängerung, im Burgenland und in Kärnten sind es rd. zwei Drittel (siehe Grafik 2). In Salzburg und der Steiermark befinden sich dagegen mehr Jugendliche in einer Teilqualifizierungslehre, was zum Teil auf die langjährigen Erfahrungen zurückzuführen ist, die in Pilotprojekten zu dieser Ausbildungsform gemacht und auch im Rahmen des Arbeitsmarktprogramms EQUAL erprobt wurden. In Vorarlberg werden sogar 83 % der IBA-Lehrlinge in einer Teilqualifizierungslehre ausgebildet. Nur in Oberösterreich halten sich beide Ausbildungsformen die Waage.

Grafik 2: Art der integrativen Berufsausbildung nach Bundesländern, Anzahl der Lehrlinge, Dezember 2005. Quelle: Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) - Lehrlingsstatistik

Nicht alle integrativen Lehrlinge beginnen ihre Ausbildung mit einer integrativen Lehre. Nach Angaben der Berufsausbildungsassistenz haben ein Zehntel der integrativen Lehrlinge zunächst mit einer regulären Lehre begonnen und wechselten dann in Folge in die integrative Berufsausbildung. Rd. 7 % dieser Lehrlinge setzten ihre Lehrausbildung in Form einer verlängerten Lehre und rd. 3 % in Form einer Teilqualifizierung fort.

Als Beispiel für einen IBA-Lehrling, der bereits einen Wechsel der Ausbildungsform vollzogen hat, wird im Folgenden der Ausbildungsweg eines Lehrmädchens näher beschrieben, welches von einer regulären in eine verlängerte Lehre gewechselt ist.

Box 1: Fallstudie Lehrling M.

M. ist 17 Jahre alt und hat eine reguläre Lehre zur Industriekauffrau in einer Schwerweberei in der Steiermark im September 2003 begonnen. Im 2. Lehrjahr machten Lernschwierigkeiten in der Berufsschule den Umstieg in eine verlängerte Lehre notwendig. Derzeit absolviert sie ihr drittes Lehrjahr im Unternehmen.

Das Lehrmädchen ist ein Kriegsflüchtling und stammt ursprünglich aus Bosnien. Sie hat aber bereits die Volks- und Hauptschule in Österreich besucht. Während der Schulzeit hatte M. keinen sonderpädagogischen Förderbedarf und konnte die Hauptschule in der 2. Leistungsgruppe ohne Probleme bewältigen. Nach Beendigung der Hauptschule hat sie - weil sie schon die Schulpflicht auf Grund ihres Vorschulbesuches absolviert hatte - sofort mit der Lehrstellensuche begonnen. Zuerst wollte M. den Friseurberuf erlernen, dieser hat jedoch beim Schnupperpraktikum nicht ihren Vorstellungen entsprochen. Sie hat sich daraufhin bei einem Hersteller technischer Textilien, der Lehrlinge suchte, beworben. Dort durchlief sie das reguläre Selektionsverfahren. Sie erzielte zwar nicht das beste Testergebnis, konnte aber im Bewerbungsgespräch sowohl durch ihre Persönlichkeit als auch durch ihre Bosnisch-Kenntnisse überzeugen.

Das 1. Lehrjahr konnte das Lehrmädchen trotz Schwierigkeiten in der Berufsschule mit Unterstützung und durch Nachsicht ihrer BerufsschullehrerInnen positiv abschließen. Im 2. Lehrjahr war trotz intensiver Bemühungen seitens des Lehrlings, ihrer LehrerInnen sowie einer Ausbildnerin, die auch im Unternehmen während der Arbeitszeit mit M. lernte, kein positiver Abschluss mehr möglich. Daher wurde die Schulpsychologin informiert, die sich wiederum mit der Berufsausbildungsassistenz in Verbindung setzte. Im Rahmen des Clearings wurde mit dem Lehrmädchen, seiner Mutter und dem Unternehmen geklärt, ob ein Umstieg in eine integrative Lehre möglich wäre. Das Unternehmen unterstützte das Vorhaben, weil es in der Arbeit überhaupt keine Probleme bei der Lehrausbildung gab und es ihnen wichtig erschien, dass das Mädchen zu ihrem Lehrabschluss kommt. Auch ihre Familie stand dem Wechsel positiv gegenüber und unterstützte M. bei ihrer weiteren Ausbildung

M. stieg am 1. Juli 2005 in eine verlängerte Lehre um und wird seit diesem Zeitpunkt von ihrer Berufsausbildungsassistentin betreut. M. wies neben den Lernproblemen in der Berufsschule auch Konzentrationsschwierigkeiten auf. Weiters hatte sie Probleme im Stressmanagement und litt an Prüfungsangst. Auf Grund letztgenannter Probleme suchte sie mit ihrer Berufsausbildungsassistentin eine klinische Psychologin auf, bei der sie ein Stress- und Lerntraining absolvierte. M. war auch sehr enttäuscht, dass sie die 2. Berufsschulklasse repetieren musste. Vor dem zu wiederholenden Berufsschulblock erhielt sie dank ihres Wechsels in eine integrative Lehre eine zusätzliche Lernbetreuung, um vor allem ihre Defizite in Buchhaltung aufzuarbeiten. Außerdem ist ihr während der folgenden Berufsschulzeit eine Stützlehrerin für jeweils 3 Wochenstunden zur Seite gestanden. Die Kombination dieser verschiedenen Unterstützungsmaßnahmen erleichterte es M., die Lehrinhalte zu verstehen und zu verarbeiten. Auch ihre ungebrochene Motivation trug dazu bei, dass sie nun die 2. Berufsschulklasse gut bewältigen konnte, worüber sie sehr erleichtert war. Vor und während ihrer Berufsschulzeit bestand auch ein engerer Kontakt zu ihrer Berufsausbildungsassistentin, während der Ausbildung im Betrieb benötigt sie jedoch kaum Unterstützung.

Im Lehrbetrieb gab es seit Beginn ihrer Lehrausbildung überhaupt keine Probleme. Dort wird sie nach den gleichen Prinzipen wie die übrigen Industriekaufleute ausgebildet. Die Lehrlinge durchlaufen in einem Rotationssystem alle Verwaltungsabteilungen im Unternehmen (Einkauf/ Technik, Zoll/Transport, Logistik und Vertrieb), wobei sie jeweils für mindestes 3 bis 4 Monate in einer Abteilung verbleiben. Vom Unternehmen wird M. als ein engagiertes, gewissenhaftes Lehrmädchen beschrieben, das sehr interessiert ist und genau arbeitet. Im Betrieb wurde ihr Umstieg auf eine integrative Lehrausbildung nicht publik gemacht - lediglich die AusbildnerInnen und personalverantwortlichen Personen wissen darüber Bescheid -, damit keine Stigmatisierung erfolgt. Das Unternehmen kann sich auch nicht vorstellen, grundsätzlich integrative Lehrlinge aufzunehmen, weil sie die "besten" Lehrlinge in Hinblick auf mögliche Weiterbeschäftigungen ausbilden wollen.

Für M. werden in der Vertriebsabteilung auf Grund ihrer Sprachkenntnisse gute Weiterbeschäftigungschancen gesehen. Es war bereits zu Beginn ihrer Lehrausbildung geplant, Verstärkung für diesen Bereich aufzubauen, um die Märkte in Südosteuropa stärker zu erschließen. Das Mädchen wird noch Möglichkeiten haben, sich in der Vertriebsabteilung weiter zu bewähren, in der sie bereits einen äußerst positiven Eindruck hinterlassen hat. Lediglich in Englisch sollte sich der Lehrling noch verbessern. Im Februar 2007 wird voraussichtlich entschieden, dass M. nach der Lehrausbildung übernommen wird. Das Unternehmen hofft, dass diese Aussichten auch für M. ein Ansporn sind, die 3. Berufsschulklasse, die sie im November 2006 zu absolvieren hat, zu bewältigen, weil sie das Unternehmen - wenn sie bereits im Vertriebsteam arbeitet - nicht für einen noch weiteren Berufsschulbesuch entbehren kann. M. hätte ohne den Wechsel in eine integrative Lehre nicht die Chance gehabt, ihre Lehre fortzusetzen und abzuschließen, weil der Lehrstoff in der Berufsschule für sie nicht ohne Unterstützung zu bewältigen gewesen wäre. Dadurch wäre ihr auch die Möglichkeit verwehrt geblieben, im Unternehmen einen Arbeitsplatz zu finden.

Abbrüche innerhalb der IBA

Neben dem Wechsel der Ausbildungsform kommt es auch zu Abbrüchen im Rahmen der integrativen Lehre. Seit dem Beginn der integrativen Berufsausbildung brachen laut Auskunft der Berufsausbildungsassistenz insgesamt fast ein Fünftel der Lehrlinge (17 %) ihre Ausbildung ab. Die Abbrüche finden meistens während der Probezeit statt, danach sind kaum noch welche zu verzeichnen. Die Gründe der Abbrüche variieren und spiegeln

u. a. folgende Umstände:

  • die Arbeitsfähigkeit des/r Jugendlichen war unzureichend, die an ihn/sie gestellten Anforderungen im Betrieb waren zu hoch,

  • der/die Jugendliche hatte Probleme mit dem Lehralltag und dem geregelten Tagesablauf,

  • der Beruf und die Arbeit haben dem Lehrling nicht gefallen; die Berufswahl wurde schlecht getroffen,

  • es ist zu unüberwindbaren Konflikten zwischen dem/r Jugendlichen und dem Betrieb gekommen,

  • der/die Jugendliche wurde auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt bzw. wechselte die Lehrform,

  • der Betrieb eignete sich nicht für die integrative Berufsausbildung, die Betriebsbedingungen waren unzureichend.

3.3.2 Der Ort der integrativen Berufsausbildung

Laut Berufsausbildungsgesetz (§ 8b (3) BAG) soll die integrative Lehrausbildung vorrangig in Lehrbetrieben durchgeführt werden. Ende 2005 wurden auch bereits zwei Drittel der IBA-Lehrlinge bzw. 1.278 Personen in Unternehmen ausgebildet, ein Drittel oder 662 Personen in selbstständigen Ausbildungseinrichtungen (siehe Grafik 3). Im Vorjahr fanden sich noch mehr IBA-Lehrlinge in Ausbildungseinrichtungen, aber die integrativen Lehrstellen in Unternehmen konnten mehr als verdoppelt werden, während in den Ausbildungseinrichtungen nur um 7 % mehr integrative Lehrstellen angeboten wurden als im Vorjahr.

Grafik 3: Ort der integrativen Berufsausbildung, Anzahl der Lehrlinge, Anteil der Lehrlinge in Prozent, Dezember 2004 und2005. Quellen: Wirtschaftskammer Österreich - Lehrlingsstatistik

Nur in Wien wird die Mehrheit (86 %) der integrativen Lehrlinge in Ausbildungseinrichtungen geschult, damit finden sich fast die Hälfte der integrativen Lehrstellen in Ausbildungseinrichtungen in der Bundeshauptstadt (siehe Grafik 4). In Oberösterreich, Tirol und der Steiermark findet sich etwa ein Drittel der integrativen Lehrlinge in Ausbildungseinrichtungen. In allen anderen Bundesländern weist die Lehrlingsstatistik der Wirtschaftskammer integrative Lehrverhältnisse (fast) ausschließlich in Unternehmen aus.[8]

Grafik 4: Ort der integrativen Berufsausbildung nach Bundesländern, Anzahl der Lehrlinge, Dezember 2005. Quelle: Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) - Lehrlingsstatistik * In Salzburg befinden sich laut Auskunft der BerufsausbildungsassistentInnen jedoch rd. 50 % aller integrativen Lehrlinge in Ausbildungseinrichtungen.

Die Sonderstellung Wiens kann zum Teil mit der besonderen Situation des Wiener Lehrstellenmarktes erklärt werden. Da in Wien mit einer Lehrstellenandrangsziffer von zuletzt 6,2 auf eine offene Lehrstelle mehr als sechs Jugendliche kommen und nur 6 % der Wiener Betriebe in der Lehrausbildung aktiv sind (siehe Kapitel 2), können nicht annähernd genügend Betriebe zur Ausbildung gefunden werden und für IBA-Lehrlinge stehen kaum Ausbildungsplätze in Lehrbetrieben zur Verfügung. Darüber hinaus haben sich auf Grund dieser besonderen Situation besonders zahlreiche und mit entsprechenden Ressourcen ausgestattete Einrichtungen etabliert, die schon vor dem Inkrafttreten der Bestimmungen zur integrativen Berufsausbildung Jugendlichen mit besonderen Vermittlungsschwierigkeiten eine Qualifikation geboten haben und nunmehr eine integrative Berufsausbildung für ihre Klientel anbieten können.

Die ExpertInnen betonen, dass der Betrieb als Ausbildungsort grundsätzlich zu favorisieren ist, da bereits in der Ausbildungszeit eine Integration in den Arbeitsmarkt erfolgt, der Lehrling am betrieblichen Alltag teilnimmt und die Ausbildung sehr praxisnah erfolgt. Eine weiterführende Beschäftigung und eine nachhaltige Integration scheinen so wahrscheinlicher. Hinzu kommt der segregative Charakter der Ausbildungseinrichtungen, der auf Grund der Konzentration von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen die Gefahr einer negativen Gruppendynamik mit sich bringt. Eine Integration auf dem Arbeitsmarkt im Anschluss an die Lehre wird als schwierig bewertet. Dennoch wird auch auf die Vorteile der Ausbildungseinrichtungen verwiesen, wo dem/der Jugendlichen mehr Zeit und Raum für die persönliche Stabilisierung gegeben wird. Zudem bleiben meist mehr Möglichkeiten auch in der praktischen Ausbildung die theoretischen Grundlagen zu vertiefen und den Stoff der Berufsschule zu wiederholen, Nachhilfe- und Förderunterricht ist in der Ausbildungszeit ohne zusätzliche Belastung integrierbar. Für den einzelnen Jugendlichen ist es natürlich besser, in einer Einrichtung ausgebildet zu werden als gar nicht, daher werden die Ausbildungseinrichtungen auf Grund der Lehrstellenproblematik weiterhin von Bedeutung bleiben.

Um den Praxisbezug der integrativen Lehrausbildung in Ausbildungseinrichtungen zu verstärken, wurden z. B. in Wien mit dem Projekt Basic Plus des Arbeitsmarktservices (AMS) ein neues Mischmodell im Bereich der Teilqualifizierung erprobt, welches den integrativen Lehrlingen ermöglicht, einen Teil ihrer Lehre in einem Betrieb zu absolvieren. Den Betrieben entstehen durch die Aufnahme des Lehrlings keine Pflichten, da der Lehrling bis zum Abschluss der Teilqualifizierung in der Ausbildungseinrichtung angestellt und versichert bleibt. Es können durch diese Konstruktion viele Betriebe gewonnen werden, die keine Lehrlinge (mehr) aufnehmen wollen. Die Jugendlichen werden während des ganzen Projektes, dessen Laufzeit ca. 1,5 bis 2 Jahren beträgt, fortlaufend von einem Team aus BerufsausbildungsassistentInnen betreut. Die erste Phase des Projektes (die vier bis fünf ersten Monate) verbringen die Jugendlichen in der Ausbildungseinrichtung. Sie werden gecoacht, erproben gruppendynamische Situationen, verstärken ihre sozialen Kompetenzen und holen fehlendes schulisches Wissen nach. Bevor die BerufsausbildungsassistentInnen am Ende der ersten Projektphase versuchen, für die Jugendlichen einen Lehrplatz in einem Betrieb zu akquirieren, gibt es noch eine Berufsorientierung, wo anhand von Eignungsprofilen die Lehrberufe der Jugendlichen festgemacht werden. Wurde ein Betrieb von den BerufsausbildungsassistentInnen geortet, der sich bereit erklärt, den Jugendlichen aufzunehmen, so wird, nach einer kurzen Praktikumsphase, ein Ausbildungsvertrag für die Teilqualifizierung abgeschlossen und der/die Jugendliche verbringt den Rest seiner Ausbildung in dem Betrieb.

Im Folgenden wird der Ausbildungsweg eines Lehrlings beschrieben, der eine Teilqualifizierung im Rahmen des Programms Basic Plus des AMS Wien absolviert.

Box 2: Fallstudie Lehrling V.

Im Juni 2005 wurde V. in das Programm Basic Plus in Wien aufgenommen. Er erlernt den Beruf des Kfz-Technikers im Rahmen der integrativen Berufsaubildung und wird zurzeit als Teilqualifikant in einer Wiener Kfz-Werkstatt ausgebildet. In seinem 13. Lebensjahr ist V. mit seinen Eltern aus Serbien nach Österreich emigriert. In der Hauptschule, die er in Wien besuchte, hatte er zweimal in der Woche zusätzlichen Deutschunterricht und wurde während seiner zwei ersten Hauptschuljahre nicht beurteilt. Ein positiver Hauptschulabschluss wurde ihm durch seine mangelnden Deutschkenntnissen und wegen eines damals unerkannten Analphabetismus jedoch verwehrt. Mit einem negativen Hauptschulabschluss hatte er keine Chance eine reguläre Lehrstelle als Kfz-Techniker (seit jeher sein Traumberuf) in Wien zu finden. Somit kam er sofort nach der Schule zum Arbeitsmarktservice (AMS) und absolvierte eine Berufsorientierungs- und Coachingmaßnahme (BOCO). Das AMS empfahl ihm in Folge eine Teilqualifizierung ohne Berufschulbesuch und wies ihm dem Programm Basic Plus zu.

V. hatte am Anfang Schwierigkeiten sich in die Gruppe des Programms Basic Plus zu integrieren. Er zeigte gegenüber der Gruppe ein aggressives Verhalten und seine Toleranz- sowie Frustrationsgrenze war sehr niedrig. Es war für das Betreuungsteam von Basic Plus anfänglich nicht einfach, einen Zugang zu ihm zu finden, denn der Jugendliche war sehr verschlossen. V. war aggressiv, weil er durch seinen mangelnden Deutschkenntnissen vieles nicht verstand und sich dadurch überfordert fühlte. Ebenfalls versuchte er seinen Analphabetismus zu verbergen, was jedoch vom Betreuungsteam schließlich erkannt wurde. Nach der ersten Phase des Programms Basic Plus, in welcher mit V. an seinen emotionalen, sozialen und schulischen Defiziten gearbeitet wurde, suchte seine Berufsausbildungsassistentin einen passenden Lehrplatz für ihn. Sie fand eine Kfz-Werkstätte, die bereit war, den Jugendlichen aufzunehmen. Der Betrieb, welcher langjährige Erfahrung in der Ausbildung von Lehrlingen hat, wird von zwei Brüdern mit serbischem Migrationshintergrund geführt. Der Lehrmeister hat durch seinen kulturellen Hintergrund sofort einen Zugang zu V. gefunden. V. hat sich reibungslos in den Betrieb integriert und die Autorität seines Lehrmeisters sofort akzeptiert. Er kann - auch wenn der Lehrmeister mit ihm Deutsch redet - sich auf Serbisch mit ihm verständigen. Auch andere seiner Kollegen sprechen Serbisch.

Die Arbeitszeit von V. beträgt 38,5 Stunden in der Woche von 8h bis 17h. Es werden v. a. Autoservice und Reparaturen in der Werkstätte durchgeführt. V. lernt Bremsen und Reifen zu wechseln, sowie Motoren ein- und auszubauen. Seine Kollegen stehen ihm bei seiner Arbeit zur Seite und er kann sich immer an sie wenden, wenn er etwas nicht versteht. Seine Berufsausbildungsassistentin sieht V. nur unregelmäßig. Sie ist aber immer erreichbar, wenn er etwas braucht.

V. wird im Herbst 2006 seine Teilqualifizierung mit einer Prüfung abschließen. V.s Chef plant, ihn dann als Hilfsarbeiter weiter zu beschäftigen. Dies wäre auch V.s größter Wunsch. Nach der Meinung des Werkstättenbesitzers sollte V. nach einigen Jahren Praxis im Kfz-Bereich auch die Möglichkeit und Kenntnis haben ohne Berufschulbesuch, die reguläre Lehrabschlussprüfung extern nachzuholen.

3.3.3 Die Lehrberufe innerhalb der integrativen Berufsausbildung

Mehr als 80 % der männlichen integrativen Lehrlinge befinden sich in den Top-15 Berufen der integrativen Berufsausbildung[9] (siehe Tabelle 7). Der Top-Beruf bei den männlichen IBA-Lehrlingen ist der des Kfz-Technikers. Viele integrative Lehrlinge streben auch eine Lehre als Tischler bzw. als Koch an. Auf den weiteren Plätzen folgen Ausbildungen als Metalltechniker sowie Maler und Anstreicher. Die integrativen Lehrlinge unterscheiden sich in Bezug auf die Berufswahl von den männlichen Lehrlingen insgesamt[10] nur wenig (mit Ausnahme des Landschaftsgärtners, der in den Top-25 der Lehrberufe insgesamt nicht vertreten ist). Alle Top-15 Berufe der IBA - außer Restaurantfachmann und Bäcker - sind auch in den Top-15 der Lehrberufe insgesamt zu finden.

Tabelle 7 Top-15 Lehrberufe der männlichen IBA-Lehrlinge, 2005, Anzahl der Lehrlinge und Anteil der Lehrlinge in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Datenblätter der Berufsausbildungsassistenz, n = 1.269

 

Anzahl der Teilnehmer

Anteil in %

Kraftfahrzeugtechnik

184

14

Tischlerei

142

11

Koch

123

10

Metalltechnik - Metallbearbeitungstechnik

121

10

Maler und Anstreicher

110

9

Einzelhandel insgesamt

103

8

Maurer

79

6

Landschaftsgärtner

45

4

Sanitär- und Klimatechnik

41

3

Bäcker

22

2

Karosseriebautechnik

20

2

Restaurantfachmann

18

1

Elektroinstallationstechnik

17

1

Systemgastronomiefachmann

17

1

Zimmerer

14

1

Top-15 Berufe gesamt

1.056

83

Die ausgeprägte geschlechtsspezifische Berufswahl ist bei den integrativen Lehrlingen ebenso zu beobachten wie bei den Lehrlingen insgesamt. Die Wahl des Lehrberufs der weiblichen IBA-Lehrlinge ist zum Teil aber zu den weiblichen Lehrlingen insgesamt unterschiedlich. Die Lehre im Einzelhandel ist allerdings bei den integrativen Lehrmädchen sowie bei den weiblichen Lehrlingen insgesamt die erste Wahl, wie aus Tabelle 8 ersichtlich. Es folgt die Ausbildung zur Köchin sowie die Lehre zur Friseurin und Perückenmacherin. Bemerkenswert ist, dass der Beruf der Kfz-Technikerin, der bei den integrativen Lehrmädchen auf Platz 4 rangiert, sich insgesamt allerdings nicht in der Liste der Top-25 der weiblichen Lehrberufe insgesamt befindet. Ebenso ist dies der Fall bei den Berufen der Landschaftsgärtnerin, der Denkmal-, Fassaden-, und Gebäudereinigerin sowie der Gartencenterkauffrau. Insgesamt haben 94 % der weiblichen IBA-Lehrlinge einen der aus der Tabelle 8 ersichtlichen Top-15 Berufe gewählt.[11]

Tabelle 8 Top-15 Lehrberufe der weiblichen IBA-Lehrlinge, 2005, Anzahl der Lehrlinge und Anteil der Lehrlinge in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Datenblätter der Berufsausbildungsassistenz, n = 595

 

Anzahl der Teilnehmerinnen

Anteil in %

Einzelhandel insgesamt

200

34

Köchin

101

17

Friseurin und Perückenmacherin

58

10

Kraftfahrzeugtechnik

27

5

Restaurantfachfrau

27

5

Blumenbinderin und -händlerin (Floristin)

24

4

Bürokauffrau

21

4

Landschaftsgärtnerin

19

3

Malerin und Anstreicherin

15

3

Systemgastronomiefachfrau

13

2

Damenkleidermacherin

13

2

Tischlerei

11

2

Denkmal-, Fassaden-, Gebäudereinigerin

11

2

Konditorin

10

2

Gartencenterkauffrau

7

1

Top-15 Berufe gesamt

557

94

Lehrberufe, die sich aus der Sicht der ExpertInnen und der für die Umsetzung der IBA im Berufsschulunterricht Verantwortlichen besonders eignen, sind all jene, die wenig Theorie- und viel Praxisanteil aufweisen sowie durch "viel Üben" erlernt werden können. Dazu zählen beispielsweise die Berufe Koch/Köchin, MalerIn und AnstreicherIn, LandschaftsgärtnerIn, Berufe im Handel sowie Tischlerei. Weniger geeignet sind Berufe mit hohem Theorieanteil (z. B. IT- oder High-Tech-Berufe) und Berufe mit hohem Gefahrenpotenzial (z. B. Elektroberufe). Dies erklärt, dass einige Top-Lehrberufe kaum im Rahmen der IBA erlernt werden.

Die integrative Berufsausbildung wird zu 60 % in Form einer verlängerten Lehre absolviert und 40 % der Lehrlinge erlernen nur Teilbereiche eines Berufsbildes im Rahmen einer Teilqualifizierung (siehe Kapitel 3.3.1). Die höchsten Anteile an Lehrlingen beider Lehrformen konzentrieren sich auf die Top-12 Lehrberufe der integrativen Berufsausbildung. Wie aus Grafik 5 ersichtlich werden die Lehrberufe FriseurIn und PerückenmacherIn, Sanitär- und KlimatechnikerIn, MaurerIn, MalerIn und AnstreicherIn sowie KraftfahrzeutechnikerIn vorwiegend in Form einer verlängerten Lehre von den Lehrlingen absolviert. Außer bei den Lehrberufen zu Restaurantfachleuten, wo die Teilqualifizierung überwiegt, halten sich sonst beide Lehrformen bei den restlichen Top-12 Berufen die Waage.

Grafik 5: Top-12 Lehrberufe der IBA-Lehrlinge, nach Lehrart, Anteil der Lehrlinge in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Datenblätter der Berufsausbildungsassistenz, n = 1.865



[5] Das verpflichtende Clearing sieht nur das Bundessozialamt (BASB) als Voraussetzung für die Förderung der Berufsausbildungsassistenz vor. Bei Förderung durch das AMS ist der Besuch des Berufsorientierungscoachings üblich.

[6] Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMSG): Richtlinie zur Förderung der Berufsausbildungsassistenz nach § 8b Berufsausbildungsgesetz (BAG)

[7] Bis Ende August 2006 erhöhte sich diese Zahl laut vorläufiger Lehrlingsstatistik weiter auf rd. 2.400 Personen.

[8] In Salzburg befinden sich laut Auskunft der BerufsausbildungsassistentInnen IBA-Lehrlinge auch in Einrichtungen.

[9] Insgesamt führen die männlichen IBA-Lehrlinge in 70 Lehrberufen ihre Ausbildung durch

[10] Lehrberufe der Lehrlinge laut WKÖ Lehrlingsstatistik 2005.

[11] Insgesamt führen die weiblichen IBA-Lehrlinge in 40 Lehrberufen ihre Ausbildung durch.

4 Die Berufsausbildungsassistenz

4.1 Organisation und Hintergrund der Berufsausbildungsassistenz

Die Berufsausbildungsassistenz ist in den Bundesländern sehr unterschiedlich organisiert. In Kärnten, Vorarlberg und Wien bietet jeweils nur eine Organisation diese Dienstleistung an, in den anderen Bundesländern wird die Berufsausbildungsassistenz von verschiedenen Trägerorganisationen geleistet (Tabelle 9). Finanziell gefördert wird die Berufsausbildungsassistenz von den jeweiligen Landesstellen des Bundessozialamts (BASB) oder dem Arbeitsmarktservice (AMS), in einigen Bundesländern auch vom Land selbst. Das BASB fördert grundsätzlich die Berufsausbildungsassistenz in den Betrieben der freien Wirtschaft, das AMS die Berufsausbildungsassistenz in den Ausbildungseinrichtungen. In Bundesländern, in denen mehrere Träger tätig sind, erfolgt die "Arbeitsteilung" oftmals entlang dieser Zuteilung, d.h. einige Organisationen betreuen nur die integrativen Lehrlinge in den Betrieben, andere die Lehrlinge, die in den Ausbildungseinrichtungen ihre Lehre absolvieren. In einigen Fällen, wie z. B. in Niederösterreich und Tirol, teilen sich die Trägerorganisationen die Betreuung der Jugendlichen nach regionalen Gesichtspunkten innerhalb des Bundeslandes.

Tabelle 9 Trägerorganisationen der Berufsausbildungsassistenz, Stand Juni 2006. Quelle: Berufsausbildungsassistenz

Bundesland

Trägerorganisationen

Burgenland

Verein Rettet das Kind Burgenland

Verein Vamos

Kärnten

autArK

Niederösterreich

Caritas St. Pölten

Caritas der Erzdiözese Wien

Lebenshilfe NÖ

Integration NÖ

Oberösterreich

Jugend am Werk GmbH

ibis acam GmbH

Salzburg

Landesinstitut für Hörbehinderte

Oberrain/anders kompetent

Verein Einstieg

Rettet das Kind Salzburg

Netzwerk AG

Steiermark

bfi Steiermark

Jugend am Werk Steiermark GmbH

Ausbildungszentrum des Landes Steiermark

Lebenshilfe

alpha nova

BBRZ REHA GesmbH

Chance B

Kompetenz GmbH

Tirol

Verein AASS

Tirol Verein Tafie Außerfern

ibis acam GmbH

Vorarlberg

Büro für Integrationsprojekte

Wien

Jugend am Werk

Die Einrichtungen, die Berufsausbildungsassistenz anbieten, sind soziale Organisationen oder soziale Unternehmen, die im Bereich der beruflichen und sozialen Integration von beeinträchtigten bzw. behinderten Jugendlichen und jungen Erwachsenen tätig sind bzw. einen weiten karitativen Fokus aufweisen. Neben der Berufsausbildungsassistenz werden auch verschiedene Unterstützungs- und Qualifizierungsmaßnahmen angeboten. Diese sind u. a. Berufsorientierung, begleitende Dienste wie z. B. Jobcoaching, (Jugend-) Arbeitsassistenz, diverse Schulungsmaßnahmen und Qualifizierungsprojekte sowie Clearing (siehe Kapitel 3.3). Diese Maßnahmen sollen in erster Linie die Integration beeinträchtigter Menschen auf den ersten Arbeitsmarkt erleichtern bzw. ermöglichen und/oder die Jugendlichen auf eine Lehrausbildung vorbereiten. Zusätzlich bieten einige Organisationen Tagesbetreuungsstrukturen für Personen mit Behinderung an. In die integrative Berufsausbildung sind diese Organisationen durch die Berufsausbildungsassistenz, bei einigen auch durch die zusätzliche Clearingtätigkeit, eingebunden. Einige der Trägerorganisationen sind zudem als Ausbildungseinrichtungen tätig und bieten eigene integrative Lehrgänge an.

Die BerufsausbildungsassistentInnen weisen langjährige Erfahrung in der Betreuung von Jugendlichen auf und verfügen mehrheitlich über einen psychologischen und/oder (sozial- oder sonder-)pädagogischen Ausbildungshintergrund, den sie sich entweder durch ein Hochschulstudium oder durch außeruniversitäre Aus- und Weiterbildung erworben haben. Über einen wirtschaftlichen Erfahrungshintergrund (der als eine wichtige Kompetenz bewertet wird) wie z. B. eine absolvierte Lehre oder Erfahrung in der Unternehmensberatung verfügen die meisten BerufsausbildungsassistentInnen. Außerdem besitzen sie oftmals diverse Zusatzausbildungen z. B. in den Bereichen Lebens- und Sozialberatung oder Supervision. Neben der Berufsausbildungsassistenz sind einige Personen als ClearerIn sowie (Jugend-) ArbeitsassistentIn tätig. Das Beschäftigungsausmaß der BerufsausbildungsassistentInnen variiert im Durchschnitt zwischen 20 und 40 Stunden. Das BASB, welches die Berufsausbildungsassistenz in den Betrieben fördert, gibt einen fixen Betreuungsschlüssel vor: Jede/r vollbeschäftigte BerufsausbildungsassistentIn muss mindestens 20 integrative Lehrlinge (ansonsten aliquot zum Beschäftigungsausmaß) betreuen. Das AMS hingegen, welches die Berufsausbildungsassistenz in den Ausbildungseinrichtungen fördert, hat diesbezüglich keine verbindliche Regelung. In Wien liegt der Betreuungsschlüssel bei BerufsausbildungsassistentInnen, die vom AMS gefördert werden und integrative Lehrlinge in Ausbildungseinrichtungen betreuen, bei 1:100.

4.2 Konkrete Ausgestaltung der Berufsausbildungsassistenz

Die Berufsausbildungsassistenz hat eine zentrale Funktion, da sie in allen Phasen der integrativen Berufsausbildung eingebunden ist und die Koordination aller Akteure (Jugendliche, Eltern, Betriebe, Berufsschule, AMS und Wirtschaftskammer) im Ausbildungsprozess übernimmt. Die BerufsausbildungsassistentInnen fungieren als Schnittstelle zwischen den Akteuren, um eine umfassende Betreuung der IBA-Lehrlingen zu gewährleisten. Die Tätigkeitsbereiche der BerufsausbildungsassistentInnen sind gesetzlich definiert und umfassen Unterstützungstätigkeiten, die Festlegung der Ziele der integrativen Berufsausbildung, die organisatorische Abwicklung bei einem Ausbildungswechsel und die Organisation der Abschlussprüfung im Rahmen der Teilqualifizierung sowie die laufende Dokumentation des integrativen Berufsausbildungsprozesses (siehe Kapitel 3.1).

Die Betreuung der Jugendlichen durch die BerufsausbildungsassistentInnen beginnt offiziell mit dem Beginn des Lehr- bzw. Ausbildungsverhältnisses und endet mit dessen Abschluss oder Abbruch. Wenn der zu betreuende Jugendliche das Clearing durchlaufen hat und eine Lehrstelle gefunden bzw. in Aussicht hat, wird die Berufsausbildungsassistenz aktiv. In Fällen, in denen die Trägerorganisationen die Berufsausbildungsassistenz sowie das Clearing gemeinsam anbieten, werden die BerufsausbildungsassistentInnen teilweise bereits während der Endphase des Clearings bzw. in die Lehrstellensuche eingebunden.

In der ersten Betreuungsphase der integrativen Berufsausbildung müssen die BerufsausbildungsassistentInnen vor allem administrative Formalitäten abwickeln. Darunter fallen:

  • die Festlegung der Inhalte der Lehr- bzw. Ausbildungsverträge und deren Protokollierung bei der Wirtschaftskammer,

  • die Beratung und Unterstützung der Betriebe bei den Förderanträgen und

  • die Anmeldung der Lehrlinge in den Berufsschulen.

Zu Betreuungsbeginn der Berufsausbildungsassistenz werden Erstgespräche gemeinsam mit den Jugendlichen, deren Eltern und den Betrieben bzw. den Ausbildungseinrichtungen geführt. Diese ersten Beratungsgespräche dienen der Kontaktaufnahme und dem Informationsaustausch. Die BerufsausbildungsassistentInnen informieren die Betroffenen über den genauen Ablauf der integrativen Berufsausbildung sowie deren Möglichkeiten und Grenzen. In Anlehnung an den Clearingbericht (wenn ein solcher vorhanden ist) und durch die geführten Gespräche werden die Ressourcen und der Förderbedarf der Jugendlichen bestimmt, wobei auch die bisherige schulische und berufliche Laufbahn berücksichtigt wird. Die BerufsausbildungsassistentInnen haben vor Beginn der integrativen Berufsausbildung gemeinsam mit den Jugendlichen bzw. deren Erziehungsberechtigten und den Lehrbetrieben bzw. den Ausbildungseinrichtungen und unter Einbeziehung der Schulbehörde erster Instanz und des Schulerhalters, die Ausbildungsinhalte, das Ausbildungsziel und die Zeitdauer der integrativen Berufsausbildung sowie die Beschulungsform festzulegen. Im Falle einer Teilqualifizierung müssen das Berufsbild und der Lehrinhalt genau erarbeitet sowie die Berufschulmöglichkeiten abgeklärt werden. Im Falle einer Beschulung, die im Rahmen der Teilqualifizierung nicht verpflichtend ist (siehe Kapitel 3.1), müssen über Lehrstoffkürzungen bzw. über die Freistellung von bestimmten Fächern entschieden werden. Die schriftlich fixierten Lehr- bzw. Ausbildungsverträge müssen für die Protokollierung an die Wirtschaftskammer übermittelt werden.

Die Betriebe werden in der ersten Phase der integrativen Berufsausbildung verstärkt beraten. Die BerufsausbildungsassistentInnen unterstützen sie einerseits administrativ bei den Förderansuchen und andererseits versuchen sie die Lehrbetriebe bzw. die MitarbeiterInnen im Vorfeld im Hinblick auf die besondere Situation des integrativen Lehrlings zu sensibilisieren, um die Integration des Lehrlings zu erleichtern. Außerdem wird eine Bezugsperson im Lehrbetrieb gesucht, die den Lehrling in den Betrieb einführen und für ihn als direkte/r AnsprechpartnerIn bei Fragen und Problemen fungieren kann. Bei Bedarf müssen auch Arbeitsbehelfe für den integrativen Lehrling organisiert werden (spezielle Maschinen, Hilfsmittel) und der Arbeitsplatz muss gegebenenfalls umgestaltet werden.

Im weiteren Verlauf der integrativen Berufsausbildung betreuen die BerufsausbildungsassistentInnen die Betriebe, wenn ein Bedarf vorhanden ist. Die BerufsausbildungsassistentInnen stehen mit den Betrieben in regelmäßigen telefonischen Kontakt und kommen auch persönlich in das Unternehmen, wobei meist die AusbildnerInnen ihre direkten Ansprechpersonen sind. Bei jeweils rd. 30 % der befragten Betriebe sind die AssistentInnen einmal im Quartal oder seltener anwesend und bei 16 % kommen diese etwa einmal pro Monat ins Unternehmen (siehe Grafik 6), weil sie sich oftmals nur telefonisch nach den integrativen Lehrlingen erkundigen.

Grafik 6: Frequenz des Besuchs von BAS in den Betrieben, Anteil der Betriebe in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Betriebe, n = 129

Der Großteil der befragten Betriebe (79 %) ist mit der Häufigkeit der Anwesenheit der BerufsausbildungsassistentInnen zufrieden und empfindet diese Frequenz als genau richtig. Nur rd. ein Fünftel der Betriebe ist der Meinung, dass die BerufsausbildungsassistentInnen zu selten in ihrem Unternehmen anwesend sind. Vor allem zu Beginn eines integrativen Lehrverhältnisses wünschen sich manche Betriebe eine verstärkte Präsenz der Berufsausbildungsassistenz, die dem Lehrling bei der Eingewöhnung behilflich sein könnte.

Die BerufsausbildungsassistentInnen sind der/die direkte AnsprechpartnerIn für die Betriebe, wenn Probleme mit den integrativen Lehrlingen auftauchen. Diese können sich z. B. auf den Arbeitsablauf, die Pünktlichkeit, die Beziehung mit den anderen MitarbeiterInnen beziehen. Bei Problemen mit dem integrativen Lehrling und in Krisensituationen intervenieren die BerufsausbildungsassistentInnen und nehmen die Rolle des/r Mediators/Mediatorin ein.

Eine weitere Formalität, die die BerufsausbildungsassistentInnen in der Anfangsphase abwickeln müssen, ist die Anmeldung des integrativen Lehrlings in der Berufsschule. Die BerufsausbildungsassistentInnen legen im Vorfeld der Beschulung viel Wert auf einen persönlichen Kontakt mit den DirektorInnen und den BerufschullehrerInnen, um sie einerseits über das Kommen des integrativen Lehrlings zu informieren und die Berufschulzeit des Lehrlings gemeinsam mit ihnen zu organisieren. Die Berufschulzeit bedeutet für die integrativen Lehrlingen in den meisten Fällen mehr Druck und Stress als die Ausbildung im Lehrbetrieb, sie erfordert somit eine genaue Planung und eine verstärkte Betreuung der Lehrlinge durch die BerufsausbildungsassistentInnen.

Auch jene Lehrlingen, die die integrative Berufsausbildung in den Ausbildungseinrichtungen absolvieren, werden von BerufsausbildungsassistentInnen unterstützt. Bei knapp 80 % der befragten Ausbildungseinrichtungen erfolgt die Betreuung der integrativen Lehrlinge und der mit der integrativen Lehre befassten Personen durch BerufsausbildungsassistentInnen der eigenen Einrichtung. Bei mehr als der Hälfte der Einrichtungen kümmern sich daher die BerufsausbildungsassistentInnen mindestens einmal pro Woche um die Zielgruppe bzw. die involvierten Personen und bei knapp einem Viertel erfolgt die Betreuung durch die BerufsausbildungsassistentInnen mehrmals im Monat, wie Grafik 7 zeigt.

Grafik 7: Frequenz der Betreuung durch die BAS in den Einrichtungen, Anteil der Ausbildungseinrichtungen in Prozent. Quelle: Befragung der Ausbildungseinrichtungen, n = 26

Die deutlich höhere Betreuungsfrequenz in den Ausbildungseinrichtungen im Vergleich zu den Betrieben ist vor allem darauf zurückzuführen, dass ein Großteil der betreuenden BerufsausbildungsassistentInnen in der gleichen Einrichtung tätig ist und daher eine häufigere Kontaktaufnahme leichter möglich ist. Mehr als 90 % der befragten Einrichtungen empfinden die Häufigkeit der Betreuung durch die BerufsausbildungsassistentInnen als gerade richtig, nur 8 % erscheint sie als zu selten.

Neben den BerufsausbildungsassistentInnen werden die integrativen Lehrlinge in Ausbildungseinrichtungen auch zusätzlich von SozialarbeiterInnen betreut. Dadurch fällt die sozialpädagogische Betreuung der integrativen Lehrlinge durch die Berufsausbildungsassistenz größtenteils weg. Eine Sensibilisierung der AusbildnerInnen ist zudem nicht wie in den Lehrbetrieben notwendig, da diese meist viel Erfahrung im Umgang mit beeinträchtigten Jugendlichen aufweisen und geschulte PädagogInnen sind. Die zusätzliche Lernunterstützung der integrativen Lehrlinge wird in den Ausbildungseinrichtungen in einigen Fällen vor Ort durchgeführt bzw. die AusbildnerInnen nehmen sich mehr Zeit für die Jugendlichen, wenn es Unklarheiten mit dem Lehrstoff gibt. Der Zugang zu beeinträchtigen Jugendlichen ist in den Ausbildungseinrichtungen meist offener und toleranter als in den Lehrbetrieben. Der Betreuungsschlüssel der BerufsausbildungsassistentInnen ist in den Ausbildungseinrichtungen höher, weil einige Tätigkeiten, die vor allem in den Lehrbetrieben erforderlich sind, wegfallen bzw. von den SozialarbeiterInnen übernommen werden. Zudem sind in großen Ausbildungseinrichtungen die BerufsausbildungsassistentInnen teilweise vor Ort - es fallen dadurch die (vor allem in ländlichen Regionen) langen Anfahrtszeiten weg.

Ein weiterer wesentlicher Arbeitsschritt der BerufsausbildungsassistentInnen in Betrieben und Ausbildungseinrichtung bezieht sich auf die Organisation der unterstützenden Begleitmaßnahmen. In den meisten Fällen benötigen die integrativen Lehrlinge eine zusätzliche Lernunterstützung während der Berufschulzeit, um den Lernstoff zu bewältigen (siehe Kapitel 5.3). Meistens nehmen die integrativen Lehrlinge schon im Vorfeld Nachhilfeunterricht, um sich auf die Berufsschule vorzubereiten und um ihre vorhandenen Lerndefizite zu verringern. Die BerufsausbildungsassistentInnen übernehmen eine Schnittstellenfunktion zwischen den Lehrlingen, den AusbildnerInnen, den BerufschullehrerInnen und den NachhilfelehrerInnen. Sie führen mit ihnen regelmäßig Gespräche, um die Unterstützungsstruktur und den Unterstützungsbedarf der integrativen Lehrlinge abzuklären und eventuell zu adaptieren.

Die BerufsausbildungsassistentInnen sind auch in der Abwicklung der Abschlussprüfung (bei Teilqualifizierung) involviert und haben zusammen mit einem/r ExpertIn des betreffenden Berufsbereiches die Abschlussprüfung der Ausbildung durchzuführen. Diese Aufgabe umfasst insbesondere die Erstellung von Unterlagen für die Abschlussprüfung auf Grundlage der dokumentierten erworbenen Kenntnisse der teilqualifizierten Lehrlinge.

Die Arbeitsphasen der BerufsausbildungsassistentInnen unterscheiden sich insofern, dass zu Beginn vor allem administrative Tätigkeiten anfallen, im weiteren jedoch verstärkt eine persönliche Betreuung der Lehrlinge erforderlich ist. Auch nach der Bewältigung der Probezeit und der Eingewöhnung in den Arbeitsprozess ist eine weitere, individuell unterschiedlich intensive Begleitung der Jugendlichen notwendig. Am arbeitsintensivsten sind die Phasen, die mit erhöhten administrativen Tätigkeiten verbunden sind, die Berufschulzeit, Krisensituationen in den Betrieben und in der Berufsschule sowie die Prüfungsvorbereitung.

4.3 Zusammenarbeit mit den anderen AkteurInnen

Die Berufausbildungsassistenz steht auf Grund ihrer Drehscheibenfunktion mit allen an der IBA beteiligten AkteurInnen in Kontakt und hat den IBA-Prozess zu koordinieren. Es kommt daher zu einer Zusammenarbeit mit den Unternehmen und Ausbildungseinrichtungen, den Berufsschulen, dem Arbeitsmarktservice und den Eltern der Jugendlichen.

Zusammenarbeit mit Unternehmen und Ausbildungseinrichtungen

Die Zusammenarbeit mit den Unternehmen wird von den BerufsausbildungsassistentInnen generell als (sehr) positiv bewertet und auch die Unternehmen schätzen die soziale Dienstleistung der Berufsausbildungsassistenz (siehe Kapitel 4.4). Der Schwerpunkt der Arbeit der BerufsausbildungsassistentInnen in den Unternehmen betrifft die Klärung offener Fragen bezüglich der integrativen Berufsausbildung und die Unterstützung bei administrativen Angelegenheiten. Die Betriebe nehmen vorwiegend Beratungsleistungen der BerufsausbildungsassistentInnen in Anspruch, um mehr Informationen über den/die auszubildende/n Jugendliche/n zu erhalten, wie aus Grafik 8 hervor geht. Mehr als 60 % der befragten Betriebe lassen sich zum Berufsschulbesuch des Lehrlings beraten, holen Informationen zum Unterstützungsbedarf ein und 58 % lassen sich über die Stärken und Schwächen des/r Jugendlichen informieren. 56 % überlassen die Abwicklung der Förderanträge den BerufsausbildungsassistentInnen und etwa die Hälfte nimmt Beratungen zu den Lehr- und Ausbildungsverträgen in Anspruch. Bei knapp 40 % der Betriebe werden die BerufsausbildungsassistentInnen bei Krisen oder Konflikten herangezogen. Hingegen erscheinen organisatorische Hilfestellungen am Arbeitsplatz weniger erforderlich. Die Organisation von Hilfsmitteln bzw. die behindertengerechte Adaptierung des Arbeitsplatzes sowie das Organisieren von unterstützenden Begleitmaßnahmen werden nur von einem kleinen Teil der Betriebe in Anspruch genommen. Ein Jobcoaching im Unternehmen kann vor allem im Falle einer Teilqualifizierung erforderlich sein, wenn der/die Jugendlichen eine zusätzliche Begleitung am Arbeitsplatz benötigt. Die Organisation einer solchen persönlichen Begleitung, aber auch einer eventuellen Arbeitsassistenz übernimmt die Berufsausbildungsassistenz. Unterstützungsleistungen zum Aufbau eines Mentoring-Systems im Unternehmen finden seitens der Betriebe auch weniger Zuspruch.

Grafik 8: Leistungen der BerufsausbildungsassistentInnen in den Betrieben, Anteil der Betriebe in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Betriebe, n = 136

Aus Sicht der BerufsausbildungsassistentInnen ist die Sensibilisierungsarbeit in den Betrieben bezüglich der integrativen Berufsausbildung sehr wichtig, damit die Lehrzeit der Jugendlichen gut verläuft, da ein integrativer Lehrling mehr Zeit und Geduld seitens der Betriebe bzw. der AusbildnerInnen und der MitarbeiterInnen als ein regulärer Lehrling verlangt. Die zusätzliche Betreuung der integrativen Lehrlinge durch die BerufsausbildungsassistentInnen wird von den Betrieben sehr geschätzt. Sie erwarten auch von den BerufsausbildungsassistentInnen Hilfe und Unterstützung bei Problemen und Krisensituationen mit den integrativen Lehrlingen. Für die Betriebe ist es wichtig, dass sie das Gefühl haben, dass sie jederzeit Unterstützung während der Ausbildung der integrativen Lehrlinge bekommen können.

In den Ausbildungseinrichtungen werden die BerufsausbildungsassistentInnen vorrangig für Beratungen zum Unterstützungsbedarf der integrativen Lehrlinge sowie für Interventionen bei Krisen und Konflikten herangezogen (siehe Grafik 9). In den Betrieben nehmen nur knapp 40 % eine Unterstützung in Krisensituationen in Anspruch, während 85 % der Einrichtungen auf diese Hilfestellungen zurückgreifen. Knapp drei Viertel der Einrichtungen holen bei den BerufsausbildungsassistentInnen Informationen zu den Stärken und Schwächen des/r Jugendlichen ein und etwa 70 % lassen sich zum Berufsschulbesuch der integrativen Lehrlinge beraten. Diese Beratungsleistungen sowie jene zum Unterstützungsbedarf bilden auch in den Betrieben den Schwerpunkt. Mehr als die Hälfte der Ausbildungseinrichtungen überlässt die Erstellung von Ausbildungsplänen den BerufsausbildungsassistentInnen und nimmt Beratungen zur rechtlichen Situation sowie zu den spezifischen Lehr- und Ausbildungsverträgen in Anspruch. Nur 42 % der Einrichtungen übergeben die Abwicklung der Förderanträge den BerufsausbildungsassistentInnen, während 56 % der Betriebe auf diese Unterstützungsleistung zurückgreifen. Die Organisation von unterstützender Begleitung am Arbeitsplatz (z. B. durch ArbeitsassistentInnen) erfolgt bei 42 % der Ausbildungseinrichtungen, während nur 22 % der Betriebe diese Organisationsleistung in Anspruch nehmen. Die Organisation von Hilfsmitteln am Arbeitsplatz erscheint - ebenso wie in den Betrieben - größtenteils nicht erforderlich und auch auf Unterstützungen zum Aufbau eines Mentoring-Systems wird kaum zurückgegriffen.

Grafik 9: Leistungen der BerufsausbildungsassistentInnen in den Ausbildungseinrichtungen, Anteil der Ausbildungseinrichtungen in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Ausbildungseinrichtungen, n = 26

Zusammenarbeit mit Berufsschulen

Das Niveau der Zusammenarbeit mit den Berufsschulen wird von den BerufsausbildungsassistentInnen als sehr heterogen wahrgenommen. Sie beobachten ein uneinheitliches Engagement der Berufsschulen im Hinblick auf die integrative Berufsausbildung. Der Kontakt zu den Landesschulinspektoren ist meist sehr gut und die Zusammenarbeit verläuft reibungslos, mit den DirektorInnen und den BerufschullehrerInnen verläuft die Zusammenarbeit unterschiedlich. Die Berufsschulen sind ungleich auf die integrative Berufsausbildung vorbereitet. In einigen Berufsschulen funktioniert die Integration der Lehrlinge sehr gut: Die BerufschullehrerInnen sind sehr engagiert, erstellen eigenes Lehrmaterial für die integrativen Lehrlinge und setzen sich intensiv mit den Jugendlichen auseinander. Andere BerufschullehrerInnen sind wiederum weniger engagiert. Grundsätzlich beobachten die BerufsausbildungsassistentInnen jedoch, dass die BerufsschullehrerInnen bemüht sind. Die BerufsausbildungsassistentInnen versuchen immer einen direkten Kontakt mit den BerufschullehrerInnen aufzubauen, damit ein guter Informationsfluss bzgl. der Leistungen der integrativen Lehrlinge gegeben ist, um gegebenenfalls Lernanpassungen bzw. zusätzliche Lernunterstützung zu organisieren. Die integrativen Lehrlinge benötigen meist zusätzlich eine/n StützlehrerIn (siehe Kapitel 7).

Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarktservice (AMS)

Die Zusammenarbeit der BAS mit dem Arbeitsmarktservice ist regional sehr unterschiedlich. Sie reicht von einer sehr engen bis zu einer losen bzw. keiner Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit, wenn es eine gibt, wird von den BerufsausbildungsassistentInnen als gut bewertet. Sie bezieht sich vorwiegend auf den organisatorischen Bereich (z. B. für die Bestimmung und Bestätigung der IBA-Zielgruppenzugehörigkeit der Jugendlichen) sowie auf die finanziellen Förderungen. Eine engere Zusammenarbeit gibt es dort, wo die Berufsausbildungsassistenz vom AMS gefördert wird.

Zusammenarbeit mit den Eltern

Die BerufsausbildungsassistentInnen pflegen regelmäßigen persönlichen und tele¬fonischen Kontakt zu den Eltern der Jugendlichen und die Eltern werden in den Prozess der integrativen Berufsausbildung miteinbezogen. Darüber hinaus intervenieren sie bei Problemen zwischen den Eltern und den Jugendlichen.

Die Zusammenarbeit mit den Eltern verläuft im Regelfall gut. Die Voraussetzungen für eine gute Kooperation liegen in der gemeinsamen (BAS, Jugendliche/r und Eltern) Formulierung und Erreichung der Lehrziele. Teilweise setzen aber die Eltern sehr (bzw. zu) hohe Erwartungen an die BerufsausbildungsassistentInnen. Einige Eltern erwarten, dass die BerufsausbildungsassistentInnen ihnen die "Verantwortung abnehmen" und erzieherische Maßnahmen setzen, dies fällt jedoch nicht in das Aufgabenfeld der Berufsausbildungsassistenz.

4.4 Beurteilung der BerufsausbildungsassistentInnen

Knapp 90 % der befragten Betriebe sind mit den angebotenen Leistungen der BerufsausbildungsassistentInnen sehr bzw. eher zufrieden (siehe Grafik 10). Nur etwa ein Zehntel ist mit ihrer Unterstützung weniger oder gar nicht zufrieden, wobei die Betriebe vorwiegend eine zu seltene Kontaktaufnahme sowie eine zu geringe Betreuung seitens der BerufsausbildungsassistentInnen als Gründe für ihre Kritik anführen.

Grafik 10: Zufriedenheit mit den Leistungen der BerufsausbildungsassistentInnen in den Betrieben, Anteil der Betriebe in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Betriebe, n = 130

72 % der Ausbildungseinrichtungen sind mit den Leistungen der BerufsausbildungsassistentInnen sehr zufrieden und knapp ein Viertel ist eher zufrieden, wie aus Grafik 11 hervorgeht. Der Anteil der "sehr Zufriedenen" ist unter den Ausbildungseinrichtungen noch höher als unter den Betrieben (72 % gegenüber 44 % der Betriebe). Lediglich 4 % der Einrichtungen sind mit dem Leistungsangebot der Berufausbildungsassistenz weniger zufrieden.

Grafik 11: Zufriedenheit mit den Leistungen der BerufsausbildungsassistentInnen in den Einrichtungen, Anteil der Ausbildungseinrichtungen in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Ausbildungseinrichtungen, n = 25

Auch die befragten integrativen Lehrlinge schätzen ihre BerufsausbildungsassitentInnen und zeigen sich sehr zufrieden mit der begleitenden Betreuung. Wichtig ist den Jugendlichen eine Ansprechperson, die sie jederzeit im Bedarfsfall kontaktieren können. Ein Lehrling beschreibt das Betreuungsverhältnis beispielsweise so: "Ich kann sie jederzeit fragen, wie was ist und wie das ausschaut. In der Berufsschule habe ich sie auch relativ oft angerufen. Und ich kann sie jederzeit fragen. Und wenn ich sie halt nicht erwische, dann ruft sie mich halt zurück. Da gibt es keine Probleme."

5 Die integrativen Lehrlinge

5.1 Allgemeine Charakteristika der integrativen Lehrlinge

Die Mehrheit (68 %) der integrativen Lehrlinge ist männlich. Nur etwa jeder Dritte IBA-Lehrling ist ein Mädchen. Bezüglich der Altersverteilung sind die Lehrlinge in der integrativen Lehrausbildung tendenziell älter als die regulären Lehrlinge. Fast die Hälfte der integrativen Lehrlinge war Ende 2005 über 18 Jahre alt und mehr als ein Viertel 17 Jahre alt (siehe Grafik 12).

Grafik 12: Alter der integrativen Lehrlinge *, Anteil der Lehrlinge in Prozent. * zum Stichtag 31.12.2005 Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Datenblätter der Berufsausbildungsassistenz, n= 1.886

Rd. 82 % der integrativen Lehrlinge verfügen über einen Pflichtschulabschluss. Lediglich weniger als ein Fünftel der Jugendlichen hat keinen oder einen negativen Pflichtschulabschluss. Der Anteil jener, die keinen oder einen negativen Pflichtschulabschluss haben, ist bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund (31 %) jedoch signifikant höher als bei jenen ohne diesen (14 %) (siehe Grafik 19). Diese Unterschiede können zum Teil darauf zurückzuführen sein, dass bei Jugendlichen, die ihre Schulpflicht z. B. im Ausland absolviert haben, ihr Pflichtschulabschluss in Österreich nicht anerkannt wird.

Der Anteil der integrativen Lehrlinge mit Migrationshintergrund liegt wie aus Grafik 13 ersichtlich bei durchschnittlich 26 %. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind beträchtlich. Während in der Steiermark und im Burgenland der Anteil der Lehrlinge mit Migrationshintergrund weniger als 10 % beträgt, liegt er in Wien bei 65 %.

Grafik 13: Migrationshintergrund der integrativen Lehrlinge nach Bundesland, Anteil der Lehrlinge in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Datenblätter der Berufsausbildungsassistenz, n= 1.869

5.2 Die Zielgruppenzugehörigkeit der integrativen Lehrlinge

In Hinblick auf die Zugehörigkeit der integrativen Lehrlinge zu den einzelnen Zielgruppen der integrativen Berufsausbildung zeigt sich, dass 61 % der Lehrlinge in ihrer Schulzeit einen sonderpädagogischen Förderbedarf aufwiesen bzw. teilweise Unterricht nach Sonderschullehrplan (§ 8b (4) Z. 1 BAG) erhielten (siehe Grafik 14). Knapp ein Viertel der integrativen Lehrlinge verfügt über persönliche Vermittlungshindernisse (§ 8b (4) Z. 4 BAG), sodass eine Vermittlung in ein reguläres Lehrverhältnis nicht möglich ist. Rd. 17 % der integrativen Lehrlinge verfügt über keinen bzw. einen negativen Hauptschulabschluss (§ 8b (4) Z. 2 BAG). Lediglich 9 % der integrativen Lehrlingen ist im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes bzw. des jeweiligen Landesbehindertengesetzes behindert (§ 8b (4) Z. 3 BAG).

Grafik 14: Die Zielgruppenzugehörigkeit der integrativen Lehrlingen, Anteil der Lehrlinge in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Datenblätter der Berufsausbildungsassistenz, Mehrfachnennungen möglich, n= 1.867

Betrachtet man die Zielgruppenzugehörigkeit der Lehrlinge nach Bundesländern, so stellt man fest, dass die Bedeutung der Zielgruppen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich stark ausgeprägt ist. (siehe Grafik 15). Die Lehrlinge mit ehemals sonderpädagogischen Förderbedarf (§ 8b (4) Z. 1 BAG) sind im Bundesländervergleich in Oberösterreich, Wien und Tirol unterdurchschnittlich repräsentiert. Dafür ist der Anteil der Lehrlinge mit keinem oder negativem Pflichtschulabschluss (§ 8b (4) Z. 2 BAG) in Oberösterreich, aber vor allem in Wien signifikant höher als in den restlichen Bundesländern, da fast 40 % der IBA-Lehrlinge in der Bundeshauptstadt über keinen (positiven) Pflichtschulabschluss verfügen. Lehrlinge, die im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes bzw. des jeweiligen Landesbehindertengesetzes behindert sind (§ 8b (4) Z. 3 BAG) sind, sind fast ausschließlich in Salzburg, der Steiermark, Tirol und Vorarlberg vorzufinden (in den restlichen Bundesländen ist diese Zielgruppe kaum oder gar nicht vertreten). In Oberösterreich, im Burgenland, in Tirol und der Steiermark befinden sich wiederum über ein Viertel der IBA-Lehrlinge in der Zielgruppe nach § 8b (4) Z. 4 BAG, die auf Grund persönlicher Vermittlungshemmnisse in kein reguläres Lehrverhältnis vermittelt werden konnten, während in den restlichen Bundesländern nicht einmal ein Fünftel der integrativen Lehrlinge dieser Zielgruppe zugeordnet wurde.

Grafik 15: Zielgruppenzugehörigkeit der integrativen Lehrlinge nach Bundesland, Anteil der Lehrlinge in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Datenblätter der Berufsausbildungsassistenz, Mehrfachnennungen möglich, n = 1.867

Der Großteil der integrativen Lehrlinge (60 %) befindet sich in verlängerten Lehrverhältnissen und rd. 40 % lassen sich in Form einer Teilqualifizierung ausbilden (siehe Kapitel 3.3.1). Die Zielgruppen sind in den zwei Ausbildungsformen - wie in Grafik 16 ersichtlich - unterschiedlich stark vertreten. Mehr als die Hälfte der integrativen Lehrlinge in verlängerten Lehrverhältnissen, aber über zwei Drittel der Lehrlinge in Teilqualifizierung hatten in der Schule sonderpädagogischem Förderbedarf bzw. wurde teilweise nach Sonderschullehrplan unterrichtet (§ 8b (4) Z. 1 BAG). Ebenfalls ist der Anteil der integrativen Lehrlinge, die im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes bzw. des jeweiligen Landesbehindertengesetzes behindert (§ 8b (4) Z. 3 BAG) sind, in der Teilqualifizierung signifikant höher (18 %) als in der verlängerten Lehre (3 %). Der Anteil der Lehrlinge, die keinen oder einen negativen Pflichtschulabschluss haben (§ 8b (4) Z. 2 BAG), ist in der verlängerten Lehre (20 %) doppelt so hoch wie bei den Lehrlingen in Teilqualifizierung (11 %). In der verlängerten Lehre wurde ein Viertel (26 %) der IBA-Lehrlinge der Zielgruppe mit persönlichen Vermittlungshemmnissen ((§ 8b (4) Z. 4 BAG) zugeordnet, in der Teilqualifizierung weniger als ein Fünftel (17 %).

Grafik 16: Zielgruppenzugehörigkeit nach Lehrart der integrativen Lehrlinge, Anteil der Lehrlinge in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Datenblätter der Berufsausbildungsassistenz, Mehrfachnennungen möglich, n= 1.867

Auch bei Betrachtung des Ausbildungsortes sind Unterschiede in der Zielgruppenzugehörigkeit feststellbar (Grafik 17). In den Ausbildungseinrichtungen sind der Anteil der Lehrlinge mit keinem oder negativem Pflichtschulabschluss (§ 8b (4) Z. 2 BAG). mit 28 % und der Anteil jener Jugendlichen mit persönlichen Vermittlungshemmnissen (§ 8b (4) Z. 4 BAG) mit 26 % weitaus höher als in den Betrieben (8 % bzw. 20 %). Die IBA-Lehrlinge in den Betrieben sind dagegen zu mehr als zwei Dritteln (68 %) aus der Zielgruppe der Jugendlichen mit ehemals sonderpädagogischem Förderbedarf (§ 8b (4) Z. 1 BAG), in den Ausbildungseinrichtungen sind nur rd. die Hälfte der integrativen Lehrlinge aus dieser Zielgruppe.

Grafik 17: Zielgruppenzugehörigkeit nach Lehrort der integrativen Lehrlinge, Anteil der Lehrlinge in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Datenblätter der Berufsausbildungsassistenz, Mehrfachnennungen möglich, n= 1.867

Im Folgenden wird daher im Rahmen eines Fallbeispiels die Ausbildungssituation eines integrativen Lehrlings mit sonderpädagogischem Förderbedarf, der in einem Betrieb qualifiziert wird, genauer dargestellt.

Box 3: Fallstudie Lehrling E.

E. ist 18 Jahre alt und hat ihre verlängerte Lehrausbildung zur Friseurin im August 2004 begonnen. Sie absolviert derzeit ihr 2. Lehrjahr bei einem kleinen Friseurbetrieb in Niederösterreich.

Vor der integrativen Berufsausbildung besuchte das Mädchen eine Sonderschule, da sie schon seit Beginn ihrer Schullaufbahn Probleme beim Lernen hatte. Sie wollte auf Grund ihrer schlechten Erfahrungen im Schulwesen nicht weiter die Schule besuchen, sondern eine Lehre beginnen. Zuerst gab es die Überlegung, dass sie eine reguläre Lehre versucht. E. war es ein großes Anliegen, die Stigmatisierung "Sonderschülerin" loszuwerden und möglichst "normal" zu sein. Nach dem Ende ihrer Sonderschullaufbahn hat sie sich sofort beim AMS gemeldet und gemeinsam mit ihrer Mutter eine Lehrstelle bei einem Friseurbetrieb gefunden. Dort wurde sie nach ein paar Schnuppertagen als Lehrling aufgenommen. Ein Diskussionsprozess zwischen der Berufsausbildungsassistentin, dem Betrieb, E. und ihren Eltern führte zur Entscheidung für eine integrative Berufsausbildung, da diese insbesondere in Hinblick auf den bevorstehenden Berufsschulbesuch von Vorteil wäre. Das Clearing hatte die Jugendliche bereits in der Sonderschule durchlaufen und so stand einer verlängerten Lehre zur Friseurin nichts mehr im Weg, zumal die gefundene Lehrstelle auch ihrem Berufswunsch entsprach.

Im Friseurbetrieb wird das Lehrmädchen von ihrer Chefin ausgebildet, sie bekommt aber auch Aufgaben von einer weiteren Mitarbeiterin, einer Fachkraft, zugeteilt. Der Aufgabenbereich des Lehrlings umfasst Haare waschen, Augenbrauen und Wimpern färben und fallweise darf sie auch Haare färben oder eindrehen. Es ist angedacht, dass sie bald beginnen darf, Herren zu schneiden. E. hat schon Freundinnen die Haare geschnitten und von diesen Schnitten war auch ihre Chefin begeistert. Sie freut sich schon, wenn sie bald im Betrieb das professionelle Schneiden erlernen darf.

E. hat bereits das 2. Berufsschuljahr absolviert. Sie nahm an einem geblockten Berufsschulunterricht von 10 Wochen teil und war während der Berufsschulzeit in einem Internat untergebracht. Das Lernen hat ihr in der Berufsschule große Schwierigkeiten bereitet, auch wenn bereits eine Reduktion ihres Lernstoffes in Fachkunde erfolgte. Sie wurde zwar - weil auch zwei weitere integrative Lehrlinge ihre Klasse besuchten - von einem Stützlehrer betreut, der geplante Nachhilfeunterricht konnte aber auf Grund von organisatorischen Schwierigkeiten in der Berufsschule nicht realisiert werden. Eine Sonderpädagogin in der Berufsschule hat sich aber besonders um die integrativen Lehrlinge bemüht und beispielsweise die Arbeitsblätter für E. speziell aufbereitet.

Für die Absolvierung ihres letzten Berufsschuljahres ist eventuell wieder eine Reduktion des Lehrstoffes vorgesehen, dessen Beherrschung nach einer Lernphase nachgewiesen werden muss. Auf Grund der Lernschwäche hat die Berufsschule eine Empfehlung zu einem Umstieg in eine Teilqualifizierung gegeben, da E. in der praktischen Arbeit jedoch sehr gute Leistungen zeigt, scheint ein voller Lehrabschluss erstrebenswert, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Mit Unterstützung wird sie nach Meinung der betreuenden Berufsausbildungsassistentin voraussichtlich auch den Lehrabschluss bewältigen können. Für die Berufsausbildungsassistenz gibt es während der betrieblichen Lehrausbildung kaum Unterstützungsbedarf, wobei - wie üblich - ein Mal im Monat miteinander Kontakt aufgenommen wird. Hingegen stellt sich die Berufsschulzeit als sehr betreuungsintensiv dar.

Das Lehrmädchen hofft, dass sie im Anschluss an ihre Lehrausbildung im Betrieb weiterarbeiten kann. Sie ist dort sehr zufrieden und schätzt den freundlichen Umgang ihrer Chefin und Kollegin und die entspannte Arbeitsatmosphäre.

Zielgruppenzugehörigkeit der beeinträchtigten Lehrlinge

Der Anteil der integrativen Jugendlichen mit Behinderung liegt deutlich höher als der Anteil der Lehrlinge, die der Zielgruppe § 8b (4) Z. 3 BAG zugewiesen worden ist (9 %). Laut Angaben der Berufsausbildungsassistenz weist ein Viertel der integrativen Lehrlinge eine körperliche, geistige oder psychische Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen - mit unterschiedlicher Stärke - auf. Diese beeinträchtigten Lehrlinge befinden sich wie in Grafik 18 ersichtlich zu zwei Dritteln in der Zielgruppe der Lehrlinge mit ehemals sonderpädagogischem Förderbedarf (§ 8b (4) Z. 1 BAG). Lediglich 36 % der Jugendlichen mit Einschränkungen sind der Zielgruppe nach § 8b (4) Z. 3 BAG zugeordnet.

Betrachtet man die Gruppe der Jugendlichen ohne Einschränkungen, so gibt es signifikante Unterschiede in der Zielgruppenzugehörigkeit gegenüber den beeinträchtigten Lehrlingen. Im Vergleich zu 4 % der beeinträchtigten Lehrlinge, verfügt rd. ein Viertel der Lehrlinge ohne Einschränkungen über keinen oder einen negativen Pflichtschulabschluss (§ 8b (4) Z. 2 BAG). Auch der Anteil jener Lehrlinge mit persönlichen Vermittlungshemmnissen (§ 8b (4) Z. 4 BAG) ist fast doppelt so hoch. Die Mehrheit der Jugendlichen ohne Einschränkungen (50 %) befindet sich wie die beeinträchtigten Jugendlichen - aber in einem geringeren Ausmaß - in der Zielgruppe der Jugendlichen mit vormals SPF (§ 8b (4) Z. 1 BAG).

Grafik 18: Die Zielgruppenzugehörigkeit der integrativen Lehrlingen mit und ohne Einschränkungen, Anteil der Lehrlinge in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Datenblätter der Berufsausbildungsassistenz, Mehrfachnennungen möglich

Zur Illustration der Situation von Lehrlingen mit Behinderung in der integrativen Berufsausbildung wird im Folgenden der Ausbildungsweg eines Mädchens mit Down-Syndrom skizziert.

Box 4: Fallstudie Lehrling A.

Lehrling A. ist ein 17-jähriges Mädchen mit Down-Syndrom. Sie wird seit September 2005 in einem Bundesgymnasium in Oberösterreich als Verwaltungsassistentin ausgebildet. Sie erlernt ihren Beruf im Rahmen einer dreijährigen Teilqualifizierungslehre.

A. ist seit dem Kindergarten immer integrativ aufgewachsen. Während ihrer Pflichtschulzeit war sie in einer integrativen Hauptschule und absolvierte ebenfalls im Anschluss einen integrativen Schulversuch eines polytechnischen Lehrgangs. Für die Eltern von A., die sehr engagiert und bemüht sind, war es wichtig, dass A. nach der Schule nicht in einer geschützten Werkstätte für Behinderte beschäftigt wird. Sie strebten für ihre Tochter auch eine Integration am ersten Arbeitsmarkt an. Die Möglichkeit eine Teilqualifizierung im Rahmen der integrativen Berufsausbildung absolvieren zu können kam A. und ihren Eltern daher sehr entgegen.

Um ihre Berufswahl optimal durchzuführen, absolvierte A. nach der Schule ein Clearing, in dem sie die Möglichkeit bekam, in verschiedenen Lehrberufen zu schnuppern. So kam es, dass sie sich bei einem Friseur, in einem Altersheim, in einer Bücherei sowie in einem Büro ein umfassendes Bild über die Aufgaben des jeweiligen Berufsbildes machen können. Das Zustandekommen ihrer jetzigen Lehrstelle verdankt sie dem Einsatz ihres Vaters. Dieser arbeitet als Lehrer am Gymnasium und bat den Schuldirektor seine Tochter als integrativen Lehrling aufzunehmen.

Das Berufsbild der Verwaltungsassistentin wurde den Fähigkeiten und Möglichkeiten von A. angepasst. Ebenfalls wurde in der Berufschule für sie ein individueller Lehrplan für das erste Schuljahr erstellt. Es wurde darauf geachtet, die Lerninhalte vorwiegend theoretischer Natur zu minimieren. Es steht ihr auch ein/e StützlehrerIn in der Berufsschule zur Verfügung. Ein Sonderpädagoge, der bereits A. im polytechnischen Lehrgang unterrichtete, gibt ihr einmal in der Woche Förderunterricht und bereitet sie in Hinblick auf den Blockunterricht in der Berufsschule vor. Ebenfalls stand er der Berufsausbildungsassistentin bei der Erstellung des Berufsschullehrplan zur Seite.

A. hat gleitende Arbeitszeiten, arbeitet aber grundsätzlich 38,5 Stunden in der Woche im Sekretariat des Schuldirektors und unterstützt dessen Sekretärinnen bei ihren Aufgaben. Sie führt u. a. Kopieraufträge aus, trägt jeden Morgen die Post für die Lehrer aus, kuvertiert Briefe, geht auf die Bank, sperrt Klassen auf und zu. Durch ihr Down-Syndrom muss aber immer abgewogen werden, welche Tätigkeiten in ihrem Möglichkeitsbereich liegen.

A. ist sehr eifrig, hat sehr angenehme Umgangsformen und zeigt viel Freude an der Arbeit. Die Akzeptanz ihr gegenüber war in der Schule sofort gegeben. Aus Sicht des Direktors trägt sie dazu bei, das Verständnis und die Offenheit der SchülerInnen und LehrerInnen gegenüber Menschen mit Behinderungen zu stärken.

Zielgruppenzugehörigkeit der integrativen Lehrlinge mit Migrationshintergrund

Rd. ein Viertel der integrativen Lehrlinge haben einen Migrationshintergrund (siehe Grafik 13). Betrachtet man diese Gruppe von Lehrlingen nach Zielgruppenzugehörigkeit und vergleicht sie mit der Gruppe von Lehrlingen, die keinen Migrationshintergrund haben, zeigt sich, wie in Grafik 19 ersichtlich, dass der Anteil der Lehrlinge mit Migrationshintergrund in der Zielgruppe nach § 8b (4) Z. 2 BAG, Lehrlinge mit keinem oder negativem Hauptschulabschluss, signifikant höher ist. Fast ein Drittel der Lehrlinge mit Migrationshintergrund sind - im Gegensatz zu rd. einem Zehntel der Lehrlinge, die keinen Migrationshintergrund haben - in dieser Zielgruppe vertreten. Dies erklärt u. a. auch den hohen Anteil der integrativen Lehrlingen dieser Zielgruppe in Wien (siehe Grafik 15), da der Anteil der Lehrlinge mit Migrationshintergrund in Wien bei 65 % liegt (siehe Grafik 13). In der Zielgruppe des § 8b (4) Z. 3 BAG liegt hingegen der Anteil der Lehrlinge mit Migrationshintergrund, die im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes bzw. des jeweiligen Landesbehindertengesetzes behindert sind, bei 4 % und ist somit marginal.

Grafik 19: Die Zielgruppenzugehörigkeit der integrativen Lehrlinge mit und ohne Migrationshintergrund, Anteil der Lehrlinge in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Datenblätter der Berufsausbildungsassistenz, Mehrfachnennungen möglich, n= 1.844

5.3 Problembereiche und Unterstützungsbedarf der integrativen Lehrlinge

Nach Angaben der BerufsausbildungsassistentInnen weisen mehr als ein Drittel der integrativen Lehrlingen Lernschwächen auf. Ebenfalls sind wie in Grafik 20 ersichtlich jeweils rd. ein Drittel der Lehrlinge mit sozialen Problemen (instabiles soziales Umfeld bzw. problematisches Elternhaus, Verschuldung, etc.) konfrontiert und haben emotionale Schwierigkeiten. Mehr als ein Zehntel der integrativen Lehrlinge haben Sprachprobleme und verfügen nur über mangelnde Deutschkenntnisse. Bei einem Fünftel der Lehrlinge wurden explizit auch sonstige Probleme genannt wie z. B. Konzentrationsschwächen, Epilepsie, ADHS (AufmerksamkeitsDefizit-/HyperaktivitätsStörung).

Grafik 20: Problembereiche der integrativen Lehrlinge, Anteil der Lehrlinge in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Datenblätter der Berufsausbildungsassistenz, Mehrfachnennungen möglich, n= 1.819

Neben der Berufsausbildungsassistenz können die integrativen Lehrlinge während ihrer Berufsaubildung zusätzliche Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen. Dabei kommt der Lernunterstützung besondere Bedeutung zu. Wie aus Grafik 21 ersichtlich erhalten fast alle integrativen Lehrlinge (94 %) Nachhilfe oder sonstige Lernbetreuung zur Bewältigung des Berufsschulunterrichts. Nach Meinung der BerufsausbildungsassistentInnen (siehe Kapitel 8.1) ist diese Unterstützungsleistung für den Erfolg und der positiven Absolvierung der Berufsschule auch unabdingbar.

Rd. 15 % der Lehrlinge benötigen ebenfalls eine Arbeitsassistenz im Betrieb und 11 % eine individuelle Arbeitsbegleitung bzw. ein Job Coaching. Am seltensten werden Hilfestellungen durch persönliche AssistentInnen bzw. PflegehelferInnen von den Jugendlichen in Anspruch genommen.

Grafik 21: Zusätzliche in Anspruch genommene Unterstützungsleistungen der integrativen Lehrlinge, Anteile der Lehrlinge in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Datenblätter der Berufsausbildungsassistenz, Mehrfachnennungen möglich, n= 1.539

Im Folgenden wird die Lebensgeschichte eines Lehrmädchens mit multiplen Problemlagen beispielhaft dargestellt.

Box 5: Fallstudie Lehrling L.

L. ist 18 Jahre alt und hat im September 2005 ihre Teilqualifizierungslehre in einer Filiale einer großen Lebensmittelhandelskette in der Steiermark begonnen. Ihre Lehrausbildung, bei der sie speziell für die Obst- und Gemüseabteilung qualifiziert wird, dauert bis September 2007.

Die Jugendliche hat auf Grund einer intellektuellen Minderbegabung sowie von Teilleistungsschwächen v. a. beim Rechnen die allgemeine Sonderschule bis zum 9. Schuljahr besucht und anschließend am Vorqualifizierungsprojekt Team A+ teilgenommen. Dieses Projekt dient der Nachreifung und ermöglicht Jugendlichen und jungen Erwachsenen Erfahrungen am ersten Arbeitsmarkt zu sammeln. Dort werden Arbeitshaltungen und soziale Kompetenzen trainiert und die TeilnehmerInnen besuchen wöchentlich die Berufsschule, in der sie in eigenen Klassen unterrichtet werden. Im Rahmen des Team A+ Projektes sammelte L. erste Arbeitserfahrungen in einem Baumarkt und absolvierte ein Langzeitpraktikum bei der Lebensmittelhandelskette. Dadurch hatte die Firma schon die Möglichkeit, die Stärken und Schwächen von L. auszuloten, bevor sie mit ihr einen Ausbildungsvertrag abschlossen.

Bereits 3 Monate vor Projektende wurde mit dem Clearing begonnen. Dafür musste aber eine Ausnahmeregelung bewilligt werden, weil im Regelfall keine Doppelbetreuung (durch das Vorqualifizierungsprojekt und das Clearing) seitens des Bundessozialamtes genehmigt wird. Nach dem 3-monatigen Clearingprozess konnte L. im September 2005 ihre Teilqualifizierungslehre im Lebensmittelhandel beginnen. Durch ihr Langzeitpraktikum war sie bereits mit ihrem Arbeitsplatz vertraut und in der Obst- und Gemüseabteilung eingearbeitet. Wenn L. die Einschulung und Betreuung vor Ort im Rahmen des Vorqualifizierungsprojektes nicht gehabt hätte, wäre nach Meinung der Berufsausbildungsassistentin zu Beginn eine zusätzliche Unterstützung durch eine/n ArbeitsassistentIn erforderlich gewesen.

Das Lehrmädchen ist in der Obst- und Gemüseabteilung für die Regalbetreuung zuständig und schlichtet im Kühlhaus die Waren ein bzw. tauscht diese aus. Weiters kontrolliert sie die Preise und Ablaufdaten. Sie hat nur wenig Kundenkontakt, weil sie oft im Lager bzw. Kühlhaus tätig ist.

Mit ihren KollegInnen in der Abteilung versteht sie sich sehr gut. Dort wurde - neben ihrem Ausbildner - eine eigene Ansprech- bzw. Vertrauensperson für sie ernannt, die ihr bei Fragen und Problemen zur Seite steht und L. auch beim Lernen unterstützt.

Auf ihrem Arbeitsplatz muss L. noch lernen, eine durchgehende Arbeitsleistung zu erbringen. Sie kann sich nicht immer auf die Arbeit konzentrieren, weil ihr private Probleme durch den Kopf gehen, da sie aus sehr schwierigen sozialen Verhältnissen stammt. Ihr Ausbildner beobachtet, dass sie nach dem Wochenende Schwierigkeiten hat, wieder in den Arbeitsprozess zu finden. Auch in der Früh fällt ihr das Arbeiten schwerer, ihr selbst sind daher die Dienste am Nachmittag lieber und auch ihr Ausbildner ist mit ihren Leistungen bei einem späteren Arbeitsbeginn zufriedener. Der Ausbildner beklagt, dass an arbeitsintensiveren Tagen weniger Zeit bleibt, um das Lehrmädchen entsprechend zu betreuen, da ihre Ausbildung schon mehr Betreuungsaufwand erfordert als bei regulären Lehrlingen.

Neben ihrer intellektuellen Beeinträchtigung hat die Jugendliche Schwächen im Bereich der sozialen Kompetenzen, sie ist teilweise distanzlos und kann nur schwer mit frustrierenden, konfliktträchtigen Situationen umgehen. Ihre sozialen Defizite sind auf die Situation in ihrem Elternhaus zurückzuführen, da ihre Mutter eine Sonderschulabgängerin und ihr Vater alkoholkrank ist, wodurch es öfters zu Auseinandersetzungen innerhalb der Familie kommt. Daher war L. auch vom 6. bis zum 12. Lebensjahr in einer betreuten Jugendwohngemeinschaft untergebracht.Ihre Eltern sind sehr streng und behindern nach Meinung der Berufsausbildungsassistentin die Selbstständigkeit der Jugendlichen. L. hat ein ambivalentes Verhältnis zu ihren Eltern, sie kann nur schwer mit ihrem Vater auskommen, kann aber auch nicht ohne Familie leben. Durch ihre familiäre Situation ist L. sehr belastet.

Die Berufsausbildungsassistentin ist sowohl mit L. als auch mit ihren Eltern in regelmäßigen Kontakt. Im familiären Bereich versucht sie, die Selbstständigkeit von L. zu fördern. Bezüglich ihrer Lehrausbildung ist die Assistentin zumindest alle 14 Tage mit L. in telefonischem Kontakt. Persönlich sehen sie sich mindestens einmal im Monat, wobei die BAS auch zur Lebensmittelkette kommt. Dort tauscht sie sich regelmäßig mit dem Ausbildner und der Vertrauensperson aus.

L. wird erst im Frühsommer 2006 mit ihrem Berufsschulblock beginnen. Der Berufsschulbesuch war nicht unumstritten, es wurde aber eine Teilnahme befürwortet, da oft auch schwache SchülerInnen stark vom Berufsschulbesuch profitieren. L.s Lehrstoff wird reduziert bzw. wird in der Berufsschule festgehalten, was sie definitiv erlernt hat, um in der nächsten Klasse daran anknüpfen zu können. Außerdem wird sie von Englisch befreit, wobei diese Unterrichtszeit für Nachhilfe genutzt werden soll. Die Berufsausbildungsassistentin wollte auch eine Dyskalkulie- Therapie in die Wege leiten, die jedoch nicht genehmigt wurde. Die Ablehnung erfolgte mit der Begründung, dass jemand mit einem geringen Intelligenzquotienten keine Dyskalkulie haben könne. Um sie dennoch im mathematischen Bereich besonders zu unterstützen, erhält sie bereits jetzt Nachhilfeunterricht mit Schwerpunkt Mathematik zur Vorbereitung auf die Berufsschule. Außerdem hat die Berufsausbildungsassistentin L. mit einem anderen integrativen Lehrling bekannt gemacht, der bereits im 3. Lehrjahr ist und zur gleichen Zeit den Berufsschulturnus beginnt. L. kann sich bei Fragen und Problemen während der Berufsschulzeit u. a. an diesen älteren Jugendlichen wenden.

Nach Meinung der Berufsausbildungsassistentin hat L. seit Beginn ihrer Teilqualifizierung Fortschritte gemacht und sich gut entwickelt. Diese geht auch davon aus, dass die Jugendliche ihre Teilqualifizierungslehre beenden wird. Die Berufsausbildungsassistentin beobachtet, dass L. immer ehrgeiziger wird, weil sie merkt, dass ihre Leistung anerkannt wird. Sie ist überzeugt, dass L. eine gute Obstkraft wird. Das Lehrmädchen selbst möchte nach ihrer Ausbildung beim Unternehmen verbleiben und in der Obstabteilung weiterarbeiten. Die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung wurde zwar schon angedeutet, ist aber noch nicht fixiert. Die Berufsausbildungsassistentin ist diesbezüglich sehr zuversichtlich.

6 Betriebe und Ausbildungseinrichtungen

6.1 Charakteristika der ausbildenden Betriebe und der Ausbildungseinrichtungen

Der Großteil der Betriebe, der integrative Lehrlinge ausbildet, ist im Bereich Gewerbe und Handwerk angesiedelt. Auch einige Handelsunternehmen (16 %) und Betriebe in der Tourismusbranche (13 %) widmen sich der Ausbildung von integrativen Lehrlingen. Bei den Lehrbetrieben dominieren im Rahmen der integrativen Berufsausbildung - wie auch in der Lehrausbildung insgesamt - Kleinunternehmen. Beinahe die Hälfte (46 %) der ausbildenden Betriebe beschäftigt maximal 10 MitarbeiterInnen[12] und 38 % haben 11 bis 50 MitarbeiterInnen. Lediglich 16 % der befragten Betriebe verfügen über mehr als 50 ArbeitnehmerInnen, wobei drei Betriebe aus dem öffentlichen Bereich mehr als 1.000 MitarbeiterInnen aufweisen. Mit Ausnahme dieser drei öffentlichen Verwaltungsunternehmen haben die Lehrbetriebe einen Beschäftigtenstand von 1 bis zu rd. 600 MitarbeiterInnen und beschäftigen im Durchschnitt 41 Personen. Am häufigsten sind Unternehmen mit zwei MitarbeiterInnen vertreten.

Diese kleinbetriebliche Struktur spiegelt die Einschätzung der ExpertInnen wider, dass v. a. Kleinbetriebe (integrative) Lehrlinge ausbilden. Allerdings scheinen gerade Großbetriebe für Ausbildungen im Teilqualifizierungsbereich geeignet, da Teilqualifizierungen auf den Produktions- bzw. Arbeitsprozess des jeweiligen Unternehmens, der normalerweise sehr strukturiert und arbeitsteilig gestaltet ist, zugeschnitten werden könnte.

Auch die befragten Einrichtungen, die IBA-Lehrlinge ausbilden, sind großteils kleinbetrieblich strukturiert. Etwa ein Viertel verfügt über 1 bis 10 MitarbeiterInnen und mehr als die Hälfte hat 11 bis 50 Angestellte. 22 % der Ausbildungseinrichtungen beschäftigen mehr als 50 MitarbeiterInnen. Die Einrichtungen weisen einen Beschäftigtenstand von 1 bis zu rd. 120 Beschäftigte auf, wobei sie im Durchschnitt rd. 32 MitarbeiterInnen beschäftigen.

Rd. drei Viertel der Lehrbetriebe sind auch im Bereich der regulären Lehrausbildung tätig, alle anderen bilden ausschließlich integrative Lehrlinge aus. Hingegen widmen sich verhältnismäßig mehr befragte Ausbildungseinrichtungen (58 %) nur der integrativen Berufsausbildung. 42 % der Einrichtungen bilden auch reguläre Lehrlinge aus oder bieten andere Ausbildungen (z. B. Anlehre) an.

Sowohl der Großteil der Betriebe (78 %) als auch der Großteil der Einrichtungen (69 %) hatte schon Erfahrung in der Ausbildung von Lehrlingen, bevor sie integrative Lehrlinge aufnahmen. Demgegenüber war nur knapp ein Drittel der Ausbildungseinrichtungen bzw. lediglich ein Fünftel der Betriebe (22 %) vor ihrer Einbindung in die integrative Berufsausbildung noch nicht in die Lehrlingsausbildung involviert. Dies entspricht auch der Einschätzung der ExpertInnen, dass Betriebe, die eine lange Ausbildungserfahrung aufweisen, besonders geeignet erscheinen auch die IBA durchzuführen.

Grafik 22: Erfahrungen in der Lehrlingsausbildung, Anteil in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Betriebe, n = 136 Befragung der Ausbildungseinrichtungen, n = 26

41 % der Betriebe wiesen auch bereits Erfahrung mit der Integration von behinderten Menschen auf (siehe Grafik 23). Jene Unternehmen mit Integrationserfahrung beschäftigen großteils (69 %) begünstigte Behinderte in ihrem Unternehmen, ein Drittel hat behinderte Personen ohne Feststellungsbescheid angestellt. Rd. 17 % der integrationserfahrenen Betriebe waren in Pilotprojekte zur Qualifizierung von beeinträchtigten Jugendlichen eingebunden.

Grafik 23: Erfahrung der Betriebe mit der Integration von behinderten Menschen, Anteil der Betriebe in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Betriebe, n = 136

Lediglich bei 1 % der befragten Betriebe war eine behindertengerechte Adaption der Arbeitsplätze für die integrativen Lehrlinge erforderlich, während 99 % keine Adaptierungsmaßnahmen vornehmen mussten. Um die Integration der IBA-Lehrlinge zu erleichtern, haben 41 % der Betriebe eine Vertrauensperson nominiert, die als Ansprechperson für die integrativen Lehrlinge fungiert.

6.2 Die integrative Lehrstelle

Für das Zustandekommen der integrativen Lehrstellen in den Betrieben waren vorwiegend persönliche Bewerbungen oder Anfragen der Lehrlinge bzw. deren Eltern ausschlaggebend, wie aus Grafik 24 ersichtlich ist. In knapp einem Drittel der Fälle konnten integrative Lehrplätze auf Grund der Initiative der BerufsausbildungsassistentInnen in den Unternehmen eingerichtet werden, bei etwa einem Viertel sind die Lehrstellen auf Grund des Engagements des/der UnternehmerIn zustande gekommen und bei knapp einem Fünftel lag eine Empfehlung einer sozialen Einrichtung vor. Hingegen waren der Kontakt mit betroffenen Familien sowie Anfragen vom Arbeitsmarktservice für das Zustandekommen von integrativen Lehrstellen in den Betrieben von geringerer Bedeutung.

Grafik 24: Art des Zustandekommens der integrativen Lehrstellen in Betrieben, Anteil der Betriebe in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Betriebe, n = 135, Mehrfachnennungen möglich

Vor allem in ländlichen Gebieten scheint jedoch der persönliche Kontakt zu Betroffenen wesentlich die Entscheidung, einen integrativen Lehrling aufzunehmen, zu erleichtern, wie eine Unternehmerin berichtet: "Wir haben gewusst, dass er eine Lehrstelle braucht. Wir kennen privat seine Eltern und ihn auch. Und ich habe da eher die Ader, dass ich nicht nein sagen kann. Und ich habe dann beim AMS angerufen und da hat mir jemand gesagt, dass es die integrative Berufsausbildung gibt." Auch das soziale Engagement der UnternehmerInnen dürfte nach Einschätzung der BerufsausbildungsassistentInnen in ländlichen Regionen stärker ausgeprägt sein als in städtischen. Die BerufsausbildungsassistentInnen beobachten, dass im ländlichen Raum - insbesondere bei Klein- und Mittelunternehmen - eine größere Integrationsbereitschaft herrscht, weil die Betriebe oftmals den Lehrling und sein Schicksal kennen oder bereits über Erfahrungen mit beeinträchtigten Personen verfügen.

Bei den Ausbildungseinrichtungen wird großteils die gesamte integrative Ausbildung der Lehrlinge von FördergeberInnen finanziert, wobei u. a. auch die Ausbildungsentschädigung enthalten ist. Ebenso werden die Betriebe, die integrative Lehrlinge ausbilden, zusätzlich zur Lehrlingsprämie mit weiteren finanziellen Fördermitteln unterstützt. Die Höhe der Fördermittel, die die befragten Lehrbetriebe zusätzlich erhalten, variiert von € 83,- bis rd. € 700,-, wobei der Großteil der Betriebe Förderungen in der Höhe von € 302,- bekommt. Dieser monatliche Zuschuss wird vorwiegend vom Arbeitsmarktservice (AMS) und dem Bundessozialamt (BASB) an die Betriebe ausbezahlt, in einigen Fällen unterstützen auch die Länder die Betriebe. Die finanzielle Unterstützung der Einrichtungen erfolgt ebenfalls vor allem vom Arbeitsmarktservice, aber auch das Bundessozialamt und die Länder unterstützen die integrative Berufsausbildung in den Ausbildungseinrichtungen maßgeblich. Teilweise stammen die Fördergelder für die Einrichtungen von verschiedenen Förderstellen. Die Unternehmen kritisieren aber laut BerufsausbildungsassistentInnen, dass die Höhe der Fördergelder in den Bundesländern unterschiedlich ist und dass die Auszahlung der Förderung unregelmäßig stattfindet.

Für knapp drei Viertel (73 %) der befragten Betriebe stellen die zusätzlichen Fördermittel einen wesentlichen Anreiz dar, Lehrstellen für integrative Lehrlinge anzubieten. Dennoch wären 38 % der Betriebe dazu bereit, integrative Lehrstellen auch ohne finanzielle Förderung zur Verfügung zu stellen (siehe Grafik 25).

Grafik 25: Anreiz der finanziellen Fördermittel für die Betriebe, Anteil der Betriebe in Prozent

Auch die BerufsausbildungsassistentInnen sehen in den finanziellen Förderungen eine große Motivation für die Unternehmen, integrative Lehrlinge auszubilden. Ohne Förderung würden, aus Sicht der BerufsausbildungsassistentInnen, wesentlich weniger Betriebe an der integrativen Berufsausbildung teilnehmen.

Die Bezahlung der integrativen Lehrlinge ist bei einem Großteil der Betriebe (72 %) genauso geregelt wie für reguläre Lehrlinge, wie Grafik 26 zeigt. 22 % der Betriebe verteilen die reguläre Entschädigung auf 4 Jahre (bei Verlängerung der Lehrzeit) und lediglich 6 % der Betriebe wenden ein eigenes Entlohnungsschema an.

Grafik 26: Art der Lehrlingsentschädigung in den Betrieben, Anteil der Betriebe in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Betriebe, n = 133

Bei den Einrichtungen wird hingegen vorrangig ein eigenes Entlohnungsschema angewandt (siehe Grafik 27). Nur rd. 40 % der Einrichtungen zahlen eine reguläre Lehrlingsentschädigung aus. Allerdings entschädigen 23 % der Ausbildungseinrichtungen ihre Lehrlinge unterschiedlich je nach Ausbildungsform, wobei in diesen Fällen meist die reguläre Ausbildungsentschädigung für Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit und ein eigenes Entlohnungsschema für Teilqualifizierungslehrlinge zur Anwendung kommen.

Grafik 27: Art der Ausbildungsentschädigung in den Einrichtungen, Anteil der Ausbildungseinrichtungen in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Ausbildungseinrichtungen, n = 22, Mehrfachnennungen möglich



[12] Es handelt sich bei den MitarbeiterInnenzahlen jeweils um Vollzeitäquivalente.

7 Die integrative Berufsausbildung in den Berufsschulen

7.1 Hintergründe

Nach § 8b (22) BAG besteht für Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit Berufsschulpflicht, Lehrlinge in Teilqualifizierung haben nach Maßgabe der Festlegung der Ausbildungsinhalte, der Ausbildungsziele und der Zeitdauer der Ausbildung die Pflicht bzw. das Recht zum Besuch der Berufsschule.

Rd. 80 % der Teilqualifizierungslehrlinge besuchen zurzeit die Berufsschule.[13] Bisher ist kein Fall bekannt, in dem das Recht auf Berufsschulbesuch aus schulinternen oder schulorganisatorischen Gründen nicht hätte wahrgenommen werden können. In Einzelfällen wurde für Lehrlinge in Teilqualifizierung, die auf Grund der Entfernung zwischen Wohn- und Berufsschulort in einem Internat hätten wohnen müssen um die Berufsschule besuchen zu können, auf Wunsch der Eltern, die ihre Kinder nicht aus der gewohnten Umgebung und Betreuung reißen wollten, auf eine Einberufung in die Berufsschule verzichtet. Es kam auch vor, dass Ausbildungseinrichtungen, die Lehrlinge in Teilqualifizierung ausbilden, den Berufsschulen die Lehrlinge nicht gemeldet haben, wodurch eine Beschulung nicht erfolgen konnte. Wenn Ausbildungsverhältnisse sehr spät während eines laufenden Berufsschuljahres abgeschlossen werden, erfolgt die Einberufung in die Berufsschule oft erst im darauf folgenden Schuljahr.

Die Umsetzung des Berufsschulbesuchs wird in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt und ist im Wesentlichen davon abhängig, ob die Mehrheit der integrativen Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit oder in Teilqualifizierung ausgebildet wird.

Die meisten integrativen Lehrverhältnisse wurden in der Steiermark gemeldet, was auf eine langjährige Tradition in der Integration benachteiligter Kinder und Jugendlicher bereits in der Pflichtschule sowie ein der integrativen Berufsausbildung vorangegangenes Modell zurückzuführen ist.

In jenen drei Bundesländern mit der größten Zahl integrativer Lehrlinge (Steiermark, Oberösterreich und Wien) waren in der ersten Zeit nach Einführung der integrativen Berufsausbildung weder in den Berufsschulen noch im Landesschulrat ausreichend Informationen über den Hintergrund und die besonderen Bedürfnisse der einzelnen Lehrlinge vorhanden. Die Entscheidung für eine integrative Berufsausbildung fällt im Arbeitsmarktservice, die Berufsausbildungsassistenz fungiert in der Regel als Schnittstelle, bei der alle Informationen - auch jene über die bisherige schulische Laufbahn der Lehrlinge - zusammenlaufen. Insbesondere Informationen im Hinblick auf den sonderpädagogischen Förderbedarf sowie über besondere Bedürfnisse der Lehrlinge auf Grund von Krankheiten und Behinderungen erleichtern jedoch die Organisation des Berufsschulbesuchs. In der Zwischenzeit wurde daher in der Steiermark und in Oberösterreich die Zusammenarbeit der Berufsschulen mit der Berufsausbildungsassistenz auf eine neue Basis gestellt: Im September 2005 hat ein Treffen von VertreterInnen der steirischen Berufsschulen mit der Berufsausbildungsassistenz stattgefunden, für das von den Berufsschulen eine Art Fragenkatalog entwickelt wurde, welche Informationen über die einzelnen IBA-Lehrlinge im Vorfeld vorliegen müssen, um den Berufsschulbesuch organisatorisch und inhaltlich möglichst optimal zu gestalten. Seither finden regelmäßig Gespräche zwischen Berufsausbildungsassistenz und Berufsschulen statt, um die Informationen auszutauschen und standardisiert festzuhalten. Auch in Oberösterreich wurde in Anlehnung an das steirische Modell ein Datenblatt über die für den Berufsschulbesuch notwendigen und nützlichen Informationen entwickelt, das nunmehr bei jedem IBA-Lehrling zur Anwendung kommt und wodurch die Qualität der Zusammenarbeit zwischen Berufsschulen und Berufsausbildungsassistenz und damit auch der Informationsfluss deutlich verbessert werden konnte.

In den anderen Bundesländern ist es auf Grund der deutlich geringeren Anzahl integrativer Lehrlinge wesentlich leichter, die persönlichen und sozialen Hintergründe der integrativen Lehrlinge in den Berufsschulen bzw. im Landesschulrat zu dokumentieren:

  • In den Bundesländern Burgenland, Kärnten und Niederösterreich wurden von Beginn an Informationen über die Bildungs- und Berufslaufbahn sowie die Art der Benachteiligung von der Berufsausbildungsassistenz zusammengefasst und dem Landesschulrat übermittelt.

  • In Salzburg und Tirol wird bereits während der Pflichtschule ein Clearing durchgeführt: In Salzburg werden SonderschülerInnen und SchülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im letzten Schuljahr von der Integrationsassistenz begleitet, die einen Clearingbericht mit persönlichen Daten, Neigungs- und Fähigkeitsprofil sowie einem Entwicklungsplan der Jugendlichen erstellt und diesen an die Berufsausbildungsassistenz weiterleitet. In Tirol wird ebenfalls bereits in der Pflichtschule ein Clearing durchgeführt: Die Berufsausbildungsassistenz erstellt ein "Klientenprotokoll" mit Kerninformationen über Lehrberuf, bisherige Schulbildung, Berufsorientierung, Leistungen, Beeinträchtigungen sowie empfohlene Maßnahmen, das dem "Fünfergremium"[14] vorgelegt wird.

  • Auch in Vorarlberg werden die Clearingberichte (das Clearing wird von PsychologInnen des Instituts für Sozialhilfe durchgeführt), an die Berufsschulen weitergegeben, damit diese einen Überblick über Stärken und Schwächen der Jugendlichen erhalten. In diesen Clearingberichten sind Informationen über Neigungen, kognitive und psychomotorische Fähigkeiten sowie Verhaltensauffälligkeiten der Lehrlinge enthalten.

7.2 Organisation der Berufsschule im Rahmen der IBA

Meist gibt es in jedem Bundesland eine Berufsschule für jeden Lehrberuf, in die die Jugendlichen einberufen werden. Für einzelne Berufe bzw. Berufsgruppen gibt es in einigen Bundesländern mehrere Berufsschulen (z. B. Gastgewerbe in Niederösterreich) - in diesen Fällen werden Schulsprengel eingeteilt, d. h. die Lehrlinge werden entsprechend ihrer Herkunft und ihres Lehrberufs in die Berufsschule ihres Schulsprengels einberufen. Einige Berufe (z. B. Gold-/Silberschmied, Juwelier) werden österreichweit beschult, d. h. die Lehrlinge besuchen die Berufsschule u. U. in einem anderen als ihrem Heimatbundesland.

Integrative Lehrlinge werden üblicherweise nach denselben Kriterien (Lehrberuf bzw. Schulsprengel) in die Berufsschulen einberufen wie reguläre Lehrlinge. Wenn - wie es beispielsweise in Wien vorkommen kann - mehrere Berufsschulen in Frage kommen, werden die integrativen Lehrlinge den einzelnen Berufsschulen so zugeteilt, dass eine von den jeweiligen Landesschulbehörden für optimal befundene Klassenzusammensetzung entsteht. Mit ausschlaggebend für die Einberufung in eine gemeinsame "IBA-Schule" ist u.

U. die Bevorzugung von Jahres- gegenüber Lehrgangsunterricht: IBA-Lehrlinge im Einzelhandel in Tirol werden beispielsweise in einer Berufsschule zusammengefasst, wo sie den Jahresunterricht besuchen können. Auch in Vorarlberg werden - wann immer es möglich ist - Gruppen aus IBA-Lehrlingen desselben Berufs gebildet, in einer Berufsschule zusammengefasst und dort im Jahresunterricht beschult.

Einberufung und Zuteilung zu Klassen bei Teilqualifizierung (§ 8b (2) BAG)

Lehrlinge in Teilqualifizierung überwiegen in den Bundesländern Salzburg, Steiermark und Vorarlberg. Die höchsten Zahlen von Lehrlingen in Teilqualifizierung verzeichnen die Steiermark und Oberösterreich (in Oberösterreich sind etwa die Hälfte der IBA-Lehrlinge in Teilqualifizierung) - in beiden Bundesländern werden die Lehrlinge in den regulären Unterricht integriert. In Salzburg werden sie in dieselbe Klasse eingeteilt, um die zusätzlichen Fördermöglichkeiten optimal ausnutzen zu können. Bisher waren allerdings auch in Salzburg auf Grund der geringen Zahl an integrativen Lehrverhältnissen nie mehr als drei integrative Lehrlinge in einer Klasse. Die einzige Ausnahme bildet derzeit eine Gruppe von 13 KöchInnen in Teilqualifizierung in Salzburg, für die eine eigene Klasse mit Jahresunterricht geführt wird. Bei entsprechender Lehrlingszahl ist dies in Salzburg auch für andere Berufe denkbar.

In der Steiermark wird versucht, die Lehrlinge nicht bereits unmittelbar nach Abschluss des Ausbildungsverhältnisses, sondern in einen möglichst späten Berufsschullehrgang des jeweiligen Schuljahres einzuberufen. Meist werden Ausbildungsverhältnisse nach § 8b (2) im Laufe des Herbstes abgeschlossen. Wenn ein Ausbildungsverhältnis beispielsweise im November gemeldet wird, erfolgt die Einberufung in die Berufsschule üblicherweise im Sommersemester (März oder Mai). Soweit möglich werden nicht mehr als drei Lehrlinge in Teilqualifizierung in einer Berufsschulklasse unterrichtet. Engpässe kann es in Berufen mit einer besonders hohen Zahl an Lehrlingen in Teilqualifizierung geben. Da in Klassen mit IBA-Lehrlingen in der Steiermark aber die GesamtschülerInnenzahl gesenkt wird, kann u.U. eine zusätzliche Klasse eröffnet werden, weshalb das Maximum von drei bisher kaum überschritten wurde.

Demgegenüber wird in Oberösterreich der Einberufungstermin in die Berufsschule zwischen Berufsausbildungsassistenz und BerufsschuldirektorIn individuell vereinbart. Auch in den oberösterreichischen Berufsschulen wird eine "wirkliche Integration" der Lehrlinge in den Berufsschulunterricht angestrebt. Die Lehrlinge in Teilqualifizierung werden individuell den Klassen der jeweiligen Berufsschulen zugeteilt. Ziel ist eine geringe Zahl integrativer Lehrlinge pro Klasse. Wenn die Berufsausbildungsassistenz aus bestimmten organisatorischen Gründen wünscht, dass einige integrative Lehrlinge in derselben Klasse unterrichtet werden, wird diesem Wunsch nachgekommen, wenn dadurch die Betreuung außerhalb des Unterrichts erleichtert wird.

Auch in den anderen Bundesländern werden Lehrlinge in Teilqualifizierung überwiegend in bestehende Berufsschulklassen integriert. Eine Ausnahme bildet Wien, wo Lehrlinge in Teilqualifizierung aus Betrieben mit individuellen Lehrplänen in Regelklassen integriert werden, wohingegen Lehrlinge in Teilqualifizierung aus Ausbildungseinrichtungen zu Großgruppen und in eigene Klassen zusammengefasst werden, da auf Grund einer Konzentration auf einige wenige Berufe eine Integration in Regelklassen bei individualisierten Lehrzielen nicht möglich wäre.

Einberufung und Zuteilung zu Klassen bei Lehrzeitverlängerung (§ 8b (1) BAG)

Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit überwiegen in den Bundesländern Kärnten, Niederösterreich, Tirol und Wien. Hohe Zahlen an Lehrlingen mit verlängerter Lehrzeit verzeichnen die Bundesländer Steiermark und Oberösterreich. Die Berufsschulintegration von Lehrlingen mit verlängerter Lehrzeit wird von vielen Verantwortlichen als schwierig beurteilt.

Allgemein erscheint der Jahresunterricht gegenüber dem Lehrgangs- oder Blockunterricht vorteilhaft: Über mehrere Wochen hindurch bis zu 9 Stunden täglich im Unterricht zu verbringen, überfordert viele Lehrlinge. Nach dem täglichen Unterricht sind die Jugendlichen nicht mehr aufnahmefähig, zusätzliche Förder- und Lernstunden bringen mitunter nicht den gewünschten Erfolg. Wenn die Jugendlichen hingegen ein oder zwei Tage pro Woche das ganze Jahr hindurch in der Berufsschule unterrichtet werden, bleibt auch zwischen den Unterrichtstagen Raum, das Gelernte zu verarbeiten und - bei entsprechender zusätzlicher Förderung im Betrieb, in der Ausbildungseinrichtung, in Lerngruppen oder mit den Eltern etc. - zu wiederholen und zu festigen. Nicht immer ist jedoch auf Grund der gegebenen Strukturen eine Einberufung in Jahresschulen möglich, v. a. in Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark müssen Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit großteils in Lehrgangsberufsschulen einberufen werden.

Die Umsetzung der Berufsschulzeit wird - wie im vorangegangenen Kapitel erläutert - bei Lehrlingen in Teilqualifizierung in den einzelnen Bundesländern ähnlich gestaltet, wohingegen sie bei Lehrlingen mit verlängerter Lehrzeit sehr unterschiedlich gehandhabt wird. Dabei wird in weiterer Folge danach unterschieden, ob die Anwesenheitszeit in der Berufsschule die gleiche wie bei regulären Lehrlingen ist oder ob es für die integrativen Lehrlinge zu einer Verlängerung der Anwesenheitszeit in der Berufsschule gegenüber regulären Lehrlingen kommt.

  • Gleichbleibende Anwesenheitszeit in der Berufsschule

In den Bundesländern Burgenland, Kärnten, Oberösterreich, Salzburg und Steiermark beginnen Lehrlinge, in deren Lehrvertrag eine verlängerte Lehrzeit vorgemerkt ist, die Berufsschule regulär. Förderunterricht wird in allen Bundesländern verstärkt angeboten. Mit Ausnahme des Burgenlands, wo dies auf Grund der geringen Zahl an IBA-Lehrlingen nicht möglich ist, werden in allen genannten Bundesländern auch BegleitlehrerInnen in den Integrationsklassen eingesetzt. Ziel ist es, dass die Lehrlinge mit dieser zusätzlichen Förderung die Berufsschule in der vorgesehenen Zeit wie reguläre Lehrlinge absolvieren können. Ist dies nicht möglich, kann eine Berufsschulklasse innerhalb der Lehrzeitverlängerung wiederholt werden.

In Oberösterreich wurde diese Vorgangsweise gewählt, weil es immer wieder vorkommt, dass Lehrlinge, die im Lehrvertrag eine verlängerte Lehrzeit vereinbart haben, ihre Lehrlingsausbildung doch in der regulären Zeit absolvieren, danach endet das Lehrverhältnis. Ihnen würde - bei Verlängerung der Berufsschulzeit - am Ende der Lehrzeit ein Teil der Berufsschulzeit fehlen. Bisher haben in Oberösterreich nur 12 Lehrlinge, in deren Lehrvertrag eine Verlängerung vorgemerkt ist, die Berufsschule nicht bestanden. Sie mach(t)en eine Wiederholungsprüfung (bei "Nicht genügend" in ein bis zwei Gegenständen) bzw. wiederhol(t)en die nicht bestandene Berufsschulklasse.

In der Steiermark werden Lehrverhältnisse meist zunächst auf die normale Lehrzeit abgeschlossen, eine Verlängerung wird "offen gelassen" und erst fixiert, wenn sich während der Lehrzeit herausstellt, dass ein Abschluss in der regulär vorgesehenen Lehrzeit unrealistisch ist. Die Lehrlinge werden daher regulär in die Berufsschule einberufen. Für sie gelten die gleichen Lehrziele wie für reguläre Lehrlinge, jedoch bei besonderer Förderung.

Ziel ist, dass alle Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit bei besonderer Förderung die Berufsschule in der regulären Zeit positiv absolvieren. Gelingt dies nicht, müssten sie u. U. für einen Lehrgang erneut einberufen werden.

Auch im Burgenland, in Kärnten und in Salzburg beginnen Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit die Berufsschule regulär. Sollte trotz besonderer Förderung das Lehrziel einer Klasse nicht erreicht werden, muss diese Klasse - innerhalb der verlängerten Lehrzeit - wiederholt werden.

Sind die Lehrziele aus der Sicht der Berufsschule nicht erreichbar, wird ein Umstieg auf eine Teilqualifizierung empfohlen.

  • Verlängerung der Anwesenheitszeit in der Berufsschule

In Niederösterreich ist zwar bei Lehrlingen mit verlängerter Lehrzeit auch eine Verlängerung der Berufsschulzeit vorgesehen, bisher konnten aber mit intensiver Förderung auch außerhalb der Berufsschulzeit (Lehrlingshilfe - von AMS und WIFI finanziert) fast alle Lehrlinge das Lehrziel in der regulären Berufsschulzeit erreichen. Werden die Lehrziele nicht erreicht, kommt es zu einer Verlängerung der Berufsschulzeit entsprechend der individuellen Bedürfnisse der Lehrlinge.

In Tirol wird versucht, auch die Berufsschulzeit um ein Jahr auszuweiten. Dabei werden die Lehrinhalte anders verteilt und durch ausgedehnte Vertiefungs- und Übungsphasen ergänzt. In der Praxis wird meist die zweite Berufsschulklasse zweimal besucht, wobei Lehrlinge, die in Regelklassen integriert sind, im Abteilungsunterricht beim ersten Durchgang den ersten Teil des Stoffs, beim zweiten Durchgang den verbleibenden Teil des Stoff der zweiten Berufsschulklasse durchmachen.

In Vorarlberg beginnen Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit die Berufsschule zunächst regulär. Mit Rücksicht auf die persönlichen Fähigkeiten und Bedürfnisse des Lehrlings werden im Jahreszeugnis der 1. Klasse nur jene Unterrichtsgegenstände beurteilt, denen eine positive Leistungsbeurteilung zu Grunde liegt. Nichtbeurteilte Gegenstände sind im Folgejahr wiederum in der 1. Klasse nachzuholen. Wird die 1. Klasse bereits im 1. Lehrjahr in allen Gegenständen positiv absolviert, ergibt sich die Möglichkeit des teilweisen Abschlusses der 2. Klasse mit Ergänzung der fehlenden Beurteilungen im Folgejahr wiederum in der 2. Klasse. Werden die 1. und die 2. Klasse auf Anhieb positiv abgeschlossen, stehen in der 3. Klasse zwei Jahre für die Bewältigung des noch vorgesehenen Lehrstoffes zur Verfügung. Die Erfahrung zeigt, dass die Möglichkeit der Aufteilung des Lehrstoffes einer Schulstufe auf zwei Jahre in den meisten Fällen in der 1. Klasse, selten in der 2. Klasse und bis heute noch nie in der 3. Klasse beansprucht wurde.

Auf Grund der großen Zahl von Lehrlingen mit verlängerter Lehrzeit wurde in Wien ein eigenes System für deren Einschulung entwickelt, wobei grundsätzlich zwischen Erstem und Zweitem Lehrstellenmarkt unterschieden wird: Im Ersten, dem regulären Lehrstellenmarkt (Lehrlingsausbildung in einem Betrieb), wird versucht, alle Lehrlinge regulär in die Berufsschule einzuberufen. Damit wird sichergestellt, dass auch Lehrlinge, die von einem verlängerten in ein reguläres Lehrverhältnis umsteigen, weil sie die Lehrzeit im Betrieb bereits absolviert haben, die Berufsschulzeit regulär beenden können. Laufbahnverlusten kann somit vorgebeugt werden. Wird eine Berufsschulklasse nicht bestanden, kann sie innerhalb der verlängerten Lehrzeit wiederholt werden.

Für Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit im Zweiten Lehrstellenmarkt (Lehre in einer Ausbildungseinrichtung) wurde ein eigenes System entwickelt: Sie haben auch eine verlängerte Anwesenheitszeit in der Berufsschule. Meist handelt es sich um Gruppen von Lehrlingen im selben Lehrberuf, die auf Grund der Gruppengröße nicht in Regelklassen integriert werden können. Die Lehrlinge werden zunächst in eigenen homogenen Klassen zusammengefasst und haben dann für die erste Schulstufe drei bzw. vier Semester - abhängig davon, wann der Lehrvertrag gemeldet wird und ob sie im September oder im Februar mit der Berufsschule beginnen - Zeit. In der zweiten Schulstufe sollen sie in den Regelunterricht integriert werden. Eine Ausnahme bildet das Gastgewerbe. Hier ist vor der ersten Normklasse ein zusätzliches Semester vorgeschaltet, die Integration in Normklassen soll im Anschluss an dieses Semester in der ersten an Stelle der zweiten Schulstufe erfolgen. Ab der zweiten Schulstufe gelten für Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit die regulären Lehrziele sowie die reguläre Stundenanzahl.

Grafik 28: Gestaltung der Berufsschulzeit für Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit im Zweiten Lehrstellenmarkt in Wien. Quelle: Wiener Stadtschulrat

Hauptmerkmale der Integrationsklassen (ab der 2. Schulstufe), die von Lehrlingen mit verlängerter Lehrzeit besucht werden, sind abgesenkte SchülerInnenzahlen (20-25) sowie BegleitlehrerInnen in den Hauptgegenständen. Eine Integration in Normklassen in der zweiten Schulstufe erfolgt nur dann nicht, wenn eine sinnvolle Zuteilung der integrativen Lehrlinge zu den Normklassen durch die Konzentration der integrativen Lehrlinge auf einige wenige Lehrberufe nicht möglich ist. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Verhältnis von 1 zu 4 (integrative Lehrlinge zu regulären Lehrlingen) nicht mehr aufrecht gehalten werden kann.

Dieses System hat sich trotz der komplexen Stundenplangestaltung (keine einheitlichen Lehrpläne, keine einheitlichen Stundenzahlen in den Lehrberufen) im Jahresunterricht bereits gut etabliert. Probleme entstehen aber dadurch, dass in Wien nicht nur Jahres- sondern auch Blockunterricht geführt wird: Im Blockunterricht ist für integrative Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit in der ersten Schulstufe die tägliche Unterrichtszeit auf 6 Stunden herabgesetzt. Wenn die integrativen Lehrlinge in der 2. Schulstufe in den Normunterricht integriert werden, müssen sie plötzlich während des gesamten Blocks täglich 9 Stunden am Unterricht teilnehmen, was viele Lehrlinge überfordert.

Als problematisch wird die verlängerte Berufsschulzeit im Hinblick auf einen möglichen Umstieg vom Zweiten in den Ersten Lehrstellenmarkt gesehen: Wenn ein Lehrling mit verlängerter Lehrzeit aus einer Ausbildungseinrichtung nach dem ersten Lehrjahr in ein reguläres Lehrverhältnis in einem Betrieb wechseln will, steigt er/sie u. U. in das reguläre zweite Lehrjahr im Betrieb ein. Damit würde er/sie in weiterer Folge auch in die zweite Berufsschulklasse einberufen - es fehlt ihm/ihr ein Teil des Lehrstoffs der ersten Berufsschulklasse. Diesen nachzuholen könnte schwierig werden und zu einem Laufbahnverlust führen.

7.3 Unterrichtsgestaltung und Schulalltag

Die integrative Berufsausbildung ist ein neues Instrument der Integration benachteiligter Jugendlicher in die Berufsausbildung und damit in den Arbeitsmarkt. Derzeit gibt es kaum österreichweit gültige Richtlinien über die Umsetzung der IBA im Berufsschulunterricht, die Ausgestaltung im Detail obliegt zu einem großen Teil den Ländern bzw. den einzelnen Berufsschulen. Nur einzelne LehrerInnen in den Berufsschulen haben eine facheinschlägige Ausbildung für den Unterricht in Klassen mit benachteiligten Jugendlichen absolviert. Alle befragten (Landes-)SchulinspektorInnen und LehrerInnen teilen die Meinung, dass der Unterricht in Klassen mit integrativen Lehrlingen eine große Herausforderung darstellt, die besonderes Engagement und persönlichen Einsatz der LehrerInnen erfordert.

Gestaltung des Unterrichts bei Integration von Lehrlingen in Teilqualifizierung

Jugendliche in Teilqualifizierung werden überwiegend in den regulären Unterricht integriert und verbringen meist auch gleich viel Zeit im Unterricht wie reguläre Lehrlinge. Die Lehrziele werden - meist gemeinsam mit der Berufsausbildungsassistenz - individuell festgelegt. Mit Ausnahme der Bundesländer Oberösterreich und Wien werden Lehrlinge in Teilqualifizierung ausschließlich nach individuellen Lehrplänen mit individuell festgelegten Lehrzielen unterrichtet. In den meisten Bundesländern werden Stütz- oder BegleitlehrerInnen eingesetzt und/oder die KlassenschülerInnenzahl gesenkt. Üblicherweise sind nicht mehr als drei bis vier Lehrlinge in Teilqualifizierung in einer Regelklasse.

Bei Integration der Lehrlinge in Teilqualifizierung in reguläre Berufsschulklassen ist die verpflichtende Anwesenheitszeit im Unterricht meist die gleiche wie für reguläre Lehrlinge. Befreiungen werden in Einzelfällen ausgesprochen. Probleme mit der Betreuung der Lehrlinge in Freistunden werden z. B. dadurch gelöst, dass jene Unterrichtsgegenstände, von denen die Lehrlinge in Teilqualifizierung befreit sind, an den Tagesrand (z. B. erste oder letzte Stunde des Unterrichtstages) gelegt werden. Ist dies nicht möglich, verbringen die Lehrlinge meist auch die Stunden dieser Gegenstände in der Klasse. Lehrziele und Anforderungsniveau für Lehrlinge in Teilqualifizierung werden in allen Bundesländern individuell herabgesetzt.

  • Gemeinsamer Unterricht von integrativen und regulären Lehrlingen

In der Steiermark verbringen Lehrlinge in Teilqualifizierung üblicherweise gleich viel Zeit im Unterricht wie reguläre Lehrlinge, in Ausnahmefällen werden Befreiungen von einzelnen Unterrichtsgegenständen ausgesprochen (z. B. Befreiungen vom Englischunterricht für Lehrlinge mit sonderpädagogischem Förderbedarf). Für die Jugendlichen in Teilqualifizierung werden individuelle Ausbildungsziele und unterschiedliche Aufgaben festgelegt. Das bedeutet, dass die BerufsschullehrerInnen im Unterricht individuell auf verschiedene Ausbildungsziele und Aufgaben eingehen müssen, was überdurchschnittliches Engagement erfordert und für die LehrerInnen eine große Herausforderung darstellt. Ziel in der Steiermark ist es, nicht mehr als drei integrative Lehrlinge pro Klasse bei gleichzeitiger Reduktion der KlassenschülerInnenzahl zu unterrichten. In der Steiermark können zusätzliche Förderstunden für Lehrlinge in Teilqualifizierung beantragt werden: Bis zu sechs Förderstunden pro integrativem Lehrling pro Woche werden genehmigt, das bedeutet bei maximal drei integrativen Lehrlingen pro Klasse bis zu 18 Förderstunden pro Woche. Das Kontingent der Stunden für BegleitlehrerInnen wird an die einzelnen Berufsschulen weitergegeben, diese können den Einsatz dem Bedarf an der Schule entsprechend selbst festlegen. Mit dieser intensiven Förderung konnten die Lehrlinge in Teilqualifizierung die individualisierten Ausbildungsziele im regulären Klassenverband größtenteils erreichen.

Auch in Oberösterreich werden Lehrlinge in Teilqualifizierung in allen Gegenständen unterrichtet und verbringen gleich viel Zeit in der Berufsschule wie reguläre Lehrlinge - wie in der Steiermark bei verminderten Lehrzielen. Die Ausnahme bilden auch hier Befreiungen von einzelnen Gegenständen. Anders ist in Oberösterreich die Handhabung der Lehrpläne: Integrative Lehrlinge in Teilqualifizierung werden entweder nach generellen oder nach individuellen Lehrplänen unterrichtet. Für integrative Lehrlinge mit gleichen Voraussetzungen und gleichen Lehrzielen wird vom Landesschulrat gemeinsam mit den BerufsschullehrerInnen ein genereller Lehrplan mit herabgesetzten Lehrzielen entwickelt und - nach Begutachtung und Stellungnahmen von Schulaufsicht, Sozialpartnern und politischen Parteien des Landes - vom Kollegium des Landesschulrats beschlossen. Bei diesem Lehrplan handelt es sich um einen Rahmenlehrplan mit Möglichkeiten der individuellen Ausgestaltung, der bei Bedarf nachjustiert wird. Der Vorteil des generellen Lehrplans liegt in seiner allgemeinen Gültigkeit. Wenn allerdings vor Beginn der Berufsschulzeit festgestellt wird, dass der für den Lehrberuf entwickelte generelle Rahmenlehrplan auf einzelne integrative Lehrlinge nicht anwendbar ist bzw. nicht realistisch ist, dass die Lehrlinge die Lehrziele erreichen können, werden individuelle Lehrinhalte und -ziele in einem individuellen Lehrplan für den einzelnen integrativen Lehrling festgeschrieben. In einem Gespräch zwischen Berufsausbildungsassistenz und Berufsschule (DirektorIn und/oder LehrerIn) wird festgelegt, nach welchem Lehrplan der Lehrling unterrichtet wird. Während unmittelbar nach Einführung der IBA Lehrlinge in Teilqualifizierung überwiegend in generelle Lehrpläne eingestuft wurden, kommen mittlerweile verstärkt individuelle Lehrpläne zur Anwendung, da sich gezeigt hat, dass etwa ein Viertel der Lehrlinge die Lehrziele nach generellen Lehrplänen nicht erreichen konnte. Mit dem verstärkten Einsatz individueller Lehrpläne sollte es für alle Lehrlinge in Teilqualifizierung möglich sein, die individuellen Lehrziele zu erreichen.

Auch in Oberösterreich wird angemerkt, dass der gleichzeitige Unterricht von regulären Lehrlingen und Lehrlingen in Teilqualifizierung besonderes Engagement seitens der LehrerInnen erfordert. Es besteht die Gefahr, dass wegen der besonderen Beschäftigung mit den integrativen Lehrlingen die regulären Lehrlinge vernachlässigt werden. Wenn die Lehrziele und Ansprüche weit auseinanderklaffen, besteht auch in Oberösterreich die Möglichkeit, Förderstunden und StützlehrerInnen zu beantragen. Seit dem Schuljahr 2005/06 können die einzelnen Berufsschulen schulautonom im Rahmen eines bestimmten Kontingents StützlehrerInnen einsetzen. Reicht dieses Kontingent nicht aus, können über die Schulaufsicht weitere Ressourcen angefordert werden. Bisher konnten alle beantragten StützlehrerInnen genehmigt werden. Der Bedarf ist jedoch steigend, was zu einer Ressourcenknappheit führen könnte.

In Niederösterreich werden wie auch in Kärnten und im Burgenland für alle Lehrlinge in Teilqualifizierung individuelle Lehrpläne erstellt. Der Stoff ist entsprechend der Begabungen und Fähigkeiten der einzelnen Lehrlinge reduziert, über Befreiungen wird individuell entschieden. Darüber hinaus erhält jeder Lehrling in Niederösterreich einen eigenen Förderplan, Förderstunden finden auch außerhalb der Berufsschullehrgänge statt, so dass jeder Lehrling das individuelle Lehrziel auch erreichen kann.

Auch in Salzburg und Tirol nehmen Lehrlinge in Teilqualifizierung grundsätzlich am Regelunterricht mit reduzierten Inhalten teil, Befreiungen von einzelnen Gegenständen werden in Einzelfällen ausgesprochen. Der Lehrstoff wird in allen Gegenständen reduziert und die Aufgaben an das Leistungsvermögen der jeweiligen SchülerInnen angepasst. Auch in diesen beiden Bundesländern können Förderstunden in Anspruch genommen und bei Bedarf ZweitlehrerInnen eingesetzt werden, wobei in Tirol die Lehrlinge in dieser Zeit überwiegend aus dem Regelunterricht genommen und einzeln betreut werden. Bei einer genügend großen Zahl an Lehrlingen aus dem selben Beruf werden diese in Salzburg und Tirol in eigenen Klassen unterrichtet.

  • Eigene Klassen für integrative Lehrlinge in Teilqualifizierung

In Tirol werden Lehrlinge in Teilqualifizierung zwar prinzipiell in Regelklassen integriert, bei einer genügend großen Zahl an Lehrlingen aus dem selben Lehrberuf (z. B. im Einzelhandel) werden sie jedoch zu einer eigenen Gruppe zusammengefasst und gemeinsam in Jahres- statt in Lehrgangsform unterrichtet. Dasselbe gilt auch für Salzburg: Mit Beginn des Schuljahrs 2005/06 wurde für 13 Köchinnen und Köche in Teilqualifizierung in Salzburg eine eigene Klasse mit Jahresunterricht begonnen (alle anderen Lehrlinge werden im Lehrgangsunterricht beschult). Alle 13 KöchInnen kommen aus einer überbetrieblichen Ausbildungseinrichtung. Sie werden einmal pro Woche mit dem hauseigenen Bus in die Schule gebracht. Dort werden sie von zwei LehrerInnen unterrichtet, die sich auf den Fachunterricht und den praktischen Unterricht konzentrieren. Diese Klasse wird auch im Schuljahr 2006/07 weiter geführt. Wenn eine entsprechende Zahl an Lehrlingen in Teilqualifizierung erreicht wird, ist dieses Modell in Salzburg auch für andere Berufe denkbar.

Auch in Vorarlberg wird die Ansicht vertreten, dass Lehrlinge in Teilqualifizierung besser gefördert werden können, wenn sie zu Gruppen zusammengefasst werden. Für Lehrlinge in Teilqualifizierung werden individuelle Lehrpläne entwickelt, die zwar auf die einzelnen SchülerInnen zugeschnitten sind, aber dennoch so gestaltet sind, dass in Gruppen gearbeitet werden kann. Wenn immer es möglich ist (bisher hauptsächlich im Einzelhandel), werden daher auch in Vorarlberg Lehrlinge in Teilqualifizierung des selben Berufs zu einer eigenen Klasse zusammen gefasst und im Jahresunterricht eingeschult - innerhalb dieser Kleingruppe wird der Unterricht im Hinblick auf die individuellen Lehrpläne differenziert abgehalten. Wenn Lehrlinge in Teilqualifizierung in regulären Klassen unterrichtet werden, so wird in Vorarlberg davon ausgegangen, dass sie durch die Vielzahl an Ansprechpersonen überfordert sind. Werden sie hingegen zu Gruppen zusammengefasst, die in Form von Jahresunterricht je 3 Stunden Praxis- und 2 Stunden Theorieunterricht pro Woche erhalten, können sie individuell gefördert werden. Die Anzahl der Kontaktpersonen kann reduziert sowie eine bessere Verzahnung mit der betrieblichen Ausbildung gewährleistet werden.

In Wien werden Lehrlinge in Teilqualifizierung aus dem Ersten Lehrstellenmarkt (Lehrlingsausbildung in einem Betrieb) mit individuellen Lehrplänen in Regelklassen integriert. Als Problem wird hier die Diagnose der individuellen Fähigkeiten vor der Einschulung angesehen. Befürwortet wird eine Art Einstiegsphase etwa bis Weihnachten, um festzustellen, welche Inhalte die Lehrlinge in Teilqualifizierung tatsächlich schaffen können. Erst danach sollte der Lehrplan für die verbleibende Berufsschulzeit erstellt werden müssen. Da in Wien aber die meisten Lehrlinge im Zweiten Lehrstellenmarkt, also in überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen, und noch dazu häufig in einigen wenigen Lehrberufen ausgebildet werden, ist auf Grund der großen Zahl an Teilqualifizierungen im selben Lehrberuf eine Integration in Regelklassen nur schwer möglich. Daher werden sie in diesem Fall ebenfalls zu Gruppen zusammengefasst und nicht individualisiert in gemeinsamen Klassen unterrichtet. Der Lehrplan wird dabei so erstellt, dass alle Lehrlinge ihre Lehrziele erreichen können.

  • Beurteilungssystem

Das derzeit geltende Beurteilungssystem (Noten von 1 bis 5) erschwert den Unterricht: Integrative Lehrlinge werden nach demselben Notenschlüssel beurteilt wie reguläre Lehrlinge, allerdings bei herabgesetzten Anforderungen. Es wird als schwierig angesehen, einem regulären Lehrling zu vermitteln, dass ein integrativer Lehrling bei weniger "Realleistung" die gleichen Noten bekommt, weil er/sie das individuelle Lernziel gleichermaßen erreicht hat. Das erfordert intensive Aufklärungsarbeit in der Klasse, die aber kaum in Anwesenheit der integrativen Lehrlinge geleistet werden kann. Manche der an der IBA Beteiligten sind der Ansicht, dass ein System der verbalen Beurteilung dem individualisierten Unterricht stärker entgegen kommen würde.

Bisher konnten fast alle Lehrlinge in Teilqualifizierung die für sie in den Berufsschulen individuell vereinbarten Lehrziele der Berufsschule erreichen. Mitverantwortlich sind der besondere Einsatz und die Bereitschaft der BerufsschullehrerInnen, sich individuell vorzubereiten und mit den Lehrlingen im Hinblick auf ihre Bedürfnisse und Lehrziele zu arbeiten. Unabhängig von der Form der Organisation gilt: Je individueller und intensiver die Förderung, desto größer ist der Schulerfolg.

Gestaltung des Unterrichts für Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit

Während die schulische Organisation der verlängerten Lehrzeit in einigen Bundesländern Probleme bereitet, ist die Gestaltung des Unterrichts vielfach zumindest aus schulorganisatorischer Sicht eindeutig: Die Lehrziele sind die gleichen - unabhängig davon, ob die Zeit in der Berufsschule verlängert wird oder nicht. Eine individuelle Förderung von Lehrlingen mit verlängerter Lehrzeit ist nahezu überall möglich. Erfahrungen über die Umsetzung der verlängerten Lehrzeit im Berufsschulunterricht gibt es mit Ausnahme von Wien noch kaum.

Wie bereits erwähnt wird in Wien für Lehrlinge mit verlängerter Lehrzeit die erste Berufsschulstufe auf drei bzw. vier Semester aufgeteilt. Während dieser Zeit werden die Lehrlinge in eigenen Klassen unterrichtet. Auf Grund der Konzentration auf einige wenige Lehrlinge ist auch die geplante Integration in Regelklassen ab der zweiten Schulstufe nicht immer möglich, d.h. sie werden u. U. auch in der zweiten Klasse in eigenen Klassen unterrichtet. Auf Grund der großen Zahl an Lehrlingen mit verlängerter Lehrzeit in Wien und die Konzentration auf einige wenige Lehrberufe sind einige Berufsschulen und damit verbunden die LehrerInnen dieser Berufsschulen überdurchschnittlich stark von der integrativen Berufsausbildung betroffen. In Wien werden in Integrationsklassen generell BegleitlehrerInnen in den Hauptgegenständen eingesetzt, weshalb kein leistungsdifferenzierter Unterricht, der Gehaltszulagen für die LehrerInnen zur Folge hätte, geführt werden kann. LehrerInnen, die in Integrationsklassen unterrichten, sehen sich also mit einer erschwerten Unterrichtssituation konfrontiert, bekommen aber im Gegensatz zu jenen KollegInnen, die in Normklassen mit Leistungsdifferenzierung (Teilung) unterrichten, ein geringeres Gehalt für die gleiche Anzahl gehaltener Unterrichtsstunden. Gelöst werden könnte dies durch eine Höherbewertung der IBA-Stunden, d.h. eine Senkung der Lehrverpflichtung für LehrerInnen, die in Integrationsklassen unterrichten.

Akzeptanz der integrativen Lehrlinge in der Berufsschule

Im Allgemeinen sind die Rückmeldungen von LehrerInnen und KlassenkollegInnen über die integrativen Lehrlinge sehr positiv. Viele IBA-Lehrlinge gelten als besonders ehrgeizig, freundlich und diszipliniert. Es wird überwiegend von einem hohen Sozialverhalten der regulären Lehrlinge den Schwächeren gegenüber gesprochen, die sich teils intensiv um die integrativen Lehrlinge, v. a. um jene in Teilqualifizierung, kümmern. In Einzelfällen fühlen sich reguläre Lehrlinge mit der Aufgabe überfordert, sich um die Schwächeren zu kümmern, sie geben an, auf sich selbst schauen zu müssen, um die Berufsschule positiv abzuschließen.

Unsicherheiten entstehen sowohl bei regulären Lehrlingen als auch bei LehrerInnen durch das geltende Benotungssystem, da Lehrlinge in Teilqualifizierung bei weniger Realleistung mit denselben Noten im Zeugnis beurteilt werden wie reguläre Lehrlinge (siehe auch unter "Beurteilungssystem").

Durch individuelle Lernziele ist der Koordinierungsbedarf für die LehrerInnen in den einzelnen Klassen sehr hoch, sie müssen sich intensiv um verschiedene Gruppen in der Klasse kümmern, wodurch es vorkommen kann, dass sich einzelne - meist reguläre Lehrlinge - vernachlässigt fühlen. In weiterer Folge könnte es vorkommen, dass einzelne LehrerInnen durch die Situation überfordert werden. Zu verhindern ist dies durch die Festlegung einer Maximalzahl von beispielsweise drei integrativen Lehrlingen je Klasse. Weiters sollte vermieden werden, dass zu viele Gruppen mit unterschiedlichen Förderbedürfnissen (z. B. reguläre Lehrlinge in einer Klasse mit Lehrlingen in Teilqualifizierung, mit verlängerter Lehrzeit und ev. noch weiteren Lehrlingen mit individuellen Bedürfnissen) in einer Klasse unterrichtet werden.

Betreuung in der unterrichtsfreien Zeit

Grundsätzlich verbringen integrative Lehrlinge die gleiche Zeit im Schulunterricht wie reguläre Lehrlinge. Ausnahme sind jene Gegenstände, von denen Lehrlinge in Teilqualifizierung befreit sind. Diese werden wenn möglich an den Tagesrand des Berufsschulunterrichts gelegt, so dass eine Betreuung der integrativen Lehrlinge während des Berufsschultages außerhalb der Schulstunden meist nicht notwendig ist. Ist dies nicht möglich, bleiben sie häufig trotzdem in der Klasse, nehmen aber am Unterricht nicht teil.

In den Bundesländern Wien und Vorarlberg dominiert der Jahresunterricht bzw. wird versucht, integrative Lehrlinge möglichst in Schulen mit Jahresunterricht einzuberufen. Damit liegt die Betreuung in der unterrichtsfreien Zeit außerhalb der Schule (bei den Eltern, Ausbildungsbetrieben, der Berufsausbildungsassistenz) bzw. in Wien bei den überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen, die den größten Teil der integrativen Lehrlinge ausbilden.

In der Steiermark sind Berufsschulen und Internate organisatorisch getrennt. In manchen Internaten werden Fördermöglichkeiten für Lehrlinge angeboten, die z. T. von BerufsschullehrerInnen durchgeführt werden. Darüber hinaus können Berufsausbildungsassistenz und Bundessozialamt aus eigenen Mitteln Förderstunden "ankaufen", die u. U. ebenfalls von BerufsschullehrerInnen in der unterrichtsfreien Zeit durchgeführt werden.

In allen anderen Bundesländern sind ErzieherInnen und BetreuerInnen in den Internaten häufig auch gleichzeitig LehrerInnen in den Berufsschulen. Sie kennen die integrativen Lehrlinge zum Großteil und können ihnen auch im Anschluss an den Unterricht im Internat eine individuelle Lernhilfe anbieten. Meist sind die Jugendlichen aber am Ende eines langen Schultages - insbesondere im Lehrgangsunterricht - zu erschöpft um noch aufnahmefähig zu sein, so dass zusätzliche Lernhilfe oft nicht mehr in Anspruch genommen wird. Die Betreuung im Internat bezieht sich aber nicht nur auf Lernhilfe, sondern auch auf die soziale und psychologische Unterstützung der Jugendlichen: Viele der BerufsschullehrerInnen sind sehr engagiert, in einigen Internaten - etwa in Oberösterreich- kümmert sich ein/e bestimmte/r LehrerIn besonders um die integrativen Lehrlinge, es werden mit den einzelnen SchülerInnen individuelle Vereinbarungen über die Einhaltung von Vorgaben etc. getroffen, die Belohnungen zur Folge haben, wenn sie eingehalten wurden u. v. m.

In Niederösterreich erhalten integrative Lehrlinge auch zwischen den einzelnen Lehrgängen Förderstunden nach einem individuellen Förderplan. Diese Förderung wird vom Arbeitsmarktservice (AMS) und dem Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer (WIFI) unterstützt.

7.4 Anforderungen an die Berufsschule

7.4.1 Qualifikation von LehrerInnen

Der Unterricht in Integrationsklassen stellt eine große Herausforderung für die BerufsschullehrerInnen dar. Für den Unterricht in Klassen mit integrativen Lehrlingen werden bevorzugt BerufsschullehrerInnen herangezogen, die auch dafür ausgebildet sind. Nicht immer stehen jedoch ausreichend viele ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung.

Bereits im Jahr 2000 wurde ein erster Akademielehrgang für BerufsschullehrerInnen gestartet, der sich vorrangig mit dem Unterricht von BerufsschülerInnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf (SPF) beschäftigte. Dieser Lehrgang sah noch keine abschließende Prüfung vor, sondern wurde als bundesweite Seminarreihe geführt. Bald danach wurde für Niederösterreich ein erster Lehrgang entwickelt, der zwei Jahre dauerte und mit einer Prüfung abschloss. Er startete erstmals im Jahr 2001. Mit der Einführung der IBA im September 2003 explodierte der Bedarf an kurz- und langfristigen Aus- und Weiterbildungen im Bereich der Integrationspädagogik.

Zurzeit gibt es einige Angebote mittel- bis langfristig wirksamer Aus- und Fortbildungen. Seit September 2004 wird am Pädagogischen Institut des Bundes in Wien eine viersemestrige Ausbildung zum/zur "Diplompädagogen/In für Integrationspädagogik an Berufsschulen" angeboten, die BerufsschullehrerInnen aller Bundesländer offen steht. Die Ausbildung ist berufsbegleitend in Form von Individual- und Präsenzphasen organisiert und schließt mit einer Prüfung ab. Auch am Pädagogischen Institut in Oberösterreich wird ein ähnlicher Lehrgang, eine Ausbildung zum/r Sozial- und MotivationstrainierIn, geführt. Zusätzlich bietet die Berufspädagogische Akademie in Oberösterreich einen Akademielehrgang für Sonderpädagogik und ein Wahlpflichtfach "Sonderpädagogik" für Studierende an. Auch in anderen Bundesländern wird im Rahmen der NeulehrerInnenausbildung an den Berufspädagogischen Akademien das Wahlpflichtfach "Sonderpädagogik", in einigen Bundesländern werden darüber hinaus eigene Trainings für BegleitlehrerInnen in Integrationsklassen angeboten.

Diese Ausbildungen dauern meist zu lange, um den momentanen Bedarf an für die IBA ausgebildeten LehrerInnen zu decken. Außerdem stehen jedes Jahr nur wenige Plätze zur Verfügung (in Wien werden beispielsweise drei Lehrgänge à 20 bis 22 TeilnehmerInnen parallel geführt), nur wenige LehrerInnen können daher mit den vorhandenen Mitteln ausgebildet werden. Diese Lehrgänge erreichen auch nur jene LehrerInnen, die ohnehin an der IBA interessiert sind und sich zum Teil bereits damit beschäftigt haben. Ziel sollte nach Ansicht von in der LehrerInnenfortbildung Tätigen jedoch sein, dass alle LehrerInnen in den Berufsschulen über Grundkenntnisse für den Unterricht mit IBA-Lehrlingen verfügen, da nicht immer nur dafür ausgebildete LehrerInnen eingesetzt werden können. Auch jene LehrerInnen, die nicht in Hauptgegenständen tätig sind und daher in den meisten Fällen nicht durch BegleitlehrerInnen unterstützt werden, sind mit den besonderen Bedürfnissen der IBA-Lehrlinge (Behinderungen, Krankheiten, Lern- und Aufnahmeschwierigkeiten etc.) konfrontiert. Daher ist es notwendig, auch kurzfristig wirksame Aus- und Weiterbildungen sowie einen Erfahrungsaustausch, kurze Trainings und einschlägige Hospitationen anzubieten und zu fördern.

Neben den Schwerpunkten in der Ausbildung an den Pädagogischen Instituten und Berufspädagogischen Akademien werden in den meisten Bundesländern in der IBA eingesetzte LehrerInnen bereits auf die für sie neue Situation vorbereitet. Dazu werden Kleinkonferenzen einberufen, ein Austausch mit erfahrenen LehrerInnen initiiert oder auch eigene Grundprogramme im Ausmaß von einigen wenigen Stunden, die alle BerufsschullehrerInnen durchlaufen müssen, organisiert. Ein- bis dreitägige Seminare können in Pädagogischen Instituten oder in einzelnen Berufsschulen besucht werden.

In Oberösterreich arbeiten Berufsschulen und die vier Sonderpädagogischen Zentren des Bundeslandes eng zusammen: Neben organisierten Möglichkeiten des Erfahrungsaustauschs finden auch ein Austausch von LehrerInnen zwischen Berufsschulen und Sonderpädagogischen Zentren sowie gemeinsam organisierte Fortbildungen statt. Im Rahmen des EQUAL-Projekts "IBEA", das die Steirische Volkswirtschaftliche Gesellschaft koordiniert, werden LehrerInnen an 10 österreichischen Berufsschulen im Unterricht begleitet und gecoacht. Ziel ist es, in Zusammenarbeit mit der Berufsausbildungsassistenz kurzfristig Unterstützung zu bieten, wenn erstmals integrative Lehrlinge eingeschult werden bzw. wenn Probleme im Unterricht auftreten. Derzeit wird dieses Instrument auf seine Tauglichkeit hin erprobt, in weiterer Folge könnte es von den Pädagogischen Hochschulen übernommen werden. Weiters werden derzeit acht LehrerInnen, die den Akademielehrgang am PI Wien bereits abgeschlossen haben, zu Coaches ausgebildet. Sie sind ab Herbst 2007 in ihrem Bundesland im Einsatz und können LehrerInnen und LehrerInnenteams, die Probleme mit IBA-Lehrlingen im Unterricht haben, betreuen.

Trotz der intensiven Bemühungen und des regen Besuchs der angebotenen Aus- und Fortbildungen stehen nicht immer für den Unterricht mit integrativen Lehrlingen ausgebildete BerufsschullehrerInnen zur Verfügung. Kurzfristig können für geeignet befundene LehrerInnen in Kurzseminaren und Vorbereitungskursen eingeschult werden, langfristig kann das Problem jedoch nur durch einen Pflichtgegenstand "Integrationspädagogik" im Rahmen der NeulehrerInnenausbildung gelöst werden.

Zusätzlicher Aus- und Weiterbildungsbedarf besteht v. a. im methodischen Bereich:

  • Wie können Inhalte einfach und reduziert dargestellt und vermittelt werden, so dass die Lehrlinge die Inhalte verstehen?

  • Wie können Lerntypen erkannt und gefördert werden?

  • Wie wird der Unterricht für SchülerInnen mit unterschiedlichen Lehrzielen vorbereitet?

  • Wie sollen LehrerInnen mit verschiedenen Lern- und Leistungsniveaus in einer Unterrichtsklasse umgehen? Und wie mit Teilleistungsschwächen?

  • Etc.

Weiters führt das geltende Benotungssystem bei Lehrlingen in Teilqualifizierung zu Problemen (Wie können Noten nach demselben Schema bei unterschiedlichen Lernzielen vergeben und begründet werden?).

Neu ist für LehrerInnen auch der Einsatz von BegleitlehrerInnen: Sie sind nicht gewohnt, im Team zu arbeiten, die Aufgaben der BegleitlehrerInnen sind nicht definiert, und häufig wird die Frage gestellt, wer über die Noten entscheidet. Insbesondere im Unterricht mit verschiedenen Zielgruppen und Leistungsniveaus ist aber Teamarbeit notwendig. In Oberösterreich wurden daher von der Schulaufsicht gemeinsam mit Berufsschulen die Aufgaben und Kompetenzen der BegleitlehrerInnen definiert und schriftlich festgehalten. BegleitlehrerInnen sind hier nicht nur AssistentInnen, sondern sind gleichberechtigt im Team und haben Mitspracherecht bei der Notengebung - insbesondere bei IBA-Lehrlingen, die Noten werden gemeinsam festgelegt.

7.4.2 Administrative Erfordernisse

Mit der Einführung der integrativen Berufsausbildung und der Einberufung der ersten integrativen Lehrlinge in die Berufsschulen entstanden sowohl auf der Ebene der Schulaufsicht als auch in den Berufsschulen selbst enorme zusätzliche administrative Belastungen:

Dokumentation und Einberufung

Die Dokumentation und Evidenzhaltung der Verträge ist aufwendiger als bei regulären Lehrverträgen und muss nach einem gesonderten Schema erfolgen. Da bei der Einberufung in die Berufsschule und der Zuteilung zu den Klassen auf besondere Rahmenbedingungen (optimaler Zeitpunkt der Einberufung, Höchstzahl integrativer Lehrlinge je Klasse, Ausbildung der LehrerInnen für die IBA etc.) Bedacht genommen werden muss, ist auch hier der administrative Aufwand deutlich höher als bei regulären Lehrlingen.

Die Stundenplangestaltung ist erschwert: Im Fall von Befreiungen muss versucht werden, jene Gegenstände, für die Befreiungen ausgesprochen werden, an den Tagesrand zu legen um zu vermeiden, dass integrative Lehrlinge in Freistunden unbeaufsichtigt sind. Zudem müssen die Stundenpläne von Regel- und BegleitlehrerInnen aufeinander abgestimmt werden.

Hinzu kommen der erhöhte Kommunikationsbedarf durch die größere Anzahl eingebundener Einrichtungen (Landesschulrat, Berufsschule, Berufsausbildungsassistenz, ev. Eltern etc.) und die individuellen Bedürfnisse der integrativen Lehrlinge sowie die Dokumentation des Leistungsverlaufs, der bisher noch nicht nach klaren, eindeutigen Regeln erfolgt.

Die Verantwortlichen in den Berufsschulen plädieren überwiegend für eine Änderung des "Fünfergremiums": Es erscheint unrealistisch, dass die Schulbehörden die Ausbildungsziele von hunderten IBA-Lehrlingen überprüfen. Eine Einbeziehung der entsprechenden Berufsschule bzw. Entscheidungskompetenz der Schulkonferenz wird überwiegend bevorzugt. Eine Hinzuziehung der Schulaufsicht sollte nur dann notwendig sein, wenn keine Einigung hinsichtlich der Lehrinhalte erzielt werden kann. Darüber hinaus sollte der Schulerhalter nur dann eingebunden werden, wenn bauliche Maßnahmen durch die Einberufung eines IBA-Lehrlings notwendig sind.

Lehrplanerstellung

Da insbesondere Lehrlinge in Teilqualifizierung überwiegend nach individuellen Lehrplänen unterrichtet werden, muss für jeden einzelnen Lehrling auch ein individueller Lehrplan erstellt werden. Aber auch in Oberösterreich, wo Lehrlinge in Teilqualifizierung z. T. nach generellen, abgespeckten Lehrplänen unterrichtet werden, müssen diese zusätzlich entwickelt werden sowie verschiedene Gremien und Begutachtungsverfahren durchlaufen, bevor sie zum Einsatz kommen. Sowohl individuelle als auch generelle Lehrpläne für Lehrlinge in Teilqualifizierung werden in Kooperation zwischen dem Landesschulrat und den Berufsschulen unter Einbindung der Berufsausbildungsassistenz und vorgelagert der Lehrbetriebe, des Arbeitsmarktservice u. a. entwickelt. Bei einer Zahl von mehreren Hundert Lehrlingen in Teilqualifizierung (siehe Steiermark) verursacht die Lehrplanerstellung einen erheblichen Mehraufwand. Aber auch die Unterrichtsgestaltung - sowohl organisatorisch als auch inhaltlich - braucht mehr Zeit als der reguläre Unterricht in homogenen Berufsschulklassen.

Selbst die Organisation der zusätzlichen Förderstunden verursacht zusätzlichen Aufwand: In einigen Bundesländern müssen die Anträge auf Förderstunden pro Lehrling gestellt und bearbeitet werden. Da fast überall die Kontingente für Förderstunden begrenzt sind, findet die Planung der Förderstunden und BegleitlehrerInnen angesichts der laufend gemeldeten Lehrverträge unter erschwerten Bedingungen statt.

Organisation von Fortbildungen

Mit der Einführung der integrativen Berufsausbildung mussten kurzfristig Aus- und Weiterbildungsangebote für BerufsschullehrerInnen geschaffen bzw. erweitert werden. Der Bedarf ist hier noch nicht gedeckt. Um möglichst viele LehrerInnen zu erreichen, werden laufend ein- und/oder mehrtägige Seminare in- und außerhalb der Schulen angeboten. Auch hier entsteht ein zusätzlicher räumlicher, administrativer und finanzieller Aufwand.

Derzeitige Praxis

In den beiden Bundesländern mit den höchsten Zahlen an Lehrlingen in Teilqualifizierung (Steiermark und Oberösterreich) wurden für einen bestimmten Zeitraum (zunächst für die Phase der Einführung der IBA) BerufsschullehrerInnen, die auch selbst integrative Lehrlinge unterrichten, mit Unterstützung der beiden Länder für einige Stunden vom Unterricht freigestellt. Sie übernehmen die Koordination der integrativen Berufsausbildung, bilden eine Schnittstelle zwischen den verschiedenen beteiligten Einrichtungen und gewährleisten eine umfassende Dokumentation der integrativen Lehrverträge. Sollte die Zahl der integrativen Lehrverhältnisse auch in den anderen Bundesländern zunehmen, sollten auch dort vergleichbare Systeme angedacht werden, die bundesweit einheitlich finanziert sind.

7.5 Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen

Die Zusammenarbeit zwischen den Berufsschulen bzw. Landesschulräten und den anderen an der integrativen Berufsausbildung beteiligten Einrichtungen funktioniert im Allgemeinen sehr gut, wobei der häufigste Kontakt zur Berufsausbildungsassistenz besteht. In den meisten Bundesländern wird diese als Schnittstelle der Information und Kommunikationsdrehscheibe zwischen Betrieben, Arbeitsmarktservice und Lehrlingen bzw. deren Eltern beschrieben.

Eltern von integrativen Lehrlingen suchen verstärkt Kontakt zu allen an der Ausbildung ihrer Kinder beteiligten Einrichtungen, so auch zu den Berufsschulen. Direkten Kontakt zwischen Schulbehörden und Betrieben, Arbeitsmarktservice und anderen Einrichtungen gibt es hingegen nur in wenigen Bundesländern bzw. nicht stärker als bei regulären Lehrlingen. Eine Ausnahme bilden die Wirtschaftskammern bzw. die Lehrlingsstellen der Wirtschaftskammern, mit denen die Zusammenarbeit im Rahmen der integrativen Berufsausbildung z. T. intensiver als in der regulären Lehrlingsausbildung ist.



[13] Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Datenblätter der Berufsausbildungsassistenz, n=731

[14] Das "Fünfergremium" setzt sich laut § 8b Abs. 6 BAG aus der Berufsausbildungsassistenz, dem Lehrbetrieb bzw. der selbstständigen Ausbilungseinrichtung, den Erziehungsberechtigten, der Schulbehörde erster Instanz und dem Schulerhalter zusammen.

8 Praktische Erfahrungen mit der integrativen Berufsausbildung

8.1 Erfahrungen der BerufsausbildungsassistentInnen

Die integrative Berufsausbildung wird von den BerufsausbildungsassistentInnen als ein äußerst relevantes Instrument angesehen, das eine Lücke im bisherigen Ausbildungssystem schließt. Durch diese Form der Lehrausbildung wird es beeinträchtigten Jugendlichen ermöglicht, mit Hilfe von Unterstützungsangeboten den Lehrabschluss bzw. ein Teilqualifizierungszertifikat zu erwerben. Bisher hatte die Zielgruppe nur wenige schulische oder berufliche Alternativen und konnte meist nicht direkt am ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Ein wesentlicher Vorteil dieses Instruments ist seine Flexibilität, die eine auf die jeweiligen Bedürfnisse des einzelnen Jugendlichen maßgeschneiderte Lehrausbildung gewährleistet.

Die BerufsausbildungsassistentInnen beobachten großteils eine steigende Nachfrage nach der integrativen Berufsausbildung, die auch auf die zunehmende Bekanntheit des Instruments zurückzuführen ist. Die Jugendlichen werden nicht nur im Clearing über diese Ausbildungsvariante informiert, sondern auch vom Arbeitsmarktservice oder SchulpsychologInnen zugewiesen. Fallweise wird seitens der Berufsschulen angefragt, ob ein Wechsel von einer regulären in eine integrative Lehre möglich ist, wenn die Jugendlichen sehr schwache Leistungen zeigen. Seitens der Jugendlichen und Eltern besteht großes Interesse an dieser Ausbildungsform, wenngleich teilweise noch einige offene Fragen zur Umsetzung geklärt werden müssen bzw. generell weiterhin Informationsbedarf bei der Zielgruppe besteht.

Die steigende Nachfrage hat teilweise zu Engpässen in den Betreuungskapazitäten der BerufsausbildungsassistentInnen geführt, weil die integrative Berufsausbildung eine sehr langfristige Begleitung der Jugendlichen erfordert. Durch die laufende Aufnahme neuer Lehrlinge kumulieren die Betreuungen und die BerufsausbildungsassistentInnen gelangen sehr schnell an die Grenze ihrer Kapazitäten. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich die Nachfragesituation entwickeln wird, wenn ein Großteil der ersten integrativen Lehrlinge seinen Abschluss macht. In den nächsten zwei Jahren sind wahrscheinlich noch mehr personelle Ressourcen erforderlich, während sich danach die Betreuungssituation stabilisieren sollte.

Die intensive Betreuung durch die BerufsausbildungsassistentInnen ist ein wichtiges Erfolgskriterium, weil diese als zentrale Drehscheibe zwischen den verschiedenen Akteuren (Jugendliche / Betriebe / Berufsschule / Familie) agiert und mit allen involvierten Personen laufend in persönlichem Kontakt steht. Besonders wichtig ist, dass die BerufsausbildungsassistentInnen ausreichend Zeit für die Arbeit mit den Jugendlichen haben, um eine gute Betreuung gewährleisten zu können. Oftmals betreuen die AssistentInnen mehr als 20 Lehrlinge in Betrieben, wodurch nur mehr eine grobmaschige Unterstützung möglich ist, die viel Selbstständigkeit und Verantwortung von den Jugendlichen fordert. Die Jugendlichen weisen aber einen unterschiedlich intensiven Betreuungsbedarf aus, wobei Teilqualifizierungslehrlinge oftmals mehr Unterstützung benötigen. Die BerufsausbildungsassistentInnen wünschen sich daher mehr Ressourcen für intensivere Kontakte mit den Jugendlichen, wobei teilweise u. a. eine intensivere sozialpädagogische Betreuung der Lehrlinge gefragt ist.

Durch die integrative Berufsausbildung konnten bereits zahlreiche Jugendliche enorme Entwicklungsfortschritte vollziehen und einen persönlichen Reifungsprozess durchlaufen. Im Rahmen ihrer Lehrausbildung haben sie einen Platz in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt gefunden und konnten dadurch ein gewisses Selbstvertrauen entwickeln. Für den Entwicklungsprozess der Jugendlichen scheint insbesondere die Integration am ersten Arbeitsmarkt wesentlich. Daher ist es wichtig, zusätzliche Betriebe für die integrative Lehrausbildung zu gewinnen. Um diese zu motivieren, integrative Lehrlinge auszubilden, wäre aus Sicht der BerufsausbildungsassistentInnen zusätzliche Öffentlichkeitsarbeit für die integrative Berufsausbildung und das Aufzeigen von Positivbeispielen wünschenswert. Weiters wäre es hilfreich, wenn die Vernetzung und der Erfahrungsaustausch zwischen den Lehrbetrieben verstärkt würden.

Besonders schwierig gestaltet sich die Suche nach Lehrstellen für Teilqualifizierungslehrlinge, weil die Zukunftsperspektiven in Zusammenhang mit dieser Ausbildung noch unklar sind. Oftmals schreckt auch der höhere Unterstützungsbedarf der Lehrlinge am Arbeitsplatz die Unternehmen ab. Um mehr Betriebe für diese Ausbildungsform zu gewinnen, wäre es wichtig, die Entlohnungsfrage zu klären bzw. zusätzliche Anreize für Unternehmen zu schaffen, Teilqualifizierungslehrlinge aufzunehmen. In diesem Zusammenhang könnten beispielsweise die ersten sechs Monate des Jugendlichen im Betrieb gefördert werden, um dessen Einsatzmöglichkeiten vor Ort auszuloten. Generell besteht die Problematik, dass sich der Integrationsgedanke am Arbeitsmarkt noch stärker durchsetzen muss, sodass die Einbindung von beeinträchtigten Personen selbstverständlich wird.

Die Integration der IBA-Lehrlinge in den Berufsschulen hat sich zwar schon stark verbessert, es wird aber seitens der BerufsausbildungsassistentInnen noch ein gewisser Aufholbedarf gesehen. Manche Berufsschulen haben sich nach Meinung der AssistentInnen noch nicht ausreichend an diese neue Ausbildungsform anpasst. Die integrative Berufsausbildung sollte auch in den Berufsschulen möglichst maßgeschneidert umgesetzt werden, jedoch werden bisher die Lehrlinge eher in das Regelsystem integriert, weil den Schulen die Ressourcen für die Integrationsarbeit fehlen. Durch Kompetenzaufbau und Bereitstellung zusätzlicher Kapazitäten könnte die schulische Einbindung der integrativen Lehrlinge verbessert werden. Für die Bewältigung des Berufsschulunterrichts ist für die Jugendlichen wesentlich, dass sie Maßnahmen zur Lernunterstützung in Anspruch nehmen können. Die Organisation und Finanzierung dieser Maßnahme sollte nach Meinung der BerufsausbildungsassistentInnen vereinfacht und besser etabliert werden. Insgesamt betrachtet sind sie jedoch mit der integrativen Berufsausbildung sehr zufrieden und schätzen diese neue Ausbildungsvariante, bei der sich alle involvierten Akteure noch weiterhin in einem Lernprozess befinden.

8.2 Erfahrungen der Lehrlinge

Die Jugendlichen, die bereits in die integrative Berufsausbildung involviert sind, sind mit dieser Ausbildungsform generell sehr zufrieden. Je nachdem ob die Lehrlinge ihre Ausbildung in Betrieben oder Ausbildungseinrichtungen absolvieren, sammeln sie sehr unterschiedliche Erfahrungen, ziehen aber an beiden Lehrorten eine positive Bilanz. In den Betrieben sind die Jugendlichen tatsächlich mit der Arbeitswelt konfrontiert, während in den Einrichtungen noch ein schulischer Charakter vorherrscht. In beiden Fällen schätzen die Lehrlinge die Unterstützungsmöglichkeiten im Rahmen der integrativen Berufsausbildung, insbesondere die Betreuung durch die BerufsausbildungsassistentInnen. Durch die individuelleren Lehrpläne sowie die Inanspruchnahme von Nachhilfeunterricht und Lernunterstützung können sie leichter die Anforderungen der Berufsschule bewältigen.

Die Jugendlichen fühlen sich jedoch teilweise nicht ausreichend über die integrative Ausbildung informiert und sind fallweise nur über Umwege bzw. durch Zufall zu ihrer Lehrausbildung gelangt. Ein Mädchen schildert ihren Eindruck der Informationspolitik folgendermaßen: "Es sagt dir kein Mensch, wenn du behindert bist, wegen der Arbeit, wo du Arbeit finden kannst, wegen den Therapien, wie du zu Unterlagen kommst. Wenn du dich selbst um nichts kümmerst, dir hilft keiner, egal zu welcher Institution du kommst. Es gibt viele, die wissen entweder gar nichts oder wissen ein bisschen und geben dir darüber zuwenig Auskunft. Also, das ist das Typische, wenn du dir nicht selber hilfst, hilft dir keiner." Auch ein anderes Mädchen hat ähnliche Erfahrungen gemacht und wurde von einer Stelle zur anderen verwiesen: "Es war so, ich hab mich ans Arbeitsamt gewendet, ... wo man so Beschäftigungstherapie halt macht, halt, dass ich beschäftigt bin und dort in den Geschäften hab ich halt arbeiten müssen, dass ich halt irgendwie meine Zeit vertue und so. Aber ich hab gesagt, ich will unbedingt eine Ausbildung haben, dann haben sich mich nach ... geschickt. Dort haben die auch wieder gesagt, sie wissen nicht, was sie mit mir anfangen sollen. Ich weiß ja was ich will und so. Ja, und dann ... Ich muss ganz ehrlich sagen, es war ganz schrecklich, es hat mir keiner geholfen. Wenn nicht durch Zufall meine Mutter mit dem Nachbarn geredet hätte und der hat gesagt er kennt den und der kennt den, hätte ich das alles nicht gefunden, weil vom Arbeitsamt bist ja voll hängen gelassen. Ja, was sollen wir machen! Die Pension haben sie mir gegeben. Zuerst hab ich eine befristete Pension gehabt, für ein Jahr lang gehabt und dann wollten sie, dass ich halt fix in Pension bin. Ich hab gesagt: "Ich bin 18 Jahr, ich geh nicht in Pension, ich will arbeiten". Und die Mama hat dann gesagt: "Ich meine, die dreht mir ja durch daheim". Jeden Tag nur ins Solarium gegangen, nur einkaufen und sonst irgendeinen Blödsinn gemacht."

Mit der integrativen Berufsausbildung wurde den Jugendlichen eine Ausbildungsoption geboten, die sie vor Einführung der integrativen Lehre nicht hatten. Beschäftigungstherapien oder ähnliches bieten den Jugendlichen oft nur wenige Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten und sind für sie auch nicht erstrebenswert. Eine Mutter eines integrativen Lehrlings meint dazu: "Was wir eben nicht wollten, war so in der Werkstätte. Wo sie nur Schalter zusammenbauen, so ein geschützter Bereich. Es war für uns schon immer wichtig, dass sie da weiter leben kann wo sie jetzt lebt. Weil sie hat noch Geschwister und sie ist auch familiär immer sehr integrativ aufgewachsen."

Die Jugendlichen blicken bereits öfter auf eine integrative Schullaufbahn zurück und wollen diesen Weg auch nach Absolvierung ihrer Schulpflicht fortsetzen. Ein Vater eines Lehrmädchens schildert: "Grundsätzlich ist [das Lehrmädchen] immer integrativ aufgewachsen. Sie ist ganz normal in den Kindergarten gegangen und dann war sie in einer integrativen Montessoriklasse und dann in der integrativen Hauptschule. Jetzt war es für uns immer klar, wenn es irgendwie möglich ist, soll sie auch integrativ weiterleben können." Mit Einführung der integrativen Lehre wurde eine Fortsetzung der integrativen Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen, die gleichzeitig einen Einstieg in das Berufsleben ermöglicht. Die Jugendlichen sind sehr glücklich, dass sie eine Lehrausbildung absolvieren dürfen und so die Möglichkeit haben, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Erfahrungen der Lehrlinge in den Betrieben

Ihre Lehrstelle im Betrieb haben die Jugendlichen oftmals über informelle Kontakte gefunden, wobei familiäre und freundschaftliche Beziehungen ausschlaggebend waren. Ein Mädchen berichtet: "Meine Mutter hat sich halt sehr viel gekümmert. Also, dann bin ich halt zur Arbeitsassistenz gekommen, durch das Vorprojekt, wo ich vorher war. Ja und meine Mutter hat mich durch viel Telefonieren, viel Organisieren ins Land [die Landesregierung] hineingebracht." Der Großteil der befragten Lehrlinge in Betrieben erhielt bei ihrer Lehrstellensuche Unterstützung durch ihre Familien.

In ihrer Berufswahl waren die Jugendlichen sowohl durch ihre Beeinträchtigungen als auch durch das Lehrstellenangebot eingeschränkt. Ein Lehrmädchen zeigt ihren Entscheidungsprozeß auf: "Ich hab eh gewusst, was ich ungefähr machen will, und was nur durch meine Behinderung geht. Das kannst dir ungefähr ausrechnen. Wenn du weißt, welche Behinderung du hast, was z.B. überhaupt nicht geht und was du dir dann vorstellst. Wenn du weißt, was überhaupt nicht geht, was du dir vorstellst, kannst dann entscheiden, was du machen willst." Ein anderer Lehrling wollte eigentlich Tischler werden, hat jedoch keine passende Lehrstelle gefunden, sodass er auf den Lehrberuf "Bürokaufmann" umdisponierte, wie er berichtet: "Ich hab geschnuppert, aber dann haben die alle gesagt, sie nehmen mich nicht dort. Einer, bei einem hätte ich anfangen können, aber die sind ... weggezogen. Dann haben wir wieder ein Fähigkeitsprofil gemacht und dann hat sich herausgestellt, dass ich fürs Büro besser geeignet bin."

Die Lehrlinge fühlen sich gut in den Betriebsalltag und die Arbeitsprozesse integriert. Sie werden je nach Leistungsfähigkeit in verschiedenste Arbeitsbereiche eingebunden. Die Teilqualifizierungslehrlinge bekommen für sie bewältigbare Arbeitsaufgaben zugeteilt, während die verlängerten Lehrlinge oftmals die regulären Arbeitsanforderungen bewältigen können. Ein Lehrling in Teilqualifizierung schildert seine Aufgabenbereiche folgendermaßen: "Was ich alles mache: Posteingang, Briefe frankieren, Briefe aufmachen und in die Fächer einsortieren, dann hole ich für die Mitarbeiter die Sachen vom Drucker, mach' Kopieraufträge, Kassabuch." Ein Lehrmädchen, die ihre verlängerte Lehre bereits abgeschlossen hat, war mit folgenden Aufgaben betraut: "Also, ich hab jeden Tag herumgerechnet meine ganzen 3 Lehrjahre, jeden Tag herumgerechnet, weil sie gemeint haben, das haltet mein Gedächtnis in Schwung, das stimmt, ich hab echt gut abgeschlossen in der Berufsschule. Dann hab ich verschiedene Sachen am Computer gemacht, vor allem jetzt, weil ich hab den ECDL auch noch gemacht...Jetzt kommt eh mehr am Computer, das taugt mir eh, Excel-Listen und so schreiben. Dann verschiedene Akten anlegen, Sachen einlegen, verschiedene Sachen eigentlich jeden Tag durch, Schreiben oder so etwas."

Auch die soziale Integration der Lehrlinge in den Betrieben funktioniert großteils sehr gut, nur ein Mädchen hat auch negative Erfahrungen gemacht: "...zwischendurch war es nicht so, weil ich halt dreimal gewechselt hab, die in der ersten Abteilung waren sehr nett, haben mir alles geholfen, in der zweiten waren halt gewisse Kleinigkeiten auch zuviel, was ich auch nicht verstehen kann. Da hab ich mich in der zweiten Abteilung gefühlt, als tät ich gar nicht dazugehören, da war ich eh Gott sei Dank nur zwei Monate dort. In der Abteilung, wo ich jetzt bin, kann ich wahrscheinlich auch bleiben. Mein Chef hat sich sehr für mich eingesetzt und dort bin ich auch sehr glücklich." Ein anderer Lehrling kann von seiner Arbeit nur Positives berichten: "Bei mir ist es so, mir taugt's wirklich unten in der Abteilung, wo ich bin, weil ich hab mit Teppichen zu tun, mit Parkett und Laminat. Mein Mitarbeiter sagt mir, jetzt musst bei dem Parkett was nachfüllen und jetzt musst das halt herrichten und das tu ich gern, aber nur zwischendurch ist halt a bissl a Gaudi drin...". Ein anderes Lehrmädchen erzählt, dass sie sich gut integriert und aufgenommen fühlt: "Manchmal sagen auch welche ich bin beliebt. Und das tut mir im Herzen auch gut, wenn ich das höre. Und das höre ich schon gerne."

Die integrativen Lehrlinge zählen oft zu sehr engagierten und gewissenhaften MitarbeiterInnen in einem Betrieb. Ein Bursche erzählt: "Und in der Früh bin ich immer schon 20 Minuten vor 9 in der Abteilung unten und schalte schon den Computer ein und richte für meinen Arbeitskollegen die Sachen her, die er braucht, dann braucht er's nur mehr in die Hand nehmen. Dann können wir um 9 starten ohne, dass wir irgendetwas noch richten müssen."

In der Berufsschule werden die befragten integrativen Lehrlinge in regulären Klassen unterrichtet, wo sie von Stütz- oder BegleitlehrerInnen betreut werden. Die Jugendlichen erhalten zusätzlich Nachhilfe und Lernunterstützung, die sie bereits vor Beginn der Berufsschule in Anspruch nehmen können, um sich auf den Lehrstoff vorzubereiten. In der Berufsschule treffen die integrativen Lehrlinge jedoch fallweise auf Vorurteile anderer MitschülerInnen. Die SchulkollegInnen verstehen nicht immer, wieso sie von BegleitlehrerInnen zusätzlich unterstützt werden. Wenig Verständnis wird auch entgegen gebracht, dass die integrativen Lehrlinge teilweise mehr Zeit für die Lösung von Aufgaben sowie bei Tests oder Schularbeiten zur Verfügung haben. Dieser zusätzliche Zeitpolster ist z. B. dann erforderlich, wenn eine integrative Schülerin auf Grund ihrer Beeinträchtigung nur sehr langsam schreiben kann. Diese schildert ihre Situation folgendermaßen: "... in Gegenständen, wo viel zu schreiben ist, kann man nicht sagen, die hat nur eine halbe Stunde, wenn man mündlich abprüft ist es klar, dass man das schnell runtergesagt hat, aber man braucht viel länger zum Schreiben. Und es ist halt das, wenn ich nur die Zeit bekommen würde, was die anderen haben oder plus nur eine halbe Stunde, wo z.B. viel zu schreiben ist wie Wirtschaftskunde mit Schriftverkehr oder Englisch, dann wüsste ich zwar alles, aber es täte mir an der Zeit mangeln. Es ist echt so, ich lern viel, ich kann viel und es tät mir echt an der Zeit mangeln. Und dann wird halt immer gesagt: Das finden wir ungerecht, weil sie lässt sich dann absichtlich länger Zeit, obwohl sie genau wissen, wenn ich z. B. einen Buchstaben schreib, können die schon einen Satz schreiben. Und dann unterstellen sie mir gleich; ja ich tu absichtlich so langsam, weil ich alles noch einmal durchschauen will. Obwohl ich von meiner Behinderung einfach nicht so schnell kann." Vorbehalte gegenüber den integrativen Lehrlingen bestehen oftmals seitens jener regulärer SchülerInnen, die selbst Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Lehrstoffes haben. So ist es beispielsweise auch schon vorgekommen, dass sich einige MitschülerInnen fallweise an den Förderunterricht für eine integrative Schülerin angeschlossen haben.

Ein anderer integrativer Lehrling hingegen hat sich in der Berufsschule gut aufgenommen und unterstützt gefühlt: "Das war bei mir so. Ich hab nämlich auch immer länger braucht bei die Sachen, weil ich hab eine schwere Krankheit, ich hab Epilepsie und dann kann ich auch nicht so schnell das machen und dann hab ich das am Anfang meinen Mitschülern und Mitschülerinnen gesagt. Die haben dann zu mir gesagt, wennst Hilfe brauchst, du kannst jederzeit zu uns kommen, du kriegst jederzeit Unterstützung von uns und die haben mir dann beim Lernen geholfen und so. Wenn ich zum Beispiel krank bin oder werde, bin ich am nächsten Tag hingegangen und hab gefragt, was habt ihr in den Gegenständen gemacht und dann haben's mir die Unterlagen kopiert und mir gegeben."

Wenn die integrativen Lehrlinge die Berufsschule in Form eines Blockunterrichts absolvieren, werden sie während der Berufsschulzeit in einem Internat untergebracht. Auch die Zeit im Internat stellt einige Lehrlinge vor neue Herausforderungen. Meistens waren die Jugendlichen noch nie so lange alleine von zu Hause weg und sind durch die Zeit im Internat auch mit neuen Problemen im Zuge des Selbstständig- und Erwachsenwerdens konfrontiert.

Bezüglich der Art des Berufsschulunterrichts - in geblockter Form oder als Jahresunterricht - gibt es seitens der Jugendlichen geteilte Meinungen. So bevorzugen manche die geblockte Variante, weil sie sich dann ausschließlich auf das Lernen konzentrieren können, während andere der Ansicht sind, dass sie es in einem Jahresunterricht leichter hätten, weil der Lehrstoff aufgeteilt und dadurch einfacher zu wiederholen und zu verarbeiten wäre. Vor allem stärker beeinträchtigte Jugendliche können den Blockunterricht nur schwer bewältigen. Eine Mutter berichtet: "Obwohl ... [das Lehrmädchen] wirklich etwas leisten will, aber einfach müde ist nach 7 oder 8 Stunden Schule. Und dass sie dann noch einmal den ganzen Lehrstoff durchgeht, das stelle ich mir ein bisschen schwierig vor. Es wäre besser, wenn sie immer eine Woche Zeit hätte das dazwischen zu lernen. Aber das war leider nicht möglich. Und ich glaube, dass das für schwächere Schüler wirklich die optimalere Bedingung wäre. Da ist es so komprimiert auf die 10 Wochen." Auf Grund der Strukturen in den einzelnen Bundesländern kann jedoch teilweise kein Jahresunterricht realisiert werden, weshalb die integrativen Lehrlinge in diesem Fall einen geblockten Berufsschulunterricht absolvieren.

Bei ihrer integrativen Berufsausbildung werden die Jugendlichen von ihren BerufsausbildungsassistentInnen unterstützt, mit denen sie regelmäßig in persönlichem und telefonischem Kontakt stehen. Einige Teilqualifizierungslehrlinge werden zusätzlich von einem/r ArbeitsbegleiterIn betreut, der/die ihnen beim Erlernen neuer Arbeitsaufgaben im Betrieb behilflich ist. Vor allem zu Beginn ihrer Lehrausbildung und während der Berufsschulzeit benötigen die Lehrlinge mehr Unterstützung durch die BerufsausbildungsassistentInnen. Ein Lehrling erzählt: "Ich kann sie jederzeit fragen, wie was ist und wie das ausschaut. In der Berufsschule habe ich sie auch relativ oft angerufen. Und ich kann sie jederzeit fragen. Und wenn ich sie halt nicht erwische, dann ruft sie mich halt zurück. Da gibt es keine Probleme." Bei Problemen oder aktuellem Mitteilungsbedarf wird mit den AssistentInnen Kontakt aufgenommen.

Im Anschluss an ihrer Lehrausbildung will der Großteil der befragten integrativen Lehrlinge in dem jeweiligen Lehrbetrieb bleiben bzw. den erlernten Beruf weiter ausüben. Ein paar Jugendliche bekamen bereits eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zugesichert, was diese besonders erfreut.

Im Folgenden wird die Ausbildungssituation eines integrativen Lehrlings in einem Betrieb anhand einer Fallstudie genauer illustriert.

Box 6: Fallstudie Lehrling T.

T. ist 20 Jahre alt und absolviert seine verlängerte Lehre zum Bürokaufmann in einem kleinen Bauunternehmen in Oberösterreich. Er hat seine Lehrausbildung im Dezember 2004 begonnen und wird diese voraussichtlich 2008 beenden.

Der Jugendliche war im Alter von 8 Jahren in einen Autounfall involviert, bei dem er ein Schädel- Hirn-Trauma erlitt und lange im Koma lag. Seit diesem Unfall besteht eine Tetraspastik, von der seine rechte Körperhälfte mehr betroffen ist. Daher benötigt er eine Stütze beim Gehen und kann nicht viel tragen. Auch seine Feinmotorik ist eingeschränkt. Er leidet an Konzentrationsschwierigkeiten und spricht etwas langsamer. Seit einem halbem Jahr bekommt er außerdem epileptische Anfälle.

T. ist bis zu dem Autounfall im Jahr 1994 regulär in die Volksschule gegangen. Nach dem Unfall waren lange Krankenhausaufenthalte sowie Rehabilitationsmaßnahmen erforderlich. Seit 1996 hat er acht Jahre lang eine Schule für Körperbehinderte in Passau besucht, die dem Niveau einer Hauptschule entsprach. Danach sammelte er erste Arbeitserfahrungen im Rahmen eines Praktikums bei einer Bank, die in jedoch nicht als Lehrling aufnehmen wollte. Auf Grund des Engagements seines Vaters und der Bauunternehmerin, eine Bekannte der Familie, konnte T. schließlich seine Lehre in dem Bauunternehmen beginnen.

Im Bauunternehmen ist T. mit der Vorbereitung zur Rechnungslegung betraut und stellt die Stunden der Arbeiter für eine Baustelle zusammen. Dabei arbeitet er hauptsächlich am Computer, wobei er nur mit der rechten Hand und etwas verlangsamt tippen kann. T. ist der erste und einzige Bürolehrling in der Baufirma, die übrigen Lehrlinge werden zu Maurern ausgebildet. Mit diesen hat er jedoch weniger Kontakt, weil diese immer nur kurz im Büro anwesend sind. T. arbeitet 30 Stunden in der Woche im Bauunternehmen, da bei einer arbeitsmedizinischen Abklärung festgestellt wurde, dass er nur 6 Arbeitsstunden pro Tag bewältigen kann. Auf Grund dieser verkürzten Arbeitszeit werden die Inhalte eines Lehrjahres innerhalb von 16 Monaten vermittelt. Das Unternehmerpaar ist für die Ausbildung des Lehrlings verantwortlich, sie geben ihm die Arbeitsaufträge und stehen ihm für Fragen zur Verfügung. Zu Arbeitsbeginn war eine intensivere Betreuung des Lehrlings erforderlich, mittlerweile ist er gut in seinem Tätigkeitsbereich eingearbeitet. Da T. gerne arbeitet und froh ist, wenn mehr zu tun ist, lässt ihn die Unternehmerin manche Aufgaben etwas umfangreicher bearbeiten. Sie findet es auch schade, dass die Buchhaltung ausgelagert wurde, weil dies ein guter Aufgabenbereich für ihren Lehrling gewesen wäre.

T. besucht regulär den geblockten Berufsschulunterricht, wobei er die erste Klasse bereits positiv absolviert hat. Zur Vorbereitung auf die Berufsschule erhielt er Förderunterricht, der sich insbesondere auf das kaufmännische Rechnen und den EDV-Bereich konzentrierte. Vor Beginn des Berufsschulblocks fand ein gemeinsamer Besprechungstermin in der Berufsschule statt. T. musste - wie alle übrigen Lehrlinge auch - die geblockte Berufsschulzeit im Internat verbringen. Dafür waren aber einige Vorbereitungen erforderlich. Es mussten zum Beispiel Griffe montiert werden und er benötigt z. B. Unterstützung beim Schuhe zubinden oder Essen schneiden. Daher kam er zu einem älteren Kollegen ins Zimmer, der selbst schon Vater ist und ihm helfend zur Seite stand. Es wurde auch geplant, dass T. bereits 5 Minuten früher zum Essen geht, damit er in Ruhe den Gang passieren kann und nicht überrannt wird, wenn alle SchülerInnen zum Speisesaal strömen.

Während der Berufsschulzeit machte T. eine enorme Entwicklung durch, seine Leistungen wurden aber auch stark von seinen Emotionen beeinflusst. In der Berufsschule waren der Direktor und die LehrerInnen sehr bemüht, auf seine körperlichen wie emotionalen Schwierigkeiten einzugehen. Im Unterricht hat ihm der Direktor, der T. in Rechnen unterrichtete, die Tests und Schularbeiten vergrößert und speziell aufbereitet. Diese spezifische Behandlung führte in der Klasse zu gewissen Unstimmigkeiten, weil die MitschülerInnen meinten, dass T. bevorzugt wird. Diese Problematik wurde jedoch rechtzeitig erkannt und gemeinsam mit den BerufsschullehrerInnen ausdiskutiert. Im Unterricht hat es nur im Bereich von Text- und Informationsverarbeitung Schwierigkeiten gegeben, da die Berufsschule die Ansicht vertrat, dass sich T. von diesem Fach befreien lassen soll, da er auf Grund seiner Einschränkungen Schwierigkeiten beim Tippen hat. Weil der Umgang mit den Computer für T. auch am Arbeitsplatz wesentlich ist, wurde aber eine weitere Teilnahme in diesem Fach erwirkt und in der Folge konnte der Lehrling trotz seiner Defizite das Fach positiv abschließen.

T. wird von seiner Berufsausbildungsassistentin intensiv betreut und gecoacht. Insbesondere während der Berufsschulzeit stand er mit ihr oft in Kontakt und auch während der Ausbildung im Lehrbetrieb telefonieren und treffen sie sich regelmäßig. Vor allem durch die Zeit alleine in der Berufsschule machte T. nach Meinung der Assistentin einen großen Entwicklungsschritt. T. ist grundsätzlich ein sehr kommunikativer Mensch, der gerne mehr unter Gleichaltrigen wäre, aber auf Grund seiner Einschränkung viel Zeit alleine zu Hause verbringt. In der Berufsschule ist er aktiv auf seine MitschülerInnen zugegangen und hat auch beim Berufsschulchor sowie an einem Theaterstück mitgewirkt. In der Klasse hat sich T. dennoch ein bisschen ausgeschlossen gefühlt, auch wenn er im Internat einige Freunde gefunden hat.

Nach seinem Lehrabschluss möchte T. weiterhin im Bürobereich arbeiten und sich eventuell noch weiterbilden. Seitens des Bauunternehmens wurde bereits eine Weiterbeschäftigungsoption angedeutet.

Erfahrungen der Lehrlinge in den Ausbildungseinrichtungen

Die Jugendlichen, die ihre integrative Lehre in einer Ausbildungseinrichtung absolvieren, sind ebenfalls sehr zufrieden. Sie empfinden, dass dort mehr Toleranz gewährt wird als in den Betrieben. Ein Lehrmädchen meint "Ja, aber was bei der IBA ist, da kann man sich irgendwie mehr aufführen, da hat man auch irgendwie mehr Chancen. Wenn man sich so in einem Betrieb aufführt, als Köchin oder so, da bist sofort draußen." In den Trägereinrichtungen können Leistungsschwankungen sowie persönliche Höhen und Tiefen eher abgefedert werden als in einem Unternehmen.

Die Lehrlinge haben unterschiedlich lange versucht, selbstständig eine Lehrstelle in einem Betrieb zu finden. Manche widmeten zwei Monate der Lehrstellensuche, während andere z. B. schon ein halbes Jahr arbeitslos waren, bevor die Initiative ergriffen wurde. Das betroffene Lehrmädchen erzählt: "Ich war ein halbes Jahr arbeitslos. Dann hab ich erst angefangen zu suchen, weil ich mir gedacht habe es kommt alles zu mir hingeflogen. Also, ich bekomm alles zugeschickt. Ich hab mir gedacht, mich will jeder haben und so. Und weil ich so faul war und weil ich immer zu Hause gesessen bin, hat es meiner Mutter dann gereicht und hat was für mich gesucht." Ein anderes berichtet wiederum: "Also, ich hab gleich nach der Schule noch die Sommerferien ausgenutzt. Und dann sofort nach den Sommerferien hab ich angefangen zu suchen und hab nur Absagen bekommen. Dann bin ich zum AMS gegangen und die haben mich dann sofort da hergeschickt [zur Ausbildungseinrichtung]". Alle Jugendlichen haben nach ihrer Meldung beim Arbeitsmarktservice das Berufsorientierungscoaching absolviert und anschließend ihre integrative Lehrausbildung in den Trägereinrichtungen begonnen.

Die gewählten Lehrberufe entsprechen großteils den ursprünglichen Vorstellungen, auch wenn noch während der Berufsorientierung andere Berufsentscheidungen getroffen wurden: "Ich wollte vorher EDV-Technikerin machen. Naja, ich war drei Tage schnuppern und ich hab bemerkt ich bin dem Stress nicht gewachsen. Weil du musst zum Beispiel in nur einer Stunde fünf oder sechs PCs auseinanderbauen. Das schaff ich nicht". So hat sich das Mädchen dann für den Lehrberuf Köchin entschieden. Die Schnuppertage und die Unterstützung im Rahmen des Berufsorientierungscoachings helfen den integrativen Lehrlingen bei ihren Berufsentscheidungen. V. a. Mädchen entscheiden sich oft - nach langen Überlegungen - gegen einen technischen Beruf. Ein Mädchen meint dazu: "Am Anfang wie ich den Kurs angefangen hab, hab ich gesagt Automechanikerin oder so was, irgendwas mit Autos oder so. Aber dann hab ich mir dacht, nein ich bin eine Frau. Jetzt nicht wegen Frauen oder Mann oder so, aber für mich wäre das nichts gewesen." Auch ein anderes Mädchen wagte es in Hinblick auf eine mögliche Schwangerschaft nicht, einen untypischen Beruf zu ergreifen: "Bei mir hat es mehrere [Berufswünsche] gegeben, aber der stärkste war Autolackiererin, hab ich aber nicht werden können, weil sobald ich schwanger gewesen wäre, hätte ich weggehen müssen, weil der Autolack für den Embryo schädlich ist, also hab ich ihn fallen lassen."

Die integrativen Lehrlinge werden in den Werkstätten und Seminarräumen der Ausbildungseinrichtungen unterrichtet und besuchen meist zweimal in der Woche die Berufsschule. In Wien werden sie im 1. Lehrjahr in eigenen Klassen unterrichtet und anschließend großteils auf reguläre Klassen aufgeteilt. In manchen Fällen konnte sogar die 2. Berufsschulklasse als eigene integrative Klasse geführt werden. In der Berufsschule stoßen die Jugendlichen manchmal auf Vorurteile von regulären Lehrlingen, wie ein Lehrmädchen schildert: "Also, bei mir ist es so in der Berufsschule sind wir zusammen und zum Beispiel wenn wir durchs Treppenhaus gehen sprechen die anderen schlecht über uns." Ein andere Jugendlicher beschreibt die Situation so: "Hin und wieder gibt es zwar ein paar die uns ein bisschen necken, mich und meine Freunde. Aber das sind nur kleine Schmäh." Die Hänseleien der anderen Jugendlichen werden als nicht sehr belastend erlebt.

Um den Lehrstoff der Berufsschule bewältigen zu können, erhalten die Lehrlinge Nachhilfe und werden auch von den AusbildnerInnen in den Ausbildungseinrichtungen entsprechend unterstützt. Ein Jugendlicher erzählt: "Bei uns ist es so, wir haben am Donnerstag den ganzen Tag Theorie und da können wir aufholen was wir in der Schule nicht ganz kapiert haben." Im Rahmen dieses berufsschulunterstützenden Unterrichts wird der Lehrstoff noch einmal wiederholt und genau erklärt. Die Jugendlichen haben auch die Möglichkeit, in dieser Zeit ihre Hausaufgaben zu erledigen und zu lernen. Für Schularbeiten oder Tests wird noch speziell mit den AusbildnerInnen geübt, so dass zu Hause nicht mehr viele Vorbereitungen erforderlich sind.

Während des praktischen Unterrichts in den Einrichtungen bekommen die Lehrlinge ihrem Berufsbild entsprechende Arbeitsaufträge, die sie zu erfüllen haben. Im Rahmen ihrer Ausbildung absolvieren die Lehrlinge auch Praktika in Unternehmen, wobei sie meist für ein paar Wochen in einem Betrieb arbeiten. Ein Jugendlicher ist bereits seit 6 Monaten in einem Praktikumsbetrieb, indem er einmal in der Woche seinen Dienst ableistet und mit ähnlichen Aufgaben, wie die übrigen Lehrlinge, betraut wird. Die integrativen Lehrlinge haben sowohl positive als auch negative Erfahrungen während ihrer Praktika gemacht. Teilweise kamen sie sich ausgenützt vor, weil sie z. B. nur zum Putzen eingesetzt wurden. Wenn sie ihre Arbeitserfahrungen mit der Ausbildung in der Einrichtung vergleichen, schätzen die meisten den Unterricht bei den Trägern, wie ein Lehrling schildert: "Wir haben ja jeden Montag und Dienstag Kochen und bei uns lernt man viel mehr dazu als wenn man in einer richtigen Lehre ist. Weil in einer richtigen Lehre beginnt man nur mit Kartoffel schälen und so. Und bei uns hast du von Anfang an schon Menüs gemacht und lernst gleich viel mehr dazu. Und nach drei Jahren kannst du schon perfekt kochen. In einer richtigen Lehre beginnst du erst im dritten Jahr richtige Menüs zu machen." Ein anderer Lehrling kann der Arbeit im Betrieb schon mehr Vorteile abgewinnen: "Es ist ein bisschen anders, weil dort macht man mehr Service. Hier lernt man zwar schon vieles, aber nicht so wie bei der richtigen Arbeit. Es gibt schon Unterschiede." Einige Lehrlinge würden gerne in eine reguläre Lehrstelle zu einem Betrieb wechseln, die meisten wollen jedoch ihre Lehre in der Ausbildungseinrichtung fortsetzen. Die Jugendlichen haben vor allem Angst, dass sie - wenn Probleme im Betrieb auftreten - nicht mehr zur Einrichtung zurückkehren können. Außerdem haben sie bei den Trägern Freunde gefunden, die sie nicht verlieren möchten.

Die Jugendlichen erleben den Unterricht in den Einrichtungen als vorteilhaft, wie ein Lehrling schildert: "Aber hier kann ich trotzdem viel besser lernen. Theorie machen wir hier sehr viel und in der richtigen Arbeit machst du halt nur Arbeit." Sie haben den Eindruck mehr zu lernen als in einem Betrieb und schätzen die Möglichkeit, alles langsamer und genauer lernen können. Ein Lehrling meint dazu: "Also, der Nachteil ist in der regulären Lehre geht alles viel schneller und stressiger zu und ... [in der Einrichtung] ist alles viel langsamer, so dass man es auch versteht." Sie sind in den Einrichtungen einem geringeren Arbeitsdruck ausgesetzt und haben angenehmere Arbeitszeiten als in einem Unternehmen, wie ein Lehrmädchen ausführt: "Dafür haben wir es besser als in den Betrieben. Zum Beispiel haben wir länger Pause und öfter Pause als sie. Wir haben einen fixen Stundenplan wie lange wir Arbeit haben und Schule. Die haben zum Beispiel einmal Nachtschicht oder Tagschicht oder sonst irgendetwas."

Auch die intensivere Vorbereitung auf die Berufsschule wird als Vorteil genannt: "Ja, weil wenn man nach der Schule gleich ins kalte Wasser geworfen wird und gleich in die Berufsschule kommt,.... Und bei der IBA ist es so, dass du vorbereitet werden kannst. Also, ich finde es so schon besser weil so hat man eine Chance sich vorzubereiten und Erfahrungen zu sammeln." Die Jugendlichen haben den Eindruck, dass sie durch ihre Ausbildung in der Einrichtung eine intensive Vorbereitung auf das Berufsleben bekommen.

Sie schätzen auch die Unterstützung durch die zahlreichen Ansprechpersonen in den Einrichtungen, da sie sich bei Fragen und Problemen sowohl an die BerufsausbildungsassistentInnen und AusbildnerInnen als auch an die Vertrauenspersonen und PsychologInnen wenden können.

In den Ausbildungseinrichtungen absolvieren - insbesondere in Wien - auch zahlreiche Jugendliche mit Migrationshintergrund ihre integrative Lehre. Ein Lehrling meint dazu: "Ich würde mich schon freuen, wenn mehr Österreicher zu uns kommen würden, weil in meiner Gruppe ist es schon so, dass mehr als 90 % eine andere Muttersprache haben. Und das merkt man halt einfach. Es ist wirklich sehr schwierig." Die Jugendlichen schließen sich oft in Gruppen zusammen und sprechen in ihrer Muttersprache, die die anderen nicht verstehen können. Das Zusammentreffen von Jugendlichen mit unterschiedlichem Migrationshintergrund kann in Einzelfällen ein erhöhtes Konfliktpotenzial in sich bergen. Es wurden aber auch sehr gute Erfahrungen mit dem Mix verschiedener Nationalitäten gemacht, wie ein Lehrling berichtet: "Bei uns in der Klasse ist das ganz anders. Es gibt vielleicht 6 oder 7 Österreicher und die anderen sind alle Serben und Türken. Und die Österreicher verstehen sich mit uns super."

Die Situation eines Lehrlings mit Migrationshintergrund, der bei einem Träger qualifiziert wird, wird im Rahmen der folgenden Fallstudie näher erläutert.

Box 7: Fallstudie Lehrling D.

D. ist 21 Jahre alt und absolviert eine verlängerte Lehre zum Sanitär- und Klimatechniker in einer Ausbildungseinrichtung in Wien. Er hat seine Lehrausbildung im Herbst 2003 begonnen und wird voraussichtlich im Sommer 2007 seinen Lehrabschluss machen.

D. ist erst im Alter von 17 Jahren nach Österreich gekommen. Er hat in der Türkei die Schule besucht, aber dort noch keinen Abschluss gemacht und fällt daher in die Zielgruppe mit keinem oder einem negativen Hauptschulabschluss. Um Deutsch zu lernen hat er sowohl privat als auch einen vom AMS finanzierten Deutschkurs besucht. Nach diesem 6-monatigen Deutschkurs hat er sofort das 8-wöchige Berufsorientierungscoaching (BOCO) durchlaufen und anschließend die spezifische Berufsorientierung für die integrative Berufsausbildung in einem Zeitraum von 4 Wochen absolviert.

Sein ursprünglicher Berufswunsch war es, in der Türkei Polizist zu werden, ein Berufswunsch, den er in Österreich nicht realisieren kann. Im Rahmen der Berufsorientierung hat sich D. zuerst für den Lehrberuf "Kfz-Mechaniker" entschieden. In diesen Lehrgängen war jedoch kein Platz mehr frei und so disponierte er auf Tischler um, obwohl er sich nichts Genaues unter diesem Berufsbild vorstellen konnte. Ein Problem war auch, dass zu diesem Zeitpunkt seine Sprachkenntnisse noch nicht so weit entwickelt waren, so dass ihm der Beruf des Tischlers nicht wirklich näher gebracht werden konnte. Er hat daher seine integrative Lehre als Tischler begonnen, dieser Beruf hat ihm aber überhaupt keinen Spaß gemacht. D. konnte auch nicht akzeptieren, dass die Ausbildnerin eine Frau war, weil er sehr traditionell erzogen wurde. Nach mehrmaligen Kontaktaufnahmen mit seiner Berufsausbildungsassistentin konnte er nach einem Ausfall eines Jugendlichen bei den Sanitär- und Klimatechnikern für eine Woche in diesen Lehrberuf hineinschnuppern und hat anschließend zu dieser Lehrausbildung gewechselt.

Zu Beginn seiner verlängerten Lehre hatte D. auf Grund seiner mangelnden Deutschkenntnisse enorme Verständigungsschwierigkeiten. Vor allem in der Berufsschule dachten die Lehrer, dass er diese nicht bewältigen wird können. D. ist aber sehr ehrgeizig, ausdauernd und verfolgt sein Ziel, die Lehrausbildung abzuschließen, sehr konsequent. Seine Entwicklungskurve ging steil nach oben, so dass er nun zu den besten Schülern zählt. Anfangs wurde D. aus dem Unwissen heraus, ob kognitive oder "nur" sprachliche Probleme vorliegen, unterschätzt. Im Laufe der Zeit wurde erst deutlich, dass nur die Verständigungsprobleme die Ursachen für seine Schwierigkeiten waren. Wenn er zum jetzigen Standpunkt eine Lehrausbildung begänne, könnte er nach Meinung der Berufsausbildungsassistentin eine reguläre Lehre schaffen, zum damaligen Zeitpunkt hätte er aber z. B. keinen JASG-Lehrgang bewältigen können. Nur durch die zusätzliche Zeit und Förderung in der integrativen Berufsausbildung konnte D. diese positive Entwicklung vollziehen.

Der Jugendliche besucht jeweils donnerstags und freitags die Berufsschule, wo er gemeinsam mit den anderen Lehrlingen aus der Ausbildungseinrichtung in einer eigenen Klasse unterrichtet wird. Die restlichen drei Werktage verbringen sie in der Werkstätte in der Einrichtung, wobei aber zumindest ein Vormittag dafür genutzt wird, um den Stoff aus der Berufsschule zu wiederholen. Der Lehrling nimmt - wie der Großteil der Gruppe auch - an einem Nachhilfeunterricht teil.

D. hat schon 4 Praktika für jeweils ca. 3 Wochen bei Installateurunternehmen absolviert, die von den Jobfindern der Einrichtung organisiert wurden. In den Praktikumsbetrieben konnte er wertvolle Arbeitserfahrungen sammeln, wenn auch viele anstrengende Tätigkeiten verrichtet werden mussten. Der Lehrling würde lieber eine Lehre in einem Betrieb absolvieren bzw. noch mehr praktische Erfahrungen sammeln. Auch der Ausbildner ist der Ansicht, dass vor allem mit zunehmendem Lernfortschritt möglichst viel Praxiserfahrung auf Baustellen oder im Privatkundenbereich gesammelt werden muss, weil nicht alle Arbeiten in der Werkstätte nachgestellt werden können. Obwohl D. zwar immer positive Rückmeldungen von seinen Praktika bekommen hat, ergab sich bisher noch nicht die Möglichkeit, dass er in einen Betrieb wechseln kann, da die Firmen nur selten Lehrlinge übernehmen.

Der Lehrling möchte seine Lehrabschlussprüfung machen und anschließend als Installateur arbeiten - am liebsten in einem kleinen Installationsunternehmen mit Wohnungsservice. Bezüglich der Bewältigung des Lehrabschlusses besteht sowohl seitens des Ausbildners als auch seitens der Berufsausbildungsassistentin große Zuversicht, dass er diesen problemlos erreichen wird. Auch bei der Arbeitssuche werden keine Schwierigkeiten erwartet, weil D. sehr engagiert ist. Die Berufsausbildungsassistentin glaubt, dass sich der Lehrling in Folge seiner Selbstständigkeit und seines Engagements schon vor der Lehrabschlussprüfung bei Firmen bezüglich eines möglichen Arbeitsplatzes bewirbt.

Nachteilig an der Ausbildung in einer Einrichtung empfinden die Jugendlichen, dass es für ihren Lebenslauf besser wäre, wenn sie in einem Unternehmen lernten. Am Arbeitsmarkt werden die Jugendlichen mit Vorurteilen gegenüber den Einrichtungen konfrontiert, wie ein Lehrmädchen während des Praktikums erfahren musste: "Ich war einmal in einem Praktikum ... in einem Pensionistenwohnheim und da war ein Koch und der hat zu einem Kollegen von mir gesagt, ja du bist ja von ... [dem Träger], du kannst ja nichts. Und ich hab das dann meiner Trainerin gesagt und irgendwie ärgert mich das. Nur weil wir bei ... [der Einrichtung] sind, heißt es immer gleich wir sind behindert und können nichts."

Als weiteren Nachteil führen die Jugendlichen an, dass sie weniger verdienen als in einer betrieblichen Lehre, auch wenn sie über die Erhöhung der Ausbildungsentschädigung (von € 150,- auf € 240,- und auf € 555,- für 18-Jährige) erfreut sind. Sie bringen aber teilweise Verständnis für die geringere Ausbildungsentschädigung auf: "Aber unsere Ausbildung selber kostet ja dem Staat schon sehr viel, also können wir eigentlich froh sein, dass wir überhaupt einen Lohn kriegen."

Die befragten Jugendlichen wollen ihre Lehrausbildung - zum Großteil bei der Ausbildungseinrichtung - abschließen und danach in dem erlernten Beruf arbeiten. Manche können sich auch vorstellen, in andere Berufsbereiche hineinzuschnuppern. Ein Lehrmädchen meint dazu: "Ich habe gehört es ist einfach wichtig, dass man eine Lehre fertig abgeschlossen hat und kann dann in einem anderen Beruf anfangen." Für die Jugendlichen ist es von Bedeutung, dass sie nach der absolvierten Lehre arbeiten gehen und ihr eigenes Geld verdienen können.

8.3 Erfahrungen der Betriebe und Ausbildungseinrichtungen

Erfahrungen und zukünftige Perspektiven der Betriebe

Knapp drei Viertel der befragten Betriebe (73 %) haben im Betriebsalltag insgesamt gute Erfahrungen mit ihren integrativen Lehrlingen gemacht. Der Großteil der Betriebe verweist vor allem auf eine gute soziale Integration der IBA-Lehrlinge und zeigt sich auch mit der Einhaltung der betrieblichen Tagesstruktur zufrieden (Grafik 29). Mehr als 70 % der Betriebe schätzen das Engagement und die Motivation der integrativen Lehrlinge und haben auch gute Erfahrungen beim Kontakt mit Lieferanten und Kunden gemacht. Ein Problembereich ist jedoch die Lernfähigkeit der IBA-Lehrlinge, diese schätzen knapp 60 % der Betriebe weniger oder nicht gut ein. Die reduzierte Lernfähigkeit äußert sich u. a. in einer eingeschränkten Merkfähigkeit sowie in Verständnisproblemen. Dadurch weisen die integrativen Lehrlinge oftmals auch Schwierigkeiten bei der Bewältigung der schulischen Anforderungen auf.

Grafik 29: Erfahrung der Betriebe mit den integrativen Lehrlingen, Anteil der Betriebe in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Betriebe, n = 133, * bei Kontakt mit Lieferanten/Kunden: n = 120

Die Betriebe sind jedoch auch teilweise von den Leistungen der integrativen Lehrlinge positiv überrascht, wie eine Ausbildnerin über ihr Lehrmädchen berichtet: "Die Botengänge erledigt sie mustergültig und unheimlich schnell. Das verblüfft mich manchmal. Und auch im Haus da ist sie unermüdlich. Stiegen rauf und Stiegen runter. Das geht prima. Das macht sie gut, das macht sie sehr zuverlässig. Auch wenn man sie auf die Bank schickt.

Am Anfang habe ich noch immer angerufen. Aber das brauche ich jetzt nicht mehr. Das geht gut." Die Lehrlinge werden fallweise unterschätzt und ihnen wird manches nicht zugetraut, wie die Ausbildnerin berichtet: "Da war zum Beispiel einmal etwas, wo ich gemeint habe, dass das ... [das Lehrmädchen] nicht kann und die ... [Kollegin] hat dann gesagt, das werden wir schon sehen und das werde ich ihr zeigen. Und das hat sie dann aber auch wirklich gut gemacht."

Als Schwächen im Arbeitsalltag konstatieren die Unternehmen bei den integrativen Lehrlingen u. a. Konzentrationsschwierigkeiten sowie eine geringere Belastbarkeit. Ein Teil der Betriebe kritisiert vor allem den hohen zeitlichen Aufwand, der für die Betreuung der IBA-Lehrlinge erforderlich ist. Diese haben nach Angaben der Betriebe u. a. Schwierigkeiten selbstständig zu arbeiten, sind weniger ausdauernd und zuverlässig. Als weitere Probleme führen die Betriebe an, dass die integrativen Lehrlinge teilweise über zu wenig Lernbereitschaft und Eigeninitiative verfügen sowie zu wenig Interesse für die Arbeit aufbringen.

Ob die Lehrlinge nach Beendigung der Lehrverhältnisse in den Betrieben weiterbeschäftigt werden können, ist bei einem Großteil der Unternehmen (63 %) noch ungewiss (siehe Grafik 30). Dies hängt vor allem von der Auftrags- bzw. Wirtschaftslage ab und ob Bedarf nach einer weiteren Arbeitskraft besteht. Ein Teil der Betriebe macht die Anstellung auch von der weiteren Entwicklung des Lehrlings abhängig. Etwa ein Fünftel ist aber bereits sicher, dass es seine Lehrlinge nach Abschluss ihrer Ausbildung im Unternehmen behalten will. Lediglich 16 % der Betriebe schließen eine Weiterbeschäftigung der IBA-Lehrlinge aus. Diese kann u. a. nicht erfolgen, weil von Beginn an nur eine Lehrausbildung vorgesehen war oder das integrative Lehrverhältnis bereits abgebrochen wurde. In Einzelfällen sind auch Schwierigkeiten mit dem jeweiligen Lehrling dafür ausschlaggebend, dass keine weitere Anstellung im Unternehmen geplant ist.

Grafik 30: Weiterbeschäftigung der integrativen Lehrlinge in den Betrieben, Anteil der Betriebe in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Betriebe, n = 136

Auch bei dem weiteren Angebot von integrativen Lehrstellen herrscht noch große Unsicherheit, wie Grafik 31 zeigt. Knapp 60 % der Betriebe sind noch nicht sicher, ob sie weiterhin integrative Lehrplätze anbieten werden. Diese Entscheidung ist vor allem von jedem/r einzelnen BewerberIn sowie dem jeweiligen Bedarf bzw. der Auslastung des Unternehmens abhängig. Knapp ein Drittel der Betriebe (30 %) hat aber vor, auch in Zukunft IBA-Lehrlinge auszubilden. Nur 13 % wollen in Zukunft keine integrativen Lehrstellen mehr anbieten, weil sie teilweise negative Erfahrungen gemacht haben oder ihnen die Ausbildung zu mühsam erscheint.

Grafik 31: Weiteres Angebot von integrativen Lehrstellen in den Betrieben, Anteil der Betriebe in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Betriebe, n = 136

Insgesamt betrachtet sind mehr als drei Viertel der befragten Betriebe (77 %) mit der integrativen Berufsausbildung zufrieden. Betriebe, die Lehrlinge mit einer verlängerten Lehrzeit ausbilden, bewerten die integrative Berufsausbildung noch etwas besser als jene, die Teilqualifizierungslehrlinge beschäftigen (siehe Grafik 32).

Grafik 32: Zufriedenheit der Betriebe mit der integrativen Berufsausbildung, Anteil der Betriebe in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Betriebe (nicht alle 136 Betriebe haben angegeben, ob bei ihren Lehrlingen eine Teilqualifizierung oder Verlängerung der Lehrzeit vorliegt)

Trotz der hohen Zufriedenheit mit der integrativen Berufsausbildung werden von den Betrieben einige Probleme bei der Umsetzung dieser Ausbildungsform wahrgenommen. Ein maßgeblicher Problembereich wird in Zusammenhang mit der Ausbildung in den Berufsschulen gesehen. Dort werden die integrativen Lehrlinge den Betrieben zu Folge zu wenig unterstützt und es wird auch zu wenig flexibel auf ihre Bedürfnisse eingegangen. In den Unternehmen selbst erweist sich insbesondere der hohe Zeit- und Arbeitsaufwand für die Betreuung der integrativen Lehrlinge als problematisch. Es wird teilweise ein deutlicher Unterschied zu regulären Lehrlingen oder MitarbeiterInnen wahrgenommen. Als weitere Problembereiche werden zu wenig Information über diese neue Ausbildungsform, der höhere bürokratische Aufwand sowie in Einzelfällen die mangelnde bzw. schlechte Betreuung durch die BerufsausbildungsassistentInnen genannt. Ein Teil der Betriebe weist aber auch explizit darauf hin, dass bisher noch keine Probleme bei der Umsetzung der integrativen Berufsausbildung aufgetreten sind.

Zur Verbesserung der integrativen Berufsausbildung führen die Betriebe eine Reihe von Vorschlägen an: Zur zeitintensiveren Betreuung der integrativen Lehrlinge in den Unternehmen sollten höhere Förderungen zur Verfügung gestellt werden. Weiters wünschen sich die Unternehmen mehr Informationen über die IBA, die beispielsweise mit einer speziellen Schulung der AusbildnerInnen verknüpft sein könnte, sowie eine möglichst individuelle Abstimmung der Ausbildung auf den Betrieb. Ebenso werden ein Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen sowie eine intensivere Einbindung der Wirtschaftskammern bzw. anderer öffentlicher Stellen in die Umsetzung der integrativen Berufsausbildung - u. a. auch als Vorbildfunktion durch die Aufnahme von integrativen Lehrlingen - angestrebt. Bezüglich der Ausgestaltung der IBA wird beispielsweise angeregt, möglichst einfache Berufe für die Lehrlinge auszuwählen sowie die Zielgruppendefinition etwas zu verändern (z. B. SchülerInnen mit negativem Hauptschulabschluss nicht einzubeziehen oder Behinderte in körperlich und geistig behinderte Personen aufzuschlüsseln). Im Schulbereich wird u. a. vorgeschlagen, den Unterricht nach Sonderschullehrplan durchzuführen, mehr StützlehrerInnen in den Berufsschulen bereit zu stellen oder schwache SchülerInnen vom Berufsschulunterricht zu befreien. Den Lehrlingen sollte mehr individuelle Betreuung zugänglich werden (wie beispielsweise psychologische Unterstützung) und auch die Eltern sollten aus Sicht der Unternehmen intensiver in die integrative Ausbildung ihrer Kinder einbezogen werden.

Erfahrungen und zukünftige Perspektiven der Ausbildungseinrichtungen

Nahezu alle befragten Ausbildungseinrichtungen (96 %) blicken generell bei der integrativen Berufsausbildung auf gute Erfahrungen mit ihren Lehrlingen zurück. Damit werden die Erfahrungen noch deutlich positiver als von den Betrieben (73 %) eingeschätzt.

Mehr als 80 % der Einrichtungen schätzen die Erfüllung der Arbeitsaufgaben, die Einhaltung der Tagesstruktur sowie die soziale Integration der integrativen Lehrlinge (siehe Grafik 33). Besonders mit der sozialen Eingliederung sind 40 % der Einrichtungen sehr zufrieden und auch ein Drittel schätzt die Anpassung der Lehrlinge an die betriebliche Tagesstruktur als besonders gut ein. Rd. drei Viertel der Einrichtungen sind mit dem Engagement bzw. der Motivation der integrativen Lehrlinge zufrieden und weisen auf gute Erfahrungen bei Kontakten mit Kunden oder Lieferanten hin. Im Vergleich zu den Betrieben zeigt sich, dass verhältnismäßig mehr Einrichtungen mit der Erfüllung der Arbeitsaufgaben der integrativen Lehrlinge zufrieden sind als Betriebe (88 % gegenüber 66 %). Jedoch weisen mehr Betriebe (89 %) als Ausbildungseinrichtungen (80 %) auf gute Erfahrungen mit der sozialen Integration der Lehrlinge hin.

Eine gewisse Schwierigkeit stellt auch die Lernfähigkeit der integrativen Lehrlinge in den Einrichtungen dar, denn 44 % der Ausbildungseinrichtungen sind mit dieser weniger oder gar nicht zufrieden. In den Betrieben hat sogar die Mehrheit schlechte Erfahrungen mit der Lernfähigkeit ihrer Lehrlinge gemacht.

Grafik 33: Erfahrungen der Einrichtungen mit den integrativen Lehrlingen, Anteil der Ausbildungseinrichtungen in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Ausbildungseinrichtungen, n = 25, * Kontakt mit Lieferanten/ Kunden: n = 19

Probleme im Arbeitsalltag mit den integrativen Lehrlingen stellen nach Meinung der Ausbildungseinrichtungen neben der eingeschränkteren Lernfähigkeit, die sich in einer reduzierten Gedächtnisleistung, einer geringeren Auffassungsgeschwindigkeit sowie einem geringeren Abstraktionsvermögen äußert, insbesondere Schwierigkeiten im Sozial- und Arbeitsverhalten dar. Die integrativen Lehrlinge weisen dem zu Folge oftmals soziale Defizite sowie ein geringeres Durchhaltevermögen auf und haben teilweise Probleme mit der Arbeitsdisziplin und der Einhaltung der Arbeitsstrukturen. Fallweise sind die integrativen Lehrlinge auch noch nicht sehr selbstständig, weniger motiviert oder ihr Selbstvertrauen ist noch nicht entsprechend ausgeprägt. Weiters wird seitens der Ausbildungseinrichtungen u. a. auf die schlechten Basiskenntnisse der Lehrlinge aus ihrer Schulzeit hingewiesen.

Auch wenn die Ausbildung der integrativen Lehrlinge vorrangig in den Einrichtungen stattfindet, sind diese um eine möglichst wirtschaftsnahe Ausbildung bemüht. Alle befragten Ausbildungseinrichtungen stehen mit Betrieben in Kontakt und vermitteln auch Praktikumsplätze in Betrieben. Von den rd. 650 integrativen Lehrlingen in Ausbildungseinrichtungen absolvieren rd. 70 % Praktika in Wirtschaftsbetrieben.

Mehr als 90 % der befragten Einrichtungen setzen bereits Maßnahmen, um die Jugendlichen in den regulären Arbeitsmarkt zu integrieren. Diese Maßnahmen umfassen vorrangig Betriebspraktika, die Einschaltung von ArbeitsassistentInnen sowie die Durchführung von Bewerbungstrainings. Die Ausbildungseinrichtungen stellen auch Kontakte zu Betrieben her und versuchen teilweise schon jetzt, die Lehrlinge an Betriebe zu vermitteln bzw. dort Lehrstellen für sie zu finden. Die Einrichtungen bieten den Lehrlingen auch Unterstützung bei der Organisation von Fördermöglichkeiten im Anschluss an die integrative Lehrausbildung an.

Der Großteil der befragten Ausbildungseinrichtungen (85 %) plant weiterhin integrative Ausbildungsplätze in ihren Einrichtungen anzubieten (Grafik 34). Lediglich etwa ein Zehntel ist sich diesbezüglich noch nicht sicher. Bei den Ausbildungseinrichtungen besteht demnach naturgemäß ein wesentlich größeres Interesse sich weiterhin im Bereich der integrativen Berufsausbildung zu engagieren als bei den Betrieben.

Grafik 34: Weiteres Angebot von integrativen Lehrstellen in Einrichtungen, Anteil der Ausbildungseinrichtungen in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Ausbildungseinrichtungen, n = 26

Insgesamt sind knapp 90 % der Ausbildungseinrichtungen mit der integrativen Berufsausbildung zufrieden. Damit sind verhältnismäßig noch mehr Einrichtungen mit dieser Ausbildungsform zufrieden als Betriebe (77 %). Ausbildungseinrichtungen, die Teilqualifizierungslehrlinge schulen sind - im Gegensatz zur Situation in den Betrieben - zufriedener als jene, die ausschließlich Lehrlinge mit einer verlängerten Lehrzeit ausbilden oder beide Ausbildungsformen anbieten (siehe Grafik 35).

Grafik 35: Zufriedenheit der Einrichtungen mit der integrativen Berufsausbildung, Anteil der Ausbildungseinrichtung in Prozent. Quelle: KMU FORSCHUNG AUSTRIA, Befragung der Ausbildungseinrichtungen

Trotz der außerordentlich hohen Zufriedenheit der Ausbildungseinrichtungen mit der integrativen Berufsausbildung insgesamt, werden einige Problembereiche in Zusammenhang mit dieser Ausbildungsform wahrgenommen. Im Vordergrund steht dabei, dass der Stellewert und die Relevanz der integrativen Ausbildung in der Wirtschaft noch unklar sind. Auch die Vermittlung der integrativen Lehrlinge auf den Arbeitsmarkt, insbesondere jener mit Teilqualifizierung, erscheint problematisch. Derzeit scheint aus Sicht der Ausbildungseinrichtungen noch nicht gesichert, in welcher Form die Teilqualifizierungslehre am Arbeitsmarkt anerkannt wird und wie die Entlohnung erfolgt, da noch keine kollektivvertraglichen Regelungen für Teilqualifizierte bestehen. Weiters weisen die Einrichtungen darauf hin, dass die Betriebe zu wenig über die integrative Berufsausbildung informiert sind und nur eine geringe Bereitschaft besteht, Lehrlinge in Unternehmen aufzunehmen. Ein weiterer Problembereich bezieht sich nach Meinung der Ausbildungseinrichtungen auf die Berufsschulen, wobei vor allem die nicht ausreichende Unterstützung der integrativen Lehrlinge im Vordergrund steht. Bezüglich der Ausgestaltung der integrativen Berufsausbildung wird darauf aufmerksam gemacht, dass in der Praxis nicht alle Berufe realisierbar erscheinen und die Lehrlinge daher auf gewisse Berufsbilder eingeschränkt sind. Außerdem wird beklagt, dass der Umstieg von einer Teilqualifizierung in eine Verlängerung und umgekehrt noch nicht geregelt ist und dass die Lehrlinge eine zu geringe Ausbildungsentschädigung erhalten.

Um Verbesserungen bei der integrativen Berufsausbildung zu erzielen und die vorhandenen Probleme zu reduzieren, formulieren die Ausbildungseinrichtungen einige Vorschläge. Durch mehr Öffentlichkeitsarbeit könnte die Bekanntheit der integrativen Berufsausbildung in der Wirtschaft gesteigert werden. Weiters sollte der Stellenwert der Ausbildung am Arbeitsmarkt geklärt werden und eine kollektivvertragliche Regelung für Teilqualifizierungslehrlinge erfolgen. Auch sprechen sich die Ausbildungseinrichtungen dafür aus, alle integrativen Lehrlinge bezüglich der Ausbildungs- bzw. Lehrlingsentschädigung gleichzustellen. In den Berufsschulen werden mehr individuelle Fördermaßnahmen der integrativen Lehrlinge durch StützlehrerInnen angestrebt. Der Berufsschulunterricht sollte modularer und individueller gestaltet werden und z. B. mehr Zeit für Einzelcoaching bieten. Außerdem sollten die BerufsschullehrerInnen besser über die integrative Ausbildung informiert werden und ein intensiverer Austausch mit ihnen erfolgen. Bezüglich der Ausgestaltung der integrativen Berufsausbildung wird einerseits eine genaue Auflistung, in welchen Berufen die IBA bzw. eine Teilqualifizierung möglich ist, gewünscht, andererseits besteht der Wunsch nach einem größeren Gestaltungsspielraum, wobei dieser u. a. flexiblere und einfachere Aus- und Umstiegsmöglichkeiten betrifft. In Hinblick auf die Betreuung der integrativen Lehrlinge wird angeregt, vor der Ausbildung noch Nachreifungsmaßnahmen anzubieten, den Betreuungsschlüssel der BerufsausbildungsassistentInnen zu reduzieren bzw. eine Nachbetreuung nach Abschluss der Lehrausbildung durch die BAS zu ermöglichen.

9 Zentrale Aspekte und Schlussfolgerungen

Insgesamt wird die integrative Berufsausbildung (IBA) von allen AkteurInnen und ExpertInnen als wertvolles und taugliches Mittel zur besseren Integration von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen am Arbeitsmarkt angesehen. Die IBA schließt eine Lücke im (Berufs-)Bildungssystem, da bisher Jugendlichen, die nicht direkt eine Lehre absolvieren konnten, eine berufliche Qualifikation verschlossen blieb. Die beiden Möglichkeiten Verlängerung der Lehre und Teilqualifizierung in der IBA eröffnen nun sowohl Jugendlichen, die grundsätzlich eine Lehre absolvieren können, aber dafür zusätzlichen Förderbedarf und Zeit brauchen als auch Jugendlichen, die zwar nicht ein gesamtes Berufsbild aber Teile davon erlernen können, die Chance auf einen beruflichen Abschluss. Somit werden AbsolventInnen der verlängerten Lehre auf Fachkräfteniveau ausgebildet, aber auch Teilqualifizierte erhalten ein Ausbildungsniveau, das über den Pflichtschulabschluss hinausgeht. In Hinblick auf den Arbeitsmarkt erhöhen sich damit die Chancen einer Integration für die betreffenden Jugendlichen, indem ein wichtiger Diskriminierungsgrund - die fehlende Qualifizierung - eliminiert wird.

Als wichtigste Charakteristika der integrativen Berufsausbildung (IBA) haben sich dabei einige wesentliche Punkte herauskristallisiert, die nicht nur die IBA von bisherigen Instrumenten zur beruflichen Integration von beeinträchtigten Jugendlichen (z. B. Vorlehre) unterscheidet sondern auch als Erfolgskriterien angesehen werden können:

  • die IBA bietet eine Ausbildung für beeinträchtigte Jugendliche mit einem formalen Abschluss,

  • Zugangskriterien und Zielgruppen sind definiert,

  • die Ausbildung ist geregelt und lässt dennoch Spielraum für eine individuelle Ausgestaltung (Teilqualifizierung), um den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Jugendlichen gerecht werden zu können, d.h. es kann eine Differenzierung und Individualisierung vorgenommen werden, ohne dass auf die Zertifizierung der erlernten Fähigkeiten verzichtet wird,

  • formal ist der integrative Lehrling dem regulären gleichgestellt (in Bezug auf Familienbeihilfe, etc.),

  • die Begleitung durch die Berufsausbildungsassistenz als Drehscheibe und Unterstützungsstruktur garantiert die umfassende Betreuung der involvierten AkteurInnen,

  • durch die IBA erfolgte eine Integration beeinträchtigter Jugendlicher in der Berufsschule. Die integrative Berufsausbildung wurde als sozialpartnerschaftliches Modell konzipiert und baut auf den Erfahrungen aus einigen Pilotprojekten im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative EQUAL auf. Obwohl eine einheitliche gesetzliche Grundlage vorhanden ist, variiert die Ausgestaltung der IBA von Bundesland zu Bundesland. Die konkrete Ausgestaltung ist dabei von vielen Faktoren abhängig. Die unterschiedlichen Rahmenbedingungen bestimmen einerseits die "Spielarten" der IBA und können andererseits fördernd oder hemmend wirken.

Die Arbeitsmarktlage im Allgemeinen und der Lehrstellenmarkt im Besonderen wirken entscheidend auf die Entwicklung der integrativen Berufsausbildung. Eine Analyse der integrativen Berufsausbildung wirft unweigerlich einen Blick auf die allgemeine Lehrstellenproblematik. Wenn die Betriebe zu wenige Lehrstellen für reguläre Lehrlinge anbieten, wird es auch zu wenig integrative Lehrstellen geben. Deutlich zeigt dies die Bundeshauptstadt Wien, wo ein Großteil der integrativen Lehrlinge in Ausbildungseinrichtungen untergebracht ist, da insgesamt ein eklatanter Lehrstellenmangel konstatiert werden muss. In keinem anderen Bundesland zeigt sich die Lehrstellenproblematik deutlicher. Demgegenüber scheint es in Bundesländern mit unterdurchschnittlichen Lehrstellenandrangsziffern leichter, auch integrative Lehrlinge in Betrieben "unterzubringen". Dennoch gelingt es auch in Bundesländern, in denen der Lehrstellenmarkt als problematisch anzusehen ist, Betriebe zur Ausbildung integrativer Lehrlinge zu gewinnen, wie zB. in Niederösterreich und in der Steiermark, die zwar überdurchschnittliche Lehrstellenandrangsziffern aufweisen, aber dennoch eine bedeutende Anzahl an integrativen Lehrlingen in Betrieben ausgebildet wird. Dies liegt u. a. in der Tatsache begründet, dass in diesen Bundesländern bereits Erfahrungen mit der integrativen Lehre im Rahmen von Pilotprojekten (z. B. im Rahmen von EQUAL) gemacht wurden. Durch diese Projekte wurde in der Region der Boden für die integrative Lehre aufbereitet und Know-How in Hinblick auf die Akquisition und Betreuung von Betrieben konnte gewonnen werden. Darüber hinaus weisen einige Bundesländer verstärktes Engagement in Hinblick auf die Suche nach neuen Wegen und Möglichkeiten zur Integration benachteiligter Personen auf. Dementsprechend zeigen sich die involvierten Stellen äußerst flexibel bei der Erprobung und Implementierung neuer Instrumente.

Schließlich scheint die regionale Struktur von Bedeutung. In ländlichen Gegenden ist die Kommunikation zwischen Unternehmen und sozialen Einrichtungen oftmals durch persönliche Kontakte geprägt und die wechselseitigen Abhängigkeiten der Wirtschaftpartner - ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn sowie Unternehmen und KundIn - unmittelbarer und direkter. So fördert der gesellschaftliche Zusammenhalt in der Region die Übernahme der sozialen Verantwortung durch die Unternehmen.

Obwohl auf Grund der Rahmenbedingungen die integrative Berufsausbildung in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Entwicklungen aufzeigt, ist das Echo aller Beteiligten in Bezug auf diese neue Ausbildungsform für Jugendliche mit Beeinträchtigungen ein sehr positives. Dennoch können einige Aspekte hervorgehoben werden, die es in Hinblick auf eine Weiterentwicklung und Verbesserung der integrativen Berufsausbildung zu beachten gilt:

  • Obwohl die Zielgruppe für die integrative Berufsausbildung im Berufsausbildungsgesetz definiert ist, scheint die Zielgruppenzugehörigkeit nicht immer klar. Vor allem die Definition unter § 8b (4) Z. 4 BAG ("Personen, von denen im Rahmen einer Berufsorientierungsmaßnahme oder auf Grund einer nicht erfolgreichen Vermittlung in ein Lehrverhältnis als Lehrling gemäß § 1 BAG angenommen werden muss, dass für sie aus ausschließlich in der Person gelegenen Gründen in absehbarer Zeit keine Lehrstelle im Sinne des § 1 gefunden werden kann") lässt einen weiten Interpretationsspielraum offen und legt weder ein Mindest- noch ein Höchsteinstiegsniveau fest. Dadurch wird zwar der Anspruch auf Individualisierung gerecht, es können aber z. B. im Berufsschulbereich sehr inhomogene Gruppen an Lehrlingen (insbesondere in Teilqualifizierung) entstehen. Aber auch die Zielgruppe, die unter § 8b (4) Z. 2 BAG fällt, d. h. Jugendliche mit keinem oder negativem Hauptschulabschluss, ist sehr heterogen. So schaffen Jugendliche auf Grund mangelnder Deutschkenntnissen oftmals keinen Hauptschulabschluss oder der Pflichtschulabschluss im Herkunftsland wird nicht anerkannt und es wird eine integrative Lehre empfohlen, die dann meist im großstädtischen Bereich in Ausbildungseinrichtungen absolviert wird, obwohl die Beeinträchtigung des Jugendlichen ausschließlich in seinen eingeschränkten Deutschkenntnissen liegt. In solchen Fällen ist zu prüfen, ob entsprechende sprachliche Fördermaßnahmen, die dem Jugendlichen in der Folge die Absolvierung der regulären Lehre ermöglichen könnten, nicht geeigneter als die integrative Lehre sind. Es ist daher entscheidend, aus der Zielgruppenzugehörigkeit nicht unmittelbar die Eignung zur IBA abzuleiten, sondern genauer zu prüfen, ob für den/die Jugendlichen auf Grund seiner Beeinträchtigung die integrative Lehre die geeignete Ausbildungsform darstellt. Andererseits wird durch die gesetzliche Zielgruppenvorgabe Jugendlichen die Möglichkeit der IBA vorenthalten, obwohl diese als geeignet erachtet werden. Dies sind z. B. HauptschulabsolventInnen der dritten Leistungsgruppe und SchülerInnen, für die im Laufe ihrer Schulkarriere SPF konstatiert wurde, nicht jedoch im letzten Schuljahr. Gegen die Öffnung der IBA für diese zusätzlichen Zielgruppen sprechen allerdings das System und die Kapazität der IBA, da bereits jetzt Kapazitätsengpässe bei der Berufsausbildungsassistenz zu beobachten sind.

  • Der Problematik der Feststellung der Eignung zur IBA trotz Zielgruppendefinition wurde je nach Fördergeber - durch das verpflichtende Clearing bzw. ein Berufsorientierungscoaching (BOCO) begegnet. Ein Auswahlverfahren wird auch von allen AkteurInnen und ExpertInnen begrüßt und als Erfolgsfaktor identifiziert. Die Wichtigkeit einer vorgeschalteten Maßnahme wird in zweifacher Hinsicht betont. Einerseits soll garantiert werden, dass nur geeignete Jugendliche, die die Fähigkeiten besitzen die integrative Lehre zu absolvieren, diesen Weg einschlagen, um keine Frustrationserlebnisse bei den Jugendlichen und den Betrieben aufkommen zu lassen, andererseits ist zu vermeiden, dass Jugendliche, die die reguläre Lehre (mit Unterstützungsmaßnahmen) schaffen könnten, nur z. B. auf Grund der Lehrstellenproblematik in die IBA fallen. Das Instrument des Clearing ist aber flexibel und den Erfordernissen angepasst einzusetzen, wie dies in der Praxis auch meist schon geschieht, v. a. dort wo es zu einem Wechsel von einer Ausbildungseinrichtung in einen Betrieb und damit zu einem Wechsel des Fördergebers kommt. So wird der Clearingprozess abgekürzt, wenn bereits eine Lehrstelle in einem Betrieb gefunden wurde. Trotz flexibler Handhabung sollte keinesfalls auf ein geeignetes Instrument der Vorauswahl verzichtet werden, um die Zielgruppenzugehörigkeit (siehe oben) nicht als einziges Eignungskriterium gelten zu lassen. Eine Vereinheitlichung der Auswahlverfahren würde darüber hinaus die Transparenz der Zuweisung erhöhen und den Wechsel des Ausbildungsorts erleichtern.

  • Die Begleitung durch die Berufsausbildungsassistenz (BAS) wird als zentrales Element der integrativen Berufsausbildung betrachtet. Als Erfolgsfaktoren für die BAS werden die intensive und persönliche Betreuung der Jugendlichen, die auf die speziellen Bedürfnisse eingeht, sowie der persönliche Kontakt der BerufsausbildungsassistentInnen zu den verschiedenen Akteuren angesehen. Die Intensität der Betreuung und der damit verbundene Zeitaufwand variiert in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Betreuungsphasen, den Beeinträchtigungen der Jugendlichen, der Verfügbarkeit anderer Betreuungsstrukturen und den Wegzeiten. Entgegen den Erwartungen ist zudem eine kontinuierliche Betreuung erforderlich, nicht nur zu Beginn der integrativen Lehre müssen die Lehrlinge aber auch die Betriebe teilweise intensiv begleitet werden. Eine erfolgreiche Berufsausbildungsassistenz muss diesen Gegebenheiten Rechnung tragen und individuell auf die Erfordernisse eingehen. Eine flexiblere Handhabung dieser Vorgabe oder die Miteinbeziehung von Faktoren, bei der Festsetzung (verschiedener) Betreuungsschlüssel in Hinblick auf verschiedene Zielgruppen, der Art der IBA (Teilqualifizierungslehrlinge benötigen meist mehr Unterstützung), regionale Rahmenbedingungen, Phasen der Betreuung etc. könnte die Qualität der Berufsausbildungsassistenz verbessern, in dem die Betreuungsintensität noch flexibler an die jeweilige Situation angepasst wird.

  • Oftmals sind die schulischen Defizite der Jugendlichen der Grund für die integrative Lehre und somit ist auch die Berufsschule die entscheidende Hürde, die es auf dem Weg zum Abschluss der Ausbildung zu überwinden gilt. Neben der kontinuierlichen Betreuung durch die Berufsausbildungsassistenz kommt daher der Lernunterstützung der Jugendlichen essentielle Bedeutung zu und auch fast alle IBA-Lehrlinge benötigen und erhalten Lernhilfe. Allerdings scheinen die Ressourcen knapp und die Organisation entsprechender Fördermaßnahmen schwierig. Um daher möglichst vielen IBA-Lehrlingen einen Abschluss zu ermöglichen, gilt es, diese notwendige Unterstützungsmaßnahme für die IBA-Lehrlinge zu etablieren und leicht zugänglich zu machen sowie die entsprechenden Ressourcen bereitzustellen.

  • Darüber hinaus scheint teilweise erhöhter Unterstützungsbedarf in Hinblick auf das soziale Umfeld des Jugendlichen gegeben, da sich ein instabiles Sozialgefüge äußerst hemmend auf den Ausbildungserfolg auswirken kann. Aber auch emotionale Probleme gilt es bei den Jugendlichen zu lösen. Eine sozialpädagogische Betreuung der Lehrlinge, eine Unterstützung beim Erlernen von sozialen Kompetenzen bzw. die Begleitung der Familien der Jugendlichen sowie psychologische Betreuung scheinen in manchen Fällen wichtig, um den Lehrabschluss zu erreichen. Ressourcen für diese begleitenden Maßnahmen sollten in ausreichendem Maße zur Verfügung gestellt werden.

  • Der zentrale Ort der IBA ist abgesehen von Ausbildungseinrichtungen der Betrieb, der in der freien Wirtschaft agiert. Um den zusätzlichen Aufwand, der den Betrieben durch die integrative Lehrlingsausbildung entsteht, (teilweise) abzudecken und die Betriebe zur Ausbildungstätigkeit zu motivieren, erhalten die ausbildenden Betriebe neben der Lehrlingsprämie zusätzliche Förderungen. Die Höhe dieser Förderungen ist allerdings abhängig vom Standort des Betriebs, da die regionalen AMS-Geschäftsstellen keine einheitliche Förderung vergeben und einige Bundesländer zusätzliche Förderungen ausschütten. Zudem muss die Förderung jährlich neu eingereicht werden, und die Entscheidung über die Förderung liegt im Ermessen der AMS-MitarbeiterInnen, womit starke Schwankungen einhergehen können. Dies erschwert die betriebswirtschaftliche Planung für die Unternehmen und bedeutet einen Mehraufwand für den Betrieb gegenüber regulären Lehrlingen. Im Sinne einer Vereinfachung der administrativen Erfordernisse wäre daher einerseits eine Vereinheitlichung der Förderungen zumindest des AMS und andererseits eine einmalige Beantragung der Förderungen für die gesamte Dauer des integrativen Lehrverhältnisses (diese muss ja zu Beginn festgelegt werden) vorteilhaft. So könnten Betriebe vermehrt zur Aufnahme integrativer Lehrlinge motiviert werden.

  • Insgesamt bedarf es zusätzlicher Anstrengungen, Betriebe für die integrative Berufsausbildung zu gewinnen. Vielfach ist diese neue Ausbildungsform den Unternehmen nicht bekannt bzw. sind die Kenntnisse über die IBA gering. Eine breit angelegte Informationskampagne, im Idealfall getragen von der Wirtschaftskammer Österreich als Vertretung der Unternehmen, die die Unternehmen direkt anspricht, könnte die integrative Lehre mit ihren Möglichkeiten und Vorteilen (z. B. Begleitung durch BAS, Förderungen) ins Bewusstsein der Unternehmen rücken. Zur Illustration sollten diese Kampagne neben den "Hard Facts" zur IBA auch Good-Practice-Modelle von Unternehmen, die erfolgreich integrative Lehrlinge ausbilden, beinhalten. Zur Unterstützung von integrativ ausbildenden Betrieben könnten zudem Vernetzungsstrukturen geschaffen werden, um den Erfahrungsaustausch der Betriebe zu fördern. Diese Plattform könnte auch Ausgangspunkt für allgemeine PR-Maßnahmen sein, die die integrative Lehre und die Unternehmen, die diese soziale Verantwortung übernehmen, in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückt.

  • Neben den Betrieben spielen die Ausbildungseinrichtungen eine herausragende Rolle bei der Ausbildung von Jugendlichen mit Beeinträchtigungen. Obwohl die integrative Lehre in Betrieben der freien Wirtschaft als insgesamt vorteilhaft angesehen wird, wird auf Grund externer Faktoren (z. B. allgemeine Lehrstellenproblematik) die Bedeutung der Einrichtungen unterstrichen. Um auch Jugendlichen aus Ausbildungseinrichtungen eine optimale Vorbereitung auf das Berufsleben zu garantieren, ist die Zusammenarbeit von Ausbildungseinrichtungen und Betrieben entscheidend. Neben der Vermittlung in Berufspraktika, wie sie schon in allen Einrichtungen praktiziert wird, sollten neue Kooperationsmodelle erprobt werden, die eine intensivere Einbindung der Jugendlichen in den Betrieben ermöglicht. So könnten beispielsweise die Jugendlichen die praktische Ausbildung vorwiegend in Partnerbetrieben absolvieren und wären damit besser auf den betrieblichen Alltag vorbereitet, die Verantwortung für die Jugendlichen und zusätzliche Fördermaßnahmen, etc. läge aber bei den Ausbildungseinrichtungen. Diese Kooperationsmodelle dürfen allerdings nicht dazu führen, dass die betrieblichen Ausbildungskosten auf die öffentliche Hand übergewälzt werden und es zu einer Substitution von Lehrlingen durch PraktikantInnen in den Betrieben kommt.

  • Im Zusammenhang mit der integrativen Berufsausbildung rückt auch die Berufsschule ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Vielfach werden die Jugendlichen integrativ ausgebildet, weil ihre schulischen Leistungen schwach waren oder die Schulkarriere gescheitert ist. Daher scheint für viele AkteurInnen die Absolvierung der Berufsschule als Kriterium, ob die IBA erfolgreich abgeschlossen werden kann. Die entsprechenden Rahmenbedingungen für die Umsetzung müssen aber vielfach erst geschaffen werden, damit die Integration der IBA-Lehrlinge mit den nötigen Unterstützungsmaßnahmen erfolgreich verlaufen kann. Dazu zählt - nach Meinung der Schulaufsicht und BerufsschulvertreterInnen - die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen für die Administration, d h. finanzielle Mittel für die Koordination sowohl in den Landesschulräten als auch in den Berufsschulen, die Betreuung der integrativen Lehrlinge im Unterricht durch BegleitlehrerInnen und eigene Förderstunden (wobei grundsätzlich Jahresunterricht gegenüber Blockunterricht bevorzugt wird), ein entsprechendes Belohnungs- und gleichzeitig Entlastungssystem für jene LehrerInnen, die in Integrationsklassen unterrichten (z. B. in Form von Höherbewertung der in IBA-Klassen gehaltenen Stunden bzw. eine Herabsetzung der Lehrverpflichtung) sowie für Weiterbildungsmaßnahmen. Gleichzeitig sollten in Integrationsklassen die KlassenschülerInnenzahl gesenkt werden. Sämtliche Ressourcen und Investitionen für die Umsetzung der integrativen Berufsausbildung in den Berufsschulen sollten gesetzlich festgehalten und österreichweit gültig sein. Auf organisatorischer Ebene ist zudem eine Entlastung des "5-er Gremiums" zu diskutieren (z. B. könnten die SchulleiterInnen die Schulerhalter und die Schulbehörde ersetzen, die dann nur in strittigen Fällen als "zweite Instanz" tätig wird) und die derzeitige in einigen Bundesländern verbreitete Praxis, dass für Lehrlinge in Verlängerung die Berufsschule in der regulären Zeit mit den entsprechenden Unterstützungsmaßnahmen vorgesehen ist. Damit wird den IBA-Lehrlingen gerade im schulischen Bereich nicht mehr Zeit zugestanden, den Lehrstoff zu bewältigen. Ein Abgehen von dieser Praxis würde aber einen erheblichen organisatorischen Mehraufwand bedeuten und könnte im Fall eines Umstiegs von einer Lehre mit verlängerter Lehrzeit in ein reguläres Lehrverhältnis zu einem Laufbahnverlust führen, da den Betreffenden in diesem Fall ein Teil des Berufsschulstoffs fehlt. Ein IBA-Vertrag nach § 8b (1) BAG, der auf die Dauer der regulären Lehrzeit abgeschlossen wird und eine Optionsklausel auf Verlängerung enthält, falls die Ausbildungsziele im Betrieb und/oder in der Berufsschule nicht erreicht werden, könnte in diesem Zusammenhang diskutieren werden.

  • Augenmerk muss auf den Bereich der Teilqualifizierung gelegt werden. Vielfach wird in Hinblick auf die administrative Vereinfachung (v. a. in der Berufsschule) und die Integration am Arbeitsmarkt angeregt, auch bei der Teilqualifizierung gewisse Standards und vorgegebene Berufsbilder zuzulassen. Dies stellt zwar einen gewissen Widerspruch zur individuellen Förderung und Ausbildung auf der Grundlage der Fähigkeiten des Lehrlings dar, könnte aber zu einer Verbesserung der Chancen am Arbeitsmarkt führen, wenn Unternehmen gewisse Mindestqualifikationen mit diesen Berufsbildern verbinden. In diesem Zusammenhang ist auch das "5-er Gremium" als eine in der Realität sehr aufwendige Form für die Definition des Berufsbildes zu thematisieren. In der Steiermark z B. gibt es bereits jetzt zu viele integrative Ausbildungsverträge, um alle in diesem Gremium behandeln zu können. In der Praxis existiert ein Ausbildungsvertrag mit einer Tätigkeitsbeschreibung, und viele dieser Tätigkeitsbeschreibungen innerhalb einzelner Berufe oder Berufsgruppen sind einander ähnlich. Oberösterreich geht den Weg der Entwicklung von generellen Lehrplänen in der Teilqualifizierung, was angesichts der steigenden Zahl an Lehrverträgen mit Teilqualifizierung insbesondere bei häufig nachgefragten Lehrberufen von vielen als die einzige objektivierbare und v. a. auch durchführbare Variante befunden wird. Endziel könnte sein, für jene Berufe, die sich für eine Teilqualifizierung besonders eignen und auch häufig nachgefragt werden, eigene Berufsbilder und damit verbunden eigene Lehrpläne zu erstellen. Zu garantieren ist allerdings, dass trotz einer gewissen Standardisierung die individuelle höchstmögliche Qualifizierung erreicht werden kann und auch mit generellen Lehrplänen eine Integration in reguläre Berufsschulklassen gewährleistet wird. In Hinblick auf die Teilqualifizierung sind zudem noch wesentliche Fragen ungeklärt. Einerseits betrifft dies die Ausbildungsentschädigung der Teilqualifizierungslehrlinge andererseits insbesondere kollektivvertragliche Regelungen betreffend die Entlohnung der AbsolventInnen, die zurzeit noch ausstehen und dringend gefordert sind.

  • Um vor allem schwerer behinderten Jugendlichen den Weg in die integrative Lehre und damit in eine weiterführende Ausbildung nach der Pflichtschule zu erleichtern und eine Alternative zur Beschäftigungstherapie zu etablieren, bedarf es sowohl ausreichender zusätzlicher Unterstützungsangebote (z. B. Jobcoaching, persönliche Assistenz) als auch eine noch weitergehende Flexibilisierung der Teilqualifizierungslehre. In diesem Zusammenhang ist v. a. die Möglichkeit der Absolvierung dieser Ausbildungsform in Teilzeit zu erwähnen, da gerade stark beeinträchtigte Jugendliche längere Erholungsphasen brauchen ebenso wie die Zeit, kontinuierlich den Lernstoff zu wiederholen und zu festigen.

  • Die integrative Berufsausbildung kann erst dann als erfolgreich bilanziert werden, wenn es gelingt nicht nur genügend integrative Lehrstellen anzubieten, sondern auch die so ausgebildeten Jugendlichen in der Folge auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen. Die Nachbetreuung der integrativen Lehrlinge nach Abschluss der Lehre ist daher zu thematisieren. Vor allem in Fällen in denen der auszubildende Betrieb den Lehrling nicht weiterbeschäftigt oder bei Lehrlingen, die in Einrichtungen ausgebildet wurden, kann eine weitere Unterstützung notwendig sein. Es ist zu klären, inwieweit bestehende Dienstleistungen (z. B. Arbeitsassistenz) oder die Berufsausbildungsassistenz die Betreuung der ausgelernten integrativen Lehrlinge übernehmen können und welche Ressourcen dafür zur Verfügung stehen bzw. gestellt werden müssten.

  • Obwohl von allen involvierten AkteurInnen vom Erfolgsmodell integrative Berufsausbildung gesprochen wird und diese u. a. als Best-Practice Modell für innovative Ausbildungswege von der Bertelsmann Stiftung in Deutschland ausgewählt wurde, kann die vorliegende Evaluierung nur eine vorläufige Bilanz dieser Ausbildungsform liefern. Um die integrative Berufsausbildung als arbeitsmarktpolitisches Instrument in Hinblick auf ihre Wirkungen und ihre Nachhaltigkeit zu beurteilen, bedarf es einer weiterführenden begleitenden Evaluierung. Hierbei muss die an die Ausbildungszeit anschließende Integration am Arbeitsmarkt der integrativen Lehrlinge im Zentrum der Untersuchung stehen. Um solche Untersuchungen zu erleichtern und darüber hinaus laufend Informationen über die Entwicklung der integrativen Berufsausbildung zur Verfügung stellen zu können, ist die Etablierung eines Monitoringsystems in Anlehnung an die in der Evaluierung konzipierten Datenblätter zu erwägen.

10 Literaturverzeichnis

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Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMSG) (2004): Bericht über die soziale Lage 2003 - 2004. Wien: BMSG

Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMSG) (2003): Bericht der Bundesregierung über die Lage der behinderten Menschen in Österreich. Wien: BMSG

Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMSG): 2. Nationaler Aktionsplan für soziale Eingliederung 2003 - 2005 (NAP inclusion). Wien: BMSG

Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMSG): Die Behindertenmilliarde. Eine Beschäftigungsoffensive der Bundesregierung für behinderte Menschen. Konzept. Wien: BMSG

Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMSG): Bundesweites Arbeitsmarktpolitisches Behindertenprogramm (BABE). Wien: BMSG

Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz (BMSG): Richtlinie zur Förderung der Berufsausbildungsassistenz nach § 8b Berufsausbildungsgesetz (BAG). Wien: BMSG

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA): Berufsausbildungsgesetz. Berufsausbildung in Österreich. Wien: BMWA

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA): Die Lehre. Berufsausbildung in Österreich. Moderne Ausbildung mit Zukunft. Wien: BMWA

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA): Fortschrittsbericht zum Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung (NAP) 2004. Wien: BMWA

Dornmayr, Helmut / Schlögl, Peter / Schneeberger, Arthur / Wieser, Regine (2006): Benachteiligte Jugendliche - Jugendliche ohne Berufsbildung. Qualitative und quantitative Erhebungen; Arbeitsmarkt- und bildungspolitische Schlussfolgerungen. Wien: AMS

Exenberger, S. / Schober, P. (Hg.) (2005): Baustelle Lehrlingsausbildung. Handlungsfelder einer qualitätsorientierten Berufsbildung. Innsbruck: Studien Verlag

Heckl, E. / Dorr, A. / Sheikh, S. (2004): Maßnahmen für Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen - Evaluierung, Analyse, Zukunftsperspektiven. Wien: BMSG (Hg.)

Styria Integra (2005): Handbuch zur Durchführung der Berufsausbildungsassistenz (BAS) gemäß § 8b BAG. Graz

Diese Studie wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) durchgeführt.

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KMU FORSCHUNG AUSTRIA

Austrian Institute for SME Research (Präsident: o. Univ.-Prof. Dr.Dr.h.c. J. Hanns Pichler, M.Sc.)

Für den Inhalt verantwortlich: Walter Bornett

Verfasserinnen des Berichts:

Eva Heckl (KMU FORSCHUNG AUSTRIA)

Andrea Dorr (KMU FORSCHUNG AUSTRIA)

Céline Dörflinger( KMU FORSCHUNG AUSTRIA)

Susanne Klimmer (ibw)

Layout: Martina Gugerell

Die vorliegende Studie wurde nach allen Maßstäben der Sorgfalt erstellt.

Die KMU FORSCHUNG AUSTRIA übernimmt jedoch keine Haftung für Schäden oder Folgeschäden die auf diese Studie oder auf mögliche fehlerhafte Angaben zurückgehen.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Art von Nachdruck, Vervielfältigung, Verbreitung, Wiedergabe, Übersetzung oder Einspeicherung und Verwendung in Datenverarbeitungssystemen, und sei es auch nur auszugsweise, ist nur mit ausdrücklicher Zustimmung der KMU FORSCHUNG AUSTRIA gestattet. Wien 2006

Quelle:

Eva Heckl, Andrea Dorr, Céline Dörflinger, Susanne Klimmer: INTEGRATIVE BERUFSAUSBILDUNG - Endbericht. Evaluierung von § 8b des Berufsausbildungsgesetzes Endbericht

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 23.05.2007

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