EVALUIERUNG der Berufsausbildungsassistenz in Oberösterreich

ENDBERICHT

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Bericht
Releaseinfo: Medieninhaber und Herausgeber: Arbeitsmarktservice Oberösterreich; Projektdurchführung: IBE Institut für Berufs- und Erwachsenenbildungsforschung, im Auftrag des Arbeitsmarktservice Oberösterreich und der Arbeiterkammer Oberösterreich
Copyright: © Arbeitsmarktservice Oberösterreich 2009

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

AMS

Arbeitsmarktservice

AMSBG

Arbeitsmarkt Service Betriebsgesellschaft mit beschränkter Haftung

AK

Kammer für Arbeiter und Angestellte

BAG

Bundesausbildungsgesetz

BAS

Berufsausbildungsassistenz

IBA

Integrative Berufsausbildung

Oberösterreich

ÖBS

Österreichische Berufsgruppensystematik

SPF

Sonderpädagogischer Förderbedarf

WKO

Wirtschaftskammer Oberösterreich

Zusammenfassung

Mit der seit September 2003 geltenden Novelle des Berufsausbildungsgesetzes (§ 8b) wurde die "integrative Berufsausbildung" eingeführt. Diese hat zum Ziel, die Eingliederung von benachteiligten Jugendlichen mit persönlichen Vermittlungshindernissen in das Berufsleben zu verbessern.

Zielgruppe der integrativen Berufsausbildung sind Jugendliche, die vom AMS nicht in ein reguläres Lehrverhältnis vermittelt werden konnten und auf die eine der folgenden Voraussetzungen zutrifft (§ 8b, Abs. 4 BAG):

  1. Jugendliche, die während ihrer Schulzeit einen sonderpädagogischen Förderbedarf hatten

  2. Jugendliche mit negativem bzw. ohne Hauptschulabschluss

  3. Jugendliche mit einer Behinderung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz oder dem Landesbehindertengesetz

  4. Jugendliche, die aus in ihrer Person gelegenen Gründen in absehbarer Zeit keine reguläre Lehrstelle finden können

Nach den Bestimmungen des Berufsausbildungsgesetzes (BAG) können gegenüber der für den Lehrberuf festgesetzten Dauer der Lehrzeit längere Lehrzeiten vereinbart (§ 8b Abs.1) oder eine Ausbildung in Teilqualifikation (§ 8b Abs. 2) durchgeführt werden. Eine verlängerte Lehre ist sinnvoll, wenn angenommen werden kann, dass die Person zwar vielleicht länger für die Lehrausbildung braucht, grundsätzlich aber in der Lage ist, einen Lehrabschluss zu schaffen. Eine Teilqualifikation ist dann sinnvoll, wenn es absehbar ist, dass die Person die Lehrabschlussprüfung auch nicht mit Verlängerung schaffen wird, jedoch Teile eines oder mehrerer Lehrberufe sehr wohl erlernt werden können. In der integrativen Berufsausbildung sind demnach zwei Möglichkeiten der Ausbildung vorgesehen:

  • Die erste Variante sieht einen Lehrvertrag über die gesamten Ausbildungsinhalte eines Lehrberufes mit einer verlängerbaren Lehrzeit vor (Verlängerung um 1 Jahr bzw. in Ausnahmefällen um 2 Jahre, wenn dies für die Absolvierung der Lehrabschlussprüfung notwendig ist), wobei die Verlängerung zu Beginn oder auch während der Lehrzeit vereinbart werden kann.

  • Die zweite vorgesehene Möglichkeit ist die Ausbildung in Teilqualifikationen eines Lehrberufes (Dauer 1 bis 3 Jahre) durch Einschränkung auf bestimmte Teile eines Berufsbildes eines Lehrberufes, allenfalls unter Ergänzung von Fertigkeiten und Kenntnissen aus Berufsbildern weiterer Lehrberufe.

Die Ausbildung erfolgt dual, d.h. einerseits in einem Ausbildungsbetrieb bzw. einer selbständigen Ausbildungseinrichtung, andererseits durch Unterricht in der Berufsschule. Zentrales Element der integrativen Berufsausbildung ist die Begleitung durchdie Berufsausbildungsassistenz, welche die Jugendlichen während ihrer gesamten Ausbildungszeit begleitet und unterstützt. Die Berufsausbildungsassistenz hat zum Ziel, den erfolgreichen Lehr- oder Ausbildungsabschluss des Lehrlings dadurch zu begleiten und unterstützen, indem sie als Anlauf- und Koordinationsstelle für alle an der Durchführung der integrativen Berufsausbildung beteiligten Personen und Einrichtungen agiert (Erziehungsberechtigte, Lehrbetrieb oder Ausbildungseinrichtung, Berufsschulen, Landesschulrat, Kostenträger (Arbeitsmarktservice, Bundessozialamt, Land).

Die Evaluierung hatte zum Ziel, die Berufsausbildungsassistenz in OÖ multiperspektivisch zu durchleuchten und die beiden HauptakteurInnen der Berufsausbildungsassistenz, Jugendliche und BerufsausbildungsassistentInnen, einer ausführlichen Analyse zu unterziehen. Das Studiendesign verfolgte somit eine Kombination qualitativer Methoden mit quantitativen Erhebungen.

Überblick zum Studiendesign

Die Situation der Jugendlichen in integrativen Berufsausbildungen bzw. in der Betreuung durch die Berufsausbildungsassistenz wurde einerseits mittels einer quantitativen Analyse ausgewählter, in den Datenbanken der Trägerorganisationen erfassten, Merkmale aller bisher betreuten Jugendlichen beschrieben. Zudem wurden die beruflichen Stati der bisherigen AbschließerInnen und AbbrecherInnen verglichen und 10 qualitative face-to-face-Interviews mit Jugendlichen kurz vor bzw. nach Beendigung der IBA geführt.

Die Perspektive der BerufsausbildungsassistentInnen wurde vorerst in 4 persönlichen Gesprächen mit den jeweiligen Hauptverantwortlichen der Trägerorganisationen der Berufsausbildungsassistenz exploriert. Darauf aufbauend wurde eine teilstandardisierte Online-Befragung entwickelt, die allen derzeit in Oberösterreich tätigen vorgelegt wurde.

Um auch den Blickwinkel anderer involvierter AkteurInnen zu schärfen, wurde ein Ergebnis- Workshop mit VertreterInnen der Kosten- und Maßnahmenträgerorganisationen, der Ausbildungsbetriebe und -einrichtungen, des Landesschulrates, der Berufsschulen sowie der Wirtschafts- und Arbeiterkammer durchgeführt.

Seit Bestehen der Maßnahme (Herbst 2003) wurden in Oberösterreich gut 2.000 Jugendliche durch die Berufsausbildungsassistenz betreut. Hierfür wurden die Trägerorganisationen Jugend am Werk GmbH (von 2003 bis dato) im Auftrag von AMS und Bundessozialamt, Hilfswerk (von 2005 bis dato) im Auftrag des Landes OÖ und Ibis Acam (von 2004 bis 2005) im Auftrag des Landes OÖ eingesetzt.

Insgesamt wurden somit zum Stichtag 31. Juli 2008 seit Bestehen der Maßnahme 1.606 Jugendliche von der Jugend am Werk GmbH (847 für AMS, 759 für Bundessozialamt), 373 Jugendliche durch das Hilfswerk Linz Süd und etwa 50 Jugendliche durch Ibis Acam betreut. Durch Wechsel/ Übergaben der Jugendlichen zwischen den Trägern sind einige Fälle mehrmals erfasst, diese wurden jeweils nur einmal gezählt und dem Träger zugeordnet, bei dem sie die BAS zuletzt in Anspruch genommen haben.

Analog zum bundesweiten Trend zeigt sich auch für Oberösterreich ein Überhang an männlichen IBA-Lehrlingen (65,6%). Das Durchschnittsalter der betreuten Jugendlichen liegt bei 18,6 Jahren und 40,9% der IBA-Lehrlinge haben einen Sonderschuloder negativen Pflichtschulabschluss. Der Vergleich der Zielgruppenspezifikation nach den rechtlichen Zielgruppenzuordnungen in § 8b Abs. 4 zeigt eine Überrepräsentanz von Jugendlichen mit sonstigen, in der Person gelegenen Vermittlungshemmnissen, die einer Vermittlung in ein Lehrverhältnis bisher entgegenstanden (Ziffer 4).

Ende Juli 2008 werden 1.070 Jugendliche durch BerufsausbildungsassistentInnen betreut ("laufende" Personen, die weder abgebrochen noch abgeschlossen haben): 839 durch die Jugend am Werk GmbH (310 für AMS, 529 für Bundessozialamt), 229 durch das Hilfswerk Linz Süd im Auftrag des Landes OÖ und 2 Jugendliche ("Restbestand" aus den Jahren 2004/05) durch Ibis Acam im Auftrag des Landes OÖ.

Zum Stichtag 31. Juli 2008 haben 224 Jugendliche (11,3%; n=1.979) bislang die Ausbildung abgeschlossen, 522 (26,4%; n=1.979) haben die IBA abgebrochen, werden teilweise aber intensiv nachbetreut. Bezüglich des Wechselverhaltens (Wechsel des Lehrbetriebs, des Lehrberufs oder auch Formwechsel der Lehre) wird deutlich, dass sich die Wechselmöglichkeit positiv auf die Abschlusswahrscheinlichkeit auswirkt.

Anhand der Beschäftigungsdaten der AbsolventInnen der Maßnahme lassen sich folgende Befunde festhalten: Das Absolvieren der IBA-Maßnahme vermindert das Risiko, in der Berufsgruppe "Hilfsberufe/ Reinigung" beschäftigt zu sein, um mindestens das Dreifache.

Die Beschäftigungsquote innerhalb von 3 Monaten nach der Maßnahme erreicht bei AbsolventInnen 69% und bei AbbrecherInnen lediglich 38%. In der Folge sinken die Beschäftigungsquoten innerhalb von 2 Jahren nach der Maßnahme bei AbsolventInnen auf 54% ab und steigen bei AbbrecherInnen auf 49% an.

Auch gesamtgesellschaftlich betrachtet lassen sich die positiven Effekte einer abgeschlossenen IBA messen: Analysen der Bemessungsgrundlagen zeigen, dass AbsolventInnen erheblich höhere Sozialversicherungsbeiträge leisten als AbbrecherInnen: Während das durchschnittliche Monatsbruttoeinkommen der AbsolventInnen innerhalb des Beobachtungszeitraums von 2 Jahren nach der Maßnahme nicht unter € 700 fällt, erreicht dieser Wert bei den AbbrecherInnen im Höchstfall € 409.

Der Betreuungsprozess durch die Berufsausbildungsassistenz beginnt offiziell mit dem Beginn des Lehr- bzw. Ausbildungsverhältnisses und endet mit dessen Abschluss bzw. Abbruch. Die Dauer der Betreuung durch BerufsausbildungsassistentInnen variiert sehr stark und beträgt laut den Auszügen aus den Trägerdatenbanken zwischen 4 Tagen und 4 Jahren. Der Mittelwert der Betreuungsdauer vom Einstieg in die, bis zum Ausscheiden aus der Berufsausbildungsassistenz zeigt einen Wert von 493 Tagen auf, unabhängig davon, ob die Lehre/ Qualifikation abgeschlossen oder abgebrochen wird. Zieht man nur die 224 AbschließerInnen heran, ergibt sich eine entsprechend längere Durchschnittsdauer der Betreuung von 854 Tagen.

Jene IBA-Jugendlichen, die der Kostenträgerschaft des Bundessozialamts zuzurechen sind, durchlaufen vor der IBA ein Clearing. Alle Maßnahmenträger schalten der Betreuung durch die Berufsausbildungsassistenz eine Abklärungsphase vor, die über den endgültigen Eintritt in die Berufsausbildungsassistenz entscheidet. Der anschließende Kernprozess der Berufsausbildungsassistenz kann in folgende Phasen gegliedert werden[1]:

In der Anfangsphase fallen vor allem administrative Tätigkeiten an, etwa die Festlegung der Lehr- und Ausbildungsverträge und die Unterstützung der Betriebe bei den Förderansuchen sowie die Anmeldung in der Berufsschule. Begleitend dazu wird in den Betrieben auch eine gewisse, nicht zu unterschätzende Sensibilisierungsarbeit geleistet und die notwendige Infrastruktur für die Jugendlichen geschaffen.

Während der Lehrzeit stehen die mediativen Fähigkeiten der BerufsausbildungsassistentInnen im Vordergrund. Unterstützende Tätigkeiten für die Jugendlichen sowie die Intervention bei Krisen und Kommunikationsproblemen sind die Einsatzfelder. Absolvieren Jugendliche ihre Lehre in einer Ausbildungseinrichtung, gestaltet sich der Einsatz der BerufsausbildungsassistentInnen nicht derart aufwändig, da hier ohnehin SozialpädagogInnen vor Ort sind, die Sensibilisierung und Krisenintervention übernehmen. Auch ein kontinuierlicher Kontakt mit den Eltern der Jugendlichen wird während der Lehrzeit gepflegt.

Während der Berufsschulzeit stehen BerufsausbildungsassistentInnen vor allem organisatorisch zur Seite - etwa, wenn Lernunterstützung bzw. Nachhilfe geregelt werden muss. Zudem bereiten sie bei der Form der Teillehre die Lehrabschlussprüfung vor.

Aus der Reflexion der Berufsausbildungsassistenz durch die BerufsausbildungsassistentInnen selbst sowie der TeilnehmerInnen am Workshop lassen sich vier zentrale Handlungsfelder zur Weiterentwicklung der Berufsausbildungsassistenz bzw. integrativen Berufsausbildung ableiten:

  1. Qualitäts- und Leistungskontrolle

  2. Öffentlichkeitsarbeit

  3. Berufsschulen

  4. Ergebnisqualität

Eine trägerübergreifende, einheitliche Qualitäts- und Leistungsdefinition von Berufsausbildungsassistenz und deren Kontrolle fehlt bislang in Oberösterreich. Viele StakeholderInnen beschreiben, dass je nach Maßnahmenträgerorganisation unterschiedliche Maßgaben zur Erbringung der Leistung herangezogen werden, was sich in der Qualität der Leistungserbringung sowie der Aufwändigkeit für die StakeholderInnen niederschlägt. Orientiert sich die Leistungserbringung stark an den (eingeschränkten) Ressourcen, entstehen auch prekäre Arbeitsverhältnisse bei den BerufsausbildungsassistentInnen, die sich negativ auf die Betreuungskontinuität auswirken.

Als Lösungsansätze werden jeweilige Standards vorgeschlagen, die Leistung, Qualität, aber auch Personalressourcen (Betreuungsschlüssel, Art der Dienstverhältnisse) festlegen. Ein Bekenntnis zur qualitätsvollen Dienstleistungserbringung und die dementsprechende Koppelung von Vergaben an Qualitätskriterien kristallisieren sich als Kernforderungen heraus. Hand in Hand damit geht die Verlängerung der Vergabezeiten einher. Weiters dienen Evaluationen und der trägerübergreifende Austausch, etwa über Steuergruppentreffen, der Qualitätsentwicklung.

Handlungsfeld Qualität

Die integrative Berufsausbildung ist bislang ein "Insider-Projekt" geblieben, die breite Öffentlichkeit hält kaum Informationen über die Möglichkeiten und Chancen dieser Maßnahme.

Hinzu kommt, dass Lehre allgemein über die letzten Jahre hinweg an Image verloren hat und Menschen, die in die Definition der IBA fallen (sonderpädagogischer Förderbedarf, negativer Pflichtschulabschluss, Behinderung, sonstige in der Person gelegene Vermittlungshemmnisse), zu stigmatisierten Gruppen in der Gesellschaft zählen.

Als notwendig erweist sich eine breit angelegte Sensibilisierung sowie das bewusste Zugehen auf relevante StakeholderInnen einer (möglichen) IBA, das sind neben Unternehmen und Eltern, Jugendlichen insbesondere auch Lehrkräfte in Pflichtschulen, die am ehesten in der Lage sind, mögliche IBA-Lehrlinge in gewöhnlichen Hauptschulen zu erkennen und auf die IBA aufmerksam zu machen. In einigen Hauptschulen hat sich diese Praxis bereits durchgesetzt und gut bewährt, die strukturelle Verankerung einer derartigen "Informationsweitergabe" fehlt aber bislang.

Handlungsfeld Image

Die Schnittstelle Berufsschule und Berufsausbildungsassistenz leidet zum Einen unter den durch die verfügbaren Mittel eingeschränkten Möglichkeiten und der Inkompatibilität des herkömmlichen Berufsschulsystems für die IBA-Lehre. Zum Anderen gestalten sich organisatorische Belange mitunter schwierig, da durch die individuelle Betreuung der SchülerInnen durch die Berufsausbildungsassistenz jeder IBA-Lehrling eine/n andere/n BerufsausbildungsassistentIn hat und somit zahlreiche AnsprechpartnerInnen "angesammelt" werden.

Die Kernforderungen zur Verbesserung und Erleichterung der Arbeit an und mit Berufsschulen sind somit die Aufstockung der Ressourcen sowie die Institutionalisierung der Informationsflüsse zwischen Berufsausbildungsassistenz und Berufsschulen.

Handlungsfeld Berufsschule

Die Ergebnisqualität der Arbeit der Berufsausbildungsassistenz ist gut. Die IBA wird als "Erfolgsstory" beschrieben, die ihr Ziel, bestimmten benachteiligten Jugendlichen den Lehrabschluss zu ermöglichen, bestens erfüllt. Trotzdem ist anzumerken, dass manche Jugendliche unter den derzeitigen Bedingungen keinen Zugang zu den Leistungen der Berufsausbildungsassistenz haben, obgleich dieser wünschenswert wäre. So könnten durch den phasenweisen Einsatz der BerufsausbildungsassistentInnen auch reguläre Lehrlinge in schwierigen Lebensabschnitten begleitet werden.

Insgesamt wird die Starrheit des Systems kritisiert, Wechsel innerhalb der IBA-Formen und insbesondere in die bzw. von der regulären Lehre zur IBA sind derzeit nur unter großem Aufwand möglich. Problematisch wird auch gesehen, dass kaum Ressourcen zur Hinzuziehung von ExpertInnen, etwa bei Jugendlichen mit psychischen Problemen, vorhanden sind.

Handlungsfeld Ergebnisse

Vorschläge zur Schaffung von mehr Flexibilität in den Systemen der IBA beinhaltet die rechtliche Erleichterung von Wechseln und damit einhergehende Ausweitungen der Fördermöglichkeiten, modulare Lehrpläne und alternative Beurteilungsformen in Berufsschulen sowie sensible Diagnoseinstrumente, die bereits den Übergang aus der Pflichtschule erleichtern.

Zudem sollte eine rechtliche Absicherung für Lehrlinge bestehen, ihre Lehre gegebenenfalls in Ausbildungseinrichtungen abzuschließen, etwa bei Konkurs des Ausbildungsbetriebs.

Empfehlenswert ist auch, das Know-How und die Erfahrung der Berufsausbildungsassistenz einer breiteren Zielgruppe zugänglich zu machen und sie etwa zeitlich begrenzt bei drohenden Lehrabbrüchen als Vermittlerin heranzuziehen.



[1] BMWA (2006): Integrative Berufsausbildung. Evaluierung von § 8b des Berufsausbildungsgesetzes.

Endbericht der KMU Forschung Austria in Zusammenarbeit mit ibw, Wien, S. 2; 36ff

Abstract

The Integrative Berufsausbildung (IBA) (integrative apprenticeship) was established with the since September 2003 passed amendment of Berufsausbildungsgesetz (§ 8b BAG) (vocational education law). The aim of this law is to improve the integration of disadvantaged young people with personal placement obstacles in the labour market.

Target group of the Integrative Berufsausbildung are teenagers, who could not find a regular Lehrstelle (dual apprenticeship) through the Arbeitsmarktservice (AMS) (National Employment Office) and to whom one of the following preconditions applies (§ 8b para. 4 BAG):

  1. teenagers, who needed sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) (special pedagogic aid) in higher compulsory school (Zi 1)

  2. teenagers without or with a negative degree of Hauptschule (higher compulsory school - ISCED-Level 2) (Zi 2)

  3. teenagers with disabilities according to the Behinderteneinstellungsgesetz or the Landesbehindertengesetz (job placement laws concerning people with disabilities on a national and federal level) (Zi 3)

  4. teenagers, who can not find (foreseeable) a Lehrstelle because of reasons which are within the person concerned (Zi 4)

According to the regulations of the Berufsausbildungsgesetz (BAG), it is possible to pass an extended apprenticeship period (§ 8b para. 1) or part-qualification apprenticeship (§ 8b para. 2). An extended Lehre (apprenticeship) makes sense, if it can be assumed that the person concerned maybe needs a bit longer to graduate, but is in principle able to. A part-qualification apprenticeship on the other hand is suggestive, if it is foreseeable that the person concerned will not be able to graduate even with a longer period of training, but will manage to acquire parts of one or more vocational training degrees. Therefore are in the system of Integrative Berufsausbildung two possibilities of apprenticeships provided:

  • The first variation provides a Lehrvertrag (apprenticeship contract) with all components of an occupation and an extended apprenticeship period (extension of 1 year respectively 2 years in special cases, if it is necessary to achieve the graduation). This extension can be arranged at the beginning of a Lehre or during the training period.

  • The second variation is a vocational education for part-qualifications of an occupation (duration 1 to 3 years). The training is reduced to certain parts of an occupation and can be supplemented through skills and know-how from other occupations.

The education/ training is carried out in a dual way, that means, on the one hand working in companies or job training institutions and on the other hand vocational school attendance. Major element of the IBA is the monitoring through the Berufsausbildungsassistenz (BAS) (vocational training assistant), who accompanies and supports the client for the whole period of the vocational training.

The aim is a successful graduation and to be as BAS a contact- and coordination point for all people and organisations concerned (legal guardians, companies and job training institutions, vocational schools, federal education authority, sponsors (AMS[2],Bundessozialamt (BSB)[3], Land OÖ[4])).

This evaluation aimed to x-ray the Berufsausbildungsassistenz (BAS) in Upper Austria through a multi-perspective design, as well as to analyze the two major actors of the BAS, the teenagers and the vocational training assistants, extensively. The study design follows therefore a combination of qualitative methods and quantitative investigations.

Overview - Study design

The situation of the teenagers/clients is on the one hand described through a quantitative analysis of the database of the responsible organisations concerning special attributes of all up to now served clients. On the other hand the occupational statistical data of all graduates and drop-outs was compared, as well as 10 teenagers, shortly before or after graduation were interviewed (face-to-face).

The view of the vocational training assistants was in a first step explored through 4 personal interviews with the heads of the respective responsible organisations for the BAS. Afterwards a part-standardized online-survey was developed, which was presented to all in Upper Austria working vocational training assistants.

To integrate the perspective of all actors involved, a result-workshop with representatives of the payers, responsible organisations, companies and job training institutions, federal education authority, the vocational schools, Wirtschaftskammer (Federal Economic Chamber) and Arbeiterkammer (Federal Chamber of Labour) was arranged.

Since the implementation of the IBA in spring 2003, more than 2.000 Upper Austrian teenagers have been served through the vocational training assistance. Therefore the organisations Jugend am Werk GmbH (from 2003 up to now) in charge of the AMS and the Bundessozialamt (BSB), Ibis Acam (from 2004 to 2005) and Hilfswerk (from 2005 up to now) both in charge of the Land OÖ were enthroned.

Since the existence of this measure (till due day July 31, 2008) have 1.606 teenagers been served through Jugend am Werk GmbH (847 for the AMS, 759 for the Bundessozialamt), as well as 373 teenager through Hilfswerk Linz Süd and around 50 through Ibis Acam. Due to changes/ handovers of clients between the responsible organisations, some cases are recorded several times. These cases were only counted one time and were assigned to the organisation where the BAS was taken in account the last time.

Along the lines of the national trend, an overbalance concerning young men (65.6%) can be reported. The average age of the served teenagers is 18.6 years and 40.9% of the IBA-Lehrlinge have a graduation of a Sonderschule[5] or a negative compulsory school degree. Are the different legal target groups according to § 8b compared, it appears that teenagers, who can not find a Lehrestelle because of reasons which are within the person concerned (Zi 4) are overrepresented.

At end of July 2008 were 1.070 teenagers served through the Berufsausbildungsassistenz ("current" persons, who did not break up, nor graduated): 839 through Jugend am Werk GmbH (310 for the AMS, 529 for BSB), 229 through Hilfswerk Linz Süd and 2 teenagers ("oddments" from the years 2004/ 05) through Ibis Acam both in charge of Land OÖ.

To due day July 31, 2008 graduated 224 teenagers (11.3%; n=1.979) and 522 (26.4%; n=1979) broke off, but are partly intensively post-served. Regarding the changing behavior (changeover form on company to another or changes concerning the form of the apprenticeship contract) it turns out that changes have a positive impact on the graduation probability.

On the basis of the employment data of the measure-graduates, following findings can be reported: The completion of the IBA-measure reduces the risk of belonging to the occupational group of "unskilled workers/ cleaners" by a minimum of three times.

The employment rate within 3 months after the measure reaches 69% among the graduates and only 38% among the drop-outs. In series the employment rate declines within 2 years after the measure to 54% among the graduates and rises to 49%among the drop-outs.

Also concerning cross-social interests, positive effects of a completed IBA can be identified: Analysis of the assessment basis (a measured value of personal income) show that graduates provide considerable higher social insurance contributions than drop-outs: While the average monthly gross salary of the graduates within the 2 years of observation period does not fall below 700 Euros, this value counts among the drop-outs at maximum 409 Euros.

The process of mentoring through the vocational training assistance starts formally with the beginning of an apprenticeship and ends with a graduation or a drop-out. The duration of the mentoring strongly varies and accounts according to the databases of the organisations concerned between 4 days and 4 years. The mean of the mentoring duration from the entrance to the pullout is 493 days, no matter of graduation or dropout. Are only the 224 graduates taken into account, the average mentoring duration is rising up to 854 days.

Before the beginning of the IBA-measure the payers check formal criteria to decide if an entrance into the IBA is possible. In case of the payer Bundessozialamt a so called Clearing with the adolescents is arranged before the start of the IBA. But also the other organisations concerned do have a period of clarification before the decision concerning the entrance into the Integrative Berufsausbildung is made. The subsequent key process of the BAS can be split into the following phases[6]:

At the initial stage primarily administrative tasks assault, for example the determination of apprenticeship contracts, the support of companies concerning request for financial aid and the registration for vocational school. Parallel to that are companies sensibilized - a task which should not be underestimated - to establish the necessary infrastructure for the clients.

During the apprenticeship are the meditative competences of the vocational training assistant in the front. The working fields are supporting actions and intervening at crisis and communication problems. Concerning teenagers in job training institutions is the working load not as that laborious, because the task of sensitization and intervention at crisis is carried by the social education workers on the spot. Also a continuous contact with the parents of the clients is maintained.

During the period of vocational school attendance the BAS supports their teenagers primarily through organizational tasks - for instance, if private lessons/ coaching must be arranged. Further more, they are designing the modality of the final exam in case of part-qualification.

Resulting from the reflections of the vocational training assistants (Online-survey) and of the participants of the workshop 4 central spheres of activity regarding improvements of the BAS respectively IBA can be identified:

  1. Control of quality and effort

  2. Public relations

  3. Vocational schools

  4. Quality of results

Up to now, organisational overlapping and uniform definition of quality and effort is missing in Upper Austria, as well as control referring to this. Many stakeholders describe that according to the organisation concerned different benchmarks of effort are taken into account, which is reflected in the quality of effort as well as in needed input of the stakeholders. Is the effort too strongly orientated at the (restricted) resources, also precarious labour conditions emerge, which has a negative impact on the continuity of mentoring.

A possible proposal is to define standards concerning effort, quality, as well as personal resources (key of mentoring, kind of employment status). A commitment to quality orientated service delivery and the analogous interlinking of quality criteria concerning the allocation turned out. This accompanies with an extension of the allocation period. Furthermore evaluations and cross-organisational dialog, for example through meetings of supervision teams, would serve the development of quality.

Field of action: Quality

The Integrative Berufsausbildung is till today a kind of "insider-project" and the general public does have barley information about the possibilities and chances of this measure.

Additionally, the Lehre in general lost in the last years its positive image and people, who match to the defined target groups of the IBA (people with special pedagogy aid, negative compulsory school degree, disabilities, other reasons within the person) count to the stigmatized groups of society.

It seems necessary to start a broad sensitization as well as to approach relevant stakeholders of a (possible) IBA. These are companies, parents, young people and especially teachers of compulsory school, because they would be able to recognize possible IBA-Lehrlinge and to call attention to the IBA. In some Hauptschulen[7], this code of practise is already established and works out well, but there is not structural anchorage of an information-transfer like this.

Field of action: Public relations

The gateway vocational school and Berufsausbildungsassistenz is on the one hand suffering from the limited possibilities through the available resources and the incompatibility of the usual vocational school systems and the IBA-Lehre. On the other hand are organizational tasks occasionally difficult, because through the individual mentoring - every IBA-Lehrling has its own BAS - a lot of different contact persons must be take into account.

The major demand concerning improvements and easement of work with the vocational schools is to add on resources as well as to institutionalize the information flows between Berufsausbildungsassistenz and vocational schools.

Field of action: Vocational schools

The result quality of the work of the Berufsausbildungsassitenz is good. The IBA is described as a story of success, which is fulfilling their goal - given disadvantaged teenagers the chance to make an ISCED-Level-3-degree - at best. Nevertheless it must be noted that some young people can not find their way to the efforts of the IBA under the current circumstances, which would be desirable. So, regular Lehrlinge could in difficult times of their life be temporarily accompanied through the BAS.

In total the rigidity of the system is criticised, as well as the changes within the forms of the IBA. Especially the change from the regular Lehre to the IBA and vice versa is at the moment very laborious. Another problem is seen in the fact, that there are barley any resources concerning the consultation of experts, for example teenagers with psychological disorders.

Field of action: Results

The proposals concerning the transition to a higher level of flexibility in the systems of the IBA contain the legal easement of changes, which goes along with the expansion of the possibilities concerning financing the projects, as well as modular curriculums and alternative assessment forms in vocational schools are needed and sensible instruments of diagnosis, which could alleviate the change-over from compulsory school to vocational school.

Furthermore, there should be a legal coverage for example in case of insolvency the Lehrling is able to finish its Lehre in job training institution.

It would also be recommendable to gain access to the know-how and the experience of the BAS to an extended target group and to appoint them as temporary mediators in case of imminent drop-out.



[2] Arbeitsmarktservice (Federal Employment Office)

[3] Social welfare office

[4] Social welfare office

[5] School for handicapped children

[6] BMWA (2006): Integrative Berufsausbildung. Evaluierung von § 8b des Berufsausbildungsgesetzes.

Endbericht der KMU Forschung Austria in Zusammenarbeit mit ibw, Wien, S. 2, 36ff.

[7] Higher Compulsory School - ISCED-Level 2

1 Einleitung

Seit September 2003 gibt es für benachteiligte Jugendliche mit persönlichen Vermittlungshindernissen die Möglichkeit, die integrative Berufsausbildung (IBA) zu absolvieren. Dies bedeutet entweder ein Durchlaufen einer verlängerten Lehrzeit oder eine Teilqualifizierung in einem Berufsbild. Grundgedanke dieser Maßnahme ist eine Verbesserung der Vermittlungsfähigkeit bzw. Eingliederung von benachteiligten Personen in das Berufsleben, da durch Qualifizierung ein wichtiger Diskriminierungsgrund am Arbeitsmarkt gemildert werden kann. Ein zentraler Aspekt dieses Konzeptes ist die Betreuung und Unterstützung der Betroffenen durch die Berufsausbildungsassistenz (BAS), mit deren Evaluierung sich diese Studie näher auseinander setzen wird.

Die Berufsausbildungsassistenz kann als Herzstück der integrativen Berufsausbildung (IBA) verstanden werden, da sie sowohl eine koordinierende Funktion zwischen den StakeholderInnen (Jugendliche/ Eltern, Ausbildungsbetriebe/ Berufsschule, AMS/ Bundessozialamt/ Land OÖ) erfüllt, als auch die Betreuung und Beratung vor allem der Jugendlichen, aber auch der Betriebe übernimmt.

Ziel vorliegender oberösterreichweiter Evaluation im Auftrag des AMS OÖ (Projektzuständigkeit: Mag.a Fischlmayr Eva, Apponyi-Wolkenstein Petra) und der AK OÖ (Dr. Bauer Fritz) ist eine multiperspektivische Bewertung der Berufsausbildungsassistenz in Oberösterreich. Im Vordergrund steht also eine Analyse der Umsetzung der Berufsausbildungsassistenz sowie der TeilnehmerInnen und deren Ausbildungs- und Beschäftigungsverläufe. Außerdem wird eine Bewertung der Berufsausbildungsassistenz durch die Jugendlichen selbst sowie durch involvierte AkteurInnen vorgenommen.

In diesem Zusammenhang ist den MitarbeiterInnen des AMS OÖ, der AK OÖ, der Trägerorganisationen "Jugend am Werk" sowie "Hilfswerk OÖ" und "Ibis Acam" zu danken, die maßgeblich an der Durchführbarkeit dieses Projektes beteiligt waren. Unser Dank gilt darüber hinaus allen TeilnehmerInnen am Ergebnisworkshop.

2 Konzeption der Studie

Studiendesign und Projektverlauf gestalten sich nach Maßgabe der Forschungsfragen der Ausschreibung in Form eines vom IBE vorgeschlagenen alternativen Evaluierungskonzepts, das das Arbeitsmarktservice in Auftrag gegeben hat.

Dieses besteht aus einer ausführlichen Analyse der Situation der Jugendlichen in integrativen Berufsausbildungen mittels quantitativer wie qualitativer Methoden. Auch die Sichtweise der BerufsausbildungsassistentInnen wurde sowohl aus qualitativer als auch aus quantitativer Position beleuchtet. Um auch den Blickwinkel anderer involvierter AkteurInnen zu schärfen, wurde ein Ergebnis-Workshop mit VertreterInnen der Kosten- und Maßnahmenträgerorganisationen, der Ausbildungsbetriebe und -einrichtungen, des Landesschulrates, der Berufsschulen sowie der Wirtschafts- und Arbeiterkammer durchgeführt. In Abbildung 2-1 ist die Struktur des Projekts veranschaulicht.

Abbildung 2-1: Struktur der Studie im Überblick

Die Datengewinnung dieser empirischen Untersuchung setzt sich aus einer quantitativen Analyse der Struktur der TeilnehmerInnen der integrativen Berufsausbildung in OÖ aus den Jahren 2003 bis Juli 2008, einer E-Mail-Befragung aller BerufsausbildungsassistentInnen in OÖ und der AMS-BG-Daten der AbschließerInnen sowie der AbbrecherInnen zusammen.

Die qualitativen Analysen stützen sich auf vier persönliche Interviews mit den leitenden BerufsausbildungsassistentInnen der jeweiligen Träger und 10 persönliche Gespräche mit Jugendlichen in integrativen Berufsausbildungen.

Die Nominierung und Auswahl der InterviewpartnerInnen, sowohl der Jugendlichen wie auch der BerufsausbildungsassistentInnen, erfolgte in Kooperation mit den Trägern der Berufsausbildungsassistenz. Bei der E-Mail-Befragung der BerufsausbildungsassistentInnen wurde eine Vollerhebung verfolgt, zu den explorativen Gesprächen wurden jeweils die zuständigen LeiterInnen der Berufsausbildungsassistenz bei den Trägern gebeten. Die persönlich befragten Jugendlichen wurden nach soziodemografischen, räumlichen und organisatorischen Maßgaben ausgewählt.

2.1 Ausgangssituation, Projektziel und Forschungsfrage

Mit der seit September 2003 geltenden Novelle des Berufsausbildungsgesetzes (§ 8b) wurde die "integrative Berufsausbildung" eingeführt. Diese hat zum Ziel, die Eingliederung von benachteiligten Jugendlichen mit persönlichen Vermittlungshindernissen in das Berufsleben zu verbessern.

Zielgruppe der integrativen Berufsausbildung sind Jugendliche, die vom AMS nicht in ein reguläres Lehrverhältnis vermittelt werden konnten und auf die eine der folgenden Voraussetzungen zutrifft (§ 8b, Abs. 4 BAG):

5. Jugendliche, die während ihrer Schulzeit einen sonderpädagogischen Förderbedarf hatten

6. Jugendliche mit negativem bzw. ohne Hauptschulabschluss

7. Jugendliche mit einer Behinderung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz oder dem Landesbehindertengesetz

8. Jugendliche, die aus in ihrer Person gelegenen Gründen in absehbarer Zeit keine reguläre Lehrstelle finden können

Nach den Bestimmungen des Berufsausbildungsgesetzes (BAG) können verlängerbare Lehrverträge (§ 8b Abs.1) oder eine Ausbildung in Teilqualifikation (§ 8b Abs. 2)durchgeführt werden. Eine verlängerte Lehre ist sinnvoll, wenn angenommen werdenkann, dass die Person zwar vielleicht länger für die Lehrausbildung braucht, grundsätzlichaber in der Lage ist, einen Lehrabschluss zu schaffen. Eine Teilqualifikation istdann sinnvoll, wenn es absehbar ist, dass die Person die Lehrabschlussprüfung auchnicht mit Verlängerung schaffen wird, jedoch Teile eines oder mehrerer Lehrberufesehr wohl erlernt werden können. (styria integra, 2005, S. 10)

In der integrativen Berufsausbildung sind demnach zwei Möglichkeiten der Ausbildung vorgesehen:

  • Die erste Variante sieht einen Lehrvertrag über die gesamten Ausbildungsinhalte eines Lehrberufes mit einer verlängerbaren Lehrzeit vor (Verlängerung um 1 Jahr bzw. in Ausnahmefällen um 2 Jahre, wenn dies für die Absolvierung der Lehrabschlussprüfung notwendig ist), wobei die Verlängerung zu Beginn oder auch während der Lehrzeit vereinbart werden kann.

  • Die zweite vorgesehene Möglichkeit ist die Ausbildung in Teilqualifikationen eines Lehrberufes (Dauer 1 bis 3 Jahre) durch Einschränkung auf bestimmte Teile eines Berufsbildes eines Lehrberufes, allenfalls unter Ergänzung von Fertigkeiten und Kenntnissen aus Berufsbildern weiterer Lehrberufe.

Die Ausbildung erfolgt dual, d.h. einerseits in einem Ausbildungsbetrieb bzw. einer selbständigen Ausbildungseinrichtung, andererseits durch Unterricht in der Berufsschule.

Zentrales Element der integrativen Berufsausbildung ist die Begleitung durch die Berufsausbildungsassistenz, welche die Jugendlichen während ihrer gesamten Ausbildungszeit begleitet und unterstützt mit dem Ziel des erfolgreichen Lehr- oder Ausbildungsabschlusses und eine Anlauf- und Koordinationsstelle für alle an der Durchführung der integrativen Berufsausbildung beteiligten Personen und Einrichtungen darstellt (Erziehungsberechtigte, Lehrbetrieb oder Ausbildungseinrichtung, Berufsschule, Landesschulrat, Kostenträger (Arbeitsmarktservice, Bundessozialamt, Land).

In Oberösterreich wird bzw. wurde die Berufsausbildungsassistenz von folgenden Trägern angeboten:

  • Jugend am Werk (im Auftrag des Arbeitsmarktservice und des Bundessozialamts)

  • Oberösterreichisches Hilfswerk (im Auftrag des Landes OÖ)

  • Ibis Acam (im Auftrag des Landes OÖ)

Ziel der Evaluierung ist eine multiperspektivische Bewertung der Berufsausbildungsassistenz in OÖ unter Berücksichtigung allgemeiner Fragestellungen, welche in Anlehnung an die Leistungsbeschreibung vom 16. November 2007 wie folgt formuliert wurden:

  • Wie lassen sich die TeilnehmerInnen und deren Ausbildungsverläufe in Oberösterreich quantitativ beschreiben?

  • Wie wird die Berufsausbildungsassistenz entlang der gesetzlichen Rahmenbedingungen von den drei Trägern umgesetzt?

  • Wie bewerten die involvierten AkteurInnen die Kooperation mit der bzw. die Betreuung durch die Berufsausbildungsassistenz?

  • Wie bewerten die Jugendlichen die Betreuung durch die Berufsausbildungsassistenz?

  • Wie lassen sich die beruflichen Verläufe der Jugendlichen nach Absolvierung der integrativen Berufsausbildung beschreiben?

2.2 Studiendesign und Methodenwahl

Die Evaluation besteht aus quantitativen und qualitativen Teilen. Ein solcher Methodenmix führt zu einer optimalen Ergebnisdichte. Die detaillierten Forschungsfragen bzw. Dimensionen der einzelnen Studienteile werden in "Arbeitspaketen" gegliedert dargestellt.

2.2.1 Quantitative Analysen

2.2.1.1 Analyse der Datenbankauszüge (Arbeitspaket 1)

Das Hauptinteresse der Analyse der Datenbankauszüge der Trägerorganisationen ist die Klärung der Frage, wie sich die TeilnehmerInnen und deren Ausbildungsverläufe in Oberösterreich quantitativ beschreiben lassen.

Die quantitative Analyse der TeilnehmerInnen und Ausbildungsverläufe zielt also zunächst auf eine Beschreibung der TeilnehmerInnen und deren Ausbildungsverläufe in Oberösterreich unter Berücksichtigung der drei Träger der Berufsausbildungsassistenz, getrennt nach Ausbildungsbetrieb und Ausbildungseinrichtung ab.

Folgende Fragen wurden mithilfe der quantitativen Analyse beantwortet:

  • Wie viele Jugendliche wurden bisher von den drei Trägern der Berufsausbildungsassistenz in OÖ betreut?

  • Wie verteilen sich die Jugendlichen auf die in § 8b Abs. 4 BAG definierten Zielgruppen?

  • Wie gestalten sich die Ausbildungsverläufe hinsichtlich deren Dauer?

  • Welche Berufsschulabschlüsse können die Jugendlichen erzielen?

  • Welche Ausbildungsabschlüsse können die Jugendlichen erzielen?

  • Welche Ausbildungsverläufe sind zu identifizieren (hinsichtlich Wechselverhalten)?

  • Wie viele Ausbildungsabbrüche sind zu verzeichnen und aus welchen Gründen?

Weiters wurden die TeilnehmerInnen-Daten der einzelnen Träger der Berufsausbildungsassistenz bzw. der Ausbildungsbetriebe und Ausbildungseinrichtungen nach folgenden Kategorien bzw. Dimensionen analysiert:

  • Anzahl der Jugendlichen

  • soziodemografische Daten (z.B. Geschlecht, Alter, Wohnort etc.)

  • Anzahl der Ausbildungsabbrüche

  • Zielgruppenzuordnung (§ 8b Abs. 4 BAG)

  • Ausbildungsverlauf (Dauer)

  • Ausbildungserfolg (erfolgreicher Berufsschulabschluss, erfolgreiche (Lehr)Abschlussprüfung)

  • Ausbildungsverläufe (Wechsel)

  • Gründe für Abbrüche

2.2.1.2 E-Mail-Befragung der BerufsausbildungsassistentInnen (Arbeitspaket 2b)

Mit dem Arbeitspaket 2b wurde abgeklärt, wie die Berufsausbildungsassistenz entlang der gesetzlichen Rahmenbedingungen von den drei Trägern umgesetzt wird.

Um die Umsetzung der Berufausbildungsassistenz analysieren zu können, wurde eine Konzeptanalyse (schriftlicher Fragebogen an alle BerufsausbildungsassistentInnen, per E-Mail verschickt) durchgeführt. Mithilfe des schriftlichen Fragebogens wurden die unterschiedlichen Verfahren in der Betreuung der Jugendlichen sowie das Schnittstellenmanagement erhoben und anschließend vergleichend dargestellt.

Folgende Forschungsfragen wurden mithilfe dieser Methoden beantwortet:

  • Wie wird die Berufsausbildungsassistenz der drei Träger umgesetzt (Verfahrensbeschreibung, Betreuungsschlüssel, Umgang mit und Gründe für Ausbildungsabbrüche)

  • Welche Unterschiede zwischen den drei Trägern können identifiziert werden?

  • Wie charakterisiert sich das Schnittstellenmanagement mit anderen involvierten Akteuren (z.B. Art der Kooperation, Kontaktierungsfrequenz, Zusammenarbeit mit Eltern etc.)?

  • Welche Stärken ("Was hat sich bewährt?") und welche Schwächen ("Was könnte man verbessern?") können identifiziert werden?

2.2.1.3 Analyse der AMS-BG-Daten (Arbeitspaket 5)

Der zentrale Aspekt aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen - wie auch der integrativen Berufsausbildung (IBA) - ist, die Integration von (benachteiligten) Personen in den Arbeitsmarkt nachhaltig zu erzielen. Die Beschreibung der beruflichen Verläufe der Jugendlichen nach Absolvierung der integrativen Berufsausbildung dokumentiert somit den Erfolg einer Maßnahme.

Die Auswertung dieser Beschäftigungsverläufe wird anhand der Beschäftigungsstati der Jugendlichen nach erfolgreichem Abschluss (Lehr- oder Teilabschlussprüfung) bzw. nach Abbruch der IBA vorgenommen. Die Daten werden über die AMS-Betriebs- GesmbH bezogen. Um hier möglichst viele Jugendliche beobachten zu können, die die integrative Ausbildung bereits abgeschlossen haben, wird der Zeitpunkt der Analyse auf März/ April 2009 angesetzt.

Es bleibt zu erwähnen, dass diese Form der Beschreibung von Ausbildungsverläufen lediglich Aussagen zulässt, die sich auf quantitative Daten stützt. Qualitative Einschätzungen (z.B. ob der erlernte Beruf weiter ausgeübt wird, ob ein Verbleib im Lehrbetrieb möglich war, berufliche Weiterentwicklung) sind daraus nicht ableitbar und würden eine eigene Erhebung direkt bei der Zielgruppe erfordern. Diese ist zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund der wenigen AbschließerInnen aus den relevanten Abschlussjahren (Abschluss liegt mindestens 3 Jahre zurück) noch nicht zielführend, wäre aber in ein bis zwei Jahren durchaus gewinnbringend.

2.2.2 Qualitative Analysen

2.2.2.1 Persönliche Befragung der BerufsausbildungsassistentInnen (Arbeitspaket 2a)

Der E-Mail-Befragung der BerufsausbildungsassistenInnen ging eine explorative qualitative Erhebung voraus. Es wurden also persönliche Interviews mit jeweils einem/ einer BerufsausbildungsassistentIn pro Träger durchgeführt, um qualitative Aspekte der Betreuung der Jugendlichen und der Schnittstellen zu anderen involvierten Akteuren zu erheben. Im Zentrum dieser Befragung stand eine Tätigkeitsbeschreibung des Berufs "Berufsausbildungsassistenz", genauso wie eine Analyse der Schnittstellenverhältnisse der einzelnen AkteurInnen. Außerdem wurde versucht, Indikatoren für Erfolg und Misserfolg der TeilnehmerInnen zu eruieren und ein generelles Fazit bezüglich der Berufsausbildungsassistenz zu ziehen.

Folgende Forschungsfragen wurden mittels dieser Methoden bearbeitet:

  • Wie könnte man den Beruf der Berufsausbildungsassistenz beschreiben?

  • Wie läuft dieser Prozess - ein Jugendlicher bekommt eine/n BAS - ab?

  • Wie würden die BerufsausbildungsassistentInnen die Schnittstellenverhältnisse zwischen Träger, Jugendlichen und deren Umfeld, Betrieb, AMS und Berufsschule beschreiben?

  • Wie ergeht es den Jugendlichen in einer Integrierten Berufsausbildung durchschnittlich?

  • Welches allgemeine Fazit ziehen die BerufsausbildungsassistentInnen?

2.2.2.2 Persönliche Befragung der TeilnehmerInnen (Arbeitspaket 3)

Auch die Sichtweisen der Jugendlichen stellen einen Schwerpunkt zur Bewertung der BAS dar. Dementsprechend wurden 10 persönliche, qualitative Interviews mit Jugendlichen aus Oberösterreich geführt, welche derzeit eine integrative Ausbildung machen. Die Methodenwahl erfolgt in diesem Arbeitspaket in Kenntnis des schwierigen Zugangs zur Zielgruppe (geringes Ausmaß der telefonischen Erreichbarkeit und geringe zu erwartende Rücklaufquoten von Fragebögen).

Fragestellungen der qualitativen Interviews waren:

  • Wie bewerten die Jugendlichen die integrative Berufsausbildung im Zusammenhang mit

  1. der Betreuung durch die Berufsausbildungsassistenz,

  2. die Ausbildung im Betrieb und

  3. die Ausbildung in der Berufsschule (Stärken/ Schwächen)?

  • Was könnte man aus Sicht der Jugendlichen im Rahmen der integrativen Berufsausbildung verbessern?

  • Welche künftigen beruflichen Ziele haben die Jugendlichen?

2.2.2.3 Halbtägiger Ergebnis-Workshop (Arbeitspaket 4)

Für eine multiperspektivische Sichtweise sollen neben den direkt involvierten AkteurInnen auch sonstige relevante StakeholderInnen die Möglichkeit haben, sich einzubringen. Solche AkteurInnen der Berufsausbildungsassistenz sind:

  • die Jugendlichen bzw. Erziehungsberechtigten,

  • Träger der Berufsausbildungsassistenz,

  • Ausbildungsbetriebe und Ausbildungseinrichtungen,

  • Landesschulrat und Berufsschule,

  • Kostenträger (AMS, Bundessozialamt, Land OÖ),

  • die Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer sowie

  • das Lehrlingsreferat der Arbeiterkammer.

Zur Erhebung der Sichtweisen der involvierten AkteurInnen wurde ein halbtägiger Workshop mit Beteiligung von jeweils einem/ einer VertreterIn der involvierten (oben genannten) AkteurInnen durchgeführt.

Jugendliche und Eltern wurden nicht eingeladen, da sie schwer in den Kreis der anderen TeilnehmerInnengruppen integriert werden könnten. Die Sichtweisen der Jugendlichen werden aus der persönlichen Befragung abgeleitet und seitens des IBE als wesentlicher Input eingebracht. Die Gruppe der Eltern wurde ebenfalls ausgeklammert, da sie sich generell als weniger einflussreich als erwartet herausgestellt hat. IBALehrlinge sind meist bereits älter, wenn sie eine Lehre beginnen und vielfach schon (fast) volljährig. Nicht zu leugnen ist jedoch der Einfluss der Eltern auf Einstellungen der Jugendlichen zu Bildung und Beruf.

Fragestellungen des Ergebnis- und Reflexions-Workshops waren:

  • Wie wird die integrative Berufsausbildung hinsichtlich Konzeptionierung und Umsetzung bewertet?

  • Wie wird von den AkteurInnen das Schnittstellenmanagement bewertet (einschließlich des Elternkontakts), z.B. entspricht die Kontakthäufigkeit den Erfordernissen)?

  • Welche Auswirkungen werden durch die geteilten Zuständigkeiten gesehen?

  • Deckt die Definition der Zielgruppe für eine integrative Berufsausbildung alle arbeitsmarktpolitischen Erfordernisse und die Bedürfnisse der Jugendlichen ab?

  • Welche Chancen und welche Risken werden für die Zukunft der Berufsausbildungsassistenz gesehen (z.B. hinsichtlich ungelöster rechtlicher Fragen)?

Begleitend werden zu allen Arbeitspaketen Literatur- und Desktop-Recherchen durchgeführt sowie gegebenenfalls Vorträge zu relevanten Themen besucht. Die Einzelergebnisse der Arbeitspakete werden nach Abschluss in der Datensynthese zusammengeführt und einer Meta-Analyse unterzogen. Ergebnis derartiger übergreifender Bewertungen können Handlungsempfehlungen oder Entwicklungsmöglichkeiten sein.

3 Quantitative Analyse der TeilnehmerInnen und Ausbildungsverläufe

Seit Bestehen der Maßnahme im Herbst 2003 wurden in OÖ gut 2.000 Jugendliche im Rahmen der Berufsausbildungsassistenz betreut. Hierfür wurden die Trägerorganisationen Jugend am Werk GmbH (von 2003 bis dato) im Auftrag von AMS und Bundessozialamt, Hilfswerk (von 2005 bis dato) im Auftrag des Landes OÖ und Ibis Acam (von 2004 bis 2005) im Auftrag des Landes OÖ eingesetzt.

Insgesamt wurden somit zum Stichtag 31. Juli 2008 seit Bestehen der Maßnahme 1.606 Jugendliche von der Jugend am Werk GmbH (847 für AMS, 759 für Bundessozialamt), 373 Jugendliche durch das Hilfswerk Linz Süd und etwa 50 Jugendliche durch Ibis Acam betreut. Durch Wechsel/ Übergaben der Jugendlichen zwischen den Trägern sind einige Fälle mehrmals erfasst, diese wurden jeweils nur einmal gezählt und dem Träger zugeordnet, bei dem sie die BAS zuletzt in Anspruch genommen haben.

Ende Juli 2008 werden 1.070 Jugendliche durch BerufsausbildungsassistentInnen betreut ("laufende" Personen, die weder abgebrochen noch abgeschlossen haben): 839 durch die Jugend am Werk GmbH (310 für AMS, 529 für Bundessozialamt), 229 durch das Hilfswerk Linz Süd im Auftrag des Landes OÖ und 2 Jugendliche ("Restbestand" aus den Jahren 2004/05) durch Ibis Acam im Auftrag des Landes OÖ.

Abbildung 3-1: Verteilung der laufend betreuten Jugendlichen in OÖ nach Träger (n=1.070)

Die Bereinigung der Datenbankauszüge gestaltete sich aufwändig, da einige Jugendliche durch Änderungen der Trägerschaft während einer laufenden IBA mehrfach erfasst und in unterschiedlichen Stati geführt wurden. Zudem wechseln Jugendliche von sich aus teilweise bis zu 4-mal die IBA, etwa durch Lehrbetriebswechsel, Trägerwechsel, Berufswechsel oder Wohnortwechsel.

Wo eine klare Zuordnung zum jeweiligen Status nicht möglich war, wurden die Datensätze in der jeweiligen Auswertkategorie herausgefiltert. Aus diesem Grund variiert die Bezugsbasis zwischen den insgesamt erfassten 1.979 und 1.960 Personen. Die jeweils herangezogene Gesamtgröße ist in jeder inhaltlichen Frage angegeben.

3.1 Sozio-demografische Merkmale der betreuten Jugendlichen

Österreichweit sind mehr als zwei Drittel (68%) der integrativen Lehrlinge männlich. Es zeigt sich auch die Tendenz, dass IBA-Lehrlinge älter sind als reguläre Lehrlinge: Fast die Hälfte der österreichweit in Ausbildung befindlichen IBA-Lehrlinge ist älter als 18 Jahre, gut ein Viertel 17 Jahre, hingegen nur 6% weisen das übliche Lehreinstiegsalter von 15 Jahren auf. (BMWA, 2006, S. 47f)

Ein hoher Anteil (82%) der Lehrlinge verfügt über einen positiven Pflichtschulabschluss, lediglich knapp ein Fünftel der IBA-Lehrlinge hat österreichweit keinen oder einen negativen Pflichtschulabschluss. Mit 24% Anteil der IBA-Lehrlinge mit Migrationshintergrund liegt OÖ knapp unter dem österreichischen Durchschnitt. (BMWA, 2006, S. 47f)

Für OÖ zeigen die 1.979 auswertbaren, von den Trägern zur Verfügung gestellten Datensätze ähnliche Tendenzen. 65,6% der IBA-Lehrlinge sind männlich, 34,4% weiblich.

Abbildung 3-2: Geschlecht der IBA-Lehrlinge in Oberösterreich (n=1.944)

Das Durchschnittsalter der durch Berufsausbildungsassistenz betreuten Jugendlichen liegt bei 18,6 Jahren. Lediglich 2,3% der Lehrlinge weisen das übliche Lehreinstiegsalter von 15 Jahren auf. 40,9% der IBA-Lehrlinge haben einen Sonderschul- oder negativen Pflichtschulabschluss. Diese Zielgruppe ist somit im Österreichvergleich überrepräsentiert.

Wohnbezirk

Absolut

Prozentuell

Linz-Land

242

12,3

Vöcklabruck

242

12,3

Linz

221

11,0

Wels

178

9,1

Steyr

162

8,3

Gmunden

139

7,1

Braunau

119

6,1

Schärding

88

4,5

Grieskirchen

65

3,3

Kirchdorf

63

3,2

Ried im Innkreis

59

3,0

Freistadt

58

3,0

Perg

57

2,9

Urfahr-Umgebung

33

2,0

Niederösterreich

23

1,2

Rohrbach

21

1,1

Eferding

20

1,0

Wels-Land

15

0,8

Steyr-Land

10

1,0

Keine Angabe

149

7,6

Summe

1.964

100,0

Der Wohnbezirk der betreuten Jugendlichen zeigt einen eindeutigen Schwerpunkt auf den Bezirken Linz-Land (insbesondere der AMS-Bezirk Traun), Vöcklabruck und Linz- Stadt mit jeweils mehr als 10% der betreuten Jugendlichen.

Aber auch Steyr-Stadt, Wels-Stadt und die Bezirke Gmunden und Braunau, wo jeweils zwischen 6 und 8% der Jugendlichen wohnen, können noch als Schwerpunktgebiete der BAS bezeichnet werden. Schärding, Grieskirchen, Freistadt, Perg, Kirchdorf und Ried stellen nur für knapp 3% bis 4,5% der betreuten Jugendlichen den Wohnbezirk dar. Urfahr-Umgebung, Steyr-Land, Rohrbach, Eferding, Wels-Land sowie Teile Niederösterreichs (Enns, Amstetten) sind weitere, eher unbedeutende Wohnbezirke mit weniger als 50 ansässigen betreuten IBA-Jugendlichen.

Der Zentralraum mit Linz, Linz-Land, Wels und Steyr beheimatet somit mehr als 40% aller betreuten Jugendlichen, in ländlichen Regionen finden sich zumeist geringere Anteile. Der Vergleich der Anteile der Jugendlichen mit der Verteilung der 18- bis 24- Jährigen Wohnbevölkerung zum 1.1.2008 auf die Bezirke (Statistik Austria, 2008) zeigt, dass die Stadt Linz eine unterdurchschnittliche Versorgung aufweist. Der Anteil der Wohnbevölkerung im Alter 18 bis 24 Jahre liegt zum 1.1.2008 bei fast 14%, der Anteil der IBA-Lehrlinge bei nur 11%. Ähnliches lässt sich für den Bezirk Grieskirchen festhalten, hier unterschreitet der Anteil der IBA-Lehrlinge den Anteil der Wohnbevölkerung um 1,4%. Für die Bezirke Braunau, Gmunden und Schärding halten sich die Anteile in etwa die Waage, die Abweichungen betragen weniger als 1%. In allen weiteren Bezirken liegen die IBA-Lehrlings-Anteile deutlich über dem Anteil der Wohnbevölkerung. In Vöcklabruck und Linz-Land z.B. zeigt sich, dass der Anteil der IBA-Lehrlinge jenen der Wohnbevölkerung um ca. 2,5% übersteigt, in Wels-Stadt um 4,8%, in Steyr-Stadt um 5,4%.

3.2 Zielgruppenspezifikation nach § 8b Abs. 4 BAG

§ 8b Abs. 4 BAG definiert in den Ziffern 1 bis 4 die Zielgruppen der IBA. Ziffer 1 umfasst Jugendliche mit ehemals sonderpädagogischem Förderbedarf. Der Anteil dieser Jugendlichen an den gesamt in der IBA erfassten Lehrlingen ist in Oberösterreich mit 48% im Vergleich zum österreichischen Anteil stark unterdurchschnittlich - OÖ erzielt hier im Bundesländervergleich den niedrigsten Wert. (BMWA, 2006, S. 49f)

Ziffer 2 definiert Lehrlinge mit keinem oder einem negativen Pflichtschulabschluss als Zielgruppe. Der Anteil dieser Lehrlinge an den gesamt erfassten IBA-Lehrlingen in OÖ beträgt 19% und stellt im Österreichvergleich nach Wien den höchsten Wert dar. (BMWA, 2006, S. 49f)

Ziffer 3 umfasst Lehrlinge, die im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes bzw. des Landesbehindertengesetzes als behindert eingestuft sind. Der Anteil dieser Lehrlingein OÖ beträgt 3%. Dies stellt im Österreichvergleich den drittniedrigsten Wertund eine Unterrepräsentation dieser Gruppe dar. (BMWA, 2006, S. 49f)

Österreichweit den höchsten Anteil verzeichnet hingegen die Zuordnung der IBA-Lehrlinge in OÖ nach Ziffer 4: Diese Lehrlinge können aufgrund von persönlichenVermittlungshemmnissen nicht in ein reguläres Lehrverhältnis vermittelt werden. Der Anteil dieser Gruppe beträgt 31% in OÖ, österreichweit 23%. (BMWA, 2006, S. 49f)

Die quantitative Analyse der Datenbankauszüge der OÖ Trägerorganisationen verifiziert diese Werte mit leichten Abweichungen: Der Anteil, der in Ziffer 1 eingestuften Personen beträgt 40,9%. Ziffer 2 deckt 16,7% der Jugendlichen ab, weitere 2,3% sind in Ziffer 3 eingestuft. 36,7% fallen unter Ziffer 4. 3,4% sind nicht zuordenbar, 78 Personen sind überdies in zwei Gruppen zugeordnet, in der Regel eine Kombination mit Ziffer 3.

Abbildung 3-3: Zielgruppenzuordnung der OÖ IBA-Jugendlichen nach BAG (N=2.051; Mehrfachzuordnung möglich)

3.3 Ausbildungs- bzw. Betreuungsverläufe

Gut 40% der integrativen Lehrlinge in OÖ absolvieren die integrative Lehre in Ausbildungseinrichtungen, alle anderen in Unternehmen. Die beliebtesten Berufe sind Einzelhandelskauffrau/-mann, KöchIn, KFZ-TechnikerIn, Tischlerln, MetalltechnikerIn, MalerIn und AnstreicherIn. (BMWA, 2006, S. 30; 32f)

Die Verteilung der IBA-Lehrformen in OÖ strukturiert sich laut der Evaluierung des BMWA (2006, S. 25) zur Hälfte in verlängerte Lehren und Teillehren. Im Vergleich zu diesem Befund aus dem Jahr 2006 zeigt sich im Jahr 2008, dass die verlängerte Lehre mit 53,4% etwas beliebter ist als die Teilqualifikation mit 43,0%. 3,6% der Datensätze waren bezüglich der IBA-Form nicht auswertbar.

Abbildung 3-4: Häufigkeit der IBA-Lehrformen in Oberösterreich (n=1.960)

3.3.1 Betreuungsprozess

Der Betreuungsprozess beginnt offiziell mit dem Beginn des Lehr- bzw. Ausbildungsverhältnisses und endet mit dessen Abschluss bzw. Abbruch. Die Dauer der Betreuung durch BerufsausbildungsassistentInnen variiert sehr stark und beträgt laut den Auszügen aus den Trägerdatenbanken zwischen 4 Tagen und 4 Jahren. Der Mittelwert der Betreuungsdauer vom Einstieg in die bis zum Ausscheiden aus der BAS zeigt einen Wert von 493 Tagen auf, unabhängig davon, ob die Lehre/ Qualifikation abgeschlossen oder abgebrochen wird. Zieht man nur die 224 AbschließerInnen heran, ergibt sich eine entsprechend längere Durchschnittsdauer der Betreuung von 854 Tagen.

Das BSB schaltet dem Betreuungsprozess ein Clearing vor, auch die anderen Träger haben eine Abklärungsphase im Vorfeld, die über den endgültigen Eintritt in die Berufsausbildungsassistenz entscheidet. Der anschließende Kernprozess der Berufsausbildungsassistenz kann in folgende Phasen gegliedert werden (BMWA, 2006, S. 2; 36ff):

In der Anfangsphase fallen vor allem administrative Tätigkeiten an, etwa die Festlegung der Lehr- und Ausbildungsverträge und die Unterstützung der Betriebe bei den Förderansuchen sowie die Anmeldung in der Berufsschule. Begleitend dazu wird in den Betrieben auch eine gewisse, nicht zu unterschätzende Sensibilisierungsarbeit geleistet und die notwendige Infrastruktur für die Jugendlichen geschaffen.

Während der Lehrzeit stehen die mediativen Fähigkeiten der BerufsausbildungsassistentInnen im Vordergrund. Unterstützende Tätigkeiten für die Jugendlichen sowie die Intervention bei Krisen und Kommunikationsproblemen sind die Einsatzfelder. Absolvieren Jugendliche ihre Lehre in einer Ausbildungseinrichtung, gestaltet sich der Einsatz der BerufsausbildungsassistentInnen nicht derart aufwändig, da hier ohnehin SozialpädagogInnen vor Ort sind, die Sensibilisierung und Krisenintervention übernehmen. Auch ein kontinuierlicher Kontakt mit den Eltern der Jugendlichen wird während der Lehrzeit gepflegt.

Während der Berufsschulzeit stehen BerufsausbildungsassistentInnen vor allem organisatorisch zur Seite - etwa, wenn Lernunterstützung bzw. Nachhilfe geregelt werden muss. Zudem bereiten sie bei der Form der Teillehre die Lehrabschlussprüfung vor.

3.3.2 Wechselverhalten

208 Jugendliche aus den 1.960 erfassten, diesbezüglich auswertbaren Datensätzen (10,6%) haben einen Wechsel im Lehrverhältnis vollzogen, z.B. den Lehrbetrieb oder den Beruf gewechselt.

72 Jugendliche (3,8%) waren auch von Trägerwechsel betroffen. 10 Personen wechselten von Jugend am Werk für BSB zum Hilfswerk. 9 von Jugend am Werk für AMS zu Jugend am Werk für BSB, 2 umgekehrt von BSB zu AMS. Zwei Jugendliche wurden auch von Jugend am Werk für AMS an das Hilfswerk abgegeben, 48 davor von Jugend am Werk für AMS an Ibis Acam.

In weiteren 13,9% der Fälle (273 Personen) kommt es auch zu Wechselverhalten bezüglich der Ausbildungsform. Diese können sowohl "Aufstufungen/ Upgrading" - etwa von der verlängerten Lehre in die reguläre Form (24,9% der Wechsel) als auch"Abstufungen/ Downgrading" - etwa von der verlängerten Lehre in die Teilqualifikation(75,1% der Wechsel) umfassen.

Upgrading (68 Personen; 24,9% aus 273 Formwechsel):

  • von der IBA in die reguläre Lehre: 65 Personen; 23,8% aller Formwechsel; 95,6% des Upgradings

  • von der Teillehre in die verlängerte Lehre: 3 Personen; 1,1% aller Formwechsel; 4,4% des Upgradings

Aufstufungen sind selten und kommen meist dann zum Tragen, wenn der ergriffene Lehrberuf nicht der "richtige" war und durch den Wechsel in einen neuen Beruf die Fähigkeiten des Lehrlings nun besser zum Tragen kommen.

Downgrading (205 Personen; 75,1% aus 273 Formwechsel):

  • von der regulären Lehre in die IBA, meist in die verlängerte Lehrform: 150 Personen, 54,9% aller Formwechsel; 76,8% des Downgradings

  • von der verlängerten Lehre in die Teilqualifikation: 55 Personen; 20,1% aller Formwechsel; 28,2% des Downgradings

Abstufungen erfolgen häufiger, wenn der Lehrling die Anforderungen der ursprünglichen Lehrform auch mit Unterstützung nicht erfüllen konnte. Um die Jugendlichen nicht durch laufende Überforderung zu demotivieren, stellt die Möglichkeit des flexiblen Downgradings durchaus eine Notwendigkeit dar.

Abbildung 3-5: Formwechselverhalten der IBA-Lehrlinge in OÖ (n=273)

3.4 Ausbildungserfolge

Wie aus Abbildung 3-6 ersichtlich, werden von den gesamt erfassten 1.979 Jugendlichen zum Stichtag 31. Juli 2008 1.069 als "laufend" (54,0%) erfasst. 224 Jugendliche (11,3%) haben bislang die Ausbildung abgeschlossen, 522 (26,4%) haben die IBA abgebrochen, werden teilweise aber intensiv nachbetreut. Die verbleibenden 164 Jugendlichen sind durch Wechsel im Lehrverhältnis oder dem BAS-Träger und den dadurch bedingten unterschiedlichen Stati nicht exakt zuordenbar, werden aber eher den laufenden Betreuungsverhältnissen zugerechnet werden müssen.

Grundsätzlich besteht für IBA-Lehrlinge in der Form der verlängerten Lehre Berufsschulpflicht, Personen in der Teillehre-Form haben nach Maßgabe der festgelegten Ausbildungsinhalte die Pflicht bzw. das Recht zum Berufsschulbesuch. Die IBA-Lehrlinge sind dabei in den regulären Unterricht integriert und verbringen gleich viel Zeit in der Berufsschule wie reguläre Lehrlinge, Befreiungen von einzelnen Gegenständen sind aber möglich. Darüber hinaus können gegebenenfalls BegleitlehrerInnen eingesetzt werden. (BMWA, 2006, S. 67-82)

Aus den explorativen Gesprächen zeigt sich, dass in OÖ durchaus viel Spielraum der Berufsschulen gegeben ist, so wurden in einzelnen Berufsschulen aufgrund einer plötzlichen "Flut" an IBA-Lehrlingen eigene Klassen eingerichtet.

Abbildung 3-6: Stati der erfassten Jugendlichen 2003 bis Juli 2008 (n=1.979)

734 in Oberösterreich betreute Jugendliche haben die Berufsschule besucht, 625 davon (85,1%) haben die Berufsschule bzw. die bislang besuchten Berufsschuljahre positiv abgeschlossen. Insgesamt wurden 1.200 Berufsschuljahre von diesen 734 IBA-Lehrlingen absolviert, knapp 1.100 Jahre davon positiv abgeschlossen.

Abbildung 3-7: Berufsschulerfolg der IBA-Lehrlinge in OÖ (n=734)

3.4.1 AbschließerInnen

Die 224 zum Stichtag 31. Juli 2008 erfassten AbschließerInnen teilen sich in 215 Personen, die eine Abschlussprüfung positiv abgelegt haben und 9 Personen, die aufgrund einer zu kurzen Lehrzeit keine vollwertige Lehr- oder Teilabschlussprüfung absolvieren konnten, jedoch trotzdem ihre Ausbildung abgeschlossen haben.

Die Geschlechterverteilung zeigt einen Anteil von 53,1% männlichen und 48,9% weiblichen Lehrlingen, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Es zeigt sich also im Vergleich mit der Gesamtdatenbank eine Tendenz zugunsten der weiblichen Jugendlichen.

Bezüglich der regionalen Verteilung der AbschließerInnen zeigt sich, dass wie in der Gesamtdatenbank die Wohnbezirke Vöcklabruck und Linz-Land auch unter den AbschließerInnen am häufigsten vorkommen. Linz-Stadt hat einen vergleichsweise unterrepräsentativen Anteil an AbschließerInnen vorzuweisen, in Wels, Steyr, Gmundenund Kirchdorf zeigt sich ein deutlich überdurchschnittlicher AbschließerInnenanteil.

Tabelle 3-2: Wohnbezirk der AbschließerInnen im Vergleich; Anmerkung: Rundungen

 

Gesamtdatenbank

 

AbschließerInnen

 

Wohnbezirk

Absolut

Prozentuell

Absolut

Prozentuell

Linz-Land

242

12,3

32

14,3

Vöcklabruck

242

12,3

36

16,1

Linz

221

11,0

17

7,6

Wels

178

9,1

24

10,7

Steyr

162

8,3

23

10,3

Gmunden

139

7,1

24

10,7

Braunau

119

6,1

15

6,7

Schärding

88

4,5

7

3,1

Grieskirchen

65

3,3

6

2,7

Kirchdorf

63

3,2

17

7,6

Ried im Innkreis

59

3,0

1

0,4

Freistadt

58

3,0

1

0,4

Perg

57

2,9

5

2,2

Urfahr-Umgebung

33

2,0

5

2,2

Niederösterreich

23

1,2

1

0,4

Rohrbach

21

1,1

1

0,4

Eferding

20

1,0

4

1,8

Wels-Land

15

0,8

2

0,9

Steyr-Land

10

1,0

2

0,9

Keine Angabe

149

7,6

1

0,4

Summe

1.964

100,0

224

100,0

Die Zuordnung laut BAG zeigt die Tendenz auf, dass Jugendliche mit der Einstufung Ziffer 1 (Sonderschule) und Ziffer 3 (Behinderung) stärker unter den AbschließerInnen vertreten sind. Unter den AbschließerInnen liegt der Anteil der in Ziffer 1 Eingestuften bei 47,7% im Vergleich zu 40,9% in der Gesamtdatenbank. Wiederum sind hierbei Mehrfachnennungen zu bedenken, 11 AbschließerInnen wurden doppelt eingestuft.

Ähnlich bei den in Ziffer 3 eingeordneten Jugendlichen: Diese haben eine um 65,2% höhere Repräsentanz unter den AbschließerInnen als in der Gesamtdatenbank. Aufgrund der niedrigen Fallzahl von 9 AbschließerInnen in der Einstufung Ziffer 3 kann dieser Befund aber nur unter Vorbehalt bestehen. Im Gegenzug sind Ziffer-2- Jugendliche (negativer Pflichtschulabschluss) und Ziffer-4-Lehrlinge (Vermittlungshemmnisse) unter den AbschließerInnen unterrepräsentiert.

Tabelle 3-3: BAG-Einstufung der AbschließerInnen im Vergleich; Anmerkung: Rundungen

 

Gesamtdatenbank

 

AbschließerInnen

 

BAG-Einstufung

Absolut

Prozentuell

Absolut

Prozentuell

Ziffer 1 - Sonderschule

839

40,9

112

47,6

Ziffer 2 - negativer Pflichtschulabschluss

343

16,7

36

15,3

Ziffer 3 - Behinderung

47

2,3

9

3,8

Ziffer 4 - Vermittlungshemmnisse

753

36,7

76

32,3

keine Angabe

69

3,4

2

0,9

Summe

2.051

100,0

235

100,0

Genau im Trend der Gesamtdatenbank liegt hingegen die Verteilung der AbschließerInnen bezüglich der Form der IBA: 44,6% (im Vergleich zu 43,0% in der Gesamtdatenbank) absolvierten eine Teillehre, 53,6% eine verlängerte Lehre (53,4% in der Gesamtdatenbank).

Die Dauer der Betreuung durch die Berufsausbildungsassistenz variiert zwischen 28 Tagen und 4 Jahren bei den AbschließerInnen, im Durchschnitt beträgt sie etwas mehr als 2 Jahre (854 Tage).

Einen Wechsel im Lehrverhältnis (Wechsel des Betriebs oder des Lehrberufs) haben 42 der 224 Personen (18,8%) vorgenommen. Aus dem Vergleichswert von 10,6% derartigen Wechselverhaltens in der Gesamtdatenbank lässt sich ableiten, dass Betriebs- und Berufswechsel sich sehr wohl positiv auf die Abschlusswahrscheinlichkeit auswirken.

Auch bezüglich der Form der Lehre kam es zu Wechselverhalten. 7 Personen wurden von der IBA in eine reguläre Lehre aufgestuft, 28 größtenteils von der regulären Lehre in die IBA (20 Personen) bzw. innerhalb der IBA von einer verlängerten Lehre in die Teilqualifikation (8 Personen) abgestuft. Diese Inanspruchnahme von Formwechseln bei 15,6% der AbschließerInnen (in der Gesamtdatenbank wechselten 13,9% die Form) begünstigt ebenfalls den Abschluss, da durch die Flexibilität die passende Form für jede/n Jugendliche/n gefunden werden kann.

114 der 224 Jugendlichen haben die Berufsschule besucht und insgesamt 251 Berufsschuljahre absolviert. 104 Jugendliche konnten die Berufsschule positiv abschließen (91,2% der gesamt 114 BerufsschülerInnen).

Drei AbschließerInnen (1,3%) haben auch einen Trägerwechsel vollzogen, zwei Jugendliche wechselten in der der Betreuung von Jugend am Werk für AMS zu Jugend am Werk für BSB, ein/e Jugendliche/r von Jugend am Werk für BSB zum Hilfswerk für Land OÖ. Im Vergleich zu den 3,8% TrägerwechslerInnen in der Gesamtdatenbank zeigt sich die Tendenz, dass AbschließerInnen weniger häufig von Trägerwechseln betroffen sind, eine konstante Betreuung sich also positiv auf die Abschlusswahrscheinlichkeit auswirkt.

3.4.2 AbbrecherInnen

Abbrüche finden meistens bereits während der Probezeit statt und betreffen österreichweit etwa 17% der IBA-Lehrlinge. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von zu hohen Anforderungen über Probleme mit dem Lehralltag/ Tagesablauf, Nicht- Gefallen des Berufs, unzureichenden betrieblichen Bedingungen für die IBA bis hin zu unüberwindbaren Konflikten zwischen Jugendlichen und dem Betrieb. (BMWA, 2006, S. 27)

Die für Oberösterreich aus den Datenbankauszügen abgeleiteten 522 AbbrecherInnen (26,4%) umfassen neben klassischen AbbrecherInnen auch jene Jugendlichen,die in eine weitere Maßnahme vermittelt werden oder out of labourforce (z.B. aufgrundeiner Schwangerschaft) gehen. Sie stellen somit eine "strenge" Messzahl der AbbrecherInnendar und erfassen jede Person, die aus der IBA ohne Abschluss ausscheidet.

Verglichen mit allen Auflösungen von Lehrverhältnissen in Oberösterreich im Zeitraum 2004 bis 2008 zeigt sich, dass unabhängig von der Lehrform (regulär oder IBA) 10,7% der Lehrlinge ihre Ausbildung abbrechen. (WKO, 2009) Für die IBA kann jedoch festgehalten werden, dass der Großteil der IBA-AbbrecherInnen in neue Maßnahmen vermittelt wird, der "klassische Dropout" somit deutlich geringer anzusetzen ist. Eine Berechnung des klassischen Dropout ist leider nicht zulässig, da die Datenbankauszüge der Trägerorganisationen eine zu heterogene Informationsqualität aufweisen.

Die Abbruchgründe werden von den Trägern der Berufsausbildungsassistenz unterschiedlich detailliert in den Datenbanken angegeben, vielfach wird nur die auflösende Seite (Jugendliche/r, Lehrbetrieb/ Ausbildungseinrichtung oder sonstiger Ausschluss) oder die "Qualität" der Auflösung (einvernehmlich, Probezeit) festgehalten.

Der Abbruch erfolgt in etwa der Hälfte der Fälle in der Probezeit und/ oder einvernehmlich. Gut 30% der Abbrüche werden von den Jugendlichen selbst vorgenommen. 17,8% der Auflösungen des Lehrverhältnisses gingen vom Lehrbetrieb aus, in 3,6% der Fälle wurden Jugendliche aus der IBA ausgeschlossen, etwa, weil sie nicht der Zielgruppe entsprachen oder nicht beschulbar waren.

Aus den 522 Datensätzen der AbbrecherInnen konnten 254 vertiefend ausgewertet werden. Den häufigsten Auflösungsgrund stellt die Nichteinhaltung von Rahmenbedingungen dar, etwa das unentschuldigte Fernbleiben vom Arbeitsplatz.

Aber auch persönliche Gründe, die von gesundheitlichen Gründen, Mutterschutz, Übersiedelung bis hin zur finanziellen Notwendigkeit, sofort ausreichend Geld zu verdienen reichen, kommen bei gut einem Fünftel der AbbrecherInnen zum Tragen. Mangelndes Interesse an der Ausbildung ist ebenfalls ein persönlicher Abbruchgrund, kommt aber eher selten (etwa 5% der Abbrüche) vor.

Tabelle 3-4: Detaillierte Abbruchgründe (n=254)

Abbruchgrund

Absolut

Prozentuell

Nichteinhaltung von Rahmenbedingungen

104

40,9

Persönliche Gründe

52

20,5

Andere Maßnahme

39

15,4

Hilfstätigkeit, Stellensuche

33

13,0

Betrieb ungeeignet oder geschlossen

15

5,9

Überforderung, Anforderungen des Betriebs nicht erfüllt

11

4,3

Summe

254

100,0

Die Vermittlung der Jugendlichen in eine andere bzw. weitere Maßnahme, etwa in einen JASG-Lehrgang, erklärt gut 15% der Abbrüche, weitere 13% der AbbrecherInnen treten eine unqualifizierte Hilfstätigkeit an oder bemühen sich um eine solche.

In knapp 6% der Fälle kam der Abbruch auch zustande, da der Betrieb sich für die IBA-Lehre als nicht geeignet herausgestellt hat oder der Betrieb geschlossen, das Gewerbe zurückgelegt wurde.

Überforderung bzw. das Nicht-Erfüllen der Anforderungen des Betriebs ist in gut 4% der Fälle ausschlaggebend, das Ausbildungsverhältnis aufzulösen.

Auch systemimmanente Faktoren, die einen Abbruch begünstigen, wurden anhand der Datenbankauszüge untersucht. Dazu wurden die Auffälligkeiten in den einzelnen Auswertkategorien aus den drei Datensätzen zu AbschließerInnen, AbbrecherInnen und insgesamt analysiert und festgehalten.

Nach dem soziodemografischen Merkmal Geschlecht sowie der Form der IBA zeigen sich keine Auffälligkeiten gegenüber der Gesamtdatenbank. Nach dem Wohnort ausgewertet wird sichtbar, dass in Wels und Braunau ansässige IBA-Lehrlinge deutlich öfter einen Abbruch vornehmen als sie in der Gesamtdatenbank vertreten sind.

Die "durchhaltestärksten" Lehrlinge sind jene, die laut BAG nach Ziffer 3 eingestuft sind (Behinderung), sie umfassen lediglich 0,2% der AbbrecherInnen (1 Person, geringe Fallzahl ist aber zu bedenken). Den höchsten Anteil an den AbbrecherInnen machen Ziffer-1-Jugendliche (Sonderschule) mit 39,1% (213 Personen) aus, gefolgt von Ziffer-4-Jugendlichen (Vermittlungshemmnisse) mit 35,4% (193 Personen) und Ziffer-2-Jugendlichen (negativer Pflichtschulabschluss) mit 22,9% (125 Personen).

Die Betreuungsdauer durch die BerufsausbildungsassistentInnen variiert bei den AbbrecherInnen zwischen 4 Tagen und 3,4 Jahren, im Durchschnitt ein dreiviertel Jahr.

Der Einfluss des Wechselverhaltens auf den Abbruch der IBA gestaltet sich wie folgt:

  • 5,0% der AbbrecherInnen haben Lehrbetrieb oder Lehrberuf gewechselt, dieser Wert liegt deutlich unter dem Gesamtdurchschnitt und insbesondere weit unter jenem der AbschließerInnen.

  • Auch ein Wechsel in der IBA-Form wurde nur von 4,8% der Jugendlichen in Anspruch genommen, während dies 15,6% der AbschließerInnen und 13,9% aller BAS-betreuten Jugendlichen tun.

  • Trägerwechsel wirken sich hingegen nicht messbar aus, hier liegt der Anteil der von derartigen Wechseln Betroffenen bei den AbbrecherInnen bei 1,1% und bei den AbschließerInnen bei 1,3%. Am stärksten betroffen sind hier ohnedies die laufend betreuten Lehrlinge.

94 der 522 AbbrecherInnen haben die Berufsschule besucht, 60 davon haben die letztbesuchte Klasse positiv abgeschlossen. Hier zeigt sich neben dem deutlich zurückhaltenden Wechselverhalten ein zweiter, einflussreicher Faktor, der einen Abbruch begünstigt - das Ausbleiben des Schulerfolgs. Während in der Gesamtdatenbank 85,1% der BerufsschülerInnen die letztbesuchte Klasse positiv abschließen konnten, sind es bei den AbschließerInnen 91,2%, bei den AbbrecherInnen lediglich 63,8%.

3.5 Vermittlungserfolg und Nachhaltigkeit

Zur Beurteilung der Nachhaltigkeit und Effizienz der IBA-Lehre wurde für diese Evaluation auch ein datenanalytisches Modul eingesetzt. Soziodemographische Daten und Informationen über die Erwerbskarrieren der TeilnehmerInnen nach den Maßnahmen sollen diesbezüglich Auskunft geben. Es wurden daher die Daten der 224 AbschließerInnen zum Stichtag 31.7.2008 nach ihrer Beschäftigungssituation anhand der AMSBG-Datenbank analysiert. Zur vergleichenden Kontrolle wurden auch die Beschäftigungsstati der AbbrecherInnen[8] abgefragt. Damit die Bezugsbasis der AbschließerInnen erhöht und genauere Ableitungen getroffen werden können, hat das IBE auch die AbschließerInnen im Zeitraum 31.7.2008 bis 1.1.2009 in die Betrachtung mit aufgenommen. Somit wurden die Beschäftigungsstati von 287 AbschließerInnen (Stichtag 31.7.2008 plus weitere AbschließerInnen im Jahr 2008) und 522 AbbrecherInnen (Stichtag 31.7.2008) abgefragt. Von den insgesamt 809 an die AMSBG gesandten Datensätzen konnten 758 (280 AbschließerInnen und 478 AbbrecherInnen) retourniert werden. Sie bilden zusätzliche Informationen bezüglich Beschäftigungsund Arbeitslosentagen sowie durchschnittlicher Bemessungsgrundlagen ab. Die nicht retournierten 51 Datensätze kamen durch fehlende bzw. ungültige Sozialversicherungsnummern zustande. Alle - in der Folge analysierten - anonymisierten Daten wurden von der AMSBG am 1. April 2009 abgefragt und am 6. April 2009 dem IBE zur Verfügung gestellt.

3.5.1 Soziodemographische Merkmale

Die Datensätze der TeilnehmerInnen beginnen mit dem 25. September 2003 als erstes Eintrittsdatum in diese Maßnahme und enden mit 16. Juni 2008 als letztes Eintrittsdatum. Das letzte Austrittsdatum ist datiert mit 11. Februar 2009. Das heißt, dass alle in der Datei erfassten 758 TeilnehmerInnen die Maßnahme bereits beendet haben.

Die zu analysierenden Datensätze beinhalten Informationen hinsichtlich

  • Geschlecht

  • Alter

  • Höchste abgeschlossene Ausbildung

  • Nationalität

  • Familienstand

Geschlecht

60% bzw. 443 von 736 Personen sind Frauen, 40% der TeilnehmerInnen sind Männer. Für 22 Personen wurde das Geschlecht nicht erhoben.

Alter

Das Durchschnittsalter bei Eintritt in die IBA beträgt 16 Jahre und 11 Monate. Der Median beträgt 16 Jahre und 7 Monate - das heißt, dass 50% der TeilnehmerInnen bei Maßnahmeneintritt jünger als 16 Jahre und 7 Monate sind und 50% älter. Ein signifikanter geschlechtsspezifischer Unterschied ist hinsichtlich des Eintrittsalters nicht festzustellen.

Abbildung 3-8: Altersverteilung bei Maßnahmenbeginn nach Geschlecht

Höchste abgeschlossene Ausbildung

Bei 733 der 758 TeilnehmerInnen war die höchste abgeschlossene Ausbildung verfügbar. Die höchste abgeschlossene Ausbildung ist für den Zeitpunkt des letzten AMS-Kontakts der TeilnehmerInnen erfasst. Es ist davon auszugehen, dass ein Teil der TeilnehmerInnen nach Lehrabschluss von den Lehrbetrieben übernommen wurden, daher in keinen Kontakt mehr mit dem AMS traten und folglich auch keine Aktualisierung ihres Bildungsstandes in der AMS-Datenbank erfuhren. Es kann daher angenommen werden, dass das tatsächliche Bildungsniveau der MaßnahmenteilnehmerInnen zum Zeitpunkt der Datenbankabfrage (1. April 2009) höher ist, als in der Folge dargestellt wird.

121 Personen (17%) verfügen über einen Lehrabschluss. 67% bzw. 492 Personen absolvierten erfolgreich die Pflichtschule und 16% bzw. 118 Personen verfügen über keinen Pflichtschulabschluss.

Ein geschlechtsspezifischer Unterschied hinsichtlich des Ausbildungsniveaus ist nicht zu erkennen.

Je älter die ehemaligen IBA-TeilnehmerInnen sind, umso häufiger verfügen sie über einen Lehrabschluss und umso seltener über keine abgeschlossene Pflichtschule.

Nationalität

86% bzw. 655 Personen der MaßnahmenteilnehmerInnen verfügen über die österreichische Staatsbürgerschaft. 29 Personen stammen aus dem ehemaligen Jugoslawien, 26 Personen sind türkische StaatsbürgerInnen. Die restlichen 48 TeilnehmerInnen verfügen über Staatsbürgerschaften aus allen Teilen der Welt.

Ein geschlechtsspezifischer Unterschied hinsichtlich der Staatsbürgerschaft ist nicht zu erkennen. Jugendliche, die zu Maßnahmenbeginn bereits über 18 Jahre alt waren, verfügen zum Zeitpunkt der Datenabfrage (1.4.2009) signifikant seltener über eine nichtösterreichische Staatsbürgerschaft (7% von n=120), als Jugendliche, die zu diesem Zeitpunkt unter 18 Jahre alt waren (15% von n=638):

  • Ältere Jugendliche mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft finden besonders schwierig Eingang in die IBA-Maßnahme.

Abbildung 3-9: Altersverteilung nach Staatsangehörigkeit

Familienstand

Der für jede/n MaßnahmenteilnehmerIn zur Verfügung stehende Familienstand gilt für den Zeitpunkt des letzten AMS-Kontakts. Demnach sind 674 Personen (93%) ledig, 29 (4%) in Lebensgemeinschaft, 21 verheiratet (3%) und 2 Personen sind geschieden (0,3%).

Aufgrund des geringen Anteils nichtlediger TeilnehmerInnen (52 Personen bzw. 7%) erscheinen tiefer gehende Analysen hinsichtlich des Familienstandes statistisch nicht sinnvoll.

3.5.2 Maßnahmenrelevante Merkmale

Die zu analysierenden anonymisierten Datensätze beinhalten folgende maßnahmenrelevante Informationen:

  • Zuständige AMS-Regionalstelle

  • Abbruch[9] ja/ nein

  • Maßnahmenbeginn und -ende

  • Maßnahmendauer

Zuständige AMS-Regionalstelle

107 (15%) der TeilnehmerInnen sind der AMS-Regionalstelle Vöcklabruck zugeteilt. Die Verteilung der Zuteilungen zu den AMS-Regionalstellen ist aus untenstehender Abbildung zu ersehen.

Abbildung 3-10: Zuständige AMS-Regionalstelle

Hinsichtlich Geschlecht und Alter lassen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den AMS-Regionalstellen erkennen.

Der Anteil jener Jugendlichen, die über keinen Pflichtschulabschluss verfügen, erscheint in Wels (n=102) mit 34% besonders hoch. Am niedrigsten ist dieser Anteil in den Regionalstellen Linz (n=87) und Traun/ Enns (n=102), wo lediglich 6% bzw. 7% über keinen Pflichtschulabschluss verfügen.

Auch der Anteil an Jugendlichen, die über keine österreichische Staatsbürgerschaft verfügen, unterscheidet sich zwischen den AMS-Regionalstellen erheblich: Während in Linz (n=87) der Anteil an Nicht-ÖsterreicherInnen lediglich 3% beträgt, ist in Wels und in Traun/ Enns (n= je 102) ein Vielfaches dieses Anteils (17% bzw. 18%) zu erkennen.

Abbildung 3-11: AMS-Regionalstellen nach Staatsangehörigkeit

Eine Frage die sich stellt, ist, warum gerade in Linz - einer Region mit überdurchschnittlichem MigrantInnenanteil - so wenige Jugendliche mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft einen Zugang zu IBA-Maßnahmen finden.

Abbruch ja/ nein

478 (63%) von 758 TeilnehmerInnen, die bislang die IBA durchlaufen haben, brachen die Ausbildung ab. Dieser Wert stellt jedoch keinen Indikator für den Erfolg der Maßnahme dar. Als AbbrecherInnen gelten nicht nur klassische Drop-Outs, sondern auch jene Personen, die in weitere Maßnahmen vermittelt wurden (JASG, Anlehre, reguläre Lehre) bzw. aus sonstigen Gründen die Maßnahme verließen (Lehrbetriebswechsel, Umzug in ein anderes Bundesland, Schwangerschaft, Konkurs/ Schließung des Betriebs). Die Abbruchgründe wurden bisher nicht erfasst. Wir wollen jedoch an dieser Stelle dazu anregen.

Insgesamt absolvierten mindestens 37% bzw. 280 Personen die Maßnahme erfolgreich.

  • In der Gruppe der AbsolventInnen zeigt sich ein signifikant höherer Frauenanteil (46% von n=263) als in der Gruppe der AbbrecherInnen (36% von n=473).

  • Die Wahrscheinlichkeit, dass die Maßnahme erfolgreich absolviert wird, erscheint bei Jugendlichen, die bei Maßnahmenbeginn über 17 Jahre alt sind, signifikant höher (44% von n=289) als bei Jugendlichen, die zu diesem Zeitpunkt das 17. Lebensjahr noch nicht erreicht haben (33% von n=469).

  • Die Chancen, die Maßnahme erfolgreich zu absolvieren, stehen in Gmunden/ Ischl/ Kirchdorf bzw. in Steyr (je 46% von n= je 84) signifikant besser als in den Regionalstellen des Innviertels (27% von n=94; siehe untenstehende Abbildung).

Abbildung 3-12: AbsolventInnenquoten nach AMS-Regionalstellen

Die Staatsangehörigkeit übt keinen Einfluss auf Absolventinnenquoten aus, wobei aufgrund niedriger Zellenbesetzungen lediglich zwischen österreichisch und nichtösterreichisch unterschieden werden konnte.

Maßnahmenbeginn und -ende

Es zeigt sich, dass der überwiegende Teil der Beobachtungsgruppe ihre Maßnahme in den Jahren 2004 bis 2007 begann und in den Jahren 2006 bis 2008 abschlossen (siehe Tabelle 3-5).

Tabelle 3-5: Jahr des Maßnahmenbeginns bzw. -endes

 

Häufigkeiten

 

Jahr

Maßnahmenbeginn

Maßnahmenende

2003

29

 

2004

140

62

2005

267

35

2006

188

200

2007

103

232

2008

31

228

2009

 

1

Ein geschlechts- oder altersspezifischer Unterschied hinsichtlich des Maßnahmenbeginn- bzw. des Maßnahmenendjahres ist nicht zu erkennen. Auch zeigen sich keine auffälligen Anteile von Jugendlichen mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft in den jeweiligen Jahrgängen. Lediglich bei den Abbruchquoten lassen sich Trends erkennen.

  • Während lediglich 48% aller Jugendlichen, die 2004 die Maßnahme begannen (n=140), vorzeitig abbrachen, stieg dieser Wert für die Beginnjahrgänge 2005 (n=267) und 2006 (n=188) auf 58% bzw. 65% an. Allerdings sei einschränkend erwähnt, dass sich einige TeilnehmerInnen des Jahrganges 2006 noch in der Maßnahme befinden können und daher die Abbruchquote von 65% noch sinken kann.

  • Umgekehrt verhält es sich bei den Jahrgängen des Maßnahmenendes: Während im Jahr 2006 noch 76% aller Jugendlichen (n=200), die die Maßnahme beendeten, AbbrecherInnen waren, sank dieser Wert in den Jahren 2007 (n=232) auf 60% und weiters 2008 (n=228) auf 42%. Es zeigt sich also ein signifikanter Trend in Richtung mehr regulärer Abschlüsse.

Maßnahmendauer

Die durchschnittliche Maßnahmendauer beträgt 1 Jahr und 4 Monate. Die Spannweite der Maßnahmendauer kann als hoch bezeichnet werden: Der kürzeste Aufenthalt in der Maßnahme beträgt 1 Tag, der längste dauerte 4 Jahre und 2 Tage lang. Der Median liegt genau bei 1 Jahr - das heißt, dass 50% der TeilnehmerInnen weniger als 1 Jahr Aufenthalt aufweisen und 50% mehr. Während AbbrecherInnen durchschnittlich lediglich 9 Monate in der Maßnahme verweilen, so dauert die Maßnahme bei regulärem Abschluss im Durchschnitt 2 Jahre 3 Monate und 3 Wochen. Bei Fokussierung der regulären IBA-Abschlüsse zeigen sich bei zwei Merkmalen deutliche Unterschiede:

  • Männliche Jugendliche (n=141) verweilen durchschnittlich für ihren regulären IBA-Abschluss signifikant länger (2 Jahre 4 Monate und 19 Tage) in der Maßnahme als Mädchen (n=121; 2 Jahre 1 Monat und 25 Tage).

  • Jugendliche, die bei Maßnahmenbeginn jünger als 16 Jahre alt waren und die IBA-Maßnahme regulär abschlossen (n=69), verweilten signifikant länger in der Maßnahme (2 Jahre 8 Monate 2 Wochen) als Jugendliche, die bei Maßnahmenantritt älter als 16 Jahre alt waren (n=211; 2 Jahre 2 Monate 5 Tage). Vermutlich üben Anrechnungen von Lehrzeiten vor der Maßnahme bei den älteren TeilnehmerInnen einen Einfluss auf deren kürzere Verweilzeiten aus.

Die Staatsbürgerschaft oder die zuständige AMS-Regionalstelle spielen hinsichtlich der Maßnahmendauer bei regulären Abschlüssen keine Rolle.

3.5.3 Beschäftigungsrelevante Merkmale

Die zu analysierenden anonymisierten Datensätze beinhalten folgende beschäftigungsrelevante Informationen:

  • Berufsgruppe

  • Beschäftigungsstatus[10]

  • Durchschnittliche tägliche Bemessungsgrundlage[11]

Berufsgruppe

Die AMSBG stellte für jede/n TeilnehmerIn den Berufscode laut Österreichischer Berufsgruppen Systematik (ÖBS) zur Verfügung. Dieser Berufscode wird vom AMS nicht historisiert erfasst. Das heißt, dass für diese Untersuchung die Berufe der TeilnehmerInnen zum Zeitpunkt des letzten AMS-Kontakts bereit stehen. Allerdings ist der Zeitpunkt, wann der Berufscode vom AMS erfasst wurde, dem AMSBG nicht bekannt: Dieser Zeitpunkt kann sowohl vor, während, als auch nach der Maßnahme gewesen sein.

Tabelle 3-6 zeigt, dass ein Drittel der MaßnahmenteilnehmerInnen (n=725) in der Berufsgruppe "Hilfsberufe/ Reinigung" zu finden ist. Ein Fünftel ist im Bereich "Handel", ein Siebtel "Bau/ Holz", jede/r Achte arbeitet in der Berufsgruppe "Metall/ Elektro" und jede/r Neunte im Bereich "Tourismus/ Lebensmittel".

  • Während 40% der Mädchen (n=291) im Handel tätig sind, findet man Burschen (n=434) im gleichen Ausmaß in den Berufsgruppen "Bau/ Holz" und "Metall/ Elektro". Beide sind zu ca. einem Drittel in "Hilfsberufen/ Reinigung" tätig.

  • Jugendliche mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft (n=79) finden sich signifikant häufiger in "Hilfsberufen/ Reinigung" (48%) als Jugendliche mit österreichischer Staatsbürgerschaft (31%; n=646).

  • Während 44% aller Jugendlichen, die dem Innviertel zuzuordnen sind (n=93), in "Hilfsberufen/ Reinigung" beschäftigt sind, betrifft dies die TeilnehmerInnen aus Steyr (n=84) nur zu 19%.

  • Während 2006 noch 46% aller Jugendlichen, die die Maßnahme verließen (n=195), in "Hilfsberufen/ Reinigung" landeten, konnte dieser Anteil 2008 mehr als halbiert werden (21%; n=214).

Ein Absolvieren der Maßnahme reduziert jedenfalls erheblich das Risiko, im Berufsbereich "Hilfsberufe/ Reinigung" tätig zu werden: Während lediglich 13% aller AbsolventInnen in dieser Sparte beschäftigt sind, finden sich 44% aller AbbrecherInnen in diesem Berufstyp.

Beschäftigungsstatus

Die AMSBG übermittelte dem IBE detaillierte Informationen zu der Anzahl der Tage, die sich die TeilnehmerInnen in den einzelnen vordefinierten Beschäftigungsstati nach der Maßnahme befanden.

Beschäftigungsstati liegen vor für:

  • "In Beschäftigung"[12]

  • "In Qualifizierung"[13]

  • "Arbeitslos"[14]

  • "Out of Labour Force"[15]

Die Anzahl der Tage für diese Beschäftigungsstati liegen vor für jede/n TeilnehmerIn der Maßnahme für die Beobachtungszeiträume

  • bis 3 Monate nach der Maßnahme (n=757)

  • 3 bis 6 Monate nach der Maßnahme (n=708)

  • 6 bis 12 Monate nach der Maßnahme (n=567)

  • 12 bis 24 Monate nach der Maßnahme (n=336)

In der Folge wurde die Anzahl der Tage, die sich die TeilnehmerInnen in den einzelnen Beschäftigungsstati befanden, für die einzelnen Beobachtungsperioden prozentuiert. In den folgenden Analysen bedeutet eine Arbeitslosenquote von 24%, dass beispielsweise 24% aller Tage der Periode "3 Monate nach der Maßnahme"[16] mit dem Beschäftigungsstatus "Arbeitslos" besetzt sind. Diese Berechnungsart erweist sich im Gegensatz zu Stichtagsdaten als treffsicherer, da sie nicht nur den Beschäftigungsstatus für einen einzelnen Stichtag wiedergibt, sondern auch die Beschäftigungsstati für die Zeiträume zwischen den Stichtagen.

Abbildung 3-13: Zeitreihe - Beschäftigungsstatus

Abbildung 3-13 zeigt, dass die Beschäftigungsquote 3 Monate nach der Maßnahme bei 50% liegt und im Laufe der 2 Jahre nach der Maßnahme stagniert bzw. zwischen 47% und 50% schwankt. Die Arbeitslosenquote, die von 24% - 3 Monate nach der Maßnahme - auf bis zu 17% absinkt, geht zu Lasten der Out of Labour Force-Quote, die in einem ähnlichen Ausmaß ansteigt - von 21% auf 29%.

Die vom AMS geförderten Qualifizierungsmaßnahmen schwanken in einem Bereich zwischen 5% und 8%.

Abbildung 3-14: Zeitreihe - Beschäftigungsstatus Abbruch vs. Absolvierung

Abbildung 3-14 zeigt, dass die Beschäftigungsquote der Absolventinnen 3 Monate nach der Maßnahme 69% beträgt, während AbbrecherInnen in diesem Zeitraum lediglich zu 38% beschäftigt sind. Auffallend erscheint, dass die Beschäftigungsquoten der AbbrecherInnen im Lauf des gesamten Beobachtungszeitraums von 2 Jahren ansteigen, während jene der AbsolventInnen abfallen. 2 Jahre nach der Maßnahme beträgt die Beschäftigungsquote der AbsolventInnen lediglich 5 %-Punkte mehr als die der AbbrecherInnen (54% vs. 49%).

  • Durch Absolvieren der Maßnahme erhöhen sich Beschäftigungschancen für die TeilnehmerInnen enorm. Während AbbrecherInnen 3 Monate nach der Maßnahme über Beschäftigungsquoten von durchschnittlich 38% verfügen, weisen AbsolventInnen diesbezügliche Quoten von 69% auf.

  • Der Maßnahmeneffekt reduziert sich im Verlauf des Beobachtungszeitraums. Je länger der Beobachtungszeitraum dauert, umso mehr nähern sich die Quoten der unterschiedlichen Arbeitsmarktstati an.

Diese Betrachtungsweise beinhaltet aber auch die ersten Monate des Jahres 2009, in denen gerade Jugendliche mit niedrigem Ausbildungsniveau besonders stark von der zunehmenden Arbeitslosigkeit betroffen waren. Aus diesem Grund wurden die Analysen für ein Beobachtungsende mit 1. Oktober 2008 (statt 1. Jänner 2009) durchgeführt, um Effekte der Finanzkrise auszuklammern.

Abbildung 3-15: Beschäftigungsstatus Abbruch vs. Absolvierung ohne Effekte der Finanzkrise

Die Ergebnisse zeigen ein äquivalentes Bild. Effekte der Finanzkrise und damit erhöhte Jugendarbeitslosigkeit zeigen sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht (siehe Abbildung3-15).

Welche sozidemographischen Merkmale der AbsolventInnen wirken auf diese Entwicklungen innerhalb des Beobachtungszeitraums?

Tabelle 3-7: Beschäftigungsquoten von AbsolventInnen nach soziodemographischen

 

Beschäftigungsquoten von AbsolventInnen

     

Ausprägungen

3 Monate nach der Maßnahme

6 Monate nach der Maßnahme

12 Monate nach der Maßnahme

24 Monate nach der Maßnahme

Nichtösterreichische Staatsbürgerschaft

80% (n=31)

81% (n=23)

89% (n=14)

(n=0)

unter 17 Jahre bei Maßnahmenbeginn

72% (n=154)

64% (n=126)

62% (n=82

73% (n=20)

männlich

70% (n=141)

55% (n=120)

64% (n=78)

64% (n=28)

Gesamt

69% (n=280)

60% (n=235)

62% (n=163)

54% (n=56)

Österreichische Staatsbürgerschaft

68% (n=249)

58% (n=212)

60% (n=149)

54% (n=56)

über 17 Jahre bei Maßnahmenbeginn

66% (n=126)

58% (n=109)

61% (n=81)

42% (n=36)

weiblich

66% (n=122)

63% (n=103)

59% (n=77)

47% (n=28)

  • Jugendliche mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft, die die Maßnahme erfolgreich absolvierten, weisen die höchsten Beschäftigungsquoten auf. Zu berücksichtigen sei an dieser Stelle, dass für diese Beobachtungsgruppe relativ niedrige Fallzahlen vorliegen.

  • Ein Abfall der Beschäftigungsquoten innerhalb des Beobachtungszeitraums von 2 Jahren nach Maßnahme ist bei weiblichen Teilnehmerinnen sowie bei AbsolventInnen, die zum Zeitpunkt des Maßnahmenbeginns jünger waren, zu erkennen (siehe Tabelle 3-7).

Durchschnittliche Bemessungsgrundlage

Die AMSBG stellte dem IBE auch die durchschnittlichen Bemessungsgrundlagen der MaßnahmenteilnehmerInnen für die Perioden

  • bis 3 Monate nach der Maßnahme (n=757)

  • 3 bis 6 Monate nach der Maßnahme (n=708)

  • 6 bis 12 Monate nach der Maßnahme (n=567)

  • 12 bis 24 Monate nach der Maßnahme (n=336) zur Verfügung.

Die Bemessungsgrundlagen dienen als Indikatoren für die fiskalischen Erträge der öffentlichen Hand. Sie determinieren einerseits die Rückflüsse an die Sozialversicherung und andererseits die direkten und indirekten Steuern der MaßnahmenteilnehmerInnen.

Während des Beobachtungszeitraumes (Maßnahmenbeginn bis 2 Jahre nach der Maßnahme) weisen einzelne TeilnehmerInnen Bemessungsgrundlagen von € 0 (z.B. aufgrund längerer Arbeitslosigkeits-Episoden). Auch diese Null-Euro-Bemessungsgrundlagen werden in die Mittelwert und Median-Berechnungen einbezogen, da so die wirtschaftliche Relevanz der Maßnahme für die öffentliche Hand plausibelisiert werden kann.

 

tägliche Bemessungsgrundlage inklusive Sonderzahlungen

Monatliches Bruttoeinkommen exklusive Sonderzahlungen

     

Mittelwert

Median

Mittelwert

Median

n=

 

3 Monate nach der Maßnahme

18 €

9 €

458 €

242 €

757

6 Monate nach der Maßnahme

18 €

11 €

457 €

295 €

708

12 Monate nach der Maßnahme

18 €

14 €

477 €

353 €

567

24 Monate nach der Maßnahme

18 €

14 €

459 €

369 €

336

Die Anzahl der Personen, die in die Analysen (siehe Tabelle 3-8) miteinbezogen werden, sinkt im Verlauf der Beobachtungsperioden, da für einige der TeilnehmerInnen die Maßnahme vor weniger als 12 beziehungsweise 24 Monaten endete.

Ab dem Maßnahmenende steigt das mittlere Einkommen innerhalb des Beobachtungszeitraums an. Tabelle 3-8 zeigt aber auch, dass die durchschnittliche Bemessungsgrundlage innerhalb des Beobachtungszeitraums nach der Maßnahme stagniert.

Eine Trennung zwischen AbbrecherInnen und AbsolventInnen zeigt jedoch unterschiedliche Entwicklungen (siehe Tabelle 3-9).

Tabelle 3-9: Zeitreihe - Einkommen nach der Maßnahme nach Abschluss/ Abbruch

 

tägliche Bemessungsgrundlage inklusive Sonderzahlungen

Monatliches Bruttoeinkommen exklusive Sonderzahlungen

       

AbsolventInnen

AbbrecherInnen

AbsolventInnen

AbbrecherInnen

nAbs.=

nAbb.=

 

3 Monate nach der Maßnahme

30 €

11 €

768 €

276 €

280

477

6 Monate nach der Maßnahme

30 €

12 €

774 €

300 €

235

473

12 Monate nach der Maßnahme

31 €

13 €

807 €

343 €

163

404

24 Monate nach der Maßnahme

27 €

16 €

708 €

409 €

56

280

Diese Darstellungsform der Bemessungsgrundlagen - unterschieden nach AbbrecherInnen und AbsolventInnen - relativiert die Ergebnisse der Analysen bezüglich der Beschäftigungsquoten: Im Laufe des Beobachtungszeitraums nähern sich die Beschäftigungsquoten der AbbrecherInnen zwar jenen der AbsolventInnen an, jedoch auf einem sehr unterschiedlichen Einkommensniveau. Während das durchschnittliche Monatsbruttoeinkommen der AbsolventInnen nicht unter € 700.- fällt, erreicht dieser Wert bei den AbbrecherInnen im Höchstfall € 409.-

  • Rückflüsse an die öffentliche Hand durch Sozialversicherungsbeiträge werden vor allem von AbsolventInnen geleistet.

3.5.4 Zusammenfassung/ Resümee aus den AMSBG-Befunden

  • Der überwiegende Teil der Beobachtungsgruppe begann ihre Maßnahme in den Jahren 2004 bis 2007 (92%) und schloss sie zwischen 2006 und 2008 (87%) ab. 50% der TeilnehmerInnen weisen weniger als 1 Jahr Aufenthalt in der Maßnahme auf und 50% mehr. AbsolventInnen verweilen durchschnittlich 2 Jahre und 3 Monate in der Maßnahme.

  • Jugendliche mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft, die zum Zeitpunkt des Maßnahmenbeginns über 18 Jahre alt sind, finden besonders schwierig Eingang in die IBA-Maßnahme.

  • Das Abbruchrisiko ist bei männlichen Jugendlichen signifikant höher als bei weiblichen Jugendlichen. Je jünger die Jugendlichen bei Maßnahmenbeginn sind, umso höher erscheint ihr Abbruchrisiko.

  • Das Abbruchrisiko sank in den letzten Jahren: Während 2006 noch 76% aller Maßnahmenbeendigungen aus Abbrüchen bestanden, sank dieser Wert 2008 auf 42%.

  • Das Absolvieren der Maßnahme vermindert das Risiko in der Berufsgruppe "Hilfsberufe/ Reinigung" beschäftigt zu sein, um mindestens das Dreifache.

  • Die Beschäftigungsquote innerhalb von 3 Monaten nach der Maßnahme erreichen bei AbsolventInnen 69% und bei AbbrecherInnen lediglich 38%. In der Folge sinken die Beschäftigungsquoten innerhalb 2 Jahre nach der Maßnahme bei AbsolventInnen auf 54% ab und steigen bei AbbrecherInnen auf 49% an. Dies kann darauf hinweisen, dass eine weitere Betreuung nach Abschluss der IBA durchaus den Erfolg nachhaltiger sichern könnte.

  • Analysen der Bemessungsgrundlagen zeigen, dass AbsolventInnen erheblich höhere Sozialversicherungsbeiträge leisten als AbbrecherInnen: Während das durchschnittliche Monatsbruttoeinkommen der AbsolventInnen innerhalb des Beobachtungszeitraums von 2 Jahren nach der Maßnahme nicht unter € 700.- fällt, erreicht dieser Wert bei den AbbrecherInnen im Höchstfall € 409.-

  • Die seit dem Jahreswechsel 2008/ 2009 erheblich steigenden Jugendarbeitslosigkeitsquoten üben auf die vorliegenden Analysen nachweislich noch keinen Einfluss aus.



[8] AbbrecherInnen umfassen Personen, die in weitere Maßnahmen vermittelt wurden (JASG, Anlehre, reguläre Lehre), sonstige Gründe (Lehrbetriebswechsel, Umzug in ein anderes Bundesland, Schwangerschaft, Konkurs/ Schließung des Betriebs), sowie klassische Abbrüche (Drop-Outs).

[9] AbbrecherInnen umfassen Personen, die in weitere Maßnahmen vermittelt wurden (JASG, Anlehre, reguläre Lehre), sonstige Gründe (Lehrbetriebswechsel, Umzug in ein anderes Bundesland, Schwangerschaft, Konkurs/ Schließung des Betriebs), sowie klassische Abbrüche (Drop-Outs).

[10] Anzahl der Tage der jeweiligen AMS-Beschäftigungsstati in 4 vordefinierten Perioden nach der Maßnahme.

[11] Die Bemessungsgrundlage ist das Bruttogehalt zuzüglich Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsgeld). Sie heißt Bemessungsgrundlage, da sie zur Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes dient. Die durchschnittlich tägliche Bemessungsgrundlage ist also jener Betrag, den eine Beobachtungsgruppe pro Tag durchschnittlich brutto verdient.

[12] beinhaltet geförderte, geringfügige und herkömmliche Beschäftigungsverhältnisse

[13] vom AMS geförderte Qualifizierungsmaßnahmen

[14] beinhaltet auch Arbeitssuchende

[15] Nicht-Erwerbspersonen, jedoch nicht arbeitslos, wie z.B. SchülerInnen, StudentInnen, Präsenz- bzw. Zivildiener, PensionistInnen, Betreuende von Angehörigen, Hausfrauen und -männer, dauerhaft Kranke oder Arbeitsunfähige

[16] 757 TeilnehmerInnen multipliziert mit 91 Tagen ergeben insgesamt 68.887 zur Verfügung stehende Tage für eine 3-monatige Periode. Wenn davon 16.533 Tage mit "AL" besetzt sind, so errechnet sich eine durchschnittliche Arbeitslosenquote von 24%.

4 Die BerufsausbildungsassistentInnen

"Es ist aber eine sehr strapaziöse Tätigkeit, der man einiges an Hygiene, sei es Psychohygiene oder sei es ein Freizeitausgleich, im gesunden Maße entgegen setzen muss, weil die Tätigkeit an verschiedenen Orten, mit verschiedensten Personen, zu verschiedensten Zeiten, ich denke da nur an Termine in der Früh und Termine bei Elternabenden um halb neun am Abend, mit verschiedenen Levels stattfindet. Also es ist eine äußerst große Wendigkeit gefragt, wo man dann Nischen finden muss, in denen man sich entrollen kann. Das ist ganz wichtig, sonst ist das eine Arbeit, die einen glaube ich vor lauter spannend und interessant zerreiben würde. (Zettel, 2005, S. 22; Auszug aus Interview BAAS2; Z. 235f)

Die Berufsausbildungsassistenz ist in alle Phasen der integrativen Berufsausbildung eingebunden und übernimmt die Koordination aller AkteurInnen im Ausbildungsprozess. Sie fungiert somit als Schnittstelle und leistet neben Unterstützungstätigkeiten (vor allem für Jugendliche und Betriebe) auch die Festlegung der Ziele der IBA, die organisatorische Abwicklung bei einem Ausbildungswechsel, die Organisation der Abschlussprüfung im Rahmen der Teilqualifizierung sowie laufende Dokumentation des IBA-Prozesses. (BMWA, 2006, S. 36)

BerufsausbildungsassistentInnen weisen langjährige Erfahrung in der Betreuung von Jugendlichen auf und verfügen mehrheitlich über einen psychologischen und/ oder pädagogischen (meist akademischen oder diplomierten) Ausbildungshintergrund. Die meisten verfügen darüber hinaus über einen wirtschaftlichen Erfahrungshintergrund. (BMWA, 2006, S. 36)

Fachlich verfügen die BerufsausbildungsassistentInnen über wirtschaftliche Grundkenntnisse, Kenntnis der sozialen und arbeitsmarktpolitischen Struktur des Bundeslandes, rechtliche Grundkenntnisse, Praxis in der Beratung und Betreuung sowie fundierte EDV-Kenntnisse. (styria integra, 2005, S. 15)

Persönliche Fähigkeiten und Fertigkeiten liegen im Bereich der Moderation, des Konfliktmanagements und der Kommunikation/ Präsentation, ferner auch in der Selbstreflexion, dem vernetzten Denken. Flexibilität, hohe Frustrationstoleranz, Belastbarkeit und hohe Lernbereitschaft sind weitere Anforderungen an BerufsausbildungsassistentInnen. (styria integra, 2005, S. 15)

Inwieweit diese Ergebnisse für Gesamtösterreich auch auf die BAS in OÖ zutreffen, wurde in 4 persönlichen Gesprächen mit den LeiterInnen der BASTrägereinrichtungen sowie der E-Mail-Befragung aller für OÖ seitens der Trägereinrichtungen nominierten BerufsausbildungsassistentInnen hinterfragt und vertiefende Aspekte erhoben.

4.1 Persönliche Befragung leitender BerufsausbildungsassistentInnen in OÖ

Die folgenden Erläuterungen zu Beruf und Herausforderungen der Berufsausbildungsassistenz beruhen auf qualitativen, leitfadengestützten Interviews mit den leitend zuständigen BerufsausbildungsassistentInnen der vier Maßnahmenträgereinrichtungen (Jugend am Werk für AMS, Jugend am Werk für BSB, Ibis Acam, Hilfswerk). Die Interviews fanden zu Anfang des Projekts im Zeitraum 4.9.2008 bis 30.9.2008 statt und dauerten im Durchschnitt 1,5 Stunden. Ziel war es, vertiefende Erkenntnisse zur Berufsausbildungsassistenz zu gewinnen. Die Inhalte wurden weitgehend im Evaluationsprozess weiterverwendet, etwa in der Entwicklung der E-Mail-Befragung aller BerufsausbildungsassistentInnen, aber auch in den Interviews mit Jugendlichen und dem Ergebnisworkshop.

Zentrales Element der integrativen Berufsausbildung (IBA) ist die Begleitung und das Coaching durch die Berufsausbildungsassistenz (BAS). Zielgruppe für diese Art der Ausbildung sind per Gesetzesdefinition Jugendliche, die das Arbeitsmarktservice nicht in ein reguläres Lehrverhältnis vermitteln konnte und die am Ende der Pflichtschule sonderpädagogischen Förderbedarf (SPF) hatten, keinen oder einen negativen Hauptschulabschluss haben, Jugendliche mit Behinderung im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes bzw. des Landesbehindertengesetzes oder Jugendliche mit sonstigen in ihrer Person liegenden Vermittlungshemmnissen.

In Oberösterreich wird diese Maßnahme von drei verschiedenen, wesentlichen Fördergebern - AMS OÖ, Bundessozialamt OÖ, Land OÖ - finanziert. Eine Tatsache, die von den hiesigen BerufsausbildungsassistentInnen auch als durchaus positiv bewertet wird, da es nur von Vorteil sein könne, wenn es für so viele verschiedene Instanzen tatsächlich ein Anliegen darstellt, benachteiligte Jugendliche nachhaltig in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren.

4.1.1 Die Tätigkeit als BerufsausbildungsassistentIn

In § 8b des Berufsausbildungsgesetzes wird die Tätigkeit der Berufsausbildungsassistenz unter anderem wie folgt beschrieben: "Die Berufsausbildungsassistenz hat im Zuge ihrer Unterstützungstätigkeit sozialpädagogische, psychologische und didaktische Probleme von Personen, die ihnen im Rahmen der integrativen Berufsausbildung anvertraut sind, mit Vertretern von Lehrbetrieben, besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtungen und Berufsschulen zu erörtern, um zur Lösung dieser Probleme beizutragen." (BMWA, 2006, S. 33)

Dementsprechend sehen die befragten BerufsausbildungsassistentInnen ihre Hauptaufgabe darin, "ihre" Jugendlichen so zu unterstützen, dass sie Fortschritte in der Ausbildung machen. Dazu gehört sowohl Unterstützung in der Lebenspraxis und in der persönlichen Weiterentwicklung, wie eben speziell auch Unterstützung im schulischen Bereich. Man fühlt sich dafür verantwortlich, die schulische Leistung/ Qualität des Lehrlings zu garantieren, auch wenn die verschiedenen Träger der BAS - zwei Abteilungen von Jugend am Werk, Hilfswerk OÖ, Ibis Acam - bis zu einem gewissen Grad die Bedeutung von den unterschiedlichen Prozessbeteiligten, wie etwa der Schule oder dem Ausbildungsbetrieb, unterschiedlich betonen.

Gleichzeitig haben die BerufsausbildungsassistentInnen 7 bis 8 KundInnengruppen, wie es ein Berufsausbildungsassistent ausdrückt, zu "servicieren", weshalb die BAS als Koordinationsstelle einen klaren Dienstleistungscharakter aufweist. Zu diesen Dienstleistungen gehört auch als zentrales Element, dass die verschiedenen AkteurInnen bzw. KundInnen sensibilisiert werden. Damit ist vor allem gemeint, dass es zu einem genauen Abgleich zwischen den Fähigkeiten des Jugendlichen und den Erwartungen aller Beteiligten kommt. Speziell Eltern wie auch UnternehmerInnen haben zu Beginn oft zu optimistische, teilweise euphorische Erwartungshaltungen, die nicht den realen Möglichkeiten entsprechen.

Am Anfang der Betreuung steht die Abklärung der Situation des Jugendlichen: Welche Voraussetzungen liegen vor? Welche Interessen hat die/ der Jugendliche? Wie kann diesen Interessen nachgekommen werden? Diese Fragen werden in der Sozialanamnese, der Potenzial-Analyse und den Berufswunscherhebungen geklärt. Dies erfolgt meist parallel zu den im Folgenden beschriebenen administrativen Tätigkeiten.

Konnte eine Lehrstelle gefunden werden, ist die Rechtsgrundlage erfüllt und die BAS kommt zur Anwendung. Anfangs erfolgt eine Reihe vorwiegend administrativer Tätigkeiten, etwa den Lehrvertrag aufzusetzen und an die Wirtschaftskammer zu übermitteln, die Meldung an die Berufsschule, das Organisieren von Förder- und Unterstützungsmaßnahmen.

Sobald die IBA "läuft", erhält die Tätigkeit der BerufsausbildungsassistentInnen einen gewissen Controlling-Charakter: die periodische Überprüfung, wo die Jugendlichen im Hinblick auf ihre Ziele stehen, die Beobachtung der Berufsschulergebnisse, Arbeitsreflexionen und die Beurteilung, ob die Ausbildungsform (noch) adäquat ist, zählen neben der Intervention in Krisensituationen zu den Haupttätigkeiten. Je nach Notwendigkeit im Einzelfall kann diese Phase sehr zeitaufwändig, aber auch weniger betreuungsintensiv sein.

Gegen Ende der IBA werden wiederum formelle Tätigkeiten (Organisieren von Teilabschlussprüfungen, Prüfungsanmeldungen etc.) notwendig. Daneben nimmt auch die Organisation der Vorbereitung der Lehrlinge auf die Prüfung einen großen Raum ein, etwa die Koordination von FörderlehrerInnen.

Eine Nachbetreuung ist grundsätzlich nicht vorgesehen, je nach Träger sind Beratungen über den weiteren beruflichen Werdegang im Ausmaß von bis zu 14 Arbeitstagen möglich. Der übliche Weg ist jedoch der Verweis an andere Stellen, z.B. die AMSBeratung, da für die Nachbetreuung durch die BAS keine rechtliche Grundlage definiert ist.

Die konkrete Ausgestaltung der Tätigkeit als BerufsausbildungsassistentIn variiert je nach Ausbildungsort der IBA-Lehrlinge (in Ausbildungseinrichtungen sind auch SozialpädagogInnen der Einrichtung selbst für die Jugendlichen verfügbar, was die Intensität der Betreuung abschwächen kann), nach der jeweilig durchlaufenen Phase des Ausbildungsverhältnisses (die Einstiegsphase ist am intensivsten, dann kann die Betreuung abflauen und sich bei speziellen Ereignissen z.B. der Prüfungsvorbereitung wieder stark steigern) sowie nach bestimmten life-events der Jugendlichen (z.B.: Trennung der Eltern, Drogenproblematik, Straffälligkeit).

4.1.2 Anforderungen an BerufsausbildungsassistentInnen

Grundsätzlich ist der Beruf der/ des BerufsausbildungsassistentIn sehr anspruchsvoll, wobei auch viele persönliche Freiheiten und Entwicklungsmöglichkeiten geboten werden. Dementsprechend zeigen sich alle vier Befragten überaus zufrieden mit ihrem Job und der Eindruck wurde vermittelt, dass es sich um eine nachhaltig gesicherte, wie ansetzende und deshalb auch erfüllende, Arbeit handelt. Insofern gehört es auch zu den Grundvoraussetzungen einer/ eines BerufsausbildungsassistentIn, dass "einem Jugendliche ein wirkliches Anliegen sein müssen und das Bewusstsein, dass dieser Job kein Job ist, den man einfach so machen kann".

Um die Aufgaben qualitativ hochwertig zu erfüllen, ist es ein Natürliches, auf Leute zugehen zu können. Weiters sollten Team- sowie Kommunikationsfähigkeit wesentliche Elemente der Persönlichkeit eines/ einer AssistentIn sein.

Gleichzeitig kann es "im Leben eines Teenagers phasenweise auch sehr turbulent zugehen", weshalb ein gutes Konfliktmanagement und eine hohe zeitliche Flexibilität ausschlaggebend für eine optimale Betreuung sind.

Die Befragten betonen weiters, dass es wichtig ist, für den Job die Auftragsgrenzen immer zu erkennen und diese auch zu ziehen, weshalb gerade eine Ausbildung im Bereich Coaching oder Beratung unabdingbar erscheint. Nur so kann sichergestellt werden, dass keine Unter- bzw. Überforderung entsteht und auch trotz eines Vertrauensverhältnisses zur/ zum Jugendliche/n, eine professionelle Distanz gewahrt werden kann.

Neben einer guten Ausbildung führen die befragten BerufsausbildungsassistentInnen auch "softe", schwer überprüf- und nachweisbare Kriterien an, etwa die Persönlichkeit an und für sich und ein gewisses Gespür für Situationen, welche ebenfalls nicht unterschätzt werden dürfen.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass alle Aktivitäten im Zuge der BAS in der Freizeit des Lehrlings durchzuführen sind, auch die Beratungen mit den BerufsausbildungsassistentInnen. Dies erfordert insbesondere eine hohe zeitliche Flexibilität.

4.1.3 Handlungsspielräume

Die Berufsausbildungsassistenz unterliegt den gesetzlichen Vorgaben des BAG, die nach Einschätzung der Befragten aber viele Freiheiten bzw. Gestaltungsspielräume beinhalten. Dieser Umstand wird durchaus positiv eingeschätzt, obgleich gerade im Hinblick auf die Konkurrenzierung mit anderen Einrichtungen eine Definition einheitlicher Grundstandards zur Durchführung gewünscht würde.

Auch das Förderbudget und der Betreuungsschlüssel beeinflussten die Handlungsspielräume der Berufsausbildungsassistenz. Je nach Trägerorganisation werden mehr oder weniger strenge Vorgaben zu Arbeitszeiten und -bedingungen definiert.

4.1.4 Personalsituation

Die Ausübung des Berufes der Berufsausbildungsassistenz stellt also hohe Anforderungen, weshalb in den Interviews teilweise auch darauf verwiesen wurde, dass es gar nicht so einfach sei, kompetentes Personal zu finden.

Ein weiterer Grund dafür dürfte auch sein, dass die Zahl der IBA-Lehrlinge seit der Einführung im September 2003 stark gestiegen ist. Während 2003 bei den einzelnen Trägern nur ein bis zwei Personen für die BAS zuständig waren, waren es zum Zeitpunkt der Interviews je Träger bis zu 20 Personen.

4.1.5 Koordinierung und Akkordierung unterschiedlicher Interessen und Wünsche

Wie bereits erwähnt, ist wohl das Hauptcharakteristikum der BAS die Koordinationsfunktion zwischen den einzelnen Schnittstellen (grafisch dargestellt in Abbildung 4-1). Ziel ist es, für alle Beteiligten ein/e kompetente/r AnsprechpartnerIn zu sein und jemand, der den Überblick bewahren kann. Gleichzeitig sollte man niemandem "auf den Wecker fallen", wie es ein Interviewpartner formuliert und trotzdem eine wichtige Kontrollfunktion wahrnehmen. Als kritische Zeit wird das erste Halbjahr der Betreuung bezeichnet, in dem es alle relevanten AnsprechpartnerInnen ins Boot zu holen und für die Zusammenarbeit zu motivieren gilt.

Aufgrund der Vielzahl von AkteurInnen steht die BAS in mehrerer Hinsicht auch unter einem Erfolgsdruck:

  • Die Jugendlichen wünschen sich endlich Erfolgserlebnisse und einen Lehrabschluss. Ein Wunsch, den sie in den meisten Fällen mit den Eltern bzw. der Familie teilen. Hierbei wird als wichtig erachtet, dass den Jugendlichen klar gemacht wird, dass sie auch selbst initiativ werden müssen, um ihre Ziele zu erreichen.

  • Die Unternehmen wie auch die Berufsschulen wollen, dass alles reibungslos abläuft und BerufsausbildungsassistentInnen schnell und gut auf anfallende Probleme reagieren.

  • Die Fördergeber wiederum sehen die Abschlussquote als Erfolgsnachweis und wollen bestätigt haben, dass das investierte Budget "richtig" eingesetzt wird.

Abbildung 4-1: Koordinationsstelle Berufsausbildungsassistenz Quelle: eigene Darstellung auf Basis der Interviewinformationen

Trotz der vielen Erwartungshaltungen der einzelnen AkteurInnen, vor allem bezüglich der Serviceleistungen seitens der BAS, ist es die/ der Jugendliche, welche/r im Zentrum aller Überlegungen und Maßnahmen steht. Die Hauptprobleme der Jugendlichen liegen zumeist bei ihren (massiven) Lernschwächen. "Den meisten Jugendlichen fehlt es an den rudimentärsten Dingen, wie zum Beispiel Prozent oder Bruch rechnen. Deshalb ist eine der häufigsten Interventionen bzw. alle betreffende Intervention ein intensiver Nachhilfe-Unterricht." Dazu zählt auch die Vorförderung vor der Berufsschule, damit die IBA-Lehrlinge schon gestärkt in die Berufsschule kommen. Eine Maßnahme, die allen befragten BerufsausbildungsassistentInnen sehr wichtig erscheint.

Gleichzeitig erwähnt eine Berufsausbildungsassistentin, dass man darauf achtet, die Jugendlichen nicht "tot zu fördern" und "nicht immer rein zu holen". Man müsse sich darauf konzentrieren, gezielt zu fördern. Der Grundsatz laute demnach "Qualität statt Quantität".

Aufgrund der Interdependenz der Problemlagen Jugendlicher ist es jedoch oftmals schwierig, die gerade passgenaue Maßnahme festzulegen. Häufig treten von Beginn an zur beruflichen Integration zusätzliche Problemstellungen auf, wie zum Beispiel familiäre Probleme, Drogen, Straffälligkeit, Schulden oder Trennung von dem/ der FreundIn. Wirken sich diese Probleme oder Handicaps negativ auf die Arbeits- bzw. Schulleistung aus, ist es der Anspruch einer/ eines BerufsausbildungsassistentIn, eine Lösung zu finden und umzusetzen.

Es wird auch darauf hingewiesen, dass die Zielgruppe gerade während der Lehrzeit in der "Unruhephase" der Pubertät sei, was die Arbeit erschweren kann. Es ist also von entscheidender Bedeutung, zu der/ dem einzelnen Jugendlichen einen guten und vertrauten Kontakt aufzubauen. Nur so ist eine erfolgreiche Betreuung und Unterstützung möglich. Eine Berufsausbildungsassistentin weist allerdings auch darauf hin, dass das "Geschenk" an die Jugendlichen in Form von geschaffenen Möglichkeiten und Rahmenbedingungen durch die IBA auch immer wieder ins Gedächtnis gerufen werden muss, damit es auch wirklich wertgeschätzt und angenommen wird.

4.1.6 Eltern

Die Schwierigkeit mit vielen Eltern und UnternehmerInnen ist die Vermittlung der realistischen Möglichkeiten des Kindes. Die Erwartungen sind oft einfach viel zu hoch und die Akzeptanz, dass Erwartungen heruntergeschraubt werden müssen, ist nicht leicht zu erzielen. Hier entsteht zumeist ein hoher Erklärungsbedarf. Kommt es dann allerdings zur Zusammenarbeit, werden die Eltern sehr klar in ihren Forderungen und zeigen sich dankbar. Andererseits wird auch geschildert, dass Eltern einfach nicht wahrhaben wollen, dass ihr Kind in die Zielgruppe der integrativen Lehre fällt und verweigern den Kontakt. Vielfach kümmern sich Eltern der IBA-Lehrlinge auch nicht um die Ausbildung ihres Kindes - sei dies nun aufgrund eigener Uninformiertheit oder aus Desinteresse - weshalb sie auch nicht eingebunden werden wollen. Eine Leiterin der Berufsausbildungsassistenz drückt es folgendermaßen aus: "Manchmal wäre esschon wünschenswert, dass sich die Eltern mehr um ihre Töchter und Söhne bemühenwürden, auch mehr ihrem Erziehungsauftrag nachkommen, aber wir sehen auch,dass es vielen Eltern nicht möglich ist. Schwierig ist es, wenn es hinderlich wird."

In Fällen, in denen die Familie zu einem Hindernis in Bezug auf die Ausbildung wird, schaltet sich die Berufsausbildungsassistenz vehement ein, denn es ist die/ der Jugendliche, die/ der sich entwickeln muss, nicht die Eltern. Eine Berufsausbildungsassistentin erzählt vor ihrem Erfahrungshintergrund, dass viele Eltern auch glauben, dass die BerufsausbildungsassistentInnen vom Jugendamt kämen, sich die/ den Jugendliche/n "einverleiben" wollten und sich in die privaten Verhältnisse einmischen. Hier gilt es, aufzuklären, das Misstrauen abzubauen und stattdessen eine solide Vertrauensbasis zu schaffen.

4.1.7 Ausbildungsorganisationen

Wie bereits erwähnt ist auch bei den Unternehmen Aufklärungsarbeit bzgl. unrealistischer Erwartungen zu leisten. Es muss klar gemacht werden, dass, wenn sich ein Unternehmen dazu entschließt, einen IBA-Lehrling aufzunehmen, damit auch gewisse Pflichten und besondere Bedarfe verbunden sind. "Denn das", so eine Berufsausbildungsassistentin, "ist nun mal ein Lehrling, der wirklich Unterstützung braucht."

Abgesehen von dieser Grundbereitschaft, auf den Lehrling einzugehen und ihm die notwendigen Möglichkeiten zu schaffen, ist es wichtig, gleich zu Beginn der IBA eine klare Regelung hinsichtlich des Kontaktes zu treffen. Vor allem die Frage nach der Häufigkeit des Kontakts zwischen Betrieb und BAS ist zu definieren, da die Betriebe diesbezüglich sehr unterschiedliche Vorstellungen haben. Die Erfahrung der BerufsausbildungsassistentInnen zeigt, dass ein regelmäßiger telefonischer Kontakt sowie regelmäßige Treffen mit der/ dem AusbildnerIn bzw. FirmenchefIn unbedingt zustande kommen sollten. Dieser (meist monatliche) Kontakt ist vor allem deshalb entscheidend, um Problemlagen rechtzeitig erkennen zu können und Strategien bzw. Maßnahmen zur Gegensteuerung im Vorfeld zu entwickeln. Im Nachhinein zu reparieren, wenn einmal etwas "übersehen" wurde, sei erheblich schwieriger.

Gleichzeitig ist es auch wichtig, die jeweiligen Ausbildungsziele pro Ausbildungsjahr abzuklären, damit die/ der Jugendliche seitens der BAS optimal darauf vorbereitet werden kann und der/ dem AusbildnerIn andererseits Ratschläge geben kann, wie man die Lerninhalte der/ dem speziellen Jugendlichen am besten vermitteln kann. Diese Beratung nehmen die meisten Betriebe dankbar an.

Von Seiten der BerufsausbildungsassistentInnen wird überhaupt ein starker Wunsch der Unternehmen identifiziert, bei der Lehrlingsausbildung - auch ganz allgemein - begleitet zu werden. Viele AusbildnerInnen sind vermutlich nicht mehr auf die "Jugendlichen von heute" vorbereitet und hätten ein Bild von Jugendlichen, welches 30 bis 40 Jahre alt ist. Man zeigt sich überfordert mit der heutigen Jugendkultur und würde ein diesbezügliches professionelles Coaching begrüßen.

Allerdings gibt es auch immer wieder Phasen in der Zusammenarbeit mit Betrieben, in der die Kooperationsbereitschaft abnimmt. Etwa wenn die IBA nach der intensiveren Einstiegsphase reibungslos läuft, sei die/ der BerufsausbildungsassistentIn nicht mehr wirklich gerne gesehen und die Kontaktaufnahmen würden als lästig empfunden.

Bei Kleinstbetrieben (Ein-Frau/Mann-Betriebe), die sehr familiär strukturiert sind, ist es auch oft notwendig, informelle Kontakte aufzubrechen, um die Jugendlichen wirklich effektiv begleiten zu können. Ein klassisches Beispiel solch starrer informeller Beziehungen wäre etwa, wenn die Familie des IBA-Lehrling schon jahrelang mit dem/ der LehrstellengeberIn befreundet ist und man mehr oder weniger zwischen Tür und Angel die Probleme, Zukunftsvision etc. für die/ den Jugendlichen bespricht, ohne sie/ ihn selbst miteinzubeziehen.

Zwischen den Ausbildungseinrichtungen und der Berufsausbildungsassistenz herrscht ein regelmäßiger Austausch (wöchentlich bis monatlich). Die Zusammenarbeit selbst wird sehr gut bewertet, auch wenn es bisweilen zu Unklarheiten bzgl. der Zuständigkeiten kommen kann.

4.1.8 Berufsschulen

Am schwierigsten gestaltet sich allerdings die Zusammenarbeit mit den Berufsschulen. Zwar wurde die IBA in Berufsschulen im Vergleich zum ersten Jahr 2003, wo es noch keine definierten Standards, wie zum Beispiel die obligatorischen Datenblätter gab, mittlerweile relativ gut implementiert, doch andere Probleme sind nach wie vor vorhanden bzw. im Lauf der Zeit traten neue hinzu.

Die wesentlichste Entwicklung ist wohl, dass sich die Zahl der IBA-Lehrlinge seit deren Einführung um ein Vielfaches erhöht hat, weshalb die Berufsschulen an die Grenzen ihrer Kapazitäten/ Ressourcen stoßen, die integrativen Lehrlinge über den Regelunterricht abzuwickeln. Problemfelder spannen sich auch bei den BerufsschullehrerInnen auf, welche oft keine pädagogische Ausbildung besitzen, meistens kaum auf die Unterrichtssituation in integrativen Klassen vorbereitet sind, da es keine diesbezüglichen Schulungen bzw. Fortbildungen gibt. Dementsprechend erleben die LeiterInnen der BAS das Entgegenkommen der Berufsschulen gegenüber der BAS als gesunken im Vergleich zu früheren Jahren.

Ein "altes" Problem in der Zusammenarbeit mit Berufsschulen ist, dass die Informationsweitergabe oft nur "mangelhaft bis gar nicht" funktioniert. Vor allem haben alle Schulen sehr unterschiedliche Herangehensweisen, wie mit IBA-Jugendlichen und der entsprechenden Informationsweitergabe verfahren wird. In manchen Schulen finden regelmäßige Konferenzen statt, in denen die einzelnen Jugendlichen im Plenum (also unter Einbindung der BerufsausbildungsassistentInnen) durchbesprochen werden. In anderen Schulen muss jede einzelne Lehrkraft kontaktiert werden, um als BerufsausbildungsassistentIn die gewünschten Informationen zu erhalten. Ein wieder anderer Zugang erfolgt über eine eigens definierte Ansprechperson, zum Beispiel eine/n Integrationsbeauftragte/n oder Klassenvorstand, die dafür zuständig ist. Es gibt mittlerweile auch einzelne Schulen, die eigene IBA-Klassen eingerichtet haben und somit eine umfassende Informationsweitergabe sichergestellt werden kann.

Hinzu kommt auf der Mikroebene des Unterrichts, dass auch die LehrerInnen in ihren Einstellungen zu IBA-Lehrlingen sich sehr unterschiedlich zeigen. Im Wesentlichen können drei grobe "BerufsschullehrerInnen-Typen" verortet werden:

  • die/ der Motivierte: Diese/r LehrerIn zeigt sich sehr engagiert und kooperiert gern mit der BAS. Die Leistung der BAS wird anerkannt, weil gesehen wird, dass integrative Lehrausbildung mit Begleitung durch die BerufsausbildungsassistentInnen greift und wirkt, das System funktioniert.

  • die/ der PessimistIn: Diese/r LehrerIn steht der BAS ablehnend gegenüber, da befürchtet wird, dass so das Niveau und Prestige der Lehrlingsausbildung sinken können. Durch die BAS kommen ihrer/ seiner Ansicht nach Jugendliche zu einem Lehrabschluss, die eigentlich unter "normalen Bedingungen" keinen Abschluss erwerben könnten, was für das Ausbildungssystem insgesamt als abwertend und kontraproduktiv eingestuft wird.

  • die/ der Überforderte: Diese/r LehrerIn steht - auch ohne IBA-Lehrlinge - an der Grenze zur Überforderung durch die Vielzahl von bereits vorhandenen Aufgaben. Jeder Kontakt zu den BerufsausbildungsassistentInnen bedeutet ein Mehr an Belastung und die Kooperation wird als unerwünschtes Muss eingestuft.

Abschließend lässt sich zum Thema Berufsschule sagen, dass es alle befragten BerufsausbildungsassistentInnen begrüßen würden, wenn in Bezug auf die BAS ein einheitliches und effektives Berufsschulsystem etabliert würde. Außerdem wurde bemerkt, dass ein gemeinsames System auch sehr viel günstiger kommen würde und nicht weiterhin durch heterogene Zugänge "sehr viel Zeit und somit auch Geld verbraten werden sollte".

4.1.9 Erfolgsfaktoren

Was sind nun die Indikatoren für eine erfolgreiche integrative Berufsausbildung (IBA)? Wie bereits angesprochen ist der Grundstein einer zielführenden Begleitung durch eine/n BerufsausbildungsassistentIn der Aufbau eines (intensiven) Vertrauensverhältnisses zur/ zum Jugendlichen. Um dies sicher zu stellen, wird von Seiten der BerufsausbildungsassistentInnen vor allem die Betreuungskontinuität, also der regelmäßige und verbindliche Kontakt, herausgestrichen. Es gilt, bei allen beteiligten AkteurInnen präsent zu sein, weshalb teilweise darauf hingewiesen wird, dass dies nur durch eine Anstellung beim Träger im Ausmaß von mindestens 30 Stunden erreicht werden kann. Denn auch nur durch diese Präsenz kann der/ die BerufsausbildungsassistentIn als VermittlungspartnerIn auftreten und unterstützend in Konfliktsituationen beistehen.

Fachkompetenz und Persönlichkeit der BerufsausbildungsassistentInnen stellen ebenfalls zentrale Erfolgsfaktoren einer IBA dar. Die Einschätzung der Befragten lautet: Je länger die Berufserfahrung und je besser die Ausbildung, umso erfolgreicher auch die Arbeit mit den Jugendlichen. Zu dieser Fachkompetenz zählt auch das Erfahrungswissen der BAS - es gibt mehrere Wege, um im österreichischen Berufsausbildungssystem ein Ziel zu erreichen - von welchem die Jugendlichen in hohem Maß profitieren. Die Jugendlichen haben also durch die BAS Zugang zu einem Wissensbestand, zum Beispiel, dass es beim AMS eine so genannte Mobilitätsförderung gibt, aber auch zu großen sozialen Netzwerken, welche sie so nicht gehabt hätten.

Dieses erwähnte Know-How der BerufsausbildungsassistentInnen kann sich gerade auch durch die Flexibilität des IBA-Systems wunderbar entfalten, da es möglich ist, individuell auf Bedarfssituationen zu reagieren, zum Beispiel durch den Wechsel in eine andere Ausbildungsform oder durch Förderunterricht.

Der Förderunterricht ist ebenfalls ein wesentlicher Faktor für das Gelingen einer IBA. Eine BerufsausbildungsassistentIn drückt es folgendermaßen aus: "Ohne Nachhilfewürde es absolut nicht gehen." Vor allem auch deshalb, weil man durch den Nachhilfe- Unterricht Situationen schaffen kann, wo der Erfolg für die/ den Jugendliche/n sichtbar wird. Denn, wird der Nachhilfe-Unterricht ernsthaft in Anspruch genommen, gibt es auch Fortschritte, eventuell sogar einen Durchbruch in der Berufsschule.

Gleichzeitig ist es auch essentiell, eine Verbindlichkeit bei der in Anspruchnahme von unterstützenden Maßnahmen (Förderunterricht, aber auch Lebensberatungsangebote durch Einrichtungen wie etwa Suchtberatung, Schuldnerhilfe etc.) einzufordern und so schnell wie möglich auf Probleme zu reagieren. Je stärker diese zwei Strategien - schnelle Reaktion auf Probleme und hohe Verbindlichkeit - beachtet werden, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Fortschritt ergibt, gerade weil viele Jugendliche nach Ansicht der Interviewten versucht sind, Prozesse zu verzögern.

Dennoch bleibt die Definition von Erfolg in einer integrativen Berufsausbildung für die BerufsausbildungsassistentInnen nicht klar definierbar, was sich in folgendem Statement widerspiegelt: "Wenn ich jetzt Jugendliche habe, die sehr betreuungsintensivsind, dann muss ich auch mehr leisten, was oft untergeht. Auf diese Teilerfolge(z.B. Berufsschule geschafft oder Problemlösungen gefunden) wird halt wenig geschaut.Erfolg ist immer ein Ausbildungsabschluss. (..) Man müsste mehr schauen,was sind die Problemstellungen und was wird dann investiert an Arbeit und waskommt raus. Es wird eigentlich immer nur geschaut, mit wie viel Fördersumme kommtder Träger aus."

4.1.10 Drop-Outs

Vielfach gelingt die Motivation ihrer "Schützlinge" durch BerufsausbildungsassistentInnen, doch gleichzeitig gibt es auch ca. 5% "hoffnungslose Fälle", also Jugendliche, die verweigern und irgendwann aufgeben oder wegen psychischer Beeinträchtigungen aufgeben müssen. Überdies fallen Jugendliche mit Migrationshintergrund aufgrund (schwerer) Sprachprobleme und Diskriminierung oft aus der BAS heraus, da erst gar kein Ausbildungsplatz gefunden werden kann.

In diesem Zusammenhang wird auf den oft verkannten Wert einer Ausbildung hingewiesen. Fehlt eine gewisse Bildungstradition, ist es oft sehr schwer, diesen Wert doch noch zu vermitteln.

Aber auch reine Überforderung in der Berufsschule oder im Betrieb kann zu Abbrüchen führen. Besonders schwierig stellt sich die Situation dar, wenn der Lehrling im ersten Berufsschuljahr "sitzen bleibt". In solchen Fällen ist es oft "besonders schwierig, das Ruder wieder herum zu reißen und den Jugendlichen wieder zu motivieren. Werden einmal nur mehr die Defizite wahrgenommen und sinkt das in den meisten Fällen ohnehin schon schlechte Selbstwertgefühl, sind oft alle Anstrengungen umsonst."

4.1.11 Gesamtbetrachtung und Verbesserungspotenziale

Trotz dieser vereinzelt in Kauf zu nehmenden Rückschläge bzw. Drop-Outs sind sich alle befragten BerufsausbildungsassistentInnen einig, dass das System der BAS "einfach notwendig" war. Dieses System füllt eine Lücke, welche es dringend zu schließen galt. Ohne die Unterstützung der BAS würden eine Vielzahl von jungen Potenzialen vergeudet werden, so das Fazit. Außerdem sei diese Art von Konzepten (z.B. Coaching) als zukunftsträchtig anzusehen.

Dennoch wird seitens der BerufsausbildungsassistentInnen auch Verbesserungspotenzial verortet. In Bezug auf die Organisation der BAS in direkter Form kreisen die Nennungen primär um folgende zentralen Forderungen:

  • Erstens, dass in den Ausschreibungen der verschiedenen Fördergeber gewisse, relativ einheitliche Leistungs- und Qualitätsstandards definiert werden. Hier soll vor allem vermieden werden, dass ungeachtet der angebotenen Leistung einfach der billigste Bieter zum Zug kommt. Ohne klare Standards entstünde der Eindruck, "dass man diese Begleitung auch billiger machen kann, obwohl eigentlich kaum geschaut wird, wie viel das im Detail wirklich kostet."

  • Zweitens sollten ebenfalls trägerübergreifende einheitliche Standards bzgl. des Betreuungsschlüssels festgelegt werden. Die Grundüberlegung folgt hier der Beobachtung, dass es in derart beratungs- und begleitungsintensiven Jobs oft zu Überforderung kommen kann.

  • Drittens wäre es wünschenswert, wenn der Projektstatus der IBA zugunsten einer Etablierung einer eigenen Einrichtung weichen würde oder zumindest die Projektzusagen auf mindestens vier Jahre ausgeweitet werden würden. Dadurch erhoffen die InterviewpartnerInnen sich einerseits, die Betreuungskontinuität garantieren zu können und andererseits könnte auf diese Weise der auftretenden Jobunsicherheit auf Seiten der Betreuenden entgegen getreten werden, was auch den positiven Nebeneffekt hätte, dass gutes und erfahrenes Personal gehalten werden könnte und nicht mehr so schwer zu finden wäre.

  • Um solche möglichen Systemveränderungen bzw. das laufende Projekt IBA im Sinne einer Qualitätssicherung zu beobachten wäre es laut den Befragten auch vorteilhaft, wenn die jährlichen Steuerungsgruppentreffen, welche während der Implementierungsphase eingeführt wurden, wieder organisiert werden würden.

  • Überdies erscheint es für die BerufsausbildungsassistentInnen auch überaus wichtig, die integrative Berufsausbildung zu "promoten", da sehr viele Jugendliche nicht wissen, dass sie Unterstützung erhalten können, wenn sie in der Lehre nicht weiterkommen. Die Forderung ist also eine generelle Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit, die neben der Information der Zielgruppen Jugendliche, Eltern und Betriebe auch das Bild der Berufsausbildungsassistenz in der Bevölkerung sichtbar macht.

  • Außerdem wird oft angeregt, die Zielgruppendefinition auf jene Jugendliche auszuweiten, welche sich in einer regulären Lehre befinden und stark gefährdet sind, diese Lehre abzubrechen. Dies geht mit der Empfehlung einher, im Pflichtschulbereich mehr Präventivmaßnahmen zu setzen und schon zu diesem Zeitpunkt mehr Betreuung anzubieten.

  • Es wird daneben auch als wichtig erachtet, dass der Beruf des Lehrlings insgesamt aufgewertet bzw. ehrenwerter gemacht wird, klare modularisierte Berufsbilder für Lehren ausgearbeitet werden und die Berufspalette für IBA-Lehrlinge breiter wird.

Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass alle befragten BerufsausbildungsassistentInnen der IBA sehr positiv gegenüber stehen und ihren Beruf als erfüllend und bereichernd wahrnehmen. Alle Befragten zeigen sich erfreut, Teil dieses umfassenden Projektes zur Integration von Jugendlichen zu sein. Betont wird abschließend nicht nur, dass die IBA wirklich effizient und hilfreich für die betroffenen Jugendlichen ist, es konnte tatsächlich eine klaffende Lücke im System geschlossen werden, denn die Lehre bildet einen wichtigen Grundstein zur Entfaltung der Bildungsbiografie dieser Zielgruppe.

4.2 E-Mail-Befragung der BerufsausbildungsassistentInnen in OÖ

Zur E-Mail-Befragung, welche vom 27.10.2008 bis 21.11.2008 lief, wurden entsprechend der Nominierung durch die LeiterInnen der BAS-Trägereinrichtungen insgesamt 40 BerufsausbildungsassistentInnen eingeladen, die sich wie folgt auf die Trägereinrichtungen verteilen:

Jugend am Werk für BSB:

20 von 20 Personen,

100% Rücklauf

Jugend am Werk für AMS:

11 von 11 Personen,

100% Rücklauf

Hilfswerk:

2 von 7 Personen,

28% Rücklauf

Ibis Acam:

2 von 2 Personen,

100% Rücklauf

Insgesamt konnte mit einem Rücklauf von 35 ausgefüllten Fragebögen (87,5%) eine breite Kooperationsbereitschaft erzielt werden. Die Auswertung der einzelnen Fragedimensionen gestaltete sich mitunter teilweise schwierig, da manche Fragen bewusst übersprungen wurden. Deshalb variiert die Bezugsbasis "n" und wird daher in jeder Fragestellung explizit angegeben. Aufgrund der geringen Fallzahlen bei den Trägern Hilfswerk und Ibis Acam ist eine maßnahmenträgerspezifische Auswertung nicht zielführend.

4.2.1 Demografie

Das sozio-demografische Profil der BerufsausbildungsassistentInnen zeigt, dass diese überwiegend weiblichen Geschlechts sind. So finden sich zwei Drittel Frauen und nur ein Drittel Männer unter den 34 Befragten, die ihr Geschlecht angegeben haben.

Das Alter der Befragten aus den 32 diesbezüglich auswertbaren Fragebögen variiert zwischen 28 und 51 Jahren. Jeweils 40,6% der Befragten befinden sich in den Altersgruppen 28-35 und 36-45. 18,8% (6 Personen) der BerufsausbildungsassistentInnen sind über 46 Jahre alt.

Den höchsten abgeschlossenen Bildungsstand geben ebenfalls nur 32 Befragte an. Es zeigt sich, dass der überwiegende Teil entweder Maturaniveau (40,6%) aufweist oder ein Studium (37,5%) abgeschlossen hat. Weitere 12,5% können einen Abschluss einer mittleren Schule aufweisen und 9,4% haben eine Lehre absolviert.

Insgesamt wurden von den 34 auswertbaren Angaben der BerufsausbildungsassistentInnen 1.064 Monate an Berufserfahrung in der Begleitung der integrativen Lehrlinge gesammelt. Die/ Der dienstjüngste BefragungsteilnehmerIn übt diesen Beruf im Dezember 2008 drei Monate aus, einige "dienstälteste" BerufsausbildungsassistentInnen können bereits auf 64 Monate (mehr als 5 Jahre, seit Herbst 2003) zurückblicken. Im Durchschnitt errechnet sich ein Erfahrungshintergrund von gut 31 Monaten Tätigkeit als BerufsausbildungsassistentIn, das sind etwas mehr als 2,5 Jahre.

Vor dem Berufseinstieg als BerufsausbildungsassistentIn wiesen 31 der 35 Befragten bereits Erfahrung in der Jugendarbeit auf und/ oder besaßen Kenntnisse zu Arbeitsmarkt und Lehrberufen. 28 Personen (80,0% bei n=35) verfügten über eine abgeschlossene sozial-pädagogische oder sozial-psychologische Ausbildung. Weitere gängige Vorkenntnisse bzw. Ausbildungen sind die Befähigung zur/ zum LehrlingsausbildnerIn, Kenntnisse im Jugend- und/ oder Arbeitsrecht sowie unternehmerisches Denken uä. Seltener haben BerufsausbildungsassistentInnen ein Studium der Sozial- oder Geisteswissenschaften, die JugendtrainerInnen-Ausbildung oder andere relevante Ausbildungen (LSB, NLP, TrainerInnen-Ausbildung) abgeschlossen.

Tabelle 4-1: Vorkenntnisse der BerufsausbildungsassistentInnen vor Beginn der Tätigkeit

Ausbildung/ Kenntnis

Anzahl Nennungen (N; Mehrfachnennungen)

in % aller n (n=35)

Erfahrung in der Jugendarbeit

31

88,6

Kenntnisse zu Arbeitsmarkt und Lehrberufen

31

88,6

Sozial-pädagogische oder sozial-psychologische Ausbildung

28

80,0

Befähigung zur/ zum LehrlingsausbildnerIn

25

71,4

Kenntnisse im Jugend- und/ oder Arbeitsrecht

23

65,7

Unternehmerisches Denken, Gespür für Firmen, AbsolventIn einer dualen Ausbildung

22

62,9

Studium der Sozial- oder Geisteswissenschaften

11

31,4

JugendtrainerInnen-Ausbildung

6

17,1

Sonstiges: Lebens- und SozialberaterInnen-Ausbildung, NLP-Ausbildung, Akademische Trainings-Ausbildung

3

8,6

Welche Ausbildungen/ Kenntnisse würden Ihre Tätigkeit unterstützen? Grundsätzlich kreisen die gewünschten Fort- und Weiterbildungen in allen Fällen um die Themen Recht, Kommunikation und Konflikt, Pädagogik und Psychologie. Weiterbildungen in relevanten Rechtsgebieten wird von 8 Personen angeführt, ebenso wie Kenntnisse in der Psychologie, zu psychischen Störungen, zu Sonder- und Heilpädagogik und medizinischen Grundkenntnissen. Je fünf Personen geben auch Mediation/ Krisenintervention und Beratung/ Coaching als unterstützende Kenntnisse an. Vereinzelt kommen auch Nennungen zu Motivationsstrategien für Jugendliche und Selbst- bzw. Casemanagement (Organisation und Planung der eigenen Arbeit).

Bezüglich der Beschäftigungsform finden sich BerufsausbildungsassistentInnen überwiegend in vollzeitigen Angestelltenverhältnissen (27 der 35 Befragten, 77,1%). Eine weitere Form ist das Angestelltenverhältnis in Teilzeit (6 Personen, 17,1%). Nur je eine Person (2,9%) ist ehrenamtlich tätig bzw. in einem sonstigen Dienstverhältnis (freier Dienstvertrag, Werkvertrag, geringfügige Beschäftigung etc.), das nicht näher angegeben wird.

Interessant erscheint auch der Betreuungsschlüssel. Die 35 Befragten geben Werte zwischen 3 und 42 derzeit von ihnen betreuten Jugendlichen an, der Median liegt bei 23 Jugendlichen. Dementsprechend betreut mehr als die Hälfte (60,0%; 21) der Befragten zwischen 22 und 29 Jugendliche, während 7 BerufsausbildungsassistentInnen (20,0%) zwischen 3 und 18 Lehrlinge begleiten. 7 Befragte (20,0%) geben an, 29 oder mehr Jugendliche der IBA zu betreuen.

4.2.2 Profil der Berufsausbildungsassistenz

In der Eingangsphase der Berufsausbildungsassistenz wird der organisatorische wie auch zwischenmenschliche Grundstein für die folgende Kooperation gelegt. Mit allen Beteiligten (Jugendliche/r, Betrieb, Eltern, Schule) wird der Kontakt hergestellt, Aufklärungsarbeit geleistet, Informationen getauscht und Vertrauen aufgebaut. Ziel ist es, die Möglichkeiten für die/ den Jugendliche/n zu eruieren. Dies erfolgt nicht nur beim Jugendlichen selbst, dessen Stärken und Schwächen, gesundheitliche Möglichkeiten, Interessen und Neigungen sowie individuelle Förderbedarfe erhoben werden. Wesentlich ist auch die Feststellung, welche Ressourcen im Betrieb sowie im sozialen Umfeld zur Verfügung stehen und Einfluss auf die/ den Jugendlichen nehmen (Stichwort: Sozialanamnese).

Insbesondere erfolgt somit in der Eingangsphase ein umfassendes Clearing, das beginnend bei der Berufsorientierung über gesundheitliche und soziale Abklärungen und damit verbundene Stabilisierungsmaßnahmen die lernbezogene Abtestung zur Feststellung der Beschulbarkeit und der IBA-Form enthält. Durch die in den Unternehmen festgelegte Probezeit erfolgt indirekt auch eine praktische Abtestung der IBALehrlinge.

Die administrativen Tätigkeiten im Zuge der BAS sind vielfältig und reichen von An- und Abmeldungen bei AMS, Wirtschaftskammer, Berufsschule, laufenden Verlaufsberichten, Dokumentationen und Protokollen über Vertragsaufsetzungen und Vertragsänderungen für die Ausbildung aber auch die FörderlehrerInnen, Bestätigungen für den Fördergeber, Datenschutzerklärungen bis hin zur Anmeldung zur Lehr- bzw. Teilabschlussprüfung und umfassenden Abschlussberichten. Genauso "bunt" wie die organisatorisch-administrativen Aufgaben gestalten sich die weiteren Tätigkeiten während einer laufenden integrativen Lehre. Beratung und Unterstützung wird vor allem durch Coaching und Krisenintervention/ Trouble-Shooting erzielt. Daneben wird der Maßnahmenverlauf laufend dokumentiert.

An der Schnittstelle zur Berufsschule sind insbesondere folgende Punkte in der Kompetenz der BerufsausbildungsassistentInnen:

  • grundsätzliche Beschulungsfähigkeit feststellen mit anschließender Festlegung bzw. Ausarbeitung des Lehrplans

  • Festlegen der Form des Schulbesuchs und eines möglichen Internatsverbleibs

  • Anmeldung per Datenblatt und vorbereitendes, motivierendes Gespräch vor Schulbeginn

  • Form und Ausmaß des Förderunterrichts bzw. der Nachhilfe definieren und organisieren

  • Verfügbarsein für Lehrling wie auch LehrerInnen im Sinne einer Begleitung

Mit dem Austritt aus der IBA (entweder durch abgeschlossene Lehr- bzw. Teilabschlussprüfung oder auch durch Abbruch) endet auch die Betreuung durch die Berufsausbildungsassistenz. Je nach Träger kann über den Zeitraum von zwei Wochen noch ein Abschlussgespräch mit allen Beteiligten oder das Anstoßen von neuen Entwicklungschancen vorgenommen werden.

Im Zuge der Befragung wurden die BerufsausbildungsassistentInnen dazu aufgefordert, bestimmte Aussagen zum Wesen der BAS zu bewerten, wobei die Antwortmöglichkeiten auf einer sechsstufigen Skala zwischen "trifft sehr zu" und "trifft gar nicht zu" variierten.

Abbildung 4-2: Das Wesen der Berufsausbildungsassistenz

Alle Befragten finden es (überwiegend sehr: 32 Nennungen bzw. 91,4%) zutreffend, dass der Beruf der BAS viele unterschiedliche Anforderungen stellt, genauso wie man sich einig ist, dass die BAS die Koordinationsstelle zwischen den einzelnen AkteurInnen ist (31 Nennungen bzw. 88,6% trifft sehr zu; 4 Nennungen bzw. 11,4% trifft zu). Als zentralen Angelpunktder IBA würden insgesamt 97,1% (20 Nennungen bzw. 57,1% trifft sehr zu; 6 Nennungen bzw. 17,1% trifft zu; 7 Nennungen bzw. 20,0% trifft eher zu; je 1 Nennung bzw. 2,9% trifft eher nicht zu und keine Angabe) die Berufsausbildungsassistenz bezeichnen.

Klar wird auch sichtbar, dass die Berufsausbildungsassistenz prinzipiell sehr individuell verläuft, jede(r) KlientIn ist anders und jede Situation ist neu, was von 27 Befragten(77,1%) als sehr zutreffend empfunden wird, von allen weiteren als zutreffend oderzumindest eher zutreffend. Dementsprechend sind Aufgaben und Herangehensweisender BAS unterschiedlich. Der Aussage "Je nach Ausgangssituation der Jugendlichen sowie Zeitpunkt variieren die Aufgaben/ Herangehensweisen der Berufsausbildungsassistenz."stimmen gesamt 29 Personen (82,9%) zu, zwei Personen (5,7%) empfindendies eher nicht so, 4 Befragte (11,4%) urteilen aber auch mit trifft nicht zu.

Alle Befragten, die Angaben machten, stimmen auch der Aussage (überwiegend sehr: 24 Nennungen bzw. 68,6%) zu, dass das "Matching" - für jede(n) individuell das Beste ermöglichen - einen kritischen Erfolgsfaktor für die Berufsausbildungsassistenz darstellt.

Ein aus den explorativen Gesprächen abgeleitetes Thema betrifft die Problematik, dass BerufsausbildungsassistentInnen auch manchmal Rollen und Aufgaben zufallen, die eigentlich dem Kompetenzbereich der Eltern/ Familie zufallen. Die Zustimmung zur diesbezüglich abgefragten Aussage fällt zwar im Vergleich zu anderen Aussagen schwächer aus, insgesamt geben aber 27 der 35 Befragten (77,1%) ein Zutreffen an. 8 Personen (22,9%) stimmen dieser Aussage (mehrheitlich eher) nicht zu.

Beim Auftreten von Problemlagen wie etwa Lernschwächen, Suchtproblemen etc. besteht die Tendenz dazu, dass die BAS spezielle Einrichtungen heranzieht und dann darauf achtet, dass diese ExpertInnen auch von den Jugendlichen aufgesucht werden. 34 Befragte (97,1%) stimmen der diesbezüglichen Aussage (mehrheitlich sehr) zu. Im Gegensatz dazu erhält die gegenläufige Aussage - die von den BAS identifizierten Problemlagen werden über die BAS gelöst, da dies die Vertrauensbasis stärkt - die geringste Zustimmung. Insgesamt 14 Befragte (40,0%) bewerten diese Aussage als eher nicht zutreffend, eine weitere (2,9%) als nicht zutreffend. Dem gegenüber stehen aber auch insgesamt 20 Personen (57,1%), die der Lösung von derartigen Problematiken durch die BAS zustimmen. Für die Praxis kann angenommen werden, dass vielfach vorerst eine eigene BAS-interne Abklärung versucht wird, bei Überschreiten der Möglichkeiten der BAS ExpertInnen herangezogen werden. Alles in allem sind sich die BAS der Komplexität und Vielgestaltigkeit ihres Berufes bewusst und würden dies auch als ein Charakteristikum des Jobs bezeichnen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass keine Grenzen gezogen werden (müssen). Für die Träger Jugend am Werk und Ibis Acam kann davon ausgegangen werden, dass man sich trotz Gestaltungsspielräumen bewusst ist, wo Kompetenzen überschritten werden würden und der Einsatz von ExpertInnen notwendig ist. Für den dritten Träger Hilfswerk ist aufgrund des geringen Rücklaufs keine zulässige Aussage möglich.

Trotz des Einsatzes der BerufsausbildungsassistentInnen kommt es immer wieder zu Abbrüchen. Die zwei Hauptursachen für einen Abbruch sind entweder persönlicheProbleme/ Umstände des Jugendlichen selbst (n= 34; Mittelwert von 2,37 bei 1,0 = Haupteinflussgrund, 6,0 = am wenigsten wichtiger Grund) oder klassische Problemewie bei regulären Jugendlichen auch (z.B.: Konkurs des Betriebs) mit einem Wert von 2,40. Aber auch Probleme im Betrieb, in der Beziehung zum/ zur ArbeitgeberIn bzw. zu den KollegInnen können mitunter ein Grund für einen Lehrabbruch sein (MW = 2,89).

Eher selten werden externe Faktoren (z.B.: Eltern, neue Beziehung; MW = 3,91) für ein Scheitern verantwortlich gemacht, genauso selten wie Lernschwächen (auch Sprachprobleme; MW = 5,17) oder zu spät erkannte Probleme (z.B.: Suchtprobleme; MW = 5,31). Die Seltenheit von Letzterem lässt grundsätzlich darauf schließen, dass die BerufsausbildungsassistentInnen diesbezüglich sehr gut auf ihr Klientel eingestellt sind und oft erfolgreich präventiv wirken können.

Abbildung 4-3: Hauptursachen für Abbrüche der IBA (n=34) Skalierung: 1 = Hauptabbruchsgrund, 6 = am wenigsten einflussreicher Faktor

Die eigene BegleiterInnenrolle wird von den Befragten als unbestritten wichtig eingeschätzt. 33 Befragte haben hierzu Angaben gemacht und schätzen, dass es in 60 bis 95% der Fälle, durchschnittlich bei 81,3%, ohne die Begleitung seitens der BAS zu einem Lehrabbruch gekommen wäre.

Abbrüche können oft durch einen Lehrvertragswechsel (z.B.: von einer Verlängerten Lehre hin zu einer Teilqualifizierung) abgewendet werden, weshalb auch 87,9% (n=33) der Befragten angeben, dass ohne die Möglichkeit eines Wechsels sich der Anteil der Abbrüche (stark) erhöhen würde.

Bahnt sich ein drohender Lehrabbruch an, ist (fast) immer ein intensives und klärendes Gespräche mit der/ dem Jugendlichen der erste Schritt. In diesem Gespräch wird versucht, der/ dem Jugendlichen die Wichtigkeit und Nützlichkeit des eingeschlagenen Weges zu verdeutlichen. Außerdem wird versucht, alle für das Problem relevanten AkteurInnen an einen Tisch zu bringen, um eventuell so eine Lösung herbeizuführen, wobei auch Einzelgespräche durchaus üblich sind. Sind diese Krisengespräche abgeschlossen wird für die/ den Jugendliche/n ein entsprechendes Maßnahmen-Paket geschnürt und gegebenenfalls müssen neue Verbindlichkeiten hergestellt werden.

Kommt es dennoch zu einem Abbruch, ist die übliche Vorgangsweise, mit der/ dem Jugendlichen gemeinsam in einem Abschlussgespräch realisierbare Zukunftsperspektiven zu erarbeiten. Dazu kann auch zählen, sich über weitere mögliche Anlaufstellen zu informieren bzw. an das AMS oder das Clearing zu verweisen. Eher unüblich und aus finanziellen Gründen nicht möglich ist es, gemeinsam mit dem Lehrling eine neue Lehrstelle zu suchen, auch deshalb, weil mit dem Verlust des Lehrplatzes auch die Berufsausbildungsassistenz wegfällt.

Gefragt nach der durchschnittlichen Kontakthäufigkeit mit der/ dem einzelnen Jugendlichen (n=34) geben 19 Befragte (55,9%) an, mit den KlientInnen einen monatlichen Kontakt - entweder telefonisch oder persönlich - zu unterhalten. Weitere 8 Personen (23,5%) pflegen einen wöchentlichen Austausch, ebenfalls entweder telefonisch oder persönlich und 7 Befragte (20,6%) kombinieren beide Elemente (telefonieren wöchentlich mit dem/ der Jugendlichen und treffen sich auch dann einmal im Monat; siehe Abbildung 4-4).

Obwohl die Jugendlichen an und für sich "DIE" KlientInnen der BAS sind, zeigt die Kontakthäufigkeit zu den Berufsschulen laut Mittelwertsberechnung - je höher der Mittelwert, umso weniger Kontakt besteht - einen sehr intensiven Kontakt zu den Berufsschulen, die Häufigkeitsverteilung zeigt sogar die Tendenz, dass die Kontakthäufigkeit zur Berufsschule etwas intensiver ist als zur/ zum Jugendlichen selbst. Das bedeutet, dass der Austausch durchschnittlich einmal wöchentlich passiert. Ein ebenso regelmäßiger Kontakt besteht zu Nachhilfe-LehrerInnen und Ausbildungseinrichtungen (Kontakt erfolgt hier wöchentlich bis monatlich). Der Kontakt zu den Lehrbetrieben erfolgt eher nur monatlich. Bei allen weiteren abgefragten AkteurInnen - Fördergeber, soziale Einrichtungen (z.B.: Schuldenberatung), Wirtschaftskammer und Umfeld der/ des Jugendlichen - beschränkt sich der Kontakt darauf, ihn bei Bedarf herzustellen.

Abbildung 4-4: Kontakthäufigkeit mit den Jugendlichen (n=34)

Aufgrund der explorativen Interviews mit BerufsausbildungsassistentInnen von verschiedenen Trägern wurde festgestellt, dass die einzelnen Träger unterschiedliche Foki (Unterstützung in allgemeiner Lebenspraxis, Schulerfolg, Betriebe/ Unternehmen, Eltern/ soziales Umfeld) in der Beratung und Unterstützung haben. Während für die einen die Serviceleistung für die Unternehmen bzw. die erfolgreiche Verankerungen des Lehrlings im Betrieb einen etwas größeren Stellenwert einnimmt, setzen andere vor allem auf die schulische Entwicklung. In der Vollerhebung der BerufsausbildungsassistentInnen sollte geklärt werden, ob sich diese als trägerspezifisch vermuteten Unterschiede in den Ergebnissen wiederfinden.

Die Auswertung der Befragung kommt aber zu dem Ergebnis, dass unabhängig von der Trägerschaft der Unterstützung der allgemeinen Lebenspraxis (Hilfe bei Problemen oder Wohnungssuche etc.) die niedrigste Priorität zugemessen wird und den restlichen drei Ebenen - Berufsschule/ schulischer Erfolg/ theoretische Lerninhalte, Lehrbetrieb/ Unternehmen und Elternhaus/ soziales Umfeld - annähernd gleich viel an hoher Bedeutung zugemessen wird. Alle drei Ebenen wurden jeweils 11-mal an die 1. Stelle gereiht.

Ausgewertet nach den Mittelwerten, die nicht nur die Top-1-Nennung, sondern alle Rangfolgen berücksichtigt - je höher ein Mittelwert, umso unwichtiger ist diese Ebene - wird sichtbar, dass rechnerisch die Ebene der Berufsschule und des schulischen Erfolgs mit einem Wert von 2,06 die wichtigste für einen erfolgreichen Verlauf der BAS darstellt, gefolgt von der Ebene des Lehrbetriebs mit einem Mittelwert von 2,14 und der Ebene des Elternhauses bzw. sozialen Umfelds mit 2,49. Weiter abgeschlagen findet sich der Bereich der Lebenspraxis mit einem Wert von 3,31. Die Rangreihe lautet somit wie folgt:

  1. Berufsschule, schulischer Erfolg (MW=2,06)

  2. Lehrbetrieb (MW=2,14)

  3. Eltern, soziales Umfeld (MW=2,49)

  4. Lebenspraxis (MW=3,31)

Inwieweit erfolgt trägerintern ein Austausch der eingesetzten BerufsausbildungsassistentInnen über ihre KlientInnen? Es wird deutlich, dass diesbezüglich in der Regel ein Mittelweg gegangen wird. Weder ist es üblich, dass alle eingesetzten AssistentInnen über alle Jugendlichen eines Trägers Bescheid wissen, um bei Urlauben und Krankenständen flexibel reagieren zu können - zwei Befragte (5,7%) behaupten dies für sich, bei "kleinen" Trägern wird dies wohl auch notwendig und richtig sein. Noch ist es üblich, dass sich jede Betreuungsperson ausschließlich mit dem ihr/ ihm zugeteilten Jugendlichen beschäftigt - keine/r der Befragten beansprucht diese Vorgehensweise für sich.

Der Großteil der Befragten (28 Befragte, 80,0%) gibt an, dass grundsätzlich jede(r) BerufsausbildungsassistentIn nur für seine/ ihre Jugendlichen zuständig ist, aber in Team-Besprechungen einzelne Problemlagen/ -fälle offen besprochen werden. Weitere 5 Personen (14,3%) genießen die Möglichkeit, neben der grundsätzlich geteilten Zuständigkeit Supervisionen und dergleichen in Anspruch nehmen zu können, um die eigene Arbeit zu reflektieren.

Werden Jugendliche in Ausbildungseinrichtungen ausgebildet, werden diese zusätzlich auch über PädagogInnen in diesen Einrichtungen betreut. Trotz der (scheinbaren) doppelten Betreuung durch die ExpertInnen in der Ausbildungseinrichtung und der BAS, erachten 24 (88,9%) der 27 Befragten, die dazu Angaben machen konnten, die Betreuung durch die BAS als notwendig und zweckmäßig. Zur Begründung kristallisieren sich drei Argumente heraus:

  • Erstens, und dieser Aspekt wurde auch am häufigsten genannt, sei es auch bei diesen Jugendlichen wichtig, dass jemand die Übersicht über den gesamten Ausbildungsverlauf im Auge behält und in allen Angelegenheiten bezüglich Berufsschule unterstützend eingreift oder zur Seite steht. Das heißt, dass auch Ausbildungsbetriebe, trotz zusätzlicher SozialarbeiterInnen, eigentlich "nur" Lehrbetriebe sind und somit die Koordinationsfunktion der BAS, gerade in Bezug auf die Berufsschule, nicht aufgegeben werden kann.

  • Zweitens können die Jugendlichen durch die BAS auf ein anderes, eventuell aktuelleres Wissen zugreifen. Entscheidend scheint hier zu sein, dass die BerufsausbildungsassistentInnen mehr Erfahrung im Bereich der Lehrlingsausbildungen generell haben.

  • Drittens kann nur durch eine(n) zugeteilte(n) AssistentIn die Betreuungskontinuität bei einem Wechsel gewährleistet werden. Und gerade diese stellt einen weiteren, wesentlichen Erfolgsfaktor einer IBA dar.

Allerdings sprechen sich drei Befragte auch gegen die Betreuung durch die BAS zusätzlich zur Betreuungsinfrastruktur von Ausbildungseinrichtungen aus. Näher dazu ausgeführt wird, dass durch diese "Überbetreuung" - teilweise seien für eine/n Jugendlichen 5 verschiedene BetreuerInnen zuständig - nur unnötig Fördergeld verschwendet werde, welches effizienter eingesetzt werden könnte.

4.2.3 Schnittstellen

Die BerufsausbildungsassistentInnen wurden auch nach der Zusammenarbeit mit ihren jeweiligen KooperationspartnerInnen gefragt. Die abgefragten Dimensionen betrafen sowohl die Kooperation/ Koordination, wie den Informationsaustausch, die Erreichbarkeit, die Bereitschaft zur Zusammenarbeit, die Offenheit und Klarheit zwischen den PartnerInnen, sowie das Vertrauen, den Respekt, die Kommunikationsbasis, das Wohlwollen bzw. Entgegenkommen, die Klarheit bezüglich der Zuständigkeiten und der Aufgabenverteilung und ob man sich durch die Beziehung gegenseitig bereichert.

Gesamtbetrachtung Zufriedenheit mit Schnittstellen hinsichtlich bestimmter Kriterien

Die größte Zufriedenheit zeigen die BerufsausbildungsassistentInnen bezüglich der Zusammenarbeit mit den NachhilfelehrerInnen und zwar in nahezu allen Dimensionen. Bei den Dimensionen Bereitschaft zur Zusammenarbeit, Kommunikationsbasis und Wohlwollen bzw. Entgegenkommen beträgt der Mittelwert sogar 1,00 - was bedeutet, dass alle Befragten hier die Zusammenarbeit mit "sehr gut" beurteilen. Aber auch alle anderen Ausprägungen werden bei den NachhilfelehrerInnen sehr gut bewertet, was sie zu den scheinbar beliebtesten KooperationspartnerInnen eines/ einer BAS macht.

Ebenfalls sehr gut bis gut bewertet werden die Wirtschaftskammer und die Ausbildungseinrichtungen, auch wenn letztere nur von etwa der Hälfte der BAS bewertet wurden, da vor allem die BAS eines Trägers kaum bzw. gar nichts mit den Ausbildungseinrichtungen zu tun haben. Bei der Zusammenarbeit mit den Ausbildungseinrichtungen wird der respektvolle Umgang miteinander am meisten geschätzt und verglichen mit den anderen Mittelwerten, dürfte am ehesten die Klärung der Zuständigkeiten bzw. der Aufgabenverteilung ein Problem darstellen. Interessanterweise ist es gerade diese Dimension, welche im Fall der Wirtschaftskammer, den niedrigsten und damit besten Mittelwert erreicht, während die gegenseitige Bereicherung, wie bereits erwähnt, eher weniger wahrgenommen wird.

Die KooperationspartnerInnen Betriebe/ Unternehmen, FördergeberIn und Sozialeinrichtungen weisen über alle Dimensionen hinweg einen durchschnittlichen Mittelwert zwischen 1,85 und 2,14 auf und werden somit insgesamt als gut bewertet. Bei allen drei angeführten KooperationspartnerInnen wird der respektvolle Umgang miteinander am besten bewertet, genauso wie die Rubrik "Gegenseitige Bereicherung" am schlechtesten abschneidet.

Tabelle 4-2: Bewertung der Zusammenarbeit mit den relevanten Schnittstellen; Skalierung: 1 = sehr gut, 2 = gut, 3 = eher gut, 4 = eher schlecht, 5 = schlecht, 6 = sehr schlecht; Lesebeispiel: Die Kooperation und Koordination mit dem Fördergeber wird mit einem Mittelwert von 1,82 als gut eingestuft. Werte, die über 3,0 liegen, sind als kritisch zu betrachten, da die Verteilung der Beurteilung bereits erheblich auf die negative Werteseite fällt.

Beurteilung der Zusammenarbeit

               

PartnerIn

FördergeberIn

Berufsschule

Betriebe/ Unternehmen

Ausbildungseinrichtungen

Sozialeinrichtungen

Wirtschaftskammer

Nachhilfelehrer- Innen

Umfeld der/ des Jugendlichen

Dimension

(n=30-35)

(n=33-35)

(n=31-34)

(n=17)

(n=29-31)

(n=31-34)

(n=31-34)

(n=31-34)

Kooperation/ Koordination

1,82

2,06

1,91

1,47

2,00

1,44

1,06

2,47

Informationsaustausch

1,94

2,63

2,12

1,59

2,32

1,74

1,03

2,50

Erreichbarkeit

1,89

3,43

1,97

1,41

2,10

1,88

1,32

2,68

Bereitschaft zur Zusammenarbeit

1,66

2,31

1,94

1,47

2,00

1,76

1,00

2,32

Offenheit und Klarheit

2,06

2,46

2,24

1,82

2,29

1,68

1,09

2,68

Vertrauen

1,82

2,46

1,85

1,53

2,26

1,71

1,12

2,47

Kommunikationsbasis

1,53

2,11

1,91

1,24

2,00

1,59

1,00

2,38

Respekt

1,50

2,03

1,74

1,12

1,80

1,38

1,06

1,94

Wohlwollen/ Entgegenkommen

1,91

2,66

2,09

1,35

1,94

1,65

1,00

2,26

Zuständigkeiten/ Aufgabenverteilung

1,76

2,40

1,85

2,00

2,35

1,26

1,06

2,88

Gegenseitige Bereicherung

2,43

2,64

2,29

1,88

2,45

2,23

1,55

2,81

Durchschnittlicher

Mittelwert

1,85

2,47

1,99

1,53

2,14

1,67

1,11

2,49

Am schlechtesten wird die Zusammenarbeit mit den Berufsschulen und dem Umfeld der Jugendlichen bewertet. Beide erreichen einen durchschnittlichen Mittelwert vonknapp unter 2,50. Bei den Berufsschulen wird vor allem die Erreichbarkeit kritisiert,was sich deutlich durch den höchsten Mittelwert (3,43) in der gesamten Fragenbatteriewiderspiegelt. Dies bedeutet, dass die BAS die Erreichbarkeit der BerufsschullehrerInnendurchschnittlich mit "eher schlecht" beurteilen. Die beste Bewertung wird hierbezüglich des Respekts erzielt, genauso wie beim Umfeld des Jugendlichen. Allerdingsist hier anzumerken, dass, verglichen mit den anderen KooperationspartnerInnen,die Dimension "Respekt" die schlechtesten Werte erzielt. Klar scheint zu sein,dass gerade die Zusammenarbeit mit den Berufsschulen und dem Umfeld der Jugendlichenam schwierigsten ist und hier am ehesten noch Verbesserungspotenzial zu verortenist, gerade in Bezug auf die Berufsschulen, wo ein professioneller Umgang zwischenExpertInnen erwartet werden kann.

Spezialbetrachtung Einflussfaktor familiäres Umfeld

Der überwiegende Eindruck der Befragten zu den Eltern bzw. dem familiären Umfeldder Jugendlichen ist, dass diese froh sind, wenn ihrem Kind durch die BAS unterstützend unter die Arme gegriffen wird. Folglich gibt ein Drittel der Befragten an, dass die Eltern oft selbst überfordert und nicht in der Lage sind, ihre Kinder ausreichend zu unterstützen, was auch an deren Informationsdefizit liegt - 20 Personen (bzw. 58,8% bei n=34) würden es als (überwiegend eher) zutreffend bezeichnen, dass ein solches bei den Eltern vorliegt.

Auf der anderen Seite finden es 28 Befragte (82,4% bei n=34) eher nicht zutreffend bis gar nicht zutreffend, dass die Eltern auf den/ die BerufsausbildungsassistentIn oftmisstrauisch reagieren und 31 Befragte (91,2% bei n=34) würden sagen, dass es eher bis gar nicht zutrifft, dass die Eltern zu Beginn oft glauben, dass durch die BAS ihre Vormundschaft geschwächt wird.

64,7% Zustimmung (22 Personen bei n=34) erzielt (überwiegend eher) die Aussage "Die Eltern haben sehr hohe Erwartungen und sind fast euphorisch". Je 10 Personen (29,4% bei n=34) der befragten BerufsausbildungsassistentInnen stimmen den Aussagen "Die meisten Eltern kümmern sich in den meisten Fällen kaum um ihre Kinder" und "Die Eltern interessieren sich wenig für die Ausbildung ihrer Kinder" zu.

Spezialbetrachtung Jugendliche

Trotz individueller Verläufe gestaltet sich die Wirkung der Begleitung durch die BAS bei den Jugendlichen relativ gleich. 32 Befragte (97,0% bei n=33) geben an, dass sich die Jugendlichen am Ende der IBA glücklich schätzen, diese Unterstützungsmöglichkeit gehabt zu haben. Auch bezüglich des Verlaufs lassen sich einige Ähnlichkeiten feststellen. So geben 30 Personen (88,2% bei n=34) an, dass sich das Vertrauensverhältnis von anfangs skeptisch zu vertrauend wandelt, 31 Befragte (91,2% bei n=34), dass die KlientInnen vorher kaum schulische Erfolge feiern konnten und tendenziell eher ihre Defizite wahrnehmen, 29 Personen (85,3% bei n=34), dass zu Beginn oft starke Selbstwertprobleme diagnostizierbar sind.

Je 17 Befragte (50,0% bei n=34) stimmen (mehrheitlich eher) folgenden beiden Aussagen zu: "Die Jugendlichen erwarten sich zu Beginn nicht viel, sie sehen sich nur indie Pflicht genommen" und "Die Jugendlichen schämen sich zu Beginn dafür, Unterstützung in Anspruch zu nehmen". Eine Anfangseuphorie seitens der Jugendlichen erkennen nur drei Befragte (8,8% bei n=34). Motivationsdefizite werden oft damit argumentiert, dass Jugendliche den Wert einer abgeschlossenen Ausbildung nicht erkennen würden. Dieser Aussage stimmen aber nur 10 BerufsausbildungsassistentInnen (29,4% bei n=34) zu.

Spezialbetrachtung Unternehmen

Grundsätzlich gehen die befragten BerufsausbildungsassistentInnen davon aus, dass Unternehmen der Berufsausbildungsassistenz positiv gegenüber stehen und sie als eine gute und sinnvolle "Einrichtung" empfinden. UnternehmerInnen bzw. AusbildnerInnen werden bezüglich der integrativen Lehrlinge durchgehend als (mehrheitlich eher) motiviert und engagiert erlebt. Gut drei Viertel der befragten BerufsausbildungsassistentInnen geben aber auch an, dass sich Unternehmen (mehrheitlich eher) zuBeginn nicht im Klaren wissen, was es tatsächlich bedeutet, einen IBA-Lehrling aufzunehmen, welche Rechte und Pflichten oder spezielle Anforderungen an den Betrieb damit einhergehen.

UnternehmerInnen, die einen IBA-Lehrling aufnehmen, nehmen das Beratungsangebot gerne an (33 zustimmende Nennungen, 97,1% bei n=34) und wünschen sich zumeist auch einen regelmäßigen Kontakt zur/ zum BerufsausbildungsassistentIn(30 zustimmende Nennungen bzw. 88,2% bei n=34; 4 eher nicht zustimmende Nennungenbzw. 11,8%). Dies deckt sich mit der Meinung der BerufsausbildungsassistentInnen,dass tatsächlich auch ein regelmäßiger Kontakt stattfinden sollte (32der 34 Befragten stimmen hierbei zu). Drei Viertel der Befragten geben auch an, dassUnternehmen sich generell mehr Beratung und Hilfestellung wünschen würden, auchals "normaler" Lehrbetrieb. Im Gegensatz dazu geben aber auch 55,9% (19 aus 34Personen) überwiegend eher an, dass Unternehmen nur in Problemfällen Kontakt zur BAS wollen, dann aber unverzüglich. Diese vermeintlich widersprüchliche Aussage kann abhängig vom Zeitpunkt der IBA interpretiert werden: Während am Anfang sehrregelmäßiger Kontakt notwendig ist, reicht es in späteren Phasen der Lehre für vieleaus, wenn nur bei Bedarf bzw. Problemen ein Kontakt hergestellt wird.

BerufsausbildungsassistentInnen sehen es als eine der wichtigsten Aufgaben in Bezug auf Unternehmen an, realistische Erwartungen zu schaffen und Hilfestellung zugeben, wie mit Jugendlichen gut umgegangen werden kann (33 Befragte bzw. 97,1% stimmen zu; 1 stimmt eher nicht zu bei n=34). Anfängliche Euphorie seitens der Unternehmen, die gedämpft werden muss, kommt nur vereinzelt (5 Zustimmungen, 14,7% bei n=34) vor, ebenso wie die Notwendigkeit, "allzu informelle Beziehungen"zwischen Eltern und Unternehmen aufzubrechen (7 Zustimmungen, 20,6% bei n=34).

Gefragt nach der Einschätzung, warum Betriebe einen IBA-Lehrling aufnehmen, sieht der Großteil der Befragten ganz klar das zusätzliche Fördergeld als wesentlichen Motivationsfaktor (16 Mal Top-1-Nennung). Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass die Mehrzahl der Befragten davon ausgeht, dass durchschnittlich 66,9% der Unternehmen keinen IBA-Lehrling aufnehmen würden, wenn es dafür keine finanzielle Unterstützung gäbe. Die Einschätzung der ohne Förderung nicht zustande kommenden Lehrverhältnisse seitens der BerufsausbildungsassistentInnen beträgt hier gar bis zu 95% der Lehrverhältnisse.

Weitere Gründe einen IBA-Lehrling aufzunehmen liegen darin, dass sich der Betrieb in einer Region befindet bzw. eine Branche bedient, die eher unattraktiv ist, weshalb reguläre Lehrlinge schwer zu finden sind (8-mal Top-1-Nennung). Informelle Beziehungen zwischen UnternehmerInnen und Eltern werden noch 4-mal als Top-Nennung angegeben, die sozialen Grundsätze eines Unternehmens 3-mal.

Die Rangreihe der Gründe, warum Betriebe einen IBA-Lehrling einstellen, zeigt somit folgendes Bild:

  1. Fördergeld

  2. eher unattraktive Region oder Branche

  3. informelle Beziehungen zwischen Unternehmen und Eltern

  4. soziale Grundsätze eines Unternehmens

Diese Befunde decken sich gut mit Erkenntnissen aus JASG-Evaluationen, wo beispielsweise für Wien festgehalten werden kann, dass in 44% der Fälle die Aufnahme des Lehrlings aufgrund der Förderung zustande kommt bzw. in 18% der Fälle, weil keine regulären Lehrlinge gefunden werden können. (KMU Forschung, 2006, S. 35)

Spezialbetrachtung Berufsschulen

Da sich in den explorativen Gesprächen und den Literaturrecherchen bereits gezeigt hat, dass im Hinblick auf Berufsschulen Optimierungspotenziale gesehen werden, wurden auch hierzu zwei Fragen in den Fragebogen eingebaut. Die BerufsausbildungsassistentInnen wurden dazu angehalten, ausgehend von vier grundsätzlichen Zugängen zur Berufsschulgestaltung das für sie passendste und praktikabelste Konzept anzukreuzen.

  • Um vor allem Fortschritte bezüglich der Erreichbarkeit und dem Informationsfluss zu erzielen, sprechen sich 46,9% der Befragten (15 Personen, n=32) dafür aus, dass in jeder Berufsschule regelmäßig Schulkonferenzen abgehalten werden, wo die Situation der einzelnen IBA-SchülerInnen im Team besprochen werden sollen.

  • Demgegenüber geben 25,0% (8 Befragte) an, dass die Freiräume so wie sie jetzt sind, beibehalten werden sollen und jede Schule selbst für sich den besten Weg suchen sollte, die IBA-Lehrlinge zu integrieren.

  • Weitere 21,9% (7 Personen) hingegen wünschen sich an jeder Berufsschule eine( n) Integrationsbeauftragte(n), welche(r) sowohl AnsprechpartnerIn für die BAS wie auch im Kollegium bzgl. didaktischer Fragen beratend tätig sein soll.

  • Zwei Befragte (6,25%) sprechen sich für ein einheitliches System für alle Berufsschulen aus.

Zusammengefasst bedeutet das, dass sich 75% der befragten BerufsausbildungsassistentInnen für ein einheitliches Berufsschulsystem, in welcher Form auch immer, aussprechen.

Infolge der steigenden Zahl von IBA-SchülerInnen haben manche Berufsschulen begonnen, eigene Klassen für diese einzurichten, ein Konzept, welches nicht unumstritten ist und ebenfalls den Befragten zur Bewertung vorgelegt wurde. 47,1% der Befragten (16 Personen bei n=34) geben an, dass diese Form der Berufsschule für die Jugendlichen mit einigen Vorteilen verbunden ist, weshalb diese ebenfalls von Seiten der BAS unterstützt werden sollte. Allerdings geben auch 38,2% der Befragten (13 Personen) zu bedenken, dass durch diese eigenen Klassen der integrative Aspekt beschnitten wird. Relativ pragmatisch sehen weitere 5 Befragte (14,7%) das Thema, welche die eigenen IBA-Klassen aus organisatorischen und finanziellen Gründen für die beste und effektivste Lösung halten.

4.2.4 Erfolg und Qualität

Wo werden nun von den BerufsausbildungsassistentInnen die Erfolgsfaktoren für eine zielführende IBA gesehen? Für den Erfolg einer IBA ist eine Vielzahl von Faktoren entscheidend, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität. Im Grunde liegt die Kernkompetenz darin, Probleme so schnell wie möglich zu erkennen, was durch regelmäßigen Kontakt erleichtert wird und dann in Zusammenarbeit mit der/ dem Jugendlichen eine umsetzbare Lösung zu finden, weshalb gegenseitiges Vertrauen zwischen den einzelnen AkteurInnen (Jugendliche/r; UnternehmerIn etc.) ebenfalls erforderlich ist.

Aber auch das Finden der individuell richtigen Ausbildungsform kann von Anfang an das Risiko eines Lehrabbruchs reduzieren. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Arbeit eines/ einer BerufsausbildungsassistentIn ist das Empowerment und die Selbstwertstärkung der Jugendlichen sowie regelmäßige Nachhilfe. Um diesen vielen Anforderungen gerecht werden zu können, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die/ der BerufsausbildungsassistentIn überdurchschnittlich flexibel und gut für die KlientInnen erreichbar ist.

Abbildung 4-5 zeigt die Mittelwertsdarstellung der Einflussfaktoren auf einen erfolgreichen Verlauf der IBA. Je geringer der Mittelwert, umso einflussreicher wird ein Faktor auf einen positiven IBA-Verlauf eingeschätzt. Ein Wert von 1,0 würde bedeuten, dass der Faktor von allen Befragten als sehr wichtig eingestuft wurde, ein Wert von 6,0 würde bedeuten, dass alle den Faktor als sehr unwichtig einstufen. Die Skalierung reicht somit von sehr wichtig (1,0) über wichtig (2,0), eher wichtig (3,0), eher unwichtig (4,0) und unwichtig (5,0) bis hin zu sehr unwichtig (6,0).

Die wichtigsten 5 Eckpfeiler aus Sicht der BerufsausbildungsassistentInnen sind demnach:

  1. die Unterstützung in Konfliktsituationen bzw. generell Konfliktmanagement,

  2. Betreuungskontinuität,

  3. die schnelle Reaktion auf Problemstellungen,

  4. ein guter Kontakt zur/ zum Jugendlichen und ein dementsprechend gutes Vertrauensverhältnis sowie

  5. das Wissen und die Fachkompetenz des/ der BerufsausbildungsassistentIn.

Abbildung 4-5: Erfolgsfaktoren der IBA nach Einschätzung der BerufsausbildungsassistentInnen; Skalierung: 1 = stimme sehr zu, 2 = stimme zu, 3 = stimme eher zu)

BerufsausbildungsassistentInnen bewerteten im Zuge der Befragung auch Vorschläge und Wünschezur Qualitätssicherung ihrer Arbeit nach Wichtigkeit. Die vom IBEvordefinierten Vorschläge wurden aus den explorativen Gesprächen und Recherchenabgeleitet und den Befragten zur Bekanntgabe ihrer Zustimmung (1,0 = stimme sehrzu, stimme zu, stimme eher zu, stimme eher nicht zu, stimme nicht zu, 6,0 = stimmegar nicht zu) vorgelegt.

Folgende Tendenzen lassen sich aus den Ergebnissen ableiten:

  • Die stärkste Zustimmung erfährt die Aussage, dass es statt einjähriger Projektzuschläge mehrjährige Projektzuschläge geben soll (MW = 1,07; n=30).

  • Während sehr konkrete weitere Reglementierungen, wie etwa vorgeschriebene Job-Qualifikationen der BerufsausbildungsassistentInnen, eher abgelehnt werden, kristallisiert sich heraus, dass der starke Wunsch besteht, Ausschreibungen und Vergaben der Fördergeber nach einheitlichen Qualitäts- und Leistungsstandards vorzunehmen (MW = 1,80; n=30).

  • Das Angebot der BAS sollte ausgeweitet werden, etwa auch auf reguläre Lehrlinge, wo sich ein Abbruch abzeichnet (MW = 1,70; n=33).

  • Zu wenige Menschen wissen über die BAS Bescheid - zusätzliche Aufklärungsund Öffentlichkeitsarbeit sollte geleistet werden (MW = 1,79; n=34).

  • Lehrbetriebe sollten generell mehr Unterstützung erhalten (MW = 1,85; n=34).

  • Die Träger sollten auch weiterhin selbst entscheiden können, welche Qualifikationen/ Fertigkeiten ein(e) zukünftige(r) BerufsausbildungsassistentIn mitbringen sollte (MW = 2,06; n=34).

  • Jugendliche sollten schon während der Pflichtschulzeit mehr betreut und beraten werden, um einen fließenderen Übergang gewährleisten zu können (MW = 2,18; n=34).

Die BAS wird von den Befragten auch weiterhin als Notwendigkeit gesehen, welche durchaus auch zukunftsträchtig ist. Das Konstrukt der IBA beschreiben sie als sehr taugliche Integrationsmaßnahme, die eine Lücke geschlossen hat.

Auf die Frage, ob der derzeit per Gesetz definierte Aufgabenbereich der BAS ausgedehnt werden soll, antworten 30 der 34 antwortenden Befragten mit "Nein" (88,2%). Nur je zwei BerufsausbildungsassistentInnen (5,9%) sprechen sich dafür aus, dass eine Ausdehnung auf die Zeit der Lehrstellensuche und/ oder die Nachbetreuung erfolgten sollte. Allerdings wünschen sich 12 Personen, die grundsätzlich keine Gesetzesänderung befürworten, eine stärkere/ verbesserte Vernetzung zwischen den verschiedenen Maßnahmen (z.B.: Clearing, Arbeitsbegleitung) oder es soll für jede/n Jugendlichen in Zukunft ein "Maßnahmen-Portfolio" erstellt werden.

34 Befragte bewerten auch die Treffsicherheit der gesetzlichen Zielgruppendefinition. 25 der 34 auswertbaren Nennungen (73,5%) stufen die gesetzlich definierten Zielgruppen als die "richtigen" ein. 5 Personen (14,7%) geben an, dass Jugendliche in der IBA sind, die eigentlich eine andere Maßnahme benötigen würden. Hierbei werden vor allem Jugendliche mit sozialen/ emotionalen Verhaltensauffälligkeiten, wo ein erhöhter psychologischer Betreuungsbedarf entsteht, erwähnt.

4 Nennungen (11,8%) beziehen sich darauf, dass die IBA potenzielle KlientInnen übersieht. Auch dabei wird mehrmals darauf hingewiesen, dass Jugendliche mit starken Verhaltensauffälligkeiten übersehen werden und eigentlich Anspruch auf eine IBA haben sollten. Es herrscht also Uneinigkeit, inwieweit (psychologisch belastete) Härtefälle den Rahmen der BAS/ IBA sprengen würden oder auch nicht. Ebenfalls übersehen werden nach Ansicht der BerufsausbildungsassistentInnen andere Jugendliche mit Lernschwächen, wie zum Beispiel HauptschülerInnen in der 3. Leistungsgruppe sowie reguläre Lehrlinge, wo ein Lehrabbruch droht.

4.2.5 Idealbild, Gestaltungsspielräume und Arbeitszufriedenheit

Bezüglich der Persönlichkeitsmerkmale, die ein/e BerufsausbildungsassistentIn aufweisen soll, kristallisiert sich im Zuge der Auswertung ein sehr klares Idealbild heraus. Die/ Der BAS sollte...

  • Jugendliche insgesamt sehr stark als ein Anliegen wahrnehmen,

  • sehr kommunikationsfähig sein,

  • sehr belastbar sein,

  • sehr motivierend auf Jugendliche einwirken können,

  • auf jeden Fall eine gefestigte Persönlichkeit haben,

  • zeitlich sehr flexibel reagieren können,

  • einfühlsam sein,

  • durchsetzungsstark und konsequent sein,

  • (eher) nicht zu emotional sein,

  • (eher) teamfähig sein,

  • eher nicht streng bzw. nicht unnachgiebig sein.

22 der 35 auswertbaren Fragebögen (62,9%) enthalten die Information, dass der individuelle Gestaltungsspielraum durch die Gesetzgebung des BAG nicht einschränkt und genau passend ist, 11 weitere (31,4%) geben an, dass das Gesetz sie kaum einschränkt oder teilweise sogar zu unkonkret ist. Nur 2 Befragte (5,7%) fühlen sich sehr durch die Bestimmungen des BAG eingeschränkt.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bezüglich der Vorgaben/ Richtlinien des Trägers: 18 der 35 befragten und auswertbaren Aussagen der BerufsausbildungsassistentInnen (51,4%) haben zum Inhalt, dass diese sich nicht eingeschränkt fühlen bzw. diese passend finden, 13 Personen (37,1%) fühlen sich kaum eingeschränkt bzw. haben nur unkonkrete Vorgaben. Immerhin 4 Personen (11,4%) geben an, dass die Vorgaben/ Richtlinien sie sehr in ihrem individuellen Spielraum einschränken.

Die Bewertung der Rahmenbedingungen (Finanzen, Lehrvertrag, Schule etc.) wird von 34 Befragten vorgenommen. Hierdurch fühlen sich 10 Personen (29,4%) sogar sehr eingeschränkt, 16 weitere (47,1%) etwas eingeschränkt bzw. beurteilen diese als teilweise zu unkonkret und lediglich 8 Befragte (23,5%) empfinden die Rahmenbedingungen als passend.

Nach den Einflussfaktoren gefragt, die den Gestaltungsspielraum schrumpfen lassen, zeigt sich, dass der Lehrvertrag sowie der Lehrberuf kaum einen relevanten Einfluss haben. Zur Beantwortung dieser Frage wurden alle angegebenen Faktoren in eine Rangreihe gebracht. Berechnet man Mittelwerte und Mediane (je höher der Mittelwert bzw. Median, umso weniger einschränkender Einfluss auf den Gestaltungsspielraum) zeigt sich folgendes Bild:

  1. Der Lehrling (Mittelwert: 2,66; Median: 1,00)

  2. Die Eltern (3,74; 3,00)

  3. Das Unternehmen (3,94; 4,00)

  4. Die Berufsschule (4,06; 5,00)

  5. Der Wohn- bzw. Lehrort (4,49; 5,00)

  6. Die Finanzen (4,43; 5,00)

  7. Der Fördergeber (4,60; 6,00)

Der Lehrling, sein soziales Umfeld (Familie) und das Unternehmen haben somit den stärksten einschränkenden Einfluss auf den Gestaltungsspielraum. Etwas weniger eingeschränkt fühlen sich BerufsausbildungsassistentInnen durch die Berufsschule, den Wohn- bzw. Lehrort, die Finanzen und die FördergeberInnen. Kaum einen Einfluss üben Lehrvertrag und Lehrberuf aus.

Die Fragen zur eigenen Arbeitszufriedenheit der BerufsausbildungsassistentInnen werden von 34 Personen beantwortet. Genau die Hälfte der Befragten (17) ist mit ihrem/ seinen Job sehr zufrieden, weitere 41,2% (14) zufrieden, zwei Personen (5,9%) eher zufrieden. Nur eine Person (2,9%) stuft sich als unzufrieden ein.

Abbildung 4-6: Arbeitszufriedenheit der BerufsausbildungsassistentInnen (n=34)

Als motivierend empfinden die Befragten folgende Faktoren (N=51, Mehrfachnennungen

möglich):

  • Erfolgserlebnisse der Jugendlichen, Begleiten der Entwicklung der Jugendlichen (14 Nennungen)

  • Abwechslung und Flexibilität (11 Nennungen)

  • selbstständiges Handeln und Entscheiden, Casemanagement, individuelle Betreuung (6 Nennungen)

  • anspruchsvolle Tätigkeit, Herausforderung (6 Nennungen)

  • Arbeit am Menschen/ mit Jugendlichen (5 Nennungen)

  • Chancen schaffen für Jugendliche mit ungünstigen Voraussetzungen/ Startbedingungen (4 Nennungen)

  • positive Rückmeldung der Firmen/ PartnerInnen (2 Nennungen)

  • Zusammenarbeit mit den verschiedenen AkteurInnen (1 Nennung)

  • gerechte Entlohnung (1 Nennung)

  • hohe Verantwortung (1 Nennung)

Schwierig bzw. problembehaftet werden hingegen folgende Sachverhalte beurteilt (N=43, Mehrfachnennungen möglich):

  • Handling von Problemfällen (12 Nennungen)

  • Rahmenbedingungen des Fördergebers, va. Kostenwettbewerb (8 Nennungen)

  • Zeitdruck durch ungünstigen Betreuungsschlüssel (5 Nennungen)

  • Mehrfachbelastungen (4 Nennungen)

  • hoher administrativer Aufwand (4 Nennungen)

  • schwieriger Erwartungsabgleich zwischen den Anspruchsgruppen (2 Nennungen)

  • schwierige Zusammenarbeit mit Berufsschulen (3 Nennungen)

  • unklare Zuständigkeiten (2 Nennung)

  • unzureichender Informationsfluss (1 Nennung)

  • unzureichende Qualifikationen (1 Nennung)

  • zu wenig Öffentlichkeitsarbeit (1 Nennung)

Gefragt nach Faktoren, welche sich verstärkend positiv auf die Arbeit auswirken würden, zeigt sich, dass insbesondere ein höheres Gehalt sowie längere Laufzeiten bei der Vergabe der IBA Einfluss auf die Arbeitszufriedenheit haben. Überwiegend eher verstärkend würde sich auch eine Reduktion der KlientInnenzahl positiv auf die Arbeitszufriedenheit auswirken. Ein fixes Anstellungsverhältnis sowie der trägerinterne Austausch werden stark mehrheitlich als bereits ausreichend gegeben bezeichnet.

4.2.6 Zusammenschau

Berufsausbildungsassistenz ist eine Form der Dienstleistungserbringung direkt an und mit den KundInnen. Dieser integrative Charakter der Leistungserbringung hat zur Folge, dass die "Produktion" der Leistung nicht nur in der Interaktion, sondern auch immer aus der konkreten Situation heraus erfolgt. Berufsausbildungsassistenz kann quasi nicht "auf Lager" produziert werden, sondern erfordert in jeder Situation, die gerade bestmögliche Performance zu liefern. Diese Dienstleistungserbringung direkt anden Menschen macht den Beruf der BerufsausbildungsassistentIn besonders anspruchsvoll, ein hohes Maß an kommunikativen und sozialen Kompetenzen ist hierfür erforderlich.

Verschärfend kommt hinzu, dass die Berufsausbildungsassistenz nicht nur eine KundInnengruppe zu bedienen hat, sondern als Koordinationsstelle zwischen mehrerenStakeholdern oft ausgleichend und vermittelnd wirken muss und stets nach win-win- Lösungen für die jeweils beteiligten Anspruchsgruppen sucht.

Weiters darf nicht übersehen werden, dass die primäre Zielgruppe der Jugendlichen mit Nachreifungsbedarfen mitunter eine schwierig zu bedienende ist, die in derBetreuung vielfach spezielle Kenntnisse, Kompetenzen und Fähigkeiten erfordert. Zudemliegt jeder Fall etwas anders, sodass eine hohe inhaltliche wie auch zeitliche Flexibilität notwendig ist.

Aber nicht nur hohe soziale Kompetenz ist gefordert, auch exzellente organisatorische Fähigkeiten sind gefragt, da ein hohes Maß an administrativen Tätigkeiten erbrachtwerden muss.

Die BAS zeichnet sich durch ihren ganzheitlichen Zugang zur Lebens- und Arbeitssituation der/ des Jugendlichen aus und weist aufgrund ihrer zentralen Schlüsselposition zahlreiche Schnittstellen zu weiteren relevanten AkteurInnen (Fördergeber, Berufsschule, Betriebe/ Ausbildungseinrichtungen, Sozialeinrichtungen, Wirtschaftskammer, Nachhilfe- bzw. FörderlehrerInnen, Umfeld des Jugendlichen) auf. Die Bewertung der Zusammenarbeit mit diesen Stellen wird mit sehr gut bis eher gut bewertet. Verbesserungspotenziale in der Zusammenarbeit mit anderen AkteurInnen werden insbesondere beim Umfeld der/ des Jugendlichen - gerade betreffend Zuständigkeiten/ Aufgabenverteilung, Offenheit/ Klarheit und Erreichbarkeit - und den Berufsschulen - vor allem Erreichbarkeit, Wohlwollen/ Entgegenkommen und Informationsaustausch - gesehen. In den Berufsschulen wird eine Möglichkeit darin gesehen, das Thema integrative Lehrlinge zu "institutionalisieren", etwa durch regelmäßige Schulkonferenzen und/ oder Integrationsbeauftragte.

Abbrüche erfolgen überwiegend aus klassischen Problemen heraus, die auf reguläre Lehrlinge genauso zutreffen können. In den meisten Fällen kann ein Abbruch durch die BAS abgewendet werden (z.B.: durch Wechsel der Lehrform, Wechsel des Betriebs) oder eine sonstige für beide Seiten befriedigende Lösung (z.B.: Vermittlung zu einer anderen Beratungseinrichtung, Abbruch aber Verbleib als unqualifizierte Arbeitskraft) erzielt werden. Eine mögliche Weiterentwicklung der BAS könnte daher sein, dass BerufsausbildungsassistentInnen sich generell als Anlaufstelle bei drohendenLehrabbrüchen zur Verfügung stellen.

Aus einigen Fragen ableitbar ist auch ein gewisses Sicherheitsbedürfnis der BerufsausbildungsassistentInnen. Um Betreuungskontinuität - die den zweitwichtigsten Einflussfaktor für einen erfolgreichen Verlauf der IBA darstellt - zu gewährleisten, sollten Projektzuschläge künftig für mehrere Jahre erteilt werden. Auch der Preiswettbewerb unter den AnbieterInnen der BAS wird kritisch beurteilt, dieser wirke sich negativ auf die Qualität aus. Zumindest sollten Vergaben von einheitlichen LeistungsundQualitätsstandards abhängig gemacht werden.

Auch der Betreuungsschlüssel wird von einigen als problematisch beschrieben. Insbesondere bei zeitgleichem Auftritt mehrerer "Problemfälle" kommt es zu Mehrfachbelastungen und hohem Arbeitsdruck. Wiederum wird auch beim Betreuungsschlüssel auf den negativen Einfluss bei zu vielen KlientInnen bzw. Überlastung hingewiesen.

Weitere Entwicklungswünsche der BerufsausbildungsassistentInnen beziehen sich auf die Informationsflüsse. So sollten Informationen zu potenziellen IBA-Jugendlichen bereitsaus der Regelschule heraus verfügbar sein, um einen fließenderen Übergang zu gewährleisten bzw. allen eine IBA bieten zu können, die entsprechende Nachreifungsbedarfe aufweisen. Bislang würden etwa SchülerInnen mit schlechten Noten in dritten Leistungsgruppen der Hauptschulen oft übersehen. Aber auch insgesamt wünschen sich BerufsausbildungsassistentInnen mehr Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit zur Möglichkeit der IBA.

5 Jugendliche in integrativen Berufsausbildungen (IBA)

Der Weg der Jugendlichen in die IBA erfolgt über das Arbeitsmarktservice. Nun muss eine Ausbildungsstätte gesucht werden. Gemäß § 8b Abs. 3 soll diese vorrangig ein Lehrbetrieb sein, nur wenn eine Unterbringung in der freien Wirtschaft nicht möglich ist, besteht die Möglichkeit der Absolvierung der Lehre in eigenen Ausbildungseinrichtungen.

Abbildung 5-1: Ablaufschema zum Weg in die IBA/ BAS; Quelle: styria integra, 2005, S. 13

Ist ein Lehrplatz gefunden, treten die BerufsausbildungsassistentInnen mit allen oben beschriebenen Funktionen und Aufgaben in Aktion. Wie diese von den Jugendlichen selbst beurteilt werden und welche Meinung die Jugendlichen generell zur Möglichkeit der Berufsausbildungsassistenz haben, wurde in 10 oberösterreichweit persönlich durch geschulte InterviewerInnen durchgeführten Interviews erhoben.

5.1 Inhalt und Fragestellungen der persönlichen Interviews

Die Interviews wurden im Zeitraum 12.11.2008 bis 12.12.2008 durchgeführt und dauerten jeweils zwischen 35 und 45 Minuten. Entsprechend der Verteilung der aktuell gesamt betreuten Jugendlichen aus den Datenbankauszügen wurde beabsichtigt, 8 Jugendliche des Trägers Jugend am Werk GesmbH (je 4 in der Kostenträgerschaft AMS und BSB) und 2 Jugendliche des Trägers Hilfswerk zu befragen. Trotz mehrfacher telefonischer wie schriftlicher Anfragen beim Träger Hilfswerk - sowohl auf operativer als auch Geschäftsführungsebene - erfolgte über einen Zeitraum von 6 Wochen keine Nominierung, sodass letztlich alle Jugendlichen seitens des Trägers Jugend am Werk nominiert wurden.

Als methodischer Zugang wurde das narrative Interview gewählt, das den Jugendlichen den notwendigen Raum gibt, frei ihre Erfahrungen mit und auch rund um die Berufsausbildungsassistenz (Erfahrungen vor der BAS, Verlauf der BAS/ IBA, berufliche Perspektiven nach der BAS) kund zu tun.

Die InterviewerInnen sind dabei nach grober Vorgabe des Themas/ der Fragestellung darauf geschult, möglichst wenig in den Prozess des Erzählens seitens der/ des Jugendlichen einzugreifen und nur durch Zwischenfragen den Erzählprozess in den für die Auswertung relevanten inhaltlichen Bahnen zu halten. InterviewerInnen halten zur notwendigen Strukturierung aber eine Checkliste (siehe Anlage), die Auskunft über die zu erfragenden Inhalte gibt und für Jugendliche, denen es schwerfällt frei zu erzählen, mit Fragen bereit, um gegebenenfalls auch stärker in den Modus einer klassischen Leitfaden-Befragung zu wechseln.

Wesentlicher Vorteil dieses narrativen Zugangs ist die gesamthafte Betrachtung der Lebensrealitäten und Erfahrungshintergründe der Jugendlichen. Die Methode ermöglicht das Erkennen von Zusammenhängen und Wechselwirkungen, was bei stark standardisierten Verfahren kaum möglich ist.

Die Auswahl der Jugendlichen zur persönlichen Befragung erfolgte nach Maßgabe dreier Ansatzpunkte:

  1. Nach der Möglichkeit, die/ den Jugendlichen zur Befragung heranzuziehen (Voraussetzung, dass das Gespräch ohne sonderpädagogische Begleitung durchführbar ist, allgemeine Gesprächsbereitschaft)

  2. Nach der Verwertbarkeit für die Studie ("typische" Fälle und besondere Fälle)

  3. Nach der Verteilung der sozio-demografischen Merkmale laut Gesamtdatenbank

Aufgrund der Schwierigkeiten im Kontext der Nominierung trat die Auswahl der Jugendlichen analog zu den sozio-demografischen Merkmalen der gesamt in der Datenbank erfassten Jugendlichen in den Hintergrund und der Fokus wurde darauf gelegt, folgende sichtbaren Grundtendenzen aus der Datenbank abzudecken:

  • Tendenziell nehmen mehr männliche Jugendliche an der IBA teil.

  • Regionale Kumulationspunkte finden sich an den Wohnorten Linz-Land, Vöcklabruck, Linz, Wels, Steyr.

  • In Lehrbetrieben werden eher verlängerte Lehren angeboten.

5.2 Strukturmerkmale der interviewten Jugendlichen

Entsprechend diesen Grundtendenzen wurden 4 weibliche und 6 männliche IBA-Lehrlinge befragt. Das Alter variiert zwischen 17 und 26 Jahren, im Durchschnitt sind die befragten Lehrlinge 19 Jahre alt.

Die Verteilung der Wohnorte der Befragten entspricht mit Ausnahme der Stadt Linz (diese Jugendlichen betreut fast ausschließlich der Träger Hilfswerk) den Mengenverhältnissen der Gesamtdatenbank: So wurden in der stärksten Kategorie der Datenbank, dem Bezirk Linz-Land, drei Personen befragt, je zwei Personen aus Vöcklabruck und Steyr, eine Person aus Wels. Zwei weitere Personen kamen aus Gebieten, in denen die IBA eher seltener in Anspruch genommen wird (Steyr-Land, Eferding).

Die Form der IBA-Lehre ist in 9 der 10 Fälle die verlängerte Lehre und in nur einem Fall die Teillehre, vereinzelt wurde auch von der Teilqualifizierung in die verlängerte Form gewechselt. Dieser Überhang im Vergleich zur Datenbank kommt dadurch zustande, dass Personen in verlängerten Lehren eher den oben genannten Auswahlkriterien (Möglichkeit, Verwertbarkeit) entsprachen und ein bewusstes Augenmerk auch darauf gelegt wurde, Lehrlinge in regulären Betrieben zu befragen. Ein/e befragte/r Jugendlicher absolviert seine Lehre in einer Ausbildungseinrichtung, eine Person ist in einem gemeinnützigen Verein beschäftigt, zwei Personen im (halb-)öffentlichen Bereich, sechs Jugendliche arbeiten in Lehrbetrieben der Privatwirtschaft.

Die Zuordnung der Einstufung der Jugendlichen nach § 8b Abs. 4 gestaltet sich schwierig, vielfach gehen die Einstufungen sonderpädagogischer Förderbedarf, sonstige Vermittlungshemmnisse und negativer bzw. kein Pflichtschulabschluss Hand in Hand miteinander einher. Vier Personen weisen auch Beeinträchtigungen auf. Die InterviewerInnen wurden angehalten, das jeweils am stärksten ausgeprägte Merkmal zu erfassen. Dementsprechend zeigt sich folgende Verteilung: 2 Personen mit Behinderung, 5 Personen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, 3 Personen mit negativem bzw. keinem Pflichtschulabschluss.

Lehrberuf

Anzahl

Köchin/ Koch

3

Einzelhandelskauffrau /-mann

2

FriseurIn

1

RauchfangkehrerIn

1

KFZ-TechnikerIn

1

Straßenerhaltungsfachkraft

1

Bürokauffrau/ -mann

1

Summe alle Befragten

10

Unter den gewählten Berufen der Jugendlichen finden sich 3 KöchInnen, 2 Einzelhandelskauffrauen/-männer und je ein/e FriseurIn, RauchfangkehrerIn, KFZ-TechnikerIn, Straßenerhaltungsfachkraft, Bürokauffrau/ -mann.

5.3 Einzelfallstudien/ Case-Boxen

Im Folgenden sind die Einzelfallstudien in Form von Einzel-Case-Boxen aufbereitet. Jede Box stellt für sich die Kurzdarstellung der Lebens- und Arbeitssituation eines IBA-Lehrlings dar und soll die Lebensrealitäten im Kontext der Lehre mit Betreuung wiedergeben. Die Namen der Lehrlinge sowie ihrer BerufsausbildungsassistentInnen wurden in Form von Umbenennungen anonymisiert. Im Anschluss an die Einzeldarstellungen erfolgt in Kapitel 5.4 eine übergreifende Auswertung der sichtbar werdenden Beurteilungen und Problemlagen.

5.3.1 Case-Box 1: Mario

Mario, Straßenerhaltungsfachmann

2. Lehrjahr, § 8b Abs. 4 Zi 1 BAG

Mario | Mario ist 17 Jahre alt und lebt seit seiner Geburt in einer eher ländlich geprägten Kleinstadt. Während sein Vater, ein ehemaliger Fliesenlegermeister, und seine Mutter, die als Putzkraft tätig war, inzwischen pensioniert sind, arbeiten Marios vier Geschwister in sehr unterschiedlichen Bereichen (EDVTechnik, Polizei, Einzelhandel und Finanzberatung). Als jüngster Spross der Familie wohnt er noch bei den Eltern, plant aber, irgendwann mit seinem besten Freund zusammenzuziehen.

Zwischen Bauhof und Feuerwehr | Marios Pflichtschulzeit verteilt sich auf fünf Jahre Volksschule und vier Jahre Hauptschule. "Die zweite Klasse VS habe ich freiwillig wiederholt." sagt er und erzählt von seiner Legasthenie und persönlichen Schwierigkeiten mit einer Lehrerin. "Rechtschreiben konnte ich nie.In Deutsch war ich immer schlecht, auch in Englisch und Mathematik." Im auffallenden Gegensatz zur Schreibschwäche steht Marios verbale Ausdrucksfähigkeit. Die Hauptschule besucht er dennoch als Schüler mit SPF-Status in den erwähnten drei Fächern.

Nach erfolgreichem Abschluss gelingt es Mario nicht, einen Lehrplatz zu finden, worauf er in einen Berufsorientierungskurs der Volkshilfe vermittelt wird, den er selbst als "Übergangslösung" bezeichnet. Ein ganzes Jahr verbringt er dort, erhält wöchentlich Nachhilfe (4 Stunden) bzw. Legasthenie-Training (3 Stunden) und verbessert dadurch speziell seine Rechtschreibung. Zudem absolviert er Praktika in diversen Kfz-Werkstätten der Umgebung. "Eigentlich wollte ich immer Automechaniker werden, aberdann habe ich ein Praktikum im Bauhof gemacht. Dort habe ich gesehen, dass man viel mehr lernt. Manmuss Maurern, Zimmern, Reparieren oder Tischlern. Es ist nie schlecht, wenn man das alles später einbisschen kann."

Es ist Marios Vater, der schließlich durch Gespräche mit dem Bürgermeister und der Bauhof-Führung nicht nur einen Lehrplatz, sondern auch eine besondere Abmachung für ihn erreicht. Bei Bedarf ist es ihm erlaubt, die Ausbildungsstätte zu verlassen, um bei der Freiwilligen Feuerwehr, der er seit Jahren angehört, auszuhelfen. Im Laufe des Gesprächs wird deutlich, dass die Feuerwehr ganz oben auf Marios Prioritätenliste steht und sich seine Arbeit im Idealfall danach richtet. "Das ist mehr als mein Hobby. Ich mache Fortbildungskurse und verbringe jede freie Minute in der Zentrale." erzählt er aus voller Leidenschaft. Nicht zuletzt deswegen scheint er seine augenblickliche Situation sehr zu schätzen. Aufgrund seiner schulischen Schwächen wird er für die verlängerte Lehrzeit der IBA nominiert, was auch von seinen Eltern unterstützt wird.

Gutes Gefühl | Von seiner Berufsausbildungsassistentin Anja spricht Mario nur in den höchsten Tönen: "So wie's ist, passt es perfekt!" Die beiden treffen sich zum ersten Mal drei Wochen vor dem Start der Lehre und seitdem meist monatlich in einer betrieblichen Vormittagspause. Sofort hätten sie sich verstanden, berichtet Mario. Es sei von Anfang an "locker" mit ihr gewesen und er hätte schnell das Gefühl gehabt, sich auf sie verlassen zu können. Waren ihre Gespräche in den ersten Monaten hauptsächlich beruflicher Natur, haben sie sich im Laufe der Zeit um private Elemente erweitert: "Ich würde schon sagen,dass wir inzwischen ein freundschaftliches Verhältnis haben."

Ähnlich positiv verhält es sich mit Marios Meinung zur Berufsschule. Er erinnert sich an einen Nachmittag mit dem Direktor der Berufsschule, der alle IBA-Schüler einige Tage vor Beginn des Unterrichts eingeladen hatte: "Ich habe es sehr gut gefunden, alles vorher zu sehen. Das hat mir geholfen." Er besucht die Schule in geblockter Form und hat die erste Klasse erfolgreich abgeschlossen. "Wir hatten eine eigeneintegrative Klasse, aber das wurde nie so gesagt. Ich glaube gar nicht, dass die Schüler in anderen Klassenes wussten, denn bei den praktischen Übungen und in den Pausen waren wir sowieso gemischt." Auffällig ist Marios zustimmende Art und Weise, wenn er erzählt, selbst wenn es um die aus jugendlicher Sicht oft kritisch beäugte Lehrqualität geht. Bis auf eine kleine Ausnahme fühlt er sich sehr gut unterrichtet, gerade auch im "Zitterfach Englisch." Auch wenn keiner der MitschülerInnen in der Hauptschule eine Fremdsprache erlernt hat und somit das Finden einer gemeinsamen Basis erleichtert, betont und lobt er das besondere Gespür des betreffenden Lehrers. Mario hat sich schulisch stabilisiert, nicht zuletzt aufgrund der Nachhilfe- und Lernstunden im Internat. Diese schätzt er, weil die Lehrkräfte der Berufsschule gleichzeitig als Betreuer funktionieren: "Sie wissen was wir gemacht haben. Mit fremden Betreuern wär'das nicht so gut!"

Externer Motivator | Mario ist der einzige Lehrling am Bauhof, der 32 Mitarbeiter beschäftigt. Problem war das nie, was aufgrund der offenen Art des Burschen wenig verwundert. Mit fast allen seiner Kollegen versteht er sich gut, auch mit dem Chef. Mit einigen sind sogar richtige Freundschaften außerhalb der Arbeit entstanden. "Hier ist es nicht so schlimm, wenn ich etwas nicht sofort kann oder mich nicht mehrerinnere. Man hilft mir, ohne dass sich jemand beschwert." Überhaupt wirkt er sehr zufrieden und motiviert, wenngleich er letzteres erneut mit seinem Hobby erklärt: "Die Feuerwehr, das ist meine zweite Familie.Irgendwie hab' ich das Gefühl, dass ich sie im Stich lasse, wenn ich nicht immer helfen kann. Dassich von der Arbeit weg kann, wenn es erforderlich ist, motiviert mich am Bauhof sehr." Wenn es docheinmal "Missverständnisse" gibt, versucht er sie zuerst selbst zu lösen. Gelingt das nicht, bittet er Anja um Hilfe, die "zuerst mit dem Chef spricht und es dann mir erklärt." Das hätte immer gut funktioniert. Bis jetzt hätte es ohnehin nur einmal ein Problem gegeben, als "mich ein Kollege zum Feuerwehreinsatzgefahren hat. Da hat sich der Chef schon ziemlich aufgeregt." Aber auch diese Geschichte wäre mithilfe von Anja schnell ausgeräumt gewesen.

Ich will Feuerwehrmann werden! | "Die Lehre erfolgreich beenden, vielleicht sogar in regulärer Zeit!" und anschließend bei der Berufs- oder Betriebsfeuerwehr anfangen, so stellt sich Mario die perfekte Zukunft vor. Sollte das nicht klappen, kann er sich auch auf eine weitere Karriere am Bauhof einigen, solange sie sich mit der Feuerwehr verbinden lässt.

Mario ist ein offener junger Mann, der aus einem stabilen Umfeld zu kommen scheint. Seine Erzählungen sind durchwegs frei von Zweifeln, er bejaht den Weg, den er eingeschlagen hat und sieht positiv nach vorne. Dennoch findet er es wichtig, dass er mit Anja eine zusätzliche Unterstützung hat, wenn er es nötig hat. "Ohne sie wäre das schon manchmal schwieriger. Ich bin froh, dass sie da ist, wenn ich siebrauche." Betrachtet er das gesamte Modell der integrativen Berufsausbildung, würde er sich wieder dafür entscheiden und es ebenso seinen Freunden empfehlen.

5.3.2 Case-Box 2: Fabian

Fabian, Koch

vor Lehrabschlussprüfung, § 8b Abs. 4 Zi 1 BAG

Fabian | Fabian ist 18 Jahre alt und lebt im Haus seiner Eltern in einer Kleinstadt. Seine Mutter, inzwischen in Frühpension, hat als Kellnerin gearbeitet, während der Vater nach abgeschlossenem Wirtschaftsstudium als Manager eines heimischen Unternehmens tätig ist. Fabian hat zudem eine jüngere Schwester, die noch zur Schule geht.

Herausforderung Sprachen | "In den Sprachen hat's mich immer gehabt!" erzählt Fabian gleich zu Beginn. Nach der Vorschule hätten die Probleme schon in der Volksschule begonnen und man habe Legasthenie festgestellt. In der Hauptschule schwindelt er sich bis zur vierten Klasse irgendwie durch, bevor es ihn in Englisch "erwischt". "Auch in Mathematik und Deutsch war es knapp, aber da ist es sich immerausgegangen." Nach erfolgreicher Wiederholung der Klasse beendet Fabian seine Pflichtschulzeit und beginnt eine Lehre als Koch: "Ich war immer hin- und hergerissen zwischen Kfz-Mechaniker und Koch.Aber dann hatte ich die Chance, in einem Hotel anzufangen und habe sie ergriffen!" führt der durchaus eloquente Jugendliche aus. Seine Tante, die in jenem Hotel arbeitet, ermöglicht ihm ein zweiwöchiges Schnuppern im Betrieb, das schließlich in ein Lehrverhältnis mündet.

Das erste geblockte Berufsschuljahr schließt er mit "Bauchweh" und einem geschafften "Nachzipf in Englisch" ab. Eine befreundete Nachbarin hätte ihm dann von der Möglichkeit einer verlängerten Lehrzeit erzählt und auch den Kontakt zum im Heimatort ansässigen AMS hergestellt, das den Antrag schließlich unterstützt. Dennoch weist Fabian sofort darauf hin, dass er bis zu seiner Lehrabschlussprüfung im regulären Zeitplan der Lehre geblieben ist. Zwei Wochen vor Beginn der zweiten Klasse lernt er seinen BAS Wolfgang zu einer für ihn schweren Zeit kennen.

Probleme im Hotel | "Die Arbeit im Hotel ist immer schlimmer geworden!" blickt der junge Mann zurück. Mit der alten Chefin sei er nicht zusammengekommen, sie wäre immer nur am "Raunzen" und "Fehlersuchen" gewesen. Als sie ihn schließlich im Betriebsurlaub zum Putzen bestellt, wirft er entnervt das Handtuch und kündigt nach knapp eineinhalb Jahren. Sein Vater setzt anschließend alles daran, um dem Sohn schnellstmöglich einen neuen Arbeitsplatz zu besorgen und schafft dies im ortsansässigen Gasthaus.

Blackout | Zum selben Zeitpunkt führt Fabian die ersten Gespräche mit Wolfgang. "Da hat sofort alles gepasst!" erinnert er sich. Die erste Zeit treffen sie sich ein- bis zweimal pro Woche, um insbesondereden Nachhilfeunterricht zu regeln. Dieser findet in der Folge im Gebäude des Bildungsinstitutes direktneben dem Büro von Wolfgang statt, wodurch eine gewisse Begleitungsfrequenz gewährleistet ist. Dennochstellt Fabian klar, dass sich über die Monate der Nachhilfelehrer als eigentliche Bezugsperson herausentwickelt. Dies ist unter anderem in der Tatsache begründet, dass der Bursch während der Berufsschuletrotz seines Aufenthalts im Internat den Förderunterricht fortsetzt: "Die Lehrer im Internat haben nicht die Zeit, jedem alles ausführlich zu erklären. Darum habe ich weiterhin hier gelernt, das war ein ganz schöner Aufwand!" Dieser Aufwand bleibt nicht ohne Wirkung, gerade in Englisch und Französischmacht Fabian große Fortschritte, wenngleich er auf das besondere Gespür seiner Französisch-Lehrerinhinweist: "Sie hat auf meine Legasthenie Rücksicht genommen und, wenn es wo möglich war, nur meine mündliche Leistung bewertet."

Fabian zieht die Berufsschule bis zur Lehrabschlussprüfung durch, obwohl er in jeder Klasse eine Nachprüfung zu bewältigen hat. Grinsend resümiert er die vergangenen drei Jahre: "Ohne Lernschwächewär's ein Paradies gewesen!" Im November 2008 tritt er gut vorbereitet zur Lehrabschlussprüfung an und erzählt von einem Missgeschick davor: "Irgendwie war ich nicht zur Prüfung angemeldet, die wollten michnicht antreten lassen. Wolfgang hat sich für mich den Hintern aufgerissen, dafür bin ich ihm sehr dankbar!" Die Fachprüfung Kochen schafft er ohne Probleme, doch beim Fachgespräch fällt er durch: "Ichhab' ein komplettes Blackout gehabt, ich weiß auch nicht, was da los war."

Schichtwechsel | Fabians Schilderungen des neuen Arbeitsplatzes klingen durchwegs positiv. Endlich hätte er auch was gelernt, sagt er. Mit dem Chef versteht er sich gut: "Der hat mir mehr zugetraut als dieim Hotel!"Mit den neuen Aufgaben wächst das Selbstvertrauen im Job, nicht aber im schulischen Bereich. Den erfolgreichen Abschluss der Lehrprüfung anzweifelnd, kündigt Fabian im Oktober 2008 auf eigene Faust und beschließt, mit Schichtarbeit zu beginnen. Eine Intervention seitens seines BAS hätte es nicht gegeben, behauptet er. "Ich bin nicht im Groll gegangen, aber ich habe mir ein Auto gekauft undda ist mir das Lehrlingsgehalt zu niedrig geworden." versucht sich Fabian in Erklärungen, die aber wie eine Rechtfertigung klingen. Inzwischen scheint er eingesehen zu haben, dass es nicht die beste Entscheidung war, denn einen neuen Job hat er noch immer nicht. "Irgendwie hab' ich mir das leichter vorgestellt..."

Saison oder Umschulung | Das "Schichteln" sieht Fabian als "Zwischenlösung bis zum Bundesheer". Danach will er entweder auf Saison gehen oder eine Umschulung machen: "Eine Kfz-Lehre würde mirschon taugen. Auf jeden Fall muss es was Handwerkliches sein. Koch bleibe ich sicher nicht, außer dieSaison verläuft gut." Zuerst konzentriert er sich jedoch auf die Wiederholung seiner Lehrabschlussprüfung im kommenden Jänner. Fabian formuliert es so: "Ich bin froh, wenn ich den Zettel in der Hand habe!" Obwohl er sich selbst nicht als IBA-Schüler fühlt, würde er das Modell weiter empfehlen, gerade auch in der Verbindung mit der Nachhilfe im Bildungsinstitut. Denkt er über Wolfgang nach, kommt er zu dem Schluss, dass "ich es wohl auch ohne ihn packen würde." Dennoch findet er einen BAS wichtig, denn "wenn es mal brennt, ist er da. Wie es bei mir war."

Fabian ist ein aufgeweckter junger Mann, der nicht nur seinem Naturell, sondern wohl auch seinem Alter entsprechend, mit einer gewissen Spontaneität durch das Leben geht. Der Beschluss, seinen Job im Gasthof aufzugeben, war zumindest den Zeitpunkt betreffend unglücklich gewählt. Positiv anzurechnen ist ihm jedoch, dass er seinen eigenen Handlungen durchaus selbstkritisch gegenüber steht und wohl daraus gelernt hat. Inwieweit in diesem Rahmen tatsächlich eine Beratung seines BAS gegeben war, lässt sich aus den Antworten schwer nachvollziehen. Von seinem Zuhause, das ihn "immer unterstützt" hat, scheint Fabian ein hohes Maß an Handlungsverantwortung zu bekommen, was ihn gleichermaßen zu einem offensichtlich selbstbestimmten jungen Mann gemacht hat, aber auch zu einem gewissen Grad seiner eigenen juvenilen Sorglosigkeit ausliefert.

5.3.3 Case-Box 3: Tanja

Tanja, Einzelhandelskauffrau

4. Lehrjahr, § 8b Abs. 4 Zi 1 BAG

Tanja | Tanja ist 18 Jahre alt. Als Kind wohnte sie mit ihren Eltern zusammen, nach deren Scheidung vor einigen Jahren entschloss sie sich, bei der Mutter zu wohnen. Inzwischen haben sich die Dinge jedoch erneut verändert; eine Dynamik, die sich später auch in ihrer Berufsgeschichte zeigt. Die junge Frau scheint sich, ohne es explizit auszusprechen, mit ihrer Mutter gestritten zu haben, worauf sie sich entschließt, zu ihrer Oma in eine kleine Zweizimmerwohnung zu ziehen. "Das funktioniert ganz gut!" sagt Tanja, die als zweitältester Sprössling der Familie drei Geschwister hat. Während der Vater als LKW-Fahrer arbeitet und die Mutter Hausfrau ist, ist ihr älterer Bruder als Maurer beschäftigt. Ihr jüngerer Bruder ist im Moment arbeitslos.

Verspätung | Tanja besucht die Vor-, Volks- und Hauptschule im Heimatort. Aufgrund ihrer Leseschwierigkeiten erhält sie einen SPF-Status in Deutsch und zusätzlich in den Fächern Mathematik und Geschichte. Sie geht "nicht gerne" zur Schule, dennoch kann sie die Hauptschule in regulärer Zeit abschließen und bewirbt sich in der Folge um einen Lehrplatz im Supermarkt des Nachbarorts. "Ich habe dasalles alleine gemacht!" erzählt Tanja nicht ohne Stolz.

Nach einem Aufnahmetest und zwei Wochen Schnuppern beginnt sie im Herbst 2005 ihre Lehre als Einzelhandelskauffrau. Zum damaligen Zeitpunkt kennt sie die Möglichkeit einer integrativen Berufsausbildung nicht, erlebt aber in der Berufsschule vom Start weg schwere Zeiten: "Das mit dem Lehrplatz warein ziemliches Hin und Her, darum bin ich drei Wochen zu spät in die Berufsschule gekommen. Ich habmich dort nie wohl gefühlt, die haben nie an mich geglaubt." Die erste Klasse beendet sie mit drei Fünfern in Wirtschaft, Englisch und Rechnungswesen. "Meine Chefin hat mich immer auch am Wochenende eingeteilt,ich hab nie Zeit gehabt zum Lernen." begibt Tanja sich auf die Suche nach den Gründen. Eine Lehrkraft macht sie in der Folge auf die IBA aufmerksam und hilft ihr bei den ersten Schritten, was ihre Meinung über Lehrer das erste Mal ein wenig bessert. Ohne großen Aufwand wechselt sie in das verlängerte Lehrzeitmodell.

Auf der Suche nach Kontinuität | Zu diesem Zeitpunkt ahnt Tanja nicht, wie turbulent die folgenden zwei Jahre verlaufen und welch wichtige Rolle ihre BAS Gertrude dabei einnehmen würde. Die beiden lernen sich im Sommer 2006 kennen: "Das war gleich angenehm mit ihr, wir haben uns gut verstanden." Aufgrund der räumlichen Entfernung, Gertrude wohnt 50 km weit weg, halten die beiden meist wöchentlich telefonischen Kontakt.

Drei Wochen nach diesem Treffen kommuniziert die junge Frau ihren Wunsch nach Veränderung. Tanja erzählt von Problemen mit der Supermarktchefin, die sie nur in der Feinkostabteilung einsetzt und "immeram Nörgeln" ist. Gertrude hilft bei der Kontaktaufnahme mit dem Chef eines Nahversorgers in ihrem Heimatort. Da es sich um dieselbe Kette handelt und Tanja spezifisches Know-How mitbringt, verläuft der Wechsel den Umständen entsprechend komplikationslos. Ende Sommer 2006 verlässt sie den Markt im Nachbarort und beginnt unmittelbar beim Nahversorger im Heimatort. "Dort war es viel schöner. Sie habenmir vertraut, gleich am ersten Tag war ich ganz allein in der Feinkostabteilung."

Immer wieder wird während unseres Gesprächs deutlich, wie wichtig es für Tanja ist, dass man an sie glaubt und wie selten sie dieses Gefühl in den vergangenen Jahren verspürt hatte. Nur kurze Zeit später steht erneut eine Entscheidung an, denn Tanja möchte auch die Berufsschule wechseln. Gertrude arrangiert ein Treffen mit dem Direktor, der dem Mädchen sofort einen positiven Eindruck vermittelt: "Am liebsten wär' ich gleich dort geblieben und hätte sofort angefangen zu lernen!" Zumindest letzteres tut sie auch, denn ihre Betreuerin hat eine Lernhilfe organisiert, die Tanja in der Folge auf die Schule vorbereitet.Im Gegensatz zum ersten Jahr besucht sie diese nun geblockt in einer gemischten Klasse und machtFortschritte. "Meine Nachhilfelehrerin Martina und ich haben uns oft am Wochenende getroffen." In derKlasse fühlt sie sich als eine von zwei IBA-TeilnehmerInnen wohl, erzählt aber im selben Moment voneiner der seltenen Hänseleien. "Du bist doch nur zu faul zum Lernen!" hätte sie einmal zu hören bekommen,aber das hätte sie nicht weiter gestört. Insgesamt überwiegen dennoch (äußerst) positive Erfahrungen,Tanja freut sich sogar schon auf ihr letztes Jahr, denn die Lehrer wirken unterstützend und sie istsich sicher, dass "ich das schon pack'."

Turbulent wird ihre Situation ein Jahr nachdem sie den Arbeitsplatz zum ersten Mal gewechselt hat. Im Oktober 2007 schließt Tanjas Betrieb (Nahversorger im Heimatort) und sie kehrt in ihre vorige Filiale (Supermarkt im Nachbarort) zurück, ohne es richtig zu wollen. Obwohl die alte Chefin inzwischen nicht mehr tätig ist, fühlt sich das Mädchen erneut unwohl. Nur zwei Monate nach Tanjas Rückkehr sperrt auch dieser Markt zu und sie ist plötzlich arbeitslos. "Das war ein Schock", erzählt sie, "denn ich wusste nicht,was ich machen soll." BAS Gertrude wird zu ihrem großen Rückhalt: "Sie ist die wichtigste Person fürmich in dieser Zeit gewesen. Wir haben täglich telefoniert und sie hat mich immer motiviert, mich zu bewerben." Dennoch erhält Tanja ein halbes Jahr nur Absagen und ist laut eigenen Aussagen "sehr niedergeschlagen" und kraftlos. Mit der Hilfe von Gertrude schickt sie im Sommer 2008 eine Bewerbung an einen Familienbetrieb jener Kette, für die sie vorher gearbeitet hat und wird prompt eingestellt. Tanjas BAS organisiert ein gemeinsames Gespräch mit dem Chef, der ihr sofort ein gutes Gefühl vermittelt. "Dasmerkt man schon, dass das ein Familienbetrieb ist. Die sind alle freundlich zu mir. Der Chef nennt michimmer seinen kleinen Diamanten, den man noch ein bisschen schleifen muss." Es ist spürbar, wie froh Tanja über diesen neuen Job ist, und wie gut ihr die familiäre Atmosphäre, die sie in ihrem privaten Leben teilweise zu vermissen scheint, tut. Dennoch weist sie darauf hin, dass mich "mein Papa bei allem,was ich mache, unterstützt." Als wir zum Schluss noch einmal auf Gertrude zu sprechen kommen, meint sie: "Das finde ich so gut an ihr, dass sie immer für mich da ist. Vor allem, wenn ich sie am meisten brauche."

Heute statt Morgen | Über ihre Zukunft äußert sie sich unsicher, was nach ihrer ereignisreichen Geschichte wenig verwundert. Vom zu weit nach vorne Planen hat sie sich offensichtlich verabschiedet: "Ichlasse das alles auf mich zukommen." Sie konzentriert sich stattdessen lieber auf ihre Aufgaben im Moment, und die sind herausfordernd genug. Sie arbeite jetzt in allen Abteilungen, was sie "voll super" finde. Die integrative Berufsausbildung würde sie auf jeden Fall weiter empfehlen, vielleicht sogar familienintern. "Mein kleiner Bruder ist arbeitslos und weiß nicht so recht, was er machen soll. Er hat auch ziemlicheLernschwächen. Wahrscheinlich wäre die IBA gut für ihn."

5.3.4 Case-Box 4: Frederik

Frederik, Koch

2. Ausbildungsjahr, § 8b Abs. 4 Zi 2 BAG

Frederik | Frederik ist 18 Jahre alt und als zweitältester Sohn einer sechsköpfigen Familie aufgewachsen. Seine Eltern arbeiten als Büchsenmacher und Hausfrau, während seine ältere Schwester auf einer Tankstelle beschäftigt ist und eine der beiden jüngeren Schwestern die pädagogische Hochschule besucht. Seit seiner Geburt wohnt er in einer Kleinstadt zusammen mit seinen Eltern.

Aha-Erlebnis | Frederik absolviert die Vor-, Volks- und Hauptschule, in der er ab der zweiten Klasse sonderpädagogische Förderung in Deutsch und Mathematik erhält. Zusätzlich ist er vom Englischunterricht befreit. Mit Mühe schafft er den Abschluss und besucht anschließend einen AMS-Berufsorientierungskurs. "Ich habe viel Lernhilfe gehabt! Jeden Mittwoch haben wir den ganzen Tag gelernt,das war wie in der Schule." erzählt er von stetigen Verbesserungen in diesem Jahr, gerade was seine Rechtschreibung betrifft. Dennoch verbindet er mit dieser Zeit in erster Linie negative Dinge: "DieKursleiterInnen haben uns komisch hingestellt. Die haben uns keine Hoffnungen gegeben, dass wir esmal zu was bringen können!" Nach einigen Praktika in Einrichtungshäusern erkennt Frederik während des Schnupperns in einem Gasthaus, was er wirklich möchte: Koch werden.

Er kommuniziert seinen Wunsch beim AMS, das ihn nach Einstufungstests für die Teillehre der IBA nominiert. "Da habe ich meine BAS Maria kennengelernt. Sie hat mit der Chefin des Gasthauses gesprochenund die hat ja gesagt, obwohl sie eigentlich niemanden gesucht haben." Im August 2007 beginnt er zu arbeiten. Über seine Beziehung zu Maria weiß Frederik nicht wirklich viel zu berichten, denn "wir treffenuns nicht zu oft, vielleicht alle zwei bis drei Monate einmal. Wenn ich mich nicht melde, meldet siesich auch nicht." Das ist für ihn kein Problem, denn "übertrieben würde ich es eh' nicht gut finden." Hätten er und Maria die ersten drei bis vier Monate nur über berufliche Dinge gesprochen, würden sie sich in der Zwischenzeit auch über Privates austauschen. Insgesamt zeigt er sich mit der Situation und seiner BAS zufrieden, was auch mit Marias speziellem Einsatz im ersten Berufsschuljahr zusammenhängt: "Ohne siehätte ich die Klasse wiederholen müssen!" Er erzählt davon, dass er ein wenig faul war und zu spät zu lernen begonnen habe: "Ich hab' geglaubt, dass es am Anfang eher gemütlich zugeht. Das war ein Fehler." Daraufhin hätte er drei Fächer negativ abgeschlossen, wäre Maria nicht für ihn da gewesen und hätte persönlich bei den Lehrern für ihn interveniert. So hätte sie ihm die Chance einer Entscheidungsprüfung ermöglicht. "Ich hab' wahnsinnig viel davor gelernt, bis mir das Hirn weh getan hat. Und ich hab'alles geschafft!"

Die in geblockter Form besuchte Berufsschule hat er trotzdem in guter Erinnerung. Grundsätzlich sitzt Frederik in einer gemischten Klasse, die aber basierend auf drei Leistungsgruppen in fünf Fächern geteilt wird. Der Bursch sieht darin Vorteile: "Je kleiner die Gruppe ist, desto besser finde ich es, denn der Lehrerkann sich länger Zeit für uns nehmen." Der Englisch- bzw. Französisch-Unterricht scheint in der IBA-Teillehre nicht auf. Stigmatisierungsprobleme kennt Frederik nicht, sowohl im Unterricht als auch im Internat sei es eine "Riesengaudi". Dort hat er täglich ca. zwei bis drei Stunden Lernstunden, die er "schonwichtig" findet. Überhaupt stellt er dem Internat Bestnoten aus, denn das Heim sei perfekt organisiert und auf die jugendlichen Bedürfnisse abgestimmt.

Zwischen den Zeilen | Hört man den jungen Mann über seinen Arbeitsplatz sprechen, scheint er uneingeschränkt zufrieden zu sein. Frederik genießt die größere Verantwortung, die er nun am Beilagenplatz der Küche zu tragen habe. Davor wäre er nur für die Salatzubereitung eingeteilt gewesen. Seine Fortschritte bezeichnet er selbst als "Spitzenleistung". Im Umfeld seiner Kollegen, unter ihnen sechs Lehrlinge (davon ein weiterer IBA-Schüler, der auch ein Schützling von Maria ist), fühlt er sich wohl: "Wir verstehenuns gut. Wir arbeiten immer zu zweit an den Beilagen und wenn ich mich wo nicht auskenne, hilftman mir." Einzig mit einem Kollegen gibt es manchmal Zoff. Von seiner Chefin spricht er positiv, nicht zuletzt, weil sie für seinen Ausbildungsplatz verantwortlich ist. Als ich ihn jedoch nach dem Chef frage, den er bisher noch gar nicht erwähnt hat, beginnt Frederik ungewohnt kleinlaut zu werden. Er pflege gar keinen Kontakt mit seiner BAS und würde sich scheinbar auch nicht besonders dafür interessieren. Schließlich wird er deutlicher und erzählt von dauernden Schwierigkeiten: "Er lässt mich immer nur geteiltenDienst machen und am Abend muss ich immer von Sechs bis unendlich arbeiten. Bezahlen tut ermich aber nicht dafür." Mit Maria hat er auch schon darüber gesprochen. Sie soll ihm dabei helfen, einen neuen Ausbildungsbetrieb zu finden, wo ein durchgehender Dienst möglich ist.

Orientierungshilfe | Frederik ist ein interessanter Gesprächspartner, der verschiedene Aspekte einer integrativen Berufsausbildung erkennen lässt. Einerseits mag er seinen Beruf, andererseits sieht er sich Schwierigkeiten gegenüber, mit denen er im Moment Probleme hat umzugehen. Im aktuellen Gasthaus will er wie gesagt nicht bleiben: "Ich bin schon froh, wenn ich von hier weg bin. Die IBA als Modell beurteilt er gedämpft positiv. "Eigentlich finde ich sie nicht so schlecht." sagt er. Ob er die integrative Form der Lehre auch seinen Freunden empfehlen würde, macht er von der Situation abhängig. Ähnlich vorsichtig beantwortet er die Frage nach seiner beruflichen Zukunft: "Meine Ausbildung will ich auf jeden Fall fertigmachen. Vielleicht versuche ich danach noch eine Lehre als Kellner. Eigentlich wollte ich schon immerKoch-Kellner machen, aber Maria hat gemeint, dass das wohl zu viel auf einmal ist. Sicher bin ich miraber noch nicht." Die Einrichtung einer BAS findet er sehr wichtig, "denn ich brauche mich um das organisatorischeZeug nicht zu kümmern. Das mag ich."

Dennoch wirkt Frederik ein wenig orientierungslos. Klar scheint, dass seiner BAS Maria in den kommenden Wochen und Monaten eine besondere Verantwortung zukommt. Obwohl sich die Begleitungsfrequenz in Grenzen hält, lässt der Bursch ein intaktes Verhältnis erahnen: "Ich weiß, dass ich mich auf sie verlassen kann, wenn ich es nötig habe. Das ist ein gutes Gefühl."

5.3.5 Case-Box 5: Michael

Michael, Bürokaufmann

3. Lehrjahr, § 8b Abs. 4 Zi 3 BAG

Michael | Michael ist 26 Jahre alt. Seine Mutter arbeitet als diplomierte Krankenschwester, sein Vater ist Verwaltungsbediensteter. Über den Beruf seines älteren Bruders, der ein abgeschlossenes Wirtschaftsstudium aufzuweisen hat, kann er wenig sagen: "Genau weiß ich das nicht, aber irgendwas mit Finanzen." Michael ist körperlich benachteiligt, er leidet an einer Behinderung im Daumenbereich, wodurch seine motorischen Fähigkeiten eingeschränkt sind. Der junge Mann wohnt noch zu Hause und macht während des Interviews immer wieder klar, wie wichtig gerade seine Mutter für ihn ist.

Ein langer Weg | Sollte es eine typische IBA-Geschichte geben, ist es wahrscheinlich nicht jene von Michael. Nicht zuletzt aufgrund seines Lebensalters hat er vor dem Beginn der Integrativen Berufsausbildung eine Vielzahl von (beruflichen) Erfahrungen sammeln können. Michael besucht die Vor- und Volksschule in seinem Heimatort, bevor er in der Hauptschule sonderpädagogischen Förderbedarf in den Fächern Mathematik und Englisch erhält. "Ich habe mir in der Schule nie leicht getan!" sagt er und weist auf die besondere Rolle seiner Familie hin: "Meine Mutter und ich, wir haben jedes Wochenende zusammenacht Stunden gelernt. Manchmal hat mir auch mein Bruder geholfen." Durch diesen hohen Lernaufwand gelingt es Michael, die Hauptschule positiv abzuschließen.

Es sind auch die Eltern, die sich anschließend am AMS dafür einsetzen, dass er in eine Berufsorientierungsmaßnahme vermittelt wird. In den folgenden 18 Monaten absolviert er bürokaufmännische und handwerkliche Praktika, sowohl extern als auch intern in geschützten Werkstätten eines Bildungsinstituts. Nach Beendigung des Berufsorientierungskurses kommt es zu einem halben Jahr des Stillstands, was sich Michael nicht so richtig erklären kann: "Irgendwie war ich dann zuhause und es ist nichts passiert. Irgendwie haben wir auf sie [Anm.: das Institut] gewartet und sie auf mich. Nach sechs Monaten sind wir dann hin und haben nachgefragt." Diese Erzählung passt nicht so richtig ins Bild des bisher Geschilderten, bedenkt man die elterliche Eigeninitiative davor. Weitere Hintergründe bleiben jedoch unbekannt, da sich Michael "nicht mehr so genau erinnern kann, wie das war." Unabhängig vom Hergang erhält er einen Platz in der geschützten Werkstätte des Bildungsanbieters, die sich mit der Verarbeitung von Holz beschäftigt, wo er bereits nach zwei Wochen die Segel streichen muss. "Mit meinen Fingern habe ich so viele Dinge nicht machen können, dass wir gleich gesagt haben, dass das nicht funktionieren kann."

Michael wechselt in der Folge nicht nur den Job, sondern auch das Umfeld, indem er von nun an in der Großstadt als Botengänger im geschützten Bereich des Instituts arbeitet. Im Laufe der nächsten fünf Jahre erweitert sich sein Tätigkeitsbereich kontinuierlich: "Ich habe neue Dinge kennengelernt, zum Beispiel habe ich Sekretariatsdienste übernommen. Da ist es aufwärts gegangen." 2003 wird Michael institutsintern in eine neue Abteilung versetzt und macht sich weiterhin gut, was seinem Chef auffällt. Er ist es auch, der dem inzwischen 23-jährigen von der Möglichkeit der IBA erzählt und den Kontakt zum AMS herstellt. Dort absolviert Michael Tests in Mathematik und Deutsch, denn "nach zehn Jahren ohne Schule muss man sich das erst einmal anschauen." In diesem Rahmen kommt es auch zur ersten Begegnung mit seinem BAS Peter, der ihn jedoch nur einige Monate begleitet. "Er ist Vater geworden und in Karenz gegangen. Meine jetzige BAS Petra war aber oft dabei, wenn wir uns getroffen haben", erzählt er von einem fließenden und komplikationsfreien Übergang zwischen seinen BetreuerInnen.

Pionier | Petra vereinbart einen Termin mit dem Berufsschuldirektor, um einen eventuellen Förderbedarf im Textverarbeitungsbereich zu besprechen. Gemeinsam wird vereinbart, dass Michael vor Schulbeginn einen Kurs besucht, was in Verbindung mit einem zweimonatigen Förderunterricht zum gewünschten Ergebnis führt. Er schließt die ersten beiden Jahre ab und zeigt stolz seine Zeugnisse. In der Berufsschule ist er der einzige IBA-Schüler in einer gemischten Klasse, was jedoch noch nie zu Problemen geführt hat. Ganz im Gegenteil, Michael fühlt sich von seinen jüngeren MitschülerInnen akzeptiert und unterstützt. Allein im Internat fühlt sich der Familienmensch unwohl, da es dort "wilder als im Bundesheer" zu ginge. Michael beschließt nach kurzer Probezeit, während der geblockten zehn Wochen zwischen dem Elternhaus und der Berufsschule zu pendeln. Parallel nimmt er am Wochenende die Nachhilfe eines Unterstützungslehrers in Anspruch.

BAS Petra ist ihm eine konstante Hilfe. "Das Niveau zwischen uns ist immer gleich geblieben!" sagt Michael schmunzelnd. Von Anfang an hätte es keine Probleme gegeben und damit das auch so bleibt, treffen sich die beiden regelmäßig, was auch durch die Nähe der Arbeitsplätze erleichtert wird, immerhin befindet sich ihr Büro im selben Gebäude. "Einmal im Monat setzen sich Petra, meine Lehrlingsausbildnerin und ich zusammen und besprechen, wie es weiter geht und was wir verbessern können." Nebenbei telefonieren sie mehrmals wöchentlich. Interessanterweise haben Petra und Michaels Eltern gar keinen Kontakt, dennoch fühlt sich der junge Mann in der Gesamtsituation "pudelwohl". Sein firmeninterner Aufgabenbereich hat sich seit der Statusänderung zum Lehrling weiter vergrößert. Inzwischen erledigt er neben seinen Basistätigkeiten Telefon- und Archivierungsdienste und führt Belegsprüfungen durch.

Mit Stolz blickt Michael auf bisher Erreichtes und weist immer wieder auf seinen Pionierrolle hin: "Ich bin der erste, der aus einer geschützten Werkstätte aufgestiegen ist. Darum will ich die Lehre abschließen. Wenn ich dieses Jahr schaffe, bin ich sogar in normaler Zeit fertig." Die IBA findet er eine sehr gute Einrichtung und würde sie gerade Menschen mit einer gesundheitlichen Benachteiligung empfehlen. Michael hat sich eine kleine Karriere geschaffen. Betrachtet man seine Geschichte, wird jedoch deutlich, wie wichtig das Zusammenspiel in seinem Netzwerk ist und wie kontinuierlich gewachsen seine Entwicklung ist. Bevor er die Herausforderung einer integrativen Lehre annahm, konnte der junge Mann sich finden und integrieren, worauf er auch explizit hinweist: "Viele meiner Kollegen kenne ich schon so lange von den Botengängen. Da war es auch nicht so schwer, die Abteilung oder die Firma zu wechseln. [...] Die haben auch Verständnis, wenn ich etwas einmal nicht so schnell verstehe. Außerdem bekomme ich nach der Berufsschulzeit immer einen Mitarbeiter zur Seite, der mir wieder beim Einarbeiten hilft." Die Einbettung des Arbeitsplatzes in den sozial sensibilisierten Rahmen eines beruflichen Bildungsinstituts hat somit den persönlichen Fortschritt von Michael sicherlich erleichtert und gefördert.

5.3.6 Case-Box 6: Doris

Doris, Einzelhandelskauffrau

3. Lehrjahr, § 8b Abs. 4 Zi 2 BAG

Doris | Doris ist 19 Jahre alt und befindet sich im dritten Lehrjahr einer verlängerten Lehre zur Einzelhandelskauffrau, die sie in einer Tierhandlung in einer Kleinstadt absolviert. Es besteht bereits ein Termin für ihre Lehrabschlussprüfung, die sie ihre Lehre bereits vor Ablauf der geplanten Lehrzeit abschließen lässt. Die Hauptschule schließt Doris in vier Fächern negativ ab. Durch das Alkoholproblem ihres Vaters kommt es daheim zu Auseinandersetzungen, was Interventionen des Jugendamts nach sich zieht, das durch sie selbst eingeschaltet wird. Doris ist mittlerweile von zuhause ausgezogen und wohnt mit ihrem Freund zusammen.

Rascher, unterstützter Einstieg | Im Rahmen des Projekts JOB and GO, das Jugendliche bei der Suche eines Ausbildungsplatzes unterstützt, erfahren Doris und ihre Betreuerin durch eine AMS-Ausschreibung über die zu besetzende Lehrstelle in einer Tierhandlung. Nach einem Anruf, dem persönlichen Einreichen der Bewerbungsunterlagen und 3 Schnuppertagen in diesem Unternehmen kann sie mit ihrer Lehre beginnen. Dies ist laut Doris die erste Stelle, bei der sie sich bewirbt. Von ihren Eltern erfährt sie zu dieser Zeit keine Unterstützung.

Am Beginn ihrer Lehre wird Doris im Rahmen ihrer verlängerten Lehre eine Berufsausbildungsassistentin zur Seite gestellt. Das erste Treffen findet in der Firma statt, wobei auch die Chefin anwesend ist. Es wird ein Gespräch geführt und der Lehrvertrag unterzeichnet.

Startschwierigkeiten | Insgesamt erfolgt der Einstieg in die Firma zwar angstfrei und unproblematisch, die Umstellung auf den neuen Lebensrhythmus ist Doris aber nicht ganz leicht gefallen: "Einen kleinenAusrutscher hab ich auch gehabt. Es ist nicht, dass ich zum Arbeiten angefangen hab und juchhe - aberich glaub, das ist eh normal. Da bin ich einfach gegangen, weil es mich nimmer gefreut hat. Sicher habich auch einen Grund gehabt. Sicher war das ein Fehler, aber ich hab es eingesehen, sonst wäre ichkeine drei Jahre mehr da oder zweieinhalb sind es jetzt." Daraufhin gibt es am nächsten Morgen eine lautstarke Auseinandersetzung mit ihrer Vorgesetzten, woraufhin sie erneut den Arbeitsplatz verlässt und 2 Tage nicht mehr in der Firma erscheint. Auf Intervention ihrer Betreuerin von JOB and GO bekommt Doris die Möglichkeit, die Lehre im Betrieb fortzusetzen. Seither gibt es keinen weiteren derartigen Vorfall.

Unbegründete Schulangst | Doris besucht einmal in der Woche die Berufsschule. Vor dem ersten Tag ist sie so nervös, dass sie aufgrund von Übelkeit sogar von ihrer Chefin heimgeschickt wird. Sie beschreibt dies als "Panik ... Wenn man keinen kennt, ist das schon schwer". Dies ist wohl auch in Zusammenhang mit ihrer bisherigen Schulkarriere zu sehen. Doris erinnert sich zwar positiv an die damalige Klassengemeinschaft, ihre sonstigen Erinnerungen an diese Zeit spricht sie eher nicht so gerne an: "Ich hab mir eigentlich gedacht, ich will nicht mehr in die Schule gehen und jetzt sitze ich wieder drin (lacht). ...ich war froh als ich weg war. Die Lehrer haben mich nicht so gemocht, weil mit den Lehrern - ich war nicht sehr brav. Das geb´ ich zu. Ich hab auch nicht geglaubt, dass ich mit dem Hauptschulabschluss eine Lehre schaffe oder eine Lehre machen darf, weil mit 4 Fünfer im Zeugnis ist das nicht mehr so leicht."

Entgegen ihrer Erwartungen findet sie in der Berufsschule schnell zwei Freundinnen, mit denen sie sich auch in ihrer Freizeit zum Lernen trifft. Zu den anderen SchulkollegInnen hat sie wenig Kontakt. Das erste halbe Jahre wird sie durch einen Nachhilfelehrer unterstützt, der dann aber seine Tätigkeit beendet. Aufgrund der Direktorin, die sie für die "Angespanntheit" der LehrerInnen verantwortlich macht, beurteilt sie die Schule insgesamt aber als unterdurchschnittlich.

Mehrfachbetreuung | Die Häufigkeit, mit der die Berufsausbildungsassistenz in der Firma vorbeikommt, ist für Doris schwer einzuschätzen. Sie kann nicht sagen, ob das alle 14 Tage oder jedes Monat einmal ist. Sie schätzt ihre Berufsausbildungsassistentin sehr aufgrund ihrer ruhigen Art und ihrer Unterstützung. Eine intensivere persönliche Beziehung pflegt sie zu ihrer Nachhilfelehrerin, wobei zu erwähnen ist, dass diese bereits ihre Betreuerin im Rahmen von JOB and GO war und sie sich dadurch schon lange kennen. Vermittelt wird diese jedoch durch die Berufsausbildungsassistenz.

Doris ist insgesamt mir ihrer Berufsausbildungsassistenz sehr zufrieden. Sie glaubt, ohne die Möglichkeit einer integrativen Lehre und die Unterstützung durch die Berufsausbildungsassistentin, über die sie sehr froh ist, würde sie ihre Lehre nicht schaffen. "Sie hat einfach auch damit zu tun, dass ich den Nachhilfelehrer hab, den ich nicht zahlen muss. Das ist irgendwo eine sehr gute Unterstützung. Weil im 1. Lehrjahr hätte ich mir keine Nachhilfe leisten können und meine Eltern stehen nicht hinter mir, damals zumindest sind sie nicht hinter mir gestanden."

Bei Problemen könne und würde sie die BAS auch anrufen und sie ist überzeugt, dass sie auch vorbeikommen würde, "wenn irgendwas Gröberes wäre". Besonders hebt Doris hervor, dass die Berufsausbildungsassistenz einen Termin für ihre Lehrabschlussprüfung organisiert hat, woraufhin sie sich per Telefon bei ihr bedankt hat. Vor allem schätzt sie an ihr die organisatorische Unterstützung, wie Organisation von Nachhilfe und Lehrabschlussprüfungstermin aber auch ihre persönlichen Qualitäten.

Motivation | Während ihrer bisherigen Lehrzeit hat es öfter Punkte gegeben, wo sie alles hinschmeißen wollte, aber das hat sich meistens von selbst wieder geregelt. In der zweiten Klasse Berufsschule ist sie an einem besonderen Tiefpunkt angelangt, nachdem sie in Rechnungswesen zwei Nicht genügend schreibt. In dieser Zeit gibt es noch keine neue Nachhilfelehrerin. Nachdem ihre frühere Betreuerin diese Aufgabe übernimmt, schreibt sie ein Sehr gut auf ihre Prüfung in Rechnungswesen. Neben Rechnungswesen ist politische Bildung ein Fach, für das sie sich besonders motivieren muss. Als Unterstützung in Englisch organisiert sie sich auf eigene Faust ihre Nachbarin, da ihre Nachhilfelehrerin dies selbst nicht so gut könne. Die Nachhilfelehrerin wird von Doris ausschließlich gelobt und als große auch "psychische Stütze" gesehen.

In der Firma fällt ihr der Bereich Aquaristik, also alles, was in Zusammenhang mit Aquarien steht, sehr schwer. Mittlerweile traut sie sich aber bereits zu, ein Aquarium allein verkaufen zu können. Das offene und von Zusammenhalt geprägte Betriebsklima schätzt Doris sehr an ihrem Ausbildungsplatz, bei schlechten Noten in der Berufsschule motiviert sie der Rückhalt ihrer Chefin zum Weitermachen. Sie ist sich aber dennoch bewusst, dass dies eine berufliche Beziehung ist und die Arbeit im Vordergrund stehen soll.

Zukunft | Der Termin für die Lehrabschlussprüfung steht bereits. Ob Doris die Möglichkeit annimmt, danach in der Firma zu bleiben, weiß sie noch nicht. Sicher ist, dass sie nach dem Lehrabschluss den Führerschein machen will, mehr kann sie noch nicht sagen. Irgendwann einmal möchte sie die TierhalterInnenprüfung machen, mit der sie dann selber eine Tierhandlung betreiben könne. Über Jahrzehnte kann sie sich aber nicht vorstellen, in einer Tierhandlung zu arbeiten. Eventuell möchte sie einmal mit Kindern arbeiten, wobei sie sich auf nichts festlegen möchte. Ihre Chancen am Arbeitsmarkt kann Doris nicht einschätzen, insgesamt geht sie aber mit einer sehr positiven Einstellung in die Zukunft.

Doris würde eine integrative Lehre jederzeit wieder machen und sie auch an Freundinnen und andere weiterempfehlen. Die Form der integrativen Lehre hat es ihr ermöglicht, aus der schier perspektivlosen Situation mit mehreren negativ abgeschlossenen Pflichtschulfächern berufliche Perspektiven zu gewinnen, neues Selbstvertrauen in ihre eigene Person aufzubauen und ihre Unabhängigkeit zu entwickeln, was folgende Aussage sehr authentisch belegt: "...Ich brauch auch nicht mehr so viel Unterstützung von allen, weil ich bin eigentlich voll selbständig geworden. Nicht, dass ich jetzt noch an irgendjemand hänge. Ja meine Nachhilfelehrerin, mit der treffe ich mich halt. Aber, dass ich sonst noch jemand brauche, der mir meinen Weg zeigt, das brauch ich nicht mehr. ... ich denk mir, das mache ich für mich und meine Zukunft steht da dahinter und nicht die von irgendjemand anderen, deshalb muss ich mich durchbeißen, eh nur mehr das halbe Jahr, hoff ich..."

5.3.7 Case-Box 7: Nina

Nina, Köchin

absolvierte Lehrabschlussprüfung, § 8b Abs. 4 Zi 3 BAG

Nina | Nina ist 18 Jahre alt und erlangt ihren Lehrabschluss im Rahmen einer verlängerten Lehre als Köchin in einer Großküche im öffentlichen Dienst. Der Lehrvertrag wäre bis Ende August 2009 gültig, aber bereits im Herbst 2008 hat sie diese Lehre vorzeitig mit der Lehrabschlussprüfung beendet. In Zusammenhang mit ihrem Tourette-Syndrom steht eine leichte Form von Lernschwäche, trotz der sie Volksschule, Hauptschule und Polytechnischen Lehrgang nach Regellehrplan absolviert hat.

Berufswunsch und -wahl | Anfangs bestand der Wunsch, entweder Floristin, Friseurin oder Köchin/ Kellnerin zu werden. Im Polytechnischen Lehrgang absolvierte Nina Berufspraktika in diesen Bereichen, worauf sich der Wunsch, Köchin zu werden, verfestigt. Das anfängliche Vorhaben, die Doppellehre Köchin/ Kellnerin zu beginnen, wurde durch kritische Meinungen/ Bedenken anderer Personen, im Besonderen der Eltern, aufgegeben. Diese führten das Argument an, dass Kellnerin mit den Erscheinungsbildern ihrer Krankheit nicht zu vereinbaren ist. Der Entschluss zur Lehre Köchin wurde von den Eltern mitgetragen und in der Folge unterstützt.

Probezeit | Nachdem sie vorher bereits drei oder vier Absagen als Antwort auf ihre Bewerbungen erhalten hatte, konnte Nina durch die Unterstützung einer Lehrerin bei der Arbeitssuche und Bewerbung die Lehrstelle in der Großküche antreten. Vorher musste sie sich jedoch noch der Absolvierung eines Berufseignungstests, dem Bewerbungsgespräch, zu dem sie ihre Mutter begleitete, und einem Probetag stellen. Zum Einstieg fand ein Gespräch direkt im Betrieb statt, bei dem Nina, ihre Eltern, ihr Berufsausbildungsassistent und ihr Lehrlingsausbildner, den sie bereits vom Probeschnuppern kannte, anwesend waren und das dem allgemeinen Kennenlernen diente. Anschließend hatte Nina eine dreimonatige Probezeit zu absolvieren, wobei die ersten zwei Monate über der Eindruck bestand, dass sie nach dieser Zeit nicht übernommen würde. Im letzten Monat konnte sie sich aber derartig verbessern, dass sie an ihrer Lehrstelle bleiben konnte.

BetreuerInnenwechsel | Im Laufe ihrer dreijährigen Lehrzeit wurde Nina insgesamt durch drei BerufsausbildungsassistentInnen betreut, die aufgrund von Veränderungen in der Personalstruktur einander ablösten, wobei jede Person ca. ein Jahr für sie zuständig war. Die Berufsausbildungsassistenz wurde ebenfalls durch die bereits angesprochene Lehrerin organisiert.

Zu Beginn des Betreuungsprozesses ist die BAS regelmäßig in die Firma gekommen und hat geschaut, "ob eh alles passt". Im späteren Verlauf hat die BAS nur vereinzelt und auf Anfragen von Nina vorbeigeschaut, wenn es z.B. gravierende Probleme mit KollegInnen gab. Generell versuchte Nina, ihre Probleme am Arbeitsplatz selbst bzw. mithilfe ihres Ausbildners zu lösen. Nur ganz selten hat sie dabei die Unterstützung der BAS benötigt. Dies beschränkte sich auf Fälle, wo es "nicht mehr gegangen" ist, wie sie es bezeichnet. Gerade kurz vor ihrer Lehrabschlussprüfung stand Nina davor, zu kündigen und die Kosten ihrer Prüfung selber zu übernehmen, weil der Druck und die Demotivierung durch KollegInnen so stark waren. In diesem Fall hat sie ihre BAS eingeschaltet. Für sie war es wichtig, zu wissen, dass sie einen "Rückhalt" von Seiten der BAS hat: "Ich kann jemand anrufen, die kommen vorbei, regeln das und dann geht's wieder". Eine tägliche Visite durch die BAS am Arbeitsplatz hätte sie abgelehnt.

Eine große Bedeutung misst Nina der Organisation von NachhilfelehrerInnen während der Berufschulzeit, zur Vorbereitung auf die nächste Klasse bzw. auf die Lehrabschlussprüfung seitens ihrer BAS zu. Durch regelmäßige Besuche in der Berufsschule konnte gut abgeschätzt werden, ob Bedarf an Nachhilfe bestand. Nina hatte ab Ende der zweiten Klasse Nachhilfe "hauptsächlich in Englisch und Französisch. Ja eigentlich in so ziemlich allen Fächern". Die NachhilfelehrerInnen bewertete sie als sehr gut. Nach der abgeschlossenen Lehre unterstützt die BAS den Lehrling beim Verfassen von Bewerbungen.

Stigmatisierungserfahrungen | Ihre Gefühle vor Antritt der Lehre beschreibt Nina folgendermaßen: "Angst hatte ich eigentlich nicht wirklich, aber ich hab einfach so ein ungutes Gefühl gehabt. Hoffentlich sind die Kollegen nett und hoffentlich integrieren sie mich und hoffentlich kann ich mich integrieren, weil ich hab sowieso ...Teamwork praktisch da bin ich nicht sehr begabt und auch in der Berufsschule hab ich mir gedacht: Hoffentlich stoßt mich niemand aus. Weil ich bin immer in den Schuljahren ausgestoßen worden und so." Diese Befürchtungen haben sich in der ersten Zeit im Betrieb nicht bewahrheitet. Sie beschreibt ihre KollegInnenschaft "am Anfang wirklich so extrem freundlich und dann sind sie aber losgegangen auf mich. Also, dass sie wirklich voll böse sind und so". Nina hat sich dies einige Zeit gefallen lassen, sich dann aber ihrem Ausbildner anvertraut. Als sehr motivierend im Betrieb hat Nina erlebt, dass sie eine Vertrauensperson hatte, mit der sie auch private Dinge besprechen konnte, wenn es ihr nicht gut gegangen ist. Extrem schwierig, gerade am Anfang war hingegen für sie, dass sie "von ein paar ausgestoßen worden" ist. Als Verbesserungsvorschlag für ihren Lehrbetrieb formuliert sie daher mehr Dienstbesprechungen.

Auch in der Berufsschule kam es zu Konflikten mit MitschülerInnen, bei denen Nina zuerst auf die Hilfe ihrer LehrerInnen zurückgreifen wollte. Als diese laut ihren Angaben nicht weiter wussten, hat sie ihren damaligen BAS eingeschaltet, der dann einige Male vor Ort interveniert hat. Die Berufsschule absolvierte Nina in geblockter Form innerhalb von zwei Monaten und stand in Verbindung mit der Unterbringung in einem Internat. Diese Zeit im Internat beschreibt sie sehr positiv, sie habe gelernt, "auf eigenen Füßen zustehen". Die erste Klasse in der Berufschule besuchte sie eine Integrationsklasse, das zweite und dritte Jahr wurden keine Integrationsklassen mehr angeboten. In Zusammenhang mit der Berufschule übt sie diesbezüglich schwere Kritik, dass sie im ersten Jahr in einer Integrationsklasse war, ohne dies anfänglich gewusst zu haben. Aufgrund des Argumentes ihres Berufsausbildungsassistenten, dass in den Monaten Mai, Juni die Klassen aus weniger SchülerInnen bestehen würden, besuchte Nina in dieser Zeit die Berufsschule. Erst nach ca. drei Wochen wurden die SchülerInnen von ihren LehrerInnen darüber aufgeklärt, dass sie sich in einer Integrationsklasse befinden. Diese fehlende Aufklärung wurde von Nina und ihrer Mutter als sehr ungerecht empfunden, da sie sich mit diesem Wissen bewusst gegen eine Integrationsklasse entschieden hätten. Die Zeit mit ihren KollegInnen in der Integrationsklasse beschreibt sie als problematisch, sie war Angriffen und Hänseleien ausgesetzt und führt dies darauf zurück, dass sie zu gut für eine Integrationsklasse gewesen sei und dies mit ein Grund für die Probleme mit KollegInnen war.

Berufliche Zukunft | Nina kann nach Erhalt ihres Lehrabschlusses noch drei Monate in ihrem Lehrbetrieb bleiben. Sie bedauert nicht, diese Stelle verlassen zu müssen, sondern freut sich auf andere KollegInnen und darauf, Erfahrungen zu sammeln und "mehr zu sehen". Sie hat bereits in der Küche eines Donaulinienschiffes einen Probetag absolviert, wo sie sich einen positiven Eindruck verschaffen konnte. Wenn sie eine Zusage bekommen würde, würde sie diesen Job sicher antreten. Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt schätzt sie sehr zögerlich schließlich als mittelmäßig ein.

Nina schätzt vor allem den Rückhalt, den sie in Situationen, die sie alleine nicht meistern hätte können, erfahren hat. Vor allem die Nachhilfekurse und die Vorbereitung auf das Fachgespräch beurteilt sie als wesentliche Voraussetzungen für die positive Absolvierung ihres Lehrabschlusses. "in der 3. Klasse bin ich dann wieder eine Spur abgesackt, weil die 3. Klasse war dann extrem schwer trotzdem. Und ich bin auch froh, dass ich die Kurse gehabt hab, weil ich glaub die 3. Klasse hätt´ ich ohne Kurse nicht geschafft, so schwer wie die ist." Eigenen Einschätzungen zufolge hätte sie eine Lehre ohne die Möglichkeit der BAS nicht geschafft. "Ja ich bin sehr froh und ich glaub, ohne die BAS hätt´ ich nicht einmal einen Lehrplatz gefunden, weil es war voll schwer, dass ich überhaupt den Lehrplatz gekriegt habe." Aus diesem Grund ist sie auch sehr froh über das Engagement ihrer damaligen Lehrerin, die ihr diese Möglichkeit eröffnet hat. Nina würde die integrative Berufsausbildung jederzeit wieder machen und sie auch an andere Jugendliche weiterempfehlen. Die Lehre ermöglichte es ihr, erstmals durch das Internat und jetzt durch das Lehrlingsheim, indem sie werktags lebt, von zu Hause wegzugehen und auf eigenen Beinen zu stehen. Obwohl sie ihre Familie am Wochenende immer besucht und auch von ihrer Mutter Unterstützung erlebt, genießt sie die neugewonnene Unabhängigkeit sehr.

5.3.8 Case-Box 8: Ufuk

Ufuk, KFZ-Techniker

4. Lehrjahr, 8b Abs. 4 Zi 2 BAG

Ufuk | Ufuk ist 22 Jahre alt. Er kommt ursprünglich aus der Türkei und lebt seit 1999 mit seiner Familie in Österreich. Ufuks Vater, welcher in Österreich unter anderem als Staplerfahrer tätig war, ist mittlerweile arbeitslos. Seine Mutter sowie eine seiner Schwestern sind Hausfrauen. Sein jüngerer Bruder macht eine Lehre zum Installateur und seine zweite Schwester ist als Reinigungskraft tätig. In Österreich angekommen, steigt Ufuk quer in das österreichische Schulsystem der 1. Klasse Hauptschule ein. Angesichts seiner nicht vorhandenen Deutschkenntnisse besucht er eine so genannte "Offene Sprachklasse", die jedoch nur zwei Jahre besucht werden kann. Weshalb er trotz seiner nach wie vor sehr schlechten Deutschkenntnisse, ab der 3. Klasse die Regelklasse besucht. Nachdem er die 3. Klasse wiederholt hatte, erfolgreich abschließt und zwei Wochen lang die 4. Klasse besucht, wird ihm seitens der Schulleitung mitgeteilt, dass er die Schule verlassen muss, weil er mit 16 Jahren zu alt sei bzw. schon 11 Schuljahre absolviert habe und somit die Schulpflicht schon längst erfüllt sei.

Suche nach Perspektiven | Nach dem Verlassen der Hauptschule beginnt Ufuk auf Empfehlung des AMS einen Hauptschulabschluss-Abendkurs beim BFI. Die Schwierigkeiten beim Lernen sind aber einfach zu groß, genauso wie der Modus dieser Kurse für Jugendliche eher ungünstig ist. Ufuk fällt wiederum durch und beschreibt dies folgendermaßen: "Zum Beispiel Mathematik, das dauert ein Jahr, dann nach diesem Jahr muss man die Prüfung machen, das war dann schon ein Zeitl aus und deshalb habe ich nicht abgeschlossen." Für Jugendliche, die sich sowieso schon schwer tun bzw. nicht unbedingt vor Eigeninitiative strotzen, scheint diese Form der Kursorganisation eher unpassend. Nach diesem gescheiterten Versuch, den Hauptschulabschluss doch noch nachzuholen, führt Ufuks Weg wieder zurück zum AMS, wo er eine Lehrstellenliste ausgehändigt bekommt, anhand derer er eine umfangreiche Lehrstellensuche beginnt: "Für jede Stelle habe ich einen Brief weggeschickt, (..) aber sie haben immer gesagt, sie können mich nicht aufnehmen, (..) weil ich keinen Hauptschulabschluss habe." Auch Schnuppern geht Ufuk, zum Beispiel 6 Tage lang als Tischler und 2 Tage als Schlosser in der Ausbildungseinrichtung "Vehikel", wo er jetzt auch untergebracht ist. Allerdings wird er nicht direkt nach der Schnupperzeit im Vehikel aufgenommen. Da es nirgendwo mit einem Ausbildungsplatz klappt, wird Ufuk erneut zum BFI geschickt und besucht einen der dort angebotenen JASG-Kurse. Während dieser Kurszeit stellte ein BFI-Berater erneut den Kontakt zum Vehikel her, wo er dann doch noch einen Ausbildungsplatz bekommt und eine Teillehre als Schlosser beginnt.

Umstieg und Zweifel | Über Umwege gelingt es Ufuk also, eine Teillehre als Schlosser zu starten. Dies ist auch der Zeitpunkt, zu dem er seine Berufsausbildungsassistentin Monika kennenlernt. Ufuk selbst hat bis heute nicht wirklich eine Idee davon, wie diese integrative Ausbildung für ihn zustande gekommen ist. Es erscheint so, als wäre er immer nur den Empfehlungen der einzelnen BeraterInnen gefolgt, ohne selbst je eine richtige Entscheidung für etwas zu treffen. Trotzdem stellt Ufuk immer wieder klar, dass die Unterstützung durch Monika eine "wirkliche Erleichterung war" und diese Begleitung "wirklich viel geholfen hat". Genauso wie das Verhältnis zu Monika "von Anfang an super war". Nach einem Jahr Teillehre im Bereich Metallbearbeitungstechnik, wurde die Schlosserabteilung im Vehikel geschlossen und Ufuk beginnt eine Teillehre als KFZ-Techniker, was seit jeher sein Traumberuf war. Trotz guter Voraussetzungen für eine verlängerte Lehre zweifelt Ufuk gerade an seinen schulischen Fähigkeiten (für die verlängerte Lehre muss er die Berufsschule besuchen, der Teillehreunterricht für KFZ-Technik hingegen wird im Vehikel selbst unterrichtet) und entscheidet sich vorerst für die Teillehre-Form. Hinzu kommt, dass seine Eltern nicht besonders begeistert waren, dass ihr Sohn einen Lehrabschluss machen sollte. Sie hätten bevorzugt, dass Ufuk einen Hilfsarbeiterjob annimmt, weil man da mehr Geld verdient.

BAS Monika jedoch erkannte das Potenzial von Ufuk und wirkte auf ihn ein doch in eine verlängerte Lehre zu wechseln. Sie versuchte, die Vorteile einer besseren Qualifizierung zu erörtern und die familiären Bildungstraditionen aufzuweichen. Ufkus Eltern haben Monika bis heute nicht kennen gelernt und unterstützen ihren Sohn mittlerweile dahingehend, als dass sie die Maßnahmen akzeptieren, während für Ufuk ein Lehrabschluss mittlerweile einen Wert hat. Dementsprechend wurde auch ein Wechsel in eine verlängerte Lehre als KFZ-Techniker vollzogen.

Schwerpunkt Lernschwächen | Die Hauptschwierigkeit liegt bei Ufuk von Anfang an im schulischen Bereich. Ausgehend von seinen schlechten Erfahrungen im österreichischen Bildungssystem, vor allem bedingt durch seine schlechten Deutschkenntnisse, ist Ufuks Vertrauen in seine eigene schulische Leistungskompetenz denkbar gering. Hinzu kommt, dass das erste Berufsschuljahr [Teillehre als Schlosser] nicht wirklich gut lief. Ufuk beschreibt, dass die anderen SchülerInnen "ungut" waren bzw. dass man sich nicht gut verstanden hat. Gleichzeitig waren seine schulischen Leistungen nicht unbedingt motivierend - 5 Entscheidungsprüfungen standen ins Haus. Durch die Hilfe von BAS Monika konnte er dann doch noch positiv abschließen, behält diese Zeit aber negativ besetzt im Gedächtnis.

Das erste Berufsschuljahr als KFZ-Techniker beginnt er, nach Gesprächen mit Monika, nahe seinem Wohnort, sodass er jeden Tag nach Hause pendeln kann. Auch mit den anderen SchülerInnen klappt es besser, hier findet er "fast alle nett" und man hilft Ufuk, wenn er etwas nicht versteht. Während der gesamten Zeit bekommt Ufuk intensiven Nachhilfe-Unterricht, teilweise auch mit einem türkischsprachigen Lehrer, um einerseits die Kommunikationsfähigkeit zu erhöhen und andererseits ein berufsbezogenes Deutsch zu erlernen. Mittlerweile hat Ufuk alle drei Berufsschulklassen in der dafür vorgesehenen Zeit von drei Jahren absolviert. Sowohl in der 2. wie auch in der 3. Berufsschulklasse schließt er den Gegenstand "Angewandte Mathematik" sogar mit einem "Sehr gut" ab. Trotzdem wird Ufuk nicht müde zu betonen, dass er "immer Schwierigkeiten gehabt hat" und "immer viel Glück hatte". Genauso wie er unterstreicht, dass er es ohne Nachhilfe-Unterricht nicht geschafft hätte und die Schule nichts für ihn sei.

Betreuung durch die BAS | Die primäre Aufgabe von Monika war es, Ufuks Ängste zu zerstreuen, ihn zu motivieren und für ihn da zu sein, genauso wie die Gewährleistung des kontinuierlichen Förderunterrichts. Seine Angst, die Schule nicht schaffen zu können, "weil das ja immer schwieriger wird", ist so tief verankert, dass es unabdingbar für seinen Erfolg war, dass ihm jemand "einfach ein bisschen gut zuredet". Dementsprechend ist zwischen den beiden auch ein gutes Vertrauensverhältnis entstanden, weshalb sich ihre Gespräche, welche ca. alle 3 Wochen, wenn Monika ins "Vehikel" kommt, stattfinden, nicht auf den schulischen und beruflichen Bereich beschränken. Auch private Angelegenheiten finden in den Gesprächen mit der Berufsausbildungsassistentin ihren Platz. Im Moment ist das aktuellste Thema ihrer Gespräche, wie es nach der Lehrabschlussprüfung nächstes Jahr weitergehen soll. Gerade weil Ufuk diesbezüglich "keinen Plan hat".

Keinen Plan | Im Februar 2009 hat Ufuk den Termin zur Lehrabschlussprüfung und blickt dem Ganzen schon mit seinen gewohnten Ängsten entgegen. Trotzdem hat er sich natürlich vorgenommen, die Lehrabschlussprüfung zu schaffen und "richtig viel zu lernen". Da das Vehikel eine Ausbildungseinrichtung ist, wird Ufuk ab nächstem Frühjahr ein arbeitsloser, fertig ausgebildeter KFZ-Techniker sein. Er wünscht sich, auch weiterhin in seinem Traumberuf arbeiten zu können. Ufuk möchte gerne in eine "gute Firma", wo er mit netten KollegInnen zusammenarbeiten kann. Konkreter sind seine Zukunftspläne nicht. Wie seine Chancen diesbezüglich am Arbeitsmarkt aussehen, kann er überhaupt nicht einschätzen.

Ufuk gehört sicher zu jener Gruppe von Jugendlichen, welche erst durch eine professionelle Unterstützung ihre Potenziale entwickeln kann. Das ist ihm auch selbst bewusst, er ist sich sicher, dass er ohne Monika und die vielen Nachhilfe-Stunden, von welchen er keine einzige versäumt hat, nicht so weit gekommen wäre. Dementsprechend würde er die integrative Berufsausbildung sofort weiterempfehlen.

5.3.9 Case-Box 9: Wolfgang

Wolfgang, Rauchfangkehrer

2. Lehrjahr, § 8b Abs. 4 Zi 1 BAG

Wolfgang | Wolfgang ist 19 Jahre alt und absolviert das zweite Lehrjahr zum Rauchfangkehrer. Schon in der Hauptschule hatte er erhebliche Probleme. Nach der 2. Klasse wechselte er in die Sonderschule, wo er "quasi noch ein freiwilliges zehntes Schuljahr" absolvierte. Nach der Schule holte er sich gemeinsam mit seinem Vater eine Liste mit Jobangeboten vom AMS. Drei Monate lang bewarb er sich intensiv bei diversen Firmen, was auch bedeutete, dass er die Bewerbungsunterlagen in den meisten Fällen persönlich vorbei brachte. Außerdem war er unter anderem Schnuppern als Maler, Tierpfleger und Rauchfangkehrer. In seinem Traumberuf "Tierpfleger" bekam Wolfgang die offene Lehrstelle nicht - die Nichte des Chefs bekam den Job. Nach fast 200 Bewerbungen klappte es dann doch mit einer Lehrstelle als Rauchfangkehrer. Ein Beruf, der ihm auch beim Schnuppern schon gefallen hatte. Und obwohl Rauchfangkehrer nicht sein Traumberuf war, ist er heute mit der Arbeit zufrieden und findet sie super. Davon abgesehen fand sich Wolfgang in einer Situation wieder, wo er, wie er sagt, "sowieso nicht mehr lange herum getan hätte". Er war einfach nur froh, dass er trotz seines fehlenden Hauptschulabschlusses - was das Hauptproblem bei der Jobsuche war - überhaupt eine Lehrstelle bekommen zu haben. Trotz ein bisschen Hilfe seines Vaters bei diesem Prozess, spielten seine Eltern eigentlich keine wirkliche Rolle. Wolfgang beschreibt die Situation mit seinen Eltern so: "Meine Eltern reden sich bei solchen Dingen mit meinem Sozialbetreuer zusammen und so kriegen sie alles mit."

Initiative seitens des Betriebs | Wie bereits angeführt beginnt Wolfgang seine Lehre als reguläre Lehre zum Rauchfangkehrer. Im Laufe der Zeit stellt sein Ausbildner allerdings fest, dass Wolfgang, speziell im Bereich Mathematik massive Lernschwächen zeigt. Noch vor der 1. Klasse Berufsschule veranlasst der Ausbildner zusammen mit dem Chef den Wechsel in die IBA, verlängerte Lehre. Wolfgang weiß nicht genau, wo der Chef seine Informationen her hatte bzw. wie er das organisiert hat, aber das Resultat der Bemühungen des Chefs war, dass eines Tages die Berufsausbildungsassistentin Ursula "in der Firma vorbeischaute".

Anfangs ist Wolfgang skeptisch, ob er überhaupt eine Berufsausbildungsassistentin braucht. Allerdings hat er zu Beginn auch eher weniger Kontakt zu Ulrike, da er hauptsächlich bei den Nachhilfe-LehrerInnen ist, weshalb er die Betreuung als passend einstuft. Trotzdem macht er klar, dass diese Berufsausbildungsassistenz eine Chance ist, die er nutzen muss. Die Angebot, dass ihm hier jemand wirklich helfen will, wurde von Wolfgang gleich angenommen, genauso wie er diese Maßnahme als Chance sieht, um den Abschluss zu schaffen. Es ist also der Initiative seines Arbeitgebers zu verdanken, dass auf Wolfgangs Lernschwächen schnell und adäquat reagiert wurde. Das Verhältnis zwischen Ulrike und Wolfgang ist zu Beginn eher zurückhaltend, was sich aber im Laufe der Zeit "eingerenkt hat und jetzt verstehen wir uns ganz gut". Vom Gefühl her glaubt Wolfgang, dass er an einer Lehre ohne Berufsausbildungsassistentin gescheitert wäre bzw. es wahrscheinlich ziemlich schwierig für ihn geworden wäre, weshalb er auch froh ist, dass der Chef aktiv geworden ist. "Mir hat sie [die BAS] irgendwie das Gefühl gegeben, dass wenn ich mal nicht weiter weiß, oder mir beim Lernen schwer tue, dass ich einfach zu Leuten zugehen kann, dass ich die um Hilfe bitte, weil das habe ich vorher zum Beispiel nicht so gut gekonnt. Also, dass ich mir einfach Leute suche und auch selbst ein bisschen was tue. Ich war vorher ein bisschen faul, sagen wir es so, und durch das Ganze bin ich eigentlich drauf gekommen, dass, wenn man lernt, dass das eh nicht so schlecht ist. Ich bin eigentlich in dieser Sache positiv überrascht."

Schwerpunkt Nachhilfe | Wolfgang beschreibt seit jeher massive Schwierigkeiten in der Schule, deshalb setzte die BAS auch den Schwerpunkt im Nachhilfe-Bereich. Dem jungen Rauchfangkehrer wurden zwei Nachhilfe-LehrerInnen - für Rechungswesen und fachbezogene Mathematik - zur Seite gestellt. Diese zusätzlichen Förderstunden stellen für Wolfgang eine wirkliche und greifbare Hilfe dar und machen die Berufsschule zu einem weniger unangenehmen und frustrierend erlebten Ort. Obwohl er den Besuch des Nachhilfe-Unterrichts, speziell am Samstag Vormittag, teilweise als sehr mühsam beschreibt, ist Wolfgang dennoch sehr froh über diese Form der Unterstützung.

Die ersten zwei Jahre pendelt Wolfgang für den Besuch der Berufsschule 10 Wochen zwischen seinem Heimatort und dem nicht weit entfernten Schulstandort. Dies ist mit ein Grund, dass Wolfgang die 2. Klasse nicht positiv abschließen kann und wiederholen muss. BAS Ulrike kann ihn überzeugen, das Internat in Anspruch zu nehmen. Er empfindet es mittlerweile als angenehm, dass man im Internat quasi "nicht auskommt" und schätzt es, dass man dort seine "Lernzeiten hat, an welche man sich halten muss". Außerdem gibt es viele sehr gute SchülerInnen, welche Wolfgang auch beim Lernen helfen. Alles Bedingungen, die einem schwachen Schüler wie Wolfgang sehr entgegen kommen und welche er nun auch anerkennt.

Ansporn | Im Laufe der Zeit gab es klarerweise immer wieder kleinere Probleme, was aber, laut Wolfgang, nie zu einer wirklich heiklen Situation geführt hat. In Fällen, wo Probleme auftreten, ruft Ulrike an und berät ihn, wie man Dinge möglicherweise besser oder geschickter lösen könnte, oder sie spornt ihn an, noch öfter lernen zu gehen. Gleichzeitig steht es auch Wolfgang frei, sich immer bei Ulrike melden zu können, wenn er etwas zu besprechen hat, ob das nun telefonisch ist oder ein persönliches Gespräch dafür notwendig ist. Allerdings spricht Wolfgang nur bedingt mit seiner Berufsausbildungsassistentin über private Dinge, da er für solche Zwecke eher seinen Sozialbetreuer kontaktiert. Ulrike ist seine Ansprechperson, wenn es um schulische Dinge oder um Firmenangelegenheiten geht. Wenn zum Beispiel der Chef etwas tut, von dem Wolfgang denkt, dass es "eigentlich nicht in Ordnung ist", ruft er Ulrike an und fragt nach, weil sich die Ulrike "mit solchen Dingen immer auskennt". Auch wenn Wolfgang eigentlich das Gefühl hat, dass immer alles gut gelaufen ist, kann er sich doch auch an eine Situation erinnern, wo alles nur mehr sehr schleppend gegangen ist: Nach der 1. Klasse Berufsschule hatte er eine Nachprüfung und musste den Sommer über lernen. Diese Vorstellung, nun den ganzen Sommer zu lernen um danach gleich wieder 10 Wochen in die Schule zu gehen, darauf war er "nicht mehr scharf", so wie Wolfgang das ausdrückt. Aber mit der Unterstützung seiner Berufsausbildungsassistentin hat er sich "noch einmal aufgerafft".

Heute | Die Tatsache, dass Wolfgang die 2. Klasse der Berufsschule nun geschafft hat, hat einiges in ihm ausgelöst. Er ist überglücklich und hat sich bewiesen, dass er das kann, genauso wie er gelernt hat, dass sich viel Lernen und Nachhilfe wirklich auszahlen. Unter anderem hat er sich jeden Samstag um 10:00, auch wenn er Freitag spät nach Hause gekommen ist, aufgerafft, zur Nachhilfe zu gehen. Auf die kommende Berufsschulklasse freut er sich sogar ein wenig, auch wenn er etwas nervös ist. Er glaubt nun an sich und denkt, dass er die 3. Klasse auch schaffen wird. Er rechnet damit, dass er schon im September den Gesellenbrief machen kann und dass er auch im Betrieb bleiben darf. Der Chef hätte zwar nichts Konkretes gesagt, aber laut Wolfgang, braucht der Betrieb sowieso jemanden, also scheint die Sache für ihn fix zu sein. Für die Zukunft wünscht sich Wolfgang, dass er die 3. Klasse der Berufsschule sowie die Lehre fertig abschließt. Sein größter Wunsch wäre es allerdings, sein "Hobby - die Musik - zum Beruf zumachen". Geht dieser Traum nicht in Erfüllung, kann er sich auch vorstellen, noch 2 bis 3 Jahre als Rauchfangkehrer in "seiner" Firma tätig zu sein. Allerdings könnte er sich auch vorstellen, es noch einmal in seinem Traumberuf "Tierpfleger" zu versuchen.

Wolfgang würde die integrative Lehre (IBA) sofort weiter empfehlen und glaubt auch, dass viele, die dieses Angebot in Anspruch nehmen, zum Schluss hin glücklich sind, weil sie es geschafft haben. Wolfgang findet, dass es bis jetzt "eine super Zeit war" und macht deutlich, dass es ihm sehr gefallen hat, dass er einerseits Hilfe bekommen hat und andererseits, diese auch annehmen konnte. Er ist stolz auf sich, dass er trotz der zwei fehlenden Hauptschuljahre sich so "durchgekämpft" hat und hoffentlich bald einen Lehrabschluss in der Tasche hat. Auch sein soziales Umfeld (KollegInnen, Eltern) spiegeln dieses Bild wider, man ist stolz auf ihn und für ihn bedeutet diese Entwicklung eine neue Lebensqualität und -erfahrung.

5.3.10 Case-Box 10: Elira

Elira, Friseurin

2. Lehrjahr, § 8b Abs. 4 Zi 1 BAG

Elira | Elira ist Albanerin, die in Wien zur Welt kam. Sie wuchs zweisprachig auf, was für sie zu einem Handicap avancierte, da sie sowohl Deutsch als auch Albanisch nur unzureichend beherrschte. Aufgrund dessen besuchte sie auch die Sonderschule, aber ohne Englisch-Unterricht zu erhalten. Anschließend absolvierte sie noch ein freiwilliges 9. Schuljahr in einer regulären Hauptschulklasse, da sie, laut eigenen Angaben, unbedingt auch die "normale Schule" machen wollte. Elira wohnt zusammen mit ihrer Mutter, die in einer Wäscherei arbeitet. Sie hat einen älteren Bruder, der ausgelernter Mechaniker ist, eine jüngere Schwester, die eine Höhere Lehranstalt für Wirtschaftliche Berufe besucht und eine ältere Schwester, die momentan Hausfrau und Mutter ist.

Suchen und Finden | Direkt nach der Schule beginnt Elira im Verein "Miteinander" im Berufsbild Bürokauffrau/-mann ein Praktikum. Dies wurde ihr unter anderem von ihrer Hauptschullehrerin empfohlen, auch um ihre Deutschkenntnisse weiter zu verbessern. Allerdings wird Elira schnell klar, dass sie eigentlich keine Anlehren, wie sie der Verein durchführt, sondern "unbedingt eine richtige Lehre" absolvieren wollte. Mit dem Wunsch, in ihrem zukünftigen Beruf auch Kontakt mit Menschen zu haben, entschied sie sich für den Beruf der Friseurin und begann fleißig Bewerbungen zu schreiben. Ihren eigenen Angaben zufolge hat sie jeden Frisör, der im Herold für ihren Ort verzeichnet ist, angeschrieben, genauso wie sie auch persönlich nachfragte. Ihren jetzigen Lehrplatz erhält sie aufgrund einiger absolvierter Schnuppertage. Für Elira, die die Lehrstellensuche als überaus schwierig in Erinnerung hat, war es "ein Wahnsinn" diese Lehrstelle in ihrem Heimatort zu bekommen. Hier im Ort fühlt sie sich behütet, weil sie sich auskennt, was ihrer starken Unsicherheit sehr entgegen kommt. Während dieser beherzten Anstrengungen, eine Lehrstelle zu finden, knöpfte Elira auch Kontakt zum AMS, wo wiederum der Kontakt zu ihrer jetzigen Berufsausbildungsassistentin Anna hergestellt wurde. Wie diese integrative Lehre zu Stande gekommen ist und welche Institutionen da dahinter stehen und dergleichen ist Elira eigentlich kaum bewusst oder bekannt. Sie ist nur unendlich dankbar, dass sie diese Unterstützung gratis erhält und meint auch, dass das Verhältnis zu Anna "von Anfang an voll gepasst" hat. Sie will unbedingt diese Ausbildung schaffen und für sie ist "das alles, was Jugend am Werk für mich macht, einfach ein Wahnsinn" und es sei einfach "super, wenn die mir helfen". Aber nicht nur Elira ist gerade zu euphorisch, wenn es um ihren Einstieg in die IBA geht, auch ihre Familie hat sie von Beginn an unterstützt und empfindet es als gute Sache.

Empowerment | Eliras Hauptproblem liegt beim Schreiben bzw. im Sprachbereich generell. Für sie "ging es in der Schule, eben aufgrund der Verständnisprobleme, oft zu schnell", was Schule für sie insgesamt sehr anstrengend macht. Dementsprechend kann sie es noch gar nicht richtig glauben, dass sie mittlerweile schon die erste und die zweite Berufsschulklasse positiv absolviert hat. Auch deshalb, weil das in der Berufsschule für sie "alles neu" war. "Jetzt in der Berufsschule sitze ich mit 32 Schülern in einer Klasse. Das habe ich nie gehabt. Ich bin früher mit 7 Leuten in einer Klasse gesessen", weshalb auch immer wieder starke Unsicherheit entsteht. Folglich liegt der Hauptfokus für ihre Berufsausbildungsassistentin auf einer gezielten und umfangreichen Vorbereitung auf die Berufsschule und der Steigerung des Selbstbewusstseins. Elira erhält Nachhilfeunterricht in den Fächern Englisch, Deutsch und Rechnungswesen. In der Nachhilfe werden die Dinge "anders erklärt wie in der Schule", da nimmt man sich Zeit und Dinge werden auch spielerisch - zum Beispiel werden englische Memories gebastelt - erklärt. So begreift sie die Inhalte auch und kann sie sich besser einprägen, was sie einfach nur "super" findet. Diese Bemühungen wirken sich natürlich auch auf die Berufsschule aus, wo sie plötzlich auf Referate Einser bekommt und die Zeugnisse generell gut ausfallen. In der Nachhilfe wird auch auf ihre große Unsicherheit und Nervosität eingegangen. Wenn es ihr zum Beispiel zu viel wird, dann werden Pausen gemacht, die Fenster werden geöffnet, sie bekommt Kaffee oder Tee. Elira fühlt sich gut aufgehoben und geborgen, weshalb sie selbst sehr viel Initiative zeigt. Manchmal ruft sie sogar selbst Anna an: "Hey, ich will lernen, ich hab Zeit, tun wir was!".

Super, ein Wahnsinn! | "Meine Lehrstelle als Friseurin taugt mir voll und meine Mitarbeiterinnen sind alle super. (..) Die sind ein Wahnsinn, meine Chefin überhaupt." Elira kommt förmlich ins Schwärmen, wenn es um ihren Ausbildungsbetrieb geht. Alle sind "voll freundlich", helfen ihr immer und das Betriebsklima ist auch höchst angenehm. Gleichzeitig sind sie nicht ausländerfeindlich, was für Elira scheinbar eher die Ausnahme darstellt. Dinge werden offen ausgesprochen und man redet "nicht hinter dem Rücken". Außerdem würden die sprachlichen Fehler, die sie nach wie vor macht, nicht einfach ignoriert werden, sondern man korrigiert sie auf freundliche Art, was sie sehr zu schätzen weiß, da sie nur so wirklich dazulernen könnte. Auch bezüglich BAS Anna überschlägt sich Elira mit Lobreden. Sie findet, dass sie "ganz eine Liebe" ist und mag sie wirklich sehr gerne. Das Verhältnis beschreibt sie als offen und vertraut, sie weiß, dass sie sich immer verlassen kann und Hilfe verfügbar ist. Anna rede ihr gut zu, wenn wieder mal die Skepsis obsiegt und kann sie immer wieder von Neuem motivieren. Sie glaubt an sie und ist sensibel genug für ihre immer wieder aufkeimenden Ängste.

Zukunftspläne | Schon jetzt hat sich Elira über die Lehrabschlussprüfung erkundigt und macht sich deswegen auch schon Sorgen, weil man den "Stoff von allen drei Jahren im Kopf haben muss". Ungeachtet dessen ist es für sie "fix", dass sie die Lehrabschlussprüfung schaffen möchte/ muss. Zuerst steht aber noch die 3. Klasse der Berufsschule an, welche sie erneut in Blockform absolvieren wird. Denn trotz des erhöhten Stresses, hat ihr diese Form "voll super getaugt", auch weil man so die Schule schnell hinter sich hat. Unabhängig von dem Wunsch ihre Lehre erfolgreich zu beenden, hat Elira eigentlich kaum Pläne. "Ich lass es einfach kommen. (..) Ich denk mir einfach, ich habe eine Lehrstelle, mir geht es gut; ich habe eine Familie, die unterstützt mich, da wie da; ich habe Jugend am Werk, ich habe da Leute, die sind für mich da. (..) Das ist ein Wahnsinn. (..) Und die Zukunft, ich weiß es nicht, keine Ahnung". Allerdings kann sie sich schon vorstellen auch weiterhin als Friseurin zu arbeiten und hofft auch insgeheim, in ihrem geliebten Betrieb bleiben zu können. Und wenn einmal Zeit und Geld bleibt, möchte sie unbedingt den Führerschein machen, immerhin sei sie ja schon 19 Jahre alt.

Gänsehaut | Elira schätzt sich glücklich, in der "privilegierten" Situation zu sein, dass ihr derartige Hilfe zuteil wird. Von Anfang an stand fest, dass sie diese "Chance nützen" muss. Gleichzeitig weiß sie auch, dass es ohne diese Unterstützung für sie sehr schwer geworden wäre, vielleicht sogar unmöglich, eine Lehre zu schaffen. Insgeheim kann sie es noch gar nicht glauben, dass sie jetzt bald eine Lehre geschafft hat. "Früher habe ich immer gesagt, eine Lehre schaff ich sicher nie. Ich geh sicher arbeiten, was weiß ich, Regale putzen oder so." Aber mit der Unterstützung ihrer Berufsausbildungsassistentin "passt einfach wirklich alles". Elira schätzt vor allem die Sicherheit, die sie zum Beispiel durch die ständigen Stoffwiederholungen erhält und würde die IBA dementsprechend auch auf jeden Fall weiterempfehlen. Auch in ihrer persönlichen Entwicklung erkennt Elira durch die BAS wesentliche Fortschritte. "Ich weiß jetzt, was ich will. Das habe ich früher nicht gewusst. Ich weiß jetzt, wo ich bin. Ich weiß, in welche Richtung ich gehe. Ich gehe nicht den falschen Weg. Ich bin nicht unsicher. Ich weiß, wo ich stehe und überhaupt, die Ruhe. Es ist schön, wenn du weißt, du hast die 1. schon geschafft, dann die 2.. Die Chefin ist stolz auf dich, die Anna ist stolz auf dich. Da krieg ich Gänsehaut, super."

5.4 Übergreifende Problemlagen und Metastrukturen

Obgleich jede einzelne Fallgeschichte ihren ganz eigenen, individuellen Charakter aufweist, kristallisieren sich gewisse Problemlagen heraus, die auf viele oder alle befragten Jugendlichen zutreffen.

Lernschwächen und negative Schulerfolge im Vorfeld

Die Vorgeschichten der befragten Jugendlichen ähneln sich sehr stark. Positive Assoziationen mit der Pflichtschule finden sich in keinem einzigen Interview, auch nicht zwischen den Zeilen.

Zur Sprache kommen hingegen negative Schulerfolge, die Rede kommt auf Nachprüfungen, nicht geschaffte Versetzungen oder vorzeitige Beendigungen der Schule in unteren Klassen.

Weiters werden Lernschwierigkeiten beschrieben, die nur selten professionell in Angriff genommen wurden, etwa durch Nachhilfe. Der gängige Weg, der bei Lernschwierigkeiten beschrieben wird, ist es, "sich irgendwie durchzuschlängeln". So beschreiben alle 10 Jugendlichen derartige schulische Vorgeschichten. Fünf der 10 Personen berichten von Lernschwächen Hand in Hand mit negativen Schulerfolgen, die andere Hälfte schaffte zwar den positiven Abschluss der jeweiligen Pflicht- oder Sonderschulklasse, beschreibt aber dennoch große Lernschwierigkeiten.

Maßnahmenkarrieren und "Umwege" zur IBA

Gehäuft treten im Vorfeld der Zuweisung der Jugendlichen in eine IBA gewisse "Maßnahmenkarrieren" auf. Jugendliche kommen hierbei von einer Maßnahme in die nächste, absolvieren zwischenzeitlich auch Praktika. Bedingt durch diese oft zahlreichen "Zwischenschritte" bis zu IBA, wissen die Jugendlichen nur ganz selten, wie sie eigentlich zur IBA gekommen sind bzw. wird die IBA gedanklich kaum von den vorgegangen Maßnahmen getrennt. Dementsprechend war die/ der BerufsausbildungsassistentIn, laut den Aussagen der Jugendlichen, "plötzlich da".

So beginnt die Maßnahmenkarriere eines Jugendlichen im BFI-Kurs zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses, führt über das AMS und Praktika vorerst in eine JASG-Maßnahme und anschließend in die IBA. Obgleich dieses Hin und Her von den Jugendlichen eher als unruhige Zeit beschrieben wird, in der es kaum möglich ist, "anzukommen", ist es grundsätzlich positiv zu beurteilen, dass den Jugendlichen derartige Chancen und Möglichkeiten eröffnet werden, sie nicht "ohne Unterstützung zu Hause sitzen" müssen. Vier der 10 Jugendlichen beschreiben im Vorfeld der IBA "Maßnahmenkarrieren", die mehr als drei Stationen umfassten.

Der Weg in die IBA kann vielgestaltig sein und läuft, wie bereits geschildert, meist nicht direkt auf die Maßnahme der IBA-Lehre zu, sondern erfolgt über Zwischenstationen wie Anlehren oder Praktika. Nur in Einzelfällen, etwa wenn der Betrieb bereits gut über die Möglichkeit der IBA informiert ist, kommt es vor, dass der Betrieb sich direkt an das AMS wendet, um einen Lehrling zu den Bedingungen der IBA einzustellen oder eine reguläre in eine IBA-Lehre umzuwandeln. In zwei Fällen waren auch aufmerksame LehrerInnen in der Pflichtschule maßgeblich daran beteiligt, dass die IBA-Lehre direkt nach dem Schulaustritt zustande kam. Der (Wert-)Aspekt adäquater schulischer Förderung tritt an dieser Stelle deutlich hervor. Die InterviewpartnerInnen berichten von großen Fortschritten während der Zeit der Betreuung durch die Berufsausbildungsassistenz.

Hinzu kommt, dass der Großteil der Jugendlichen eigentlich nicht weiß, wie sie zur Integrativen Berufsausbildung gekommen sind. Das Motto lautet: "Plötzlich war die/ die/ der BerufsausbildungsassistentIn da." Die IBA kommt also eigentlich kaum auf Initiative der Jugendlichen selbst zustande. Gleichzeitig lässt sich die Tendenz erkennen, dass die Jugendlichen kaum zwischen Maßnahmen differenzieren können. Gedanklich sind zum Beispiel der Besuch von einer JASG-Maßnahme und dann die Betreuung durch die Berufsausbildungsassistenz ein zusammenhängender Prozess, welcher irgendwann zu einer Lehre geführt hat.

Unterstützung durch Eltern

Überwiegend kommt den Eltern eine unterstützende, förderliche Rolle im Prozess der Berufswahl und des Berufseinstiegs der Jugendlichen zu. So beschreiben sechs Jugendliche ein positives Intervenieren und Unterstützen seitens ihrer Eltern, üblich ist im ländlichen Raum vor allem, dass die Väter ihre Kontakte spielen lassen, damit die Jugendlichen letztendlich den Lehrplatz bekommen.

In einem Fall beschreibt ein IBA-Lehrling aber auch ein eher hinderliches Verhalten der Eltern, das dadurch bestimmt ist, dass der "Wert" eines Lehrabschlusses durch die Eltern nicht anerkannt wird, sondern eher eine Fixierung auf die Bezahlung vorliegt - der HilfsarbeiterInnenverdienst liegt über der Lehrlingsentschädigung. Gerade Eltern, die selbst über niedrige Bildungsabschlüsse verfügen, oder auch entlang kultureller Unterschiede in der Wertschätzung von Bildung als "Gut", werden hier immer wieder Zusammenhänge zum Bildungsverhalten der Kinder festgestellt.

Mit zunehmendem Alter der Lehrlinge nimmt der Einfluss der Eltern und ihre Unterstützung immer mehr ab, in diesem Sinne beschreiben drei Befragte, dass die Eltern keinen direkten Einfluss auf die berufliche Entwicklung nahmen bzw. nehmen.

Integration im Betrieb

Auch die Integration der IBA-Lehrlinge in den jeweiligen Betrieb verläuft in vielen Fällen ähnlich. Nach anfänglichen Unsicherheiten und einer Phase des vorsichtigen Abtastens, das meist stark durch die BAS gestützt abläuft, stabilisiert sich die/ der Jugendliche im Betrieb. Zwischenzeitlich kann es aber immer wieder zu Schwierigkeiten kommen, etwa durch Missverständnisse oder Motivationstiefpunkte.

Insgesamt wird die Situation der Jugendlichen im Betrieb positiv beschrieben, acht von 10 Jugendlichen fühlen sich eigenen Angaben zufolge wohl. Beschrieben wird, dass das Verhältnis mit den KollegInnen "passt", es Vertrauenspersonen gibt. Mittelmäßig würde eine Person die Situation im Betrieb beschreiben, eine weitere Person als schlecht. Die negativen Einschätzungen sind bedingt durch die schwierigen Verhältnisse mit der restlichen Belegschaft, welche verbale Angriffe startet oder "hinter dem Rücken redet". Zwei Befragte haben aufgrund schwieriger Verhältnisse im Betrieb auch den Lehrplatz gewechselt. Diese Möglichkeit, den Lehrplatz oder auch die Lehrform zu wechseln, begünstigen, wie oben bereits ausgeführt, den positiven Verlauf und Abschluss einer IBA.

Betreuung durch BerufsausbildungsassistentInnen

Insgesamt wird die Begleitung der IBA durch die/ den BerufsausbildungsassistentIn von 9 der 10 Befragten ausgiebig gelobt und gutgeheißen, eine Person steht der/ dem AssistentIn eher neutral gegenüber und beurteilt die Begleitung als mittelmäßig.

Als Hauptnutzen sehen die Jugendlichen die Rückgriffsmöglichkeit auf die/ den BerufsausbildungsassistentIn im Bedarfsfall, ein gewisser "Rückhalt" in Situationen, in denen man es allein nicht schaffen kann. Vier Jugendliche beschreiben auch ihre deutliche Erleichterung über die Unterstützung in organisatorischen Angelegenheiten seitens der BAS. Vielfach scheinen die Jugendlichen schnell überfordert, wenn "Papierkram" erledigt werden muss.

Die Jugendlichen schildern, dass sie sich mit ihrer/ ihrem AssistentIn "von der ersten Minute an" verstanden hätten. Während die Gespräche anfangs sehr berufsfixiert sind, geben mittlerweile drei Viertel an, dass das Verhältnis nun eher schon als freundschaftlich eingestuft werden kann. Überraschend erscheint, dass ein Wechsel der/ des BetreuerIn nicht als problematisch empfunden wird, mehrfach durch Wechsel im Team betreute Jugendliche finden für alle BerufsausbildungsassistentInnen nette, wertschätzende Worte.

Alle 10 befragten Jugendlichen gehen davon aus, dass sie die Lehre ohne Betreuung kaum schaffen bzw. es viel unwahrscheinlicher wäre, dass sie die Lehre "durchziehen" würden. Die BAS verkörpert somit neben ihrer Funktion als Anlaufstelle auch eine Art externe, soziale Kontrolle.

9 der 10 Befragten würden die IBA-Lehre und ihre Unterstützung durch die Berufsausbildungsassistenz voll und ganz, ein/e Befragte/r bedingt weiterempfehlen.

Dankbar über Unterstützung

Im Gegensatz zu vielen Erwachsenen in Maßnahmen, welche diesen oft skeptisch gegenüber stehen oder ihrer überdrüssig sind, zeigten sich die befragten Jugendlichen überaus dankbar. Die Tatsache, dass immer jemand für einen da ist oder man gratis Nachhilfe-Unterricht bekommt, entlockte so manchem Jugendlichen ein ungläubiges "Wahnsinn". Und obwohl es sich um Jugendliche handelt, wo klarerweise bisweilen starke Motivationsarbeit geleistet werden muss, sind sie sich alle bewusst, dass diese Unterstützungsleistung etwas Besonderes ist. Vor allem der Umstand, wertgeschätzt zu werden und das starke Anliegen der BAS, dass die/der Jugendliche die Ausbildung tatsächlich abschließt, wird dankend geschätzt. Eine Aufwertung des Lebensgefühls bezüglich Perspektivenlosigkeit zu einer viel versprechenden Zukunft ist in den meisten Fällen in Form von Erleichterung und Dankbarkeit klar spürbar.

Berufsschule und Berufsschulerfolg

Mit der Berufsschule verbinden - ganz im Gegenteil zur Pflichtschule - 7 von 10 Befragte positive Erinnerungen. Dies ist zu großen Teilen dem Empowerment durch die BerufsausbildungsassistentInnen zuzuschreiben.

Als zentral stellt sich dar, die aus den bisherigen negativen Schulerfahrungen der Jugendlichen generierten Versagensängste ernst zu nehmen und bestmöglich zu bekämpfen. Dies wurde neben dem Angebot an breiter Unterstützung im Lernen auch dadurch erreicht, dass die Lehrlinge in einzelnen Berufsschulen die Chance erhielten, die Unsicherheiten im Vorfeld möglichst zu minimieren. So hatten einzelne Lehrlinge die Möglichkeit des "Hausbesuchs", der von allen Jugendlichen, die die Möglichkeit dazu geboten bekamen, als sehr positives Erlebnis geschildert wird. Wenige Wochen vor Schulbeginn konnten sich die betreffenden Lehrlinge in Ruhe das Gebäude der Berufsschule anschauen, um sich später besser zurecht zu finden und mit Verantwortlichen (Direktor, KlassenlehrerIn) offene Fragen im persönlichen Gespräch klären.

Durch Fördermaßnahmen (die teilweise bereits im Vorfeld des Berufsschulbesuchs erfolgen) und Nachhilfe schaffen die Jugendlichen größtenteils (8 aus 9 Personen) den Abschluss der Klassen, wenn auch unter hohem Einsatz. Besonders hervorgehoben werden die Nachhilfe, ihr Nutzen und ihre positive Umsetzung von sechs Personen. Vier Personen beschreiben auch, dass sie im Berufsschulinternat gemeinsam mit SchulkollegInnen intensiv lernten und sich auf Prüfungen vorbereiteten.

Trotz aller Erfolge schildern drei Jugendliche auch negative Erfahrungen in Form von Hänseleien durch KlassenkameradInnen. Zwei Befragte nehmen das zum Anlass, auch insgesamt eher negativ über die Berufsschulzeit zu urteilen und beschreiben, dass sie sich nicht wohl gefühlt haben. Ein/e Befragte/r in Teilqualifikation besucht die Berufsschule nicht.

Zukunftseinschätzung und Nachhaltigkeit

Eine arbeitsmarktpolitische Zukunftseinschätzung zu den Jugendlichen ist in den meisten Fällen noch nicht zu treffen, 5 Personen sehen dem Ende der Lehrzeit zwar überwiegend zuversichtlich, aber noch unklar entgegen. Drei männliche Jugendliche werden im Anschluss an die Lehrzeit den Präsenzdienst ableisten. Eine Jugendliche bekam eine Übernahme in den Regelbetrieb des Ausbildungsbetriebs angeboten, eine weitere Jugendliche hingegen weiß bereits, dass keine Übernahme möglich ist.

Die beruflichen Zukunftswünsche der Jugendlichen selbst sind noch sehr vage und unkonkret, keine/r der Befragten schildert zu diesem Thema ausgereifte Pläne. Die breite Meinung folgt dem "Step-by-Step"-Prinzip: "Erst einmal die Lehre abschließen und dann schauen, was möglich ist". Einige hängen auch noch "Traumberufen" (z.B. MusikerIn der alternativen Szene werden und davon leben können) nach, der Lehrberuf stellt nur in wenigen Fällen auch den Wunschberuf dar.

Zum überwiegenden Teil wissen die Jugendlichen nach wie vor nicht genau, welchen Beruf sie in Zukunft ausüben möchten, die verstärkte Mobilität in der heutigen Zeit wird hier deutlich spürbar, sei es etwa im Sinne eines Wechsels des Einsatzortes (die ausgelernte Köchin, die aus der Betriebskantine auf das Schiff wechseln möchte) oder des Berufs (der Koch-Lehrling, dessen Interesse für KFZ-Mechanik nach wie vor vorhanden ist). Gerade bei den männlichen Lehrlingen fällt auch der Präsenzdienst ins Gewicht, der eine "unfreiwillige" mehrmonatige Phase des beruflichen Weiterdenkens und Orientierens ermöglicht.

Unabhängig von den Zukunftsplänen und der Möglichkeit des Verbleibs im Lehrbetrieb sehen sich alle Jugendlichen für ihre berufliche Zukunft besser gewappnet als ohne Lehrabschluss.

Kritische Erfolgsfaktoren

Als Erfolgsfaktoren der IBA/ BAS lassen sich aus den Gesprächen mit der Zielgruppe der Jugendlichen selbst folgende Punkte ableiten:

  • Empowerment

Ein gelungenes Empowerment der Jugendlichen, das negative Schulerfolge relativiert und ein Erleben des eigenen Könnens möglich macht, legt den Grundstein für einen positiven Verlauf der IBA und das künftige Bestehen am Arbeitsmarkt. Im Zuge der Betreuung durch die Berufsausbildungsassistenz fühlen sich manche Jugendliche zum ersten Mal in ihren Bedürfnissen wahrgenommen und bestärkt. Vielfach scheitern IBA-Jugendliche an den herkömmlichen Systemen und fühlen sich ausgeschlossen, wie etwa folgendes Zitat betreffend die Zeit vor Beginn der IBA belegt: "Die haben uns komisch hingestellt (...), keine Hoffnung gegeben, dass wir es mal zu was bringen können."

  • Rückhalt

Dem Auf- bzw. Ausbau eines sozialen Netzes kommt in der IBA noch mehr Gewicht zu als allgemein. Insbesondere sind Eltern, gegebenenfalls auch FreundInnen ins Boot zu holen, da diese spürbar Einfluss auf die beruflichen Entscheidungen der Jugendlichen nehmen. Als wichtig erweist sich auch eine Kontinuität in der Betreuung, die ein Gefühl der Stabilität vermittelt.

  • Betriebliche Integration

Lehrlinge brauchen ein stabiles Gefüge im Betrieb, müssen sich angenommen und akzeptiert fühlen - gerade in ihrer Sonderstellung als IBA-Lehrling - sowie Vertrauenspersonen, mit denen sie auf Augenhöhe offen über Probleme reden können. Meist werden Vertrauenspersonen nicht eigens definiert, in einigen Fällen entwickeln sich implizit KollegInnen zu Vertrauenspersonen heran, meist muss aber die/ der BerufsausbildungsassistentIn diese Rolle bekleiden.

  • Krisenintervention

Bei sich ankündigenden Krisen im Betrieb - meist handelt es sich um Kommunikationsprobleme oder um abfallende Motivation und daraus folgende Verhaltensweisen wie unerlaubtes Fehlen des Lehrlings - kommt die/ der BerufsausbildungsassistentIn zum Einsatz und versucht, lösungsorientiert zu vermitteln. Zwar also grundsätzlich aus der Ausgangssituation als "Ombudsperson" für den IBA-Lehrling agierend, muss es gelingen, eine für alle Beteiligten befriedigende Lösung zu finden.

  • Berufsschule

Aufgrund der vielfach negativen Schulerfahrungen kommt auch dem Verlauf der Berufsschulzeit eine tragende Rolle zu. Geeignete Fördermaßnahmen und Nachhilfe müssen bereitgestellt werden, um einen positiven Berufsschulerfolg zu ermöglichen. Zentral ist auch eine gute Lernumgebung, der Erfolg der Integration des IBA-Lehrlings in den Regelbetrieb soll nach Maßgabe des Wohlfühlens des Lehrlings gemessen werden. Findet eine Ausgrenzung der IBA-Lehrlinge statt, kann dies bereits wieder den Einstieg in die Negativspirale schulischer Misserfolge bedeuten. Positive Lernerfahrungen müssen daher gerade für die Zielgruppe Jugendliche ermöglicht werden, sodass sie in einer Gesellschaft, in der lebenslanges Lernen notwendig und wichtig ist, bestehen und sich in der Wissensgesellschaft behaupten können.

6 Ergebnis-Workshop mit AkteurInnen der IBA

Um die bisherigen Evaluationsergebnisse an die AkteurInnen der IBA rückzuspiegeln und die daraus sichtbar werdenden Themen zu reflektieren, wurde am 30. Jänner 2009 ein Workshop durchgeführt, zu dem 20 Personen (neben AMS und IBE) aus folgenden Anspruchsgruppen der IBA eingeladen wurden:

  • Maßnahmenträgerorganisationen (5 Personen)

  • Ausbildungsbetriebe und -einrichtungen (5 Personen)

  • Landesschulrat und Berufsschulen (5 Personen)

  • Kostensträgerorganisationen (3 Personen)

  • Sozialpartner (Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer; 2 Personen)

Die Resonanz aus den eingeladenen Anspruchsgruppen war von allen Seiten stark, insgesamt nahmen neben zwei VertreterInnen des AMS 24 Gäste teil. Die Zielgruppenzugehörigkeit gestaltete sich dabei wie folgt:

  • 4 Personen aus den Maßnahmenträgereinrichtungen Jugend am Werk und Ibis Acam

  • 1 Person aus einem Ausbildungsbetrieb (Privatunternehmen)

  • 1 Person aus einem Ausbildungsbetrieb (öffentliches Unternehmen)

  • 4 Personen aus Ausbildungseinrichtungen (Vehikel, BFI, Donauwerkstätten)

  • 2 Personen des Landesschulrates OÖ

  • 9 Personen aus Berufsschulen (Linz 2, Linz 6, Linz 8, Linz 10, Wels 1, Wels 3, Ried, Mattighofen, Gmunden 2)

  • 2 Personen seitens der AK OÖ

  • 1 Person seitens der WKO

Die Kostenträgerorganisationen waren nur durch das AMS OÖ vertreten, die VertreterInnen des BSB waren kurzfristig durch Krankheit verhindert, das Land OÖ hatte bereits im Vorfeld abgesagt. Auch die eingeladenen VertreterInnen der Maßnahmenträgerorganisation Hilfswerk haben abgesagt.

6.1 Konzeption und Ablauf

Der Workshop wies sowohl einen informativen als auch einen reflexiven Charakter auf, wobei der Fokus insbesondere auf Vernetzung und gemeinsamer Reflexion lag.

Die Konzeption des Workshops wurde entsprechend der Ausrichtung auf die Reflexion festgelegt. Auf jeweils 15- bis 20-minütige Impulsreferate zu den relevanten Studienergebnissen folgten ausführliche Diskussionsphasen im Ausmaß von 45 bis 60 Minuten.

Die inhaltliche Gliederung erfolgte nach Maßgabe der in diesem Arbeitspaket definierten Forschungsfragen und folgte vorliegendem Aufbau:

  1. Konzeptionelle und rechtliche Aspekte

  2. Schnittstellen und deren Bewertung

  3. Erfolge, Nutzen, Arbeitszufriedenheit

Die methodisch-organisatorische Gliederung (Ablaufplanung) des Workshops räumte - entsprechend dem Fokus auf Vernetzung, miteinander ins Gespräch kommen und reflektieren - nach jeder inhaltlichen Inputphase eine mindestens doppelt so lange Diskussionsphase ein. Der Foliensatz zur Präsentation findet sich in Anlage 2.

Folgende zwei Diskussionsformen wurden gewählt:

  • Im Anschluss an die Themen 1 (konzeptionelle und rechtliche Aspekte) und 2 (Schnittstellen) wurden offene Diskussionen angeboten, in denen jeweils eine Person vor dem gesamten Plenum ihre Meinung kund tat. Als Themen wurden sowohl Fragen, die die Studienergebnisse aufwerfen als auch eigene Ergänzungen vorgeschlagen.

  • Nach dem letzten inhaltlichen Thema "Erfolge, Nutzen, Arbeitszufriedenheit", indem bereits Verbesserungsvorschläge und Weiterentwicklungsmöglichkeiten der IBA aus den Studienergebnissen präsentiert wurden, sollte eine interaktive Diskussion noch einmal die Gesamtschau der IBA/ BAS themenfokussiert bearbeiten. Dazu wurden 4 Kleingruppen gebildet, die vorerst offen diskutierten und anschließend nach einer vorgegebenen Rahmenstruktur die Diskussionsergebnisse am Flipchart festhielten. Als Abschluss wurden die Ergebnisse aus den Gruppen an das Plenum rückgespiegelt.

Zur Diskussion in den Kleingruppen wurden 5 Themen angeboten, 4 davon (die fett gedruckten) wurden bearbeitet, obgleich der Aspekt der Öffentlichkeitsarbeit aus dem nicht vergebenen Thema 3 auch in den anderen Diskussionen Berücksichtigung fand:

  1. Systemebene der IBA/ BAS

  2. Leistungsebene der IBA/ BAS

  3. Marketingebene

  4. Berufsschulen

  5. Erfahrungen der Betriebe und Ausbildungseinrichtungen

Das Thema der Systemebene wurde von 6 Personen aus den Bereichen Ausbildungseinrichtungen, Berufsschule, Maßnahmenträgerorganisationen und Sozialpartner bearbeitet (A6, L2, M3, M4, S1, S3 - Anonymisierungskürzel, Codierungsmodus siehe unten).

Die Gruppe der DiskutantInnen zur Leistungsebene setzte sich aus 4 Personen zusammen: Eine Person aus dem Bereich der Maßnahmenträgerorganisationen, drei VertreterInnen der Ausbildungsbetriebe bzw. -einrichtungen (M2, A1, A3, A4).

Das Thema "Erfahrungen der Betriebe und Ausbildungseinrichtungen" wurde von 5 Personen bearbeitet (A2, A5, L1, L10, M1).

Der Themenkomplex Berufsschule wurde entsprechend der betroffenen Personen an 8 Personen des Landesschulrates und der Berufsschulen sowie einen Vertreter der Sozialpartner vergeben (L3, L4, L5, L6, L7, L8, L9, L11, S2).

Die Diskussionsergebnisse wurden sowohl am Flipchart als auch handschriftlich mitdokumentiert, um eine Auswertung über Inhaltsanalysen möglich zu machen.

Die Auswertung der Einzelaussagen erfolgte anonymisiert über die jeweiligen Anspruchsgruppen. Jede Person wurde der jeweiligen Gruppe zugeordnet und die Gesamtanzahl der Personen in der Anspruchsgruppe durchnummeriert. Das Kürzel gibt somit Auskunft über die Zugehörigkeit zur Anspruchsgruppe und die individuell zugeordnete, laufende Nummer innerhalb der Gruppe. Folgende Kürzel wurden verwendet:

  • Maßnahmenträgerorganisationen (M1 bis M4)

  • Ausbildungsbetriebe/ Ausbildungseinrichtungen (A1 bis A6)

  • Landesschulrat/ Berufsschulen (L1 bis L11)

  • Sozialpartner (S1 bis S3)

Die weitere Auswertung des Workshops erfolgte mittels Inhaltsanalyse, die Aussagen der TeilnehmerInnen zum Workshop sind dabei sinngemäß verwertet.

6.2 Ergebnisse

Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt primär nach sichtbar werdenden Themenkomplexen und erst in zweiter Linie chronologisch in der Reihenfolge der Diskussionen, da sich die Themen der beiden offenen Diskussionen teilweise überschneiden. Diese stellen somit die Inhalte für den ersten Ergebnisteil dar, der auch einen Exkurs über den "Best Practise Betrieb: Der freundliche Maler" beinhaltet, zu dem das IBE im Zuge des Workshops eingeladen wurde. Im Anschluss daran folgt die Auswertung der interaktiven Gruppendiskussionen.

6.2.1 Statements zu den Maßnahmenträgerorganisationen

Die Kompetenz der Berufsausbildungsassistenz wird als sehr gut bewertet. (L7) Besonderes Lob und mehrfacher Dank wird der Jugend am Werk GmbH ausgesprochen, es wurde vielfach die Gelegenheit ergriffen, den Hauptverantwortlichen persönlich Lobesworte auszusprechen.

Die Jugend am Werk GmbH betreut seit Beginn der IBA im Jahr 2003 laufend eine Vielzahl an Lehrlingen und bekräftigt, dass die Ergebnisse der Betreuung von Jahr zu Jahr besser werden, insbesondere da durch das kontinuierliche Am-Ball-Bleiben umfangreiches Know-How gesammelt werden konnte. (M3)

Rahmenbedingungen der Maßnahmenträgerorganisationen

Aus Sicht vieler Workshop-TeilnehmerInnen ist eindeutig festzuhalten, dass ein großer Unterschied zwischen den Trägern Jugend am Werk und Hilfswerk Linz Süd hinsichtlich der Qualität besteht. "Lehrlinge, die über Jugend am Werk betreut werden, sind für uns eindeutig mit weniger Aufwand verbunden als Lehrlinge, die über das Hilfswerk betreut werden." (A1)

Es wird bedauert, dass die Maßnahmenträgerorganisation Hilfswerk Linz Süd nicht am Workshop teilgenommen hat, insbesondere, da ein gemeinsamer Diskurs zu Qualitätsfragen gewünscht würde, der aber nur mit allen Trägerorganisationen gemeinsam geführt werden kann. (A4)

Die Gründe für die Qualitätsunterschiede werden an mehreren kritischen Punkten verortet. Ein derartiger Faktor ist die Konkurrenzierung um den Preis der Leistung der Berufsausbildungsassistenz. Dieser bestimmt vielfach über den Förderzuschlag und die Qualität rutscht dabei teilweise in einen Bereich, der als "sensationell schlecht" bezeichnet wird. (A4)

Es gibt derzeit hinsichtlich der Ausschreibungen bzw. Vergaben durch die Fördergeber keine einheitlichen Standards, solche wären aber wünschenswert. Zum Beispiel erfordert die Tätigkeit der Berufsausbildungsassistenz, einem fixen Anstellungsverhältnis zu unterliegen, um negative Auswirkungen auf die Qualität vermeiden zu können. Werkverträge fördern die Fluktuation und wirken sich negativ auf die Qualität aus, z.B. über die fehlende Betreuungskontinuität. (A4)

Auch das Gesetz verschärft diese Situation, da es als "Feigenblatt" beschrieben wird, das viele Strukturfragen offen lässt. Die Umsetzung der IBA lässt sich somit derzeit nur mit viel sozialem Engagement gewährleisten. Für eine Verbesserung gilt es, das Gesetz entsprechend zu "reparieren" und Ressourcen bereit zu stellen, die ein qualitativ hochwertiges Arbeiten möglich machen. (A4)

Die Betreuung der IBA-Lehrlinge unterliegt somit, je nach Kosten- bzw. nach Maßnahmenträgerorganisation, unterschiedlichen Rahmenbedingungen. In der Folge bilden sich strukturelle Ungleichheiten heraus: "Die derzeitigen Rahmenbedingungen lassen nicht zu, dass alle Jugendlichen gleich gefördert werden." (M3) Diese verstärken sich zudem durch die regionale Teilung des Klientels. (A4)

Als Fazit aus den Statements zu den Maßnahmenträgerorganisationen und ihren Rahmenbedingungen kann festgehalten werden, dass "Integration kostet, Ressourcen braucht, einfach bezahlt werden muss!" (A4)

Andiskutierte Umgestaltungen der inhaltlichen Zuständigkeiten der BAS

Der Aufgabenbereich der IBA bzw. BAS wird als "schon derart breit" angesehen, dass er "kaum noch ergänzbar ist". Insbesondere vor dem Hintergrund limitierter Ressourcen kann die Berufsausbildungsassistenz nicht alles abdecken. (M2)

Die Ausweitung der Zuständigkeiten und Tätigkeiten der Berufsausbildungsassistenz im Sinne einer längeren Nachbetreuungsphase wäre aber wünschenswert. Insbesondere, wenn nach Lehrabschluss keine Übernahme in ein ordentliches Dienstverhältnis erfolgt, werden die derzeit zugestandenen 14 Tage für Nachbetreuung als zu kurz erachtet. (A3)

Weitere Anmerkungen zu Umgestaltungen des Konstrukts der IBA beziehen sich darauf, auch für die Form der Teilqualifikation den Zeitrahmen ausweiten zu können → "verlängerte Teillehre" sowie eine Ausdehnung der Altersgruppen für die IBA. Der Einstieg sollte auch noch für 19- bis 23-Jährige möglich sein. (A2)

Ein weiteres Problem zeigt sich in der mangelnden Flexibilität der Systeme und darin, dass manche Jugendliche das Netz der Unterstützung durch die IBA trotz Bedarf nicht in Anspruch nehmen können, weil sie nicht bzw. nicht dauerhaft in die rechtliche Zielgruppendefinition hineinfallen. Gestaltet sich schon ein Wechsel von der IBA in eine reguläre Lehre schwierig, weil dadurch die Förderung wegfällt, ist der umgekehrte Weg von der regulären in die IBA-Lehre sehr schwer möglich. "Viele Jugendliche haben Defizite, die erst im Ausbildungsverlauf sichtbar werden. Lehrlinge, die die Pflichtschule mit passablen Noten abgeschlossen haben, können einen sonderpädagogischen Förderbedarf aufweisen oder gerade die Einstufung nach Ziffer 4 (sonstige, in der Person gelegene Gründe) zeigt sich meist erst nach einer gewissen Zeit. Die IBA nun im Nachhinein zu implementieren ist kaum mehr möglich und die Chancen auf einen Lehrabschluss verringern sich erheblich. Es sollte also für die Zukunft möglich gemacht werden, dass die IBA auch im Nachhinein eingesetzt werden kann." (A1)

Auch die BerufsschulvertreterInnen beschreiben, dass oft erst im Schulbetrieb sichtbar wird, wer eigentlich noch Leistungen im Zuge der IBA bzw. eine Berufsausbildungsassistenz bräuchte. BerufsschullehrerInnen haben hier aber kaum Handlungsspielraum, es gibt keine Stelle, an die man sich in diesem Fall wenden könne. (L3)

Vielfach zeigen sich im Verlauf einer Lehre bzw. der Beschulung erhebliche Sprachbarrieren, auch hier könnte die IBA als Weg dienen, Sprachförderung zu erlangen. (A1)

Manche Jugendliche bräuchten aber nicht das gesamte Paket der IBA, sondern nur spezifische, begrenzte Leistungen der Unterstützung in schwierigen Lebensphasen: "Für einige reicht auch weniger. Die Berufsausbildungsassistenz sollte aber grundsätzlich mit ihrem Wissen und ihrer Unterstützung allen offen stehen, die das gerade nötig haben, etwa auch Regellehrlingen, die schwierige Phasen durchlaufen." (M3)

6.2.2 Statements zu Ausbildungsorganisationen

Jugendliche in der Ausbildungsorganisation

Jugendliche absolvieren ihre IBA-Lehre entweder in privaten Unternehmen oder in Ausbildungseinrichtungen. Als zentral für einen positiven Verlauf der Ausbildung wird die Sicherstellung der Bereitschaft der Jugendlichen zur IBA und den damit verbundenen Pflichten erachtet.

Nachhilfe ist beispielsweise "absolut notwendig und kostet" Geld. "Bei Nichterscheinen des Lehrlings in der Nachhilfe - und somit Verstoß gegen seine Pflichten - müssen den Jugendlichen verstärkt die Konsequenzen übertragen werden, damit diese die Möglichkeit der Nachhilfe und die damit verbundenen Kosten auch ‚wertschätzen' können. Ein Vorschlag wäre, sie bei Versäumen von Nachhilfeterminen die Kosten tragen zu lassen." (A2)

Neben dem Lernprozess der Jugendlichen, für die eigene Ausbildung entsprechende Verantwortung zu übernehmen, wird eine Grenze der IBA darin gesehen, dass die IBA "den Jugendlichen zwar ‚Normalität' beibringt, bei manchen geht aber leider nichts", insbesondere bei schwerwiegenderen psychischen Problemen der Jugendlichen. (A2)

Gründe für die Einstellung von IBA-Lehrlingen

Das Fördergeld lässt sich sowohl in der bundesweiten, als auch in vorliegender Studie als Motivator Nummer eins zur Einstellung von IBA-Lehrlingen festhalten. Die Diskussion im Workshop zeigt, dass gerade kleinere Betriebe auch auf die Förderungen angewiesen sind. (A1) Das Fördergeld als Honorierung der zusätzlich entstehenden Aufwendungen sei somit völlig legitim. Problematisch gestalten sich aber die unterschiedlichen Förderhöhen. (M2)

Angetrieben durch die Anwesenheit einiger sehr engagierter Ausbildungsorganisationen erhielt der Themenbereich "soziale Werte der Organisation" als Motivator hohes Gewicht. Es herrscht Einigkeit, dass Unternehmen einen sozialen Auftrag zu erfüllen haben und auch eine gewisse Verpflichtung tragen, sich selbst um die Ausbildung von Fachkräften zu kümmern. (A2)

Ein/e Workshop-TeilnehmerIn beschreibt, dass die Auswahl bzw. Verteilung von Lehrlingen nach einem gewissen Leistungsprinzip erfolgt. Kleine Unternehmen und weniger attraktive Branchen haben es bedeutend schwerer, Lehrlinge zu bekommen, vor allem die guten. Daher sind Unternehmen gefragt, selbst tätig zu werden und Lehrlinge zu exzellenten Facharbeitskräften zu qualifizieren. "Bei uns erfolgt dann auch eine Übernahme in den Betrieb und es hat sich ein ‚Patensystem' heranentwickelt, wo die Gesellen aus ehemaligen IBA-Lehren die derzeitigen Lehrlinge sehr gut motivieren können." Dieses Engagement wurde anfangs durchaus kritisch betrachtet, die Frage "Wird das Erfolg haben?" war omnipräsent. Mittlerweile hat der Betrieb aber einen Vorbildcharakter etablieren können, der Nachahmung schafft. (A2)

Dieses hohe soziale Engagement und der durchgängige Idealismus wird von den weiteren TeilnehmerInnen am Workshop geschätzt, es wird aber auch darauf hingewiesen, dass ein derart ausgeprägtes soziales Engagement - gerade von privaten UnternehmerInnen - eher den Einzelfall darstellt und in vielen Fällen selbst eine Erhöhung des Fördergeldes die Bereitschaft zur Einstellung von IBA-Lehrlingen nicht merklich steigert. (S3)

Ein/e TeilnehmerIn verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass soziales Engagement per se auch einen "zerbrechlichen" Charakter haben kann, das Fördergeld hingegen einen viel konstanteren Motivator darstellt: "Als Ausbildungsbetrieb im öffentlichen Dienst erhalten wir keine Fördergelder. Angesichts steigender Bedarfe stellt sich aber immer mehr die Frage, ob wir uns die Aufnahme von Lehrlingen mit Förderbedarfen noch im bisherigen Umfang leisten können. Soziales Engagement allein reicht hier nicht." (A1)

Weitere Einflussfaktoren auf die Aufnahme von IBA-Lehrlingen werden in Informationsdefiziten (M1) und der allgemeinen Lehrstellenproblematik gesehen: "Manche Klein- und Mittelbetriebe können vielleicht gar nicht ausbilden." (S3)

In Hinblick auf die Organisationstypen wird festgehalten, dass es leichter erscheint, Kleinbetriebe für die IBA zu gewinnen. Diese würden die Unterstützung durch die Berufsausbildungsassistenz auch stärker schätzen. (A5) Zudem erhöhen sich auch die Chancen auf eine Übernahme der IBA-Lehrlinge, wenn diese ihre Ausbildung in familiär strukturierten Kleinbetrieben absolviert haben. (M1)

Ein/e Workshop-TeilnehmerIn aus einer Ausbildungseinrichtung betont auch, dass es wichtig ist, dass sich Jugendliche über eine gewisse Zeit beruflich finden können, "man sie sich 1 bis 2 Jahre anschauen kann", bis man sie endgültig in die Privatwirtschaft vermittelt. Die Jugendlichen haben so die Chance, Erfahrungen zu sammeln, sich zu erproben und die Maßnahme erreicht letztlich eine Vermittlungsquote von 83%. (A5)

Schnittstellen

Die Schnittstelle der Ausbildungsorganisationen zur Berufsausbildungsassistenz erweist sich als wichtiger Faktor, insbesondere wenn mehrere IBA-Lehrlinge in einer Organisation ihre Ausbildung absolvieren. "Betriebe sollten für die IBA idealerweise einen, maximal zwei AnsprechpartnerInnen haben (auch wenn sie mehrere Lehrlinge haben)." Im Betrieb der Teilnehmerin funktioniert dies derzeit gut, basierend auf individuellen Vereinbarungen mit der Maßnahmenträgerorganisation. (A2)

Eine weitere Teilnehmerin am Workshop bekräftigt dies: "Es hat wenig Sinn, drei verschiedene AnsprechpartnerInnen für einen IBA-Lehrling zu haben." (A3)

Hinsichtlich einer Mehrfach- oder gar Überbetreuung der Jugendlichen in Ausbildungseinrichtungen fällt der Kommentar deutlich, unter Hinweis auf die notwenigen Abstimmungen an den Schnittstellen, aus: "Wir brauchen jede Unterstützung! Es ist wichtig, eine klare Abgrenzung zwischen Sozialpädagogik und Berufsausbildungsassistenz zu treffen, von einer Überbetreuung in Ausbildungseinrichtungen kann keine Rede sein. Es handelt sich lediglich um ein Schnittstellenproblem, das Abgrenzung erfordert." (A3)

Dies wird auch von einer weiteren Teilnehmerin bestätigt: "Unser Verein hat den Selbstzweck, die Ausbildung benachteiligter Jugendlicher zu ermöglichen. Wir verfügen über zwei ganztags eingesetzte SozialpädagogInnen und können nur betonen, dass die BerufsausbildungsassistentInnen ganz dringend notwendig sind." (A4)

6.2.3 Statements zu den Berufsschulen

Entwicklungen der Berufsschulen im Zuge der IBA

Die eher schlechte Bewertung der Zusammenarbeit mit den Berufsschulen seitens der BerufsausbildungsassistentInnen im Zuge der Studie schmerzt die BerufsschulvertreterInnen, weil Berufsschulen sehr viel Zeit investieren und sich schon viel zum Besseren verändert hat. Dies wird auch in eigenen im Themenbereich Berufsschule beauftragten Studien belegt.

2003 standen die Berufsschulen vor der Situation, dass für IBA-Lehrlinge Lehrpläne und/ oder Beurteilungen oft nicht passend waren und wenig gesetzliche Hilfen und Rahmenbedingungen zur Verfügung standen. Auch zusätzliche Ressourcen wurden nicht zur Verfügung gestellt. (L2)

Die Schwierigkeiten der Berufsschulen waren bereits im Vorfeld absehbar, da die Schulen von normativer Seite "alleingelassen" wurden, durch unzureichende gesetzliche Regelungen sowie auch in der Art der Umsetzung. (S3) Als Konsequenz haben sich viele unterschiedliche Arten der Beschulung von IBA-Lehrlingen - von der Integration einzelner in Regelklassen bis hin zu eigenen Klassen mit Schulzeitverlängerung - heranentwickelt.

Grundsätzlich besteht in der Regel der Wunsch von allen Seiten, die IBA-SchülerInnen normal zu beschulen, unter Einsatz von Förderunterricht. Scheitert dies, kann ein genereller oder individueller Lehrplan eingesetzt werden, der dann aber oft im Regelbetrieb schwer umsetzbar ist. Die Durchlässigkeit der Lehrplansysteme untereinander ist nicht gut gegeben. In der Regel wird im Vorfeld eine Form festgelegt und ob diese passend ist, stellt sich erst im Lauf des Schuljahres heraus. (A3, L5)

Trotz vieler Herausforderungen und der schwierigen Rahmenbedingungen hat sich die IBA - nicht zuletzt dank des Engagements vieler Lehrkräfte und Verantwortlicher - zu einer Erfolgsstory entwickelt, getragen von den drei Eckpfleilern Unternehmen/ Ausbildungseinrichtung, Berufsausbildungsassistenz und Berufsschule. (L2)

Das Plenum im Workshop teilt die Ansicht, dass die Berufsschulen sehr engagiert sind und unter den derzeitigen prekären Rahmenbedingungensehr gute Arbeit leisten. Um Jugendliche optimaler zu versorgen, brauche es aber auch zusätzliche Ressourcen. (M3, M2)

Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass im Engagement Unterschiede bestehen. "Manche Berufsschulen stehen sehr hinter der Idee der IBA, einige haben sich aber auch distanziert und ausgrenzend verhalten, um einen gewissen Eliteanspruch für ihre Berufsschule deutlich zu machen." (A1)

Kritische Faktoren Informationsfluss, Abstimmung und Erreichbarkeit

Informationsfluss und Erreichbarkeit wurden im Vergleich zu anderen Schnittstellen im Zuge der Erhebungen für vorliegende Studie relativ schlecht beurteilt und kommen auch im Workshop wieder zur Sprache: "In manchen Fällen gestaltet es sich sehrschwierig, den Kontakt herzustellen". (A1)

Zentral für einen guten Verlauf der Berufsschulzeit ist es, bereits im Vorfeld abzustimmen, welche Auswirkungen die "Beeinträchtigungen" der IBA-Lehrlinge auf deren Beschulung und den Schulbetrieb insgesamt haben. (L3) Dieser erste Vorbereitungstermin erfüllt auch Aufgaben der Sensibilisierung, um den Lehrlingen einen guten Start zu ermöglichen. (A2)

Während der Beschulung folgen idealerweise fixe Besprechungstermine und je nach Bedarf weitere Abstimmungen, um den Dialog im Dreieck BAS - Schule - Betrieb aufrecht zu erhalten: "Bei uns folgen dann zwei Regeltermine mit jeder/ jedem LehrerInbzw. Schule. Bei Notfällen gibt es auch Akuttermine. Zentral ist es, dass der Betriebimmer mit allen im Dialog ist." (A2)

Viele BerufsschulvertreterInnen beschreiben das Dilemma, dass die notwendige Kommunikation über IBA-Lehrlingenur in der Freizeit stattfinden kann, was auch noch dadurch verschärft wird, dass fast jeder IBA-Lehrling durch eine/n andere/n BerufsausbildungsassistentIn betreut wird. Es müsste ein organisatorischer Rahmen geschaffen werden, in dem die notwendigen Abstimmungen erfolgen können. Die derzeitigen Rahmenbedingungen lassen dies innerhalb der Arbeitszeit aber nicht zu. (L7, L10)

Einige Berufsschulen haben auf diese Problematik bereits reagiert. So wird etwa die Informationsweitergabe in einer Berufsschule über eigene Konferenzen sichergestellt, in der alle betreffenden LehrerInnen anwesend sind. Auch die Erfahrung der BerufsausbildungsassistentInnen zeigt, dass ein hoher Grad an Institutionalisierung - etwa über LehrerInnenkonferenzen mit allen BerufsausbildungsassistentInnen - die Zusammenarbeit mit Berufsschulen wesentlich vereinfacht. Die schlechte Erreichbarkeit ist aber ein strukturelles Problem, da aufgrund der individualisierten Lehrpläne nur die KlassenlehrerInnen Auskunft über den einzelnen Lehrling erteilen können. (L5, M3, L7)

Auch umgekehrt besteht der Wunsch, dass Berufsschulen nur wenige AnsprechpartnerInnen in der BAS haben, idealerweise nur eine/n AssistentIn für alle IBA-SchülerInnen. (L9) Ein Wechsel in der Betreuungsperson wirkt sich in den meisten Fällen negativ aus, sollte aber, falls nicht vermeidbar, umgehend auch an die Berufsschulen weitergegeben werden. (A3, L7)

Herausforderungen im Schulalltag

An den Diskussionsbeiträgen der Workshop-TeilnehmerInnen zeigt sich deutlich, dass in den Berufsschulen eine akute Unterversorgung hinsichtlich Ressourcen zur Umsetzung der IBA besteht:

"Uns stehen derzeit lediglich 20 Unterrichtseinheiten für die IBA-Lehrlinge zur Verfügung. Der Einzeleinsatz von StützlehrerInnen ist daher nicht möglich, die IBA-Lehrlinge müssen unter diesen Umständen zusammengefasst werden, wobei dies lediglich den Förderunterricht betrifft und nicht der Einrichtung eigener IBA-Klassen gleichzustellen ist." (L3)

"Man muss sich das im Schulalltag so vorstellen, dass man eine ‚normale' Klasse hat, die um integrative Lehrlinge, einige davon mit sonderpädagogischem Förderbedarf und anderen Hemmnissen, erweitert ist. Der Aufwand, den Normalbetrieb am Laufen zu halten, ist enorm. Es erfordert zahlreiche Abstimmungsgespräche, die Entwicklung individueller Lehrpläne und zusätzliche didaktische Ansprüche, ohne dass dafür zusätzliche Ressourcen verfügbar gemacht werden." (L9)

Neben der grundsätzlichen Unterversorgung mit Stützlehrkräften bzw. Förderstunden stoßen Lehrkräfte im Kontext von SchülerInnen mit psychischen Beeinträchtigungen an ihre Grenzen und würden sich AnsprechpartnerInnen wünschen, die sie diesbezüglich um Rat fragen bzw. beiziehen können. (L3)

Auch in den Berufsschulen wird deutlich, dass manche Jugendliche IBA-Bedarf hätten, diesen aber im Nachhinein schwer bekommen könnten. Sie beschreiben teilweise sogar ein gewisses Ungerechtigkeitsempfinden gegenüber den IBA-Lehrlingen in den Klassen: "Viele reguläre Lehrlinge sitzen in derselben Klasse und bräuchten dieselbenUnterstützungsleistungen, insbesondere Nachhilfe. Hier kann schnell Neid entstehen.Die Betreuungsangebote sollten daher für alle förderbedüftigen Lehrlinge angebotenwerden." (L1, L7)

Auch die Verpflichtung, die Zeugnisse von IBA-BerufsschülerInnen speziell auszuweisen, wird angesprochen, da diese Zeugnisse stigmatisierende Wirkung haben. (A4) Die Kennzeichnung des Zeugnisses ist gesetzlich in der Lehrplanverordnung geregelt. Der Ausweis ist jedoch nicht erforderlich, wenn die Klasse normal absolviert wurde. (L2)

Hinsichtlich der Zeugnisverordnung kommen die DiskutantInnen im Workshop zu dem Schluss, dass Jugendliche nicht durch spezielle Ausweisung diskriminiert werden sollten und generell die Aussagekraft der Zeugnisse verbessert werden sollte. AlternativeBeurteilungsformen, die informelle wie formelle Kompetenzen erfassen, wären schließlich auch im Interesse der Wirtschaft. (M3)

Um den Herausforderungen an die Berufsschulen im Zuge der IBA weiterhin stark begegnen zu können, erachten BerufsschulvertreterInnen auch spezielle Evaluierungender schulischen Maßnahmen als wichtig. (L3)

6.2.4 Exkurs: Best Practice Betrieb "Der freundliche Maler"

Es wurde mehrfach bedauert, dass die Studie Betriebe und Ausbildungseinrichtungen unberücksichtigt lässt. (A4; A2) Zielsetzung der Studie war eine Evaluation der BAS in Oberösterreich, nicht der IBA an sich. Aus diesem Grund wurde der Fokus auf die BerufsausbildungsassistentInnen selbst und die Jugendlichen gelegt, alle weiteren Anspruchsgruppen aber über den Workshop eingebunden. Dem großzügigen Angebot eines Ausbildungsbetriebs mit viel IBA-Erfahrung, einen Betriebsbesuch zu unternehmen, wurde seitens des IBE gern nachgekommen.

Der Freundliche Maler ist ein Fahnenträgerbetrieb in Oberösterreich für die Branche Baunebengewerbe und definiert sich als Familienunternehmen mit sozialem Leitbild. Im Moment beschäftigt der Betrieb 112 MitarbeiterInnen und 30 Lehrlinge, wovon 11 dem hauseigenem Projekt "Chancenlehre" zuzuordnen sind. Der Betrieb bildete von Beginn an Lehrlinge aus und räumt dem Thema Lehrlingsausbildung generell eine hohe Priorität ein.

"Der Freundliche Maler"

Der Freundliche Maler will sich der sozialen Verantwortung nicht entziehen und sieht gerade in der Jugendarbeit einen möglichen gesellschaftlichen Beitrag, genauso wie Migration und Integration als Auftrag interpretiert werden. Um diesem Engagement auch im nötigen Ausmaß gerecht zu werden und eine gewisse Professionalisierung in Gang zu bringen wurde im Februar 2005 das Pilotprojekt "Chancenlehre" ins Leben gerufen. Dieses Projekt soll lernschwachen SchulabgängerInnen die Chance auf einen Lehrabschluss geben, Unternehmen dadurch neue Fachkräfte bieten und einen Beitrag zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit leisten. Schlüsselerlebnis für den Start dieser Maßnahme war die Bewerbung eines sehr lernschwachen jungen Mannes, der aus Angst seine Defizite tot schwieg und am Ende extrem dankbar war, beim Freundlichen Maler einen Job und eine Chance zu bekommen. Man beschloss, diesbezüglich etwas zu unternehmen, auch weil die Hälfte aller BewerberInnen - jährlich bewerben sich 120 bis 130 Jugendliche um eine Lehrstelle - heute aus einer Sonderschule kommt. Gleichzeitig betont Frau Freundlinger auch im Gespräch, dass das Zeugnis nicht strahlen muss. Sie bräuchte einen Handwerker mit zwei goldenen Händen und keinen Schriftsteller. Und auch in der Infobroschüre zur Chancenlehre ist zu lesen: "Man braucht nicht unbedingt eine Eins in Deutsch um Erfolg im Beruf zu haben." Beim Freundlichen Maler zeigt man sich davon überzeugt, dass sich Lernprobleme nicht zwangsläufig auf die berufliche Performance auswirken müssen, genauso wenig wie Schulnoten viel über das handwerkliche Potenzial aussagen und viele der Chancen- Lehrlinge sich durch Zusatzqualifikationen und Talente auszeichnen. Und trotz schulischer Erfolge und geschafften Lehrabschlüssen bleibt trotzdem klar, dass diese Jugendlichen keine Berufsausbildung ohne zusätzliche Unterstützung und Betreuung schaffen würden. Genauso wie Frau Freundlinger, die für Personalentwicklung im Unternehmen und speziell für Lehrlinge zuständig ist, gemeinsam mit den BerufsausbildungsassistentInnen "alle Hände voll zu tun hat", mit vielen problemhaften Schauplätzen und Störfaktoren. Dennoch sei es besonders wichtig, gerade diesen Jugendlichen "endlich" das Gefühl zu vermitteln "Du bist okay". Denn gerade im mangelnden Selbstbewusstsein sieht die Nachhilfe-LehrerIn eine Ursache für die Leistungsschwäche der Jugendlichen. Vor allem in der Schule würden die Jugendlichen heute nur an ihrer Leistung gemessen und nicht an ihrem Menschsein. Diese Vermittlung der Wertigkeit des Menschen müsse auch speziell in der LehrerInnen-Ausbildung berücksichtigt werden, denn wird diese Botschaft erst einmal verstanden, kommen, ihrer Ansicht nach, die Leistungen von ganz alleine. Es handelt sich um Jugendliche, die erst reifen müssen, weshalb das Credo beim Freundlichen Maler lautet: "Das Erfassen des ‚ganzen Menschen' ermöglicht wirkliches Lernen".

Das Projekt "Chancenlehre" ist ein Konzept, welches in der Ausbildung vor allem auf Praxis setzt, genauso wie auf eine intensive Betreuung, sowohl durch die Personalchefin selbst, einen eigenen Ausbildner, der nur für die Chancen-Lehrlinge zuständig ist, eine hauseigene Nachhilfe-Lehrerin und die/ der jeweilige BerufsausbildungsassistentIn. Man weiß um die Wichtigkeit von Begleitung und Coaching und wird nicht müde zu betonen, dass man die jahrelange Erfahrung von Jugend am Werk als Maßnahmenträgerin schätzt, insbesondere die exzellente Zusammenarbeit und Professionalität. Denn, obwohl man für dieses Projekt zusätzliche Mittel erhält und auch schon zahlreiche Preise gewonnen hat (z.B.: Deichmann-Förderpreis gegen Jugendarbeitslosigkeit), beteuert man, dass es die Berufsausbildungsassistenz braucht und sie einfach ein Segen ist.

Wie wird man nun ein Chancenlehrling beim Freundlichen Maler? Grundsätzlich ist dieses Projekt schon relativ bekannt und die Jugendlichen bewerben sich auch bewusst dafür. Beim Bewerbungsgespräch selbst wird mit den Jugendlichen ein allgemeiner Fragenkatalog durchgegangen, welcher sowohl familiäre, persönliche wie auch schulische Themen behandelt. Frau Freundlinger achtet mittlerweile im Speziellen darauf, dass gewisse Strukturen (z.B.: Familie) vorhanden sind, da ihrer Erfahrung nach das Ganze sonst einfach zu schwierig wird. Es wird aber auch vorausgesetzt, dass die/ der Jugendliche die gesamte Lehrzeit im Betrieb absolviert, sprich das ganze System muss durchlaufen werden. Jugendliche, welche zum Beispiel schon die 1. Klasse der Berufsschule in einem JASG-Lehrgang absolviert haben, haben eigentlich nur dann eine Chance: Wenn sie dieses Schuljahr wiederholen. Außerdem wird ein gewisses Mindestmaß an Deutschkenntnissen vorausgesetzt, da es einfach keinen Sinn hätte mit Jugendlichen zu arbeiten, die nur gebrochenes Deutsch sprechen.

Bei vielen Jugendlichen werden die Defizite schon während des Bewerbungsgespräches sehr deutlich. Den meisten Jugendlichen fehlt die Schulung bezüglich richtigem Bewerben, ob das nun das äußere Erscheinungsbild betrifft, die richtige Form eines Bewerbungsschreibens oder einfach nur Umgangsformen. Diesbezüglich würde sich Frau Freundlinger auch mehr von den Schulen erwarten und zwar in punkto Persönlichkeitsbildung und auch Allgemeinbildung. Es könne nun einmal nicht sein, dass ein/e Jugendliche/r nach 9 Jahren Pflichtschule auf die Frage nach drei großen österreichischen Seen, den Pleschinger See, den Pichlinger See und den Ausee nennt. Und auch in diesem Bereich engagiert sich das Unternehmen "Der Freundlicher Maler" und hat mit einer Hauptschule eine Kooperation begonnen. Einmal jährlich kommen die SchülerInnen in den Betrieb und üben Bewerbungsgespräche unter realen Bedingungen. Da dies ein sehr zeitintensives Unterfangen ist, gibt es diese Zusammenarbeit auch nur mit einer Schule. Im Zuge dieses Angebotes rät Frau Freundlinger den Jugendlichen so viele Unternehmen wie möglich persönlich zu besuchen, auf ein gepflegtes äußeres Erscheinungsbild zu achten (Stichwort: Hygiene), gewisse Umgangsformen zu beherzigen und ehrlich zu sein (z.B.: sich nicht als Nicht-Raucher deklarieren, wenn man ganz offensichtlich keiner ist). Außerdem sollte darauf geachtet werden, dass man sein Bewerbungsschreiben gewissenhaft vorbereitet.

Nach den Bewerbungsgesprächen werden die Auserwählten für eine ganze Woche zum Schnuppern eingeladen. Jene Jugendliche, die dann als Lehrlinge aufgenommen werden, werden nicht sofort ins "kalte Wasser" geworfen, sondern verbringen einen so genannten "Kennenlern-Tag" mit Frau Freundlinger, wo sie alles Wichtige über das Unternehmen erfahren und selbst Fragen stellen können. Es ist wichtig, dass die Jugendlichen die Spielregeln des Unternehmens kennenlernen und diese auch verinnerlichen. So haben zum Beispiel Handgreiflichkeiten, Missbrauch, sexuelle Belästigung und Gewalt im Unternehmen nichts verloren und stellen auch einen fristlosen Kündigungsgrund dar. Grundsätzlich können sich die Lehrlinge auch auf einen sehr sicheren Job freuen, da eigentlich alle Lehrlinge im Unternehmen behalten werden.

Chancen-Lehrlinge mit Nachhilfe-LehrerIn

Im ersten halben Jahr befinden sich die Chancen-Lehrlinge ausschließlich in der Obhut ihres Ausbildners und beginnen dann auch mit den Gesellen raus zu gehen. Wesentlicher Erfolgsfaktor des Projekts "Chancenlehre" ist sicherlich, das sehr hohe Engagement des Unternehmens auf verschiednen Ebenen. Eine ist der schulische Erfolg. Hierfür wurde eigens eine eigene Nachhilfe-Lehrerin eingestellt. Sie unterrichtet die Lehrlinge regelmäßig (im Moment zum Beispiel jeden Freitag), wobei die Möglichkeit gegeben ist, flexibel zu bleiben, was ebenfalls als Erfolgsfaktor gewertet wird. Außerdem wird ein intensiver Kontakt zur Berufsschule gepflegt. Man geht von Seiten des Unternehmens aktiv auf diese zu, weshalb auch eine sehr gute Zusammenarbeit entstanden ist.

Teilweise grenzüberschreitend stellen sich die Maßnahmen hinsichtlich des starken sozialen Engagements von Frau Freundlinger dar. So ist es üblich, dass Frau Freundlinger über das Privatleben ihrer "Schützlinge" Bescheid weiß und auch teilweise in diesem Bereich interveniert, wobei dies mit der Sicherung der Leistungsfähigkeit der Jugendlichen im Unternehmen begründet wird.

Was ist nun die Motivation für dieses hohe Engagement? Oberster Beweggrund sei es mit ansehen zu können bzw. Teil davon zu sein, wenn ein/e Jugendliche/r dann schön langsam aufblüht. Aber auch andere Beweggründe spielen eine Rolle. So betont Frau Freundlinger, dass der Betrieb auch aufgrund des sozialen Engagements Aufträge bekommt. Die Leute würden es schätzen, wenn man sich "vor der eigenen Haustüre" um Schwächere kümmert, weshalb es bis dato auch nur positive KundInnenreaktionen gegeben hat. Gleichzeitig erweisen sich diese Jugendlichen als MitarbeiterInnen mit einer sehr hohen Firmentreue.

Chancen-Lehrlinge beim Förderunterricht

Die Überzeugung bezüglich der eigenen Arbeit ist so hoch, dass man sich explizit dafür einsetzt, auch andere Unternehmen davon zu überzeugen, benachteiligte Jugendliche aufzunehmen, weshalb das Unternehmen diesbezüglich auch aktiv Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Und so ermahnt Frau Freundlinger andere Unternehmen: "Ihr verdient alle viel Kohle - Nehmt das Geld in die Hand." Besonders enttäuscht zeigt sie sich von Großunternehmen, die ihre soziale Verantwortung in keinster Weise wahrnehmen würden und nur die besten Lehrlinge vom Lehrlingsmarkt abschöpfen. Auf die Frage, wie man nun verstärkt dazu "drängen" könnte, diese Verantwortung doch wahrzunehmen, meinte Frau Freundlinger, dass man einerseits Best-Practice-Beispiele stärker kommunizieren muss, was ein Handlungsfeld von WK, AMS oder Land OÖ sein könnte. Andererseits bräuchte es unbedingt mehr Pilotprojekte, denn sind einmal positive Erfahrungen gemacht worden, geht der Rest von alleine. Gleichzeitig sieht Frau Freundlinger auch zwei Ansatzpunkte im System der IBA selbst. Einerseits wäre es entscheidend, dass bezüglich der Integrativen Berufsausbildung verstärkt Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit betrieben wird. Ihrer Ansicht nach verbinden Unternehmen mit dem Terminus "Integrativ" sofort das Behinderteneinstellungsgesetz, welches negative Assoziationen bezüglich des Kündigungsschutzes ins Gedächtnis ruft. Weshalb sie auch statt 3-monatiger Probezeiten 6-monatige fordert. Andererseits sei das System der IBA für UnternehmerInnen sehr kompliziert und unübersichtlich (bürokratischer Dschungel, z.B.: Lohnverrechnung), was abschreckt. Die Ideallösung wäre: Eine Anlaufstelle und eine Ansprechperson, sonst würden die Betriebe müde werden.

6.2.5 Ergebnisse der interaktiven Diskussionen

Die interaktiven Diskussionen in Kleingruppen erfolgten vorerst als offene, nicht standardisierte Diskussion. Anschließend sollten zentrale Statements und Ideen an einem vorstrukturierten Flipchartblatt festgehalten werden. Das Flipchartblatt wurde seitens des IBE zur Verfügung gestellt und enthielt neben der Angabe des Themas die piktorale Darstellung der jeweiligen Leitstruktur. Vorerst sollten positive Aspekte im Kontext des Themas gesammelt werden (Symbol des Daumens nach oben), dann bislang negativ verlaufende, verbesserungswürdige Punkte festgehalten werden (Symbol des Daumens nach unten). Als letzter Schritt sollten konkrete Lösungsideen zur Verbesserung negativer Aspekte diskutiert und niedergeschrieben werden (Symbol der Glühbirne).

Zum Abschluss wurden die Gruppenergebnisse an das gesamte Plenum durch eine/n GruppensprecherIn rückgespiegelt. Die Dokumentation der Gruppenergebnisse erfolgt nun in der chronologischen Abfolge ihrer Vorstellung im Plenum.

Gruppe "Erfahrungen der Betriebe und Ausbildungseinrichtungen"

Positiv wird bislang erlebt, dass es Betriebe und Einrichtungen gibt, die ihre soziale Verantwortung in hohem Maß wahrnehmen. Dadurch gelingt eine Integration am Arbeitsmarkt, gerade in Kleinbetrieben und im ländlichen Raum. In Bezug auf die BAS sind eine ganz klare Aufgabenteilung und die Definition von AnsprechpartnerInnen wichtig, was derzeit gut umgesetzt wird. So wird auch ein rasches Reagieren möglich.

Negativ wird eingeschätzt, dass vor allem Lehrlinge in der Teillehreform kaum von Betrieben angenommen werden. Immer wieder zeigen sich auch Probleme in der Anrechnung von Vorzeiten, Anlehren, Teillehren. Manche Jugendliche würden sich auch selbst überschätzen oder nehmen ihre Verantwortung unzureichend wahr. Hier bedarf es der Definition von Spielregeln und des Verschaffens von Respekt. Als problematisch werden auch Wartezeiten bei speziellen Sofortbedarfen eingeschätzt, etwa beim Bedarf von Drogenberatung.

Abbildung 6-1: Fotoprotokoll Gruppe Betriebe und Ausbildungseinrichtungen

Um in Hinkunft die guten Seiten zu bewahren und die problembehafteten zu verbessern, bedarf es einer verstärkten Sichtbarmachung der Erfolge, dem Verbreiten guter Nachrichten. Diese Idee lässt sich am besten miteinander vernetzt umsetzen, als gemeinsames Team. Zudem müssen die Verantwortlichen im Umgang mit Jugendlichen konsequent sein. Als finale Anregung wird auch angegeben, dass Ressourcen verfügbar gemacht werden müssen.

Gruppe "Berufsschulen"

Die Gruppe Berufsschulen hat der Diskussion stärkeres Gewicht zugemessen und vergleichsweise wenig am Flipchart mitprotokolliert. So wurden die vielen positiven Aspekte der Berufsschulen nicht schriftlich festgehalten, sondern nur exemplarisch genannt, insbesondere das Engagement der Berufsschulen für die IBA-Lehrlinge und der Fokus auf die Besonderheiten der SchülerInnen (Fähigkeitsorientierung statt Defizitorientierung).

Abbildung 6-2: Fotoprotokoll Gruppe Berufsschule

Als negativ wird vor allem die unzureichende Betreuungskontinuität sowie der Modus der Ausschreibung erlebt, der die AnsprechpartnerInnen für Berufsschulen breit streut und die Abwicklung der Betreuung schwieriger macht.

Als Verbesserungsvorschläge werden einerseits die Einführung einer generellen Förderung von leistungsschwachen SchülerInnen, wie bereits in den offenen Diskussionen sichtbar wurde, sowie andererseits die Verfügbarmachung ausgebildeter SpezialistInnen in den Berufsschulen (etwa im mentalen Bereich oder Sonder- und Heilpädagogik) genannt.

Gruppe "Leistungsebene"

Die Gruppe beschränkte sich in ihrer Diskussion auf die Leistungsebene der Berufsausbildungsassistenz durch Jugend am Werk. Positiv werden der Förderunterricht und andere Fördermaßnahmen, die Betreuungskontinuität (nicht zuletzt aufgrund ordentlicher, meist vollzeitiger Beschäftigungsverhältnisse), die Konfliktbewältigung und die Funktion der BerufsausbildungsassistentInnen als Info-Drehscheibe zwischen Berufsschule, Lehrling und Betrieb hervorgestrichen.

Als problemhaft bzw. verbesserungswürdig wird im Bereich, der den Fördergeber BSB bedient, erwähnt, dass Personalressourcen manchmal nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen. Hinsichtlich Fördermaßnahmen wird angemerkt, dass diese einer Ausweitung bedürfen, insbesondere in Hinblick auf TeilqualifikantInnen und in der Berücksichtigung von Sozialkompetenzen.

Abbildung 6-3: Fotoprotokoll Gruppe Leistungsebene

Als Verbesserungsideen wünschen sich die DiskutantInnen eine eigene Organisation, die die Berufsausbildungsassistenz erbringt. Dadurch könnten Synergien genutzt und Qualitätsunterschiede bzw. andere Ungleichheiten, die etwa durch die derzeitige regionale Aufteilung entstehen, ausgemerzt werden.

Falls die Konkurrenzierung mehrerer AnbieterInnen nicht abgeschafft wird, soll diese zumindest entschärft werden durch die Definition von Mindeststandards, die das Ausmaß der Betreuung regeln (etwa Leistungsumfang und Stundenausmaß pro Lehrling, Regelung der Kooperation mit allen AkteurInnen, Qualifikation der BerufsausbildungsassistentInnen usw.). Um die Leistungserbringung adäquat und in guter Qualität sicherstellen zu können, braucht es "anständige" Arbeitsverhältnisse, gerechte Entlohnung und entsprechende Ressourcenausstattung.

Gruppe "Systemebene"

Die Gruppe Systemebene spricht sich für verstärkte Öffentlichkeitsarbeit vor Beginn einer Lehre (unabhängig von der Form, ob IBA oder regulär) aus, um Ausbildungsfehlentscheidungen zu reduzieren.

Abbildung 6-4: Fotoprotokoll Gruppe Systemebene

Die triale Ausbildung (Lehrbetrieb, Berufsschule, BAS) fördert positive Abschlüsse, die BAS stellt also eine wertvolle Erweiterung der dualen Ausbildung dar. Auch reguläre Lehren sollten somit die Möglichkeit einer fallweisen Unterstützung durch die BAS und ihr Know-How haben. Das System der Unterstützungsleistungen könnte modular aufgebaut werden, in Form eines Stufenmodells, um jedem Lehrling die erforderliche Unterstützung angedeihen zu lassen. Insbesondere würde dadurch ein Wechsel von der IBA in die reguläre Lehre erleichtert, aber auch der umgekehrte Übergang von einer regulären in die IBA-Lehre muss möglich gemacht werden. Dazu kann ein Wechselentscheidungsgremium eingesetzt werden.

Zudem regt die Gruppe Systemebene an, dass je nach Anbieterorganisation der Ausbildung (Lehrbetrieb, Ausbildungseinrichtung, JASG-Einrichtung) unterschiedliche Formen angeboten werden, deren Kompatibilität teilweise zu wünschen übrig lässt. Insbesondere sollte Personen aus JASG-Lehrgängen, JASG-Teillehren und Anlehren der Übergang in die "reguläre" IBA leichter ermöglicht bzw. auch hier eine verlängerte Form geschaffen werden.

Hinsichtlich der Berufsschulsysteme merkt die Gruppe an, dass, solange weiterhin keine rechtliche Regelung besteht, gemeinsame Absprachen der geeignete Weg sind, ein sinnvolles und umsetzbares Lehrplanmodell festzulegen.

Insgesamt waren die Rückmeldungen zum Workshop durchgehend positiv, auch die spontane Teilnahme derart vieler BerufsschulvertreterInnen - trotz Schulschlusszeit - zeigt auf, wie dringlich das Thema der IBA-Lehrlinge empfunden wird.

Der Workshop konnte ein erstes Forum zum Austausch schaffen, es zeigte sich jedoch ganz deutlich, dass noch viel Bedarf an Kommunikation besteht, die in anderen bzw. kleiner definierten Räumen stattfinden kann. Die jeweils involvierten AkteurInnen an einen Tisch zu bringen, gemeinsame Stoßrichtungen festzulegen und zu verfolgen, erweist sich als zentral für eine Optimierung der IBA. Oder mit den Worten der Workshop- TeilnehmerInnen ausgedrückt: "Mehr Abstimmung aller relevanten AkteurInnen ist ein zentraler Ansatzpunkt." (M3)

7 Reflexion und Empfehlungen

Handlungsfelder und Weiterentwicklungsmöglichkeiten der integrativen Berufsausbildung (IBA) bzw. Berufsausbildungsassistenz (BAS) können schwer auseinander gehalten werden, da die BAS als Herzstück der IBA nicht isoliert von ihrem unmittelbaren Handlungsrahmen betrachtet werden kann.

Um sich möglichen Verbesserungen der IBA bzw. BAS zu nähern, werden wie auch in den vorangegangenen Kapiteln vorerst bereits vorhandene Befunde aus der Literatur und Desktop-Research erläutert und diese dann mit den Befunden aus vorliegender Studie zusammengeführt.

Die in der Literatur zur Verbesserung der IBA bzw. BAS vorhandenen Quellen stellen vor allem die bundesweite Evaluation der IBA aus dem Jahr 2006 und Empfehlungen der EQUAL-Entwicklungspartnerschaft IBEA (Wöber, 2007) dar.

7.1 Empfehlungen aus der bundesweiten Evaluation der IBA

Die intensive und persönliche Betreuung der involvierten AkteurInnen im Zuge der Berufsausbildungsassistenz stellt den Schlüssel zur Qualifizierung von benachteiligten Jugendlichen - und somit zu deren Beschäftigungsfähigkeit - dar.

Die steigende Nachfrage nach der IBA führt teilweise zu Engpässen in der Betreuungskapazität, sodass oftmals mehr als 20 Lehrlinge von einer/m BerufsausbildungsassistentIn betreut werden. Der dadurch entstehende Zeitengpass lässt nur mehr eine grobmaschige Unterstützung zu, was der Qualität abträglich sein kann. (BMWA, 2006, S. 83)

Die Gesamtevaluierung der IBA kommt daher in ihrem Evaluationsbericht (BMWA, 2006) zu folgenden Verbesserungsvorschlägen:

  • flexibles, passgenaues Clearing im Vorfeld

  • individuellere Betreuung: Forcieren der Unterstützungsleistungen in Bezug auf Lernen und soziale wie emotionale Probleme

  • Motivation der Unternehmen zur Aufnahme von IBA-Lehrlinge erhöhen, etwa durch PR-Kampagnen, Good-Practice, ev. auch Bereitstellung eines Netzwerks für Betriebe, die IBA ermöglichen, höhere Förderungen und mehr Information/ Aufklärung

  • intensivere Einbindung der Wirtschaftskammer

  • Vereinheitlichung der Förderregelungen, die jeweilige AMS-Stelle ist zuständig für die Festlegung der Höhe und die Ausschüttung der Förderbeträge

  • Flexibilisierung der Teillehre, um sie auch für Jugendliche mit schwerwiegenderen Beeinträchtigungen nutzbar zu machen

  • weiterführende Evaluierungen, vertiefende Analysen

  • Nachbetreuung wäre in einigen Fällen notwendig, vor allem wenn das Lehrverhältnis icht in eine ordentliche Anstellung übergeht

7.2 Empfehlungen der EQUAL-Entwicklungspartnerschaft IBEA

Die Entwicklungspartnerschaft IBEA zur integrativen Berufsorientierung und integrativen Berufsausbildung kommt zu folgenden Empfehlungen bezüglich der IBA (Wöber, 2007):

  • modularer Lehrplanaufbau des Berufsschulunterrichts anstatt des herkömmlichen Jahrgangsbezugs → Vereinfachung der Erstellung individueller Lehrpläne (multiperspektivische Informationssammlung, auf dessen Basis der individuelle Lehrplan festgelegt wird, regelmäßige Überprüfung auf weitere Tauglichkeit)

  • Datenweitergabe an der Schnittstelle Regelschule - Berufsschule durch stärkenorientierte Kompetenzbilanz → Berufsschulen können sich besser auf den künftigen Unterstützungsbedarf einstellen und vorbereiten

  • Diagnose- und Anerkennungsproblematik: Oft unterbleibt die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs in der Regelschule und durch Wiederholungen von Hauptschulklassen entfällt auch der Besuch des Polytechnischen Lehrgangs. Einige Lehrlinge tauchen als "normale" Lehrlinge in der Berufsschule auf, eine Umstufung ist jetzt meist nicht mehr möglich → sensible Diagnoseinstrumente sind notwendig, etwa verpflichtende Portfoliomappen aller SchülerInnen, in denen Dokumentationen von Lehrkräften, eigene Beiträge der SchülerInnen, Informationen über die IBA enthalten sind

  • mehr Raum für die Anwendung alternativer Beurteilungsformen → Orientierungshilfe für die Berufswahl der Jugendlichen, Berufsschulen sollen über Nachreifungsbedarfe Bescheid bekommen

  • Ausweitung der Gesetzgebung im Hinblick auf Durchführungsoptionen, die festzuschreiben und direkt an den österreichischen Berufsschulen anzusiedeln sowie laufend zu evaluieren sind. Aber Beibehalten der notwendigen Spielräume zur Berücksichtigung lokaler Besonderheiten.

  • alternative Beurteilungsformen und Durchführungsgesetzgebung → Wechsel zwischen Berufsausbildungen wird leichter, Übersiedelungen in ein anderes Bundesland mit weniger Komplikationen verbunden

  • Erleichterung des Wechsels zwischen Ausbildungsformen, insbesondere in die normale Lehre (Betrieb verliert Förderung, deshalb kommt dies kaum vor!)

  • Sicherstellung der Ausbildung nach Verlust des betrieblichen Ausbildungsplatzes → Übernahme durch Ausbildungseinrichtung, Sicherstellung des Berufsschulbesuchs, auch wenn im ersten Lehrjahr betrieblicher Ausbildungsplatz verloren wird (bislang darf dann nur die erste Berufsschule besucht werden) → Festschreibung der Weiterführung der Ausbildung nach Verlust eines betrieblichen Ausbildungsplatzes im Gesetz, sodass Abbrüche vermindert werden

  • verstärkte Ausbildung von Lehrkräften in integrations- und sonderpädagogischen Inhalten, finanzielle Ressourcen für speziell geschultes Personal und die Einbindung von Fachkräften

  • Herabsetzung der Höchstzahl an SchülerInnen in Berufsschulen und Teamteaching zumindest ab 4 IBA-Lehrlingen in der Klasse

  • Einrichtung einer Koordinationsstelle wie dem deutschen "Bundesinstitut für Berufsbildung" zur Mitwirkung bei relevanten Gesetzen und Berichten, Führen einer Statistik, internationale Zusammenarbeit, Führen des Verzeichnisses anerkannter Berufsausbildungen, Beteiligung an arbeitsmarktfördernden Initiativen etc.

  • verbesserte Vorwarnsysteme, um Abbrüchen vorzubeugen → meist erfolgt ein Abbruch aufgrund unentschuldigter Fehlzeiten

Als die drei wesentlichen aus Literaturrecherchen abgeleiteten Handlungsfelder kristallisieren sich die Themen "Qualität und Nachhaltigkeit", "flexiblere Rahmenbedingungen" und "Popularität der IBA" heraus.

7.3 Resümee, Handlungsfelder und Empfehlungen

Im Folgenden werden nun die Literaturbefunde mit den Erkenntnissen aus vorliegender Studie und ihren Arbeitspaketen zusammen geführt. Tabelle 7-1 zeigt dementsprechend links die jeweils beschriebenen Problemlagen und rechts die dazu genannten Lösungsvorschläge auf. Die kleineren Spalten in der Mitte geben Auskunft darüber, woher die Informationen abgeleitet wurden (explorative Gespräche mit LeiterInnen der BAS, Befragung der BerufsausbildungsassistentInnen, Interviews mit Jugendlichen, Ergebnisse des Workshops, Literaturrecherchen).

Im Anschluss an die Tabelle werden die relevanten Anregungen nochmals ausgeführt. Darin eingebettet finden sich 4 Handlungsfelder-Boxen, die die jeweilige Ist-Situation und ihre Problemlagen sowie empfohlene Lösungsansätze beinhaltet.

Tabelle 7-1: Problemlagenbasierte Handlungsempfehlungen zur IBA/ BAS

Problemlage

   

ersichtlich aus ..

   

Lösungsvorschläge

 

Leit

BA

Jug

Wo

Lit

 

Hohe Anforderungen und Gefahr der Überforderung der BerufsausbildungsassistentInnen

x

x

 

x

x

  • Festgeschriebene Betreuungsobergrenze

  • Gute Rahmenbedingungen: abgesicherte, adäquat entlohnte Beschäftigung, geeignete Sachausstattung und Möglichkeiten der Reflexion/ Supervision

  • Weiterbildungsmöglichkeiten

  • Abgrenzung, Einsatz von SpezialistInnen

IBA ist wenig bekannt, Berufspalette teilweise eingeschränkt

x

x

 

x

x

  • Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit an die Adressaten Jugendliche, Schulen, Eltern, Betriebe

Qualitätseinbußen für die BAS durch Billigbieter

x

x

 

x

 
  • Einheitliche Leistungs- und Qualitätsstandards in Ausschreibungen bzw. als Vergabekriterium

Prekäre Beschäftigung und mangelnde Betreuungskontinuität aufgrund einjähriger Projektzuschläge

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  • 4-jährige Projektzuschläge entsprechend der Lehr-Laufzeit

  • IBA als rechtlich fixe Institution

Lehrabbrüche (auch in regulären Lehren) könnten durch Intervention verhindert werden

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  • BAS als Anlaufstelle, die im Bedarfsfall mit ihrem Know-How intervenieren kann

  • Klare Berufsbilder

Kaum trägerübergreifender Austausch bzw. Qualitätsentwicklung

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  • Jährliche Steuergruppentreffen wieder einführen

  • Regelmäßige Evaluationen, Qualitätsüberprüfungen

Handling von "Problemfällen"

 

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  • Informationsflüsse optimieren, insbesondere Erreichbarkeit verbessern

  • Mehr Ressourcen für Schulen (Stellen und Arbeitszeit)

  • Rechtliche Rahmenbedingungen schaffen

  • Bessere Vorbereitung der Berufsschulen auf IBA-Lehrlinge durch Informationsflüsse aus der Regelschule

  • Einschränkung der AnsprechpartnerInnen

Hoher Anteil administrativer Tätigkeiten in der Berufsausbildungsassistenz

 

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  • Gute Ablauforganisationsstrukturen und Dokumentationsinstrumente der Maßnahmenträgerinstitutionen

  • Intensivere Einbindung der Wirtschaftskammer

"Umwege" vieler Jugendlicher zur IBA

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  • Verstärkte Öffentlichkeitsarbeit, IBA publik machen, soziale Verantwortung der Unternehmen betonen

  • Sensible Diagnoseinstrumente bereits in der Regelschule anwenden, um potenzielle IBA-Lehrlinge bereits hier "abzuholen"

System der Berufsschule ist für IBA-Lehrlinge oft nicht passend, Erfolgsmöglichkeiten sind daher eingeschränkt

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  • Modularer Lehrplanaufbau, um individuelle Lehrpläne zu erleichtern

  • Alternative Beurteilungsformen

  • SchülerInnenhöchstzahlen senken, um bessere Qualität zu gewährleisten

  • Lehrkräfte in Hinblick auf Bedürfnisse der IBA-Lehrlinge weiterbilden

  • Flexible Systeme

Teilweise schwierige Elternkommunikation

 

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  • Schulung und Beratung der BAS, wie Offenheit, Klarheit und Klärung der Zuständigkeiten mit den Eltern geschaffen werden kann

Formwechsel in den Lehrverträgen gestalten sich schwierig

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  • Ausweitung der Fördermöglichkeiten

  • Wechsel von regulärer Lehre in IBA erleichtern

Stigmatisierung im Betrieb und/ oder der Berufsschule bzw. Neid

   

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  • Vertrauenspersonen

  • Bewusstsein schaffen

  • "Gesundes Klima" im Vorfeld abchecken

  • Gesonderten Ausweis auf Zeugnissen abschaffen

  • Alternative Beurteilungsformen

Eher schlechtes Image der Lehre allgemein

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  • Aufwertung durch bewusstseinsbildende Öffentlichkeitsarbeit

  • Soziale Verantwortung der Unternehmen

Viele Abbrüche aufgrund Verlust des Ausbildungsplatzes (z.B. durch Konkurs des Betriebs)

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  • Übernahme in Ausbildungseinrichtung gesetzlich festschreiben

Bestimmte Zielgruppen finden auch in der IBA keinen Zugang zur Lehre

     

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  • Teillehre modifizieren, um auch Schwer(st)beeinträchtigten eine Lehre zu ermöglichen

  • Altersgruppen der IBA ausweiten auf ein Einstiegsalter bis 23 Jahre

Jugendliche hängen in der Luft, wenn Lehrverhältnis nicht in Fixanstellung übergeht

     

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  • Finanzierte Nachbetreuung

Erläuterung "ersichtlich aus...":

Leit = explorativen Gespräche mit LeiterInnen der BAS in OÖ

BA = E-Mail-Befragung aller BerufsausbildungsassistentInnen in OÖ

Jug = persönlichen Interviews mit ausgewählten Jugendlichen in OÖ

Wo = Ergebnisse des Workshops

Lit = Literaturrecherche

Anforderungen und Belastungen an BerufsausbildungsassistentInnen

Der Beruf der Berufsausbildungsassistenz stellt sich als sehr zeitintensive und komplexe Aufgabe dar. Täglich sind BerufsausbildungsassistentInnen mit den individuell ausgeprägten Lebenslagen ihrer KlientInnen konfrontiert. Zudem entspringt die Erbringung der Dienstleistung "Berufsausbildungsassistenz" aus der unmittelbaren Situation, die in Kooperation mit der/ dem Jugendlichen stattfindet. Es gilt, jede Situation bestmöglich zu gestalten.

Hinzu kommt, dass die Abwicklung der IBA neben den Jugendlichen mit Nachreifungsbedarfen zahlreiche weitere Anspruchsgruppen bedient (Betriebe, Eltern, Berufsschulen, NachhilfelehrerInnen, Sozialeinrichtungen, Kostenträger, Sozialpartner), die unter Umständen divergente Interessen haben. Derart hohe und komplexe Anforderungen an die BerufsausbildungsassistentInnen stellen - wie generell in der Sozialarbeit - eine Gefahr der Überbelastung und Überforderung dar.

Um eine professionelle Betreuung zu gewährleisten und möglichen Burn-Outs entgegen zu wirken, erscheinen mehrere Aspekte zentral. Einerseits ist eine fundierte Ausbildung in den Bereichen Sozial- und Jugendarbeit absolut unabdingbar, genauso wie entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten, die sich nach konkreten Bedarfen richten. Andererseits müssen auch die Rahmenbedingungen der Dienstleistungserbringung auf das spezielle Berufsbild der Berufsausbildungsassistenz eingehen. So wird vielfach die Forderung nach einer trägerübergreifenden Betreuungsobergrenze laut. Dies geht mit abgesicherten, adäquat entlohnten, wenn möglich Vollzeit- Beschäftigungen einher, um der geforderten zeitlichen Flexibilität auch Rechnung tragen zu können. Aber auch eine geeignete Sachausstattung und die regelmäßige Möglichkeit zur Reflexion und Supervision begünstigen eine gute Bewältigung der hohen Herausforderungen.

Sensibilisierung und Öffentlichkeitsarbeit

Ein in vielen Erhebungsschritten der Studie immer wiederkehrendes Thema ist die fehlende/ mangelnde Öffentlichkeitsarbeit. Es wird festgehalten, dass UnternehmerInnen, aber auch Eltern und die Jugendlichen selbst sowie die Schulen über die Möglichkeit einer integrativen Berufsausbildung kaum Bescheid wissen. Aus diesem Grund rutschen immer wieder Jugendliche durchs Maßnahmen-Netz, welche an und für sich "klassische" KlientInnen der Berufsausbildungsassistenz wären.

Aber auch bei Unternehmen muss angesetzt werden, ihnen die Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten sowie die "Qualität von IBA-Lehrlingen" aufgezeigt werden. Insofern ist bei den Unternehmen eine Sensibilisierungsarbeit zu leisten, die klarstellt, was Unternehmen von IBA-Lehrlingen erwarten können und betont, dass bei allfällig auftretenden Problemlagen Lösungen in Kooperation mit der Berufsausbildungsassistenz gefunden werden.

Diese Sensibilisierungsarbeit sollte breit angelegt werden, da derzeit IBA-Lehrlinge vielfach in denselben Branchen und Bereichen unterkommen. Die IBA-Lehre kann demnach nur theoretisch für alle Berufe angestrebt werden, in der Praxis ist die Berufspalette stark eingeschränkt.

Generell wäre eine Sensibilisierung der (ober)österreichischen Gesellschaft für solche Maßnahmen und Problemlagen über Öffentlichkeitsarbeit wünschenswert. Auch die Lehre an sich ist mit einem eher schlechten Ruf behaftet. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels ist auch hier der Aspekt der Öffentlichkeitsarbeit gefordert.

Tabelle 7-2: Handlungsfeld Image/ Öffentlichkeitsarbeit

Ressourcen

Wettbewerbs- und Marktmechanismen im Bereich der Sozialarbeit werden kontrovers diskutiert. Vor allem, wenn dem angebotenen Preis ein starkes Gewicht in der Vergabepraxis zukommt. Im Sinne einer qualitätsvollen und professionellen Leistungserbringung sind gewisse Rahmenbedingungen der Leistungserbringung erforderlich, die bereits im ersten Reflexionspunkt beschrieben wurden. Die Gewährleistung dieser Rahmenbedingungen erfordert zwar Ressourcen - "zahlt sich jedoch aus": Die Zufriedenheit der StakeholderInnen der Berufsausbildungsassistenz ist bei der "teureren" Anbieterorganisation in Oberösterreich hoch, während bei einer weiteren Anbieterorganisation, die zu günstigeren Tarifen Berufsausbildungsassistenz erbringt, zahlreiche Problemlagen (z.B. Erreichbarkeit, Betreuungsintensität) beschrieben werden.

Politisch führt die Konkurrenzierung dazu, dass die Kostenträgerorganisation eine Grundsatzentscheidung darüber zu treffen hat, ob die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel möglichst breit (Versorgung einer maximalen Anzahl an KlientInnen) oder möglichst fokussiert (Versorgung einer bestimmten Anzahl an KlientInnen in einer hohen, vordefinierten Qualität) eingesetzt werden. Vielfach zeigt sich der Verlauf, dass Projekte in Implementierungsphasen vorerst eine breite Versorgung anstreben, dann aber aus Erfahrungswerten Qualitätsstandards entwickeln und die Versorgung einer qualitätsgesteuerten Optimierung unterziehen.

Bislang fehlt in Oberösterreich die Definition von Qualitätsstandards als Vergabekriterium, aller Wahrscheinlichkeit nach bedingt durch den "Projektstatus" der integrativen Berufsausbildung seit dem Jahr 2003, der sich auch in den einjährigen Projektzuschlägen ausdrückt. Eine Weiterentwicklung der Versorgung im Sinne einer qualitätsgesteuerten Optimierung wäre nun, aufgrund der Erfahrungswerte aus 6 Jahren, empfehlenswert. Erste Schritte können die Festlegung von Qualitäts- und Leistungsstandards in den Ausschreibungen sowie die Verlängerung der Projektzuschlagszeit sein.

Vergabepraxis und Betreuungskontinuität

Die bereits beschriebene jährliche Vergabe der IBA bringt einige Nachteile mit sich: Die Betreuungskontinuität kann nicht gesichert werden, da der Zeitraum einer IBA-Lehre (bis zu 4 Jahre) mehreren Vergabeprozessen unterliegt. Dies ist vor allem deshalb problematisch, weil gerade die Betreuungskontinuität als wesentlicher Erfolgsfaktor für die Absolvierung einer IBA gilt.

Diese Prekarität in der Betreuung spiegelt sich auch auf Seiten der BerufsausbildungsassistentInnen wider: Beschäftigungsverträge unterliegen ebenso den kurzen Vergabezeiträumen und können nur befristet ausgestellt werden, was sich neben der Unsicherheit für die/ den ArbeitnehmerIn negativ auf die Attraktivität des Berufs an sich auswirkt. Zwar kann von einer erneuten Vergabe meist im Vorfeld schon ausgegangen werden, da die meisten Kostenträgerorganisationen das Interesse verfolgen, gut funktionierende Partnerschaften aufrecht zu erhalten, Garantien existieren jedoch nicht. Eine gute Lösungsvariante bezüglich dieser Problemlage wäre, die IBA endgültig aus ihrem Projektstatus zu erheben und langfristige Zuschläge zu erteilen. Viele Betroffene sprechen sich überhaupt für die Etablierung einer eigenen Einrichtung für die IBA aus.

Vernetzung und Qualitätssicherung

Insbesondere der Workshop im Zuge vorliegender Studie, an dem mit Ausnahme der Jugendlichen selbst und deren Eltern alle relevanten Anspruchsgruppen der integrativen Berufsausbildung teilgenommen haben, hat aufgezeigt, dass ein hoher Bedarf des Austausches der AkteurInnen untereinander vorliegt. Während manche Agenden durchaus bilateral geklärt werden können, zeigt sich doch, dass ein regelmäßiger jährlicher Austausch in einem größeren Rahmen angebracht ist. Empfehlenswert ist auch die Einrichtung einer Steuerungsgruppe, die einen trägübergreifenden (Erfahrungs-)Austausch ermöglicht und die Weiterentwicklung der IBA fördert und vorantreibt. Regelmäßige Evaluationen und Detailstudien zu den jeweils relevanten Entwicklungsgebieten sollen diesen Qualitätsentwicklungsprozess begleiten.

Tabelle 7-3: Handlungsfeld Qualitäts- und Leistungskontrolle

Nutzung des Know-How der Berufsausbildungsassistenz

In den vergangenen 6 Jahren konnten die Trägerorganisationen einen umfassenden Erfahrungsschatz in der Betreuung der Zielgruppe "Jugendliche mit Nachreifungsbedarfen" sowie der Berufsausbildung bzw. den Lehrberufen sammeln. Dieses Know-How kommt bislang nur den IBA-Lehrlingen zugute, könnte aber durchaus breiteren Zielgruppen nützlich sein.

Vielfach wird die Erfahrung beschrieben, dass fast alle Lehrlinge phasenweise Unterstützungsbedarfe aufweisen und die Berufsausbildungsassistenz jene Einrichtung darstellt, die über den größten Erfahrungsschatz an notwendigen Interventionen verfügt. Abbrüche von Lehrlingen in regulären Lehrverhältnissen könnten somit durch Interventionen der Berufsausbildungsassistenz verhindert werden. Das umfangreiche Wissen zum Thema Berufsausbildung könnte sich zu einem wertvollen (Beratungs-) Element in der Berufsausbildung entwickeln, um das Risiko eines Lehrabbruches generell zu vermeiden.

Eine weitere Rolle kann der Berufsausbildungsassistenz im Kontext der Berufskunde zukommen. BerufsausbildungsassistentInnen verfügen über detailliertes Wissen zu vielen Lehrberufen und Berufsbildern. Eine Präzisierung und Schärfung von Berufsbildern und Berufsbeschreibungen in Datenbanken, die das Wissen der Berufsausbildungsassistenz abschöpft, könnte in der Folge Jugendlichen zugute kommen, um Fehlentscheidungen und anschließenden Lehrabbrüchen bereits im Vorfeld präventiv entgegen zu wirken.

Handling von "Problemfällen"

Jugendliche mit Nachreifungsbedarfen weisen je nach Problemlage unterschiedliche Bedürfnisse auf und erfordern unterschiedliche Zugangsweisen und Intensitäten in der Betreuung. Gerade für betreuungsintensive Problemfälle reichen die geplanten Ressourcen manchmal nicht aus. Wichtig ist, dass in speziellen Problemfällen zusätzliche bzw. mehr Ressourcen zur Verfügung stehen, um die erforderliche "Sonderbehandlung" bzw. die dafür notwendigen ExpertInnen hinzuziehen zu können. Nur so kann eine bedarfsgerechte, adäquate Betreuung sichergestellt werden.

Schnittstelle zu Berufsschulen

Obgleich die Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit Berufsschulen in den Ressourcen begründet liegen und unter den gegebenen Bedingungen sehr gute Arbeit geleistet wird, stellt die Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Berufsausbildungsassistenz und Berufsschulen einen wesentlichen Ansatzpunkt zur Sicherstellung eines erfolgreichen Ablaufs der IBA dar.

Die Berufsschulen starteten 2003 ohne jegliche Vorbereitung, das heißt, ohne entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen und zusätzliche Ressourcen in die Umsetzung der IBA und waren somit gezwungen, eine möglichst ressourcenschonende, praktikable Lösung zu finden. Verschärft durch das massive Ansteigen der Anzahl der IBA-Lehrlinge haben die Berufsschulen bislang individuelle Wege der Lösung beschritten, die von Gruppenförderunterricht bis zu eigenen IBA-Klassen mit entsprechend verlängerter Schulzeit reichen. Im Regelschulwesen ist die für IBA-Lehrlinge erforderliche Individualität oft schwer umzusetzen, was die Erfolgsmöglichkeiten einschränkt. Eine modulare Gestaltung der Lehrpläne und alternative Beurteilungsformen können hier Abhilfe schaffen. Auch eine Senkung der SchülerInnenhöchstzahlen und die Schulung von Lehrkräften im Hinblick auf die Bedürfnisse der IBA-Lehrlinge empfiehlt sich.

An der Schnittstelle zur Berufsausbildungsassistenz ist die Grundproblematik der Informationsfluss, vor allem verursacht durch die schlechte Erreichbarkeit der BerufsschullehrerInnen. Empfehlenswert ist in diesem Kontext die "Institutionalisierung" des Austauschs der unbedingt erforderlichen Daten über Konferenzen mit allen betreffenden LehrerInnen und BerufsausbildungsassistentInnen - der Austausch von Formularen allein hat sich hier als nicht zielführend erwiesen. In diesen Konferenzen können relevante Informationen zu den einzelnen IBA-Lehrlingen ausgetauscht werden, etwa die Klärung der Beschulbarkeit und erforderliche Rahmenbedingungen hierzu. Hilfreich erweisen sich in diesem Zusammenhang auch Portfolio-Mappen, um die "Vorgeschichte" der Jugendlichen zu kennen (Schulkarrierenverlauf, Ergebnisse diverser Diagnose-Tools, absolvierte Maßnahmen). Diese Informationsbasis würde ein besseres, schnelleres Eingehen auf die Bedarfe der Jugendlichen möglich machen.

Tabelle 7-4: Handlungsfeld Berufsschulen

Administrative Tätigkeiten und Wirtschaftskammer

Mit dem Beginn einer integrativen Lehre und ihrer Vielzahl an Möglichkeiten (z.B. verlängerte Lehre, Teilqualifikation, Unterricht nach regulärem, generellem oder individuellem Lehrplan) fallen auch zahlreiche administrative Tätigkeiten an, die sich bis zur Lehr- bzw. Teilabschlussprüfung erstrecken (z.B. Entwicklung der Teilabschlussprüfung, Meldung der Prüfung). Um den zeitlichen Aufwand auf ein Minimum zu reduzieren, sind gute Ablauforganisationsstrukturen und Dokumentationsinstrumente der Maßnahmenträgerinstitutionen notwendig.

In der Literatur wird weiters die Empfehlung gegeben, die Wirtschaftskammer intensiver einzubinden. Ein Wunsch, der in vorliegender Studie zum Bundesland Oberösterreich in dieser Form aber nicht geäußert wurde.

Umwege vieler Jugendlicher zur IBA

Aus den qualitativen Interviews mit den IBA-Jugendlichen und dem durchschnittlichen Lehrantrittsalter zeigt sich deutlich, dass die meisten IBA-Lehrlinge regelrechte "Maßnahmen- Karrieren" durchlaufen und vielmals erst sehr spät die Möglichkeit der IBA ergreifen. Um Jugendliche mit Nachreifungsbedarfen direkter an die IBA heranzuführen, empfiehlt sich eine Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit. Außerdem sollte schon in der Pflichtschule versucht werden, mögliche IBA-Lehrlinge zu identifizieren. Hierfür ist jedoch der Einsatz sensibler Diagnoseinstrumente dringend erforderlich und eine Stigmatisierung der betreffenden Jugendlichen tunlichst zu vermeiden.

Teilweise schwierige Elternkommunikation

Obwohl die Berufsausbildungsassistenz selten eine starke Einbindung der Eltern erfordert, gilt es zwischen den Eltern bzw. dem sozialen Umfeld und der Berufsausbildungsassistenz ein Klima zu schaffen, welches gekennzeichnet ist durch Offenheit und Klarheit, insbesondere hinsichtlich der Rollenverständnisse und Zuständigkeiten. Verbesserungen könnten durch spezielle Schulungen und Beratungen der BerufsausbildungsassistentInnen erzielt werden.

Stigmatisierung

Jugendliche sind bisweilen im Betrieb, aber auch in der Berufsschule mit Stigmatisierung, Ausgrenzung und diskriminierendem Verhalten konfrontiert. In der Berufsschule tritt noch der Aspekt hinzu, dass reguläre Lehrlinge teilweise "neidisch" auf die Leistungen für IBA-Lehrlinge sind, speziell was den kostenfreien Förderunterricht betrifft.

Diesen Entwicklungen gilt es über "institutionalisierte Sensibilisierung" entschieden entgegen zu treten, etwa in Form von Vertrauenspersonen, die neben Bewusstseinsbildung auch Mediation in konkreten Problemsituationen wahrnehmen sollten. Ein Vorschlag seitens der Berufsschulen wäre auch, die Unterstützungsleistungen der IBA-Lehrlinge für alle SchülerInnen zur Verfügung zu stellen und die IBA-Lehrlinge somit aus ihrem Sonderstatus herauszuführen. Auch alternative Beurteilungsformen würden der Stigmatisierung entgegenwirken, da sie einer stärkenorientierten Logik folgen und die bisher als diskriminierend erlebten speziellen Ausweisungen der Zeugnisse für IBA-Lehrlinge entfallen würden.

Verlust des Ausbildungsplatzes

Die Mehrzahl der IBA-Lehrabbrüche erfolgt aus denselben Gründen wie auch bei den regulären Lehren. Folglich sind es meistens Probleme im Betrieb oder auch der Konkurs des Betriebs, welche zu einem Abbruch führen. In derartigen Fällen wäre es erstrebenswert, dass in Zukunft die Übernahme solcher (IBA-)Lehrlinge in eine Ausbildungseinrichtung gesetzlich festgeschrieben ist.

Schwer(st)beeinträchtigte

Um auch der Zielgruppe "Jugendliche mit Schwer(st)beeinträchtigung" die Absolvierung einer Lehre zu ermöglichen, wird eine Modifizierung der Teillehre vorgeschlagen.

Tabelle 7-5: Handlungsfeld Ergebnisqualität

Lehrabschluss und Übergang in eine Fixanstellung

Jugendliche, die nicht vom Lehrbetrieb übernommen werden, hängen nach der IBA erneut "in der Luft". Die derzeit mögliche Nachbetreuung im Ausmaß von 14 Tagen wird gerade für diese Jugendlichen als zu kurz empfunden, obgleich die BerufsausbildungsassistentInnen dies für Oberösterreich relativieren, da innerhalb der 14 Tage meist schon eine neue berufliche Perspektive entwickelt werden kann, an deren Verfolgung die/ der Jugendliche weiterarbeitet.

Sinkende Beschäftigungsquoten, je länger der Abschluss der IBA zurückliegt, weisen darauf hin, dass sich eine intensivere Nachbetreuung durchaus positiv auf die Nachhaltigkeit auswirken kann.

Formwechsel in den Lehrverträgen

Die Möglichkeit eines Lehrformwechsels kristallisiert sich als kritischer Erfolgsfaktor für eine IBA heraus. Auch wenn ein spezielles Augenmerk darauf gelegt wird, die "richtige" Ausbildungsform gleich zu Beginn zu finden, treten bestimmte Problemlagen oft erst verzögert zutage, aber auch große Entwicklungsfortschritte können Wechsel notwendig machen. Der Umstieg innerhalb einer IBA, aber auch von der IBA in eine reguläre Lehre ist überaus schwierig.

Die Systeme sollten demnach flexibilisiert werden, um eine größtmögliche Chancengleichheit zu schaffen und dem Anspruch, so vielen Jugendlichen wie möglich einen Lehrabschluss zu ermöglichen, gerecht zu werden.

8 Literaturverzeichnis

BMWA (2008): Berufsausbildungsgesetz. Berufsausbildung in Österreich. Online verfügbar unter: http://www.bmwa.gv.at/NR/rdonlyres/1683C790-79B7-40FC-8FE7-3185CFB262B4/0/KernBAG06.pdf , dl: 27.08.2008

BMWA (2006): Integrative Berufsausbildung. Evaluierung von § 8b des Berufsausbildungsgesetzes. Endbericht der KMU Forschung Austria in Zusammenarbeit mit ibw, Wien.

IBEA - EQUAL-Entwicklungspartnerschaft zur integrativen Berufsorientierung und integrativen Berufsausbildung. www.ibea.co.at

KMU Forschung Austria (2006): Evaluierung der Wiener JASG-Lehrgänge, Wien.

KMU Forschung Austria/ Synthesis Forschung (2008): Evaluierung der JASGLehrgänge in Niederösterreich, Wien.

Styria integra (2005): Handbuch zur Durchführung der Berufsausbildungsassistenz (BAS) gemäß § 8b BAG. Graz.

Statistik Austria (2008): Bevölkerung 18 bis 24 Jahre nach politischen Bezirken zum 1.1.2008. Online verfügbar unter: http://www.statistik.at/web_de/static/bevoelkerung_im_ausbildungsalter_unter_25_jahre_nach_politischen_bezirken__029811.xls , dl: 27.01.2009

WKO - Wirtschaftskammer Oberösterreich (2009): Karrierereport 2008. Lehrlinge inOberösterreich.

Wöber, Peter (2007): Empfehlungen zur Umsetzung des integrativen Unterrichts an Österreichs Berufsschulen. Teil B in: Empfehlungen zur integrativen Berufsorientierung und integrativen Berufsausbildung. Zur Verfügung gestellt via E-Mail durch Michaela Marterer, Steirische Volkswirtschaftliche Gesellschaft, mm@stvg.at am 18.11.2008.

Zettel, Petra (2005): Integrative Berufsausbildung - Eine Chance für Jugendliche? Diplomarbeit, Institut für Erziehungswissenschaften, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck.

9 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 2-1: Struktur der Studie im Überblick

Abbildung 3-1: Verteilung der laufend betreuten Jugendlichen in OÖ nach Träger (n=1.070)

Abbildung 3-2: Geschlecht der IBA-Lehrlinge in Oberösterreich (n=1.944)

Abbildung 3-3: Zielgruppenzuordnung der OÖ IBA-Jugendlichen nach BAG (N=2.051; Mehrfachzuordnung möglich)

Abbildung 3-4: Häufigkeit der IBA-Lehrformen in Oberösterreich (n=1.960)

Abbildung 3-5: Formwechselverhalten der IBA-Lehrlinge in OÖ (n=273)

Abbildung 3-6: Stati der erfassten Jugendlichen 2003 bis Juli 2008 (n=1.979)

Abbildung 3-7: Berufsschulerfolg der IBA-Lehrlinge in OÖ (n=734)

Abbildung 3-8: Altersverteilung bei Maßnahmenbeginn nach Geschlecht

Abbildung 3-9: Altersverteilung nach Staatsangehörigkeit

Abbildung 3-10: Zuständige AMS-Regionalstelle

Abbildung 3-11: AMS-Regionalstellen nach Staatsangehörigkeit

Abbildung 3-12: AbsolventInnenquoten nach AMS-Regionalstellen

Abbildung 3-13: Zeitreihe - Beschäftigungsstatus

Abbildung 3-14: Zeitreihe - Beschäftigungsstatus Abbruch vs. Absolvierung

Abbildung 3-15: Beschäftigungsstatus Abbruch vs. Absolvierung ohne Effekte der Finanzkrise

Abbildung 4-1: Koordinationsstelle Berufsausbildungsassistenz

Abbildung 4-2: Das Wesen der Berufsausbildungsassistenz

Abbildung 4-3: Hauptursachen für Abbrüche der IBA(n=34)

Abbildung 4-4: Kontakthäufigkeit mit den Jugendlichen (n=34)

Abbildung 4-5: Erfolgsfaktoren der IBA nach Einschätzung der BerufsausbildungsassistentInnen

Abbildung 4-6: Arbeitszufriedenheit der BerufsausbildungsassistentInnen (n=34)

Abbildung 5-1: Ablaufschema zum Weg in die IBA/ BASAbbildung 6-1: Fotoprotokoll Gruppe Betriebe und Ausbildungseinrichtungen

Abbildung 6-2: Fotoprotokoll Gruppe Berufsschule

Abbildung 6-3: Fotoprotokoll Gruppe Leistungsebene

Abbildung 6-4: Fotoprotokoll Gruppe Systemebene

10 Tabellenverzeichnis

Tabelle 3-1: Übersicht der Wohnbezirke der betreuten Jugendlichen in OÖ (n=1.964)

Tabelle 3-2: Wohnbezirk der AbschließerInnen im Vergleich

Tabelle 3-3: BAG-Einstufung der AbschließerInnen im Vergleich

Tabelle 3-4: Detaillierte Abbruchgründe (n=254)

Tabelle 3-5: Jahr des Maßnahmenbeginns bzw. -endes

Tabelle 3-6: Berufsgruppen nach ausgewählten Merkmalen

Tabelle 3-7: Beschäftigungsquoten von AbsolventInnen nach soziodemographischen Merkmalen

Tabelle 3-8: Zeitreihe - Einkommen nach der Maßnahme alle

Tabelle 3-9: Zeitreihe - Einkommen nach der Maßnahme nach Abschluss/ Abbruch

Tabelle 4-1: Vorkenntnisse der BerufsausbildungsassistentInnen vor Beginn der Tätigkeit

Tabelle 4-2: Bewertung der Zusammenarbeit mit den relevanten Schnittstellen

Tabelle 5-1: Übersicht Lehrberufe der Befragten (n=10)

Tabelle 7-1: Problemlagenbasierte Handlungsempfehlungen zur IBA/ BAS

Tabelle 7-2: Handlungsfeld Image/ Öffentlichkeitsarbeit

Tabelle 7-3: Handlungsfeld Qualitäts- und Leistungskontrolle

Tabelle 7-4: Handlungsfeld Berufsschulen

Tabelle 7-5: Handlungsfeld Ergebnisqualität

11 Autorinnen

Martina Stadlmayr, Mag.a rer. soc. oec.

Studium der Sozialwirtschaft an der Johannes Kepler Universität Linz (Schwerpunkte: Gesellschafts- und Sozialpolitik, Public Management, Arbeits- und Sozialrecht). Diplomarbeit zur Situation berufstätiger Frauen in Oberösterreich. Universitätslektorin an der JKU. Seit Oktober 2007 am IBE als wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt. Arbeitsschwerpunkte: Quantitative und qualitative Sozialforschung, Aufbereitung und Analyse von Daten, Evaluationen, sozialpolitische Themenstellungen.

Marlene Lentner, Mag.a rer. soc. oec.

Studium der Soziologie an der Johannes Kepler Universität Linz (Schwerpunkte: Bildung und Politik). Diplomarbeit zur Ausdifferenzierung des österreichischen Bildungssystems durch das bildungspolitische Instrument Schulautonomie. Seit Juli 2008 am IBE als wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt. Arbeitsschwerpunkte: Bildungsforschung, qualitative und quantitative Sozialforschung, Recherche und Analyse von Daten und Information, auch im internationalen Bereich.

Karl Niederberger, Mag. rer. soc. oec.

Studium der Sozial- und Wirtschaftsstatistik an der Universität Wien und Linz mit Schwerpunkt Demographie. 1999 Mitarbeit am Familien- und Fertilitätssurvey, einem in Genf organisierten Großprojekt der Europäischen Wirtschaftskommission (ECE). Seit Mai 2000 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am IBE. Arbeitsschwerpunkte: Methoden der angewandten und theoretischen Statistik, Aufbereitung und Analyse von Datenbanken, Demographie, Soziographie, Fiskalanalysen, Monitorings, Marktanalysen, Modellbildungen.

12 Anhänge

12.1 Anhang 1: Gesetzestext BAG §8b

§ 8b - Integrative Berufsausbildung

§ 8b. (1) Zur Verbesserung der Eingliederung von benachteiligten Personen mit persönlichen Vermittlungshindernissen in das Berufsleben kann am Beginn oder im Laufe des Lehrverhältnisses im Lehrvertrag eine gegenüber der für den Lehrberuf festgesetzten Dauer der Lehrzeit (§ 7 Abs. 1 lit. b) längere Lehrzeit vereinbart werden. Die sich aufgrund der Lehrberufsliste ergebende Lehrzeit kann um höchstens ein Jahr, in Ausnahmefällen um bis zu zwei Jahre, verlängert werden, sofern dies für die Erreichung der Lehrabschlussprüfung notwendig ist.

(2) Zur Verbesserung der Eingliederung von benachteiligten Personen mit persönlichen Vermittlungshindernissen in das Berufsleben kann in einem Ausbildungsvertrag die Festlegung einer Teilqualifikation durch Einschränkung auf bestimmte Teile des Berufsbildes eines Lehrberufes, allenfalls unter Ergänzung von Fertigkeiten und Kenntnissen aus Berufsbildern weiterer Lehrberufe, vereinbart werden. In der Vereinbarung sind jedenfalls die zu vermittelnden Fertigkeiten und Kenntnisse und die Dauer der Ausbildung festzulegen. Die Dauer dieser Ausbildung kann zwischen einem und drei Jahren betragen. Ein Ausbildungsvertrag über eine Teilqualifizierung hat Fertigkeiten und Kenntnisse zu umfassen, die im Wirtschaftsleben verwertbar sind.

(3) Die Ausbildung in einer integrativen Berufsausbildung gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 soll vorrangig in Lehrbetrieben durchgeführt werden.

(4) Für die Ausbildung in einer integrativen Berufsausbildung kommen Personen in Betracht, die das Arbeitsmarktservice nicht in ein Lehrverhältnis als Lehrling gemäß § 1 vermitteln konnte und auf die eine der folgenden Voraussetzungen zutrifft:

  1. Personen, die am Ende der Pflichtschule sonderpädagogischen Förderbedarf hatten und zumindest teilweise nach dem Lehrplan einer Sonderschule unterrichtet wurden, oder

  2. Personen ohne Hauptschulabschluss bzw. mit negativem Hauptschulabschluss, oder

  3. Behinderte im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes bzw. des jeweiligen Landesbehindertengesetzes, oder

  4. Personen, von denen im Rahmen einer Berufsorientierungsmaßnahme oder auf Grund einer nicht erfolgreichen Vermittlung in ein Lehrverhältnis als Lehrling gemäß § 1 angenommen werden muss, dass für sie aus ausschließlich in der Person gelegenen Gründen in absehbarer Zeit keine Lehrstelle im Sinne des § 1 gefunden werden kann.

(5) Die Lehrlingsstelle darf einen Lehrvertrag gemäß Abs. 1 oder einen Ausbildungsvertrag gemäß Abs. 2 nur eintragen, wenn auf die betreffende Person eine der Voraussetzungen gemäß Abs. 4 Z 1 bis 4 zutrifft und wenn das Arbeitsmarktservice diese Person nicht in ein Lehrverhältnis als Lehrling gemäß § 1 vermitteln konnte.

(6) Das Ausbildungsverhältnis im Rahmen einer integrativen Berufsausbildung ist durch die Berufsausbildungsassistenz zu begleiten und zu unterstützen. Die Berufsausbildungsassistenz hat im Zuge ihrer Unterstützungstätigkeit sozialpädagogische, psychologische und didaktische Probleme von Personen, die ihnen im Rahmen der integrativen Berufsausbildung anvertraut sind, mit Vertretern von Lehrbetrieben, besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtungen und Berufsschulen zu erörtern, um zur Lösung dieser Probleme beizutragen. Die Berufsausbildungsassistenz hat vor Beginn der integrativen Berufsausbildung gemeinsam mit den dafür in Frage kommenden Personen bzw. den Erziehungsberechtigten und den Lehrbetrieben oder den besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtungen und unter Einbeziehung der Schulbehörde erster Instanz und des Schulerhalters die Ziele der integrativen Berufsausbildung festzulegen. Sie hat zusammen mit einem Experten des betreffenden Berufsbereiches die Abschlussprüfung zum Abschluss der Ausbildung gemäß Abs. 2 durchzuführen. Die Berufsausbildungsassistenz hat bei einem Ausbildungswechsel das Einvernehmen mit den genannten, an der integrativen Berufsausbildung Beteiligten herzustellen und diesbezüglich besondere Beratungen durchzuführen.

(7) Die Lehrlingsstelle darf einen Lehrvertrag gemäß Abs. 1 oder einen Ausbildungsvertrag gemäß Abs. 2 nur eintragen, wenn eine verbindliche Erklärung des Arbeitsmarktservice, des Bundessozialamtes oder einer Gebietskörperschaft bzw. einer Einrichtung einer Gebietskörperschaft über die Durchführung der Berufsausbildungsassistenz vorliegt. Diese können eine bewährte Einrichtung auf dem Gebiet der sozialpädagogischen Betreuung und Begleitung mit der Durchführung der Berufsausbildungsassistenz betrauen.

(8) Die Festlegung der Ausbildungsinhalte, des Ausbildungszieles und der Zeitdauer im Rahmen der integrativen Ausbildung hat durch die Vertragsparteien gemeinsam mit der Berufsausbildungsassistenz unter Einbeziehung der Schulbehörde erster Instanz und des Schulerhalters zu erfolgen. Dabei sind auch pädagogische Begleitmaßnahmen bzw. die Form der Einbindung in den Berufsschulunterricht unter Berücksichtigung der persönlichen Fähigkeiten und Bedürfnisse der die integrative Berufsausbildung anstrebenden Person festzulegen.

(9) Vor Beginn einer integrativen Berufsausbildung kann vom Arbeitsmarktservice der Besuch einer beruflichen Orientierungsmaßnahme empfohlen werden. Die berufliche Orientierungsmaßnahme gründet weder auf einem Ausbildungsvertrag noch auf einem Lehrvertrag.

(10) Zur Feststellung der in einer Ausbildung gemäß Abs. 2 erworbenen Qualifikationen kann innerhalb der letzten zwölf Wochen der Ausbildung auch eine Abschlussprüfung im Lehrbetrieb oder in einer sonst geeigneten Einrichtung durchgeführt werden. Diese ist durch einen von der Lehrlingsstelle im Einvernehmen mit dem Landes-Berufsausbildungsbeirat zu nominierenden Experten des betreffenden Berufsbereiches und ein Mitglied der Berufsausbildungsassistenz durchzuführen. Anhand der vom Ausbildungsvertrag umfassten Vereinbarung über die Ausbildungsinhalte und Ausbildungsziele ist bei der Abschlussprüfung festzustellen, welcher Ausbildungsstand erreicht und welche Fertigkeiten und Kenntnisse erworben wurden. Die Lehrlingsstelle hat darüber ein Abschlussprüfungszeugnis auszustellen. Gegebenenfalls hat die Lehrlingsstelle im Abschlussprüfungszeugnis zu bestätigen, dass wesentliche Teile eines Lehrberufes erlernt wurden. Der nähere Ablauf der Abschlussprüfung und der Gestaltung des Abschlussprüfungszeugnisses ist entsprechend den Erfordernissen des jeweiligen Berufsbereiches von der Lehrlingsstelle im Einvernehmen mit dem Landes-Berufsausbildungsbeirat festzulegen. Die für die Lehrabschlussprüfung geltenden Bestimmungen betreffend Prüfungstaxe und Prüferentschädigung sind unter Berücksichtigung des verminderten Aufwandes auf die Abschlussprüfung sinngemäß anzuwenden.

(11) Bei einer Ausbildung in einem Lehrberuf gemäß § 1, bei einer Ausbildung in einem Lehrberuf gemäß Abs. 1 oder bei einer Ausbildung gemäß Abs. 2 ist ein Wechsel in eine jeweils andere dieser Ausbildungen im Zusammenhang mit einer Vereinbarung zwischen dem Lehrberechtigten und dem Lehrling und im Einvernehmen mit der Berufsausbildungsassistenz sowie unter Einbeziehung der Schulbehörde erster Instanz möglich. Der Wechsel der Ausbildung hat durch den Abschluss eines neuen Lehrvertrages bzw. eines neuen Ausbildungsvertrages zu erfolgen. Der Wechsel von einer Ausbildung in einem Lehrberuf gemäß § 1 zu einer Ausbildung in einem Lehrberuf gemäß Abs. 1 und umgekehrt kann auch durch Änderung des Lehrvertrages erfolgen. Bei einem Wechsel der Ausbildung sind im Einvernehmen mit der Berufsausbildungsassistenz die in der Folge noch erforderlichen Ausbildungsinhalte und die noch erforderliche Ausbildungsdauer festzulegen. Die Probezeit beginnt bei einem Wechsel der Ausbildung im selben Ausbildungsbetrieb bzw. derselben Ausbildungseinrichtung nicht von neuem zu laufen.

(12) Wurde im Rahmen einer Ausbildung gemäß Abs. 2 sowohl das Ausbildungsziel des Abs. 10 im Sinne einer erfolgreichen Ablegung der Abschlussprüfung als auch das berufsfachliche Bildungsziel der ersten Schulstufe der Berufsschule erreicht, so ist bei einer anschließenden Ausbildung in einem Lehrberuf gemäß § 1 oder in einem Lehrberuf gemäß Abs. 1 zumindest das erste Lehrjahr auf die Dauer der Lehrzeit des betreffenden Lehrberufes anzurechnen, sofern nicht eine Vereinbarung zwischen dem Lehrberechtigten und dem Lehrling über eine weitergehende Anrechnung vorliegt.

(13) Im Übrigen gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß.

(14) Das Ausbilden von Personen in einer integrativen Berufsausbildung gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 in besonderen selbständigen Ausbildungseinrichtungen, die weder von einem Lehrberechtigten geführt werden noch im § 29 angeführte Anstalten sind, bedarf einer Bewilligung.

(15) Die Bewilligung gemäß Abs. 14 ist vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit zu erteilen, wenn

  1. die Organisation und Ausstattung der Ausbildungseinrichtung im Falle einer Ausbildung gemäß Abs. 1 die Vermittlung aller für die praktische Erlernung des betreffenden Lehrberufes nötigen Fertigkeiten und Kenntnisse und im Falle einer Ausbildung gemäß Abs. 2 die Vermittlung der betreffenden Teilqualifikationen ermöglicht,

  2. für die erforderliche Anzahl von Personen, die die persönlichen Voraussetzungen für das Ausbilden von Lehrlingen besitzen, vorgesorgt ist,

  3. die Gestaltung der Ausbildung im Falle des Abs. 1 im Wesentlichen dem Berufsbild des betreffenden Lehrberufes und das Ausbildungsziel den in der Prüfungsordnung dieses Lehrberufes gestellten Anforderungen entspricht und mit der Ablegung der Lehrabschlussprüfung abgeschlossen wird sowie im Falle des Abs. 2 der Vermittlung der betreffenden Teilqualifikationen entspricht und

  4. glaubhaft gemacht wird, dass die Führung der Ausbildungseinrichtung für mehrere Jahre mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit sichergestellt ist.

(16) Die erstmalige Bewilligung ist hinsichtlich einer Ausbildung gemäß Abs. 1 unter Bedachtnahme auf die Lehrzeit der beantragten Lehrberufe und unter Zugrundelegung der Verlängerung der Lehrzeitdauer auf die Dauer des längsten der beantragten Lehrberufe samt Lehrzeitverlängerung zu erteilen. Hinsichtlich einer Ausbildung gemäß Abs. 2 ist die erstmalige Bewilligung unter Bedachtnahme auf die Lehrzeit der beantragten Lehrberufe, von welchen Teilqualifikationen vermittelt werden, auf die Dauer des längsten der betreffenden Lehrberufe zu erteilen. Sodann ist die Bewilligung unbefristet zu erteilen.

(17) Um die Bewilligung hat der Inhaber der Ausbildungseinrichtung anzusuchen und die für die Prüfung des Vorliegens der im Abs. 15 geforderten Voraussetzungen notwendigen Angaben zu machen und die erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(18) Wenn die im Abs. 15 lit. a bis d genannten Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind, ist dem Inhaber der Bewilligung unter Androhung des Entzuges oder der Nichtverlängerung der Bewilligung eine angemessene, höchstens ein Jahr dauernde Frist zur Behebung der Mängel zu setzen. Werden die Mängel innerhalb der gesetzten Frist nicht behoben, so hat der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit die Bewilligung zu entziehen oder nicht zu verlängern.

(19) Bewilligungen für besondere selbständige Ausbildungseinrichtungen gemäß § 30 können als Bewilligungen für selbständige Ausbildungseinrichtungen gemäß Abs. 15 beansprucht werden.

(20) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 12 gelten sinngemäß.

(21) Auf die Inhaber einer Bewilligung gemäß Abs. 15, auf die dort in Ausbildung Stehenden und die Ausbildungsverhältnisse überhaupt, finden die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes mit Ausnahme der §§ 17 und 18 mit der Maßgabe sinngemäß Anwendung, dass im Falle der Ausbildung gemäß Abs. 1 kein Lehrvertrag abzuschließen ist und die Ausbildungsverhältnisse in Ausbildungen gemäß Abs. 1 und 2 bei der Lehrlingsstelle in Form einer Liste, die sämtliche im § 12 Abs. 3 geforderten Angaben enthalten muss, anzumelden sind.

(22) Personen, die eine integrative Berufsausbildung gemäß den Bestimmungen der Abs. 1 bis 21 absolvieren, gelten als Lehrlinge im Sinne des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes, BGBl. Nr. 376/1967, im Sinne des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977, im Sinne des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes (IESG), BGBl. Nr. 324/1977 und im Sinne des Einkommenssteuergesetzes. Dies gilt weiters für Personen, die sich in einer diesen Ausbildungen vorgelagerten Berufsorientierungsmaßnahme befinden, bis zum Ausmaß von sechs Monaten einer solchen Berufsorientierungsmaßnahme. Personen, die im Rahmen einer integrativen Berufsausbildung gemäß Abs. 1 ausgebildet werden, sind hinsichtlich der Berufsschulpflicht Lehrlingen gleichgestellt. Für Personen, die im Rahmen einer integrativen Berufsausbildung gemäß Abs. 2 ausgebildet werden, besteht nach Maßgabe der Festlegungen gemäß Abs. 8 die Pflicht bzw. das Recht zum Besuch der Berufsschule.

12.2 Anhang 2: Folien zum Workshop am 30.01.2009

Anmerkung der bidok-Redaktion: Der Anhang kann als PDF unter: http://bidok.uibk.ac.at/download/stadlmayr-anhang.pdf herunter geladen werden.

Quelle:

Martina Stadlmayr, Marlene Lentner, Karl Niederberger: Evaluierung der Berufsausbildungsassistenz in Oberösterreich. Endbericht.

Medieninhaber und Herausgeber: Arbeitsmarktservice Oberösterreich

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 07.08.2013

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