SEXUALITÄT und BEHINDERUNG

Ein Gesprächsprotokoll über Emanzipation und sexuelle Erfahrungen einer Frau

Textsorte: Buch
Releaseinfo: Erschienen in: Forster, Rudolf/ Schönwiese, Volker (Hrsg.): BEHINDERTENALLTAG - wie man behindert wird, Jugend und Volk, Wien 1982, S. 57 - 68
Copyright: © Jugend und Volk 1982

Vorbemerkungen

Nach unseren Erfahrungen ist das Thema Behinderung und Sexualität stark von Vorurteilen und Klischees geprägt, die sicher allgemein vorhanden sind und unser Verhalten wie auch unsere Gefühle tiefgreifend beeinflussen. Die Sexualität von Behinderten wird meist negiert. Das heißt, daß behinderte Menschen nicht als ganzheitliche Persönlichkeit gesehen und mit all ihren Bedürfnissen akzeptiert werden, sondern in geistige Schubladen gesteckt und mit Etiketten versehen werden. Etikettierung und das Absprechen von Bedürfnissen sind für uns die wichtigsten Aspekte von Diskriminierung, vor allem deshalb, weil sie unmittelbar treffen und die Entwicklungsfähigkeit eines Menschen entscheidend hemmen.

Unser eigenes Erleben machte es wichtig für uns, das Gespräch mit Marlies aufzuschreiben. Ihre Erfahrungen zeigen, daß ihre Behinderung selbst Beziehungen nicht verhindert hat. Probleme entstanden erst durch die Zwänge und Normen ihrer Umwelt. Sie wird doppelt unterdrückt und diskriminiert - als Frau und als Behinderte. Eine Veränderung ist erst dann möglich, wenn Schwierigkeiten nicht mehr auf persönliche Defizite - zu denen Marlies ihre Behinderung zählt - zurückgeführt werden. Im Gesprächsprotokoll haben wir versucht, Marlies für sich sprechen zu lassen. Eine zeitliche Reihung haben wir nur teilweise vorgenommen, um das Gespräch so authentisch wie möglich wiederzugeben. Wir haben auch unsere eigenen Gedanken - vor allem im Schlußteil - eingebracht. Hier gehen wir von unserer eigenen Betroffenheit und von unseren Erfahrungen in der Sozialarbeit aus.

Marlies, deren Erlebnisse wir aufschreiben, ist heute 26 Jahre alt. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder in einer Kleinstadt in Salzburg. Ihre Mutter arbeitete neben der Hausarbeit in einer Fabrik am Fließband, ihr Vater war Maschinenschlosser. Marlies ist gehbehindert. Als sie klein war, begann ihr Vater immer mehr zu trinken; heute ist Marlies sicher, daß er sehr unter ihrer Behinderung gelitten hat und unter anderem deshalb trank. Zu ihrem Vater hatte sie eine engere Beziehung als zu ihrer Mutter.

Marlies ging gemeinsam mit nichtbehinderten Kindern in die Volks- und Hauptschule. Mit 16 Jahren begann sie als Fließbandarbeiterin für einen Stundenlohn von S 18,- zu arbeiten. Nach einem längeren Krankenstand wurde sie gekündigt. Sie arbeitete dann noch bei einer anderen Firma, wo sie mehr verdiente und durch den Invalideneinstellungsschein besser abgesichert war. Marlies heiratete mit zwanzig Jahren einen nichtbehinderten Mann und übersiedelte mit ihm in eine größere Stadt. Ihr Kind, das kurz nach der Hochzeit zur Welt kam, ist ebenfalls gehbehindert. Als der Bub fünf Jahre alt war, ließ Marlies sich scheiden, da ihr Mann sehr viel trank und ihr und dem Kind gegenüber gewalttätig war. Heute lebt sie mit ihrem Sohn in einer Stadt, und versucht - zum ersten Mal - sich an ihren eigenen Bedürfnissen zu orientieren, statt die anderer zu erfüllen.

Gesprächsprotokoll

Als Marlies klein war, fiel es in ihrer Umgebung kaum auf, daß sie schlechter gehen konnte als andere Kinder. Erst während der Schulzeit wirkte sich ihre Behinderung auf ihre soziale Stellung unter Gleichaltrigen aus. Sie hatte das Gefühl, daß die meisten anderen Mädchen sie nicht ernst nahmen, sondern den Kontakt zu ihr nur benützten, um bei ihren Eltern ihre Wünsche besser durchsetzen zu können. So wurde ihnen z.B. eher erlaubt, abends fortzugehen, wenn Marlies auch mitging. Wenn Marlies aber selbst den Wunsch hatte, mit einem Mädchen zusammenzukommen, oder gemeinsam mit anderen etwas zu unternehmen, wurde sie meistens abgewiesen.

".... da habe ich mich verdammt zurückgesetzt gefühlt, das hat mich mächtig zusammengedrückt. Aber damals hätte ich es noch nicht geschafft, energisch zu werden oder zu streiten. Das habe ich erst viel später gelernt ..."

Mit den Buben verstand sie sich besser. Marlies kann sich an zwei erinnern, die sie z.B. mit der Rodel von der Schule nach Hause führten.

".... die haben ein großes Theater aufgeführt, und ich habe gelacht und das haben sie gerne gesehen; und wenn ich was gebraucht habe, dann waren sie da. Das hat mich sehr aufgebaut. Den Buben hat's wahrscheinlich auch etwas gebracht, mit mir zusammen zu sein. Sie waren sicher neugierig, wie es ist, mit einem Mädchen wie mir etwas zu unternehmen. Sie haben mich als gleich anerkannt, aber es kann sein, daß sie gerade wegen meiner Behinderung an mir auch sexuell interessiert waren."

Die Freundschaft mit einem dieser Buben, Rudi, dauerte auch nach Ende der Hauptschulzeit weiter an. Diese Beziehung wurde sehr eng und zärtlich, und beide bemühten sich, dies vor den Eltern geheimzuhalten

Als Marlies eines Tages von einem älteren, befreundeten Fotografen Paßfotos machen ließ, wurde sie vergewaltigt.

".... heute sehe ich das so, daß er - der Fotograf - auf eine Gelegenheit gewartet hat, mit mir allein zu sein. Er kam zu mir herüber und sagte, daß er die Sachen hergerichtet hat. Als wir ins Zimmer gingen, hat er plötzlich zugesperrt und bekam einen ganz stierischen Ausdruck. Ich hatte Angst. Er hat dann meine Hände genommen und zurückgehalten ....nun ja, eine direkte Vergewaltigung. Das war mein erster Geschlechtsverkehr, das war verdammt grauslich. Mir ist es elendig gegangen."

Marlies hatte große Angst, schwanger zu sein. Ihr Bruder war der einzige, mit dem sie darüber sprechen konnte.

"... meine Mutter hat von alldem gar nichts gewußt, sie hat nicht einmal bemerkt, daß ich ganz durcheinander und nervös war ...."

Marlies traf sich auch weiterhin heimlich mit Rudi.

".... meine Eltern haben nichts davon gewußt, und seine Mutter hat nichts erfahren dürfen, weil, ich bin ja behindert... wie stellst Du Dir denn das vor?"

Als Rudis Mutter dann doch erfuhr, daß er mit Marlies eine Beziehung hatte, kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung.

".... das ist dann rundgegangen. Seine Mutter hat mich schief angeschaut, obwohl ich in derselben Fabrik gearbeitet habe wie sie. Und dann habe ich von anderen Leuten von hinten herum gehört, wie stellt sich denn der Bub das vor, mit einer Behinderten was anzufangen..."

Marlies und die Nachbarskinder hatten zueinander einen sehr guten Kontakt. So erinnert sie sich an ihren l6. Geburtstag, als sie von ihnen mit Blumen überrascht wurde und lange mit ihnen gefeiert hat. Die Eltern der Nachbarskinder versuchten aber dauernd, diesen Kontakt zu unterbinden.

"... ich weiß nicht, was die hatten, wahrscheinlich haben die geglaubt, ich könnte den Kindern was Schlechtes beibringen. Und diesbezüglich hat sich nichts geändert. Ich erlebe das heute wieder, daß in unserem Wohnblock Frauen ihre Kinder zurückrufen, wenn sich ein Kontakt zu meinem Buben anbahnt..."

Den ersten sexuellen Erfahrungen folgten weitere; meistens waren es kurze Bekanntschaften. Viele Männer wollten mit ihr schlafen und manchmal ließ sie sich darauf ein, es blieb aber frustrierend. Zärtlichkeiten hat Marlies selten erlebt: "Es ist einfach geschehen..." Sie war ständig darauf gefaßt, vergewaltigt zu werden. Marlies erlebte einige riskante Situationen.

"Aber die habe ich fast alle so herumgewickelt, daß es gut für mich ausgegangen ist, obwohl ich ein paar Mal eingefahren bin. Da war ich wahrscheinlich zu blöd dazu, daß ich etwas daraus gemacht hätte."

Die Männer waren eine Bedrohung, aber mit Klugheit und Tricks konnte sie diese Bedrohung abwenden; gelang ihr das nicht, suchte sie bei sich selbst die Schuld.

"Wo soll ich die Schuld sonst suchen, außer bei mir, ich hätte es ja anders machen können. Wenn ich es kommen habe lassen, wie es gekommen ist, dann bin ich mächtig eingefahren. Wenn ich dabei gedacht hätte, dann hätte mich das in gewisser Weise aufgebaut. Manchmal war ich dann schon so weit, daß ich bewußt oder unbewußt darauf gefaßt war, einzufahren."

Die Erfahrung mit einem Freund unterschied sich sehr von ihren anderen Beziehungen mit Männern. Die Begegnungen verliefen sehr viel zärtlicher.

Die Beziehung dauerte eineinhalb Jahre, dann kam seine Mutter dahinter. Sie drohte, ihren Sohn zu enterben, wenn er die Beziehung zu Marlies nicht aufgäbe.

"Ich bin mir dann wieder scheußlich vorgekommen, eben weil du eine Hatschn bist, oder weil ich behindert bin und er normal ist, da brauchst du dir mit solchen Leuten nichts anzufangen, du bist quasi ein Dreck und nicht mehr, und das als Frau, das ist schon niederträchtig."

Dasselbe passierte ihr mit einem anderen, etwas jüngeren Freund. Diese Beziehung endete, als ihr seine Mutter einen Brief schrieb, sie solle ihre Finger von ihm lassen, er sei noch zu jung, und die Konflikte, die er ihretwegen mit seiner Oma habe, seien zu aufreibend für ihn; wenn er so weitermache, schaffe er die Schule nicht. Wenn die Mütter ihrer Freunde kamen, um mit ihr zu reden, dann hatte sie zuerst einmal Angst und fühlte sich schlecht.

"Ich meine, ich bin behindert, ja sie wollen mit mir reden, warum lassen sie den Buben nicht mit mir reden? Das ginge ja auch, warum muß die Mutter allein kommen? Soll sie doch den Buben mitnehmen! Man könnte ja miteinander reden. Wenn sie das nicht wollen, dann können sie ja ihre Buben in ein Glaskastel stellen, damit ich nur ja nicht an sie herankomme."

Diese zwiespältige Reaktion der Umwelt - Verhindern von Kontakten einerseits, und Gespräche mit Appellen an die Vernunft andererseits lösten starke Unsicherheits-, Minderwertigkeits- und Ohnmachtsgefühle aus.

Verstärkt wurde dies, da ihr vor allem ihre Mutter nichts zutraute. Die Eltern hatten Marlies von klein auf beigebracht, im Umgang mit Behörden, Amtspersonen und Ärzten ihre Behinderung besonders stark zu zeigen, zum Beispiel schlechter zu gehen als möglich. Diese Verhaltensweise behielt Marlies lange Zeit bei. Sie machte die Erfahrung, daß diese Strategie, ihre Behinderung einzusetzen um etwas zu bekommen, bei Männern eher ankam als bei Frauen. Während sie bei Behörden und ärztlichen Untersuchungen sehr wohl auffallen sollte, wurde im täglichen Leben größtmögliche Anpassung angestrebt. Sie sollte unauffällig sein, keine Ansprüche stellen, wenig ausgehen, damit niemand ihre Behinderung sah.

"Wenn man in dieser Weise unterdrückt wird, da traut man sich nichts zu unternehmen. Ich war oft schon so weit, daß ich geweint habe. Allein in ein Gasthaus zu gehen, noch dazu als Frau, das habe ich mich nicht getraut. In der Jugend und nach der Schulzeit fühlte ich mich verdammt oft als Freiwild. Meine einzige Stütze war damals mein Bruder. Heute geht es mir da schon besser. Wegen der Scheidung muß ich ja die Behördenwege allein machen, und das geht. Das gibt mir schon viel Selbstvertrauen. Früher war ich immer auf andere angewiesen und wurde immer weggestoßen - als Behinderte und als Frau. Ich möchte gerne mit Frauen und Kindern aus der Umgebung eine Gruppe mit Behinderten und Nichtbehinderten machen. Ich will, daß die lernen, sich mit Behinderten auseinanderzusetzen und vor allem, daß sie sich trauen, Behinderte anzugreifen, das trauen sich nämlich die meisten gar nicht."

Als Marlies 19 Jahre alt war, traf sie in einem Kaffeehaus Eva; Eva wurde für sie zu einer wichtigen Freundin.

"Die Eva war eine Spitzenperson, die hat mich aufgebaut. Ich hab' mich im Urlaub nicht so wohl gefühlt, wie wenn ich bei ihr war; auch wenn ich arbeiten gehen mußte. Ich habe mich getraut, bei ihr in den Hof zu gehen, obwohl ich mich normalerweise auf irgend etwas Schrägem, Steinigem nicht zu gehen getraut habe, aber bei ihr hat mir das nichts ausgemacht. Ich habe mir bei ihr alles zu sagen getraut, und habe ihr widersprechen können, und überhaupt bei ihr erst gelernt, den Mund aufzumachen. Ich weiß nicht, ob sie das bewußt oder unbewußt gemacht hat, jedenfalls hat sie das Spitze gemacht, von dem habe ich dann noch zwei Jahre gelebt."

Marlies zog von zu Haus aus und wohnte einige Zeit bei ihrer Freundin. "Die Leute haben über uns geredet, daß wir da Orgien feiern, weil wir öfters Leute eingeladen haben. Die Eva hat unheimlich gut kochen können, von ihr habe ich kochen gelernt, weil zu Hause durfte ich das nicht."

Durch Eva lernte sie ihren späteren Mann kennen, den Bruder einer ihrer Schulfreundinnen. Er kam zu Besuch und blieb einige Tage bei den beiden Frauen. Marlies maß dieser Bekanntschaft zunächst nicht sehr viel Bedeutung bei und war überrascht, als er kurz darauf wieder kam, um sie zu treffen. Manfred erzählte von einer vor kurzem zu Ende gegangenen Beziehung. Er war ziemlich traurig, weil er verlassen worden war. Marlies fühlte sich ihm gegenüber sehr stark, Manfred kam ihr sexuell weniger erfahren vor als sie, und sie hatte den Eindruck, daß er getröstet werden wollte. Manfred kam nun öfters, und nach kurzer Zeit beschlossen sie, zusammenzuziehen.

Marlies Mutter konnte nicht akzeptieren, daß Marlies bei Eva wohnte. Sie hielt ihr vor, daß Eva kein Umgang für sie sei, daß sie zu viele Männer kenne, und immer wieder kam der Vorwurf, Marlies führe ein schlechtes Leben und die Behinderung sei eine gerechte Strafe dafür. Unter dem Druck der Mutter ging Marlies wieder nach Hause zurück. Einen Monat später starb ihr Vater. Zu Eva war sie unter anderem deshalb gezogen, weil ihr Vater immer mehr getrunken und sie geschlagen hatte und weil sie es zu Hause nicht mehr ausgehalten hatte. Rückblickend sagt sie jetzt, daß ihr Vater eigentlich mehr Verständnis für sie aufgebracht hatte als ihre Mutter. Sie hatte zum Beispiel Wert darauf gelegt, ihre Freunde dem Vater vorzustellen, und er hatte auch mit ihnen gesprochen und ihr nachher seine Eindrücke über sie mitgeteilt, ohne ihr irgendwelche Vorschriften zu machen.

"Und das hat mir viel geholfen. Bei vielen, sonst wäre ich wahrscheinlich öfters eingefahren. Also, wenn er nicht getrunken hat, war er der beste Vater für mich, aber wenn er gesoffen hat - da ist es mir schlecht gegangen. Und ein Grund dafür, daß er getrunken hat, war sicher meine Behinderung. Das habe ich gespürt, er hat mich immer gedrillt zum Turnen, und wenn ich nicht wollte, hat er getrunken und gestritten."

Die Mutter war der Ansicht, daß Marlies keine Beziehungen zu Männern haben sollte. Sie solle froh sein, daß sie überhaupt lebe und halbwegs gehen könne.

"Als sie Manfred gesehen hat, hat sie ein großes Theater gemacht. Daß ich einen Mann habe, das ist ihr nicht eingegangen... 'ich hilf Dir ja, soweit es geht, mehr brauchst Du nicht'.... Also sexuell total ausgeschlossen, ich brauch das nicht, das ist gar nicht notwendig, das ist unnötig."

Nach dem Tod ihres Vaters ging Marlies nicht mehr zu Eva zurück. Ihre Mutter weinte, machte ihr Vorwürfe und brachte sie dazu, bei ihr zu bleiben. Manfred zog bei ihnen ein, obwohl die Mutter damit eigentlich nicht einverstanden war. Er gab seine Arbeit auf, um, wie er sagte, bei Marlies sein zu können. Nach drei Monaten, an ihrem 20. Geburtstag, feierten sie Verlobung. Manfred kam zum Bundesheer, Marlies wurde schwanger, sie heirateten.

Die Schwangerschaft von Marlies wurde in der Kleinstadt selbstverständlich eingehend besprochen: Es sei unverantwortlich, wenn Marlies, gerade in ihrer Situation, das Kind austrage. Obwohl die Gemeinde eher katholisch orientiert war, wurde in ihrem Fall eine Abtreibung für die beste Lösung gehalten. Aber Marlies wünschte sich das Kind und freute sich trotz der Widerstände ihrer Umgebung sehr darauf. Die Schwangerschaft machte Marlies körperlich überhaupt keine Schwierigkeiten. Bei der letzten vorgeschriebenen Untersuchung vor der Geburt wies ihr Arzt sie in das Krankenhaus ein. Im Krankenhaus sagte man ihr, sie sei zu schmal gebaut, sie könne das Kind nicht ohne Kaiserschnitt zur Welt bringen, eine normale Geburt sei zu riskant. Vierzehn Tage vor dem errechneten Geburtstermin wurde Marlies mit Kaiserschnitt entbunden.

"Also im Spital hab ich in der Früh um 8.00 Uhr die Narkose bekommen, um 8.10 Uhr war der Junior auf der Welt und um 11.00 Uhr haben sie ihn mir dann gezeigt, da war ich noch immer so ein wenig in Narkose, aber ich bin auf einmal munter geworden, dann haben sie ihn mir gezeigt - ich meine, das war schön."

Ihr Kind, ein Bub, wog etwas weniger als 2,5 Kilo. Die Nachgeburt wurde künstlich mit Medikamenten eingeleitet. Sie durfte Thomas deswegen nicht stillen. Als sie mit ihm nach Hause kam, hatte sie etwas Fieber und fühlte sich im Umgang mit dem kleinen, zarten Kind ziemlich unsicher, da sie im Spital kaum Gelegenheit gehabt hatte, Thomas bei sich zu haben. Das Kind entwickelte sich etwas langsamer als andere Kinder, doch die Untersuchungen im Rahmen des Mutter-Kind-Passes ergaben keine Auffälligkeiten. Als Thomas eineinhalb Jahre alt war, diagnostizierte ein Facharzt eine Behinderung.

"Wie er das gesagt hat, das weiß ich nicht mehr; das war ein Schock für uns, das habe ich irgendwie aufgenommen, wie mit einer großen Wolke, die auf Dich zusaust, so in der Art. Ich war nervlich Schach-Matt. Wir haben beide geweint und irgendwie hat mich Manfred aufgebaut, er hat mir zugeredet, obwohl ihm selbst nicht gut dabei war. Und dann sind halt bei ihm die Achterln und das Bier immer mehr geworden. - Thomas ist dann in die Klinik gekommen, und damit war die Geschichte vollendet."

Das Kind blieb zwei Monate in der Klinik. Als Thomas wieder zu seinen Eltern kam, konnte er weder gehen noch sprechen. Marlies Mutter war nun der Ansicht, daß man ihr den Buben wegnehmen müsse. Sie wollte ihn selbst nehmen, aber Marlies wehrte sich dagegen.

Manfreds Präsenzdienst ging zu Ende. Die beiden wollten nicht bei der Mutter bleiben.

"Da bin ich immer bevormundet worden, mach das, mach dies, also selber irgendetwas machen, das war unmöglich, weil ich bin ja zu 'dumm' - ich kann das nicht, oder bring das nicht zusammen - 'ich mach das ja schon für dich'. - Trotzdem hat sie mir immer angeschafft, was ich machen soll. Wenn ich manches machen wollte, wie ich es mir vorstellte, gab es Streit."

Durch Zufall erfuhren Marlies und Manfred von einer Stellung mit Dienstwohnung in der Nähe der Hauptstadt. Manfred nahm die Arbeit an. Die Familie übersiedelte. Am Anfang bestärkten sich Marlies und Manfred gegenseitig. Er war ziemlich in sich gekehrt, es fiel ihm schwer zu reden und Entscheidungen zu treffen. Sie verstanden sich trotzdem einigermaßen gut, obwohl Marlies schon vor dem Umzug das Gefühl hatte, daß er mit anderen Frauen schlief, aber es vor ihr geheimhielt. Die Beziehungskrise begann, als Manfred gekündigt wurde, die Dienstwohnung geräumt werden mußte und die Familie in die Hauptstadt übersiedelte, wo Manfred nur mehr unregelmäßig arbeitete. Zu den finanziellen Schwierigkeiten kam, daß Manfred immer öfter und mehr trank. Mit Unterstützung einiger Sozialarbeiterinnen gelang es ihnen, eine sogenannte behindertengerechte kommunale Wohnung zu bekommen. Manfred arbeitete einige Monate, dann wurde er wieder arbeitslos. Die Familie lebte von Marlies Pension. Trotzdem war Manfred fast nie zu Hause. Wenn er kam, war es unmöglich, die Situation gemeinsam zu besprechen. Er verweigerte sich vollkommen. Er hatte eine Freundin, mit der er sich regelmäßig traf.

"Angeblich hat er gepfuscht, hat aber nie Geld nach Hause gebracht und ist spät in der Nacht angesoffen heimgekommen. Und an den Wochenenden war er weg, und ich bin mit dem Thomas alleine in der großen Wohnung gesessen. Oder er war da und hat getrunken und nichts geredet. Ich kann mich an kein nüchternes Wochenende erinnern. Wenn ich was gehabt habe, geweint habe, hat er gesagt - 'was hast denn' - aber, daß ich hätte reden können - nein. Er hat sich so deppert gestellt, Gefühle zeigen, oder über Gefühle reden, das kann der Mensch nicht.

Ich habe mit seiner Freundin gesprochen, und die war auch ehrlich zu mir. Sie hat mir erzählt, daß er mit ihr über vieles gesprochen hat, aber bei mir war das einfach unmöglich. Und das hab ich nicht verkraften können, warum mit ihr und mit mir nicht? - Ich glaube, er wollte einfach nicht. Er hat sich nicht getraut. Im Rausch hat er einmal gesagt, daß er Angst hat, ich könnte es ausnützen, wenn ich zuviel von ihm weiß."

Das Zusammenleben der beiden wurde zu einem ständigen Kampf, der schließlich sehr heftig ausgetragen wurde. Manfred schlug sie manchmal, wenn sie Forderungen an ihn stellte oder ihm vorwarf, daß er nie zu Hause sei oder kein Geld bringe, sich nicht mit dem Kind beschäftige und sich von ihr bedienen lasse.

"Ich arbeite und buddel zu Hause und er macht nichts, er räumt mir nur die Wohnung wieder an. Ich hab ihm gesagt, ich bin eine Hure für Dich und ein Sklave, ich kann dann auch noch danke sagen, und Dir noch mein Geld geben, weil Du mich vernascht. Und wenn ich ihm sowas und noch Ärgeres gesagt habe, dann ist von ihm überhaupt keine Reaktion gekommen - nichts! Wenn es zu ihm zuviel geworden ist, ist er aufgestanden, gegangen, oder wenn er betrunken war, hat er mich auch geschlagen."

Marlies war der Gewalt ihres Mannes immer mehr ausgeliefert. Sein Flüchten aus der Wohnung isolierte sie zunehmend. Nach einem Streit, oder wenn er betrunken war, versuchte er manchmal, mit ihr zu schlafen, als ob nichts vorgefallen wäre. Um ihre Gefühle kümmerte er sich nicht.

"Wenn er mit mir schlafen wollte, da habe ich ihm gesagt, er solle es lassen, oder irgendetwas Ärgeres, er ist trotzdem immer wieder gekommen, obwohl ich das nicht wollte. Er ist trotzdem immer gekommen, das muß man sich vorstellen, ein paarmal habe ich ihn weggestoßen, dann ist er gegangen. - Daß ihn all das deprimieren kann, das kann ich mir schon vorstellen, aber daß er nicht überlegt, nicht weiterdenkt, das kann ich nicht verstehen."

Eine Ursache für die zunehmenden Streitigkeiten und Spannungen in der Beziehung sieht Marlies in ihrer Behinderung. Die Umgebung vermittelte ihr, daß sie ein "Patscherl" sei, und daß sie froh sein solle, einen Mann zu haben. Manfred verstärkte ihre Abhängigkeit, indem er demonstrierte, wie sehr sie auf ihn angewiesen sei, z.B. beim Einkaufen, da sie ohne ihn und sein Auto die Wohnung nicht verlassen konnte. Er meinte, es müsse ihr recht sein, wenn er überhaupt zu Hause sei und sie solle akzeptieren, daß er komme und gehe, wann er wolle.

"...Wenn ich nicht behindert wäre, hätte er, glaube ich, mehr Respekt vor mir...."

Oft blieb Manfred die ganze Nacht weg. Wenn beide bei Bekannten eingeladen waren, war er sehr zurückgezogen und sprach kaum etwas. Er tanzte auch nie mit ihr, außer, wenn sie allein zu Hause waren und er getrunken hatte.

"... und so was ist scheußlich, am liebsten hätte ich ihm eine geschmiert..."

Marlies wußte, daß sie Manfred eigentlich überlegen war, obwohl er sie schlug und bedrohte. Aber sie fand dieses Gefühl der Überlegenheit eigentlich deprimierend. Eine große Belastung war es für sie auch, zusehen zu müssen, wie Manfred sich ständig betrank.

"Ich glaube, er versucht mit dem Rausch seine Spannung zu verdecken und das wird immer ärger, nicht nur für die anderen, auch für ihn. Er verkraftet die Meinung nicht, die er selber hat. Er führt nie das durch, was er sich vorgenommen oder versprochen hat, und das ist auch dasselbe beim Trinken. Kaum hat er die Möglichkeit zum Saufen, kann er sich schon nicht zurückhalten und vorher verspricht er, daß er nichts trinkt. Er überredet mich z.B., mit ihm in ein Wirtshaus zu gehen. Wir setzen uns hinein, er schafft sich ein Bier an, und noch eins und noch eins. Vorher hat er gesagt, um neun fahren wir, und heimgekommen sind wir dann um halb zwei."

Langsam gelang es Marlies, aus dieser Beziehung auszubrechen. Die vielen Behördenwege, die mit ihrer Scheidung verbunden waren, kosteten sehr sehr viel Überwindung. Jetzt, nachdem sie es fast geschafft hat, fühlt sie sich viel stärker. In der Zwischenzeit hat sie auch einige Leute kennengelernt, die ihr sehr wichtig sind und die sie unterstützen.

"Wochenlang bin ich zu Hause gehockt und hab mir gedacht, wenn ich raus könnte - ich hab mir ja eingebildet, daß ich auf sein Auto angewiesen bin - ich wär weg. Und dann wohin? Die meisten sind weg, und dann, Behinderte mitzunehmen ... und daß ich irgendwen anrede, das will ich nicht. Obwohl ich das manchmal gemacht habe, sonst wäre ich verrückt geworden."

Nach der Scheidung, wenn die Situation sich wieder beruhigt hat, möchte Marlies mehr für sich selbst tun, noch mehr Leute kennenlernen und gemeinsam mit Thomas etwas unternehmen. Heiraten will Marlies nicht mehr.

"Heiraten, nein, nie mehr, das Gesetzliche mit Unterschrift, auf das kann ich verzichten. Ich kann mir vorstellen, daß ich mit einem Mann eine Beziehung habe, aber wenn ich allein sein will, dann möchte ich, daß er geht. Ich bin dann da viel unabhängiger, nicht zuletzt auch mit dem Geld, da kann ich damit machen, was ich will. - Nein, ich kann mir das echt nicht vorstellen, daß ich wieder einmal heirate; denn eingefahren bin ich bis jetzt genug."

Die Krise, der Widerstand gegen ihren Mann, die Veränderung der Situation durch ihre eigene Entscheidung, haben dazu geführt, daß Marlies ihre Behinderung nun anders sieht als früher. Sie erlebt ihre Behinderung nicht mehr als Ursache aller Konflikte und Schwierigkeiten. Sie meint, daß es sehr wohl auf die Umgebung ankommt, inwieweit, und ob überhaupt die "Behinderung" als Einengung eine Rolle spielt.

"Ich fühle mich ja nicht behindert, ich fühl' mich nur durch die Leute, durch die Umgebung behindert - manchmal extrem behindert. Die Behinderung bei mir, manchesmal ist sie mir bewußt, da geht's mir schlecht, aber ich mach das Leben, so wie es mir paßt und wie es am besten für mich ist. Manchesmal muß ich mehr darüber nachdenken, wie ich es am besten mache, aber, daß ich nie darüber nachdenke, ich meine, über irgendeine Situation, das habe ich früher gemacht, da bin ich ja auch eingefahren, und das mache ich jetzt nicht mehr. Gut, wenn ich einfahre, fahre ich ein, o.k., da kann man halt nichts machen, oder nichts ändern, zumindest nicht viel. Aber Behinderung hin, Behinderung her, ich fühle mich genauso wie jeder andere, und manchesmal sogar ein Stück mehr."

Schlußbemerkung

Alice SCHWARZER schrieb 1975:

"Nichts, weder Rasse noch Klasse bestimmt so tiefgreifend unser Leben und die Reaktion unserer Umwelt wie das biologische Geschlecht. Und dabei sind Frauen und Männer Opfer ihrer Rollen - aber die Frauen sind noch die Opfer der Opfer." (S.178)

Derzeit versuchen sich viele Menschen aus den traditionellen Rollenbildern zu lösen. Das Ideal der Beziehung von Frau und Mann in familiärer Geborgenheit wird heute stark angezweifelt. Es werden neue Formen des Zusammenlebens gesucht und erprobt. Für Behinderte hingegen wird die sogenannte Partnerschaft kaum problematisiert. Sie gilt eher als Ausdruck der gelungenen gesellschaftlichen Integration und wird als ideales Ziel angestrebt.

Marlies erkämpfte sich - gegen alle Widerstände - diese Partnerschaft. Sie heiratete, hatte ein Kind, obwohl die ganze Umgebung davon abriet - und sie brach aus dieser Partnerschaft wieder aus.

Im Leben jedes einzelnen Mannes, jeder einzelnen Frau, ist die Sexualität und die damit zugewiesene Rolle von tragender Bedeutung. Durch die Trennung von Öffentlichkeit und Privatleben entzieht sich dieser Bereich aber weitgehend der gesellschaftlichen Reflexion. Da Sexualität als etwas sehr Privates gesehen wird, ist es für die/den einzelnen schwierig, persönliche Probleme als Spiegel gesellschaftlicher Mechanismen zu erleben. Gerade deswegen werden in sexuellen Beziehungen Machtstrukturen sehr unmittelbar ausgelebt. Das in unserer patriarchalischen Gesellschaft bestehende Machtgefüge zwischen Mann und Frau betrifft jede(n) von uns. Für Behinderte, insbesondere für behinderte Frauen, ist es jedoch kaum möglich, in diesem Machtspiel zu bestehen. Für sie sind die von der "nichtbehinderten Gesellschaft" aufgestellten Normen (Ästhetik, Potenz, Beweglichkeit, beruflicher Erfolg, Zeugungs- und Gebärfähigkeit etc.) oft schon aufgrund körperlicher Dispositionen nicht bzw. kaum erfüllbar. Das bedeutet, daß die Sexualität Behinderter den vorgegebenen idealisierten Normen nicht entsprechen kann.

In vielen einschlägigen Publikationen über Sexualität Behinderter wird davon ausgegangen, daß Behinderte grundsätzlich die gleichen Rechte und Möglichkeiten zu einer "befriedigenden Partnerschaft" hätten und ihnen ein "befriedigendes Sexualleben" ebenso zugestanden werden müsse wie Nichtbehinderten:

".... die Diskussion über die Möglichkeiten eines sozialen und sexuellen Lebens von Behinderten .... muß von der Respektierung der Bedürfnisse behinderter Menschen getragen werden, ein erfülltes und harmonisches Leben .... führen zu wollen und des Rechtes auf ein Sexualleben, an das keine strengeren moralischen Anforderungen gestellt werden, als an das der allgemeinen Bevölkerung." (FRAGNER 1979, S.3)

Dieser Gleichheitsanspruch bleibt aber theoretisch, da er sich an Kriterien orientiert, die von "Nichtbehinderten" in der patriarchalischen Leistungsgesellschaft aufgestellt worden sind; Nichtbehinderte leiden unter diesen Normen, für "Behinderte" sind sie oft gar nicht oder nur mit großen Schwierigkeiten erfüllbar. Um diese Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu überwinden, entwickelt die naturwissenschaftlich orientierte Medizin Strategien, behinderte Menschen zu einem allgemein akzeptierten Sexualleben hinzuführen:

"Wie in vielen Bereichen der Behindertenarbeit sind die Fragen nicht generell, sondern nur individuell zu lösen. Das Recht auf Sexualität generell zu propagieren, ist ebenso sinnlos und gefährlich, wie eine Welt von Tabus, Scham, Sterilisierung und Strafen aufrecht zu erhalten. Wir müssen jeweils für den einzelnen Menschen und auch für einen möglichen Partner die notwendigen Strategien entwickeln. Das heute vielfach zu hörende Geschrei nach freier Sexualität muß, wenn es wie meistens, von Unerfahrenen erhoben wird, auch auf die Motive der Schreienden hin untersucht werden. Nicht von ungefähr verlangen diejenigen, die auch geistig Behinderten das Recht auf Kinder erkämpfen wollen, gleichzeitig auch das vielzitierte Recht auf den eigenen Bauch ... Eine Fülle von Details muß geprüft werden, um zu Erziehungsstrategien zu gelangen, die bereits in einem frühen Entwicklungsstadium und über das ganze Leben hinweg, dem geistig Behinderten seine Sexualität 'erträglich' machen." (RETT & SEIDLER 1981, S.288f).

Uns erscheint der hier angestrebte Weg insofern sehr problematisch und fragwürdig, als auf diese Weise Behinderung ausschließlich als individuelles Defizit und nicht als gesellschaftliches Phänomen gesehen wird und die Schwierigkeiten einer Gruppe völlig abgehoben von denen der übrigen Bevölkerung beobachtet und analysiert werden. Da für unsere Gesellschaft der Bruch sexueller Normen bedrohlich ist, wird zwar erkannt, daß Behinderte - so wie alle anderen auch - "sexuelle Bedürfnisse" haben, die Praktizierung wird aber unterbunden oder kanalisiert, also therapiert. Kann das angebliche Defizit durch Leistung und Anpassung nicht ausgeglichen werden, wird Behinderten das Recht auf Praktizierung ihrer Sexualität abgesprochen. Zusammenhänge zwischen zentralen gesellschaftlichen Wertvorstellungen wie Leistung und Sexualität werden hier sichtbar. Wir meinen, daß es gerade in der Auseinandersetzung mit der Sexualität Behinderter spürbar wird, daß die sozialen Normen und Rollenbilder unserer Gesellschaft neu zu hinterfragen sind:

"Nach ihren Bedürfnissen fragt niemand, auch sie selbst nicht ... Indem die Wissenschaft nicht die Frage stellt, wie geschlechtsspezifisches Verhalten in der Sexualität geformt wird, suggeriert sie, das heutige sexuelle Verhalten sei das natürliche Verhalten." (SCHWARZER 1975, S.179 bzw.193).

Für Marlies ist es wichtig, dieses "natürliche Verhalten" voll zu erfüllen, obwohl sie sagt, daß ihre sexuellen Erlebnisse für sie, bis auf wenige Ausnahmen, bisher sehr frustrierend verlaufen sind. Da sie ihre Probleme aber im Zusammenhang mit ihrer Behinderung und den traditionellen Rollenbildern sehen lernt, wird es ihr nach einem längeren Prozeß möglich, sich selbst und ihre eigenen Wünsche ernstzunehmen und ihre Position innerhalb ihrer Beziehung zu Männern zu hinterfragen. Den allgemeingültigen Regeln "subjektiv nicht zu entsprechen" muß nicht nur persönlich erlebte Einschränkung bedeuten, sondern bietet die Möglichkeit, tradierte Normen und Rollenbilder in Frage zu stellen und neue Qualitäten des Zusammenlebens zu suchen - und damit auch die Entfremdung des Menschen in der Sexualität abzubauen.

Literaturverzeichnis bzw. -empfehlungen

FRAGNER, J., Vorwort (zum Thema Sexualität Behinderter), in: Behinderte in Familie, Schule und Gesellschaft 2, 1979, Heft 1, S.3.

RETT, A., H.SEIDLER, Das hirngeschädigte Kind, Jugend & Volk, Wien 1981.

SCHWARZER, A., Der kleine Unterschied und seine großen Folgen, S. Fischer, Frankfurt 1975.

BÄCHINGER, B., Sexualverhalten und Sexualberatung von Körperbehinderten, PLUS-Wissen, Reinach (Schweiz) 1978 (ausschließlich erhältlich gegen Vorauszahlung von sFr 15.- auf das Postscheckkonto BO-33136).

CRUZ de la, F.F., G.D.LAVECK, Geistig Behinderte und ihre Sexualität. Soziokulturelle und medizinische Aspekte, Ernst Reinhardt, München-Basel 1975.

SCHÖNWIESE, V., Behinderte Sexualität. Über Erfahrungen von körperlich Behinderten, in: Journal für Sozialforschung 21, 1981, Heft 4, S.460-467.

Quelle:

Christine Petioky / Kurt Schneider: Sexualität und Behinderung

Erschienen in: Forster, Rudolf/ Schönwiese, Volker (Hrsg.): BEHINDERTENALLTAG - wie man behindert wird, Jugend und Volk, Wien 1982, S. 57 - 68

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 01.03.2005

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