Die Musik beginnt im Menschen

Gedanken zu einer Musikerziehung im Sinne Carl Orffs

Autor:in - Ulrike E. Jungmair
Themenbereiche: Vorschulischer Bereich
Textsorte: Referat
Releaseinfo: Erschienen in: Mit Kindern auf dem Weg II. Referate zu NÖ Kindergartensymposien, NÖ Schriften 103/Dokumentation, Neulengbach, Oktober 1997, ISBN 3-85006-095-0
Copyright: © Ulrike E. Jungmair 1997

Einleitung

Mit diesen Worten leitet Carl Orff eine Veröffentlichung aus dem Jahre 1932 ein. Aus heutiger Sicht erscheint ein solcher Satz programmatisch. Den damals siebenunddreißigen Musiker Orff befähigten zu solchen Aussagen pädagogische Erfahrungen als Musiklehrer, Einsichten als Komponist und Theaterdirigent. Carl Orff, ein Künstler, der als Unterrichtender immer auch Lernender sein wollte, eine musikalische Urbegabung, der jede Art von Musizieren, Komponieren und Improvisieren geläufig war; ein genialer Autodidakt, den ausgedehnte Studien und ein stupendes Einfühlungsvermögen für Zeit und Umstände befähigten, eine fundamentale neue Pädagogik des Musikunterrichts zu kreieren.

In den Jahren 1975-1983 verfaßte Orff zusammen mit Werner Thomas eine achtbändige Dokumentationsreihe "Carl Orff und sein Werk". Sie gibt einen umfassenden Einblick in den Werdegang des Künstlers, zeigt Hintergründe und Einflüsse für das kompositorische Werk auf, gibt eine Einführung in sein zusammen mit Gunild Keetman entwickeltes pädagogisches Konzept einer Elementaren Musik- und Bewegungserziehung.

Im ersten Teil dieser Reihe stellt sich Orff in seiner "Erinnerung" als musikalisch-theatralische Urbegabung vor. Es kann wohl nicht ganz von der Hand gewiesen werden, daß Orff die Darstellung seiner Erinnerungen auch dazu benützte, dem Leser etwas von der elementaren Urbegabung eines jeden Kleinkindes, des Menschen ganz allgemein in seinem vorbewußten Zustand vor Augen zu führen. Nicht zu übersehen ist bei einzelnen Passagen die hintergründige Absicht, auf Grundsätzliches seiner pädagogischen Ideen einer Elementaren Musik- und Bewegungserziehung hinzuweisen. Orff macht dem Leser wirklich manches von den elementaren Fähigkeiten und Fertigkeiten anschaulich, wie sie für alle durchschnittlich begabten Kinder typisch sind.

Wie den meisten Kindern gefiel auch Orff als Kind jenes Spielzeug, mit dem rhythmischer Lärm erzeugt werden konnte. Er machte sich an das Klavier heran und begann darauf zu spielen, mit beiden Händen suchte er Klänge zusammen, die er laut oder leise immer und immer wiederholte, er "singelte" wie er es nannte, sprach Reime aus seinem Bilderbuch, erzählte als Dreijähriger "Trommelgeschichten" und sang dazu Trommelreime mit eigener Melodie. Der berühmte Kasperl am Münchener Oktoberfest regte den Vierjährigen zu ersten szenischen Improvisationen an; um das Improvisieren ging es auch, als die Mutter dem Fünfjährigen den ersten Klavierunterricht erteilte.

Phantasieren, Improvisieren, Imaginieren - sich selbst, Zuhörern oder Zuschauern Erfundenes, Entdecktes in Klang und Ton, Wort und Spiel bildlich vor Augen zu führen, gehörten zu den Urbegabungen des Knaben.

Später, der kindlichen Intuitionswelt entwachsen, sah sich der jugendliche Orff einer auf ihn einstürmenden Vielfalt der Eindrücke ausgesetzt. Auf der Suche nach immer Neuem experimentierte er nahezu bedenkenlos mit allem, was ihm im Augenblick gefiel, ihn emotionierte, faszinierte oder herausforderte. In der Bewältigung aller gängigen Kunstrichtungen, Stilarten und Zeitmoden, durch zielgerichtetes Verstehen und Aufarbeiten glaubte er den Weg zu seiner Musik zu finden. Ihm Fremdes hatte er zu Eigenem erklärt, Eigenes mit Fremdem vermischt, Eigenes zu Fremdem verfälscht, im vergeblichen Bemühen, dadurch Eigenstes zu gewinnen. Bis die Schiffbrüche schließlich beängstigende Ausmaße angenommen hatten und er am Ende aller Musik zu stehen glaubte. Er hatte übersehen, daß aus dem freien Produzieren aus sich heraus, aus einem anscheinend unerschöpflichen inneren Vorrat, wie er ihn aus seiner Knabenzeit kannte, längst nur mehr ein gekonntes, reflektiertes und reflektierendes Denken, Handeln und Konstruieren geworden war. Sein Talent, sein Können, Anpassungsgeschick und technische Perfektion verdeckten über weite Strecken, daß ihm der Boden unter den Füßen längst entzogen war. Er mußte erkennen, daß willentliche Aktivitäten, auf bestimmte Ziele gerichtetes Denken und bewußte Auseinandersetzung mit Erlebnissen und Vorbildern keine künstlerische Erfüllung verschafften.

Nur eine radikale Umkehr konnte ihn von diesem "Irrweg" befreien. In der Rückschau auf diese Zeit formulierte der alte Orff: "So begann ich wieder einmal bei mir selbst,..."

Anregungen aus der bildenden Kunst, auch Einsichten in die "Kunst der Primitiven" und schließlich Texte von Franz Werfel leiteten u.a. die entscheidende Wende im Leben des Künstlers ein. An ihnen vollzog sich die entscheidende Phase in Orffs Stilfindung. Dem jungen Orff erschienen Werfels Gedichte als eine Art Proklamation des schöpferischen Menschen. Das Gedicht "Lächeln, Atmen, Schreiten" endet mit einer für Orff programmatischen Verheißung: "Die Welt fängt im Menschen an". Den Leitsatz dieses Gedichtes machte Orff in Abwandlung zum eigenen Leitsatz: "Die Musik fängt im Menschen an".

Jahre später - im Jahre 1932 - führte Orff diesen Leitsatz weiter aus: "Die Musik fängt im Menschen an, und so die Unterweisung. Nicht am Instrument, nicht mit dem ersten Finger oder mit der ersten Lage, oder mit diesem oder jenem Akkord. Das Erste ist die eigene Stille, das In-sich-Horchen, das Bereit-Sein für die Musik, das Hören auf den eigenen Herzschlag oder Atem. So grundlegend sollte das Hinführen zur Musik beginnen, so allgemein, so umfassend, so von innen heraus, für Kinder wie für die Großen,.... Es sei, um alle Mißverständnisse von vornherein auszuschließen, betont, daß hier von keiner musikalischen Fachbildung gesprochen wird, sondern von den Gegebenheiten und der grundlegenden Stufe, die dem eigentlichen Musikunterricht und aller Musikübung vorausgehen sollte, von der Vorbereitung, dem Weg zur Musik, und der ersten Rodung, die für jeden Menschen, dem Musik etwas bedeuten soll, gleich wichtig ist." (C. Orff: Gedanken über die Musik mit Kindern und Laien. Die Musik-Zeitschrift, 24.Jg. 1932) Immer wieder betonte Orff auch, es ginge nicht um Musikerziehung allein, sondern um "Menschenbildung".

Diese Sätze haben nichts von ihrer Aktualität verloren. Ganz im Gegenteil, mehr denn je haben sie an Bedeutung gewonnen. Carl Orff bezeichnete seine Ideen als "zeitlos" und jenseits aller Mode als "gültige Phänomene": Er beobachtete Kinder, wie sie unbewußt, sich ihres Tuns also nicht bewußt, spielend vor sich hin singen; er beobachtete ihr Erkunden und Erforschen der Welt um sie, wie sie Gegenstände ertasten, sie mit Händen greifen, begreifen und das, was begriffen ist, als Begriff aufnehmen; wie Kinder klopfen, schlagen, und vor allem Klang, Geräusch auch Lärm genießen. Freudig erregt "musiziert" bereits jedes Kleinkind auf eine ursprüngliche Art aus sich selbst heraus. Das rhythmisch bewegte Kind "musiziert" mit allem ihm Greifbaren auf individuelle Art und unter Einsatz seiner ganzen Körperlichkeit, schnaufend, krähend, schreiend, trällernd aus sich heraus.

Den Grundrhythmus zur "Musik" des Kindes schlägt sein Herz. Wer als Erwachsener einmal den eigenen Herzton gehört hat, den man heute mittels technischer Geräte überlaut hörbar werden lassen kann, ist unwillkürlich ergriffen von dem gewaltigen rhythmischen Rauschen und Tönen, das, von ihm selbst unbemerkt und nur als Herzschlag und Puls sehr unvollkommen wahrgenommen werden kann, seinen Körper lebenslang durchströmt, bewegt und bestimmt; nicht nur den Grundrhythmus seines Körpers und seiner Seele bestimmt, auch die Grundstimmung seines Lebens.

So gesehen ist der Mensch mit einem natürlichen, vom Körperlich-Seelischen her gestimmten Instrumentarium begabt, das es ihm ermöglicht, ohne konstruierte Instrumente zu musizieren. Gebärde, Geste und Bewegung werden zu Klanggesten - wie das Klatschen, Patschen, Stampfen - also zu Instrumenten unseres Körpers. Sie sind erste elementare körperlich-klangliche Äußerungsmöglichkeiten.

Für die direkte Übertragung solcher körperlich-seelischen Impulse hat Orff Instrumente gesammelt und entwickelt. Ihre leichte Spielweise ermöglicht ein Musizieren aus dem Körper heraus. So gesehen werden Instrumente zu "verlängerten Ausdrucksorganen", sie induzieren von sich aus das Experimentieren und Improvisieren, sie antworten dem "elementaren Anruf" sofort.

Wie die verwendeten Instrumente zu verlängerten Ausdrucksorganen werden, wird beim Tanz der Körper zum Ausdrucksorgan für innere Bewegung. In solchem Zusammenhang ist Tanz nicht zuerst als Darstellung tradierter Formen zu sehen, sondern er erwächst aus innerer Bewegung und ihrem natürlich zugeordneten Körperrhythmus.

Die "Sprache", der ursprüngliche Sprachausdruck, ist dann ein etwas wie aus der "Stimmung" des Herzens und Körpers kommender lautmotorischer Vollzug. Eine von Laut, Lautbildung und Tönen begleitete Bewegung, nicht "Sprache" im Allgemeinverständnis als Vermittlung von Informationen oder vom Denken her geformter Begriffe. Solch menschliche Urmusik kommt "aus dem Herzen", und zwar "aus dem ganzen Herzen" oder "von Herzen" wie es sprichwörtlich noch heißt.. Auch für alle spätere Kunstausübung bleibt gültig: Kommt sie bei aller Perfektion und allem könnerischen Aufwand nicht auch "aus ganzem Herzen", sie wird immer unvollkommen bleiben.

Jeder von uns hat diese Beobachtungen gemacht. Orff berechtigten sie zu der Aussage: "Die Musik fängt im Menschen an", mit der Folgerung: auch der Musikunterricht hat im Menschen zu beginnen.

Ein also von seinem inneren Rhythmus bestimmter musizierender Mensch ist nach Carl Orffs Verständnis ein elementar bewegter Mensch. Zu diesem so gründlich mißverstandenen und noch mehr mißdeuteten Begriff "elementar" einige Bemerkungen, vor allem deshalb weil für mich gerade durch diesen Begriff das Unikale der Musik- und Tanzerziehung im Sinne Orffs charakterisiert erscheint. Deshalb einige Bemerkungen dazu: Der Ausdruck 'Element' hängt mit dem heute antiquierten Vokabel 'Elan' zusammen. Jemand trägt ein Gedicht "mit großem Elan" vor. Elan kommt vom griechischen 'ela-ynein', das man mit: "aus sich hervorbringen" im Sinne von wurzelhaftem Hervortreiben übersetzen kann. In Verbindung mit elementarem Musizieren ist das "Elementare im Menschen" in der ursprünglichen Wortbedeutung als das aus sich selbst Tätige, das aus sich Wirkende, sich selbst Organisierende, als das sich selbst setzende Ereignis, als Vorgang, als Prozeß des Hervorbringens zu bezeichnen. Es geht um die spielende und übende Einbindung des Einzelnen in den permanenten Vorgang des Hervorbringens, durch Kenntnis von Material und Technik frei und befähigt zu sein, dem, was er hervorbringt, Gestalt geben zu können. (vgl. dazu: Jungmair, 1992, 133-136)

Eine Geschichte vom kleinen Vogel im Peko-Neko-Wald

Den innersten Zusammenhang der hier vorgestellten Grundgedanken möchte ich durch ein Bildgleichnis, eine Bilderbuchgeschichte, verdeutlichen. Es ist die Fabel vom kleinen Vogel im Peko-Neko-Wald, erzählt und illustriert von Fernando und Maria de la Luz Krahn, aus dem Englischen übersetzt von Achim Bröger.

Ich gebe sie in Kurzform wieder, wichtigere Passagen im Wortlaut:

Im urwaldartigen Peko-Neko-Wald sieht sich ein noch im Ei vom Himmel gefallener kleiner Vogel inmitten von allerlei Getier als Unikat: "Er wußte nicht wer er war, er kannte seinen Namen nicht." Da machte er sich auf den Weg und fragte ringsum die Natur und die Tiere, wer er nun eigentlich sei, zuerst die Steine, dann eine Hyäne und ein Faultier. "Bitte, wißt ihr wer ich bin?" Einige der befragten Geschöpfe wichen ängstlich vor ihm zurück, sagten kein Wort, andere wie der Elefant, waren freundlicher und trugen ihn ein Stück durch den Wald. Eine Eidechse meinte: "Ganz klar, du bist ein Indianer, du hast Federn und läufst auf zwei Beinen. Du bist ein Indianer und nichts anderes!" Der Libelle fehlten zum Indianer eindeutig Pfeil und Bogen, doch sie führte den Peko-Neko-Vogel zu einem ihm angeblich ähnlichen Tier in einer Höhle hoch oben in den Felsen, das wisse fast alles. Ängstlich tastete sich das Vögelchen im Höhlendunkel vor, bis zwei böse Augen ihm entgegenfunkelten. Es nahm seinen ganzen Mut zusammen und fragte:

"Wer bist du... nein... wer bin ich?" "Das wirst du gleich wissen", pfauchte das zornige Ungeheuer aus dem Dunkeln, "Ich bin der, der dich hinauswirft. Und du bist der, der den Felsen hinunterstürzt." Schwupps, fand sich das Ich-suchende Vögelchen an die Luft gesetzt über dem Abgrund und merkte nur, wie es aus großer Höhe in die Tiefe stürzte. "Wirklich, ich stürze", dachte der Vogel im Fallen. "Ich bin der, der stürzt. Das ist das Erste, was ich erfahre." "He, du, was machst du da?" hörte er plötzlich Stimmen, als er immer schneller in die Tiefe sauste. "Du hast Flügel, breite sie aus, dreh dich herum, zieh deine Beine an, flieg, Vogel, flieg! Flieg mit uns!" riefen sie ihm zu. Der Vogel befolgte schließlich, was ihm seine Artgenossen zuriefen. Und siehe: er flog - und plötzlich wußte er auch wer er war: "Ich bin ein Vogel, wie andere Vögel, ich kann fliegen wie sie."

Es ist anzunehmen, daß der Autor der Geschichte mit dem Peko-Neko-Vogel ein intellektuelles Ich-fixiertes Wesen ins Bild bringen wollte, das in den Urwald "Welt" hineingeboren ist. Es lebt in ihr, ohne diese Welt näher in Augenschein zu nehmen, sich mit ihr auseinanderzusetzen oder in ihr tätig zu werden - der Vogel auf Ich-Suche läßt sich gerne von Ort zu Ort tragen - nur damit beschäftigt, jeden X-beliebigen stereotyp zu fragen: "Wer bin ich?" Diese Ich-Fixation macht den Vogel aus dem Peko-Neko-Wald nicht nur blind für alles um ihn, sie macht ihn auch blind in bezug auf sein Selbst.

Erst als ein vom Bewußtseinsfelsen in die Tiefe stürzendes, kommt das intellektuelle Vogelgeschöpf in die Lage, etwas von sich zu erfahren: "Ich bin der, der stürzt. Das ist das Erste, was ich erfahre." In die Tiefe stürzend, hört der symbolische Vogel auch Stimmen: "He, du, was machst du da?" Er macht nichts, vielmehr geschah ihm etwas. Wir dürfen vermuten, daß es dann i n n e r e und nicht fremde Stimmen waren, die ihn auf etwas aufmerksam machten, was er - ohne bisher darauf zu achten - bereits von sich aus besaß, um sich selbst helfen zu können: "Du hast Flügel..."; die ihm dann auch rieten, was er mit diesen Flügeln tun müsse, um seinen Sturz zu bremsen:"...breite sie aus, dreh dich herum, zieh deine Beine an..."; die ihm schließlich auch verrieten, wer er war:"...flieg,Vogel,flieg!". Erst jetzt konnte er die Frage: "Wer bin ich?" selbst beantworten: er war ein Vogel.

Zu diesem "Wunder der Selbstfindung" hatte dem Symboltier die Berührung mit dem Element, "seinem" Element Luft, insgesamt das Eintauchen in "das Elementare" verholfen. Schon die Berührung mit dem Element vermittelte ihm Erfahrung, das Versinken im Element belehrte ihn über den rechten Gebrauch seiner Fähigkeiten und Fertigkeiten, ohne daß er darüber hätte nachdenken müssen. Sobald er fühlte, daß das Element ihn trug, hörte jede Frage nach dem Ich auf. Indem er seine Flügel ausbreitete, seine Beine anzog, sich in die Waagrechte, in die Fluglage brachte, vollzog der Vogel etwas, das in ihm bereits in seinem vorgeburtlichen Leben als kollektive Erfahrung und Erwerbnis seiner Art vorgebildet war; was er durch Einübungen vor seinem Flüggewerden schon in sich ausgebildet hatte.

Die Begegnung des Vogels im Felsenloch verwandelt ihn in ein ins "Unbewußte" stürzendes Geschöpf. Während des Falles " geschieht" dem Ich sein Selbst. Als ein aus der Bewußtheit stürzendes Individuum erfährt er jetzt auch etwas über seine Möglichkeiten mit der Situation fertig zu werden. Er kann seine Fertigkeiten, sein Können einsetzen und wirken, erst jetzt verwirklicht sich sein "Selbst", zu einem Geschöpf mit einer, nur ihm als einer bestimmten Artengruppe zugehörigen, mit einer nur ihm von Natur aus gegebenen Bewegungsart.

Der Irrweg des Vogels mit seiner Frage "Wer bin ich?" ist streckenweise der Irrweg eines jeden Menschen, der willentlich nach seiner Identität sucht, es ist ein historischer Irrweg, ein Irrweg ganzer Zeitepochen und Generationen, ein Irrweg, den wir alle notwendigerweise einmal für kürzer oder länger begangen haben, auf dem wir uns immer wieder befinden, ein Weg, auf dem sich die Menschheit im Atomzeitalter geschlossener denn je fortbewegt. Heute ist es kein Weg mehr, eher eine vielspurige Autobahn, die völlig eben und ohne Kurven direkt in das fiktive computergesteuerte Schlaraffenland führt; inzwischen sind auch Projekte wie "Future-kids-Kinder" - Vierjährige in Computerkursen - keine Vision mehr.

Auf jede praktische Bewährung in der Welt, auf jede handelnde Auseinandersetzung mit ihr verzichtend, fragen wir theoretisch nach unserem Ich, nach dem Sinn des Lebens, rätseln wir oft ein Leben lang nach unserer Identität, streben wir vergeblich nach Selbstverwirklichung.

Vergegenwärtigen wir uns nochmals die Situation des stürzenden Vogels: Der Schock des Stürzens in sein Element verhalf ihm zur "elementaren Bewegung". Anders ausgedrückt: Es ist allgemein bekannt, daß man es bei den Instinkten der Tiere mit einer Art überindividueller Erinnerung zu tun hat. Schon der niemals in einem Vogelleben erlernbare, überaus komplizierte und je nach Art völlig unterschiedliche Nestbau belegt dieses durch die Kette von Vorfahren eingeübte, vielfach variierbare, gespeicherte überindividuelle Gedächtnis des Einzeltieres.

Ähnliches, jedoch um einiges komplizierter, beim Menschen. Auch der Mensch nimmt nach C.G.Jung und der Einsicht der Evolutionsforscher am kollektiven Unbewußten seiner Art teil und lebt sein Leben nach Inhalten und Erfahrungen, die ihm bereits im vorgeburtlichen Zutand eigen sind.

Im Erinnerungskapitel "Späte Gedanken" schreibt C.G.Jung: "Die Psyche des Kindes in ihrem vorbewußten Zustand ist nichts weniger als tabula rasa; sie ist allbereits erkennbar und individuell praeformiert und darüber hinaus mit allen spezifisch menschlichen Instinkten ausgerüstet, so auch mit den apriorischen Grundlagen höherer Funktionen.

Auf dieser komplizierten Basis entsteht das Ich und wird von ihr durch das ganze Leben getragen." (C.G.Jung in Jaffe <Hrsg.>, 1986, S. 351) Seele, Geist und Intellekt jedes einzelnen stehen also in einem weiter von uns nicht artikulierbaren, überindividuellen, genetischen Zusammenhang mit einer Kette von Generationen vor ihm.

Wie kommt nun der Mensch in sein Element? Wie kommt er durch all die Verflechtungen, in denen er sich als ein mit analysierendem Bewußtsein begabtes Individuum eingesponnen sieht, zu einem ihm Ursprünglichen, zu der in ihm liegenden "elementaren" Bewegung, zu seinem Eigenrhythmus? Wie entdeckt der Mensch seine in ihm liegenden kreativen Fähigkeiten? Wie kommt er zu seiner Musik? Kann er das überhaupt vom Bewußtsein her? Gleicht er nicht immer wieder jenem im Wald umherirrenden fragenden Vogel?

Einen entscheidenden Beitrag zur Beantwortung dieser zentralen Frage leistet für uns Pädagogen, wie ich meine, Rudolf Lassahn. In seiner 1983 erschienenen Pädagogischen Anthropologie legt Lassahn dar, wie fast alle Lerntheorien bis zum heutigen Tag auf der Annahme fußen, daß der menschliche Organismus erst auf Reize aus der Außenwelt reagiere. Die Sinnessysteme gäben Wahrnehmungen unverändert an das Bewußtsein weiter, so heißt es, und von ihm erst empfange der Mensch richtige Informationen. In Wirklichkeit jedoch, so schreibt Lassahn, wählt der Organismus selbst aus, er ist von sich aus aktiv, filtert, faßt zusammen und stellt Verbindungen her.

Aktivität und Spontanität sind als konstitutives Merkmal aller Nervenzellen anzusehen, Ruhelosigkeit ist für jeden Organismus signifikant.

Nicht-Anpassung zuerst an Umwelt und Natur ist für den Menschen kennzeichnend, sondern deren Überwindung. In einem immerwährenden Prozeß der Selbsterneuerung und Selbstorganisation drängt die Menschennatur von sich aus nach ständiger Veränderung. Der Mensch, eine leib-seelisch-geistige Einheit, befindet sich in einem ständigen Wechsel. Als geistbegabter Organismus begegnet er einer Umwelt, die durch die Evolution und zusätzlich durch den Menschen selbst, ständiger Veränderung und Verwandlung unterworfen ist. Beide - Mensch und Umwelt - sind instabile Faktoren. Diese instabile Situation, der Zustand permanenter Unsicherheit, erregt im Menschen zwangsweise Aufmerksamkeit, führt zu einem Suchverhalten, löst in ihm einen dauernden Lernprozeß aus. Und es sind ausschließlich die instabilen Situationen, die Phasen des Ungleichgewichts, die Erschütterung von Selbstverständlichkeiten, die solches Suchverhalten, Aktivität und Spontanität einleiten. Nur in solcher Instabilität liege die Chance für spontan hervorgebrachte, also für die schöpferische Leistung, meint Lassahn.

Pädagogen wie Psychologen haben das Phänomen der Instabilität auf ihre Art beschrieben: Montessori beobachtete die sensiblen Phasen des Kindes als Perioden besonderer Erregbarkeit und bezeichnete sie als Polarisation der Aufmerksamkeit. Für Friedrich Copei sind solche Augenblicke fruchtbare Momente im Unterrichtsprozeß, Dewey baut seine Lerntheorie auf der Erschütterung von Selbstverständlichkeiten auf. Jean Piaget sieht in der Störung der Äquilibration die Ursache für Entwicklung und Fortschritt, die Ursache für strukturierendes Lernen. Otto Friedrich Bollnow beschreibt das Ausgesetztsein zwischen Können und Nicht-Können als Bereitschaft, sich instabilen Situationen auszusetzen.

Gegen alle bisherigen Theorien von Lernen und Leistung, Üben und Trainieren, ist nicht zuerst das sichere Wissen, sind nicht klare Ordnungsvorstellungen, nicht das verstandesmäßig Angeeignete, das Stabile, Fixierte, übersichtliche Lehranweisungen und Beispiele Ausgangspunkt für die einmalige individuelle Leistung, für die schöpferischen Ereignisse im menschlichen Leben. Es ist vielmehr der Zustand des Instabilen, noch nicht Fixierten, der in ihm jenes Suchverhalten auslöst, das ihn auf seinen Weg bringt, den es sonst nicht gibt, ihm für Augenblicke zu sich selbst verhilft, zu seiner elementaren Bewegung, zum Eigenrhythmus, ihm den Anstoß gibt, kraft seiner Fertigkeiten mit der Situation fertig zu werden.

Ein Beispiel aus der Unterrichtspraxis

Um das hier Ausgeführte zu illustrieren, möchte ich ein Beispiel aus meiner Unterrichtspraxis anführen.

Ein erfundener Nonsensvers sollte von der Gruppe in Bewegung umgesetzt, der entstandene Sprachrhythmus auch auf verschiedene Instrumente übertragen werden. Die einzelnen Lösungen wurden dann jeweils der ganzen Gruppe vorgestellt. Eine der Gruppen waren Marin, ein Bulgare, Ching Yang, ein Taiwanese, und die Japanerin Reiko. Marin an den Pauken setzte mit dem Ostinato ein:ESO KALA, ESO KALA... Ching Yang spielte eine Melodie am Xylophon, der der Rhythmus des Nonsensverses zugrundelag. Reiko, mit Kastagnetten in den Händen etwas abseits stehend, wartete ab. Für mich unerwartet begann sie sich jedoch auf einmal mit kleinen Schritten auf die beiden Spieler zuzubewegen und setzte die Kastagnet ten akzentuierend ein. Die Schritte, anfangs zögernd vorsichtig, unsicher, wurden wiegender, weicher;allmählich fand sie zu Bewegungsmotiven, abgerundet, harmonisch, gekonnt. Ihr Gesichtsausdruck schien jetzt gelöst, die Bewegungen von einem verlebendigten Rhythmus getragen. Er rundete ihre Bewegungen wie von innen her ab. Die Ausstrahlung des ganzen Persönchens beeindruckte die zuschauende Gruppe. Fasziniert folgte man Reikos Bewegungen. Sie drehte sich schwingend, ließ sich in den Schritt fallen, fing den Schwung auf, nahm ihn in die Drehung mit, immer eins, in vollem Einklang mit dem Instrument, Akzente setzend, und eins mit den beiden Spielern. Dann fand sie zu einer Schlußverbeugung, etwas ironisch lächelnd, doch strahlend, auch ein wenig so, als ob sie aus weiter Ferne zurückkäme.

Reiko mischte sich unter die zuschauende Gruppe, meinte einer Studentin gegenüber, daß sie eigentlich nicht hatte tanzen wollen, die Gruppe hätte das auch nicht vereinbart; doch sie hätte einfach nicht gewußt, wohin sie sich stellen sollte, und während sie näherkam, habe sie dann einfach zu tanzen begonnen. Ohne daß Reiko es gewollt hatte, ohne daß sie sich dessen bewußt geworden oder willentlich darauf vorbereitet hatte, mit sich ratlos, wohin sie im Ganzen gehörte, unvermittelt dann diese elementare Situation.

Die Gruppe verlangte lautstark eine Zugabe, nach einer Wiederholung. Reiko nahm den Platz wieder ein und versuchte es noch einmal.

Doch überraschenderweise fand sie jetzt den Schritt nicht mehr. Es waren wohl dieselben Bewegungselemente, Schritt-Schwung- Drehung zurück, doch fehlten jetzt Sicherheit und Anmut, der runde harmonische wie selbstverständliche Gestus von vorhin, das ausstrahlende Wesen. Irgendetwas stimmte nicht mehr. Einmal bewußt gemacht, wollte das intuitiv Gefundene nicht mehr gelingen.

Am Ende unserer Betrachtung stoßen wir an eine Wand: dem aus einer elementaren Situation heraus schöpferisch gewordenen Menschen gelingt es nicht, Bewegung, Ausdruck oder Aussage, die wie aus heiterem Himmel auf ihn einstürzten, ein zweites mal in ähnlicher Vollendung zu wiederholen. Vergeblich versucht er jenen für ihn erlösenden elementaren Augenblick, der ihn schöpferisch werden ließ, von sich aus zu planen, zu veranstalten, willentlich auszulösen. Wir fragen nach der Ursache des Versagens. Warum läßt sich das Einmalige nicht wiederholen? War alles ein Zufall? Gibt es einen Weg? Welchen?

Der Tanz der kleinen Japanerin, ihr aus dem Augenblick geborenes freies Handeln aus innerstem Antrieb in nie erträumter Vollendung kam nicht von ungefähr. Manche Übungen, Vorbereitungen, Plan, Absprachen waren ihm vorausgegangen. Doch hatten sie Reiko nicht zum Tanz bewogen. Wären die Übungen direkte Ursache für den Tanz gewesen, ihr hätte es mühelos gelingen müssen, ihn in gleicher Vollendung zu wiederholen. Ihr aber geschah vielmehr etwas, das sich unabhängig, losgelöst von vorangegangenen Bemühungen ergeben hatte. Und doch waren gerade Übungen, Vorbereitungen, Aufgaben in unendlichen Varianten, in denen wir uns einer Musik aus der Bewegung zu nähern versuchten, die Vorbedingung für Reikos elementare Situation.

Wie ist das zu verstehen? Individuelles Können, schöpferische Leistung, der ganze Bereich des sogenannten Kreativen sollen letztlich weder willentlich noch spontan erreichbar, weder machbar noch organisierbar sein? Andererseits: der schöpferische Weg ist nur begehbar, wenn für ihn geplant, geübt, gelernt, vorbereitet und immer wieder geübt wird?

Diesen immerwährenden Widerspruch zu klären, halfen mir immer wieder neben Carl Orffs pädagogischen Ideen und Lebensbekenntnissen u.a. Arnold Gehlens Anthropologische Forschungen. Gehlen schildert, wie das Kind über gegenständliches Begreifen allmählich Fertigkeiten entwickelt. Über das Greifen begreift es, kommt es zu Begriffen, d.h. es kann allmählich Laute, Gesten, Symbole, Worte, Satzteile und Sätze an die Stelle seiner körperlich-sinnlichen Erfahrungen setzen. Sein bereits pränatal erworbener Körper- und Lebensrhythmus kommt zu immer deutlicherer individueller Entfaltung. Das Kind kommt in die ihm gemäße rhythmische Ordnung, es eignet sich allmählich Bildgehalte als Wissen an. Diesen Vorgang - von der körperlich-sinnlichen Erfahrung zum Symbol, zum Begriff - nennt Gehlen "sich hinaufüben". Durch dieses Hinaufüben stehen dem Heranwachsenden bald eine Anzahl Kürzel zur Verfügung. Mit ihrer Hilfe gelingt es ihm, größere Zusammenhänge zu überschauen, auf individuelle Art für sich zu erkennen.

Beim Erwachsenen führt hingegen die totale Entlastung von der körperlichen Erfahrung mit dem Gegenständlichen, erst recht die bedenkenlose Übernahme künstlicher Wort-, Zahl- oder Satzkürzel hingegen zu totaler Mechanisierung und Intellektualisierung des Lebens. Dazu Gehlen: Die eindeutig bekannte, überraschungslose Welt des heutigen Erwachsenen,... ist bloß die Erscheinungsweise einer völlig beherrschten Welt, in der man nur noch auf die wichtigsten Wahrnehmungen - im Umkreis der Tagesarbeit - eingeht, und das nur in wenigen geübtesten Bewegungen, die schon als natürlich erscheinen und die eine Unendlichkeit ungeborener Leistungen, ungeahnter Eindrücke und ungelebter Gesundheiten verdecken.

Es stellt sich die Frage, ob eine Wiederbegegnung des Erwachsenen, des frühzeitig verbildeten Menschen, auch des oft schon sekundär reagierenden Kindes mit der Welt des Elementaren überhaupt möglich ist?

Jemanden wie den Peko-Neko-Vogel durch Einsicht zu sich selbst zu bringen, erscheint nahezu unmöglich. Schockierende Erlebnisse, die Lösung bringen, wie jene des Peko-Neko-Vogels auf dem Felsen, sind Ausnahmesituationen; zu fixieren, beim Unterricht einzuplanen, sind solche Ereignisse nicht. (Wenngleich ich gestehen muß, daß ich mich in manchen Unterrichtssituationen, speziell dann, wenn es um Improvisation und um die eigene Lösung geht, als jenes Geschöpf verstehe, das zum "eigenen Flügelschlagen" den Anstoß gibt.)

Wie mir Arnold Gehlen mit seiner Vorstellung vom Heraufüben des Kindes zu seiner Welt einen passenden Terminus für den einen Teil unserer Aufgabe gefunden zu haben scheint, trifft sein Ausdruck vom Herabüben, den ich in seinen Schriften fand, den Kernpunkt der pädagogischen Aufgabe. "Die Grundsätze und Grundentschlüsse unserer bewußten Lebenserfahrung" , heißt es in seiner Anthropologischen Forschung, "müssen der Beeinflußbarkeit der Oberfläche des Bewußtseins entzogen und in die Sicherheit desjenigen Bereichs herabgeübt werden, von dem aus wir leben: den Bereich ausgelesenen... sozusagen 'geladenen' Könnens..." (Gehlen: 1961, S.37).

Als Hauptangelpunkt für ein solches Herabüben ist der bei den meisten Erwachsenen noch wache Spieltrieb anzusehen. Der Spieltrieb, lebenslang im Menschen als potentielle Kraft bereitliegend, führt zu geduldigem Tun. Wiederholtes geduldiges Tun ist Üben: Hinauf- und Herabüben. Hinaufüben, dem bewußten Tun entgegen, herabüben von der Oberfläche des Bewußtseins zu dem im Menschen liegenden meist ungeahnten Potential geladenen Könnens und Bereitseins.

Jeder von uns ist jeweils Hinauf- und Herabübender zugleich, ein sinnlich-seelisches und elementar-geistiges Geschöpf, pulsierend zwischen dem tiefsten Unbewußten und der höchsten bewußten Tat. Dazwischenliegend jene elementaren Situationen, die uns freies schöpferisches Tun ermöglichen. Im menschlichen Spieltrieb verborgen liegen die Wurzeln des einen und des anderen. Und die Übung ist der Weg - und zwar der einzige Weg - auf dem der Mensch durch eigene Anstrengung zur inneren Freiheit gelangen kann.

Vielleicht ist es wie beim Schwimmenlernen. Geht es hiebei doch auch zuerst um ein Vertrautwerden mit dem Element Wasser, um das "Eintauchen", Sich-Einlassen mit ihm, ein mit dem Wasser "Fertig-Werden" noch vor allem Schwimmen. "Sich-Einlassen" mit diesem Element bedeutet einmal, sich ganz und gar vom Wasser umfangen zu lassen, zum anderen, sich auf ein körperliches hin-und wiedergehendes Spiel einzulassen. Es ist ein "Auf-etwas-Einlassen": Ein Vertrautwerden mit der Kühle, die nach dem Herzen greift, den Atem nimmt, das Auf- und Abwogen und einmal muß man auch empfunden haben, daß das Wasser trägt. Erst nach solchem "Einspielen" müßte der eigentliche Schwimmunterricht beginnen. Vielleicht wagen dann einzelne von selbst den "Sprung" in "ihr Element", in ihre eigenschöpferischen Möglichkeiten.

Auch im Bereich des Musizierens geht es zu allererst um ein organhaftes Vertraut-Werden, ein "Sich-Einlassen", mit den Elementen, mit dem Instrument, mit dem Klang, mit der eigenen Bewegung, mit der Stimme. Die Erregung eines Sinnesorgans hat die Mitempfindung eines anderen zur Folge, führt letztlich zu einem funktionalen Zusammenwirken des ganzen Menschen in einer gekonnten Bewegung. Bewegung ist so gesehen keine Hinzufügung, also: auch noch Bewegung zur Musik, sondern sie ist der Schlüssel für ein "Sich-Einlassen" in einen Vorgang, einen Prozeß des Aus-sich-heraus Tätigwerdens am Instrument.

Die Rolle des Lehrers oder der Kindergärtnerin liegt damit vor allem in der Hilfestellung, den Spiel- und Bewegungstrieb auszulösen, dem Einzelnen das Vertrauen in seine Fähigkeiten zu vermitteln.

Bei solchem Unterrichten geht es um Hilfestellung beim Erspüren des aus sich selbst tätigen, hervorbringenden Ingeniums Mensch, beim Freisetzen seiner "könnerischen Instinkte"; Entdecken-Helfen der eigenen rhythmischen Fähigkeiten des ganzen Menschen (was immer man darunter verstehen mag). Förderung, - die zuerst schriftlose Förderung - des könnerisch-künstlerischen Menschen, seiner Bewegungs-, Musik- und Sprachbegabung; insgesamt die dem Menschen immanente Fähigkeit des "Aus-sich-Hervorbringens". Ich denke, das meint Carl Orff, wenn er sagt: Die Musik fängt im Menschen an."

Literatur:

Gehlen, Arnold: Anthropologische Forschung. Hamburg 1961

Jaffe, Aniela (Hrsg.): Erinnerungen, Träume, Gedanken von C.G.Jung. Freiburg im Breisgau, 1986

Jungmair Ulrike E.: Das Elementare. Zur Musik- und Bewegungserziehung im Sinne Carl Orffs. Mainz, 1992

Jungmair Ulrike: Von der Erfahrung des Elementaren in der Musik- und Tanzerziehung. In: Hochschule für Musik und Darstellende Kunst "Mozarteum" (Hrsg.): Symposion 1985. Eine Dokumentation. Salzburg 1985

de la Luz Krahn, Fernando und Maria: Der kleine Vogel im Peko-Neko Wald. Hannover 1974

Orff, Carl: Carl Orff und sein Werk. Dokumentation III, Schulwerk. Elementare Musik. Tutzing 1976

Orff, Carl: Gedanken über Musik mit Kindern und Laien. In: Die Musik. Zeitschrift. 24.Jg.

Quelle:

Ulrike E. Jungmair: Die Musik beginnt im Menschen - Gedanken zu einer Musikerziehung im Sinne Carl Orffs

Erschienen in: Mit Kindern auf dem Weg II. Referate zu NÖ Kindergartensymposien, NÖ Schriften 103/Dokumentation, Neulengbach, Oktober 1997, ISBN 3-85006-095-0

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 05.12.2005

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