"Es kitzelt in meinen Gedanken"

Zum Einsatz des Konzepts der "Persönlichen Zukunftsplanung" im Rahmen des Talente-Teilprojekts der Hamburger Arbeitsassistenz

Autor:in - Carolin Emrich
Themenbereiche: Kultur, Arbeitswelt
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: erschienen in: impulse, Nr. 44/2007, Seite 11-14. impulse (44/2007)
Copyright: © Carolin Emrich 2007

Persönliche Zukunftsplanung - was ist das?

Sich beruflich zu orientieren und zu qualifizieren mit dem Ziel, einen Arbeitsplatz zu finden, der zu einem passt, dabei Wahlmöglichkeiten zu haben und schließlich selbst zu bestimmen, wo bzw. was man arbeiten möchte - eine Herausforderung, bei der der Ansatz der "Persönlichen Zukunftsplanung" hilfreich sein kann.

Keineswegs zufällig also, dass ein Eckpunkt jeder Sequenz des Talente-Teilprojekts der Hamburger Arbeitsassistenz (siehe dazu den Artikel von Andrea Klüssendorf "Talente bei der Hamburger Arbeitsassistenz" in dieser Ausgabe) der Einsatz des Konzepts der "Persönlichen Zukunftsplanung" ist. Was aber ist "Persönliche Zukunftsplanung?" Hinter dem Begriff verbirgt sich ein in den USA und in Kanada Ende der 1980er Jahre entwickelter Ansatz zur kreativen und konstruktiven individuellen Lebens(stil)planung von Menschen mit und ohne Behinderungen. Das seit etwa 10 Jahren auch im deutschsprachigen Raum zunehmend bekannt gewordene Instrumentarium hilft, neue Wege der Planung mit Menschen mit und ohne Behinderungen zu beschreiten. Es ist dabei mehr als ein Konzept oder ein Denkansatz, im Besonderen eine Fundgrube praxisnaher Methoden, um konkret mit einer Person ihre individuelle Leben(stil)planung zu entwickeln und eine selbstbestimmte Lebenssituation mit der individuell notwendigen Unterstützung integriert in der Region zu gestalten. Im Mittelpunkt der Planung steht die jeweilige planende Person mit ihren Träumen, Wünschen und Zielen, aber auch mit ihren Stärken und Fähigkeiten. Um sie herum gruppiert sich ein Unterstützungskreis, der die Planung wie auch die Umsetzung der gesteckten Ziele begleitet.

Portraits zweier Zukunftsplanungsprozesse

Für einzelne junge Frauen bestand im Rahmen des Talente-Teilprojekts der Hamburger Arbeitsassistenz die Möglichkeit, eine Persönliche Zukunftsplanung für sich zu entwickeln. So zum Beispiel für Yasemin und für Anna-Lotta.

Yasemin ist eine quirlige, offene, fröhliche, sehr begeisterungsfähige, zugleich mutige junge Frau Anfang 20. Yasemin sagt klar, was ihr passt und was nicht. So hartnäckig und zielstrebig sie einerseits ist, so schwierig ist es doch auch für sie, eine Struktur aufzubauen. Vielleicht gerade auch deshalb, weil sie so Vieles spannend findet.

Yasemin hat früher die Sonderschule besucht. Beruflich hat sie schon Verschiedenes im Rahmen von Praktika erprobt: Mitarbeit im Service gastronomischer Betriebe, Regalpflege im Einzelhandel, Aktensortierung und Botengänge im Büro. Das passende Arbeitsfeld jedoch scheint der Bereich einer Spülküche zu sein. Hier kann Yasemin gut arbeiten, wenn sie ihrer Belastbarkeit entsprechend für 3 - 4 Stunden täglich eingesetzt wird, klare Strukturen hat und eng an die KollegInnen angebunden ist.

Bei einem ersten Vortreffen mit Yasemin, bei dem sie Näheres über Persönliche Zukunftsplanung und den Ablauf von Zukunftsplanungstreffen erfuhr, war sie sofort "Feuer und Flamme" und teilte mit, dass sie gerne eine Zukunftsplanung für sich entwickeln wolle. Es fiel ihr nicht schwer, Menschen zu benennen, die sie zur Planung einladen wollte: ihre Mutter, ihren Freund, einen Freund der Familie, außerdem ihre beiden ArbeitsassistentInnen sowie eine Mitarbeiterin des Talente-Projekts. Yasemin entschied, dass die Planungstreffen bei ihr zu Hause, im Wohnzimmer, stattfinden sollten. Sie sagte zu, Kuchen zu backen und bat ihre Gäste, zusätzlich noch ein paar Süßigkeiten mitzubringen. Offen hielt sich Yasemin noch das Planungsthema. Sie wollte sich bis zum ersten Planungstreffen überlegen, ob sie ihren Planungsschwerpunkt auf den Bereich "Wohnen" legen oder doch lieber eine Planung zur Frage "Wie geht es mit der Arbeitssituation weiter?" machen wolle. Ihre Vorfreude auf die bevorstehende Planung brachte Yasemin am Ende des Vortreffens zum Ausdruck als sie sagte: "Es kitzelt in meinen Gedanken".

Dem ersten Vortreffen folgten zwei Planungstreffen - jeweils ganz nach Yasemins Wunsch stets im Wohnzimmer ihrer gemeinsam mit der Mutter bewohnten Wohnung und mit den ausgesuchten Unterstützungspersonen. Yasemin, die einen Sinn für Schönes hat, nahm sich an den Tagen der Planung jeweils im Praktikumsbetrieb frei, um alles vorzubereiten: Kuchen zu backen, den Tisch zu decken und für eine schöne Atmosphäre zu sorgen.

Das im Vortreffen schon benannte "Kitzeln in den Gedanken" versprühte Yasemin auch an den Planungstreffen - sie war im positiven Sinne aufgeregt und begeistert davon, sich Gedanken über ihre Zukunft machen zu können, selbst im Mittelpunkt zu stehen und bei der Planung unterstützt zu werden von den Menschen, die ihr wichtig waren.

Yasemin plante für den Zeitraum eines Jahres und formulierte Ziele sowohl für den Bereich Arbeit als auch für ihre Wohnsituation bzw. ihre Freizeit:

  • ein Arbeitsplatz in Teilzeit an einer Bandspülmaschine in einer Kantinen-Küche

  • lernen, Tipps besser annehmen zu können

  • Auszug aus der gemeinsam mit der Mutter bewohnten Wohnung und Wohnungssuche gemeinsam mit ihrem Freund

  • eine Katze als Haustier

  • ein neuer Fernseher

  • ein Urlaub an der Ostsee gemeinsam mit ihrem Freund.

Für Yasemins Planung wurde das Planungsverfahren "PATH" genutzt. PATH ist ein auf eine Wandzeitung übertragenes "Pfeil"-Schema, in dessen erstem Schritt es um Yasemins Träume ging, im Anschluss dann ihre aktuelle Ist-Situation beschrieben wurde, Stärkungsmöglichkeiten erkundet, WeggefährtInnen auf dem Weg zum Ziel benannt und schließlich ihre Ziele so konkret wie möglich beschrieben und in kleinere Zwischenziele, bis hin zu ersten erforderlichen Schritten aufgegliedert wurden. So entstand ein Aktionsplan, der auch eine zeitliche Orientierung bietet (wer macht was bis wann?). Es fiel ihr leicht, sich gedanklich in die Zukunft zu versetzen, um zu beschreiben, wie ihre Arbeits-, aber auch ihre Wohnsituation zukünftig einmal sein sollen. Yasemin sprudelte geradezu vor Ideen und nutzte Anregungen ihres Unterstützungskreises, um ihre eigenen Ideen zu konkretisieren. So wurden die Treffen und damit auch die zu Papier gebrachte Planung sehr lebendig. Yasemin genoss es, im Mittelpunkt zu stehen, die ihr wichtigen Personen bei diesem besonderen Vorhaben um sich zu wissen. Ebenso schätzte sie die farbenfrohe, zum Teil bebilderte Mitschrift ihrer Planung auf der großen Wandzeitung.

Für die Planung war es hilfreich, auf ein Körperumrissbild von Yasemin zurück greifen zu können. Es war entstanden im Verlauf einer Seminarfahrt im Rahmen des Talente-Teilprojekts und dokumentierte beispielsweise Yasemins Träume und Wünsche, ihre Stärken, Lebensbereiche, die ihr wichtig sind, wichtige Personen aus ihrem Umfeld, wie sie sich stärken bzw. wobei sie auftanken kann oder auch Dinge, die sie schon erreicht hat. Der Körperumriss hing bei den Planungstreffen an der Wand, so dass Yasemin und alle anderen Beteiligten stets einen Blick darauf werfen und die dort bereits erarbeiteten und dokumentierten Aspekte, die auch für die Planung relevant waren, aufgegriffen werden konnten.

Foto: Präsentation

Die insbesondere von den ArbeitsassistentInnen im Vorfeld geäußerte Ungewissheit, ob sich Yasemin während der Planungstreffen gut konzentrieren könne, gerade auch aufgrund der Fülle von Informationen bzw. Ideen, zerschlug sich rasch. Es zeigte sich, dass Yasemin viel Energie hatte, gut konzentriert als planende Person wirklich im Mittelpunkt des Geschehens stand und sehr klar sagen konnte, was sie wollte. Es ging um sie und um ihre Themen

- da waren Konzentration und Durchhaltevermögen kein Problem. Ganz im Gegenteil - denn Yasemin bedauerte es sehr, als die Planung nach zwei Treffen in großer Runde "schon" abgeschlossen war.

Anna-Lotta, eine junge Rollstuhlfahrerin, ebenfalls Anfang 20, hat früher die integrative Gesamtschule besucht. Sie beschreibt sich selbst als "Kämpferin", fröhlich, gesellig, hilfsbereit und mutig. Für sie steht seit langem fest, dass sie keinesfalls in einer WfbM arbeiten möchte. Ihr Berufswunsch ist es, in einem Büro tätig zu sein. Eine begonnene Ausbildung musste Anna-Lotta abbrechen, aber diverse Praktika im Bürobereich bestätigten sie dennoch in diesem Berufswunsch. Ihre Zuverlässigkeit, aber gerade auch ihre sehr freundliche Art und ihre Stärke, gut mit Menschen umgehen zu können, qualifizieren sie besonders für Bürotätigkeiten mit Kundenkontakt.

Ähnlich wie Yasemin entschied sich auch Anna-Lotta schon unmittelbar beim ersten Vortreffen, eine Persönliche Zukunftsplanung für sich machen zu wollen. Die Planung sollte sich um die Frage drehen "Wie schaut mein Arbeitsplatz aus?". Während es Anna-Lotta also leicht fiel, ihr Planungsthema bereits konkret zu formulieren, war aber die Frage, welche UnterstützerInnen sie zu den Planungstreffen einladen wollte, deutlich schwieriger für sie. Die Schwierigkeit lag darin, Personen aus dem privaten Umfeld zu finden. Anna-Lottas Unterstützungskreis bestand schließlich aus ihrer Mutter sowie einer Freundin, die zugleich "eingeheiratete" Familien-angehörige ist; darüber hinaus aus ihren beiden ArbeitsassistentInnen, zwei Mitarbeiterinnen des Talente-Teilprojekts sowie der Verwaltungsmitarbeiterin der Hamburger Arbeitsassistenz, bei der Anna-Lotta in der Vergangenheit bereits ein Praktikum absolviert hatte. Ein Unterstützungskreis, der also sehr stark von MitarbeiterInnen der Hamburger Arbeitsassistenz besetzt war.

Anna-Lotta entschied sich, ihre Planung in den Büroräumlichkeiten der Hamburger Arbeitsassistenz machen zu wollen. Sie traf sich mit ihrem Unterstützungskreis dort zu insgesamt drei Planungstreffen.

Für die Planung von Anna-Lotta wurden in Anlehnung an die Methode "MAP" 10 Plakate mit verschiedenen Themen genutzt. Denn vor dem Entwickeln des eigentlichen Aktionsplans als Antwort auf Anna-Lottas Ausgangs-Fragestellung erschien es wichtig, zunächst einen größeren Bogen zu spannen, um auch Erfahrungen aus der Vergangenheit (beispielsweise Diskrepanzen hinsichtlich der Selbst- und Fremdeinschätzung - wie klappen bestimmte berufliche Aufgaben? Wo gibt es Grenzen? Wo ist Unterstützung erforderlich?) aufgreifen und im Rahmen der Planung berücksichtigen zu können. So lauteten die Themen der Planungstreffen:

  • Der Unterstützungskreis: Wer ist wer? Welchen Bezug haben die einzelnen Personen zu Anna-Lotta?

  • Warum will Anna-Lotta eine Planung machen? Warum finden die anderen Beteiligten eine Planung wichtig?

  • Geschichte und Geschichten: Was gibt es Bedeutendes aus der Vergangenheit oder Gegenwart von Anna-Lotta zu berichten?

  • Was sind Anna-Lottas (beruflichen) Träume? Welche Träume haben die anderen für Anna-Lotta?

  • Was sind Alpträume von Anna-Lotta? Welche Befürchtungen haben die anderen Personen aus dem Unterstützungskreis für Anna-Lotta?

  • Wer ist Anna-Lotta? Was sagt Anna-Lotta über sich selbst? Wer ist Anna-Lotta aus Sicht der anderen / für die anderen? Welche Stärken und Fähigkeiten bringt Anna-Lotta mit?

  • Blick zurück: aus den Erfahrungen lernen. Was haben wir schon versucht? Was hat in der Vergangenheit gut geklappt? Was könnte besser klappen? Was möchte Anna-Lotta noch lernen?

  • Was braucht Anna-Lotta jetzt und / oder für die Erfüllung ihrer Träume?

  • Antwort auf die Frage "Wie schaut mein Arbeitsplatz aus?": Welche Vorstellungen hat Anna-Lotta von Arbeit? Welche Ideen haben die anderen? Was scheint realistisch?

  • Aktionsliste -> was können wir tun? Wer macht was bis wann mit wem? Was ist Anna-Lotta bereit selbst zu tun, um ihr Ziel zu erreichen? Was ist der allererste Schritt?

Auch Anna-Lotta hatte, ähnlich wie Yasemin, im Rahmen einer Talente-Seminarfahrt einen Körperumriss erarbeitet, der sich als sehr geeignete Vorbereitung für die Zukunftsplanung erwies. Auch er hing während der Planungstreffen aus und ergänzte und bereicherte somit den Zukunftsplanungsprozess deutlich.

Anna-Lotta schilderte, dass sie ihre Planungstreffen hilfreich, aber auch wie ein "hartes Stück Arbeit" empfand. Nicht verwunderlich, wurden doch sehr persönliche, tiefgehende Themen besprochen. Wie erstaunt war Anna-Lotta beispielsweise, als auf die Frage "Wer ist Anna-Lotta?" die Liste positiver Eigenschaften immer länger und länger wurde. Denn: so schön diese Erfahrung einerseits für sie war, so mutig und anstrengend war es doch auch, ganz und gar im Mittelpunkt zu stehen und sich im Gespräch mit anderen über die eigenen Kompetenzen auszutauschen. Gleiches gilt auch für Themen, die weniger leichtverdauliche Kost waren. Zum Beispiel wenn es für Anna-Lotta um die Frage ging, was sie noch lernen möchte, um langfristig gut im Arbeitsleben bestehen zu können (z.B. Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen, Unterstützung anzunehmen).

Durch den Austausch mit ihrem Unterstützungskreis im Rahmen der Planungstreffen gelang es, dass Anna-Lotta eine aktivere Rolle bei der Gestaltung ihrer beruflichen Perspektive einnehmen konnte.

Charakteristisch für Anna-Lottas Planung war also, dass die Beschäftigung mit eigenen Stärken, (schwierigen) beruflichen Vorerfahrungen, den mitunter bestehenden Diskrepanzen hinsichtlich Selbst- und Fremdeinschätzung, aber auch mit Grenzen aufgrund der eigenen Behinderung, mit Eigenverantwortung und Eigenaktivität viel Zeit und Raum einnahmen. Es zeigte sich, dass es gut war, in diese Auseinandersetzungen Zeit zu investieren. Schließlich waren sie doch eine wichtige Vorbereitung und Grundlage dafür, dass Anna-Lotta im Anschluss ihr Arbeitsplatzziel sehr klar beschreiben konnte: eine Teilzeittätigkeit an einem Empfangstresen, das Telefon bedienen und Arbeiten am Computer erledigen. Die erforderlichen Rahmenbedingungen (Stundenumfang, Unterstützungsmöglichkeiten etc.) wurden ebenso beschrieben wie verschiedene Möglichkeiten der organisatorischen Anbindung des Arbeitsplatzes.

Zukunftsplanungsprozesse sind so unterschiedlich wie die Menschen, die planen

So unterschiedlich wie die Menschen, die eine Planung für sich entwickeln, so unterschiedlich sind auch die jeweiligen Planungsprozesse - das wird an den Beispielen von Yasemin und Anna-Lotta besonders deutlich. Für Persönliche Zukunftsplanung gibt es kein Patentrezept und kein "Schema F". Ein Planungsprozess kann nicht verordnet werden. Er lebt von der Person, die sich entscheidet, eine Planung für sich entwickeln zu wollen. Sie entscheidet über die Rahmenbedingungen (z.B. wo findet die Planung statt; wie lange dauert ein Treffen), den Charakter der Planungstreffen (ein eher sachliches Arbeitstreffen oder ein Treffen mit Festcharakter), insbesondere aber auch über die Themen (was wird besprochen; wie tiefgehend wird etwas besprochen). Darüber hinaus wird eine Planung stark vom jeweiligen Unterstützungskreis geprägt und davon, dass sich die Unterstützungspersonen in konstruktiver Art mit ihren Ideen einbringen, die Planung im besten Sinne zum Austausch nutzen und bereichern. Die UnterstützerInnen kommen zusammen, weil sie ein Interesse an der planenden Person haben. Sie kennen die planende Person aus verschiedenen Kontexten und können daher ihre jeweilige Sicht und ihre Ideen in die Planung einbringen - im Sinne guter Vorschläge, über die letztlich die planende Person entscheidet.

Bei beiden oben skizzierten Planungen setzten sich die Unterstützungskreise zusammen aus Menschen, die der planenden Person aufgrund familiärer oder freundschaftlicher Bezüge nahe stehen und Menschen, die beruflich mit der planenden Person zu tun haben. Im Falle von Anna-Lotta überwog gar die Zahl der beruflich mit ihr verbundenen UnterstützerInnen, was im Vorfeld zur Frage führte, ob möglicherweise wichtige Sichtweisen, die nur über private Kontakte eingebracht werden können, unberücksichtigt bleiben. Die Planung mit dem so zusammengesetzten Kreis erwies sich jedoch keineswegs als schwierig.

Wie im Konzept der Persönlichen Zukunftsplanung grundlegend angedacht, wurden beide Planungen von einer externen Moderatorin begleitet. Die Aufgabe einer Moderatorin, die das Konzept und die Methoden der Persönlichen Zukunftsplanung kennen und in der Moderation von Gruppen erfahren sein sollte, ist es, neben der Dokumentation der Planung (auf Wandzeitung oder Flipchartbögen), durch die Treffen zu führen und die Rahmenbedingungen sicher zu stellen (RednerInnen-Liste, auf die Zeit achten...), so dass die planende Person wie auch alle Unterstützungspersonen sich ausschließlich auf die inhaltliche Planung konzentrieren können. Es gilt, eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle Beteiligten - insbesondere die planende Person selbst - wohl fühlen und in der auch sensible Themen besprochen werden können. Dabei obliegt es der Moderationsperson stets auch sicher zu stellen, dass die planende Person tatsächlich im Mittelpunkt der Planung steht, nicht über ihren Kopf hinweg geplant wird und die besprochenen Inhalte von allen Beteiligten verstanden werden. Möglicherweise auch ein Grund mit dafür, dass Yasemin - entgegen vorheriger Überlegungen - Planungstreffen mit einer Dauer von 4 Stunden gut durchhalten, gedanklich immer sehr präsent sein und die Ideen und Rückmeldungen ihres Unterstützungskreises gut aufgreifen konnte.

Und nach der Planung...?

Aber was, wenn dann - womöglich schneller als der planenden Person lieb ist (wie bei Yasemin) - die Planungstreffen vorüber sind, weil ein Aktionsplan feststeht?

Spätestens dann fängt die Umsetzung an. Es gilt, aus der Planung ins Handeln zu kommen und den Aktionsplan Schritt für Schritt Wirklichkeit werden zu lassen. Nur so werden die gesteckten Ziele lebendig. Auch hierbei wird die planende Person, wo erforderlich, von Menschen aus ihrem Unterstützungskreis oder weiteren Personen unterstützt.

Sowohl bei Yasemin als auch bei Anna-Lotta wurde vereinbart, wer gemeinsam mit den beiden das jeweilige Ziel und die vorüberlegten Aktionsschritte im Blick behält, die Aktivitäten koordiniert. Yasemin wünschte sich dazu an erster Stelle ihre Mutter, zumindest für alle Pläne rund um die Bereiche Wohnen und Freizeit. Für ihre geplanten beruflichen Aktivitäten sollte der "rote Faden" von den ArbeitsassistentInnen mit gehalten werden.

Da Anna-Lottas Planung sich rein um die berufliche Perspektive drehte, lag es hier nahe, dass die ArbeitsassistentInnen gemeinsam mit Anna-Lotta die Schritte koordinieren.

Mitunter stellt sich in der Umsetzungsphase heraus, dass aufgestellte Pläne noch mal verändert und an aktuelle Entwicklungen angepasst werden müssen. Weil sich geplante Schritte als ungeeignet oder nicht gangbar erweisen, weil sich Ziele der planenden Person verändern (Dinge auszuprobieren ist ebenso erlaubt wie sich umzuentscheiden) oder auch weil Rahmenbedingungen von außen die ursprüngliche Planung beeinflussen.

Nicht so bei Anna-Lotta. Ihr im Frühjahr 2007 formuliertes Arbeitsplatzziel ist seit dem 01.09.2007 nun Realität geworden: Anna-Lotta wurde nach einem erfolgreichen Praktikum in einer Physiotherapiepraxis als Mitarbeiterin am Empfangstresen in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis übernommen!

Auch bei Yasemin hat sich seit der zu Papier gebrachten Planung Etliches bewegt: den geplanten Urlaub an der Ostsee hat Yasemin genossen. Derzeit ist sie außerdem mit Unterstützung durch ihre Mutter auf Wohnungssuche. Und seit Mai arbeitet Yasemin - (noch) organisiert als Außenarbeitsplatz - in einem Cafe, in dem sie sehr glücklich ist.

Kontakt

Carolin Emrich Emrich

Theodor- Neutig-Str. 40

28757 Bremen

E-mail: carmat@gmx.net

Quelle:

Carolin Emrich:"Es kitzelt in meinen Gedanken". Zum Einsatz des Konzepts der "Persönlichen Zukunftsplanung" im Rahmen des Talente-Teilprojekts der Hamburger Arbeitsassistenz

erschienen in: impulse, Nr. 44/2007, Seite 11-14.

bidok-Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 11.03.2009

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