Unterstützte Beschäftigung im Rahmen Berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen

Ein Praxisbericht

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: erschienen in: impulse Nr. 34, Juli 2005, Seite 25 - 28. impulse (34/2005)
Copyright: © Monika Scholdei-Klie 2005

Unterstützte Beschäftigung im Rahmen Berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen

Die LAG Gemeinsam leben - gemeinsam lernen, Hessen, engagiert sich seit ungefähr zehn Jahren für Möglichkeiten der beruflichen Qualifizierung und Integration von Jugendlichen mit Behinderungen im Anschluss an ihre (zum Teil integrative) Schulzeit. Vor sechs Jahren ist es der LAG erstmalig gelungen, die Trägerschaft für eine qualifizierende und berufseingliedernde Maßnahme zu übernehmen - zunächst im Rahmen eines Modellprojekts[1], später in der (äußeren) Form eines Förderlehrgangs[2] und seit dem Sommer 2004 in den neuen Förderstrukturen der Agentur für Arbeit.

In den letzten sechs Jahren - seit Beginn des Modellprojekts - gab es viele Veränderungen in der äußeren Struktur der Maßnahme, aber stets war und ist Supported Employment - die Unterstützte Beschäftigung - zentrales Leitbild unserer Arbeit. Zwar sind nicht alle Inhalte von Supported Employment unmittelbar auf deutsche Verhältnisse übertragbar, aber es gibt einige Grundsätze und methodische Ansätze, die in Deutschland und sogar innerhalb vorgegebener Strukturen umsetzbar sind: die Selbstbestimmung und die Eröffnung von Wahlmöglichkeiten (für zumindest den Kreis der Teilnehmer/-innen), die Eingliederung in Betriebe des ersten Arbeitsmarkts, das Prinzip: erst platzieren, dann qualifizieren und die individuelle Unterstützung bei der Einarbeitung (job coaching).

Seit Sommer 2004 müssen wir unsere Arbeit nach dem Neuen Fachkonzept[3] der Agentur für Arbeit ausrichten. Wie viel von dem, was Unterstützte Beschäftigung ausmacht, kann in den neuen Förderstrukturen umgesetzt werden? Welche Erfahrungen haben wir in unserer Arbeit mit dem neuen Fachkonzept gemacht?



[1] Von 1999 - 2001 wurde die Qualifizierungsmaßnahme für behinderte Jugendliche im Auftrag des Landesarbeitsamts und des Sozialministeriums durchgeführt.

[2] Das ambulante Arbeitstraining konnte in Hessen bisher leider nicht umgesetzt werden, insofern war es notwendig, andere Strukturen zu finden, in denen Jugendlichen (auch mit geistiger Behinderung) ein Qualifizierungsangebot gemacht werden konnte.

[3] Das Fachkonzept ist über das Internet einzusehen unter www.ausbildungsvorber eitung.de

Das neue Fachkonzept der Agentur für Arbeit

Ziel des neuen Fachkonzepts ist, von den trägerorientierten Maßnahmeangeboten wegzukommen und eine individuelle, an den einzelnen Jugendlichen orientierte Angebotspalette vorzuhalten. Die Idealvorstellung: Ein junger Mensch bleibt nicht so lange in einer Maßnahme, so lange sie von Seiten des Trägers angeboten wird, sondern so lange, wie es für ihn / sie sinnvoll ist. Mit Hilfe eines breit gefächerten Baustein-Angebots soll dem einzelnen Jugendlichen ein passgenaues Angebot gemacht werden. Dies soll zu einer Erhöhung der Effizienz berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen führen. Vordergründiges Ziel des neuen Fachkonzepts ist demzufolge die Auflösung der Maßnahmekategorien (ein- und zweijährige Förderlehrgänge gibt es nicht mehr), die Verringerung der Abbruchquoten, die Erhöhung der Vermittlungsquoten und eine Minimierung der Förderungszeiten für die einzelnen Jugendlichen. Da das neue Fachkonzept bereits seit fünf Jahren an verschiedenen Standorten in Deutschland modellhaft[4] durchgeführt wurde, hat sich gezeigt, dass zumindest eine Zielvorgabe erfüllt wurde: Die Verweildauer der einzelnen Jugendlichen in den Maßnahmen ist deutlich gesunken (aus welchen Gründen auch immer - und ob das von Seiten der Jugendlichen immer ein Erfolg ist, sei noch dahingestellt).

Im neuen Fachkonzept steht die Zielgruppe der benachteiligten Jugendlichen im Vordergrund, Jugendliche mit Behinderung sollen jedoch mit einbezogen werden:

  • Das Fachkonzept bezieht grundsätzlich alle Jugendliche mit Behinderung mit ein und grenzt keine Gruppe explizit aus, es hat damit einen integrativen Ansatz: Die berufsvorbereitenden Maßnahmen sollen künftig binnendifferenziert gestaltet werden, so dass sie auch behinderten Jugendlichen offen stehen.

  • "Zur Zielgruppe berufsvorbereitender Bildungsmaßnamen der BA gehören ... - unabhängig von der erreichten Schulbildung - Jugendliche und junge Erwachsene, sofern sie ohne berufliche Erstausbildung sind, das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet und ihre allgemeine Schulpflicht erfüllt haben." (S. 2 des Fachkonzepts)

  • Es soll binnendifferenziert und betriebsnah qualifiziert werden - in enger Kooperation mit Betrieben; es sollen individualisierte Qualifizierungsangebote gemacht und die Kundenzufriedenheit erhöht werden. "Die Bereitstellung eines auf die individuellen Voraussetzungen (Fähigkeiten, Kenntnisse und Neigungen) des einzelnen Jugendlichen abgestimmten Angebotes ist zwingend erforderlich." (S. 6 des Fachkonzepts)

Dies ist ein Ansatz, der uns freudig stimmen lassen könnte, wenn da nicht wieder eine bestimmte Gruppe von Jugendlichen von vorneherein ausgegrenzt, bzw. gar nicht erst mitgedacht worden wäre:

Offen stehen die Berufsvorbereitenden Maßnahmen laut Aussagen der Bundesagentur für Arbeit nur Jugendlichen, die erwerbsfähig sind (Erwerbsfähigkeit ist definiert als: Fähigkeit, mindestens drei Stunden täglich unter den arbeitsmarktüblichen Bedingungen arbeiten zu können, sie bildet die - unscharfe - Abgrenzung zwischen Werk-statt-Mitarbeiter/-innen und Jugendlichen, denen man eine Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zutraut). Das bedeutet, die Zuweisungen in den Berufsbildungsbereich einer WfbM bleiben von dem neuen Fachkonzept unberührt, so dass die Mehrheit der Jugendlichen aus den Sonderschulen für Praktisch Bildbare (ist in Hessen die Sonderschule für Schüler/-innen mit geistiger Behinderung) nach wie vor automatisch in die WfbM einmünden. Damit hat sich grundsätzlich an der Zuweisungspraxis nichts geändert, und Eltern, die für ihre Söhne und Töchter einen anderen Weg als den in die WfbM beschreiten wollen, müssen nach wie vor viel argumentatives Geschick den Berufsberatern der Agentur für Arbeit gegenüber aufbringen, um die Weichen in Richtung allgemeiner Arbeitsmarkt zu stellen.

Weitere Rahmenbedingungen erschweren den Einbezug gerade von Jugendlichen mit geistiger Behinderung:

  • Das im neuen Fachkonzept vorgesehene Bausteinsystem verlangt eine relativ große Flexibilität, Mobilität und Autonomie bei den einzelnen Jugendlichen, die man gerade bei dieser Zielgruppe nicht voraussetzen kann und darf.

  • Mit dem neuen Fachkonzept verbunden ist eine Kürzung der maximalen Förderungszeit: Förderlehrgänge dauerten bisher ein oder zwei Jahre, in Einzelfällen sogar drei Jahre. Die Zeit für die Durchführung berufsvorbereitender Maßnahmen ist nun für Jugendliche, deren Ziel eine Ausbildung sein kann, auf 11 Monate und für Jugendliche mit dem Ziel Beschäftigung (das ist eher das Klientel der LAG) auf 18 Monate verkürzt worden. Das heißt, ein junger Mensch mit geistiger Behinderung verfügt im Rahmen des Berufsbildungsbereichs einer WfbM über eine Förderungszeit von zwei Jahren, im Rahmen der Berufsvorbereitenden Maßnahmen nur über eine von maximal eineinhalb Jahren.

  • Angesichts der Gruppenzusammensetzung in vielen berufsvorbereitenden Maßnahmen (Abgänger der Schule für Lernhilfe, benachteiligte Jugendliche, hauptsächlich mit Migrationshindergrund, oftmals mit sozialen Problemlagen, mit schlechten schulischen Noten und meist ohne Hauptschulabschluss etc.) ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass die Integration von behinderten Jugendlichen gelingt.

Man hat zwar den Anspruch formuliert, auch behinderte Jugendliche in das System der berufsvorbereitenden Maß eingeräumt[5], dass es überhaupt noch keine Erfahrungswerte in den bestehenden Modellversuchs-Standorten gibt, mit welchen Methoden Jugendliche, die bisher in den zweijährigen Förderlehrgängen waren, zu fördern sind. Dies betrifft hauptsächlich Jugendliche, die keine Ausbildung machen können und auf ein Beschäftigungsverhältnis vorbereitet werden sollen, also Jugendliche mit umfangreicherer Lernbeeinträchtigung bis zur geistigen Behinderung (Erfahrungen aus den Methoden der Unterstützten Beschäftigung haben anscheinend keinen Eingang in das Konzept gefunden).

Die berufsvorbereitenden Maßnahmen werden - mit den Ausnahmen der Modell-Standorte - seit einem Jahr bundesweit ausgeschrieben. Die Erfahrungen des letzten Jahres haben ergeben, dass es bisher keine besonderen Ausschreibungsverfahren für sog. RehaMaßnahmen (das sind die ehemaligen Förderlehrgänge) gab, sondern nur Ausschreibungen für den gesamten Komplex berufsvorbereitender Maßnahmen, denn diese sollen -laut Fachkonzept -allen Jugendlichen offen stehen und binnendifferenziert gestaltet sein. Gezeigt hat sich jedoch bereits schon jetzt, dass Jugendliche mit Schwerbehinderung von diesen Maßnahmen bisher kaum profitierten.

Obwohl Frankfurt zur Modellversuchsregion[6] gehört, in der die neuen Förderstrukturen ausgetestet und Konzepte für die Integration behinderter Jugendlicher entwickelt werden sollten, wurden - vor Ablauf der Modellphase - die Reha-Träger auf das neue Konzept "eingeschworen". Die Frankfurter Träger waren beauftragt, bereits im Laufe des letzten Jahres Konzepte einzureichen, die dem neuen Fachkonzept entsprachen. Auch die LAG musste ihr ganzheitliches Förderungskonzept entsprechend den Vorgaben der Agentur für Arbeit in ein Baustein-ori-entiertes Konzept umformen. Obwohl die von der LAG durchgeführte Maßnahme den Zielvorgaben des Fachkonzepts bereits in hohem Maß entsprochen hat (hohe Kundenzufriedenheit, niedrige Abbruch-und eine gute Vermittlungsquote, individuelle Qualifizierung, enge betriebliche Kooperation), stellte uns das neue Fachkonzept insofern vor eine Herausforderung, weil es stufenweise aufeinanderfolgenden Qualifizierungsbausteinen vorsieht: So soll z.B. erst dann der Übergang in die betriebliche Realität erfolgen, wenn die Jugendlichen über die notwendigen persönlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen (wir meinen aber: Diese Fähigkeiten und Fertigkeiten erlangen sie im Zuge der Tätigkeit im Betrieb durch "learning by doing" -gerade diese praxisnahe Qualifizierung hat sich ja im Bereich der Unterstützten Beschäftigung als sehr vorteilhaft erwiesen).

Trotz dieses manchmal etwas sperrigen und einengenden Konzept-Rahmens haben wir versucht, die Arbeit so weit wie möglich nach den Prinzipien der Unterstützten Beschäftigung fortzuführen: Mit Ausnahme der ersten zwei Monate, die der Erstellung von Fähigkeitsprofilen, der Vorbereitung der Jugendlichen auf die Arbeitswelt und der Akquisition von -den Neigungen entsprechenden -Praktikumsplätzen dienen, findet die berufliche Qualifzierung und individuelle Anleitung in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarkts statt (die LAG verfügt nicht über eigene Werkstätten). Unterstützung und Anleitung erhalten die Teilnehmer/-innen durch sozialpädagogische Fachkräfte in Form des job coachings. Bisher konnte eine personelle Unterstützung im Umfang von 1 : 6 sicher gestellt werden, was bedeutet, das der im Modellprojekt gesetzte Standard zumindest in dieser wichtigen Bezugsgröße bisher aufrecht erhalten werden konnte.

Was hat sich seit der Durchführung des Modellprojekts verändert -die Erfahrungen der letzten 6 Jahre:



[4] Der Modellversuch "Entwicklungsinitiative: Neue Förderstruktur für Jugendliche mit besonderem Förderbedarf" wurde an 24 Standorten durchgeführt und hatte eine Laufzeit bis Ende 2004. Ein Schwerpunkt war die Konzipierung spezifischer Förderkonzepte für junge Menschen mit Behinderung.

[5] in einem Referat von Joachim Winter von INBAS (Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik GmbH): Integration behinderter Jugendlicher im Rahmen der neuen Förderstruktur, 2004.

[6] Die Modellphase dauert in Frankfurt bis zum Sommer 2005.

Die Teilnehmer/-innen

Die Zusammensetzung der Gruppe der Teilnehmer/-innen war in den einzelnen Jahren sehr unterschiedlich: Im Modellprojekt wurde 1999 mit Jugendlichen mit geistiger Behinderung (u.a. Down-Syndrom), umfangreicherer Lernbehinderung, Körperbehinderung und Autismus gestartet. Zwischenzeitlich (bei der Durchführung des zweiten Förderlehrgangs) wurden viele Jugendliche aus dem Benachteiligten-Bereich zugewiesen, also Jugendliche mit Migrationshintergrund, ohne Schwerbehindertenausweis, wenn auch mit starken Lerndefiziten bis hin zum Analphabetismus, und mit umfangreichen psychischen Problemlagen. Die sozialen / sekundären Arbeitstugenden, die die Jugendlichen in dem (ersten) Modellprojekt mitbrachten: eine außergewöhnlich hohe Arbeitsmotivation, große Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Verantwortlichkeit hatten bei dieser Gruppe nicht mehr den hohen Stellenwert, und sie benötigten an ganz anderen Punkten Unterstützung, z.B. bei der Strukturierung ihres (privaten) Alltags, beim pünktlichen Aufstehen, bei Wohnungsproblemen, wenn Obdachlosigkeit droht, bei Gängen zu Ärzten, Gerichten oder Ämtern. Für die meisten dieser Jugendlichen galt unsere Maßnahme als letzter Versuch in einer Reihe von vielen gescheiterten Maßnahmen, als "Endstation" vor der Werkstatt oder vor der Arbeitslosigkeit.

Seit Sommer 2004 hat sich die Zusammensetzung wiederum geändert: diesmal in Richtung der ursprünglichen Klientel, d.h. in der Maßnahme befinden sich gegenwärtig Jugendliche mit geistiger und umfangreicherer Lernbehinderung, Körperbehinderung, krankheitsbedingter Behinderung und Autismus, d.h. zum überwiegenden Teil Jugendliche, die ohne unsere Maßnahme in den Berufsbildungsbereich einer WfbM einmünden würden; insofern arbeiten wir gegenwärtig mit einer Gruppe, die zwar nicht homogen ist (dazu ist jede/r einzelne Teilnehmer/in zu unterschiedlich), bei der der Anteil an sog. benachteiligten Jugendlichen aber sehr gering ist.

Die Zuweisungspraxis

Zugewiesen werden die Jugendlichen nach wie vor durch die "Reha-Berufsberater" der Agentur für Arbeit in Frankfurt, wobei seit Sommer 2004 sog. Bildungsbegleiter zwischengeschaltet sind. Zu Beginn des Modellprojekts 1999 mussten Eltern und Jugendliche noch sehr darum kämpfen, eine Zuweisung für unsere Maßnahme zu erhalten. Immer wieder scheiterten sie an der grundlegenden Hürde der sog. Erwerbsfähigkeit. Diese ist jedoch - so unser Standpunkt - nicht vor den beruflichen Integrationsbemühungen zu "diagnostizieren", sondern ist abhängig von der Art und Weise der Unterstützung, der Einarbeitung und nicht zuletzt von dem konkreten Arbeitsplatz. Mein Eindruck ist, dass dies mittlerweile von den örtlichen Berufsberatern ebenso gesehen wird - nicht zuletzt auf Grund der guten Erfahrungen mit dem Ansatz der unterstützten Beschäftigung (es gibt Stimmen aus der Frankfurter Agentur für Arbeit, die der Ansicht sind, dass es mehr von derartig konzipierten Maßnahme-Plätzen geben müsste).

Unter dem kritischen Blickwinkel von supported employment bedeutet das: Es gibt in dieser Maßnahme (aber - ich denke - auch bei anderen Trägern in Deutschland) nicht das uneingeschränkte Wahlrecht für alle Jugendliche, die dies wünschen. Auch wenn wir die Grenze etwas "aufgeweicht" haben und einigen Jugendlichen eine Perspektive außerhalb der WfbM eröffnen können, bleibt die selektierende Hürde " Erwerbsfähigkeit" im Grundsatz bestehen.

Die Dauer der Maßnahme

Begonnen wurde Modellprojekt mit einer Laufzeit der Maßname von zwei Jahren, und bereits in dieser Phase musste festgestellt werden, dass es für einige Jugendliche besser gewesen wäre, sie hätten mehr Zeit zur Verfügung gehabt. Auch bei der Fortsetzung der Maßnahme als Förderlehrgang wurden zwei Jahre Förderzeit zu Grunde gelegt, aber bereits in dieser Zeit wurden auch Jugendliche zugewiesen, die schon andere Maßnahmen und Maßnahmeträger durchlaufen hatten, und deshalb nur noch eine Restförderungszeit von einem Jahr hatten. Im Sommer 2004 kam schließlich Jugendliche, die auf Grund der Senkung der Gesamt. Förderdauer auf insgesamt 18 Monate nur noch eine Rest-Förderungszeit von einem halben Jahr besaßen.

Diese Reduzierung und Begrenzung der Förderzeit steht dem Gedanken des supported employment (so lange eine Unterstützung gewähren, so lange sie für den einzelnen Menschen notwendig ist) diamentral entgegen - aber im Grunde auch den Erwartungen des Auftraggebers, der Agentur für Arbeit, denn die Verringerung der Förderzeit hatte unmittelbare (negative) Auswirkung auf die Vermittlungsquote.

Die Vermittlungen

Die Vermittlungsquote ist - nicht zuletzt nach dem neuen Fachkonzept - eine entscheidende Kennzahl, die über die Qualität beruflicher Qualifizierungsangebote und Maßnahmen zur Berufsvorbereitung aussagen soll. Aber sie ist auch eine Größe, die von vielerlei Faktoren beeinflusst wird und deshalb sehr kritisch hinterfragt werden muss. Hinter jeder Vermittlung und ebenso hinter jedem "arbeitslos" steht eine eigene Geschichte und vielfältige Gründe, warum das eine gut funktioniert hat, das andere - möglicherweise wider aller Erwartungen -nicht. Allein die Höhe der Vermittlungsquote sagt nichts aus über die Qualität der Arbeit. Vermittlungen sind abhängig von der aktuellen Arbeitsmarktsituationen, den Problemdichte der teilnehmenden Jugendlichen, z.T. auch von den vorhandenen Einschränkungen infolge der Behinderung, den finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten für Arbeitsgeber, wenn ein Beschäftigungsverhältnis zustande kommt, last but not least den Förderungszeiten.

Bisher nahmen an der Maßnahme (inklusive Modellprojekt) 57 Jugendliche teil, 21 junge Frauen und Männer befinden sich noch in der laufenden Maßnahme. Die restlichen 36 Jugendlichen wurden folgendermaßen vermittelt:

Abb 1: Die Vermitllungsquote

Die Vermittlungsquote aus dem Modellprojekt lag mit ca. 70 % Vermittlungen (in befristete und unbefristete Beschäftigungsvehältnisse und in eine außerbetriebliche Ausbildung) am höchsten, sie verringert sich in dem Maß, in dem sich auch die Förderungszeit für die Jugendlichen verringert, insofern hätte sich das obige Ergebnis noch für einige Jugendliche verbessern lassen, wenn ihre Förderungszeit nicht abgelaufen wäre.

Die bisherigen Vermittlungen erfolgten in handwerkliche Bereiche, wie Bäckereien, Maler/Lackierer, Schuhmeisterhandwerk und im Dienstleistungsbereich, wie Servicetätigkeiten im hausmeisterlichen Bereich oder im Kindergarten, als Küchenhilfen.

Anders als noch vor sechs Jahren ist es gegenwärtig schwieriger, Praktikums- und Beschäftigungsplätze zu finden und bedarf es erhöhter Akquisitionsbemühungen; viele Nachfrager drängen -zumindest hier in Frankfurt -auf den Markt: Immer mehr allgemeinbildende Schulen sind vor die Aufgabe gestellt, Schüler/-innen schon frühzeitig einen Einblick in Betriebe mittels Schulpraktika zu gewähren, dazu kommen weitere Maßnahme-Träger, und selbst Auszubildende kommen immer öfter nur mit einem vorhergehenden Praktikum zu ihrer Stelle -abgesehen von der hohen Zahl an Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz gefunden hat und über Langzeitpraktika die Zeit bis zum nächsten Ausbildungsbeginn überbrückt. Demgegenüber stehen zunehmend mehr Betriebe, die gar keine Praktikanten (egal ob behindert oder nicht) nehmen, weil sie die notwendige innerbetriebliche Anleitung und Unterstützung nicht mehr leisten können bzw. wollen.

Sehr viel schwieriger ist auch die Vermittlung in den Bürobereich geworden; unserer Erfahrung nach ist es fast unmöglich, Arbeitsplätze auf niedrigerem Qualifizierungsniveau in diesem Bereich zu finden. Jugendlichen, die auf Grund ihrer Behinderung und / oder ihrer Neigungen gerne eine Tätigkeit im Büro aufnehmen möchten, können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt leider nur absagen, bzw. in anderen Bereichen qualifizieren.

Angesichts des engen Arbeitsmarkts kam es im letzten Jahr auch zu zwei Vermittlungen auf so genannten Außenarbeitsplätze. In beiden Fällen war eine berufliche Qualifizierung und Integration in die Betriebe erfolgreich; der letzte Schritt, die Übernahme in ein Beschäftigungsverhältnis, erfolgte jedoch nicht - aus zwei unterschiedlichen Gründen: In einem Fall konnte eine Kommune auf Grund eines generellen Einstellungsstopps keine neue Stelle schaffen, im anderen Fall wollte der Arbeitgeber keinen tariflichen bzw. ortsüblichen Lohn zahlen, weil die Arbeitsleistung des Jugendlichen dem (noch) nicht entsprach. Er argumentierte, dass er seiner Belegschaft nicht vermitteln kann, dass ein junger Mensch mit nur eingeschränktem Arbeitsspektrum und -leistung gleich hoch entlohnt wird, wie seine anderen Mitarbeiter. Da der zu erwartende Eingliederungszuschuss dieses Problem nicht gelöst hätte, er auch nicht untertariflich entlohnen konnte (dann hätte er auch keinen Eingliederungszuschuss für Schwerbehinderte erhalten) wurde das Konstrukt Außenarbeitsplatz gewählt. Der junge Mann hat nun die Chance, sich für weitere ein oder zwei Jahre an dem Arbeitsplatz qualifizieren zu können, in der Hoffnung, dass die Übernahme zu einem späteren Zeitpunkt gelingt.

Trotz aller Vermittlungserschwernisse und Hindernisse, die das Fachkonzept nur zum Teil zu verantworten hat, können wir feststellen, dass für etwas mehr als der Hälfte der Teilnehmer/-innen durch die von der LAG durchgeführte Maßnahme positive berufliche Lösungen gefunden wurden. Dies ist zwar ein gutes Ergebnis, gleichwohl für uns noch nicht zufrieden stellend (das wäre es dann, wenn wir nicht neun junge Leute in die Arbeitslosigkeit hätten entlassen müssen).

Fazit

Trotz aller möglicher Kritik an dem neuen Fachkonzept konnte die LAG bisher ihr spezifisches Angebotsprofil aufrechterhalten und jungen Menschen mit Behinderung (auch mit geistiger Behinderung) eine Chance zur beruflichen Qualifizierung und Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt bieten. Die durchgeführte Maßnahme bildet eine Alternative zum Berufsbildungsbereich der WfbM und ist damit ein weiteres Mosaiksteinchen im schwierigen Übergangsbereich von der Schule in den Beruf - auch innerhalb der neuen Förderstrukturen.

Die Verkürzung der maximalen Förderungszeit ist für uns die einschneidendste Einschränkung seit der Arbeit nach dem Fachkonzept. Die Absicht, die Effizienz berufsvorbereitender Maßnahmen zu steigern, schlägt bei diesem Faktor unmittelbar in das Gegenteil um, denn: Je kürzer die Förderungszeit für unsere Zielgruppe, desto weniger wahrscheinlich ist die Vermittlung in ein Beschäftigungsverhältnis.

Die größte Hürde steht uns jedoch noch bevor: Im Sommer 2005 sollen die BvB in Frankfurt erstmalig ausgeschrieben werden. Wir werden gemeinsam mit anderen Reha-Trägern eine Bietergemeinschaft bilden und können dann nur noch ... beten, den Zuschlag bei den Ausschreibungen zu erhalten - hoffentlich zu Konditionen, die eine weitere Arbeit überhaupt noch sinnvoll und möglich machen.

Kontakt

Monika Scholdei-Klie

LAG Gemeinsam leben - gemeinsam lernen

Falkstr. 92 60487

Frankfurt

Fon: 069/79 40 28 07

Fac: 069/70 79 59 90

eMail: lag-beruf@t-online.de

Quelle:

Monika Scholdei-Klie: Unterstützte Beschäftigung im Rahmen Berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen. Ein Praxisbericht

erschienen in: impulse Nr. 34, Juli 2005, Seite 25 - 28.

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 28.08.2007

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