Länderbericht Schleswig-Holstein 2000

Zur gemeinsamen Erziehung und zum gemeinsamen Unterricht

Autor:in - Anette Hausotter
Themenbereiche: I-Tagung
Textsorte: Vortrag
Releaseinfo: Ansprechpartnerin; Verfasserin: Anette Hausotter, Siehe auch: http://www.ipts.de/ssonder
Copyright: © Anette Hausotter 2000

1. Zur Rechtslage

a) Elementarbereich

Das Kindertagesstättengesetz (KiTaG) vom 12.12.1991 regelt in §12 die Aufnahme von Kindern. In §12.4 ist die Integration verankert "... grundsätzlich darf die Aufnahme von behinderten Kindern in Kindertagesstätteneinrichtungen nicht aus Gründen einer Behinderung verweigert werden...". In der am 13.11.1992 in Kraft getretenen Landesverordnung über Mindestvoraussetzungen für die Einrichtung und den Betrieb von Kindertagesstätteneinrichtungen werden Aufgaben und Bedingungen ausführlich geregelt.

b) Primarbereich

c) Sekundarstufe I/II

Gemeinsamer Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern und Jugendlichen ist seit dem 2.8.1990 im Schulgesetz rechtlich verankert (§ 5.2 SchuG.": Behinderte und nichtbehinderte Schülerinnen und Schüler sollen gemeinsam unterrichtet werden, soweit es die organisatorischen, personellen und sächlichen Möglichkeiten erlauben und es der individuellen Förderung behinderter Schülerinnen und Schüler entspricht.") Dieser Paragraph wurde als "Generalklausel" formuliert, d.h. er gilt für alle Schularten in Schleswig-Holstein und schließt keine "Behinderungsart" aus. Zum 1.2.1993 ist die Landesverordnung über Unterricht und Erziehung von Schülerinnen und Schülern sowie Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Grundschulen, weiterführenden allgemeinbildenden Schulen und Sonderschulen (OSP) in Kraft getreten. Die Verordnung besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil werden die sonderpädagogischen Maßnahmen der Integration behandelt sowie die Aufgaben der Sonderschule als Förderzentrum. Der zweite Teil befasst sich mit Aufgaben des Unterrichts und der Erziehung behinderter Schülerinnen und Schüler in Sonderschulen. Sie verdeutlicht den Auftrag des Schulgesetzes durch detaillierte Ausführungen, wie insbesondere die Aufnahme und das Aufnahmeverfahren in die allgemeinbildenden Schulen (§4, §14 OSP), die Aufgaben des Förderausschusses (§5 OSP), die unterschiedlichen Formen des gemeinsamen Unterrichts in den allgemeinbildenden Schulen (§2 OSP), die Leistungsbewertung (§7 /§20 OSP), das Aufsteigen nach Klassenstufen (§8 /§21 OSP), die Zeugnisse (§7 /§22 OSP) , die Aufgaben des Förderzentrums (§ 3 OSP) und die Ausgestaltung des Unterrichts. Der Begriff der Sonderschulbedürftigkeit entfällt, da dieser an den Beschulungsort der Sonderschule gebunden ist. Die OSP spricht von sonderpädagogischem Förderbedarf, der in verschiedenen Formen des pädagogischen Angebots eingelöst werden kann.

2. Zu den Modellen

Die Erfahrungen aus dem der Schulgesetzänderung vorausgegangenen Modellversuch machten deutlich, dass es für ein Flächenland wie Schleswig-Holstein nicht sinnvoll ist, sich auf ein bestimmtes Integrationsmodell zu beschränken. Die Durchführung des gemeinsamen Unterrichts wird als integrative Maßnahme verstanden, die je nach den Bedingungen vor Ort, den individuellen Bedürfnissen des Kindes und den sächlichen Voraussetzungen unterschiedliche Organisationsformen haben kann. Weder das Schulgesetz noch die OSP geben Organisationsformen vor ( vgl. "Ausgewogenheitserlass",1990, besagt, dass Integrationsmaßnahmen und Unterricht in den Sonderschulen gleich versorgt werden sollen). In der Integrationsentwicklung haben sich in den letzten Jahren unterschiedliche Formen herausgebildet. Es gibt sowohl integrative Maßnahmen mit einzelnen als auch mit mehreren Kindern und Jugendlichen mit zielgleichem oder zieldifferentem Unterricht:

Die "Bündelung" mehrerer Kinder mit unterschiedlichem sonderpädagogischem Förderbedarf in einer Klasse der Grundschule als auch in einer weiterführenden Schule. Es gibt keine generellen Vorgaben für die Zusammensetzung.

Einzelintegration, unterstützt durch das ambulante System der Förderzentren, hat weiterhin bei zielgleichen I-Maßnahmen in ländlichen Regionen Bedeutung.

Die Schule für Sehgeschädigte arbeitet als überregionales Förderzentrum, d.h. sie ist eine Schule ohne Schülerinnen und Schüler.

Organisationsformen, in denen mehrere Kinder gleicher Behinderungsform gemeinsam mit nichtbehinderten Kindern unterrichtet werden, diese Form wird auch zunehmend mit lernbehinderten Kindern realisiert ("Kombiklassen").

In der Eingangsphase der Grundschule hat sich ein Modell bewährt, in dem von Behinderung bedrohte Kinder die Möglichkeit erhalten, den Stoff von zwei einem Schuljahren in drei Jahren lernen zu können. Über den weiteren schulischen Weg wird im Laufe dieser Zeit entschieden.

Zu Beginn der Sekundarstufe I haben sich zunehmend integrative Maßnahmen mit Schülerinnen und Schülern der Förderschule und der Hauptschule gebildet. Lernbehinderte Schülerinnen und Schüler gemeinsam in einer Klasse der Hauptschule unterrichtet.

I-Maßnahmen unterschiedlichster Organisationsformen haben sich im Bereich der Sekundarstufe I in den Gesamtschulen und vereinzelt auch Realschulen und Gymnasien entwickelt.

Kooperative Maßnahmen finden zwischen Sonderschulen und Grundschulen statt. Eine Grundschulklasse kooperiert z.B. mit einer Partnerklasse der Schule für Geistigbehinderte, indem sie Stunden für gemeinsamen Unterricht als festen Bestandteil des Stundenplans aufgenommen hat.

Die Kooperation zwischen Sonderschulen und Allgemeinbildenden Schulen gewinnt für den Bereich der Sekundarstufe II zunehmend an Bedeutung (z.B. Unterricht von geistigbehinderten Schülerinnen und Schülern in den Berufschulen an mehreren Standorten. (Siehe auch Landesprojekt FÖN).

Dezentrale Arbeit der Sonderschulen: Der Unterricht für Kinder und Jugendliche mit Erziehungshilfebedarf wird nach verschiedenen Modellen durch die Förderzentren abgedeckt. An der Formulierung eines Konzeptes der schulischen Erziehungshilfe wird konkret gearbeitet. Einzelne Kreise haben bereits Konzepte für Ihren Bedarf entwickelt und umgesetzt.

3. Organisation der sonderpädagogischen Förderung

Die Organisation der sonderpädagogischen Förderung wird durch das Schulgesetz und die Ordnung für Sonderpädagogik geregelt. Schleswig-Holstein hat seit 1990 die Sonderschulen als Förderzentren mit der personellen Unterstützung des gemeinsamen Unterrichts in den anderen Schularten beauftragt (§ 25 SchulG). "Als Förderzentren unterstützen die Sonderschulen Unterricht und Erziehung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in anderen Schularten..." (§25.2 und.3 SchuG), indem sie an der "Planung und Durchführung von Formen gemeinsamen Unterrichts für behinderte Schülerinnen und Schüler mitwirken" und "Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf und deren Lehrkräfte beraten."

In der Verordnung für Sonderpädagogik (OSP) werden die Aufgaben der Förderzentren detailliert beschrieben.

Mit Einführung der neuen Schülerakte (1995) erhielten auch die Koordinationsgespräche im Rahmen des Verfahrens zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfes einen bedeutenderen Stellenwert. In der Folge reduzierten sich die durchgeführten Förderausschüsse.

Im Dezember 1997 ist der Erlass zum "Nachteilsausgleich" veröffentlicht worden (IN: NBL 12/97), (Anlage 3).

Im Juni 1997 wurden die Ergebnisse einer interministeriellen Arbeitsgruppe als "Hinweise für Anwender" zu Fragen der Organisation und Finanzierung der Integration behinderter Schülerinnen und Schüler veröffentlicht.

4. Diskussion zum Stand der Förderzentren

Alle Sonderschulen haben den Auftrag als Förderzentrum zu arbeiten. Zunehmend mehr Sonderschulen gehen dazu über, Schulprofile und Konzepte zu erarbeiten, mit der Verpflichtung bis Sommer 2001 ihr Schulprogramm zu erstellen.

Es gibt mehrere Beispiele räumlicher Zusammenlegung oder organisatorischer Verbindung von Sonderschulen mit Grund- bzw. Hauptschulen. Als "Schule ohne Schüler" arbeiten 3 Förderschulen, 1 Sprachheilgrundschule und die staatliche Schule für Sehgeschädigte als Förderzentrum.

Ein wesentlicher Schritt für die Akzeptanz der Förderzentrenarbeit bei den Leitungen der Sonderschulen ist durch die Änderung des Landesbesoldungsgesetzes gelungen. Danach zählen für die Besoldung der Schulleitungen der Förderzentren auch die integriert beschulten Schüler (zur Hälfte).

5. Organisation der Förderausschüsse

Die Förderausschüsse werden entsprechend der OSP organisiert und durchgeführt. Im Falle des Einvernehmens aller Beteiligten ist die Durchführung eines Förderausschusses bei der Einschulung und während der Grundschulzeit nicht erforderlich. Für den Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe I, im Falle von zieldifferenten Maßnahmen, sind Förderausschüsse jedoch noch vorgeschrieben.

6. Zum quantitativen Stand

Die quantitative Entwicklung wird durch die Tabellen (Anlagen 1und 2) deutlich. 26,6% aller Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden im Schuljahr 99/2000 in integrativen Maßnahmen an Regelschulenbetreut.

7. Finanzierung des gemeinsamen Unterrichts

Die Finanzierung ist im Schulgesetz geregelt. Der Schulträger übernimmt die sächlichen Kosten, wobei Hilfspersonal auch dazugehört. Falls dies dem Schulträger nicht möglich ist, können Ansprüche beim Sozialhilfeträger nach BSHG oder KJHG geltend gemacht werden. Die personelle Unterstützung bzw. Ausstattung von integrativen Maßnahmen entspricht der der Sonderschulen. In Schleswig-Holstein wird versucht, eine Gleichbehandlung aller Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu verwirklichen und eine Besserstellung mit der Planstellenzuweisung der einen oder anderen Organisationsform zu vermeiden(siehe auch Punkt 2). Zur Unterstützung dieses Prozesses hat das MBWFK im Juni 1997 "Für Organisations- und Finanzierungsfragen der Integration behinderter Schülerinnen und Schüler" Hinweise für Anwender veröffentlicht.

8. Integrationsspezifische Ausbildung und Fortbildung

In Schleswig-Holstein werden auf regionaler und überregionaler Ebene unterschiedliche Angebote für den Bereich integrativer Maßnahmen in der Lehrerfortbildung gemacht.

DasIPTS (Landesinstitut Schleswig-Holstein für Praxis und Theorie der Schule) mit seiner BIS (Beratungsstelle für Integration in der Schule) hat Fortbildungsaufträge übernommen. Neben regionalen Arbeitskreisen, die sich sowohl für die vorbereitende als auch begleitende Fortbildung der integrativen Maßnahmen gebildet haben, werden z.Z. auch schwerpunktmäßig überregionale Fortbildungen für komplexe Themenbereiche wie ...

  • Integration in der Sekundarstufe I - Gesamtschulen / Haupt- u. Realschulen,

  • Vorbereitung des Übergangs Grundschule - Sekundarstufe I,

  • Vorbereitung auf integrative Maßnahmen (hierzu wurde von der BIS ein Bausteinsystem entwickelt),

Fachrichtungs- und fachbezogene Fortbildungsangebote mit integrationsbezogenen Schwerpunkten

  • Fortbildung der Fortbildner und Fortbildnerinnen,

  • Kooperation und Elternarbeit, Evaluation

  • Unterstützung von SCHILF-Veranstaltungen,

  • In-Service-Training zu konkreten Themenbereichen (z.B. Autismus, Störungen im Bereich der Wahrnehmung...),

  • Regionale Arbeitskreise bestehend aus Eltern, Lehrkräften, Arbeitsamt u.a., unterstützt durch das IPTS 22 mit der BIS zum Thema Berufsorientierung und Eingliederung benachteiligter Jugendlicher,

  • Fort- und Weiterbildungsangebote mit dem Schwerpunkt Autismus, ... u.a. angeboten.

Die Ordnung für den Vorbereitungsdienst und die Lehramtsprüfungen (OVP) ist 1995 in Kraft getreten. Zwei wesentliche Veränderungen sind: In der 2. Phase der Sonderpädagogikausbildung wird seit 1993 (zweijährig), verpflichtend für Integration ausgebildet. Einen Lehramtsanwärter/ eine Anwärterin können nur die Schulen erhalten, die auch integrativ arbeiten. Kooperation mit anderen Schularten ist Voraussetzung.

Während der gesamten Ausbildungszeit wird die integrative Arbeit durch Seminarveranstaltungen inhaltlich begleitet.

Stufen:

1. Ausbildungshalbjahr: Unterricht, Differenzierungs- und Fördermaßnahmen an der Sonderschule, Vorbereitung auf die integrative schulische Arbeit.

2.- 4. Ausbildungshalbjahr: eigenverantwortlicher Unterricht in I-Maßnahmen in einer Regelschule bis mindestens 4 Std. pro Woche; der gesamte Unterricht kann aber im Rahmen integrativer Maßnahmen in der Gruppe erfolgen. Co-Teaching ist verpflichtender Ausbildungsbestandteil.

Integration ist Prüfungsinhalt. Prüfungen können in integrativen Maßnahmen abgelegt werden.

Die Lehramtsanwärter und -anwärterinnen aller Schularten, Fächer und Fachrichtungen werden zum Teil in gemeinsamen Seminaren ausgebildet.

9. Zur institutionellen Verankerung ( z.B. Kultusministerium, Schulämter)

Alle Ebenen der staatlichen Schulverwaltung sind aktiv beteiligt. Der Aufgabenbereich der Integration ist im Bildungsministerium der Abteilung 4 für allgemeinbildende Schulen (Grund-, Haupt-, Sonder-, Real-, Gesamtschulen und Gymnasien), dem Referat Sonderpädagogik zugeordnet. Dieses Referat ist zuständig für Grundsatzfragen der Sonderpädagogik und der Integration und für die oberste Schulaufsicht über Sonderschulen und integrative Maßnahmen. In den Referaten Gymnasien und Gesamtschulen und der Abteilung Berufliche Bildung gibt es weitere Referate, die mit Fragen der Integration betraut sind.

Ein Aufgabenschwerpunkt des Ministeriums und der Schulaufsicht liegt seit vier Jahren darin, den Anstieg der Zahl der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu begrenzen. In einem überproportionalen Anstieg wird die Gefahr gesehen, dass sich bei starkem Schüleranstieg und bei Gleichbleiben der Zahl der Lehrerstellen, die Versorgung der Schülerinnen und Schüler verschlechtert. Deshalb wurde das Verfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs durch eine neue Schülerakte erlassen und in regionalen Schulrätedienst-versammlungen vorgestellt. In Schulleiter- bzw. Lehrerdienstversammlungen wurden sowohl das "Integrationsverfahren" als auch die Diagnostik bei sonderpädagogischem Förderbedarf wiederholt behandelt, zuletzt in einer landesweiten Dienstversammlung aller Sonderschulleiter. Die Erfolge dieser Anstrengungen sind in Anlage 1 zu ersehen: Bei insgesamt steigender Schülerzahl (alle Sch. Klasse 1 - 10) erhöhte sich die absolute Zahl der Schüler und Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf zwar ebenfalls, die Quote blieb jedoch gegenüber dem Vorjahr gleich. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Sonderschulen stagnierte, die Zahl der Schülerinnen und Schüler in I-Maßnahmen stieg dagegen an. Das führte insgesamt zu einer leichten Verbesserung der Lehrerversorgung der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf insgesamt.

10. Situation in den Regelschulen (Schülerinnenfrequenz, Teilungszahlen etc.)

Die durchschnittliche Klassenfrequenz der Regelschulen ergibt sich aus der folgenden Tabelle:

Tab.1: Durchschnittliche Klassenfrequenz der Regelschulen

 

Schuljahr 1996/97

Schuljahr 1997/98

Schuljahr 1998/99

Grundschule

21,4

21,6

21,8

Hauptschule

19,9

20,0

20,3

Förderschule

11,2

11,1

11,2

Realschule

22,1

22,5

22,8

Gymnasium (Kl.St. 5-10)

23,9

23,9

24,0

Gesamtschule (Kl.St.5-10)

23,5

23,4

23,7

Berufsschule (Teilzeitform)

18,9

18,9

18,8

Berufsbildende Vollzeitschulen

21,0

21,7

21,1

In den im Klassenverband organisierten Klassen der Jahrgangsstufe 11 an Gymnasien beträgt die Klassenfrequenz 23,3, an den Gesamtschulen 23,4.

D.h. die Klassenfrequenzen liegen zum Teil erheblich niedriger als im Bundesdurchschnitt. Dies ist eine günstige Ausgangslage für Integration. Trotzdem wurden noch in über 100 Klassen der allgemeinbildenden Schulen im laufenden Schuljahr die Frequenzen wegen integrativer Maßnahmen gesenkt.

11. Besonderheiten / Entwicklungen

Um dem erhöhten Beratungs- und Informationsbedarf mit der Einführung des neuen Schulgesetzes im Hinblick auf die Integration Rechnung zu tragen, hat die Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport, Marianne Tidick, zum 1.10. 1990 die Beratungsstelle für Integration ( B I S ) eingerichtet. Seit dem 1.5. 1997 ist die BIS Bestandteil des IPTS im Landesseminar für Sonderpädagogik (Info-Material kann angefordert werden).

Es gibt in Schleswig-Holstein keine Modell- oder Schulversuche für den Bereich der Integration.

Das Schulgesetz wurde 1998 erneut novelliert. Im Bereich der Sonderpädagogik gab es keine Änderung der Rechtslage. Zum Schuljahr 1999/2000 trat allerdings eine Änderung in Kraft, die die präventive bzw. integrative Arbeit verändern wird: Die Einführung der flexiblen Eingangsphase, d.h. es soll nach Möglichkeit keine Zurückstellung mehr erfolgen, d.h. in der Regel werden alle Kinder eingeschult. Die Kinder können die zweijährige Eingangsphase in einem Jahr (z.B. bei Hochbegabung), in zwei Jahren (regulär) oder in drei Jahren (wenn sie mehr Zeit brauchen) durchlaufen, ohne dass das auf die Schulbesuchszeit angerechnet wird. Kinder, die Lernprobleme haben, werden dadurch individueller arbeiten können. Die Entstehung von manifesten Lernbehinderungen wird sich durch den präventiven Einsatz von Sonderschullehrkräften der Förderzentren in der Eingangsphase der Grundschule möglicherweise reduzieren bzw. vermeiden lassen.

Das Ministerium hat eine Projektgruppe zur Neugestaltung des Schulanfangs unter Berücksichtigung der integrativen Arbeit eingerichtet: Arbeitskreis "Pädagogische Weiterentwicklung der Eingangsphase der Grundschule" (Aus- u. Fortbildung, CAU, IPTS, BIS, Schule, obere u. untere Schulaufsicht); z.Zt. 11. Kooperations-Schulen, die ganz auf Zurückstellung verzichten, um dabei ihr eigenes spezifisches pädagogisches Profil zu erarbeiten.

Ein neues Schwerpunktthema gilt der notwendigen Überarbeitung der Sonderschullehrpläne.

Eine interministerielle Arbeitsgruppe hat sich mit "Fragen der Organisation und Finanzierung von Integration" befasst; Die Ergebnisse wurden im August 1997 veröffentlicht.

Die Landesregierung hat im Schuljahr 95/96 das Projekt "Schulische Förderung von Kindern und Jugendlichen mit autistischen Störungen" eingerichtet. Die Koordination obliegt der IPTS22-BIS (vgl. Anlage 5).

Der Europäische Sozialfonds (ESF) fördert ein Landesprojekt "Fördernetzwerke zur Integration benachteiligter Jugendlicher in die berufliche Bildung" (FÖN). Insgesamt werden 1200 Jugendliche in über 150 verschiedenen Projekten gefördert. Das Projekt wird in der 2. Förderperiode (2000-2006) fortgesetzt und auf Hauptschulen ausgedehnt.( Anlage 4)

Die BIS war zwischen 1993 und 1996 aktiv an einem europäischen Bildungsprojekt HELIOS II beteiligt. Veröffentlichungen zu den einzelnen Bildungsprojekten (Frühförderung bis berufliche Eingliederung) stehen in mehreren Sprachen zur Verfügung. Im Rahmen dieses Programms ist Schleswig-Holstein in weiteren europäischen Bildungsprojekten zum Thema: Integration und Chancengleichheit behinderter und nichtbehinderter Schülerinnen und Schüler beteiligt, und zwar über Sokrates- und Comenius-Programme.(Informationen überdie Integration in Europa können über IPTS22- BIS erfragt werden.)

Seit Februar 1997 ist die BIS, vertreten durch A. Hausotter als "National Working Partner" deutsches Mitglied der "European Agency for Development in Special Needs Education" Europäischen Agentur für Entwicklung in der Sonderpädagogischen Förderung) (Anlage 6) (Weitere Informationen über Web: http://www.european-agency.org).

Seit 1.5.97 ist die Beratungsstelle für Integration in der Schule (BIS) dem Landesseminar für Sonderpädagogik (IPTS22) zugeordnet. (Detailliertere Informationen über e-Mail: ipstbis@ipts.de oder über Web. http://www.IPTS.de ; hier unter "Seminare" anklicken oder: http://www.IPTS.de/ssonder/homepage.htm)

Gemeinwesenorientierte Projekte: Stadtteilprojekt Lübeck-Moislingen (Gewaltprävention / Veränderung von Schule im sozialen Netzwerk).

Kooperationsprojekt Förderschule und Jugendarbeit in Eutin.

Netzwerke im Bereich Erziehungshilfe zwischen Schule und außerschulischen Trägern.

Anlagen

Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Sonderschulen und in integrativen Maßnahmen in Schleswig-Holstein (1992-2000)

Erteilte Lehrerwochenstunden in anderen Einrichtungen (Schulstatistik Tab. III 2000)

Nachteilsausgleich für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen bei Leistungsnachweisen

Bekanntmachung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur vom 24.06.1997 -III305 - 320.6071

FÖN - Fördernetzwerke zur Integration benachteiligter Jugendlicher in die berufliche Bildung

Schulische Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit autistischen Störungen in Schleswig-Holstein

European Agency for Development in Special Needs Education

Anlage 1

Grafik: Anteil der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allen Schulen der Klassen 1-10 in Schleswig-Holstein

Anlage 2

Tabelle: Schuljahr 1999/2000. Tabelle III der Schulstatistik.

Anlage 3

Nachteilsausgleich für Schülerinnen und Schüler mit Behinderungen bei

Leistungsnachweisen

Bekanntmachung des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur

vom 24.06.1997 - III 305 - 320.6071

Zur Handhabung eines Nachteilsausgleichs gebe ich die folgenden Hinweise und Erläuterungen.

1. Rechtsgrundlagen

Nach Artikel 3 Abs. 3 Satz 2 des Grundgesetzes darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Um die Rehabilitation und Eingliederung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen bzw. sonderpädagogischem Förderbedarf in die Gesellschaft zu fördern, haben die Schulen nach § 5 des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes den Auftrag, behinderte und nichtbehinderte Schülerinnen und Schüler gemeinsam zu unterrichten, soweit es die organisatorischen, personellen und sächlichen Möglichkeiten erlauben und es der individuellen Förderung der behinderten Schülerinnen und Schüler entspricht.

Dies erfordert die besondere Fürsorge der Schule im täglichen Schulleben.

Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3, § 7, § 12 Abs. 3 der Ordnung für Sonderpädagogik (OSP) muß deshalb die Schule bei der Leistungsermittlung von behinderten Schülerinnen und Schülern, die nicht nach den lehrplanmäßigen Anforderungen der Förderschule oder der Schule für Geistigbehinderte, sondern gemeinsam mit Nichtbehinderten zielgleich nach den Anforderungen der übrigen öffentlichen Schulen unterrichtet werden, der Behinderung angemessen Rechnung tragen, ohne die fachlichen Anforderungen geringer zu bemessen.

Der Anspruch behinderter Schülerinnen und Schüler auf Nachteilsausgleich ergibt sich auch aus der allgemeinen Fürsorgepflicht der Schule bzw. den entsprechenden Regelungen im Schwerbehindertengesetz (Nachteilsausgleich, § 48 Schwerbehindertengesetz - SchwbG).

Der Nachteilsausgleich dient der Kompensation der durch die Behinderung entstehenden Nachteile und stellt keine Bevorzugung der behinderten Schülerinnen und Schüler gegenüber deren Mitschülerinnen und Mitschülern dar.

2. Formen des Nachteilsausgleichs

Ohne die fachliche Anforderung geringer zu bemessen, ist bei mündlichen, schriftlichen, praktischen und sonstigen Leistungsanforderungen auf die Behinderung der Schülerin oder des Schülers angemessen Rücksicht zu nehmen und ggf. ein Nachteilsausgleich zu schaffen oder eine differenzierte Leistungsanforderung zu stellen, je nach Behinderung z.B. durch

  • verlängerte Arbeitszeiten bei Klassenarbeiten bzw. verkürzte Aufgabenstellung,

  • Bereitstellen bzw. Zulassen spezieller Arbeitsmittel (Einmaleinstabelle, Schreibmaschine, Computer, Kassettenrecorder, größere bzw. spezifisch gestaltete Arbeitsblätter, größere Linien, spezielle Stifte u. ä.),

  • eine mündliche statt einer schriftlichen Arbeitsform (z.B. einen Aufsatz auf Band sprechen) bzw. eine schriftliche statt einer mündlichen Arbeitsform,

  • unterrichtsorganisatorische Veränderungen (z.B. individuell gestaltete Pausenregelungen, individuelle Arbeitsplatzorganisation),

  • Ausgleichsmaßnahmen anstelle einer Mitschrift von Tafeltexten,

  • differenzierte Hausaufgabenstellung,

  • größere Exaktheitstoleranz (z.B. in Geometrie, beim Schriftbild, in zeichnerischen Aufgabenstellungen),

  • individuelle Sportübungen.

Ein Nachteilsausgleich ist auch bei einer nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung (z.B. bei Armbruch) zu gewähren.

3. Verfahren

Behinderte Schülerinnen und Schüler haben einen Anspruch auf Nachteilsausgleich.

Der Anspruch auf Nachteilsausgleich ist nicht antragsgebunden.

Die Schule ist von Amts wegen verpflichtet, einer nachgewiesenen Behinderung angemessen Rechnung zu tragen.

Über eine Behinderung oder eine vorübergehende Beeinträchtigung muß durch die betroffenen Schülerinnen und Schüler oder deren Eltern ein entsprechender Nachweis erbracht werden oder erbracht worden sein.

Über Art und Umfang eines zu gewährenden Nachteilsausgleiches entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter in Absprache mit den unterrichtenden Lehrkräften und ggf. dem für die jeweilige Behinderungsart zuständigen Förderzentrum.

Hat der Förderausschuß eine Empfehlung für einen Nachteilsausgleich ausgesprochen (§§ 5, 7 OSP), ist diese von der Schule bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen.

Die Entscheidung der Schulleiterin oder des Schulleiters ist zu den Akten zu nehmen. In Zweifelsfällen ist die Entscheidung der Schulaufsichtsbehörde einzuholen.

Ein Vermerk über den gewährten Nachteilsausgleich darf nicht in Arbeiten und Zeugnissen erscheinen (§ 7 Absatz 1 OSP, § 52 SchwbG analog).

Anlage 4

Der Europäische Sozialfonds (ESF) fördert ein Landesprojekt der Ministerin für Frauen, Bildung, Weiterbildung und Sport

Das Landesprojekt "Fördernetzwerke zur Integration benachteiligter Jugendlicher in die berufliche Bildung" wird vom ESF bis Ende 1999 unterstützt. Das Projekt wird durch Information, Beratung, Hilfe bei der beruflichen Orientierung, Koordination, Dokumentation und Öffentlichkeitsarbeit helfen, die soziale und berufliche Integration benachteiligter Jugendlicher und junger Erwachsener im Lande Schleswig-Holstein voranzubringen. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass es gerade in Netzwerken gelingt, benachteiligte Jugendliche erfolgreich und dauerhaft in die berufliche Tätigkeit und das Arbeitsleben zu integrieren.

1. Zielsetzung

In der Fortsetzung der schulischen Integration gewinnt die berufliche Integration benachteiligter und behinderter Jugendlicher ihren eigenen Stellenwert und trägt so wesentlich zur Stärkung und Glaubwürdigkeit des Integrationsgedankens bei. Berufliche und soziale Integration bedingen sich gegenseitig und sind daher entscheidend für die weiteren Lebensperspektiven und Lebenspläne.

Eine enge Kooperation von Schulen, Schulverwaltungen, Innungen, Handwerkskammern, Arbeitsverwaltung, Ministerien u.a. wird angestrebt und verleiht diesem Landesprojekt seinen besonderen Charakter. Die bildungspolitische Forderung "Ausbildung für alle" bedeutet für die Zielgruppe stabile Unterstützung und Förderung in einer "konzertierten Aktion". Sie bezieht alle an der beruflichen Bildung beteiligten Personen und Institutionen ein. Der Arbeitsschwerpunkt des Landesprojektes liegt auf der Nahtstelle zwischen allgemeinbildender und berufsbildender Schule und soll dabei helfen, eine tragfähige Kooperation der einzelnen Schularten aufzubauen.

Die Projektarbeit orientiert sich an der Förderung und Weitervermittlung bereits vorhandener sowie der Initiierung neuer Initiativen mit dem Ziel, die Chancen benachteiligter Jugendlicher beim Erreichen einer anerkannten Berufsausbildung zu verbessern und eine selbständige Lebensführung zu verwirklichen.

Beispiele hierfür können sein:

  • gemeinsame Gesprächskreise mit Schulen, Arbeitgebervertretern, Gewerkschaftsvertretern, Ausbildungsbetrieben u.a.,

  • gemeinsame themenzentrierte Arbeitskreise zu den Möglichkeiten und Perspektiven der beruflichen Integration für benachteiligte Jugendliche,

  • gemeinsame Projekte zwischen den einzelnen Schularten,

  • gemeinsamer Unterricht mit den Berufsschulen.

Durch die Verknüpfung der Ressourcen und die Kooperation verschiedenster Institutionen sollen die verfügbaren Finanzmittel möglichst effektiv eingesetzt werden.

2. Inhalte:

Im Landesprojekt sollen folgende Strategien verfolgt werden:

  • Öffnung der allgemeinbildenden Schulen und der Förderzentren für die Kooperation mit den berufsbildenden Schulen.

  • Gemeinsame Beratung von Lehrkräften berufsbildender Schulen mit Lehrkräften der abgebenden Schulen, der Förderzentren sowie Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen anderer Einrichtungen (Rehabilitationspartner) und entsprechende gegenseitige Unterstützung.

  • Verbesserung der Zusammenarbeit und der Koordination zwischen ausbildungsbegleitenden Hilfen und berufsbildenden Schulen.

  • Ambulante und mobile Begleitung benachteiligter Jugendlicher beim Übergang von der abgebenden Schule in die Berufsschule.

  • Durchführung gemeinsamer Fortbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte, Ausbilder und andere an Ausbildung Beteiligte.

  • Hinführung von Lehrkräften in der 1. und 2. Phase der Ausbildung zur Netzwerkarbeit.

  • Beratung und Unterstützung der benachteiligten Jugendlichen, ihrer Lehrer, Ausbilder, Eltern, Erziehungsberechtigten und anderer wichtiger sozialer Bezugspersonen durch den schulpsychologischen Dienst.

  • Ausbau der Fördermöglichkeiten an den berufsbildenden Schulen.

  • Stetige Kooperation zwischen Lehrkräften, Diensten, Beratungsstellen, Arbeitsverwaltung, Kammern, Innungen, Behindertenbeauftragten, Kostenträgern etc., um die Möglichkeiten und Ressourcen sozialer Netzwerke besser zu nutzen.

3. Rahmenbedingungen

Es geht nicht darum, Projekte mit zusätzlichen Mitteln auszustatten sondern zu erproben, wie mit den derzeitig vorhandenen Mitteln eine sinnvolle Kooperation verwirklicht werden kann.

Für die Beschreibung der jeweiligen Projektarbeiten stehen in begrenztem Umfang Ermäßigungsstunden zur Verfügung. Mit der Dokumentation soll erreicht werden, dass die Vielfalt existierender Projekte und Kooperationen einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Die festgehaltenen Erfahrungen sollen Anregungen für eigene regionale Projekte liefern, die dann ein wesentlicher Bestandteil regionaler Fördernetzwerke sind.

Die Arbeit des Landesprojektes wird koordiniert durch das Leitungsteam:

Henning Braband, Dipl.-Psych, Beratungsstelle für Integration in der Schule (BIS), Kronshagen;

Manfred Heinze, SoL, Dipl. Ing., Schule am Rondeel (Förderzentrum) Kiel, IPTS - Landesseminar für Sonderpädagogik;

Ulrich Krause, StR, Berufliche Schulen des Kreises Pinneberg in Elmshorn;

Friedrich Nielsen, StD Gewerbliche Berufliche Schulen Flensburg, IPTS - Landesfachausschuss "Sonderpädagogik an Beruflichen Schulen".

4. Weitere Informationen zum Landesprojekt erteilt:

Henning Braband, BIS

Schreberweg 5

24119 Kronshagen

Tel. 0431 - 5403-196 / -197

e-Mail. Iptsbis@ipts.de

Sekretariat Fau Bärbel Süphke

Tel. 0431 - 5403-244

Anlage 5

Schulische Unterstützung von Schülerinnen und Schülern mit autistischen Störungen in Schleswig - Holstein

Die Charta für Menschen mit Autismus von 1992 beschreibt die Rechte dieser Menschen.

Es herrscht allgemeine Übereinstimmung darüber, dass Menschen mit Autismus und anderen Entwicklungs- und Wahrnehmungsstörungen ein Recht auf Bildung und Ausbildung haben.

Die Forschung der letzten Jahre hat eine Vielzahl von Therapieansätzen aufgezeigt, die dazu beitragen, die Lebensqualität autistischer Menschen und ihrer Familien erheblich zu verbessern. Neben therapeutischer Betreuung muss einer gezielten Lernförderung besondere Bedeutung beigemessen werden. Lernen und Ausbildung sind Voraussetzungen für viele andere Lebensbereiche wie z.B. Freizeitbeschäftigung, Vermittlung von Arbeitsplätzen, Haushaltsführung, Autonomie und letztlich auch die Teilnahme am allgemeinen gesellschaftlichen Leben.

Die Ausprägung und die Intensität des autistischen Verhaltens sind bei Kindern und Jugendlichen unterschiedlich. Es werden dafür vielfältige, insbesondere neurologische Ursachen angenommen. Insgesamt gilt, dass autistisches Verhalten in seinem jeweiligen Erscheinungsbild nicht unveränderbar, sondern durch Erziehung, Unterricht, Förderung und Therapie langfristig beeinflussbar ist.

Für Kinder und Jugendliche mit autistischem Verhalten gibt es keine eigene Schulart bzw. kein schulrechtlich verankertes Bildungsangebot. Sie werden in der Regel in Heimschulen, Psychiatrien oder Sonderschulen betreut. In einigen Bundesländern haben sich Einrichtungen oder Klassen mit Modellcharakter entwickelt.

In Schleswig - Holstein hat sich seit 1985 die gemeinsame Beschulung behinderter und nichtbehinderter Schülerinnen und Schüler zunehmend etabliert. Seit Inkrafttreten des neuen Schulgesetzes im August 1990 ist der gemeinsame Unterricht behinderter und nichtbehinderter Kinder und Jugendlicher rechtlich verankert (§ 5. 2 SchuG) . Dieser Paragraph wurde als "Generalklausel" formuliert, d.h. er gilt für alle Schularten und schließt keine "Behinderungsart" aus. Dies trifft auch auf Kinder und Jugendliche mit autistischen Verhaltensweisen zu.

Seit dem 1. 2. 1993 ist die Ordnung für Sonderpädagogik - OSP - in Kraft getreten (Landesverordnung über Unterricht und Erziehung von Schülerinnen und Schülern sowie Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Grundschulen, weiterführenden allgemeinbildenden Schulen und Sonderschulen). Der Begriff der Sonderschulbedürftigkeit entfällt, da dieser an den Beschulungsort der Sonderschule gebunden ist. Die OSP spricht von sonderpädagogischem Förderbedarf, der in verschiedenen Formen des pädagogischen Angebots eingelöst werden kann. Im laufenden Schuljahr werden über 25% aller Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in integrativen Maßnahmen der Regelschule unterrichtet. Im Rahmen dieser Entwicklung werden auch zunehmend Schülerinnen und Schüler mit autistischem Syndrom integrativ beschult.

Zur Zeit werden 36 Kinder und Jugendliche betreut. (Vorschulisch: 6, Grundschule: 14, Hauptschule: 7, Realschule: 2, Integrierte Gesamtschule: 1, Gymnasium 2, Berufliche Bildung: 4 Schülerinnen und Schüler.

Es gibt in unserem Bundesland keinen speziellen Ausbildungsgang für die Förderung autistischer Schülerinnen und Schüler. Lehrkräfte aller Schularten haben somit eine schwere Aufgabe zu bewältigen. Da es weder die spezielle Therapie gibt, greift auch nicht die spezielle Unterrichtskonzeption. Autistisch behinderte Schülerinnen und Schüler haben einen individuellen Förderbedarf. Gemeinsam zeigen sie die Schwierigkeit, sich in den schulischen Alltag mit all seinen Strukturen und Regeln einzufügen.

Der Beratungs- und Unterstützungsbedarf an den Schulen ist groß. Bislang wurde die B I S

( Beratungsstelle für Integration in der Schule ) von Schulen und Lehrkräften in Anspruch genommen. Die Beratungsstelle wurde 1990 mit Inkrafttreten des neuen Schulgesetzes vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur (MBWFK) eingerichtet. Seit Mai 1997 ist die BIS dem Landesseminar für Sonderpädagogik (IPTS - Landesinstitut Schleswig-Holstein für Theorie und Praxis der Schule) zugeordnet.

Seit Schuljahresbeginn 95/96 hat das MBWFK das Landesprojekt "Autismus" eingerichtet.

Der Schwerpunkt des Landesprojekts liegt in der Unterstützung der allgemeinbildenden Schulen des Landes Schleswig-Holsteins. Einen zentralen Aspekt bildet die Zusammenarbeit mit schulischen und außerschulischen Einrichtungen und involvierten Personen.

Schulisch: Lehrkräfte und Eltern, unterstützendes Personal, Schulleitung, untere und obere Schulaufsicht , Landesinstitut für Sonderpädagogik u.a.

Außerschulisch: Sozialhilfeträger, vorschulische Einrichtungen, Frühförderung, Wohlfahrtsverbände, therapeutische/ medizinische Einrichtungen, Elternverbände, Universität, Fachhochschule, Werkstätten für Behinderte, Berufsbildungswerke u.a.

Die Arbeitsschwerpunkte sind u.a.:

Schulische Unterstützung durch förderdiagnostische Beratung

(Fallbezogene schulische Beratung, Analyse und Bewertung des schulischen Förderbedarfs, In-Service-Training von Klassenteams, Beiträge zur Gestaltung von schulischen[1] Übergängen ... )

Schullaufbahnberatung

  • Sonderpädagogische Stellungnahmen

  • Beratung und Entscheidungshilfe für Schule, Eltern, Schulaufsicht, Ämter, Schulträger, Wohlfahrtsverbände,

  • Unterstützung und Beratung beim Übergang von Schule in die berufliche Bildung

Netzwerkarbeit

  • Erfassen von Schülerinnen und Schülern mit autistischem Syndrom in allgemeinbildenden Schulen

  • Austausch und Kooperation mit allen im Bereich Autismus beteiligten Institutionen und Personen

Durchführung von Informationsveranstaltungen

(z.B. Schulinterne Lehrerfortbildungen, Konferenzen, Gesprächskreise ... )

Mittlerweile hat sich das Landesprojekt zu einem tragfähigen schulischen Unterstützungssystem für autistisch behinderte Kinder und Jugendliche in der Regelschule entwickelt. Neben der Zusammenarbeit mit schulischen Einrichtungen, hat sich die interdisziplinäre Kooperation mit außerschulischen Institutionen (Ämter, Wohlfahrtsverbänden, therapeutischen/ medizinischen Einrichtungen ) ausgeweitet und in diesem Bezug bewährt.

Durch die schulbezogenen Aktivitäten des Landesprojekts "Autismus" und die diagnostisch - therapeutischen Angebote des R V Schleswig - Holstein, des Hamburger Autismusinstituts sowie anderer therapeutischer Einrichtungen hat sich zunehmend ein flächendeckendes Unterstützungsangebot für diese Schülergruppe entwickelt.

Anlage 6

European Agency for Development in Special Needs Education [2]

Working Partner : Anette Hausotter

Europäische Agentur für die Entwicklung im Bereich der Sonderpädagogischen Förderung

Die Europäische Agentur für Entwicklung in der Sonderpädagogischen Förderung wurde am 19. November 1996 gegründet. Es handelt sich um ein kooperatives Unternehmen zwischen 17 Ländern; 15 Mitgliedstaaten der EU sowie Norwegen und Island. Die EA ist eine sich selbst verwaltende und unabhängige Institution, die mit der Europäischen Kommission und mit europäischen Programmen eng zusammenarbeitet. Sie besteht aus einem Vertreterrat, der sich aus je einem vom Bildungsministerium ernannten Repräsentanten pro teilnehmendem Land sowie einem Netz von Arbeitspartnern - Working-Partner- die ebenfalls vom jeweiligen Bildungsministerium benannt worden sind, zusammensetzt. Das Sekretariat der EA hat seinen Sitz in Middelfart in Dänemark. Hier laufen alle Informationen zusammen, um von dort über die nationalen Netzwerke verbreitet zu werden. Seit November 1999 steht ebenfalls ein Büro in Brüssel als Dependance zur Verfügung. Die Arbeitsform der European Agency ist virtuell, d.h. Fach- und Redaktionskonferenzen, Informationen, Zusammentragen von Daten, deren Analyse und Auswertung laufen via Internet. Von November 1996 bis zum 31. Juli 1999 wurde die European Agency durch das Dänische Unterrichtsministerium finanziert; dieser Zeitraum galt als Probephase. Bund und Länder der Bundesrepublik Deutschland sind zum 1.8.1999 offiziell der European Agency beigetreten.

Hauptanliegen der EA ist die Weiterentwicklung im Bereich der Sonderpädagogischen Förderung, mit dem Ziel eine kohärente und dauerhafte Struktur für die europaweite Zusammenarbeit auf dem Gebiet der besonderen pädagogischen Bedürfnisse zu schaffen. Die Grundlagen hierfür bilden vorangegangene EU-Bildungsprojekte wie das HELIOS Projekt, Auswertungen des OECD-CERI Projektes sowie die Salamanca Erklärung der UNESCO bzw. die Charta von Luxemburg, die sich in ihrer Zielsetzung übereinstimmend für eine "inclusive education" - eine integrative Schule für alle Schülerinnen und Schüler einsetzen.

Aufgaben der EA sind zum einen Sammlung, Analyse und Aufbereitung relevanter Daten zu gemeinsam ausgewählten Schwerpunktthemen im Bereich sonderpädagogischer Förderung, um diese den einzelnen Ländern zur Verfügung zu stellen. Es ist nicht das Ziel der EA, eine bestimmte Philosophie in bezug auf die besonderen pädagogischen Bedürfnisse zu fördern oder Informationen zu verbreiten, die nur einseitige Standpunkte berücksichtigen. Das Anliegen der EA ist vielmehr das in den verschiedenen Ländern vorhandene Know-how zusammenzutragen, zu verbreiten und für andere Länder zugänglich zu machen, und zwar in einer ihrer jeweiligen Situation angepassten Form. Sie dient als Forum für Informations- und Erfahrungsaustausch sowie Weiterbildung. Dieser internationale Austausch soll helfen, Innovationen in den Bereichen der Bildungspolitik und Bildungsforschung anzustoßen. Dies kann sowohl durch eine europaweite Information über Fachtagungen und Kongresse, die Vermittlung von Experten für Konferenzen oder durch die Organisation von Seminaren zu ausgewählten Themen geschehen. Zusätzlich steht ein umfangreiches Service Netz für Informationen zum Bereich sonderpädagogische Förderung zur Verfügung.

Folgende Schwerpunktthemen wurden bislang bearbeitet, indem durch die Working-Partner der 17 Mitgliedsländer zusammengetragene Informationen, aufbereitet, analysiert und zusammenfassend bewertet wurden:

"Early Intervention": Früherkennung und Frühförderung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

"Teacher Support": Unterstützung von Lehrkräften, Aus- und Fortbildung sowie Unterstützungsangebote für Lehrkräfte, die Schülerinnen und Schüler mit sonder-pädagogischem Förderbedarf unterrichten.

"Financing": Finanzierung der Sonderpädagogischen Förderung, Finanzierungs-mechanismen und -verfahren

Für das Jahr 1999 wurden seitens der an der EA beteiligten Länder folgende Arbeitsthemen festgesetzt:

"Classroom-Practise": Praxisfeld Schule, Gemeinsamer Unterricht, schulische Praxis und die Umsetzung sonderpädagogischer Förderung

"ICT - Information, Communication, Technology":

Sonderpädagogische Förderung und ICT, die Anwendung neuer Technologien und Kommunikation im Unterricht mit Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf

"Transition":

Übergang Schule - Beruf, Berufsorientierung, Berufsvorbereitung, Modellvorhaben.

Gleichzeitig hat die Agentur eine Reihe von Aufträgen für die Europäische Kommission übernommen. Diese beinhalten eine Untersuchung über die Teilnahme von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Rahmen der Sokrates Programme sowie eine Analyse von Daten über die integrative Beschulung in den europäischen Mitgliedsländern.

Alle über die Agentur zusammengestellten Informationen sind sowohl in Form von Periodika wie "Euro News" sowie Publikationen und Berichten als auch über das Internet zugänglich. Es ist das Anliegen der Agentur, die Website im Internet möglichst benutzerfreundlich und umfassend zu gestalten. Anwender aus ganz Europa können somit ihre Suche nach Informationen im Bereich Sonderpädagogischer Förderung dort ansetzen.



[1] Ansprechpartner: Anette Hausotter und Bernd Maaß, IPTS22-BIS; Tel: 04315403196 e-Mail: iptsbis@ipts.de

[2] IPTS 22 -BIS- Beratungsstelle für Integration - Schreberweg 5 - 24119 Kronshagen

Tel: 0431.5403.196 - Fax: 0431.5403.200 - E-mail: A.Hausotter@t-online.de

Ansprechpartnerin für die Bundesrepublik Deutschland:

Anette Hausotter

IPTS22-BIS Beratungsstelle für Integration

Schreberweg 5

24119 Kronshagen

Tel: 0431-5403196 Fax: 0431-5403200

e-Mail: a.hausotter@t-online.de oder iptsbis@ipts.de

Quelle:

Anette Hausotter: Länderbericht Schleswig-Holstein 2000. Zur gemeinsamen Erziehung und zum gemeinsamen Unterricht

bidok - Volltextbibliothek: Erstveröffentlichung im Internet

Stand: 02.11.2005

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