Probleme der Erfolgsfeststellung in der beruflichen Rehabilitation

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Artikel
Releaseinfo: Sonderdruck aus Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (MittAB); Erschienen in: MittAB 32. Jahrgang, 1/1999, S. 61-69
Copyright: © Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit (IAB) 1999

Probleme der Erfolgsfeststellung in der beruflichen Rehabilitation

Die Erfolgsfeststellung beruflicher Rehabilitation ist sowohl unter theoretischen als auch unter methodischen Gesichtspunkten problematisch. Einige der dabei zu bedenkenden Zusammenhänge und Einflußfaktoren werden in dem Beitrag erörtert. Da für die Dignität der Erfolgsfeststellung auch die erreichbare Analysetiefe von Einfluß ist, sollte dies bei der Evaluation beruflicher Rehabilitation berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere bei der wertenden Erfolgsbeurteilung. Daher wird unter Einbezug empirischer Befunde in vier Schritten dargestellt, welche Aussagen mit welcher Differenziertheit auf den jeweiligen methodischen Ebenen möglich sind und inwieweit eventuell Restriktionen geltend gemacht werden müßten.

Orientierende Analysen verwenden bevorzugt lediglich sozialstatistische Kriterien und Situationsmerkmale, die bei gelungener Vermittlung in Arbeit hauptsächlich Aussagen zum beruflichen Verbleib, differenziert nach Alter, Qualifikation, Geschlecht usw. ermöglichen. Eine Reihe wesentlicher Aussagen zur Erfolgsbeurteilung - wie z.B. zur beruflichen und sozialen Integration - lassen sie nicht zu. Mögliche Auswege könnten in differenzierenden und vertieften inhaltlichen Analysen bestehen, die z.B. das Verhältnis von Anforderungen und Fähigkeiten einbeziehen. Vorläufige Überlegungen hierzu werden ansatzweise vorgestellt.

Die Vorteile mehrmethodischer Ansätze, wie sie beispielsweise im Rahmen einer systematischen Kasuistik Anwendung finden, liegen in der bei Fallanalysen möglichen Verknüpfung von aussagekräftigen Daten aus mehreren Kriterienbereichen, z.B. der Belastungserprobung, der sozialpädagogischen Begleitung und der berufspädagogischen Betreuung. Diese Vorteile scheinen vorerst aber hauptsächlich an sog. objektkonkrete Untersuchungen (also in Berufsbildungswerken, Berufsförderungswerken, Rehabilitationskliniken usw.) gebunden zu sein. Dennoch könnte aus der Perspektive eines top-down-Ansatzes, der dem Paradigma eines methodischen Stufenprogramms folgt, an ein Vorgehen gedacht werden, welches über die "Aggregatebene" hinausgehend weitere Ebenen, sogar auch die "Fallebene", mit einbezieht. Auf erste Beispiele für dieses Vorgehen, etwa bei der Untersuchung von Abbrüchen bei der Erst- bzw. der Berufsausbildung, wird verwiesen.

Gliederung

  1. Erfolgsfeststellung als theoretisches und methodisches Problem

  2. Ebenen der Erfolgsbestimmung in Evaluationsprojekten zur beruflichen Rehabilitation

  3. Orientierende Überblicksanalysen

  4. Differenzierende Überblicksanalysen

  5. Vertiefte inhaltliche Analysen

  6. Systematische Kasuistik - fallbezogene Analysen

  7. Ausblick

1 Erfolgsfeststellung als theoretisches und methodisches Problem

Die Erfolgsermittlung ist das zentrale Anliegen jeder Evaluation von Programmen oder Maßnahmen und wird seit Jahren intensiv bearbeitet und diskutiert, ohne daß bisher unstrittige theoretische Konzepte und für die jeweiligen Aufgaben und Zwecke standardisierte oder wenigstens routinemäßig einsetzbare Methoden verfügbar wären. Die mit den Begriffen Erfolgsfeststellung und Evaluation markierte Thematik ist u.a. auf Grund ihrer Vielschichtigkeit sowie unterschiedlicher disziplinspezifischer Positionen und Sichtweisen derart facettenreich, daß hier nur einige wenige Aspekte aufgegriffen werden können. Im übrigen muß auf zusammenfassende Beiträge verwiesen werden, in denen versucht wurde, den jeweiligen Stand der Arbeiten zu reflektieren, was verständlicherweise auch immer nur unter bestimmten Blickwinkeln gelingen konnte (vgl. z.B. Will u.a. 1987; Mertens u.a. 1981; Rossi u.a. 1988; Beywl 1989; Cook/ Matt 1990; Blaschke 1993, 1994; Blaschke/ König 1992; Blaschke u.a. 1992; Blaschke/ Plath 1997; Schellhaaß/ Schubert 1992; Schmid 1996; Niehaus 1997).

Konsens besteht wohl weitgehend darin, daß ein Erfolg von Maßnahmen nur dann festgestellt werden kann, wenn Wirkungen signifikant nachgewiesen und die Wirkungen eben genau diesen Maßnahmen hinreichend sicher zugerechnet werden können. Kontrafaktisch formuliert geht es um die Frage, was aus den betreffenden Personen geworden wäre, wenn sie nicht an Maßnahmen teilgenommen hätten. Für die Erfolgsfeststellung ist also vorauszusetzen, daß durch die Teilnahme an Maßnahmen i. S. von Wirkungen Veränderungen gegenüber der Ausgangslage herbeigeführt und diese auch indiziert werden konnten. Erfolg ist jedoch nicht allein durch die Wirkung von Maßnahmen bestimmt, sondern auch durch deren Wirksamkeit (Erreichen der Ziele), Effektivität (tatsächliche Maßnahmeeffekte i.S. von Nettoeffekten) und Effizienz (möglichst geringer Finanzmitteleinsatz).

Wesentliche theoretische Probleme scheinen sich nun aus zwei grundlegenden Sachverhalten zu ergeben:

  1. Gesellschaftliche oder politische Zieldefinitionen bezüglich sozialer Probleme sind zumeist nicht identisch mit Maßnahmezielen und letztere, die Maßnahmeziele, stehen nicht regelhaft in einem Verhältnis des Sich-Bedingens zu den gesellschaftlichen Zielen. So führen beispielsweise Bildungsmaßnahmen nicht mit hoher Sicherheit zur Eingliederung in Erwerbsarbeit, sondern nur mit einer bestimmten sowie bedingungsabhängig unterschiedlich großen Wahrscheinlichkeit, und die Eingliederungsrate in Arbeit hat als Kriterium gesellschaftlicher Zielsetzung offenbar keine hinreichende Abbildgüte für das Maßnahmeziel, nämlich die Aneignung beruflicher Bildung. Die Ziele von Bildungsmaßnahmen, so auch von Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation, bedürfen also der wissenschaftlichen bzw. der fachlich-institutionellen Transformation und haben allgemein die praxisnahe Vermittlung und Aneignung von Handlungskompetenz bzw. Handlungsfähigkeit für berufliche Anforderungen und Lebenssituationen zum Inhalt. Die Differenzierung der Zielebenen, die Definition der Ziele und die Bewährungskontrolle sog. zielführender Maßnahmen sind nun nicht unabhängig von der Analyse-, Bewertungs- und Interventionsperspektive unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen, soweit sie sich tatsächlich mit allen drei Aspekten befassen bzw. befassen können. Letzteres hängt wesentlich bereits davon ab, ob das Dilemma zwischen oft geforderter oder auch angestrebter Analysebreite und notwendiger sowie methodisch realisierbarer Analysetiefe möglichst problemgerecht gelöst werden kann (vgl. Blaschke/ Plath 1997).

  2. Bei der beruflichen Rehabilitation kommt in der Regel hinzu, daß in Abhängigkeit von der individuellen Ausgangslage Einschätzungen zur Entwicklung des Gesundheitszustandes (Salutogenese) sowie zur Entwicklung lernbedingter Kompensations- und Leistungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung zu erfüllender (Arbeits-)Anforderungen unverzichtbar sind. So kann dann beispielsweise bei psychisch Kranken und Behinderten das Durchhalten einer Trainingsmaßnahme bereits ein bedeutsamer Rehabilitationserfolg sein (vgl. z.B. Längle u.a. 1997).

Daraus wird folgendes klar: Die Erfolgssicherung hängt nicht nur von der gesellschaftlichen Zielsetzung ab, sondern vor allem auch von deren disziplinspezifischer wissenschaftlicher sowie fachlich-institutioneller Umsetzung in jeweils spezielle Maßnahmeziele, von den Bedingungen der Zielerreichung (z.B. Organisation und inhaltliche Ausrichtung der Maßnahmen) sowie von den personalen Voraussetzungen der Teilnehmer, also der Rehabilitanden. Die Erfolgsfeststellung und noch mehr die Erfolgsbewertung ist an die Verfügbarkeit von Kriterien mit ausreichender indikatorischer Valenz (also geprüfter und erwiesener, nicht einfach zugeschriebener Indikatorfunktion) und Differenzierungsfähigkeit gebunden. Je größer die Annahmenbelastetheit theoretischer und methodischer Konzepte ist, desto geringer ist der Aussagewert von Evaluationsergebnissen. So viel zu einigen grundlegenden theoretischen Problemen.

Die methodischen Probleme sind keinesfalls weniger gravierend. Da diese ihrer großen Zahl wegen hier nicht hinreichend beschrieben und erörtert werden können, sollen die wichtigsten stichwortartig benannt werden, z.B.: Datengüte, Stichproben-, Problem- und Situationsrepräsentanz, Reliabilität und Validität von Ergebnissen, unbeobachtete Heterogenität, Links- und Rechts-Zensur, Spontanremission, Selbst- und Fremdselektion, Kontrollgruppenbildung, Querschnitts- und Längsschnittsansätze, Haupt- und Nebenwirkungen sowie Vermitteltheit und Fristigkeit von Effekten (z.B. Mertens u.a. 1981; Rossi u.a. 1988; Beywl 1989; Cook/ Matt 1990; Blaschke u.a. 1992; Niehaus 1997). Da befriedigende Lösungen dieser Probleme kurzfristig nicht zu erwarten sind, müssen vorerst vertretbare Kompromisse eingegangen werden, die allerdings zugleich wieder neue Probleme produzieren.

2 Ebenen der Erfolgsbestimmung in Evaluationsprojekten zur beruflichen Rehabilitation

Die Erfolgsfeststellung in der beruflichen Rehabilitation wird nicht nur von den zuvor genannten, noch nicht hinreichend gelösten Problemen beeinflußt, sondern ist auch von der jeweiligen methodischen Analyseebene abhängig, die der Evaluation zu Grunde lag. Daher wird im folgenden dargestellt, welche methodischen Ebenen unterschieden werden sollten, welche Aussagen mit welcher Differenzierungstiefe auf den jeweiligen Ebenen gemacht werden können bzw. zu erwarten sind und mit welchen Restriktionen bzw. auch Schwierigkeiten ebenenspezifisch zu rechnen ist. Dabei werden, vom allgemeinen zum besonderen (bzw. top down von der Aggregatebene zur Fallebene) vorgehend, vorerst vier methodische Ebenen beschrieben, für die eine unterschiedliche Analysetiefe kennzeichnend ist. Dabei wird aus Gründen der Sicherung einer ausreichenden Transparenz auf die Darstellung der eigentlich ebenfalls zu berücksichtigenden Systematik der Analyseverfahren verzichtet.

2.1 Orientierende Überblicksanalysen

Orientierende Überblicksanalysen werden als Verbleibsanalysen und auch als Monitoring, einer auf dieser Ebene speziellen Form des Verbleibsnachweises, durchgeführt. Die Datenbasis besteht im allgemeinen aus prozeßproduzierten, unterschiedlich hoch aggregierten Verwaltungsdaten, wobei oft nicht bekannt ist, inwieweit die Aggregate homogen bzw. inhomogen sind.

Zum Monitoring:

Gemäß der Definition beispielsweise von Zängle und Trampusch (1997) wird Monitoring zwar auch auf der Ebene orientierender Analysen als ein kontinuierliches, rückkoppelndes Überwachen der Durchführungsphase von Maßnahmen mit der Möglichkeit des steuernden Eingreifens verstanden, ist aber wohl doch eher eine fortlaufend diskrete (nicht "kontinuierliche", vgl. die zitierten Autoren) statistische Erfolgskontrolle an Hand globaler Kriterien. Die Datenbasis bilden Geschäftsdaten, da Beobachtungs- oder dialogische Verfahren auf dieser Ebene nicht eingesetzt werden (vgl. z.B. Blaschke u.a. 1992; Niehaus 1997).

So versuchten Zängle und Trampusch den Erfolg beruflicher Rehabilitation an Hand dreier Verbleibskategorien zu bestimmen, nämlich "Eingliederung in Arbeit", "Abbruch der Maßnahme" und "Anschlußarbeitslosigkeit". Die sich ergebenden Prozentsätze (43%, 32%, 25%) seien mit denen von FuUMaßnahmen verglichen worden und hätten eine ähnliche Höhe. Dieser Vergleich erfüllt zwar den Zweck der Autoren, bringt aber für die Erfolgsfeststellung beruflicher Rehabilitation nicht allzu viel, da für die Quoten aus dem FuU-Bereich ebenfalls keine Bewertung vorliegt. Die weiteren Ergebnisse zu statistischen Interaktionen zwischen Teilnehmermerkmalen und regionalen Kontextbedingungen sowie zum Einfluß dieser Interaktionen auf die Verbleibskategorien mittels logistischer Regressionen bereichern zwar den Ansatz der statistischen Erfolgskontrolle, leisten jedoch keinen unmittelbaren Beitrag zum Problem der Erfolgsbewertung (und Erfolgssicherung) beruflicher Rehabilitation.

Zu Verbleibsanalysen:

Verbleibsanalysen sind, ebenso wie das Monitoring, eigentlich eine Vorbedingung für die Feststellung von Veränderungen bei den Teilnehmern an Maßnahmen und damit also auch eine Vorbedingung für Wirkungsanalysen. Das zentrale Anliegen von Evaluation, nämlich die Bewertung nachgewiesener Wirkungen als "ausreichend oder unzureichend", als "zielgerecht oder alarmierend" ("grüner bzw. roter Bereich" nach Zängle u.a.), die theoretisch und methodisch begründete Wert-, Güte- oder auch andere Beurteilungsmaßstäbe voraussetzt (und sich nicht aus den Ergebnissen der Analyse ableiten läßt), ist damit jedoch ebenfalls noch nicht erfüllt.

Verbleibsanalysen geben lediglich Auskunft darüber, was aus den Teilnehmern von Maßnahmen geworden ist, bzw. wo und wie sie untergekommen sind. Mittels bivariater und multivariater Auswertungen der (nach sozialstatistischen Kriterien sowie nach Situationsmerkmalen vor und nach der Maßnahme geordneten) Daten lassen sich über den Verbleib hinaus vorwaltende Einflüsse erkennen. Dieses Vorgehen ermöglicht nur grobe Aussagen, da die Kriterien oder Merkmale auf hoher Aggregationsebene zumeist nur "formale" Sachverhalte betreffen. Wird davon ausgegangen, daß diejenigen erfolgreich rehabilitiert wurden, die Arbeit gefunden haben, dann läßt sich zeigen, daß - neben den Merkmalen höheres Lebensalter, Qualifikationsdefizite sowie längere Dauer der Arbeitslosigkeit - insbesondere gesundheitliche Einschränkungen und Behinderungen Risikofaktoren für die Eingliederung in Arbeit darstellen. Merkmalskombinationen erhöhen das Risiko (vgl. Rudolph/ Gommlich 1993, Blaschke/ Nagel 1995).

Auf dieser Ebene orientierender Überblicksanalysen ist die Erfolgsfeststellung beruflicher Rehabilitation also hauptsächlich an der Dimension "Chancen und Risiken am Arbeitsmarkt" festgemacht, ohne daß also eine theoretisch und methodisch begründete Erfolgsbewertung möglich ist.

2.2 Differenzierende Überblicksanalysen

Die zuvor bei den orientierenden Überblicksanalysen verwendeten sozialstatistischen Kriterien, wie Alter, Geschlecht, Familienstand, Nationalität, Bildungsabschlüsse usw. sowie Situationsmerkmale vor und nach der Maßnahme, wie vorherige Erwerbssituation, nachfolgende Dauer der Arbeitsuche, Art der gefundenen Arbeitsstelle, Stellung im Betrieb, Dauer des Verbleibs in Arbeit, Arbeitslosigkeit usw. lassen eine größere Analysetiefe nicht zu. Für die Beurteilung des Erfolgs beruflicher Rehabilitation wäre es aber wichtig, über den Verbleib hinaus, insbesondere für den Fall der Eingliederung in Arbeit, Informationen zur Sozialisation, vornehmlich zur beruflichen und sozialen Integration, zu erhalten.

Im Unterschied zum "Verbleib in Arbeit" geht es bei der "Integration" um die Einbindung von Menschen in die "Struktur bestimmter Arbeits- und Sozialsysteme". In diesem Sinne handelt es sich bei der beruflichen Integration nicht einfach um die Ausübung einer Erwerbs- bzw. Berufstätigkeit schlechthin. Es geht vielmehr um die Eingliederung in berufliche Tätigkeiten in der Weise, daß - auch entsprechend den Vorstellungen des Gesetzgebers (z.B. SGB III, § 97; RehaAnglG, § 1, § 11, Abs. 1) - unter anderem "Eignung", speziell in bisherigen Tätigkeiten und Ausbildungen erworbene Fähigkeiten, und "Neigung" der betreffenden Personen berücksichtigt werden. Ähnlich sind bei der sozialen Integration (etwa im Rahmen der dauerhaften Eingliederung in Beruf und Gesellschaft) unter anderem Kriterien zur Einbindung in soziale Netze, zur Akzeptanz, Anerkennung, Bestätigung usw. in Betracht zu ziehen.

Die hierzu erforderlichen Informationen sind allein aus der Verwaltungsstatistik nicht zu gewinnen. Derartige Sachverhalte lassen sich nur an Hand operationalisierter Kriterien beurteilen, die nicht - wie bei den Verbleibsanalysen - im wesentlichen nur "formale Dimensionen" betreffen, sondern eine größere Nähe zu "Inhalten von Arbeit und Sozialem" haben.

Daher wurden für Erkundungsuntersuchungen von verschiedener Seite Fragebögen entwickelt, die auch speziellere Informationen lieferten (z.B. Albrecht/ Egert 1990; Schul u.a. 1994; Plath u.a. 1996). In dem von uns entwickelten Fragebogen wurde versucht, die verschiedenen Formen der Integration durch möglichst einfache, nicht allzu differenzierte Leitkriterien zu beschreiben (vgl. Abb. 1).

Abbildung 1: Überblick über Leitkriterien für einzelne Formen der Integration

Erste Erhebungen bei jugendlichen Rehabilitanden mit bestandener Facharbeiterprüfung in einem anerkannten Ausbildungsberuf lieferten bezüglich der beruflichen und der betrieblichen sozialen Integration eine Reihe aufschlußreicher Befunde. Eine Überblicksdarstellung mit Teilergebnissen ist in Tabelle 1 enthalten.

Aus Tabelle 1 ergibt sich:

  1. Betrachtet man zunächst bei der beruflichen Integration die verschiedenen Formen der "Eingliederung in Arbeit", nämlich "mindestens schon einmal in Arbeit gewesen" (K1), "zum Zeitpunkt der Erhebung in Arbeit" (K2), "Vollzeitstelle" (K3) und "Dauerarbeitsstelle" (K4), so zeigt sich folgendes: Mit zunehmender Aufschaltung relevanter (Integrations-)Kriterien nimmt der Anteil von Rehabilitanden, welcher jeweils alle Kriterien zugleich erfüllt, beträchtlich ab. Dieser statistisch hochsignifikante Effekt zeigt sich bei Männern und Frauen gleichermaßen; beim Vergleich der Geschlechter bei Frauen allerdings in noch stärkerem Maße. Das heißt: Wird der Erfolg beruflicher Rehabilitation nach Maßgabe der beruflichen Integration beurteilt und dabei zunächst nur die berufliche Konsolidierung betrachtet, die bei unbefristeter Arbeit (Dauerarbeitsstelle, K4) allgemein als am höchsten veranschlagt wird, dann sind gegenüber dem bloßen "Verbleib in Arbeit" bereits erheblich verminderte Anteilswerte festzustellen.

Tabelle 1: Daten zur beruflichen und sozialen Integration erstausgebildeter Rehabilitanden in Zuordnung zu den Leitkriterien für einzelne Formen der Integration entsprechend dem Prinzip der "Kriterienaufschaltung"

  1. Eine demgegenüber nochmals beträchtliche Verminderung der Anteilswerte für die berufliche Integration ist zu konstatieren, wenn bei weiterer Kriterienaufschaltung der "ausbildungsadäquate Berufseinsatz" (K5) und die "Verwertbarkeit des in der Ausbildung Gelernten" (K6) hinzugenommen werden. Dies verdient besondere Aufmerksamkeit, weil der Umfang der Nutzung erworbener Befähigungen und Kompetenzen für den Erfolg beruflicher Rehabilitation höchst wichtig ist. Auf die geringe "Verwertbarkeit des in der Ausbildung Gelernten" ist noch einmal zurückzukommen, zumal dieser Effekt bei Absolventen von Berufsbildungswerken (BBW) signifikant stärker ist als bei betrieblich ausgebildeten Rehabilitanden.

  2. Bei der (betrieblichen) sozialen Integration ist mit zunehmender Kriterienaufschaltung ebenfalls eine Verminderung der Anteilswerte festzustellen, jedoch nicht in dem Ausmaß wie bei der beruflichen Integration. Aber auch hier ist es sicherlich nicht zufriedenstellend, wenn maßgebliche Kriterien sozialer Integration nur bei 49% der Männer und bei 34% der Frauen gleichermaßen erfüllt sind.

Wie sich also zeigen läßt, ermöglicht eine weitere Differenzierung der Kriterien auch bei Überblicksanalysen eine größere Analysetiefe, allerdings nur, wenn statt prozeßproduzierter Verwaltungsdaten Befragungsdaten herangezogen werden.

Auf der Basis dieser Daten ist für die Beurteilung des Erfolgs der beruflichen Rehabilitation folgendes von Bedeutung:

  1. Der Umstand, daß bei der beruflichen Integration der Anteil von Personen, welcher alle aufgeschalteten Kriterien zugleich erfüllt, vergleichsweise am geringsten ist, läßt vermuten, daß die "betriebliche" Eingliederung in beruflicher Hinsicht problematischer ist als in sozialer. Dabei könnte die sprunghafte Verringerung des Anteils der Rehabilitanden bei der Zuschaltung des Kriteriums "Entsprechung von Ausbildungsberuf und ausgeübtem Beruf" ein Hinweis darauf sein, daß zwischen beruflichen Lernanforderungen und aktuellen Arbeitsanforderungen in vielen Fällen doch wohl erhebliche Diskrepanzen bestehen.

Beträchtlicher Klärungsbedarf besteht in diesem Zusammenhang generell (also nicht nur die Rehabilitanden betreffend) bezüglich der grundlegenden Frage, ob diese Effekte primär auf eine inadäquate Berufsausbildung oder auf einen inadäquaten Berufseinsatz zurückgehen (oder gar auf beides). Diese Frage bleibt auch dann relevant, wenn nicht lediglich an eine "betriebsspezifisch" ausgerichtete Berufsausbildung gedacht ist, die ja aus verschiedenen Gründen auch nicht angestrebt werden sollte, sondern das Ziel der Ausbildung sehr wohl in der Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz gesehen wird. Denn in aktuellen Diskussionen dieser Problematik besteht unverkennbar die Tendenz, den Primäreffekt in einer unzureichenden beruflichen Ausbildung zu sehen, nämlich in Defiziten der Handlungsfähigkeit bzw. der Handlungskompetenz. Diese Auffassung dürfte jedoch wegen der noch erheblichen Unklarheiten so nicht haltbar sein, insbesondere dann nicht, wenn nicht abverlangtes Wissen und Können kurzschlüssig als veraltet angesehen werden und z.B. restriktive Tätigkeitsstrukturen, als ebenfalls mögliche Ursache nicht abgeforderter Befähigungen, außer Betracht bleiben.

  1. Unabhängig vom Fortgang weiterer Klärungen gilt folgendes:

Für Rehabilitanden, insbesondere für jene mit einem anerkannten Ausbildungsberuf, sind der ausbildungsgerechte Einsatz sowie die Nutzung vorhandener Leistungsvoraussetzungen von grundlegender Bedeutung für deren Eingliederung in betriebliche Arbeitsstrukturen und müßten folglich besonders beachtet werden. Die Erhaltung qualifikatorischer Potentiale ist nun mal an Arbeitsstrukturen gebunden, die eine Verwertung vermittelten Wissens und Könnens ebenso ermöglichen wie auch erfordern (vgl. z.B. Trier 1995; Plath 1997). Nur dadurch können zugleich auch intrinsisch motivierte Arbeitsweisen entwickelt werden. Wie darüber hinaus seit langem bekannt ist, haben die Einbindung in soziale Netze sowie Anerkennung und Bestätigung eine beträchtliche Pufferfunktion gegenüber Streß (sowie auch gegenüber hohen Belastungen) und sind förderlich für ein positives Sozial- und Arbeitsverhalten (vgl. bereits Meichenbaum 1979).

  1. Der Erfolg beruflicher Rehabilitation ist demzufolge unbedingt auch danach zu beurteilen, inwieweit über das Innehaben einer Dauerarbeitsstelle hinaus weitere Charakteristika der Arbeit gleichermaßen erfüllt sind, nämlich vor allem vollzugs-, ergebnis- und beanspruchungsgünstige Bewältigungsweisen von Arbeitsanforderungen sowie soziale Pufferfunktionen. Sobald die "gleichzeitige" Erfüllung dieser maßgeblichen Merkmale nicht erreicht wird bzw. nicht zu gewährleisten ist, müssen der Erfolg beruflicher Rehabilitation und Eingliederung als geschmälert und die (arbeitswissenschaftlich zu bewertende) Zumutbarkeit auszuführender Arbeitstätigkeiten (vgl. Blaschke/ Plath 1994) als eingeschränkt beurteilt werden.

Daraus wird ersichtlich: Differenzierende Überblicksanalysen ermöglichen eine sehr viel genauere Feststellung des Erfolgs beruflicher Rehabilitation als orientierende Überblicksanalysen. Sie lassen darüber hinaus auch besser Ansatzstellen zur Intervention erkennen. Eine Bewertungsmethodik für eine zielbezogene Evaluation des Erfolgs beruflicher Reha-Maßnahmen ist damit jedoch auch noch nicht gegeben.

2.3 Vertiefte inhaltliche Analysen

Eine über die bisherigen Prozeduren hinausgehende Beurteilung des Erfolgs beruflicher Rehabilitation erfordert eine vertiefte Analyse von Anforderungs-Fähigkeits-Relationen (vgl. Plath 1997). Im Hinblick auf die Befähigungen ist davon auszugehen, daß die Gewährleistung einer mit geringem Einarbeitungsaufwand betrieblich nutzungsfähigen Ausbildung zu den wichtigsten Zielgrößen gehört. Einer der wesentlichsten Ausgangspunkte hierfür ist das Konzept der ganzheitlichen beruflichen Rehabilitation, über das unlängst erneut Seyd (1997) zusammenfassend berichtet hat. Dabei geht es um die handlungsorientierte Gestaltung von Lernsituationen. Derartige Lernsituationen sollten aus Gründen der weitgehenden Vermeidung von Transferbarrieren zwischen Lernfeld und Funktionsfeld einen deutlichen Bezug zur späteren Berufstätigkeit haben (vgl. Mandl u.a. 1991; Bergmann 1995).

M.a.W.: Einer ganzheitlichen handlungsorientierten Gestaltung von Lernsituationen sollten, gewissermaßen als Pendant, geschlossene Aufgaben bzw. (wenigstens) sequentiell vollständige Tätigkeiten in Arbeitssituationen entsprechen (vgl. Ulich 1994; Greif/ Kurtz 1996; Hacker 1998). Um die Kernaussagen dieses Konzepts methodisch zugriffsfähig zu machen, müssen, i.S. der Analyse von Anforderungs-Fähigkeits-Relationen, auszuübende Berufstätigkeiten und abverlangte Qualifikationen differenzierter erfaßt und auf Entsprechungen hin überprüft werden. Da dies für die Erfolgsfeststellung bzw. Evaluation beruflichen Lernens unverzichtbar sein dürfte, wurde ein erster Versuch in dieser Richtung bei Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung unternommen. Dabei ging es zunächst um die Operationalisierung von Arbeitsanforderungen auf der Ebene von Tätigkeiten und von Befähigungen auf der Ebene von Wissensbereichen. Die Operationalisierung erfolgte vorerst durch relevante Deskriptionsmerkmale, also noch nicht durch empirisch "anwendungsreife" Items.

Merkmale zur Beschreibung sequentiell vollständiger Tätigkeiten in Form zu realisierender bzw. nicht vorkommender Teiltätigkeiten sind in Abbildung 2 dargestellt, Merkmale zur Beschreibung fachlichen Wissens in Form wesentlicher Wissensbereiche sowie deren Wichtigkeit und Verfügbarkeit zeigt Abbildung 3.

Abbildung 2: Mögliche Teiltätigkeiten beruflicher Arbeit und deren Auftrittshäufigkeit

Abbildung 3: Relevante Wissensbereiche für die berufliche Arbeit und deren Verfügbarkeit

Wenn es gelingt, vertiefte inhaltliche Analysen in der angedeuteten oder einer ähnlichen Art für die Beurteilung beruflicher Rehabilitation methodisch nutzbar zu machen, könnten selbst auf der Ebene von Überblicksanalysen, aber eben inhaltlich vertiefter, weitaus differenziertere Informationen gewonnen werden. So könnte mittels vergleichender Analyse der grundlegenden Frage nachgegangen werden, woran es denn hauptsächlich liegen könnte, daß das in der Ausbildung Gelernte von nur einem geringen Teil der Fälle in der ausgeübten Berufsarbeit verwendet werden kann. Es könnte in erster Annäherung festgestellt werden, ob Defizite in der Tätigkeits- bzw. Anforderungsstruktur oder in Bereichen relevanten beruflichen Wissens oder in beiden Feldern vorliegen und welcher Art diese sind.

Dies wäre für die Verortung der Erfolgsbeurteilung beruflicher Rehabilitation ein beträchtlicher Fortschritt, da sowohl die Berufsausbildung (das Lernfeld) als auch der Berufseinsatz (das Funktionsfeld) bezüglich ihres Beitrages zur Rehabilitation abschätzbar wären. Zudem bestünde die Möglichkeit, Bereiche tolerierbarer "Entsprechungen" verschiedener Varianten von Tätigkeitsstrukturen und (je nach erreichbarem Ausbildungsniveau von Rehabilitanden) unterschiedlicher Wissensbestände in Betracht zu ziehen.

2.4 Systematische Kasuistik - fallbezogene Analysen

Auf der Ebene sog. objektkonkreter Untersuchungen, wie z.B. in BBW, BFW, Reha-Kliniken und ähnlichen Einrichtungen, dominieren Fallanalysen, die zu verschiedenen Zwecken i.S. einer systematischen Kasuistik auch wieder zu spezifischen statistischen Aggregaten aufgearbeitet werden können (vgl. Schul u.a. 1994; Dern 1997, Fessler 1997).

Für die Erfolgsfeststellung beruflicher Rehabilitation ist vorteilhaft, daß bei derartigen Untersuchungen ein mehrkriterialer Ansatz realisiert werden kann (z.B. Einbezug von Daten aus der Belastungserprobung, aus der sozialpädagogischen Begleitung, aus der berufspädagogischen Betreuung usw.). Daher besteht für die Erfolgsbeurteilung prinzipiell die Möglichkeit, dem bewertungsmethodisch grundlegenden Prinzip der Kriterienkonvergenz zu folgen. Dies ermöglicht zugleich die Berücksichtigung wesentlicher Forderungen nach externer Validierung von Ergebnissen zur Erfolgsfeststellung, da beispielsweise die Koinzidenz zwischen Befragungs-, Verhaltens- und Leistungsdaten ermittelt werden kann.

Was allerdings gegenwärtig noch erhebliche Probleme zu bereiten scheint, ist die phänomengerechte Kategorisierung und die Integration der aus unterschiedlichen Quellen stammenden Daten (vgl. Dern 1997). Zu prüfen wäre, ob für die Datenintegration Fuzzy-Logic-Modelle (vgl. Zadeh 1965) einsetzbar sind. Diese werden in der Psychophysiologie bereits seit langem verwendet, neuerdings aber auch in der kommunalen Arbeitsmarktforschung (vgl. Schröder 1996).

Einen anderen Ansatz von Fallanalysen stellte Vonderach (1997) vor. Er setzt methodische Techniken einer qualitativ orientierten Hermeneutik ein und kommt zu übergreifenden prototypischen Fallreihen. Dabei geht es allerdings nicht um die Feststellung des Erfolgs beruflicher Rehabilitation ("Neuausbildung"), sondern um deren lebensgeschichtliche Bedeutsamkeit für die Rehabilitanden, also einen besonderen Aspekt erfolgreicher Rehabilitation.

Damit sollte deutlich werden, daß das "Repertoire" fallanalytischer Ansätze unverzichtbar ist für die Erfassung von Phänomenen am eigentlichen Ursprungsort ihrer Entstehung, nämlich bei der einzelnen Person des Rehabilitanden bzw. beim handelnden Individuum. Damit ist die systematische Kasuistik die methodische Grundlage der aus theoretischen Überlegungen immer wieder geforderten "Individualisierung" beruflicher Rehabilitation.

3 Ausblick

Für die Feststellung des Erfolgs beruflicher Rehabilitation ist die eingangs erörterte Analyse der Wirkung und der Wirksamkeit von Maßnahmen zweifellos unverzichtbar. Nicht minder wichtig wäre aber die gegenwärtig noch ziemlich vernachlässigte Analyse der Wirkungsweise, also der Wirkungsmechanismen von Maßnahmen. Hierbei geht es um die Gewinnung grundlegender Einsichten in sachinhaltliche Wechselwirkungen zwischen Programmzielen bzw. programmatischen Zielen (z.B. gesetzlichen Festlegungen), Maßnahmezielen, individuellen Zielorientierungen, äußeren Bedingungen der Zielerreichung, personalen Voraussetzungen, insbesondere Leistungsvoraussetzungen der Rehabilitanden, Einflußfaktoren des Übergangs in Arbeit sowie den bei Eingliederung in Arbeit zu realisierenden beruflichen Tätigkeitsanforderungen.

Dies ist allerdings mit Methoden der statistischen Erfolgskontrolle auf der Basis hochaggregierter Verwaltungsdaten allein nicht zu leisten, wenngleich deren Dominanz unverkennbar ist. Um der Gefahr eines (möglicherweise gar theorielosen) "statistischen Reduktionismus" zu begegnen, dürften konzeptionsgeleitete vertiefte inhaltliche Analysen insbesondere von zunächst Anforderungs-Fähigkeits-Relationen künftig an Bedeutung gewinnen, auch deshalb, weil der Wissensstand und die Methodenentwicklung zu diesem grundlegenden Sachverhalt immer noch Defizite aufweisen (vgl. z.B. Kleffmann u.a. 1991; Wieland u.a. 1990; Ulich 1994; Hacker 1998). Bedeutungszuwachs könnte, was die Methodik betrifft, auch die systematische Kasuistik erlangen, wobei hier allerdings nicht vordergründig an Techniken der Hermeneutik gedacht werden müßte.

Aus der Perspektive eines top-down-Ansatzes wäre ein Vorgehen anzustreben, welches dem Paradigma eines methodischen Stufenprogramms folgt und das in seinen Grundzügen bereits vorgestellt wurde (vgl. Blaschke u.a. 1992). Hierbei geht es um die Nutzung orientierender Global- oder Überblicksanalysen nicht nur zur "Lagebeschreibung", sondern auch zur Kennzeichnung wahrscheinlicher Problemlagen, deren vertiefte Untersuchung dann, gezielter als sonst möglich, mit den differenzierteren Ansätzen und Analysen der anderen methodischen Ebenen erfolgen könnte. Erste Beispiele für dieses Vorgehen von der Aggregatebene zur Fallebene finden sich bei der Untersuchung von Abbrüchen der Erstausbildung in der beruflichen Rehabilitation (vgl. Blaschke u.a. 1997) sowie von Abbrüchen der Berufsausbildung in BBW (vgl. Faßmann 1997; Faßmann u. a. 1999; Faßmann/ Funk 1997; Faßmann/ Wasilewski 1998).

Bei objektkonkreten Untersuchungen in eng umgrenzten Feldern bzw. Bereichen (wie z.B. bei BBW, BFW) sind Überblicksanalysen mit großer Analysebreite verständlicherweise nur von untergeordneter Bedeutung, weil in derartigen Einrichtungen Fallanalysen das Primat haben müssen. Wenn hier Überblicksanalysen vorgenommen werden, dienen sie nicht einer möglichst breit angelegten Vororientierung, sondern es geht dann um spezifische Informationen zum Verbleib der Rehabilitanden nach Verlassen der Einrichtung (vgl. die sog. Nachbefragungen der BBW und BFW).

Um die vorgenannte Wirkungsweise von Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation vertiefter zu untersuchen, sollte darüber nachgedacht werden, ob für diese Rehabilitationsphase nicht auch eine Rahmenkonzeption, ein übergreifender Untersuchungsansatz sowie ein komplexes Methodenset (Analyse- und Bewertungsmethoden) erarbeitet werden müßte, wie dies schwerpunktmäßig aus der Perspektive der medizinischen Rehabilitation kürzlich von Biefang u.a. (1997) vorgestellt wurde. Diese Rahmenkonzeption zur Beurteilung des Erfolgs der Rehabilitation durch Outcome-Evaluation enthält unter anderem eine sog. Taxonomie der Outcomes und Prädiktoren für die Rehabilitation, Empfehlungen für einzusetzende "störungsübergreifende" und "störungsspezifische" methodische Instrumente, ein Datenerhebungskonzept für die Prä-Post- und Follow-up-Messung mit Empfehlungen für den Beobachtungszeitraum sowie ein Vorgehen für die Erfassung der direkten und indirekten Kosten. Um hieraus Schlußfolgerungen für ähnliche Bemühungen in der beruflichen Rehabilitation abzuleiten, könnte auf das Prinzip des Vorgehens von Biefang u.a. abgehoben werden. Allerdings bedürfte die dort dominante störungsbezogene Auswahl methodischen Vorgehens dringend der Ergänzung durch Einschätzungen der Entwicklung lernbedingter Kompensations- und Leistungsmöglichkeiten der Rehabilitanden (vgl. Blaschke/ Plath, 1997; Fischer u.a. 1997).

Worauf es also ankommt, ist die Entwicklung und Umsetzung konzeptionsgeleiteter Ansätze zur Erfolgssicherung und Erfolgsbewertung beruflicher Rehabilitation. Erst dann sind, streng genommen, Ansatzpunkte, Arten, Zielrichtungen usw. von Interventionen auszumachen, und zwar um so mehr, wenn die Untersuchungen bereits als kontrollierte Interventionsstudien angelegt sind, was eigentlich unerläßlich ist. Dabei bedürfen die Übergänge zwischen medizinischer und beruflicher Rehabilitation besonderer Aufmerksamkeit und zwar möglichst in Form spezieller methodischer Begleitung (vgl. z.B. Dern 1997; Fraisse/ Karoff 1997; Fischer u.a. 1997).

Hieraus wird klar, daß die Weiterentwicklung von theoretischen Konzepten, Untersuchungsansätzen und Methoden wohl mit hoher rehabilitationswissenschaftlicher Sachspezifik erfolgen muß. Inwieweit bei dieser Zielrichtung eine Anbindung an Konzepte zur Evaluation von Politikformierung und -implementation (vgl. z.B. Schmid u.a. 1996) möglich ist, etwa im Rahmen des zuvor genannten methodischen Stufenkonzepts, ist nicht unmittelbar evident und bedarf weiterer Klärungen.

Literatur

Albrecht, H.-J./ W. Egert (1990): Der Übergang ins Erwerbsleben. Nachbefragung von Absolventen der Berufsbildungswerke. In: Berufliche Rehabilitation 1, S. 55 - 72

Beywl, W. (1989): Zur Weiterentwicklung der Evaluationsmethodologie. Grundlegung, Konzeption und Anwendung eines Modells der responsiven Evaluation. In: Europäische Hochschulschriften. Reihe 22, Soziologie (174). Frankfurt/M.: Lang

Biefang, S./ B. Birkner/ U. Thien/ U. Härtel/ M. Bullinger (1997): Harmonisierung der Messung von Outcomes, Prädiktoren und Kosten sowie Prüfung geschlechtsspezifischer Unterschiede in der rehabilitationswissenschaftlichen Forschung. In: Rehabilitation, 36, S. 213 - 223

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Quelle:

Hans Eberhard Plath, Dieter Blaschke: Probleme der Erfolgsfeststellung in der beruflichen Rehabilitation

Sonderdruck aus Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (MittAB); In MittAB 32. Jahrgang, 1/1999, S. 61-69

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 12.10.2009

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