Selbstbestimmung und Selbstvertretung durch Empowerment

Autor:in - Wolfgang Glaser
Themenbereiche: Selbstbestimmt Leben
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: Erschienen in: Behinderte Menschen, Zeitschrift für gemeinsames Leben, Lernen und Arbeiten, Nr. 2/2009, Thema: Wir vertreten uns selbst! , S. 86-94. Behinderte Menschen (2/2009)
Copyright: © Behinderte Menschen 2009

Abbildungsverzeichnis

    Information

    BEHINDERTE MENSCHEN, die Zeitschrift für gemeinsames Leben, Lernen und Arbeiten ist das Fachmagazin im deutschsprachigen Raum. Alle zwei Monate bringt es Fachwissen zu einem Schwerpunktthema. Dazu gibt es Reportagen, Meldungen, Buchbesprechungen, Fortbildungstipps und Kommentare. Produziert wird die Zeitschrift von der Reha-Druck, einer Druckerei in Graz, in der behinderte Menschen Ausbildung und Arbeit finden. Probeexemplare, Geschenkabos und Schnupperabos können auch online angefordert werden: www.behindertemenschen.at

    Was bedeutet Selbstbestimmung?

    So wie seit den 80er Jahren der Begriff „Integration“ im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderung oft zu hören ist, fällt im behindertenspezifischen Kontext auch immer wieder der Begriff „Selbstbestimmung“. Selbstbestimmung ist jedoch mehr als nur ein Schlagwort. Selbstbestimmung ist eine Lebenseinstellung und eine Ideologie, aus der eine weltweite Bewegung hervorgegangen ist.

    Der Anfang der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung reicht zurück in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts, als sich an der Universität Berkeley/ Kalifornien unter der Federführung des behinderten Studenten Ed Roberts mehrere Student/ innen mit Behinderung zusammenschlossen, sich die Bewältigung des Alltages selbst organisierten und eine Konzeption für ein autonomes Leben entwickelten. Aus dieser Konzeption entstand in weiterer Folge eine internationale Bewegung (Independent-Living-Movement), die auch in Europa Fuß fassen konnte.

    Selbstbestimmung heißt laut einer Definition der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung „Kontrolle über das eigene Leben zu haben, basierend auf einer Wahlmöglichkeit zwischen akzeptablen Alternativen. Die Abhängigkeit von den Entscheidungen anderer wird so weit wie möglich minimiert. Das schließt das Recht ein, seine eigenen Angelegenheiten selbst regeln zu können, an dem öffentlichen Leben der Gemeinde teilzuhaben, verschiedenste soziale Rollen wahrnehmen und Entscheidungen fällen zu können, ohne dabei in Abhängigkeiten zu geraten.“

    Selbstbestimmung heißt mit anderen Worten, das eigene Leben zu gestalten und in Bezug auf die eigene Lebensqualität frei von allen unnötigen, übermäßigen externen Einflüssen, Einmischungen oder Beeinträchtigungen selbst Entscheidungen treffen zu können.

    Jeder Menschen hat grundsätzlich ein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Selbstbestimmung ist allerdings mehr als nur sagen dürfen, was man möchte. Selbstbestimmung heißt Kontrolle über das eigene Leben und auch die Verantwortung dafür.

    Das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben darf allerdings nicht nur Menschen mit körperlicher Behinderung vorenthalten bleiben, sondern muss für alle Menschen unabhängig von ihrer Behinderung zugänglich sein. Menschen mit Lernschwierigkeiten engagieren sich beispielsweise bei „People First“ für ihre Selbstbestimmungsrechte. Auch für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen haben sich inzwischen Selbstvertretungs-Initiativen wie z.B. die User/innenvertretung gebildet. In Österreich stehen diese Initiativen allerdings noch in den Kinderschuhen.

    Selbstbestimmung ist nicht das gleiche wie Selbständigkeit. Unter Selbständigkeit ist zu verstehen, ein Leben ohne fremde Hilfe führen zu können. Wenn jemand selbständig ist, heißt das nicht gleich automatisch, dass jemand selbstbestimmt lebt und andererseits muss ein hohes Maß an Hilfebedürftigkeit nicht zwangsläufig ein hohes Maß an Fremdbestimmung bedeuten.

    In ihrem Artikel „Was ist Selbstbestimmung und was nicht ?“, bezeichnen Michael Kennedy und Lorin Lewin Selbstbestimmung als das „warum es im Leben überhaupt geht. Ohne sie kannst Du am Leben sein, aber Du würdest nicht leben, du würdest nur existieren.“

    Das kann ich nur bestätigen – Selbstbestimmung und Verantwortung über das eigene Leben kann zwar mühevoll und anstrengend sein, aber ich kenne keinen anderen Weg, der meinem Leben mehr Sinn geben würde.

    Selbstbestimmung darf allerdings nicht zu Überforderung führen. Wer meint, selbstbestimmt zu leben, bedeutet, für alles ganz alleine ohne jegliche Unterstützung verantwortlich sein, irrt.

    Selbstbestimmung durch Selbstbestimmung

    Selbstbestimmung kann auch so interpretiert werden, sich selbst zu bestimmen und wer als Mensch mit Behinderung selbstbestimmt Leben möchte, kommt auch nicht darum herum, sich mit sich selbst zu konfrontieren und sich selbst neu zu bestimmen

    Die Auseinandersetzung mit der Selbstbestimmt- Leben-Philosphie mit der ich Anfang der 80er Jahre erstmals in Berührung kam, revolutionierte nicht nur meine Sichtweise gegenüber meiner „Behinderung“, sondern hat in weiterer Folge auch mein ganzes Selbstbild verändert. Konkret hat die Selbstbestimmt- Leben-Philosopie meine Einstellung zum Leben mit meiner Behinderung verändert, wie in der Tabelle dargestellt. Von dieser Revolution in meinem Gedankengut bin ich bis heute geprägt.

    Meine frühere Einstellung

    Meine jetzige Einstellung

    Meine Behinderung ist nur nur durch meine körperliche Beeinträchtigung bedingt

    Meine Behinderung ergibt sich auch aus umweltbedingten und sozialen Faktoren der Gesellschaft („ich werde behindert“).

    Andere Fachleute sind die Experten für die Belange, die mich betreffen und dem habe ich mich zu fügen

    Ich selbst bin Experte in eigener Sache

    Ich bin abhängig vom Wohlwollen der Gesellschaft und habe für jegliche Hilfe und Unterstützung dankbar zu sein

    Ich habe ein Recht darauf, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und somit auch auf alle dazu notwendigen Rahmenbedingungen

    Ich habe mich so weit wie möglich den Bedürfnissen meiner Umwelt anzupassen, um niemanden unnötig zu belasten

    Meine Umwelt hat auch meine Bedürfnisse zu respektieren

    Ich stehe alleine da mit meinem Wunsch nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung

    Es gibt andere Menschen mit Behinderung, die ähnliche Bedürfnisse nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung haben und mit denen ich mich vernetzen kann – gemeinsam sind wir stark

    Wenn ich etwas in meinem Leben verändern möchte, kann ich das nur mit der Unterstützung von Menschen ohne Beeinträchtigung und bin daher von ihnen abhängig

    Wenn ich etwas in meinem Leben verändern möchte, kann ich das selbst in die Hand nehmen und mich von anderen Betroffenen dabei beraten lassen

    Meine Erfahrungen haben nur für mich einen Nutzen

    Meine Erfahrungen können für andere Menschen mit Behinderung hilfreich sein

    Selbstbestimmung wirkt sich nur auf jedenEinzelnen Menschen aus

    Selbstbestimmung hat eine Auswirkung auf die gesamte Gesellschaft

    Empowerment – Selbstbestimmung will gelernt sein!

    Oft ist das Aufwachsen von Menschen mit Behinderung durch die Betreuung fürsorglicher Eltern geprägt. Menschen, die in Internaten oder ähnlichen Einrichtungen aufwachsen, haben von Beginn an gelernt, ihre Bedürfnisse den Bedürfnissen einer vorgegebenen Struktur unterzuordnen. Die Entwicklung von einer bisher in Abhängigkeit lebenden Person zu einer selbstbestimmten Person ist nicht einfach. Den eigenen Bedürfnissen Raum zu geben und Ängste zu überwinden, müssen Menschen die jahrelang in Abhängigkeitsverhältnissen gelebt haben, erst Schritt für Schritt lernen.

    Je mehr eine Person Vertrauen in sich und die Umwelt hat, ihren eigenen Willen erkannt hat, je gewisser eine Person weiß, was sie kann und wer sie ist, desto eher wird sie Pläne für ihr Leben entwickeln können, diese kommunizieren und sich trauen, sie umzusetzen.

    Selbstbestimmung ergibt aus meiner Sicht nur dann einen Sinn, wenn sie freiwillig übernommen wird. Es muss jedem Menschen selbst überlassen werden, ob er selbstbestimmt Leben möchte oder nicht, aber man muss auch die Alternative dazu haben.

    Selbstbestimmung will gelernt sein. Das Schlüsselwort dazu ist Empowerment.

    Empowerment bestärkt Menschen mit Behinderung darin, ihre Belange eigenmächtig, selbstverantwortlich und selbstbestimmt zu vertreten und zu gestalten.

    Empowerment ist als ein Prozess zu verstehen, in dem eine Person die eigene Stärke und Freiheit erkennt und lernt, bewusst im Sinne der Selbstbestimmung zu handeln. (Herriger 2002, S.18)

    Ein wichtiges Instrument für das Empowerment von Menschen mit Behinderung ist Peer Counseling. Peer-Counseling ist eine Beratung von Menschen mit Behinderung für Menschen mit Behinderung.

    Laut Bill und Vicky Bruckner, die in den USA in einem Independet-Living-Center tätig sind, ist Peer Counseling „eine Beratungstechnik, bei der aktives Zuhören sowie andere problemlösende Techniken angewandt werden, um jeweils gleichartig Betroffene („Peers“) zu beraten, wobei es nicht die Aufgabe eines/ einer Peer Counselors/Peer Counselorin ist, die Probleme eines anderen zu lösen, sondern lediglich dem anderen zu helfen, selbständig entsprechende Lösungen zu finden. (Bruckner, B. und V.: Peer Counseling – Wie es von Menschen mit Behinderungen zur fortschreitenden Selbstbestimmung angewandt werden kann, Übersetzung von bizeps, 1993).

    Das Gelingen von Empowerment setzt folgendes voraus:

    Die Wahrung von Selbstbestimmungsrechten und das Recht auf Mitbestimmung

    Das Vertrauen in die Fähigkeiten jedes Einzelnen, sein Leben selbst zu gestalten

    Die Akzeptanz von Eigenheiten und der Respekt auch vor unkonventionellen Lebensentwürfen

    Der Verzicht auf entmündigende Expertenurteile

    Die Anerkennung der Tatsache, dass der Weg zur Selbstbestimmung oft kein leichter ist und auch mit Misserfolgen und Fehlentscheidungen einhergehen kann.

    Misserfolge und Fehler sind als normale menschliche Erfahrungen zu betrachten, aus denen auch Menschen mit Behinderung viel lernen können

    Empowerment-Center der SLI OÖ

    Seit Sommer vergangenen Jahres betreibt die Selbstbestimmt-Leben-Initiative OÖ (SLI OÖ) in Linz in der Bethlehemstraße 3 mit Förderungen des Landes OÖ ein Empowerment-Center. Dieses Empowerment-Center (EMC) ist durchaus als ein Meilenstein für die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung in OÖ zu betrachten. Das EMC versteht sich als Beratungs- und Schulungszentrum, das Menschen mit Behinderung auf ihrem Weg zur Selbstbestimmung begleitet.

    Noch in diesem Jahr werden im Empowerment- Center der SLI OÖ voraussichtlich mit FAB Organos als Ausbildungsträger Peer-Beratungsausbildungen für Menschen mit Behinderung durchgeführt. Diese Ausbildungen sind vom Land OÖ anerkannt und werden auch vom Land OÖ gefördert.

    Das Berufsbild, der Tätigkeitsbereich sowie die Berufsausbildung und Ausübung der Peer- Beratung ist im Oö Sozialberufegesetz geregelt. Die Peer-Beratungsausbildung, die durchaus anspruchsvoll konzipiert ist, umfasst 240 Unterrichtseinheiten Theorie sowie 80 Stunden Praxis.

    Die Peer-Beratungs-Ausbildung wird für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung, für Menschen mit psychischer Beeinträchtigung und für Menschen mit Lernschwierigkeiten angeboten. Für die Menschen mit unterschiedlichen Formen der Beeinträchtigung wird es jeweils einen eigenen Lehrgang geben, da für jede Zielgruppe ein unterschiedlicher Zugang notwendig ist.

    Weiters versteht sich das Empowerment-Center der SLI OÖ auch als Ort der Begegnung in dem viele Veranstaltungen, Kurse, Fort- und Weiterbildungen stattfinden wie z.B. Schulungen für Auftraggeber/innen der Persönlichen Assistenz oder Weiterbildungen für persönliche Assistent/innen. Auch die Treffen bereits ausgebildeter Peer-Coaches mit psychischer Beeinträchtigung finden regelmäßig in den Räumlichkeiten des EMC statt.

    Näheres über das Empowerment-Center erfährt man im Internet auf der Homepage von SLI OÖ oder telefonisch unter: 0732-890046.

    Was bedeutet Selbstvertretung?

    Alle Menschen haben das Recht, für sich selbst sprechen zu dürfen. Dies trifft auch auf Menschen mit Lernschwierigkeiten zu. „People First“ verwenden für Selbstvertretung den Begriff „Self-Advocacy“. Bei einer nordamerikanischen People-First-Konferenz von 1991 in den USA wurde Self-Advocacy wie folgt definiert „Self-Advocacy handelt von unabhängigen Gruppen behinderter Menschen, die sich gemeinsam für Gerechtigkeit einsetzen, indem sie einander helfen, ihr Leben zu führen und gegen Diskriminierung zu kämpfen. Uns wird gezeigt, wie man Entscheidungen, die unser Leben betreffen, fällt, damit wir unabhängiger sein können. Man informiert uns über unsere Rechte, aber während wir unsere Rechte kennenlernen, lernen wir auch etwas über unsere Pflichten. Die Art und Weise, in der wir lernen, für uns selbst zu sprechen, ist die gegenseitige Unterstützung und die gegenseitige Hilfe beim Erwerb von Selbstvertrauen, auszusprechen, an was wir glauben“ (Dybwad 1996, 2).

    Dass Selbstvertretung unabdingbar mit Selbstbestimmung und Empowerment verbunden ist, geht auch aus den Grundsätzen des European Network on Independent Living (ENIL) hervor, in denen es heißt:

    „Selbstbestimmt-Leben“ ist ein Prozess. Dabei wird das Selbstbewusstsein der Menschen mit Behinderung gehoben und Empowerment und Emanzipation gefördert. Der Prozess ermöglicht allen Menschen mit Behinderung gleiche Möglichkeiten und Rechte zu erlangen und volle Teilnahme in allen gesellschaftlichen Bereichen.

    Menschen mit Behinderung müssen diesen Prozess individuell und kollektiv kontrollieren und steuern können. Dazu sollen Peer Support angeboten und demokratische Prinzipien verwendet werden, um die Ziele zu erreichen.

    Als gleichberechtigte Bürger müssen Menschen mit Behinderung den selben Zugang zu den Grundstrukturen des Lebens haben, wie alle anderen Personen auch. Dazu zählen: Nahrung, Kleidung, Unterkunft, Gesundheitswesen, Beratung, persönliche Hilfsdienste, Arbeit, Information, Kommunikation, Transport und der Zugang zur physischen und kulturellen Umwelt. Es geht auch um das gleiche Recht auf Sexualität, das Recht zu heiraten, Kinder zu haben und um das Recht auf Frieden.

    Die Selbstbestimmt-Leben-Bewegung muss eine beeinträchtigungsübergreifende Bewegung sein, welche die Anliegen aller Personen mit Behinderung vertreten muss. Um das zu erreichen, muss man sich von Vorurteilen gegenüber Menschen mit anderen Beeinträchtigungen als der eigenen lösen. Außerdem müssen auch Frauen mit Behinderung und andere unterrepräsentierte Gruppen ermutigt werden, sich einzubringen. Kinder mit Behinderung sollen durch die Eltern und die Gesellschaft zu unabhängigen Erwachsenen erzogen werden.

    Menschen mit Behinderung müssen alle Vorraussetzungen für Gleichberechtigung und volle Teilnahme erreichen, indem sie ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche selbst definieren.

    Die Selbstbestimmt-Leben-Bewegung lehnt die Weiterentwicklung und Aufrechterhaltung von Systemen ab, welche wieder von Institutionen abhängig machen.

    Menschen mit Behinderung müssen sich in die Forschung, Entwicklung, Planung und die Entscheidungsprozesse auf allen Ebenen, die ihr Leben betreffen, einmischen können.

    Nach meiner Erfahrung kann Selbstvertretung nur dann gut funktionieren, wenn jene, die in diesem Bereich aktiv sind, unabhängig agieren können. Organisationen, die die Interessen von Menschen mit Behinderung vertreten, sind in Ihrer Tätigkeit oft abhängig von öffentlichen Subventionsgebern. Dies kann unter Umständen problematisch werden, wenn die Interessen der Menschen mit Behinderung, die man als Organisation vertritt, womöglich nicht mit den Interessen der Fördergeber der Organisation übereinstimmen.

    Selbstbestimmung und Selbstvertretung im OÖ Chancengleichheitsgesetz

    Im OÖ Chancengleichheitsgesetz, das seit 1. September 2008 in Kraft ist, wurden den Selbstbestimmungs- und Selbstvertretungsrechten von Menschen mit Behinderung auf folgende Weise Rechnung getragen:

    § 1 definiert als Ziel dieses Gesetzes, Menschen mit Beeinträchtigungen (…) ein normales Leben und eine umfassende Eingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen, um die Chancengleichheit von Menschen mit Beeinträchtigungen zu erreichen.

    In § 35 dieses Gesetzes heißt es: „Zur Erreichung des Ziels dieses Landesgesetzes sind die Menschen mit Beeinträchtigungen in die Entscheidungsprozesse einzubinden sowie geeignete Vertretungsformen zu schaffen.

    Als Formen der Einbindung und der Interessenvertretung sind jedenfalls vorzusehen:

    ein Interessenvertretungsbeirat

    Interessenvertretungen für Menschen mit Beeinträchtigungen, denen in oder durch Einrichtungen Leistungen nach diesem Landesgesetz erbracht werden

    In § 19 des OÖ Chancengleichheitsgesetzes sind weiters Beratungs- und Informationsdienste, insbesondere durch Peers vorgesehen. Das Empowerment-Center der SLI OÖ spielt hierbei eine zentrale Rolle.

    Inwieweit sich das Chancengleichheitsgesetze konkret auf die Selbstbestimmungs- und Selbstvertretungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderung nachhaltig auswirkt, wird die gelebte Praxis noch zeigen.

    Nimmt man jedenfalls den in diesem Gesetz proklamierten Paradigmenwechsel von der Fremdbestimmung zur Selbstbestimmung ernst, wird man auf das, was die Selbstbestimmt- Leben-Bewegung in Form von Empowerment beitragen kann, nicht verzichten können.

    Literatur

    Bruckner, Bill und Vicky (1994): Peer Counseling (erhältlich in Englisch und Deutsch), AstA Uni Mainz

    Bruckner, B. und V.: Peer Counseling – Wie es von Menschen mit Behinderungen zur fortschreitenden Selbstbestimmung angewandt werden kann, Übersetzung von bizeps, 1993

    D‘Andrea, V. & Salovey, P. (1983): Peer counseling, Palo Alto Science and Behavior Books

    Doose, St.; va n Ka n, P. (2004): Zukunftsweisend, Peer Counseling & Persönliche Zukunftsplanung, bifos Schriftenreihe, Kassel 2004

    Dybwad , G. (1996): New Voices: Self-Advocacy by Persons with Disabilities, Brookline Books, U.S.

    Hermes, G.; Faber, B. (2001): Mit Stock, Tick und Prothese, Grundlagenbuch zur Beratung behinderter Frauen, bifos Schriftenreihe, Kassel

    Herriger, N. (2002): Empowerment in der Sozialen Arbeit. Eine Einführung. 2. neubearbeitete und ergänzte Auflage. Kohlhammer Verlag, Stuttgart

    Independent Living Resource Center, San Francisco (1994) Peercounseling Training Program (auch erhältlich in Deutsch, ASTA Uni Mainz)

    Kennedy, Michael und Killius, Patricia: Selbstvertretung – Für sich selbst sprechen. Aus dem Englischen: „Self-Advocacy: Speaking for Yourself“ Der Text ist erschienen bei National Resource Center on Supported Living and Choise, Syracuse University, 805 South Crouse Avenue, Syracuse, NY 13244-2280, http://soeweb.syr.edu/thechp/saspeak.htm Der Text wurde – mit freundlicher Genehmigung von Rachael Zubai-Ruggieri – übersetzt von Ulrike Gritsch im Auftrag von SLI und WIBS, Anton Eder Straße 15, 6020 Innsbruck, wibs@selbstbestimmt-leben.at

    Miles-Paul, O. (1992) „Wir sind nicht mehr aufzuhalten“, München: AG SPAK-Bücher

    Österwitz, I. (1988) Independent Living Bewegung ‚Behindertenpädagogik‘ 3, 295–304

    Ratzka, A. (1988) Aufstand der Betreuten. In A. Mayer & J Rütter: ‚Abschied vom Heim‘ AG SPAK-Bücher

    Rogers, C.R. (1951) Client Centered Therapy, Boston: Houghton Mifflin

    Sandfort, L. (1993) Ratschlagen will gelernt sein, Kassel: Bifos Schriftenreihe-Band 7, Esmeralda, ich liebe Dich nicht mehr, Frankfurt/ Main: Haag + Herchen

    Saxton, M. (1983) Peercounseling In: N.M. Crewe & I.K. Zola: ‚Independent Living for physically disabled people‘, San Francisco: Jessey-Bass

    Sierck, U. (1988) Autonom Leben – Erfahrungen meiner Reise in die USA, Behindertenpädagogik, 3, 304–308

    Theunissen, G. (2001), Die Self-Advocacy Bewegung, erschienen in: Behinderte in Familie, Schule und Gesellschaft Nr. 3/4/2001; Thema: Empowerment und Selbstbestimmtes Leben Behinderte in Familie, Schule und Gesellschaft (3/4/2001)

    Theunissen, G., Plaute, W. (2002): Handbuch Empowerment und Heilpädagogik. Freiburg im Breisgau 2002: Lambertus Verlag

    Theunissen, G. (2008), Empowerment und Inklusion behinderter Menschen: Eine Einführung in Heilpädagogik und Soziale Arbeit, 2. Auflage

    Abbildung 1. Wolfgang Glaser

    Portrait des Autors

    Mag. Wolfgang Glaser Bethlehemstraße 3 / 2. Stock A-4020 Linz Tel. 0043 (0)732 / 89 00 90 office@senia.at www.senia.at

    Wolfgang Glaser ist 1964 mit offenem Rückenmark geboren worden. In den 70er und 80er Jahren absolvierte er als Rollstuhlfahrer zu einer Zeit in der es noch kein Recht auf schulische Integration gab, trotz vieler menschlicher und baulicher Barrieren die Volks- und Hauptschule sowie die Handelsakademie seiner Heimatstadt Steyr. Von 1989 bis 1991 Aufbau eines Mobilen Hilfsdienstes für den Verein Miteinander. Seit Ende der 80er-Jahre ist er auch in der Selbstbestimmt- Leben-Bewegung aktiv. 1989 baute er für den Verein Miteinander in Steyr einen Mobilen Hilfsdienst auf. Seit 1992 ist er Obmann-Stellvertreter des Verbandes der Querschnittgelähmten Österreichs.

    1994 Abschluss des Studiums der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sowie der Anglistik und Amerikanistik an der Paris-Lodron-Universität Salzburg. 1995 Verleihung des 1. Wissenschaftspreises des Public-Relations-Verbandes- Austria für die Diplomarbeit „Die Öffentlichkeitsarbeit von Nonprofit-Organisationen aus dem Behindertenbereich“. Von 1994 bis 2001 Weiterführung des Mobilen Hilfsdienstes Steyr. Seit 2001 Leitung der Öffentlichkeitsarbeit des Vereines Miteinander und der Miteinander GmbH und Redaktionsleitung der Zeitschrift „Miteinander“. Seither als Pendler mit Behinderung besonderes Engagement für barrierefreie öffentliche Verkehrsmittel.

    2003 Konzeptionierung, Planung und Durchführung des internationalen Kongresses „Behindertsein in Europa“ für die Miteinander GmbH im Linzer Ursulinenhof.

    Im April 2008 Organisation des Kongresses „Enthinderte Sexualität“ im Linzer Ursulinenhof für den Verein Senia in Zusammenarbeit mit der Interessenvertretung Sozialunternehmen.

    Seit Sommer 2008 ist Wolfgang Glaser Leiter des Empowerment- Centers der Selbstbestimmt-Leben-Initiative OÖ und Geschäftsführer von Senia – Verein zur Enthinderung der Sexualität von Menschen mit Behinderung.

    Quelle

    Wolfgang Glaser: Selbstbestimmung und Selbstvertretung durch Empowerment

    Erschienen in: Behinderte Menschen, Zeitschrift für gemeinsames Leben, Lernen und Arbeiten, Nr. 2/2009, Thema: Wir vertreten uns selbst! , S. 86-94.

    bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

    Stand: 04.02.2015

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