Alison Lapper - eine Künstlerin und Mutter

Autor:in - Anneliese Mayer
Schlagwörter: Biografie, Eltern, Kunst, Frauen
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: Erschienen in: WeiberZEIT einfach gesagt, Ausgabe 9/ Dezember 2005, Seite 6 - 7. Übersetzt von Angelika Reitz.
Copyright: © Verein Weibernetz e.V. 2005

Alison Lapper - eine Künstlerin und Mutter

Alison Lapper wird am 7. April 1965 geboren. Sie kommt in einem Krankenhaus in England auf die Welt. Ihre Mutter sieht ihre Tochter in den ersten Tagen nicht. Die Ärzte erzählen ihr, dass sie ein Mädchen mit "schweren Missbildungen" auf die Welt gebracht hat. Das Kind hat keine Arme und an den Beinen fehlen die Knie und die Unterschenkel. Die Mutter will das Kind nicht haben.

Als Alison sechs Wochen alt ist, kommt sie in ein Behindertenheim. In diesem Behindertenheim leben noch etwa 250 andere Kinder. Dort leben Babys, kleine Kinder und Jugendliche. Im Heim bekommt Allison zu essen, wird gewaschen und versorgt. Alison lebt 17 Jahre lang in dem Behindertenheim. In dieser Zeit geht sie zur Schule für Lernbehinderte.

Die Ärzte geben ihr Prothesen. Diese Prothesen sollen Arme und Beine ersetzen. Arme und Beine heißen auch Gliedmaßen.

Heute sagt Alison dazu:" Man dachte, man müsste den Kindern Gliedmaßen geben, damit sie irgendwann normal funktionierten und in der Gesellschaft verkehren können- damit sie normal aussehen, was auch immer das bedeutet. Schon als kleines Kind musste ich Arm- und Beinprothesen tragen. Ich hasste sie, aber ich musste sie anbehalten, bis man mich wieder davon befreite."

Mit 5 Jahren lernt Alison eine junge Familie kennen. Diese Familie möchte Alison gern zu sich nehmen. Alison könnte dann bei dieser Familie leben. Alisons Mutter will nicht, dass ihre Tochter zu dieser Familie zieht. So muss Alison im Heim bleiben. Zum ersten Mal meldet sich die Mutter bei ihrer Tochter und möchte sie kennenlernen. Die beiden verstehen sich nicht gut. Das wird auch immer so bleiben.

Der Mutter von Alison ist es sehr wichtig, wie sie aussieht. Die Mutter ist nicht sehr herzlich, wenn Alison sie in den Ferien besucht. Die Mutter sagt oft Dinge, die Alison traurig machen und ihr zeigen, dass ihre Mutter sie immer noch ablehnt. Ihre Schwester Vanessa ist die einzige aus der Familie, die sich gut mit Alison versteht.

Alison zieht mit 17 Jahren aus dem Behindertenheim aus. Sie verlässt ihre Heimat und ihre Freunde. Sie zieht in ein Wohnheim in London. Dort soll sie auf ein Leben außerhalb des Heimes vorbereitet werden. Dort hat sie ein eigenes Zimmer, in der schon Möbel stehen. Sie hat es mit einem Freund zusammen so eingerichtet, dass sie ohne Probleme allein zu recht kommt. Alison macht den Führerschein und besitzt ein eigenes Auto. Das Auto wird extra für sie hergestellt.

In dieser Zeit lernt sie einen Mann kennen, den sie bald heiratet. Alison merkt bald, dass ihr Mann ausnutzt, dass sie auf ihn angewiesen ist. Die beiden trennen sich wieder.

Die fröhliche junge Allison freut sich über ihr neues Leben. Endlich kann sie machen, was sie will. Sie besucht verschiedene Kunstkurse. Und sie malt viele Bilder.

Mit 24 Jahren beginnt sie, Kunst zu studieren. Sie denkt viel über sich und ihren Körper nach. Sie lässt sich nackt fotografieren. Sie gestaltet mit diesen Fotos große Plakate. Sie möchte ihren schönen Körper zeigen. Ihr großes Vorbild ist eine berühmte Figur einer sehr schönen Frau. Diese Figur gibt es schon seit sehr langer Zeit. Diese Figur heißt "Venus von Milo". Dieser Figur fehlt ein Arm und vom anderen Arm fehlt fast alles. Alison gefällt diese Figur sehr gut.

1999 wird Alison schwanger. Der Vater will das Kind nicht. Alison ist aber fest entschlossen, das Kind zu bekommen. Alison trennt sich von ihm. Die letzten Wochen der Schwangerschaft sind sehr schwierig. Ihr Sohn Parys kommt zu früh auf die Welt. Mit der Hilfe von verschiedenen Kindermädchen versorgt sie das Kind in ihrem eigenen Haus.

Während der Schwangerschaft dreht ein Fernsehsender einen Film über Alison. Viele Menschen erfahren durch diesen Film von Alison und ihrem Leben. Außerdem arbeitet ein Künstler an einer Figur, die Alison als nackte schwangere Frau zeigt. Diese Figur steht nun mitten in der Stadt London in England auf einem großen Platz. Sie wird für 18 Monate auf diesem Platz stehen bleiben. Viele Menschen schauen sich diese Figur an. Sie reden und streiten über die Figur. Die Meinungen sind sehr verschieden. Einige sagen, dass es keine gute Kunst ist. Andere finden, dass es eine gute Sache ist, auf behinderte Frauen aufmerksam zu machen.

Es gibt auch ein Buch über ihr Leben. Sie hat dieses Buch selbst geschrieben. Dieses Buch gibt es auch in deutscher Sprache.

Anneliese Mayer

Übersetzung Angelika Reitz

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Kontakt:

Weibernetz e.V.

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Quelle:

Anneliese Mayer: Alison Lapper - eine Künstlerin und Mutter

Erschienen in: WeiberZEIT einfach gesagt, Ausgabe 9/ Dezember 2005, Seite 6 - 7. Übersetzt von Angelika Reitz.

© Verein Weibernetz e.V. 2005

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Stand: 21.04.2009

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