Der Text wurde 2015 in Wien bei einer Fachtagung der ÖAR von Erich Girlek vorgetragen
Vielen Dank für die Einladung!
Mein Name ist Erich Girlek.
Ich werde versuchen mir die Redezeit
heute zwar sehr gut einteilen,
damit ich nicht überziehe,
aber ich möchte trotzdem kurz erklären,
wie ich dazu gekommen bin,
mich mit dem Thema als Selbstvertreter zu beschäftigen
und dann auf die Frage kurz eingehen
wie die Persönliche Assistenz
aus Sicht von einem Selbstvertreter aussehen sollte:
Es muss circa 2 Jahre her sein,
wo manche meiner Kollegen und auch ich,
angefangen haben,
sich mit diesem Thema zu beschäftigten.
Als wir von der Persönlichen Assistenz erfahren haben,
haben wir uns Expertinnen in eigener Sache eingeladen,
die von ihrer persönlichen Erfahrung dazu berichtet haben.
Und viele SelbstvertreterInnen haben gesehen,
dass andere mit Persönlicher Assistenz
zu einem selbstbestimmten Leben gekommen sind,
wie es Menschen mit Lernschwierigkeiten
(andere sagen Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung)
sich meist noch nicht einmal vorstellen konnten.
Ich war bei vielen Vorträgen und Veranstaltungen
und ich habe mich eingearbeitet in die Persönliche Assistenz.
Und immer mehr Selbstvertreter haben erkannt,
dass die UN-Konvention
auch den Menschen mit Lernschwierigkeiten
das Recht auf Persönliche Assistenz gibt.
Wir haben bemerkt,
dass es aber nur Menschen mit Körperlichen Behinderungen
bekommen.
Damals haben wir also angefangen
bei jeder Gelegenheit die Persönliche Assistenz
für ALLE Menschen mit Behinderung zu fordern.
Als dann zum Beispiel
auch eine Arbeitsgruppe im Sozialministerium
angefangen hat an einer Regelung für Persönliche Assistenz
in Österreich zu arbeiten,
habe ich versucht auch in diese Arbeitsgruppe zu kommen
und diese Forderung auch dort gestellt.
In der Arbeitsgruppe habe ich dann wieder einmal bemerkt,
dass es in vielen Köpfen noch viele Barrieren gibt.
Weil immer wenn ein Selbstvertreter mit Lernschwierigkeiten
gefordert hat,
dass es das auch für uns geben muss,
gab es von irgendjemanden einen Widerspruch.
Entweder es hat jemand gesagt,
dass es zu teuer ist,
oder dass das die Menschen mit Lernschwierigkeiten
nicht schaffen ihren Unterstützer anzuleiten.
Oder dass viele Menschen mit Lernschwierigkeiten
nicht selbst jemanden anstellen können.
Und obwohl wir Selbstvertreter immer mehr werden
und obwohl wir immer öfter zu Veranstaltungen fahren,
hat sich das Problem noch nicht wirklich gelöst.
Meine erste Wortmeldung bei Diskussionen
oder Arbeitsgruppen
ist immer noch meistens,
dass es auch Menschen mit Lernschwierigkeiten betrifft
und dass wir auch einbezogen werden sollten.
Inzwischen habe ich mich also schon seit einigen Jahren
mit der Persönlichen Assistenz beschäftigt
und ich hatte zum Beispiel auch die Gelegenheit
nach Schweden zu fliegen.
Ein Land, in dem man viele Gute Beispiele findet,
und auch ein gutes Beispiel
für Persönliche Assistenz für Menschen mit Lernschwierigkeiten.
Ich habe dort erfahren,
wie Persönliche Assistenz in Schweden funktioniert.
Dazu schauten wir uns einen Verein an,
der Persönliche Assistenz in Schweden anbietet.
Der Verein hieß JAG.
Was mich an meisten beeindruckt hat
war eine Präsentation von einem Herrn Niklas.
Niklas ist ein Mann mit einem hohen Unterstützungsbedarf.
Seine Unterstützungspersonen
haben gemeinsam einen Vortrag mit ihm gemacht.
Sie haben erzählt,
dass sie zum Bespiel für diesen Vortrag Vorschläge gemacht haben
und mit Gestik hat Niklas entweder zugestimmt
oder abgelehnt.
Das wäre ein Beispiel wie ich finde,
dass Persönliche Assistenz für Menschen mit Lernschwierigkeiten
auch bei uns aussehen könnte.
Was auch in Schweden Gute ist:
Die persönliche Assistenz ist nicht an Stunden begrenzt.
Das ist in Österreich nicht so.
Das wäre aber wichtig,
damit man die Forderung nach Persönlicher Assistenz
für alle verwirklichen kann.
Ich sollte zwar Antworten geben in meinem Vortrag
wie die Persönliche Assistenz ausschauen soll,
aber ich habe auch eine Frage mitgebracht: ☺
Die Frage, die ich mir oft stelle
und die ich ihnen auch stellen möchte ist:
„Muss persönliche Assistenz
für Menschen mit Lernschwierigkeiten anders aussehen?
Braucht sie vielleicht sogar einen eigenen Namen?
Oder ist es wie persönliche Assistenz für alle Menschen
mit einer Behinderung?“
Die meisten von Ihnen würden wahrscheinlich sagen:
„ja es schaut ein bisschen anders aus.“
In der Arbeitsgruppe im Ministerium
waren sogar einige der Meinung
„Es ist ganz was anderes!
Weil Menschen mit Lernschwierigkeiten
mehr Unterstützung brauchen.“
Und das stimmt sogar auch oft.
Zum Beispiel bei der Anleitung von Assistenten.
Oder beim Dienstplan
oder Geld.
Nur ich denke nicht,
dass es deshalb so ganz was anderes ist.
Viele Menschen
die schon einen persönlichen Assistenten haben,
haben auch nicht von Anfang an gewusst wie man anleitet.
Sie habe es gelernt von anderen Peers.
Die Schwierigkeit für Menschen mit Lernschwierigkeiten ist oft,
dass viele glauben,
dass wir Dinge gar nicht können
und nicht lernen können.
Bei der Persönlichen Assistenz
sollte man uns also auch mehr zutrauen.
Noch einige andere Punkte möchte ich kurz erwähnen:
Die Pflegegeld Stufe
darf zum Beispiel nicht länger ein Ausschlussgrund sein
für Menschen mit Lernschwierigkeiten.
Oder auch die persönliche Assistenz am Arbeitsplatz
für Menschen mit Lernschwierigkeiten
ist ein wichtiges Thema.
Es ist eine wichtige Frage wie man es verändern kann,
dass auch Menschen mit Lernschwierigkeiten
sie bekommen können.
Aus meiner Sicht wurde
noch nie wirklich über dieses Thema diskutiert.
Weil die persönliche Assistenz am Arbeitsplatz
immer als etwas eigenes angesehen wird.
Das macht aus meiner Sicht keinen wirklichen Sinn
und ist ein weiteres Hindernis.
Ich könnte noch viele weitere Punkte nennen
aber das würde meine Redezeit überziehen.
Nur noch die wichtigsten möchte ich kurz aufzählen:
-
Unabhängige Peerberatung-Stellen
Diese brauchen wir für alle Menschen mit einer Behinderung
dabei zu unterstützen,
wenn sie Probleme bei der Persönlichen Assistenz haben.
Da wäre es wichtig
wenn Menschen mit Lernschwierigkeiten
dort mitarbeiten.
-
Leichte Sprache Broschüre
zum Thema persönliche Assistenz.
Informationen zur Persönlichen Assistenz
müssen dringend auch in Leichter Sprache
herausgegeben werden.
Sonst erfahren viele Menschen
gar nichts über die Möglichkeiten.
Solange Menschen mit Lernschwierigkeiten
von der persönlichen Assistenz ausgeschlossen werden,
widerspricht es klar
der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung
und es ist eine ernste Diskriminierung für uns.
Deshalb muss der nächste Schritt sein,
dass man die Schwierigkeiten beseitigt
die es bei diesem Thema gibt.
Und dass die Menschen mit Lernschwierigkeiten
die Unterstützung bekommen sollen,
die sie dabei brauchen.
Da bei dem Thema persönliche Assistenz am Arbeitsplatz
die gleichen Schwierigkeiten gibt
sollte man es natürlich auch dort beseitigen.
Ich muss jetzt leider abschließen
auch wenn es noch viel wichtiges zu sagen gäbe
aber ich hoffe,
ich konnte ihnen ein paar wichtige Gedanken
zu diesem Thema
aus der Sicht von Menschen mit Lernschwierigkeiten sagen.
Sollten sie noch Fragen dazu haben
können sie es gerne bei der Podiumsdiskussion stellen.
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.
Quelle
Erich Girlek: Wie soll Persönliche Assistenz für Menschen mit Lernschwierigkeiten ausschauen? Wien 2015.
bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet
Stand: 18.04.2017