Wibs Tipps zum Thema Arbeit für Menschen mit Lernschwierigkeiten

Autor:in - Wibs
Schlagwörter: Geistige Behinderung, Berufliche Integration, Selbstbestimmung, Förderung, Recht
Textsorte: Broschüre
Copyright: © Wibs 2006

Inhaltsverzeichnis

Kommentar (von bidok)

In diesem Text gibt es keine Bilder. So kann er auch von Menschen mit Sehbehinderung gelesen werden.

Den richtigen Text können Sie auf ihren Computer herunterladen http://www.selbstbestimmt-leben.net/wibs/downloads/WibsTipps_MmL.pdf oder bei den HerausgeberInnen bestellen:

Wibs, Anton Eder Str. 15, 6020 Innsbruck

Tel.:0043 (0) 512 57 34 48

Email: wibs@selbstbestimmt-leben.at

1. Einleitung

Wibs ist das Thema Arbeit ganz besonders wichtig.

Viele Menschen glauben, wir Menschen mit Lernschwierigkeiten können nichts leisten.

Wie Sie alle wissen, ist es sehr schwer in der heutigen Zeit eine Arbeit zu bekommen.

Im Februar 2006 waren ungefähr 300.000 Menschen in Österreich ohne Arbeit.

Davon sind ungefähr 31.000 Menschen mit Behinderungen.

(Quelle: www.ams.at; Stand August 2006; Zahlen gerundet)

Eigentlich muss in Österreich jede Firma die mehr als 25 MitarbeiterInnen beschäftigt, eine Person mit Beeinträchtigung einstellen.

Mehr als 15.000 Firmen haben die Pflicht, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Jedoch nur rund 3500 machen das auch.

Die anderen bezahlen lieber Ausgleichstaxe.

Das heißt, dass sie keine behinderte Person einstellen, sondern sich mit 206 Euro pro Monat von dieser Pflicht freikaufen.

(Quelle: Handicap 06, Zahlen gerundet)

Wir wollen, dass mehr Menschen mit Lernschwierigkeiten Arbeit bekommen.

Deshalb haben wir 2 Broschüren geschrieben:

Diese hier soll Menschen mit Lernschwierigkeiten Mut machen, sich eine richtige Arbeit zu suchen.

Die andere Broschüre soll Firmen Lust machen, Menschen mit Lernschwierigkeiten einzustellen.

Was meinen wir mit Lernschwierigkeiten? Das alte Wort für Menschen mit Lernschwierigkeiten ist Menschen mit geistiger Behinderung. Das Wort ist abwertend und es wird oft als Schimpfwort gebraucht. Deshalb haben wir versucht, ein besseres Wort zu finden. Jetzt nennen wir uns lieber Menschen mit Lernschwierigkeiten.

Viel Erfolg beim Arbeitsuchen wünscht ihnen das Wibsteam

KARL HEINZ VESELY, DINKHAUSER KARTONAGEN

"Ich habe einen guten Job. Ich kann arbeiten wie jeder Mensch. Die Leute akzeptieren mich. Mein Chef ist mit mir zufrieden. Ich werde behandelt wie ein normaler Mitarbeiter. Ich werde nicht ausgelacht, nicht verspottet und nicht wie ein Behinderter angesehen."

Karl Heinz Vesely, seit 1995 bei der Fa. Dinkhauser

Herr Vesely besuchte den Polytechnischen Lehrgang. Eine wichtige Aufgabe in diesem Schuljahr war es, sich einen Arbeitsplatz oder eine Lehrstelle zu suchen. Damals gab es noch nicht die Möglichkeit eine Teilqualifizierungslehre oder eine verlängerte Lehre zu machen. Zum Glück kannte Herr Veselys Lehrer den Chef einer Buchbinderei. Der Chef der Buchbinderei war bereit, Herrn Vesely zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Der Lehrer begleitete Herrn Vesely zu dem Gespräch. Es verlief sehr gut und so konnte Herr Vesely in der Buchbinderei zu arbeiten anfangen.

Doch nach einem Jahr wurde er arbeitslos, weil seine Firma in Konkurs ging. Die Buchbinderei wurde von der Firma Dinkhauser übernommen und schließlich bekam Herr Vesely wieder einen Job in der neuen Firma. Das Gute an der Veränderung war, dass Herr Vesely nach der Übernahme der Firma in eine neue Abteilung wechseln konnte. Er arbeitete nun in der Abteilung "Musterkartenherstellung". Dort war die Arbeit leichter und sein Vorgesetzter schimpfte weniger. In der Musterkartenherstellung arbeitet er nun schon seit 1995. In seiner Abteilung ist er der Mitarbeiter mit den meisten Dienstjahren. In der Firma Dinkhauser gefällt es ihm sehr gut.

2. Was muss ich mir zuerst überlegen?

Was ist mein Traumjob?

Was ist meine Lieblingsbeschäftigung?

Zuerst können Sie überlegen, was Sie tun wollen und was Sie am liebsten mögen.

Das können viele Dinge sein:

Manche Leute mögen gerne Blumen.

Andere mögen gerne Feste organisieren.

Wieder andere mögen gerne wandern.

Brauche ich Geld? Wie viel Geld brauche ich?

Geld brauchen Sie für die Miete, für das Essen, für Möbel, für Versicherungen, für Strom, für Wasser, für Kleidung.

Sie müssen sich genau überlegen, wie viel Geld Sie verdienen müssen, um das alles bezahlen zu können.

Holen Sie sich Unterstützung, wenn Sie beim Ausrechnen Hilfe brauchen.

Dann ist es wichtig, sich eine Arbeit zu suchen, bei der Sie genug Geld verdienen.

Was kann ich gut?

Jeder Mensch hat schwache und starke Seiten.

Denken Sie darüber nach, was Sie gut können.

Auch das können viele Dinge sein:

Manche Leute können gut telefonieren.

Andere können Leute begrüßen.

Wieder andere kennen sich gut bei Bus- und Zugplänen aus.

Was kann ich nicht so gut?

Alle Menschen haben auch schwächere Seiten.

Es kann sein, dass es Dinge gibt, die Ihnen nicht so gut gelingen.

Das ist nicht schlimm, denn viele Dinge kann man lernen.

Wichtig ist, dass Sie wissen, was Sie nicht so gut können.

Darauf müssen sich Ihr Chef oder Ihre Chefin und die KollegInnen einstellen.

Vielleicht können Sie gemeinsam mit anderen an Ihren Schwächen arbeiten.

Oder Sie lernen sich Hilfe zu holen.

Oder Sie bekommen eine andere Aufgabe zugeteilt.

Wibs Tipp

"Die Arbeitssuchenden sollen sich überlegen, welche Hilfe sie brauchen, damit sie nicht mehr lange herumprobieren müssen, wenn sie dann eine Arbeit haben."

Mag ich gerne drinnen oder draußen arbeiten?

Eine wichtige Entscheidung kann sein, wo Sie arbeiten wollen.

In einem Haus oder lieber draußen im Freien.

Manche Menschen mögen viel Bewegung und frische Luft.

Die brauchen einen Job im Freien.

Da gibt es viele:

GärtnerIn, BotIn, HausmeisterIn, BademeisterIn, LiftwartIn, SeglerIn.

Manche Menschen mögen gerne drinnen arbeiten.

Die werden dann eher: KöchIn, VerkäuferIn, ElektrikerIn.

Bei vielen Arbeitsstellen, die eigentlich drinnen sind, gibt es auch Außendienste.

Man muss als SekretärIn zum Beispiel zur Post gehen.

Das ist also eine Arbeit, bei der man drinnen und draußen arbeiten kann.

Mag ich gerne mit anderen oder lieber alleine arbeiten?

Jeder und jede muss sich zuerst überlegen, ob er oder sie lieber alleine oder mit anderen Menschen zusammen arbeitet.

Manchmal kann es auch sein, dass Sie Dinge alleine machen und später erst mit den anderen besprechen.

Wie viele Stunden am Tag kann ich arbeiten?

Es ist wichtig zu überlegen, wie lange Sie überhaupt arbeiten können.

Wann müssen Sie mit der Arbeit aufhören, damit Sie den Bus oder Zug noch rechtzeitig erwischen?

Viele Menschen arbeiten entweder 40, 30, 25 oder 20 Stunden in der Woche.

Manche Menschen arbeiten auch nur 10 Stunden oder weniger.

Das muss jeder und jede selbst entscheiden.

Bin ich FrühaufsteherIn?

Wenn Sie es nicht schaffen, in der Früh aufzustehen, ist es besser, wenn Sie sich eine Arbeit suchen, die erst später anfängt.

Manche BäckerInnen müssen zum Beispiel schon um 3 Uhr in der Früh aufstehen.

Manche KellnerInnen in einer Bar müssen erst ab 16 Uhr arbeiten.

Kann ich mich am Abend auch noch konzentrieren?

Manche Menschen sind am Abend zu müde, um zu denken.

Für sie ist es besser, wenn sie sich eine Arbeit suchen, bei der sie nur am Vormittag arbeiten.

Andere Menschen werden erst am Abend richtig munter.

Diese arbeiten besser am Abend.

Kenne ich mich mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus?

Es ist wichtig, dass Sie sich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln auskennen.

Zum Beispiel, um zur Arbeit und wieder nach Hause zu kommen.

Wenn Sie sich mit dem Busfahren und Zugfahren noch nicht auskennen, können Sie das lernen.

Dafür gibt es Kurse.

Oder Sie fragen Jobcoaches oder ArbeitsassistentInnen um Unterstützung.

In großen Städten gibt es auch Fahrtendienste.

Wo kann ich etwas ausprobieren?

Wenn Sie viele verschiedene Arbeiten ausprobieren, wissen Sie bald, was Sie können und was Sie nicht so gut können.

Sie merken dann auch, was Sie mögen und was nicht.

Suchen Sie sich einen Platz, an dem Sie für kurze Zeit arbeiten können.

Beobachten Sie dabei, was Sie können und was Sie mögen.

Keine Sorge, niemand kann alles.

Wenn Sie noch nicht alles können, können Sie Kurse besuchen.

Monika Rauchberger, Beratungsstelle Wibs

1989 fing ich in einer Werkstätte an zu arbeiten. Damals war ich 18 Jahre alt. Ich machte verschiedene Handarbeiten. Ich musste auch sinnlose Arbeiten machen, zum Beispiel Seidenpapier zerreißen. Ich ärgerte mich über die Werkstättenleiter. Die bemühten sich nicht, uns eine richtige Arbeitsstelle zu suchen.

Nach einiger Zeit fuhr ich echt ungern in die Werkstätte.

Ich träumte davon, in einem Büro zu arbeiten. Und ich träumte von mehr Geld. Das Taschengeld, das ich in der Werkstätte bekam, war eindeutig zu wenig. Am Anfang war ich mit dem Taschengeld zufrieden gewesen. Ich hatte geglaubt, dass alle Menschen so viel Geld bekämen wie ich und dass ich einen richtigen Arbeitsplatz hätte.

Einige meiner behinderten Freunde ärgerten mich. Die hatten selbst richtige Arbeit. Sie sagten, dass ich gar keine richtige Arbeit machen würde und dass das Taschengeld auch kein richtiger Gehalt wäre. Also machte ich mich auf die Suche nach einem richtigen Job. Ich erzählte nur meinen guten Freunden von meinem Wunsch eine Arbeit zu bekommen, weil meine BetreuerInnen und meine KollegInnen sagten, dass ich es auf einem richtigen Arbeitsplatz nicht schaffen würde. Aber ich wollte das Risiko eingehen. Ich war überzeugt davon, dass es eine Arbeit gibt, die ich bestimmt schaffen würde. Ich hatte Glück.

Eine meiner Freundinnen wusste einen Job an einer Beratungsstelle. Ich habe ein Bewerbungsschreiben hingeschickt. Dann haben sie mich zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen. Da bin ich alleine hingegangen. Ich hab den Job bekommen. Nun bin ich schon seit fast 4 Jahren dort angestellt.

Wenn ich nicht mehr hier arbeiten könnte, wäre ich unglücklich. Ich hätte Angst, dass ich keine richtige Arbeit mehr finde. Auf jeden Fall würde ich rechtzeitig eine neue Arbeitsstelle suchen. In die Werkstätte will ich auf keinen Fall mehr zurück. Ich würde mir Unterstützung holen, damit ich einen neuen Arbeitsplatz finde. Bis jetzt habe ich immer noch irgendwie alles geschafft. Ich gebe nicht auf.

3. Welche Formen von Arbeit gibt es?

Richtige Jobs mit richtigem Gehalt

Bei einem richtigen Job mit richtigem Gehalt müssen Sie ganz bestimmte Arbeiten erledigen.

Dafür bekommen Sie dann ein Gehalt bezahlt.

Bevor Sie einen richtigen Job beginnen, müssen Sie mit Ihrer zukünftigen Chefin oder Ihrem zukünftigen Chef ein paar Dinge ausmachen:

  • Sie müssen besprechen, was Ihre Aufgaben sind,

  • wie viele Stunden Sie arbeiten,

  • wie viel Geld Sie dafür bekommen,

  • welche besonderen Regeln es in der Firma gibt.

Meistens bekommt jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter einen Dienstvertrag.

Darin steht ein Teil Ihrer Rechte und Pflichten geschrieben.

Im Vertrag steht auch, wie viel Geld Sie für die Arbeit bezahlt bekommen.

Und wie viel Stunden Sie in der Woche arbeiten.

Wenn Sie einen richtigen Job haben, sind Sie sozialversichert. Wenn Sie sozialversichert sind, können Sie

  • kostenlos zum Arzt gehen, wenn Sie krank sind.

  • in Pension gehen, wenn Sie alt genug sind.

  • Unfallgeld bekommen, wenn Ihnen etwas passiert.

  • Arbeitslosengeld bekommen, wenn Sie keinen Job mehr haben.

Die Sozialversicherungbesteht aus 4 Versicherungen:

  • Krankenversicherung

  • Pensionsversicherung

  • Unfallversicherung

  • Arbeitslosenversicherung

Ehrenamtliche Arbeit

Für ehrenamtliche Arbeit bekommen Sie kein Geld.

Es gibt viele Leute, die freiwillig beim Roten Kreuz arbeiten und dafür kein Geld bekommen.

Es gibt Menschen, die Kinder betreuen, eine Fußballmannschaft trainieren oder andere Arbeiten machen und dafür kein Geld verlangen.

Selbstständige Arbeit

Selbstständige Arbeit heißt, dass Sie keinen Chef und keine Chefin haben.

Selbstständig zu arbeiten heißt, dass Sie sich selbst darum kümmern müssen, wann und was Sie arbeiten und wieviel Sie verdienen.

Zum Beispiel können Sie für andere Leute Rasen mähen.

Da müssen Sie sich selbst einen Rasenmäher und Geräte kaufen.

Sie müssen sich Kunden suchen, für die Sie den Rasen mähen können.

Sie bestimmen den Preis für das Rasenmähen.

Das Geld müssen Sie versteuern.

Das heißt, dass der Staat einen Teil Ihres Geldes bekommt.

Geschützte Werkstätten

In den meisten geschützten Werkstätten arbeiten Menschen mit Körper- oder Sinnesbehinderungen.

Geschützte Werkstätten sind normale Firmen, die etwas produzieren und dafür Geld bekommen.

Sie machen zum Beispiel Getreidemühlen, Besen, Verpackungen und viele andere Dinge.

Wenn Menschen mit Behinderung in einer geschützten Werkstätte arbeiten, bekommen sie einen Gehalt.

Sie sind auch sozialversichert, arbeitslosenversichert und pensionsversichert.

Beschäftigungstherapie

Beschäftigungstherapie ist das richtige Wort für Reha-Werkstätten.

In Reha-Werkstätten haben die Menschen mit Lernschwierigkeiten den ganzen Tag eine Beschäftigung.

Eigentlich soll man dort so viel lernen, dass man später an einem richtigen Arbeitsplatz arbeiten kann.

In der Beschäftigungstherapie bekommen Sie kein richtiges Gehalt, nur ein Taschengeld.

Sie sind nicht arbeitslosenversichert und nicht pensionsversichert.

Das heißt, Menschen mit Lernschwierigkeiten aus der Beschäftigungstherapie können nicht in Pension gehen, wenn sie alt genug sind.

Wenn Sie nicht mehr in der Werkstätte arbeiten wollen, bekommen Sie kein Arbeitslosengeld.

Integrative Berufsausbildung/Lehre

Seit ein paar Jahren können Menschen mit Lernschwierigkeiten eine Lehre machen.

Sie müssen aber nicht alles lernen, was man normalerweise in einer Lehre lernt.

Sie können sich aussuchen, was Sie schaffen und weglassen, was Ihnen zu viel ist.

Sie gehen in die Berufsschule.

Sie müssen aber nicht den gesamten Stoff lernen.

Deshalb nennt man das Teilqualifizierungslehre.

Oder Sie machen doch die ganze Lehre, sagen aber, dass sie dafür nicht 3 Jahre brauchen, sondern 1 Jahr länger.

Das nennt man dann verlängerte Lehre.

"Am Anfang machen Arbeiten manchmal weniger Spaß, weil man es noch nicht so gut kann." Karl Heinz Vesely

Tipps von Menschen mit Lernschwierigkeiten

"Wenn sich der Mitarbeiter mit Lernschwierigkeiten ärgert, muss er sich vorher überlegen, wie er das dem Arbeitgeber sagt. Der erste Schritt sollte immer sein, dass der Mitarbeiter mit Lernschwierigkeiten zum Vorgesetzten geht. Wenn sich nichts ändert, kann er dann erst zum höheren Chef gehen." Barbara Kröll, Pädagogische Akademie Innsbruck

"Wenn der Mitarbeiter mit Lernschwierigkeiten bei gewissen Arbeiten eine Unterstützung braucht, soll er das zugeben und besprechen, wer ihm am besten helfen kann. Das kann ein Kollege oder der Jobcoach, der Arbeitsassistent oder ein persönlicher Assistent sein." anonym

"Wenn Sie etwas brauchen, fragen Sie um Unterstützung und Anleitung. Wenn der Chef für den Mitarbeiter mit Lernschwierigkeiten keine Zeit zum Unterstützen hat, muss man geduldig sein und manchmal auch öfter nachfragen." Karl Heinz Vesely, Dinkhauser Kartonagen

"Man muss fleißig sein. Die Arbeiten, die der Chef dem Mitarbeiter aufträgt, muss man auch wirklich machen. Man muss viel Geduld haben, wenn etwas nicht gleich klappt." Clemens Senn, Gutmann Esso Tankstelle Prutz

"Angestellte müssen zum Chef, zu den KundInnen und auch zu den KollegInnen freundlich sein." Barbara Kröll, Pädagogische Akademie Innsbruck

"Wenn etwas in der Arbeit nicht passt, dann darf man nicht still sein, sondern soll sofort mit dem Vorgesetzten reden." anonym

Wibs Tipp

"Bei Feiern und Betriebsausflügen ist es gut, wenn Sie Ihre AssistentInnen oder den Fahrdienst bitten, Sie hinzubringen. Dann können Ihre KollegInnen nämlich feiern und müssen nicht damit rechnen, Sie zu unterstützen."

4. Schritte zum Arbeitsplatz

Schritt 1: AMS

Ganz wichtig ist, dass Sie sich als Erstes beim Arbeitsmarktservice (AMS) melden.

Sagen Sie dort, dass Sie keine Arbeit haben aber gerne arbeiten wollen.

Die Leute vom AMS müssen das wissen, weil sie Ihnen dann vielleicht eine Ausbildung oder der Firma einen Teil des Gehaltes bezahlen.

Schritt 2: Orientierung

Am Anfang ist es ganz wichtig, sich zu überlegen: Was will ich und was kann ich?

Damit Sie das schneller herausfinden, können Sie ein Praktikum machen.

Sie können sich auch Vereine suchen, die Berufsorientierung oder Clearing anbieten.

Schritt 3: Die Bewerbung

Dann brauchen Sie eine Bewerbungsmappe. In eine Bewerbungsmappe gehören:

  1. Foto

  2. Lebenslauf

  3. Zeugnisse (in Kopie)

  4. Arbeitszeugnisse (in Kopie)

  5. Begründung, warum man in dieser Firma arbeiten will

  6. Fähigkeitsliste oder eine Liste mit allen Berufserfahrungen

  7. Auszeichnungen, wenn vorhanden

  8. Adresse und Telefonnummer

Wenn die Bewerbungsmappe fertig ist, schicken Sie sie zu den Firmen, bei denen Sie gerne arbeiten möchten.

Dann heißt es abwarten und nicht aufgeben.

Schritt 4: Offene Stellen suchen

Nach offenen Stellen können Sie in Zeitungen oder im Internet suchen. Auch am Arbeitsamt wissen sie manchmal, wo es freie Stellen gibt.

Schritt 5: Unterstützung bei der Arbeitssuche

Arbeit suchen ist ziemlich anstrengend.

Es kann hilfreich sein, sich bei der Arbeitssuche Hilfe zu holen.

Da kann man zu einem Jobcoach oder einer Arbeitsassistentin gehen.

Sie helfen Ihnen bei all den Schritten aus diesem Kapitel.

Der Jobcoach oder die Arbeitsassistentin gehen zum Beispiel mit Ihnen zu dem Chef oder der Chefin einer Firma.

Jobcoaches und Arbeitsassistentinnen machen Arbeitsplatzanalysen.

Das heißt, sie schauen sich die Arbeitsstelle genau an und suchen Arbeiten, die Sie gut können.

"Als Portierin muss ich freundlich sein. Ich muss telefonieren können. Und ich muss mich ein bisschen am Computer auskennen." Barbara Kröll

Schritt 6: Das Bundessozialamt

Es ist gut, wenn Sie zum Bundessozialamt gehen.

Stellen Sie dort einen Antrag, dass Sie als begünstigter Behinderter eingestuft werden.

Wenn Sie das Bundessozialamt eingestuft hat, haben Sie viele Vorteile:

  • Sie können nicht so schnell gekündigt werden.

  • Wenn Sie weniger arbeiten können als die meisten anderen Menschen, kann Ihre Firma einen Teil Ihres Gehaltes vom Bundessozialamt bezahlt bekommen.

  • Sie müssen weniger Steuern zahlen.

  • Sie bekommen Ermäßigungen, zum Beispiel bei der ÖBB.

Schritt 7: Bewerbungsgespräch

Ein Bewerbungsgespräch müssen Sie gut vorbereiten.

Auch da können Jobcoaches oder ArbeitsassistentInnen helfen.

Diese wissen meistens sehr gut, welche Fragen FirmenchefInnen stellen.

Sie sollten gemeinsam darauf achten, dass Sie genau wissen, wo Ihre Fähigkeiten liegen und wo Sie Unterstützung brauchen.

Schritt 8: Praktikum

Um zu sehen, ob die ausgewählte Arbeit auch wirklich die richtige ist, können Sie ein Praktikum machen.

Normalerweise dauert ein Praktikum zwischen 2 und 4 Wochen.

Schritt 9: Arbeitserprobung

Bei der Arbeitserprobung wird darauf geschaut, ob Sie auch in das Team passen.

Es ist wichtig, dass alle miteinander auskommen.

Die Arbeitserprobung kann vom AMS bezahlt werden.

Dann muss Ihr Chef Ihnen nichts bezahlen und Sie können langsam in alle Ihre Aufgaben eingearbeitet werden.

Schritt 10: Anstellung

Hier ist es gut, einen Jobcoach oder eine Arbeitsassistentin zu haben.

Meistens gibt es mit der Firma und mit den Behörden ganz viel zu klären:

Zum Beispiel, welche Förderungen bekommt die Firma, wer bezahlt die Förderungen und wie lange werden sie bezahlt

Ein Jobcoach / eine Arbeitsassistentin erzählt:

Ich habe Frau Huber getroffen, als sie gerade ein Schnupperpraktikum in der Küche eines Restaurants gemacht hat.

Normalerweise besuchte sie eine Reha-Werkstätte (Beschäftigungstherapie), in deren Küche sie auf einen Arbeitsplatz am ersten Arbeitsmarkt vorbereitet wurde. Die Werkstättenleiterin hatte Frau Huber das Schnupperpraktikum vermittelt und nun mich hinzugezogen. Frau Huber vereinbarte mit mir zusammenzuarbeiten. Zuerst machten wir uns auf die Suche nach den Fähigkeiten von Frau Huber. Das war wichtig, damit wir wussten, wo ihre Stärken waren und wo sie noch Unterstützung benötigte.

Außerdem besprachen wir, welche Fertigkeiten in welchem Beruf verlangt werden.

Es war bald klar, dass wir eine Stelle in einer Küche im Umfang von 20 Wochenstunden suchen mussten. Wir fanden einen Arbeitgeber und vereinbarten ein Praktikum

Leider war dieser Arbeitsplatz nicht geeignet. Durch das Praktikum wurde uns klar, was an einem zukünftigen Arbeitsplatz anders sein müsste:

  • Er bräuchte eine geräumige Küche.

  • Frau Huber bräuchte einen Mentor/eine Mentorin.

  • Frau Huber müsste zu Fuß zur Arbeit gehen können,

weil sich herausgestellt hatte, dass sie Angst davor hatte, mit dem Bus zu fahren.

Bald wurde ein neuer Betrieb gefunden. Nach einem weiteren Praktikum konnte Frau Huber mit einer 6-wöchigen Arbeitserprobung beginnen.

Arbeitserprobung heißt, dass sie ganz normal in der Firma arbeitete. Die Chefin musste aber kein Gehalt bezahlen, denn Frau Huber bekam vom AMS Schulungsarbeitslosengeld.

Ich besuchte Frau Huber zu dieser Zeit jeden Tag im Betrieb.

Ich suchte einen Mentor und übernahm die Förderungsabwicklung beim Bundessozialamt.

Wichtig in der Einarbeitungsphase war, gemeinsam mit dem Mentor den Arbeitsplatz zu analysieren.

Das bedeutete darauf zu schauen, welche Arbeiten Frau Huber möglichst selbstständig machen konnte und was sie dazu brauchte.

Eine weitere wichtige Aufgabe des Mentors war, darauf zu achten, dass Frau Huber im Team integriert wurde.

Es lief recht gut und ich besuchte den Betrieb seltener.

Nach einiger Zeit bekam Frau Huber größere psychische Probleme.

Ich wurde geholt und besuchte in dieser Phase die Firma wieder täglich. Ich klärte den neuen Unterstützungsbedarf ab und informierte die KollegInnen von Frau Huber über die neue Situation.

Nach dieser Krise hatte sich die Situation wieder beruhigt, Frau Huber und ihre KollegInnen lernten mit der Situation gut umzugehen.

Ich konnte die Begleitung wieder verringern.

Zusammen mit der Chefin und dem Mentor besprachen wir, wie die Nachbegleitung aussehen sollte. Insgesamt hat der Prozess 2 Jahre gedauert.

Wenn es heute einmal Fragen oder ein Problem gibt, dann können alle Beteiligten sich immer wieder an mich wenden.

Der Name ist erfunden.

5. Wer kann mich unterstützen?

Wenn man eine neue Arbeit anfängt oder eine Arbeit sucht, ist es wichtig, dass es Menschen gibt, die helfen.

  • Wenn bei einem Vorstellungsgespräch etwas schief geht, sollte es jemanden geben, der/die sofort da ist und tröstet.

  • Manchmal ist es wichtig, dass UnterstützerInnen Vorschläge machen oder auf Folgen hinweisen.

  • Manche Menschen brauchen auch Unterstützung, wenn sie auf Ämter gehen. Zum Beispiel, wenn man zum Arbeitsamt muss.

  • Es ist auch wichtig einen Menschen zu haben, der dafür sorgt, dass man die eigenen Träume nicht vergisst.

  • Für viele Menschen mit Lernschwierigkeiten ist es wichtig, dass es jemanden gibt, der sie die ersten Tage und Wochen zur Arbeit bringt und sie dort auch wieder abholt.

  • Jemanden, der bei Konflikten hilft, kann man immer brauchen.

  • Es ist wichtig jemanden zu haben, der dem Arbeitgebe/der Arbeitgeberin sagt, wie Schwierigkeiten überwunden werden können.

Das Arbeitsmarktservice vermittelt Arbeitsplätze.

Gut ist, wenn Sie sich beim AMS so schnell wie möglich melden.

Nur wenn Sie dort gemeldet sind, können Sie später Förderungen erhalten.

Vom Arbeitsmarktservice bekommen Sie das Arbeitslosengeld.

Damit Sie Arbeitslosengeld oder eine Förderung bekommen, müssen Sie 3 Dinge erfüllen.

  • Sie müssen arbeiten wollen.

  • Sie dürfen noch keine richtige Arbeit haben.

  • Sie müssen arbeitsfähig sein.

Wibs Tipp

Ob Sie arbeitsfähig sind, bestimmt ein Arzt oder eine Ärztin.

Manche ÄrztInnen glauben, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten nicht arbeitsfähig sind.

Wenn der Arzt/die Ärztin das sagt, dann bekommen Sie keine Förderungen vom Arbeitsmarktservice.

Wir haben da einen Vorschlag: Suchen Sie sich zuerst eine Arbeitsstelle. Wenn Sie eine Firma haben, die Sie einstellen will, brauchen Sie nicht zum Arzt/zur Ärztin zu gehen.

Wenn es nicht so einfach ist eine Firma zu finden, probieren Sie es einmal mit einer persönlichen Zukunftsplanung.

Manchmal bezahlt das AMS einen Zuschuss zur Ausbildung.

Wenn Sie einen Job gefunden haben, aber Ihr Chef/Ihre Chefin will Ihr Können noch überprüfen, kann er/sie das AMS um finanzielle Unterstützung fragen.

Das nennt man Arbeitserprobung.

Das bedeutet, dass das AMS Ihnen weiterhin Schulungsarbeitslosengeld bezahlt, während Sie in der neuen Firma zu arbeiten beginnen.

Das Bundessozialamt ist Ihr wichtigster Ansprechpartner.

Beim Bundessozialamt können Sie sich als begünstigter Behinderter einstufen lassen.

Um das zu erreichen, müssen Sie zu einem Arzt/einer Arztin gehen.

Er/Sie schaut, ob Sie genug arbeiten können.

Sie müssen mindestens halb so viel arbeiten können, wie andere Menschen.

Wenn Sie die Bestätigung haben, hat das Vorteile für Sie.

Das Bundessozialamt bezahlt auch noch andere Förderungen.

  • Wenn die Firma etwas umbauen muss, damit Sie dort gut arbeiten können, kann sie Geld vom Bundessozialamt bekommen.

  • Sie können sich auch beim Bundessozialamt melden, wenn Ihre Firma Sie kündigen will. Manchmal können dann Bundessozialamt oder AMS der Firma einen Zuschuss bezahlen und Sie können weiterarbeiten.

  • Wenn die Firma ein anderes Computerprogramm oder eine neue Maschine kaufen muss, damit Sie gut arbeiten können, kann einen Teil das Bundessozialamt bezahlen.

  • Wenn Sie eine Fortbildung machen wollen oder müssen bzw. eine neue Ausbildung notwendig wird, können Sie das Bundessozialamt um einen Zuschuss bitten.

  • Wenn Sie gerne eine Teilqualifizierungslehre oder eine verlängerte Lehre machen wollen, bezahlt das Bundessozialamt eine Förderung.

  • Wenn Sie jemanden brauchen, der Ihnen das Fahren mit Bus oder Zug beibringt, kann das auch das Bundessozialamt bezahlen.

Das Land Tirol bezahlt die Reha-Werkstätten (Beschäftigungstherapie).

Manchmal bezahlt das Land Tirol auch einen Teil Ihres Gehalts.

Und zwar dann, wenn das AMS oder das Bundessozialamt oder die Krankenkassen nicht oder nicht mehr für Sie zuständig sind.

So kann es sein, dass das AMS 2 Jahre lang einen Teil Ihres Gehaltes bezahlt.

Danach müsste die Firma Ihren gesamten Gehalt bezahlen.

Es kann aber auch sein, dass das Land Tirol die Förderung übernimmt und Ihr Arbeitsplatz damit gerettet ist.

WAS KANN HELFEN?

Arbeitsassistenz/Job-Coaching:

ArbeitsassistentInnen / Jobcoaches unterstützen Sie bei der Jobsuche.

  • Sie helfen Ihnen Ihre Bewerbungsunterlagen zu schreiben.

  • Sie suchen mit Ihnen passende Inserate in Zeitungen und im Internet heraus.

  • Sie beraten Sie, wenn Sie sich noch nicht klar sind, was Sie arbeiten wollen.

  • Manchmal helfen sie Ihnen auch beim Suchen einer Firma, in der Sie schnuppern können.

  • Sie begleiten Sie zum Bewerbungsgespräch.

  • Sie helfen auch bei Problemen mit Ihren KollegInnen oder Ihrem Chef/Ihrer Chefin.

  • Sie können ein Busfahrtraining mit Ihnen machen, damit Sie problemlos zum neuen Arbeitsplatz kommen.

ArbeitsassistentInnen und Jobcoaches helfen Ihnen auch, wenn Sie eine Integrative Berufsausbildung (Lehre) machen wollen.

Am besten ist, Sie melden sich vor Beginn der Ausbildung bei der Arbeitsassistenz.

Die helfen Ihnen dann während der gesamten Ausbildungszeit bei den Gesprächen mit der Schule und der Firma.

Sie unterstützen Sie auch beim Anträge stellen.

Wenn Sie während der Ausbildung noch zusätzlich Nachhilfe brauchen,

hilft Ihnen die Arbeitsassistenz.

Wenn Sie Ihren Lehrvertrag ändern wollen, helfen Ihnen auch die Arbeitsassistenz und Job-Coaching.

Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz

Persönliche AssistentInnen suchen keinen Job mit Ihnen.

Sie unterstützen Sie am Arbeitsplatz.

Sie übernehmen die Tätigkeiten, die Sie selbst nicht können.

Die Aufgaben von persönlichen AssistentInnen können sein:

  • Sie bringen Sie zum Arbeitsplatz und zu Außendiensten.

  • Sie unterstützen Sie beim Essen, Trinken und der täglichen Hygiene.

  • Sie erledigen Handgriffe am Arbeitsplatz: mitschreiben, kopieren, schwere Aktenordner verräumen und so weiter.

Wenn Sie persönliche Assistenz am Arbeitsplatz wollen, brauchen Sie die Pflegestufe 3. Es ist wichtig, sich gut zu überlegen, wie viele Stunden Sie arbeiten und bei welchen Tätigkeiten Sie Unterstützung brauchen.

Dabei hilft Ihnen die Beratungsstelle Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz.

Erst dann kann Ihr Berater/Ihre Beraterin den Antrag an das Bundessozialamt stellen. Wenn der Antrag bewilligt wurde, wird ein Assistent/eine Assistentin für Sie gesucht.

Was können Sie tun, damit Sie herausfinden, welche Arbeit für Sie gut ist?

Was ist Clearing?

Wenn Sie nicht genau wissen, für welche Arbeiten Sie sich gut eignen, können Sie ein Clearing machen.

Dabei werden Ihre Fähigkeiten und Stärken gesucht.

Sie überlegen gemeinsam mit Ihren ArbeitsassistentInnen, welche Dinge Sie gerne tun und welche Jobs Sie probieren wollen.

Zum Clearing können auch Praktika und Schnupperwochen gehören.

Alle wichtigen Personen wie zum Beispiel Ihre Familie, LehrerInnen und TherapeutInnen werden in das Clearing einbezogen.

Sie bilden gemeinsam einen Unterstützerkreis.

Dort überlegen Sie gemeinsam mit den anderen,

welche Möglichkeiten es für Sie gibt.

Am besten ist, man beginnt mit dem Clearing im letzten Schuljahr.

Wenn das Clearing fertig ist, weiß man, welcher Beruf zu einem passt.

Was ist Berufsorientierung?

Manchmal ist es nicht ganz einfach, gleich nach der Schule den richtigen Job zu finden.

Da können Sie anstelle des Clearings auch eine Berufsorientierung machen.

Ziel der Berufsorientierung ist es, verschiedene Berufe kennen zu lernen.

Berufsorientierung ist fast so etwas wie ein langer Kurs.

In der Früh gehen Sie in die Berufsorientierung und am Abend nach vielen Stunden "Kurs" wieder nach Hause.

In der Berufsorientierung können Sie mehrere Praktika machen.

Dabei lernen Sie verschiedene Berufe kennen.

Außerdem üben Sie die Schritte, wie Sie einen Arbeitsplatz suchen.

Was ist eine persönliche Zukunftsplanung?

Manchmal finden es Menschen nicht so leicht, sich ein Ziel zu stecken.

Oder sie wissen genau, was das Ziel ist, aber nicht, wie sie es erreichen können.

Viele Menschen glauben auch, dass sie allein ans Ziel kommen müssten.

Sie vergessen ganz, wie wichtig andere Menschen dabei sind.

Bei einer Zukunftsplanung finden Sie gemeinsam mit den wichtigsten Personen in Ihrem Leben Ihre Ziele heraus.

Alle helfen mit, dass sich Ihre Wünsche erfüllen.

Zukunftsplanungen kann jeder machen, auch Menschen mit sogenannten schweren Mehrfachbehinderungen.

Das sind Personen, die vielleicht zum Sprechen viel Unterstützung brauchen oder nicht sehr viele Körperteile bewegen können.

Auch sie haben schon tolle Aufgaben gefunden.

Zukunftsplanungen dauern dann zumeist länger, brauchen mehr Vorbereitung und viel Vertrauen aller Beteiligten.

Es ist sehr gut möglich, Menschen mit sogenannten schweren Behinderungen so in die Gemeinschaft einzubinden, dass sie einen sinnvollen Teil zum Wohl der Gesellschaft beitragen.

Zukunftsplanungen soll man immer wieder machen.

Zum Beispiel dann, wenn Sie Ihren Job einmal wechseln möchten.

Der Vorteil ist, dass Sie mit Zukunftsplanungen langsam einen Kreis von Personen aufbauen, die Sie unterstützen, wann immer Sie sie brauchen.

Wibs macht gerne eine Zukunftsplanung mit Ihnen!

6. Meine Rechte und Pflichten

Wann muss ich zu arbeiten anfangen?

Es ist wichtig, dass Sie pünktlich sind.

Überlegen Sie genau, wann Sie mit der Arbeit beginnen können.

Wann erreicht der Bus oder der Zug Ihren Arbeitsplatz?

Wann muss ich aufhören zu arbeiten?

Überlegen Sie, wie lange Sie arbeiten können.

Ab wann werden Sie müde?

Bedenken Sie, dass Sie frühzeitig mit der Arbeit aufhören,

damit Sie den Bus oder Zug noch rechtzeitig erreichen.

Was passiert, wenn ich zu spät komme?

Rufen Sie zuerst in der Arbeitsstelle an.

Sagen Sie, dass Sie ein wenig später kommen.

Wenn es zum Anrufen keine Möglichkeit gibt, dann sollten Sie gleich nach der Ankunft zum Chef/zur Chefin gehen.

Begründen Sie dem Chef/der Chefin, warum Sie zu spät gekommen sind.

Welche Pausen gibt es?

Gehen Sie zum Chef/zur ChefIn hin und fragen Sie, ob es eine Mittagspause gibt.

Nach 6 Stunden Arbeit muss es eine Pause geben.

Fragen Sie, wie lange die Mittagspause dauert und ob man sie selber einteilen kann und ob das Freizeit oder Arbeitszeit ist.

Wichtig für RaucherInnen:

Ganz wichtig ist, dass Sie fragen, wie das mit Zigarettenpausen ist.

Sind die erlaubt?

Wo darf geraucht werden?

Sind die Pausen Arbeitszeit oder Freizeit?

Was passiert, wenn ich etwas kaputt mache?

Keine Angst, die meisten Betriebe sind versichert, wenn etwas kaputt geht.

Sprechen Sie mit Ihrem Chef/Ihrer Chefin darüber, ob Sie versichert sind oder nicht.

Wenn etwas passiert ist, melden Sie das sofort Ihrem Chef/Ihrer Chefin.

Wann kann ich auf Urlaub gehen?

Sie müssen den Chef/die Chefin fragen, ob Sie den Urlaub selber einteilen können.

Manche Firmen haben auch Betriebsurlaub.

Dann können Sie nicht den ganzen Urlaub selbst einteilen.

Wahrscheinlich müssen Sie auf die KollegInnen Rücksicht nehmen.

Nicht alle MitarbeiterInnen können zugleich auf Urlaub gehen.

In den meisten Firmen müssen die MitarbeiterInnen schauen, dass immer jemand da ist und die Arbeit macht.

Fragen Sie auch noch gleich, was Sie tun müssen, wenn Sie Urlaub haben wollen.

In manchen Firmen muss man einen Zettel ausfüllen.

In anderen Firmen muss man sich auf einer Liste eintragen.

Was ist, wenn ich zum Arzt / Sachwalter muss?

Sagen Sie so bald wie möglich, wann Sie einen Arzttermin oder einen Termin beim Sachwalter haben.

Was ist, wenn ich krank bin?

Wenn Sie krank sind, müssen Sie in der Früh in der Arbeitsstelle verlässlich anrufen.

Dann müssen Sie unbedingt sofort zum Arzt gehen.

Der Arzt muss Sie krank schreiben. Das ist ganz wichtig!

Der Arzt muss Sie auch wieder gesund schreiben.

Diese Bestätigung vom Arzt müssen Sie zur Arbeitsstelle mitbringen.

Wie viel Geld verdiene ich?

Wenn Sie wissen wollen, wie viel jemand normalerweise verdient, der Ihre Arbeit macht, können Sie in der Arbeiterkammer anrufen.

Die sagen Ihnen dann, wie viel Geld Sie verdienen müssen.

Fragen Sie beim Vorstellungsgespräch nach, wie viel Geld Sie verdienen werden.

Wann kann ich gekündigt werden?

In jedem Vertrag steht eine Kündigungsfrist.

Kündigungsfrist heißt: Wenn Ihr Chef/Ihre Chefin Sie kündigt, können Sie trotzdem noch bis zum Ende der Kündigungsfrist arbeiten.

Dafür müssen Sie bezahlt werden.

In dieser Zeit können Sie sich dann eine neue Arbeitsstelle suchen.

Wie kündigt man?

Auch Sie haben eine Kündigungsfrist. Das heißt, dass Sie dem Chef oder der Chefin früh genug sagen müssen, dass Sie mit der Arbeit aufhören wollen.

Wibs Tipp

Wenn Sie noch mehr Fragen haben oder sich unfair behandelt fühlen, können Sie sich Beratung holen.

Dazu rufen Sie entweder die Arbeiterkammer oder den Österreichischen Gewerkschaftsbund an!

Die Arbeiterkammer (AK) berät alle Personen,

die eine Arbeitsstelle haben oder arbeitslos sind.

Wenn Sie eine Arbeitsstelle haben, sind Sie automatisch Mitglied bei der AK.

Wenn Sie noch keine Arbeitsstelle haben, muss die Arbeiterkammer Sie nicht beraten.

Aber die Leute von der AK haben versprochen, dass sie die Menschen mit Lernschwierigkeiten aus den Reha-Werkstätten (Beschäftigungstherapie) beraten werden.

Sie finden es sogar gut, wenn sich bei der AK viele Menschen mit Lernschwierigkeiten melden.

Denn dann weiß die AK besser Bescheid, wo die Probleme von Menschen mit Lernschwierigkeiten sind.

Beim Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB),

können Sie Mitglied werden.

Da müssen Sie einfach nur einen Mitgliedsbeitrag bezahlen.

Der ÖGB hat ebenfalls versprochen, Menschen mit Lernschwierigkeiten zu beraten, auch wenn sie noch keine Mitglieder sind.

Der ÖGB berät Sie,

  • wenn Sie wissen wollen, was in den Arbeitsgesetzen steht.

  • wenn Sie wissen wollen, ob Ihr Dienstvertrag in Ordnung ist.

  • wenn Ihnen etwas unfair erscheint.

  • wenn Sie Ihren Urlaub nicht bekommen.

  • wenn Sie Ihr Gehalt nicht bekommen.

  • wenn Ihr Krankengeld nicht bezahlt wird.

  • wenn Ihre Abfertigung nicht bezahlt wird.

  • wenn Ihr Dienstvertrag nicht eingehalten wird.

Clemens Senn, Gutmann Esso Tankstelle

Clemens Senn arbeitet 5 Tage in der Woche an einer Tankstelle.

Er fährt mit dem Bus 20 Minuten vor 8 Uhr zur Arbeit.

Zu seinen Aufgaben gehören:

Lieferungen sortieren und verräumen, Tische abwischen, Müll sortieren und Blumen gießen.

Clemens Senn war am Anfang in der Reha-Werkstatt (Beschäftigungstherapie). Auch heute besucht er nach der Arbeit immer noch seine alte Reha-Werkstatt.

Aber das allein war ihm zu wenig. Er wollte einen richtigen Job haben.

Um herauszufinden, was er gerne arbeiten möchte, hat er eine Berufsorientierung gemacht.

Dazu gehört auch, dass man verschiedene Praktika macht.

Um auch wirklich eine Arbeit zu bekommen, ist Clemens zum Job-Coaching gegangen.

Zu dieser Zeit wollten die Leute vom Job-Coaching, dass viele Firmen wissen, was Job-Coaching ist.

Deshalb wurde sehr viel Werbung dafür gemacht. Auch der Chef von der Gutmann Esso Tankstelle hat dadurch erfahren, was Job-Coaching ist.

Er hat dann bei den Jobcoaches angerufen und gesagt, dass er gerne einen Menschen mit Behinderung anstellen möchte.

Er will das für das Arbeitsklima machen und weil er von anderen ChefInnen gehört hat, dass Menschen mit Behinderung sehr ehrliche, unkomplizierte und freundliche MitarbeiterInnen sind.

Clemens Senn hat sich sofort gemeldet und ein Praktikum bei der Tankstelle gemacht.

Auch ein anderer Mann von der Lebenshilfe hat dort ein Praktikum gemacht. Der Chef hat sich aber für Herrn Senn entschieden.

Am Anfang war es für Clemens Senn nicht so leicht, immer alles richtig zu machen.

Auch die Bushaltestelle ist etwas weiter von seiner Arbeitsstelle entfernt und es ist sehr gefährlich, über die Schnellstraße zu gehen.

Herr Senn war sich nicht mehr sicher, ob das der richtige Job für ihn sei.

Er wollte sogar kündigen. Doch dann hat der Chef mit Clemens Senn geredet.

Auch der Jobcoach hat Herrn Senn geholfen.

Er hat mit ihm geübt Bus zu fahren und ihm gezeigt, wie man am besten über die gefährliche Straße kommt.

Clemens Senn kann das alles schon längst alleine und mag seine Arbeit sehr gerne. Vor 4 Jahren hat Herr Senn dann eine fixe Anstellung bei der Tankstelle in Prutz bekommen. Er arbeitet dort 20 Stunden in der Woche.

Stefanie Pinzger: "Der Clemens Senn ist bei uns der Fleißigste."

Verwendungsnachweis / Impressum

In diesem Buch wurden unter anderem die Bilder verwendet von:

Valuing People Clip Art Collection

Inspired Services, Cotswolds Centre Drive,

Newmarket CB8 8AN, Großbritannien

Freephone 0800 0430 980

Mobile 07801 305 345

www.inspiredservices.co.uk

info@communitiyliving.org.uk

Wörterbuch für leichte Sprache

Netzwerk Mensch zuerst e. V., Kölnische Str. 99, D-34119 Kassel, Deutschland

Geschäftsbericht des Bundessozialamtes 2005, 1010 Wien, Babenbergerstr. 5,

Thomas Nagy (Hg.): Handicap 06, Chancengleichheit am Arbeitsplatz, Meisterklasse, Wien 2006.

www.ams.at (Stand August 06)

Impressum

Herausgeber:

Wibs, Anton Eder Str. 15, 6020 Innsbruck

0043 (0) 512 57 34 48, wibs@selbstbestimmt-leben.at

AutorInnen:

Ulrike Gritsch, Reinhard Köbler, Julia Kofler, Monika Rauchberger, Jasmin Scheiblauer

Layout: Hermann Stöckl, Innsbruck

Druck: Artpress, Höfen

© 2006: bei Wibs

Diese Broschüre ist kostenlos beim Herausgeber erhältlich.

Diese Broschüre ist von drei Menschen mit Lernschwierigkeiten und ihren beiden UnterstützerInnen geschrieben worden. Alle sind MitarbeiterInnen der Beratungsstelle Wibs für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Aus ihren Beratungsgesprächen und aus ihren eigenen Erfahrungen wissen sie, wie wichtig sinnvolle und bezahlte Arbeit ist. Deshalb wurde diese Broschüre und eine Broschüre für Menschen mit Lernschwierigkeiten zum selben Thema geschrieben.

Wibs ist ein von Sozialstaatssekretär Sigisbert Dolinschek unterstütztes Projekt, finanziert aus den Mitteln der Beschäftigungsoffensive der österreichischen Bundesregierung (Behindertenmilliarde) für Menschen mit Behinderungen und des Landes Tirol.

Trotz sorgfältiger Prüfung deses Buches sind Fehler und Missverständnissse nicht auszuschließen. Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte sind daher ohne Gewähr. Eine Haftung der Herausgeber ist ausgeschlossen.

UNSER DANK GILT

Karin Hafele, Hotel Weisseespitze, Kaunertal

Gertrud Köck und Karin Wörz

Barbara Kröll und Christian Obrist, Pädagogische Akademie des Bundes, Innsbruck

Elfriede Arnold und Sandra Hochwimmer, Seniorenheim Vomp

Andrea Cammerlander und Christian Niedermayer, Cammerlander GmbH

Evelina Haspinger, Arbeitsassistenz Tirol

Vera Sokol und Guntram Egger, Arbeitstrainingszentrum / Job-Coaching, Lebenshilfe Tirol

Bojan Toskic, McDonald's Altstadt Innsbruck

Rudi Ofer, Zentrum für Beschäftigung und Bildung, Innsbruck

Hanni Klotz und Martin Mairinger, Baumaxx, Neu-Rum

Paso Zengin, Selbstbestimmt Leben Innsbruck

Clemens Senn und Stefanie Pinzger, Gutmann Esso Tankstelle Prutz

Gerhard Birchner, Arbeiterkammer Tirol

Karl Heinz Vesely, Dinkhauser Kartonagen

Ursula Gidl, Wirtschaftskammer Tirol

Herbert Opbacher und Helmut Müller, Intersparrestaurant Neu-Rum

Gerhard Schneider, Österreichischer Gewerkschaftsbund

Philomena Schuler, Arbeitsmarktservice Innsbruck

Sascha Maikl, Unser Lagerhaus Innsbruck

Thomas Jenewein und Maria Reiter, Amt der Tiroler Landesregierung, Abt. Va

Gebhard Hammer, Bundessozialamt Tirol

Quelle:

Wibs (Hrsg.): Wibs Tipps zum Thema Arbeit für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Innsbruck 2006

bidok - Internetvolltextbibliothek. Wiederveröffentlichung im Internet.

Stand: 25.03.2009

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