Wibs Tipps - Menschen mit Lernschwierigkeiten Arbeit geben

Autor:in - Wibs
Schlagwörter: Geistige Behinderung, Berufliche Integration, Förderung, Recht
Textsorte: Broschüre
Copyright: © Wibs 2006

Kommentar (von bidok)

In diesem Text gibt es keine Bilder. So kann er auch von Menschen mit Sehbehinderung gelesen werden.

Den richtigen Text können Sie auf ihren Computer herunterladen http://www.selbstbestimmt-leben.net/wibs/downloads/WibsTipps-Firmen.pdf oder bei den HerausgeberInnen bestellen:

Wibs, Anton Eder Str. 15, 6020 Innsbruck

Tel.:0043 (0) 512 57 34 48

Email: wibs@selbstbestimmt-leben.at

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

"Die demografischen Prognosen für Europa lassen darauf schließen, dass der Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter an der Bevölkerung insgesamt zurückgeht. Daher ist es heute wichtiger denn je, das Potenzial der zur Verfügung stehenden Erwerbsbevölkerung, einschließlich der behinderten Menschen, uneingeschränkt zu nutzen."

Mitteilung der Kommission zur Situation behinderter Menschen in der erweiterten Europäischen Union: Europäischer Aktionsplan 2006-2007. KOM (2005) 604 endg. 28.11.2005

Einige Firmen in Österreich nutzen dieses Potenzial bereits und beschäftigen Menschen mit Behinderungen.

Innerhalb der Gruppe der Menschen mit Behinderungen zählen Menschen mit Lernschwierigkeiten zu denen, die bislang selten die Chance bekommen haben, ihre Fähigkeiten an einem richtigen Arbeitsplatz unter Beweis zu stellen.

Die vorliegende Broschüre soll Firmen gezielt dabei unterstützen, Menschen mit Lernschwierigkeiten einzustellen.

Wir hoffen, dass möglichst viele UnternehmerInnen, PersonalchefInnen, AbteilungsleiterInnen, ManagerInnen und MentorInnen die Broschüre verwenden und wünschen allen viel Erfolg auf diesem Weg.

Das Wibsteam

Zahlen und Fakten

Die folgenden Angaben beziehen sich auf Österreich.

Arbeitslose

Gesamtanzahl: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ~ 300.000

Davon mit Behinderungen: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .~ 31.000

Quelle: www.ams.at (Stand August 2006)

Begünstigte Behinderte

Gesamtzahl: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ~ 92.306 (1.1.2006)

Beschäftigte: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ~ 60.422 (1.12.2005)

Arbeitslose: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ~ 32.104 (1.12.2005)

Quelle: Geschäftsbericht 2005 Bundessozialamt

Pflichtstellen

Anstellungspflichtige Firmen: ~15.164

Davon kommen ihrer Pflicht nach: ~ 3516

Quelle: Handicap 06

Ausgleichstaxe

Jede Firma, die mehr als 25 MitarbeiterInnen beschäftigt, muss einen begünstigten Behinderten einstellen.

Begünstigte Behinderte sind Personen mit unterschiedlichen Behinderungen, also auch Menschen mit Lernschwierigkeiten, die sich beim Bundessozialamt einstufen lassen haben und deren Grad der Behinderung mit mindestens 50% bezeichnet wurde.

Nur begünstigte Behinderte zählen auf die Ausgleichstaxe. Wird kein begünstigter Behinderter eingestellt, muss Ausgleichstaxe bezahlt werden. Die Höhe der Ausgleichstaxe beträgt 206.- € pro Monat (Stand 2006).

Einleitung

Beispiel

KARL HEINZ VESELY

DINKHAUSER KARTONAGEN

"Ich habe einen guten Job. Ich kann arbeiten wie jeder Mensch. Die Leute akzeptieren mich. Mein Chef ist mit mir zufrieden. Ich werde behandelt wie ein normaler Mitarbeiter. Ich werde nicht ausgelacht, nicht verspottet und nicht wie ein Behinderter angesehen."

Karl Heinz Vesely, seit 1995 bei der Fa. Dinkhauser

Herr Vesely besuchte den Polytechnischen Lehrgang. Eine wichtige Aufgabe in diesem Schuljahr war es, sich einen Arbeitsplatz oder eine Lehrstelle zu suchen. Damals gab es noch nicht die Möglichkeit eine Teilqualifizierungslehre oder eine verlängerte Lehre zu machen. Zum Glück kannte Herr Veselys Lehrer den Chef einer Buchbinderei. Der Chef der Buchbinderei war bereit, Herrn Vesely zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Der Lehrer begleitete Herrn Vesely zu dem Gespräch. Es verlief sehr gut und so konnte Herr Vesely in der Buchbinderei zu arbeiten anfangen.

Doch nach einem Jahr wurde er arbeitslos, weil seine Firma in Konkurs ging. Die Buchbinderei wurde von der Firma Dinkhauser übernommen und schließlich bekam Herr Vesely wieder einen Job in der neuen Firma. Das Gute an der Veränderung war, dass Herr Vesely nach der Übernahme der Firma in eine neue Abteilung wechseln konnte. Er arbeitete nun in der Abteilung "Musterkartenherstellung". Dort war die Arbeit leichter und sein Vorgesetzter schimpfte weniger. In der Musterkartenherstellung arbeitet er nun schon seit 1995. In seiner Abteilung ist er der Mitarbeiter mit den meisten Dienstjahren. In der Firma Dinkhauser gefällt es ihm sehr gut.

Was meinen wir mit Lernschwierigkeiten?

Das alte Wort für Menschen mit Lernschwierigkeiten ist Menschen mit geistiger Behinderung.

Das Wort ist abwertend und wird oft als Schimpfwort gebraucht.

Deshalb haben wir Männer und Frauen mit sogenannten geistigen Behinderungen versucht ein besseres Wort zu finden.

Jetzt nennen wir uns Menschen mit Lernschwierigkeiten.

Kurz:

Menschen mit Lernschwierigkeiten = Menschen mit geistiger Behinderung

Auch in Amerika und England wird der modernere Begriff verwendet.

Dort werden Menschen mit geistiger Behinderung als "people with learning difficulties" bezeichnet.

Was sagen Menschen mit Lernschwierigkeiten über richtige Arbeitsplätze

"Ich will den Menschen beweisen, was ich kann."

"Dort bin ich unter Leuten und kann etwas dazulernen."

"Wenn man einen richtigen Lohn hat, ist man nicht auf andere Leute

angewiesen. Sonst muss man immer andere um Geld fragen." C. H. Vesely

"Einen richtigen Job braucht man, damit man sich etwas leisten kann."

"Dort gibt es viel Abwechslung."

"Man kann in die Zukunft schauen."

"Arbeit gibt Struktur. Da muss man in der Früh aufstehen."

"Ein richtiger Job bringt Lebensfreude."

"An meinem Arbeitsplatz bekomme ich Anerkennung."

"Ein richtiger Arbeitsplatz bedeutet mehr Freiheit."

Kennen Sie die Rahmenbedingungen für Menschen mit Lernschwierigkeiten in Reha-Werkstätten (Beschäftigungstherapie)?

  • Arbeitsgesetze gelten nicht

  • Keine Pensionsversicherung

  • Keine Arbeitslosenversicherung

  • Taschengeld anstelle von Mindestlohn

  • Krankenversicherung als Mitversicherung z. B. bei Eltern

  • Keine Interessenvertretung durch ÖGB und AK

Rahmenbedingungen für Menschen mit Lernschwierigkeiten an geschützten Arbeitsplätzen

  • Arbeitsgesetze gelten

  • Arbeitsschutzgesetze gelten

  • Pensionsversichert

  • Sozialversichert

  • Krankenversichert

  • Gehalt

  • Interessenvertretung durch ÖGB und AK

Vorurteile, Probleme und Lösungsversuche

Erfahrungen von Führungskräften

"Loyalität und Verlässlichkeit von unseren Mitarbeitern mit Behinderung sind sehr hoch. Die Identifikation mit Arbeit und Betrieb sind sehr hoch und es gibt wenig Krankenstände."

Andrea Cammerlander, Cammerlander Ges.m.b.H., Innsbruck

"Mit der Einstellung von Menschen mit Lernschwierigkeiten nimmt ein Betrieb seine soziale Verantwortung wahr."

Christian Obrist, Pädagog. Akademie, Innsbruck

"Mitarbeiter mit Lernschwierigkeiten sind meist sehr fröhliche Menschen. Niemand im Team hat Schwierigkeiten mit unserer Kollegin mit Lernschwierigkeiten. Es ist ein Segen, sie als Mitarbeiterin zu haben."

Elfriede Arnold, Seniorenheim Vomp

"Meine Empfehlungen an andere Firmen. Lassen Sie sich darauf ein, stellen Sie Menschen mit Lernschwierigkeiten ein. Menschen mit Lernschwierigkeiten bringen gute Leistungen und sind nicht dumm."

Stefanie Pinzger, Gutmann Esso Tankstelle Prutz

"Man muss diesen Menschen eine Chance geben. Der Vorteil liegt auf beiden Seiten. Auch die Gesellschaft hat einen Vorteil. Die Firma bekommt eine finanzielle Unterstützung vom Bundessozialamt."

Bojan Toskic, McDonald's Altstadt Innsbruck

Vorurteile, Probleme & Lösungsvorschläge

Viele ChefInnen haben die Befürchtung, dass ihre KundInnen durch Personen mit Lernschwierigkeiten verschreckt würden.

Die EU geht davon aus, dass mehr als 10 % der Bevölkerung eine Behinderung haben. Zusammen mit den Angestellten im zugehörigen Dienstleistungssektor, und ihren Familien macht das einen ziemlich großen, wirtschaftlich relevanten Teil der europäischen Bevölkerung aus.

Es besteht die Meinung, ein reibungsloser Ablauf im Betrieb werde durch eine Anstellung von Menschen mit Lernschwierigkeiten gestört, da diese ihre Leistung nicht erbringen könnten und die anderen mehr arbeiten müssten.

Um genau diesen Unterschied in der Arbeitsleistung auszugleichen, gibt es die Lohnkostenzuschüsse (Entgeltbeihilfe) des Bundessozialamtes. Wichtig ist, dies den KollegInnen auch zu vermitteln. Dann können die zumeist sehr gut akzeptieren, wenn sie einmal einspringen müssen.

Manche Firmen glauben, dass eine Anstellung von Menschen mit Lernschwierigkeiten viel Zeit, Energie und Verantwortung kosten würde.

Das passiert nicht, wenn der Arbeitsplatz gut an die Person angepasst wurde und Job-Coaching und Arbeitsassistenz die Einarbeitungszeit und auch die Zeit danach (ein bis zwei Jahre) noch regelmäßig begleiten.

Es gibt das Gerücht, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten unkündbar seien. Deshalb haben viele Firmen Angst, dass sie MitarbeiterInnen mit Lernschwierigkeiten, wenn es nicht klappt, nie wieder los würden.

Es gibt zwar einen erhöhten Kündigungsschutz, der tritt aber erst nach sechs Monaten in Kraft und gilt nicht bei

  • berechtigter Entlassung,

  • Beendigung eines befristeten Dienstverhältnisses,

  • einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Menschen mit Lernschwierigkeiten können trotz erhöhten Kündigungsschutzes mit Zustimmung des Behindertenausschusses des Bundessozialamtes gekündigt werden.

Im Jahr 2005 wurden in Österreich 524 Anträge auf Zustimmung zur Kündigung gestellt. Nur 31 wurden abgewiesen. Den restlichen Anträgen wurde zugestimmt oder es wurden andere Lösungen gefunden, sodass die Ansuchen zurückgezogen wurden. Quelle: Handicap 06

Es ist nicht selten der Fall, dass Firmen Menschen mit Lernschwierigkeiten deshalb nicht einstellen, weil sie befürchten, die Verantwortung nicht tragen zu können.

Die Verantwortung kann mit Jobcoaches, ArbeitsassistentInnen, der Familie, MentorInnen, dem AMS und dem Bundessozialamt geteilt werden. Und nicht vergessen, den größten Teil der Verantwortung können Sie ruhig Menschen mit Lernschwierigkeiten überlassen.

ChefInnen befürchten große bauliche Veränderungen durchführen zu müssen, wenn sie eine Person mit Lernschwierigkeiten einstellen.

Wenn überhaupt bauliche Veränderungen notwendig sein sollten, gibt es dafür sehr oft Förderungen. Auch für spezielle Arbeitsgeräte gibt es Förderungen. Fragen Sie beim Bundessozialamt nach.

KollegInnen und Vorgesetzte, die im Umgang mit behinderten Personen nicht erfahren sind, haben manchmal Hemmungen Kritik auszusprechen. Sie sind unsicher, was sie sagen können und was nicht, weil sie Angst haben, es könnte diskriminierend sein.

Jeder Menschen hat einen eigenen Weg mit Kritik umzugehen. Es kann sein, dass der Mann oder die Frau mit Lernschwierigkeiten in Ihrer Firma den produktiven Umgang mit Kritik noch nicht kennt. Scheuen Sie sich deshalb nicht, Ihre Kritik auf respektvolle, angemessene Weise anzubringen. Es könnte allerdings notwendig sein, der Person gleichzeitig zu versichern, dass Sie andere Eigenschaften oder Fähigkeiten an ihr sehr wohl schätzen.

Manchmal kann es auch zu einem Nachbesserungsaufwand kommen. Zum Beispiel dann, wenn Menschen mit Lernschwierigkeiten selbst ausprobieren, wie neue Arbeiten zu erledigen sind.

In solchen Fällen zahlt es sich aus, sich abermals an die zuständigen Jobcoaches oder ArbeitsassistentInnen zu wenden.

Manche Führungskräfte haben Angst, dass es von Seiten der MitarbeiterInnen zu wenig Verständnis für Menschen mit Lernschwierigkeiten geben könnte.

Wenn das am Anfang so ist, reichen meist ein bis zwei Gespräche mit den betreffenden KollegInnen. Ein Chef/eine Chefin, der/die die Arbeit der MitarbeiterInnen mit Lernschwierigkeiten zu schätzen weiß, hat große Vorbildwirkung auf die KollegInnen.

"Jeder Mensch auf der Welt ist verschieden. Wenn man erkennt, dass jeder etwas anders braucht, dann kann man mit Menschen mit Lernschwierigkeiten genau so arbeiten, wie mit Menschen ohne Lernschwierigkeiten."

Andrea Cammerlander, Cammerlander Ges.m.b.H., Innsbruck

Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es?

Tipps von Führungskräften

"Schauen Sie, dass Sie nur eine Ansprechperson haben, die Ihnen den größten Teil der Formalitäten abnimmt. Sehr oft bieten dieses Service Arbeitsassistenz und Job-Coaching an."

Ursula Gidl, Tiroler Wirtschaftskammer

"Es muss ein für den Betrieb sinnvolles Aufgabenfeld gefunden werden. Die Arbeitsaufgaben müssen erlern- und bewältigbar sein. Anstellungsverhältnisse für Menschen mit Lernschwierigkeiten sind nur von Dauer, wenn die Personen den Betrieben auch wirklich etwas bringen. Es ist Aufgabe des Job-Coaching ArbeitnehmerIn mit Lernschwierigkeiten und Betrieb als passende Partner zusammenzubringen. "

Vera Sokol, Arbeitstrainingszentrum/Job-Coaching, Innsbruck

"Holen Sie sich Unterstützung von außen, wann immer Sie sie brauchen. Zum Beispiel bei der Einarbeitung von neuen Arbeitsaufgaben oder bei größeren Umstellungen für Ihre MitarbeiterInnen. Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass es im Fall der Fälle noch jemanden gibt, an den man sich wenden kann!"

Stefanie Pinzger, Gutmann Esso Tankstelle Prutz

"Suchen Sie nach Menschen mit Lernschwierigkeiten, die die Motivation und den Willen haben, dem Unternehmen etwas zu bringen."

Christian Obrist, Pädagog. Akademie, Innsbruck

"Chefs, Mitarbeiter mit Lernschwierigkeiten und Kollegen brauchen einen Ort zum Luft ablassen. In Zeiten, in denen viel produziert werden muss, kann es Stress geben. Und dann verlangen manche Kollegen von den Menschen mit Lernschwierigkeiten zu viel. Da kann es schon Konflikte geben. Da trink ich dann mit dem gestressten Mitarbeiter Kaffee und wenn sich der beruhigt hat, reden wir noch drüber, warum Menschen auf geschützten Arbeitsplätzen nicht so viel leisten müssen."

Bojan Toskic, McDonald's Innsbruck

"Holen Sie sich viele Tipps von anderen Firmenchefs, die schon Menschen mit Lernschwierigkeiten eingestellt haben."

Wibs, Beratungsstelle von und für Menschen mit Lernschwierigkeiten, Innsbruck

"Vergessen Sie nicht, dass geförderte Arbeitsstellen keine vollen Planstellen sind. Stellen Sie für die restliche Wochenarbeitszeit jemanden an, sonst werden Ihre MitarbeiterInnen mit Lernschwierigkeiten überfordert und deren KollegInnen überlastet."

Vera Sokol, Arbeitstrainingszentrum/Job-Coaching, Innsbruck

Welche Förderungen gibt es?

Entgeltbeihilfe

Wenn Sie einen Mann oder eine Frau mit Lernschwierigkeiten (begünstigten Behinderten) einstellen, der/die nicht gleich viel arbeiten kann, wie eine Person ohne Behinderung das könnte, kann Ihnen das Bundessozialamt sozusagen als Ausgleich für die Minderleistung eine Entgeltbeihilfe bezahlen.

Achtung: Viele Förderungen gelten nur für begünstigte Behinderte.

Begünstigte Behinderte sind Personen mit unterschiedlichen Behinderungen, also auch Menschen mit Lernschwierigkeiten, die sich beim Bundessozialamt einstufen lassen haben und deren Grad der Behinderung mit mindestens 50% bezeichnet wurde. Nach sechs Monaten Anstellung genießen begünstigte Behinderte einen erhöhten Kündigungsschutz (Siehe auch S. 8). Begünstigte Behinderte werden auf die Ausgleichstaxe angerechnet.

Integrationsbeihilfen

Wenn Sie einen arbeitslosen Mann oder eine arbeitslose Frau mit Lernschwierigkeiten (begünstigten Behinderten) einstellen, können Sie eine Integrationsbeihilfe vom Bundessozialamt bekommen. Die Integrationsbeihilfe gibt es als Lohnkostenzuschuss oder als Zuschuss zu Ausbildungskosten. Wichtig ist, dass Sie den Antrag vor Beginn des Dienstverhältnisses stellen.

Teilqualifizierungslehre

Wenn Sie gerne einem Menschen mit Lernschwierigkeiten die Chance auf eine Teilqualifizierungslehre oder eine verlängerte Lehre geben wollen, können Sie in allen drei Lehrjahren um Förderungen ansuchen.

Arbeitsplatzsicherungsbeihilfe

Wenn Sie einen Mann oder ein Frau mit Lernschwierigkeiten kündigen müssten, weil der Arbeitsplatz nicht mehr länger sicher ist, kann Ihnen das Bundessozialamt eine Arbeitsplatzsicherungsbeihilfe bezahlen. Diese Beihilfe gibt es nur so lange, bis der Arbeitsplatz nicht mehr gefährdet ist (maximal drei Jahre).

Umbauförderung

Wenn Sie eine Person mit Lernschwierigkeiten anstellen würden, aber dazu erst einmal etwas umbauen müssten oder auch neue technische Hilfsmittel anschaffen müssten, dann gibt es auch hierfür Förderungen vom Bundessozialamt.

Fortbildungskosten

Wenn Sie MitarbeiterInnen mit Lernschwierigkeiten auf Fortbildung schicken müssen bzw. eine neue Ausbildung notwendig wird, kann einen Teil das Bundessozialamt zahlen.

Arbeitserprobung

Wenn Sie prinzipiell bereit wären, eine Person mit Lernschwierigkeiten einzustellen, aber sich nicht ganz sicher sind, ob eine konkrete, dem AMS bereits vorgemerkte Person, Ihre Anforderungen erfüllen kann, können Sie sich an das AMS mit der Bitte um eine Förderung wenden. Während dieser Zeit der Arbeitserprobung kann das AMS einen Monat lang Schulungsarbeitslosengeld bezahlen.

Zuschüsse

MitarbeiterInnen mit Lernschwierigkeiten können noch zusätzlich um Förderungen ansuchen, wenn damit der Wieder- oder Ersteinstieg in das Berufsleben ermöglicht wird.

Es gibt zum Beispiel Zuschüsse für:

  • Ausbildungen und Schulungen

  • Mobilitätstrainings

  • Kommunikationstrainings

  • Gebärdensprachdolmetscher

  • Mobilitätshilfen

  • Blindenführhunde

WIBS TIPP:

Die Förderungen werden außer vom Bundessozialamt auch vom AMS, der Landesregierung oder vom Sozialversicherungsträger bezahlt.

Wenn Sie wissen wollen, wer im Einzelfall dafür zuständig ist, wenden Sie sich am besten zuerst an das Bundessozialamt.

Die MitarbeiterInnen der verschiedenen Ämter stehen miteinander in regelmäßigem Austausch und stimmen sich ab. Sehr oft bieten Job-Coaching und Arbeitsassistenz das Service an, mit den Ämtern in Kontakt zu treten und die Förderansuchen soweit ihnen das möglich ist, für Sie zu erledigen.

Welche Anlauf- und Beratungsstellen gibt es?

Arbeitsassistenz/Berufsausbildungsassistenz

Die Arbeitsassistenz/Berufsausbildungsassistenz unterstützt

  • jugendliche und erwachsene Menschen mit Lernschwierigkeiten bei der Arbeitssuche

  • Jugendliche und Firmen, die eine integrative Berufsausbildung (verlängerte Lehre oder Teilqualifizierungslehre) machen wollen

  • Firmen, die Menschen mit Lernschwierigkeiten einstellen wollen oder bereits eingestellt haben.

Die Angebote für Firmen sind:

  • Information und Beratung in finanziellen, rechtlichen und inhaltlichen Fragen. (ArbeitsassistentInnen wissen sehr gut Bescheid, welche Einschränkungen eine Person mit Lernschwierigkeiten hat und wie dies ausgeglichen werden könnte.)

  • Zusammenarbeit mit und Koordinierung der wichtigen Systempartner wie AMS, Bundessozialamt, Land Tirol, Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer und Berufsschulen auch zu Förderfragen

  • Erledigung der Formalitäten (Förderanträge, Anmeldungen von Lehr- und Ausbildungsverträgen)

  • Ansprechpartner bei Problemen und in Krisenzeiten

  • Begleitung von Lehrbetrieben während der gesamten Zeit, in der sie Jugendliche im Rahmen einer Teilqualifizierungslehre oder verlängerten Lehre beschäftigen

arbas - Arbeitsassistenz Tirol (evtl Bild einfügen

Tel: 0512 / 567224

Email: office@arbas.at

"Aus vielen unterschiedlichen Tätigkeiten kann ein Arbeitsplatz zusammengestellt werden. Die KollegInnen sind dann für die Arbeiten frei, die ihre eigentlichen Kernaufgaben sind und wo sie ihre Qualifikation bestmöglich einsetzen können. Wir "erfinden" Jobs, von denen die Firma etwas hat." VERA SOKOL

Job-Coaching

In erster Linie unterstützen Jobcoaches Menschen mit Lernschwierigkeiten bei der Arbeitssuche. Sie sind ein wichtiges Bindeglied zwischen den Firmen und den neuen MitarbeiterInnen mit Lernschwierigkeiten.

Jobcoaches beraten und unterstützen Sie bei:

  • rechtlichen und finanziellen Fragen

  • beim Stellen der Förderanträge

  • bei der Einarbeitung neuer MitarbeiterInnen

  • bei auftretenden Krisen (Krisenintervention) und

  • der Arbeitsplatzanalyse/Arbeitsplatzgestaltung. (In jeder Firma gibt es eine Reihe von mühevollen Tätigkeiten, die unterschiedliche KollegInnen ausführen - Postwege, Seminarräume herrichten, Telefonvermittlung, etc.. Jobcoaches fügen verschiedene Aufgaben zu einer Arbeitsstelle so zusammen, dass die Firma entlastet ist und eine Person mit Lernschwierigkeiten die Aufgaben erfüllen kann.)

lebneshilfe Tirol - Menschliches möglich machen

Ansprechpartnerin:

Vera Sokol

Tel: 0650/200 21 60

arbeitstrainingszentrum.ibk@tirol.lebenshilfe.at

Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz

Menschen mit Lernschwierigkeiten eignen sich sehr oft fachlich und persönlich für die Ausübung einer Tätigkeit. Gleichzeitig können sie in anderen Bereichen Unterstützung brauchen. Persönliche AssistentInnen gleichen Handicaps so aus, dass für die ArbeitskollegInnen kein Mehraufwand entsteht, wenn Sie eine Person mit Lernschwierigkeiten einstellen.

Zu den Aufgaben von persönlichen AssistentInnen zählen:

  • Menschen mit Behinderungen zum Arbeitsplatz und zu Außendiensten zu bringen

  • beim Essen, Trinken und der täglichen Hygiene zu unterstützen

  • mitzuschreiben, zu kopieren, schwere Aktenordner zu verräumen, den Schreibtisch aufzuräumen und so weiter.

Menschen mit Lernschwierigkeiten müssen um eine/n persönliche/n Assistenten/in selbst ansuchen.

Die persönliche Assistenz am Arbeitsplatz gibt es erst ab Pflegestufe 3.

SL - Persönliche Assitenz am Arbeitsplatz

Ansprechpartner:

Paso Zengin

Tel: 0512 / 57 89 89

p.zengin@selbstbestimmt-leben.at

Unternehmen Integrativ

ist eine Servicestelle für alle Tiroler Firmen rund um das Thema "Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen".

  • Die BeraterInnen von "Unternehmen Integrativ" informieren Sie über rechtliche Themen wie zum Beispiel das neue Behindertengleichstellungsgesetz und den Kündigungsschutz.

  • Dort erfahren Sie alles über Fördermöglichkeiten für Unternehmen.

  • "Unternehmen Integrativ" errechnet, welche Kosten und Nutzen sich für Unternehmen durch die Anstellung von Menschen mit Lernschwierigkeiten ergeben.

  • Die BeraterInnen analysieren wie Arbeitsplätze ausschauen und angepasst werden können und mit welchen Anforderungsprofilen Menschen mit Lernschwierigkeiten die jeweiligen Arbeitsaufgaben erfüllen können.

"Unternehmen Integrativ" hat regelmäßig Kontakt zu den wichtigen Sozialeinrichtungen im Behindertenbereich und übermittelt die erstellten Anforderungsprofile an die zuständigen Personen.

Das Ziel ist es, Arbeitsplätze und dafür geeignete Menschen mit Lernschwierigkeiten zusammenzuführen.

Zentrum für Beschäftigung & Bildung

Ansprechpartner:

Rudi Ofer

Tel: 0512/57 30 30

office@zbb-tirol.at

Bundessozialamt

Das Bundessozialamt ist die wichtigste Anlaufstelle für behinderte Menschen aber auch Firmen, die Menschen mit Behinderungen anstellen wollen.

Die MitarbeiterInnen des Bundessozialamtes beraten und informieren zu allen Fragen rund um Beruf und Arbeitswelt, Förderungen, Pflegegeld, Barrierefreiheit und Assistenz.

Weiters verwaltet das Bundessozialamt den Ausgleichstaxenfonds und überprüft die Einhaltung des Behinderteneinstellungsgesetzes.

Bundessozialamt - Hilfe und Beratung für Menschen mit Behinderung

Landesstelle Tirol

Ansprechpartner:

Gebhard Hammer

0512/ 563101 - 0

gebhard.hammer@basb.gv.at

AMS

Das Arbeitsmarktservice (AMS) unterstützt Sie bei der Personalsuche. Unter bestimmten Voraussetzungen gibt es für die Einstellung von Menschen mit Lernschwierigkeiten Förderungen.

Welche Förderungen das sind, können Sie auf den Seiten 11 und 12 und darüber hinaus bei den jeweiligen regionalen Geschäftsstellen des AMS in Ihrem Bezirk erfahren.

Wichtig ist immer die Kontaktaufnahme vor Aufnahme des Dienstverhältnisses.

Arbeitsmarktservice Österreich

Ansprechpartner sind die regionalen Geschäftsstellen des AMS.

Wibs Tipps

Beispiel

Ein Jobcoach/ eine Arbeitsassistentin erzählt

Ich habe Frau Huber getroffen, als sie gerade ein Schnupperpraktikum in der Küche eines Restaurants gemacht hat. Damals besuchte sie eine Reha-Werkstätte (Beschäftigungstherapie), in deren Küche sie auf einen Arbeitsplatz am ersten Arbeitsmarkt vorbereitet wurde. Die Werkstättenleiterin hatte Frau Huber das Schnupperpraktikum vermittelt und nun mich hinzugezogen. Frau Huber vereinbarte mit mir zusammenzuarbeiten.

Zuerst machten wir uns auf die Suche nach den Fähigkeiten von Frau Huber. Das war wichtig, damit wir wussten, wo ihre Stärken waren und wo sie noch Unterstützung benötigte. Außerdem besprachen wir, welche Fertigkeiten in welchem Beruf verlangt werden.

Es war bald klar, dass wir eine Stelle in einer Küche im Umfang von 20

Wochenstunden suchen mussten. Wir fanden einen Arbeitgeber und vereinbarten ein Praktikum. Leider war dieser Arbeitsplatz nicht geeignet. Durch diese praktischen Erfahrungen, Gespräche und Rückmeldungen wurde uns klar, was an einem zukünftigen Arbeitsplatz anders sein müsste:

  • Er bräuchte eine geräumige Küche.

  • Es müsste weniger stressig sein.

  • Frau Huber bräuchte einen Mentor/eine Mentorin.

  • Es müssten weniger unterschiedliche Tätigkeiten zu erledigen sein.

  • Frau Huber müsste zu Fuß zur Arbeit gehen können, weil sich herausgestellt hatte, dass sie Angst davor hatte, mit dem Bus zu fahren.

Bald wurde ein neuer Betrieb gefunden. Nach einem zweiwöchigen Praktikum konnte Frau Huber mit einer sechswöchigen Arbeitserprobung beginnen. Arbeitserprobung heißt, dass sie ganz normal in der Firma arbeitete, die Chefin aber kein Gehalt bezahlen musste, denn das AMS bezahlte Frau Huber weiterhin Schulungsarbeitslosengeld.

Ich besuchte Frau Huber zu dieser Zeit jeden Tag im Betrieb. Ich sprach mit den anderen MitarbeiterInnen und der Chefin der Firma, suchte einen Mentor und übernahm die Förderungsabwicklung beim Bundessozialamt. Wichtig in der Einarbeitungsphase war, gemeinsam mit dem Mentor den Arbeitsplatz zu analysieren. Das bedeutete, konkret darauf zu schauen, welche Arbeiten Frau Huber möglichst selbstständig machen konnte und was sie dazu brauchte. Eine weitere wichtige Aufgabe des Mentors war, darauf zu achten, dass Frau Huber im Team integriert wurde. Es lief recht gut und ich reduzierte meine Unterstützung, und besuchte die Firma nur noch wöchentlich.

Nach einiger Zeit bekam Frau Huber größere psychische Probleme. Ich wurde geholt und besuchte die Firma in dieser Phase wieder täglich. Ich klärte den neuen Unterstützungsbedarf ab und informierte die KollegInnen von Frau Huber über die neue Situation. Zusätzlich organisierte ich psychotherapeutische Begleitung während dieser Phase.

Nach dieser Krise hatte sich die Situation wieder beruhigt, Frau Huber und ihre KollegInnen lernten mit der Situation gut umzugehen. Ich konnte das Ausmaß der Begleitung reduzieren und ein Ende meiner Tätigkeit kam in Sicht. Zusammen mit der Chefin und dem Mentor besprachen wir, wie die Nachbegleitung aussehen sollte. Insgesamt hat der Prozess zwei Jahre gedauert. Wenn es heute einmal Fragen oder ein Problem gibt, dann können alle Beteiligten sich immer wieder an mich wenden. Name geändert!

für faire Bewerbungsgespräche

Verwenden sie Leichte Sprache

Leichte Sprache heißt, dass man langsam und deutlich spricht.

Man soll einfache Wörter verwenden, und die Dinge in kurzen Sätzen erklären.

Am besten ist, wenn Sie etwas anhand eines praktischen Beispiels erklären.

Nehmen Sie sich Zeit für das Bewerbungsgespräch

Menschen mit Lernschwierigkeiten brauchen viel Zeit bei neuen Situationen.

Aber auch Sie brauchen wahrscheinlich ein bisschen länger als üblich, wenn Sie Leichte Sprache verwenden.

Für die BewerberInnen ist es sehr wichtig, dass sie immer nachfragen können, wenn sie Fragen haben.

Geduld und Ruhe

Hören Sie genau zu und lassen Sie den Bewerber/die Bewerberin aussprechen.

Es ist nicht immer ganz leicht zu verstehen, was Menschen mit Lernschwierigkeiten meinen.

Bitte fragen Sie nach, bis Sie alles verstanden haben.

Dazu brauchen Sie womöglich viel Geduld und Ruhe.

Menschen sind unterschiedlich

Der eine traut sich nichts zu sagen, wüsste die Antworten aber genau.

Er braucht lange, bis er zeigt, was er kann.

Die andere ist eher mutig und kann ganz gut beschreiben, wo ihre Fähigkeiten liegen.

Der nächste ist womöglich ein wenig distanzlos.

Viele Menschen sagen zu Menschen mit Lernschwierigkeiten automatisch "Du".

Das ist üblich, auch wenn sie schon lange erwachsen sind.

Wundern Sie sich also nicht, wenn Menschen mit Lernschwierigkeiten alle anderen duzen.

Fragen Sie, was der Bewerber/die Bewerberin braucht

Am Anfang eines Bewerbungsgespräches ist es wichtig zu fragen, was der Bewerber/die Bewerberin braucht.

Menschen mit Lernschwierigkeiten brauchen manchmal Unterstützung.

Für manche ist es gut, wenn sie einen Unterstützer/eine Unterstützerin zum Gespräch mitnehmen.

Der Unterstützer/die Unterstützerin kann beim Übersetzen in Leichte Sprache helfen.

Oder Sie können dem Menschen mit Lernschwierigkeiten anbieten, dass Sie wichtige Dinge für ihn mitschreiben.

Es kann auch wichtig sein, die offenen Fragen am Ende des Gesprächs auf einen Zettel zu schreiben und diesen dem Bewerber/der Bewerberin mitzugeben.

Natürlich entscheidet jeder und jede selbst, ob er oder sie das will oder nicht.

Stellen Sie an die Männer und Frauen mit Lernschwierigkeiten konkrete Fragen

Sie können zum Beispiel fragen:

Was tun/arbeiten Sie gerne?

Was haben Sie schon getan/gearbeitet?

Wo brauchen Sie Unterstützung?

Was wollen Sie lernen?

Schlagen Sie ein Praktikum vor

Wenn Sie sich nicht ganz sicher sind, geben Sie der Person dennoch eine Chance.

Schlagen Sie ein Praktikum oder ein paar Schnuppertage vor.

Fragen Sie den Arbeitssuchenden/die Arbeitssuchende mit Lernschwierigkeiten, welche der Arbeiten er oder sie mag und was er oder sie nicht mag.

Dann können Sie sich ein besseres Bild machen und auch der Bewerber / die Bewerberin weiß genauer, was seine/ihre Aufgaben sind.

für einen guten Umgang mit Menschen mit Lernschwierigkeiten

"Mein Chef weiß ganz genau, was ich kann.

Ich habe es ihm gesagt.

Was ich nicht kann, kann ich lernen."

  • Wenn es in Ihrer Firma üblich ist, dass alle sich mit "SIE" ansprechen, reden Sie auf jeden Fall auch die Männer und Frauen mit Lernschwierigkeiten mit "SIE" an.

  • Wenn Menschen mit Lernschwierigkeiten nicht alles verstehen oder langsam sind, dann beschimpfen Sie sie nicht. Verwenden Sie niemals Wörter wie behindert, blöd oder geistig behindert. Das ist sehr abwertend und beleidigend!

  • Verwenden Sie keine Babysprache. Sie müssen normalerweise auch nicht lauter reden als üblich.

  • Es gibt ganz verschiedene Behinderungen. Setzen Sie sich mit der einzelnen Person auseinander. Sie weiß meistens, was sie braucht, was sie will und was sie kann. Sehen Sie die Person und nicht die Behinderung. Bauen Sie langsam Vorurteile und Ängste ab.

  • Sagen Sie klar, was Sie mögen und was Sie nicht mögen. Gehen Sie mit Menschen mit Lernschwierigkeiten wie mit anderen Erwachsenen um.

  • Haben Sie Geduld. Nehmen Sie sich Zeit. Angestellte mit Lernschwierigkeiten brauchen bei einigen Sachen länger. Je mehr Geduld Sie am Anfang haben, desto besser werden die Aufgaben am Ende erfüllt werden.

  • Geben Sie Zeit zum Einlernen. Sie ersparen sich langfristig viel Zeit und Energie.

  • Besprechen Sie Fortschritte. Sprechen Sie regelmäßig, zum Beispiel alle zwei Monate, darüber, was Ihnen aufgefallen ist und welche Fortschritte Ihre KollegInnen gemacht haben.

  • Betonen Sie, wenn die Angestellten etwas gut gemacht haben. Das tut sehr wohl, und es macht den Menschen mit Lernschwierigkeiten Mut, neue und schwierigere Arbeiten auszuprobieren. Ermutigen Sie Ihre Angestellten auch, wenn sie bei der Arbeit etwas falsch gemacht haben. Sagen Sie zum Beispiel, dass jeder und jede einen Fehler machen kann. Erinnern Sie sich daran, wann Ihnen der letzte passiert ist. Den können Sie ruhig gleich beispielhaft erwähnen. Auch das macht Mut.

  • Verwenden Sie Leichte Sprache. Sprechen Sie langsam und klar. Wenn jemand die Wörter trotzdem nicht versteht, gibt es andere Möglichkeiten etwas zu erklären: Sie können es mit Aufschreiben, Zeichnen oder Zeigen probieren. Finden Sie einen gemeinsamen Weg.

  • Rückmeldungen und Kritik sollen möglichst unmittelbar, respektvoll und konkret gemacht werden. Wenn es in der Arbeitsstelle Probleme gibt, dann reden Sie mit dem Menschen mit Lernschwierigkeiten und nicht über ihn!

  • Lassen Sie Ihre Angestellten die Aufgaben öfter wiederholen. Es ist sehr wichtig, denn dabei lernen sie die Arbeitsschritte immer besser.

  • Geben sie eindeutige Anweisungen und stellen Sie konkrete Aufgaben, die die Angestellten mit Lernschwierigkeiten erfüllen sollen. Teilen Sie die Arbeitsaufträge in kleine Mengen und Schritte ein, denn sonst sind manche Angestellten mit Lernschwierigkeiten überfordert. Erklären Sie die einzelnen Schritte. Machen Sie darüber Listen. Nicht alle Menschen mit Lernschwierigkeiten können schreiben und lesen. Bilder oder Fotos können beim Erklären und Erinnern helfen.

  • Versichern Sie sich, dass Ihre KollegInnen mit Lernschwierigkeiten eine Arbeitsaufgabe verstanden haben, indem Sie sich zeigen lassen, wie die Aufgabe erledigt wird. Nur nachfragen, ob etwas verstanden wurde, kann zu wenig sein.

  • Fragen Sie ruhig nach, ob und wie Sie helfen können. Aber drängen Sie niemandem Ihre Hilfe auf.

  • Nehmen Sie jemandem die Arbeit nicht weg, nur weil Sie glauben, dass der Kollege oder die Kollegin jetzt gleich einen Fehler machen wird. Fragen Sie lieber: "Was wird jetzt gleich passieren, wenn Du das so machst?" Helfen Sie, dass Ihre Angestellten ihre Fehler selbst herausfinden. Überlegen Sie gemeinsam, wie man aus Fehlern lernen kann.

  • Schauen Sie, dass Ihre KollegInnen nach einiger Zeit immer weniger Unterstützung bei der Arbeit brauchen.

Wie schließt man jemanden in ein Team ein?

Reden Sie mit Ihrem Team, wenn jemand mit Lernschwierigkeiten eingestellt wird

Sagen Sie, dass der oder die neue Mitarbeiterin extra Unterstützung braucht. Ermutigen und motivieren Sie Ihr Team, an der Integration der Person im Betrieb aktiv teilzunehmen.

Machen Sie klar, wie Sie sich die Zusammenarbeit und den Umgang vorstellen. Stellen Sie Regeln auf, wie die KollegInnen den oder die Neue anweisen sollen.

Stellen Sie den Mitarbeiter/die neue MitarbeiterIn allen vor

Wenn ein/e neue MitarbeiterIn zu arbeiten anfängt, gehen Sie mit ihm/ihr zuerst zu seinen/ihren neuen KollegInnen und stellen Sie ihn/sie vor.

Sie können bei der Gelegenheit noch einmal darüber sprechen, in welchen Bereichen er oder sie Unterstützung bei der Arbeit braucht.

Dann wissen die KollegInnen, was sie tun sollen.

Vermitteln Sie von Anfang an das Gefühl, dass der oder die neue MitarbeiterIn voll und ganz dazugehört.

Eigener (Büro)Schlüssel

Wenn alle KollegInnen einen Schlüssel haben, ist es selbstverständlich, dass auch die MitarbeiterInnen mit Lernschwierigkeiten eigene (Büro)Schlüssel bekommen.

Erstens sind sie dann unabhängiger vom Arbeitsbeginn und -ende der anderen. Zweitens tragen sie damit eine große Verantwortung.

Bei Teambesprechungen dabei sein

Teambesprechungen sind sehr wichtig. Dort werden alle relevanten Punkte und auch die Konflikte besprochen.

Teambesprechungen sind dazu da, dass die Arbeitsaufteilung besprochen wird. Wer bei Teambesprechungen dabei ist, ist informiert. Wer nicht dabei ist, bekommt wichtige Informationen nicht mit.

Lassen Sie sich beraten, wie Teambesprechungen gestaltet werden müssen, damit MitarbeiterInnen mit Lernschwierigkeiten teilnehmen und mitreden können.

In Pausenräume und zur Mittagspause mitnehmen

In der Mittagspause oder beim Zigaretten rauchen treffen sich die KollegInnen. Dort nimmt jeder seine eigene Jause mit oder es gibt ein gemeinsames Essen. Es wird viel geblödelt und man unterhaltet sich gegenseitig über Privates. Hier kann man erzählen, worüber man noch nie geredet hat. Hier geht es nicht um die Arbeit.

Einen Mentor/eine Mentorin ernennen

Manchmal ist es leichter Anschluss zu finden, wenn es eine Person gibt, die einen in eine Gruppe einführt und vor allem in der Anfangszeit dem oder der neuen MitarbeiterIn mehr Zeit widmet.

Ein/e MentorIn ist jemand, der/die im selben Betrieb arbeitet wie die Person mit Lernschwierigkeiten. Wichtig ist, dass der/die Mentor/in sich als Pate der Person mit Lernschwierigkeiten fühlt. Er/sie kann dann unmittelbar am Arbeitsplatz unterstützen.

Manchmal ist es die Aufgabe der MentorInnen jemanden einzuschulen. Sie sind AnsprechpartnerInnen und nicht selten VermittlerInnen zwischen Menschen mit Lernschwierigkeiten, KollegInnen und ChefInnen. Sie werden besonders dann wichtig, wenn es zwischenmenschliche Probleme gibt.

In Vorarlberg bezahlt die Landesregierung einen Teil der Arbeitsstunden von MentorInnen. In Tirol ist das leider noch nicht so, jedoch wird über diese Möglichkeiten verhandelt.

Verwendungsnachweis / Impressum

In diesem Buch wurden unter anderem die Bilder verwendet von:

Valuing People Clip Art Collection

Inspired Services, Cotswolds Centre Drive,

Newmarket CB8 8AN, Großbritannien

Freephone 0800 0430 980

Mobile 07801 305 345

www.inspiredservices.co.uk

info@communitiyliving.org.uk

Wörterbuch für leichte Sprache

Netzwerk Mensch zuerst e. V., Kölnische Str. 99, D-34119 Kassel, Deutschland

Geschäftsbericht des Bundessozialamtes 2005, 1010 Wien, Babenbergerstr. 5,

Thomas Nagy (Hg.): Handicap 06, Chancengleichheit am Arbeitsplatz, Meisterklasse, Wien 2006.

www.ams.at (Stand August 06)

Die verwendeten Fotos wurden von Wibs selbst gemacht oder von den Abgebildeten zur Verfügung gestellt.

Impressum

Herausgeber:

Wibs, Anton Eder Str. 15, 6020 Innsbruck

0043 (0) 512 57 34 48, wibs@selbstbestimmt-leben.at

AutorInnen:

Ulrike Gritsch, Reinhard Köbler, Julia Kofler, Monika Rauchberger, Jasmin Scheiblauer

Layout: Hermann Stöckl, Innsbruck

Druck: Artpress, Höfen

© 2006: bei Wibs

Diese Broschüre ist kostenlos beim Herausgeber erhältlich.

Diese Broschüre ist von drei Menschen mit Lernschwierigkeiten und ihren beiden UnterstützerInnen geschrieben worden. Alle sind MitarbeiterInnen der Beratungsstelle Wibs für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Aus ihren Beratungsgesprächen und aus ihren eigenen Erfahrungen wissen sie, wie wichtig sinnvolle und bezahlte Arbeit ist. Deshalb wurde diese Broschüre und eine Broschüre für Menschen mit Lernschwierigkeiten zum selben Thema geschrieben.

Wibs ist ein von Sozialstaatssekretär Sigisbert Dolinschek unterstütztes Projekt, finanziert aus den Mitteln der Beschäftigungsoffensive der österreichischen Bundesregierung (Behindertenmilliarde) für Menschen mit Behinderungen und des Landes Tirol.

Trotz sorgfältiger Prüfung deses Buches sind Fehler und Missverständnissse nicht auszuschließen. Richtigkeit und Vollständigkeit der Inhalte sind daher ohne Gewähr. Eine Haftung der Herausgeber ist ausgeschlossen.

UNSER DANK GILT

Karin Hafele, Hotel Weisseespitze, Kaunertal

Gertrud Köck und Karin Wörz

Barbara Kröll und Christian Obrist, Pädagogische Akademie des Bundes, Innsbruck

Elfriede Arnold und Sandra Hochwimmer, Seniorenheim Vomp

Andrea Cammerlander und Christian Niedermayer, Cammerlander GmbH

Evelina Haspinger, Arbeitsassistenz Tirol

Vera Sokol und Guntram Egger, Arbeitstrainingszentrum / Job-Coaching, Lebenshilfe Tirol

Bojan Toskic, McDonald's Altstadt Innsbruck

Rudi Ofer, Zentrum für Beschäftigung und Bildung, Innsbruck

Hanni Klotz und Martin Mairinger, Baumaxx, Neu-Rum

Paso Zengin, Selbstbestimmt Leben Innsbruck

Clemens Senn und Stefanie Pinzger, Gutmann Esso Tankstelle Prutz

Gerhard Birchner, Arbeiterkammer Tirol

Karl Heinz Vesely, Dinkhauser Kartonagen

Ursula Gidl, Wirtschaftskammer Tirol

Herbert Opbacher und Helmut Müller, Intersparrestaurant Neu-Rum

Gerhard Schneider, Österreichischer Gewerkschaftsbund

Philomena Schuler, Arbeitsmarktservice Innsbruck

Sascha Maikl, Unser Lagerhaus Innsbruck

Thomas Jenewein und Maria Reiter, Amt der Tiroler Landesregierung, Abt. Va

Gebhard Hammer, Bundessozialamt Tirol

Quelle:

Wibs (Hrsg.): Wibs Tipps - Menschen mit Lernschwierigkeiten Arbeit geben. Innsbruck 2006

bidok - Internetvolltextbibliothek. Wiederveröffentlichung im Internet.

Stand: 24.03.2009

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