Der Aufenthalt in der Beobachtungsstation von Maria Nowak-Vogl und die Auswirkungen auf die Biographien von Menschen mit Lernschwierigkeiten
Diese Seminararbeit ist im Rahmen des Proseminars Biographieforschung mit Menschen mit Lernschwierigkeiten in (totalen) Institutionen an der Universität Wien im Sommersemester 2016 entstanden.
Inhaltsverzeichnis
- 1.Einleitung
- 2. Was wir wissen wollen
- 3. Lebens-Geschichten erforschen
- 4. Warum gab es die Kinder-Beobachtungs-Station
- 5. Welche Kinder kamen dorthin
- 6. Was passierte auf der Kinder-Beobachtungs-Station
- 7. Wie war das Leben in der Kinder-Beobachtungs-Station
- 8. Betroffene erzählen
- 9. Welche Auswirkung hatten die strengen Haus-Regeln
- Wörterbuch
Es gab Probleme in Kinder-Heimen in Österreich.
Die Kinder wurden geschlagen und misshandelt.
Aber keiner glaubte was sie erzählten.
Innsbruck ist die Hauptstadt von Tirol.
Dort gab es eine Kinder-Beobachtungs-Station.
Sie gehörte zum Psychiatrischen- Landes-Kranken-Haus.
Die Leiterin der Station hieß: Maria Nowak-Vogl.
Sie war eine Frau mit viel Macht.
Sie hat Haus-Regeln für die Station aufgeschrieben.
Alle mussten sich an diese Haus-Regeln halten.
Diese Haus-Regeln waren sehr, sehr streng.
Die Kinder-Beobachtungs-Station gibt es nicht mehr.
Sie wurde bereits geschlossen.
Wir wollen wissen,
wie sich die strengen Haus-Regeln auf das Leben von Kindern
in dieser Kinder-Beobachtungs-Station ausgewirkt haben.
Seit einigen Jahren interessieren sich Menschen
für das Leben von Kindern in Kinder-Heimen.
Forscher bitten Betroffene
ihre Lebens-Geschichte zu erzählen.
Betroffene sind Menschen,
sie waren als Kinder
auf dieser Kinder-Beobachtungs-Station von Maria Nowak-Vogl.
Betroffene brauchen viel Mut und Kraft
wenn sie ihrer Lebens-Geschichte erzählen.
Das Erforschen von Lebens-Geschichten heißt
Biographie-Forschung.
Diese Kinder-Beobachtungs-Station wurde gegründet,
um Kindern mit Problemen zu helfen
und ihr Verhalten zu verbessern oder zu heilen.
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Kinder mit auffälligem Verhalten
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Kinder ohne Vater oder Mutter
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Kinder aus Pflege-Familien
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Kinder aus anderen Heimen
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Kinder mit Schul-Problemen
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Kinder von Eltern die Hilfe suchen
Die Kinder waren viele Wochen
auf der Station bei Maria Nowak-Vogl.
Maria Nowak-Vogl beurteilte diese Kinder.
Sie achtete nicht auf die Erfahrungen
die von den Kindern in der Familie,
am Pflegeplatz oder im Heim gemacht wurden.
Sie beurteilte sehr, sehr streng.
Sie fand bei jedem Kind Fehler.
Sie sagte die Fehler sind Krankheiten,
und bestimmte die Behandlung.
Niemand kontrollierte diese Entscheidungen.
Sie teilte die Kinder in Erziehbare und Nicht-Erziehbare ein.
Nicht-Erziehbare Kinder waren für Maria Nowak-Vogl wertlos.
Sie hat entschieden wo die Kinder leben sollen.
Oft suchte sie billige Heime aus,
dort waren die Kinder schlecht untergebracht.
So half sie der Behörde sparen.
Die Kinder lebten dort wie in einem Gefängnis.
Die Haus-Regeln bestimmten den Tagesablauf.
Das waren sehr viele Regeln.
An die mussten sich die Betreuer und Kinder halten.
Die Betreuer gaben den Druck an die Kinder weiter.
Das war ein Teil der Heil-Behandlung,
damit sich die Kinder unterordnen und anpassen.
Die Kinder durften keine Entscheidungen treffen.
Ihre persönlichen Sachen wurden ihnen weggenommen
und sie mussten Anstaltskleidung tragen.
Die Kinder wurden wie Dinge behandelt.
Es gab kein Mitgefühl, nur Befehle.
Sie konnten es nie richtig machen.
Protest wurde bestraft, weil sich keiner anders verhalten durfte.
Anpassung wurde bestraft,
weil sie als nicht echt angesehen wurde.
Sie wurden am Dachboden eingesperrt
und von Betreuern immer beobachtet und kontrolliert,
auch mit Kameras und Abhörgeräten.
Das war für die Betroffenen sehr anspannend,
und hat ihnen Angst gemacht.
Die Kinder wurden auch oft getestet
und für falsches Verhalten hart bestraft.
Maria Nowak-Vogl nutzte dafür körperliche Gewalt,
Schocks und Demütigungen.
Einnässen wurde mit langen kalten Duschen behandelt.
Sehr oft gab es ein Redeverbot.
Die strengen Haus-Regeln haben die Kinder traumatisiert
und psychisch schwer gestört.
Im Laufe des Lebens hatten viele Betroffene
körperliche und seelische Schmerzen.
Häufig hatten sie Angstzustände,
Schuldgefühle und Selbstmord-Gedanken.
Viele griffen zu Drogen und Alkohol
oder prostituierten sich.
Nur wenigen gelang eine Ausbildung,
viele konnten kaum arbeiten,
und daher hatten sie wenig Geld.
Ihre sozialen Fähigkeiten haben sehr gelitten.
Ihre Beziehungen zu Partnern und Kindern waren oft schwierig.
Die Betroffenen fühlten sich schlecht
und kämpften ein Leben lang dagegen.
Keiner war froh oder glücklich.
Durch die Behandlung auf der Kinder-Beobachtungs-Station
fühlten sich die Betroffenen wertlos.
Das hat die Betroffenen um viele Lebenschancen gebracht.
So geordnet wie die Wörter im Text vorkommen:
Psychiatrisches-Kranken-Haus: Kranken-Haus
Zur Behandlung von psychischen Störungen
und Nerven-Erkrankungen.
Auffälliges Verhalten: Sich anders verhalten
als die meisten Menschen.
Erziehbar: Das Verhalten vom Menschen kann sich ändern.
Nicht-Erziehbar: Das Verhalten vom Menschen ändert sich nicht.
Behörde: Wir meinen hier das Jugendamt.
Heil-Behandlung: Mit der Behandlung
soll das Verhalten geändert werden.
Sie ist absichtlich.
Protest: Nicht das tun was verlangt wird.
Absichtlich etwas anderes machen.
Anpassung: Folgsam sein und nicht widersprechen.
Einnässen: Die Wäsche oder das Bett mit Urin nass machen.
Das passiert nicht absichtlich.
Traumatisieren: Gewalt erleben und dabei in der Seele verletzt werden.
Psychisch gestört: Das sind traumatisierte Menschen,
wenn sich ihr Denken, Fühlen und Verhalten verändert hat.
Prostituieren: Menschen haben Sex,
sie verdienen damit Geld um zu leben.
Soziale Fähigkeiten: Die Art wie wir miteinander umgehen
Und in Kontakt kommen.
Lebenschancen: Das sind die verschiedenen Möglichkeiten
im Leben – einen Beruf zu lernen,
Freunde zu finden,
zu heiraten,
etwas zu besitzen,
auf Urlaub zu fahren.
Quelle
Birgitta Temmel: Kinder in totalen Institutionen – Der Aufenthalt in der Beobachtungsstation von Maria Novak-Vogl und die Auswirkungen auf die Biographien von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Wien 2016.
bidok - Volltextbibliothek: Erstveröffentlichung im Internet
Stand: 05.04.2017