Dies ist ein Text von der Internet-Seite von wibs
Inhaltsverzeichnis
- Information zu diesem Text von bidok
- Information zu diesem Text vom Netzwerk Selbstvertretung Österreich
- Zu Artikel 8: „Bewusstseinsbildung.“
- Zu Artikel 16: „Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch.“
- Zu Artikel 19: „Unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gemeinschaft.“
- Zu Artikel 23: „Achtung der Wohnung und der Familie.“
- Artikel 24: „Bildung.“
- Artikel 27: „Arbeit und Beschäftigung.“
- Zu Artikel 29: „Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben.“
Diesen Text haben wir von der Internet-Seite von wibs.
Das ist die Internet-Adresse von wibs:

Das Netzwerk Selbstvertretung Österreich hat den Text geschrieben.
Dieser Text ist aus dem Jahr 2010.
Das Thema heißt: Stellungnahme vom Netzwerk Selbstvertretung
Österreich zum 1. Staatenbericht
Wir können nicht zu allen Artikeln unsere Meinung schriftlich
abgeben.
Es ist uns aber sehr wichtig,
dass auch unsere Meinung gehört und berücksichtigt wird.
Deswegen haben wir hier unsere Meinung zu einigen wichtigen
Artikeln aufgeschrieben.
Peer Counseling Projekte und Sensibilisierungsprojekte werden in
Österreich heuer noch bezahlt.
Aber viele wurden gekürzt oder bekommen überhaupt kein Geld
mehr.
Mit Ende 2010 sollen solche Projekte überhaupt nicht mehr bezahlt
werden.
Da endet eine Übergangsfrist, die 2003 beschlossen wurde.
Ab 2011 sollen nur noch Projekte bezahlt werden,
die Menschen mit Behinderungen in den 1. Arbeitsmarkt bringen.
Dadurch verlieren viele SelbstvertreterInnen ihre Arbeit.
Ihr Wissen geht verloren.
Peer Counseling Projekte und Sensibilisierungsprojekte müssen
auch weiterhin bezahlt werden!
Sie sind wichtig,
damit die Öffentlichkeit ein respektvolleres Bild von unseren
Fähigkeiten bekommt.
Wir müssen andere über die Rechte von Menschen mit
Behinderungen aufklären, so wie es in der UN Konvention steht.
Wir brauchen unabhängige Beratung und Informationen.
Nur so bekommen wir mehr Wissen über unsere Rechte und
Pflichten.
Nur wenn wir wissen was Recht und Unrecht ist können wir uns
wehren.
Zum Beispiel gegen Missbrauch.
In Einrichtungen wird man fremdbestimmt.
Selbstbestimmung gibt es in Einrichtungen nicht.
In Einrichtungen kann man höchstens mitbestimmen.
Und auch nur dann,
wenn die EinrichtungsleiterInnen das erlauben.
Viele Menschen mit Lernschwierigkeiten werden missbraucht.
Missbraucht werden heißt, nicht nur geschlagen zu werden.
Manchmal werden wir wie Kinder behandelt oder bestraft.
Auch das ist Missbrauch.
Alle Menschen mit Lernschwierigkeiten brauchen Unterstützung.
Einige Einrichtungen, Eltern und BetreuerInnen nutzen das aus.
Missbrauch gibt es nicht nur in Einrichtungen.
Auch zu Hause.
Es braucht unabhängige Stellen, die alle Einrichtungen
überwachen.
Unabhängig heißt, dass sie nicht gleichzeitig auch die Interessen
von Eltern oder von BetreuerInnen, von Dienstleistern oder dem
Geldgeber vertreten.
Diese Stellen müssen sich auf die Seite der Menschen mit
Lernschwierigkeiten stellen.
Diese Stellen müssen den Menschen mit Lernschwierigkeiten
glauben, was sie erzählen.
Denn es ist nicht einfach sich gegen BetreuerInnen, Einrichtungen
und Eltern zu wehren.
Am besten geht das mit unabhängiger Peer Beratung.
Die soll es in jedem Bundesland.
Wir Menschen mit Lernschwierigkeiten leben fast immer in
Einrichtungen.
Wir werden nicht gefragt, wo, wie und mit wem wir leben möchten.
Viele wissen nicht,
dass es persönliche Assistenz überhaupt gibt.
Aber wir haben das Recht auf persönliche Assistenz in allen
Lebensbereichen.
Zum Beispiel beim Wohnen, in der Freizeit und bei der Arbeit!
So steht es in der UN Konvention.
In Österreich ist es auch ein Problem,
dass viele Menschen mit Lernschwierigkeiten eine niedere
Pflegestufe bekommen.
Zum Beispiel: Pflegestufe 1 oder 2.
Trotzdem brauchen wir Unterstützung.
Manche mehr und manche weniger.
Doch mit Pflegestufe 1 oder 2 können wir die Unterstützung die wir
brauchen nicht bezahlen.
Außerdem bekommen wir mit Pflegestufe 1, 2 und 3 keine
persönliche Assistenz am Arbeitsplatz.
Das ist nicht richtig.
Menschen mit Lernschwierigkeiten werden nicht darüber informiert,
welche Wohnmöglichkeiten es für uns gibt.
Wir kommen oft einfach dahin, wo ein freier Platz ist.
Ohne gefragt zu werden.
Eltern, BetreuerInnen und HeimleiterInnen bestimmen darüber,
wie wir unser Leben leben sollen.
Wir werden nicht gefragt, wo und mit wem wir wohnen wollen.
Wenn wir aus den Heimen ausziehen wollen,
dann müssen wir hart dafür kämpfen.
Dafür brauchen wir sehr viel Mut und Kraft.
In den meisten Einrichtungen werden wir nämlich nicht dabei
unterstützt auszuziehen.
Alle Menschen mit Lernschwierigkeiten müssen über die
verschiedenen Wohnmöglichkeiten aufgeklärt werden.
Zum Beispiel: Über das Leben mit persönlicher Assistenz, das
Leben in einer Wohngemeinschaft oder das Leben in einem Heim.
Außerdem haben wir das Recht uns immer wieder neu zu
entscheiden.
Ein ganzes Leben lang.
In Österreich gibt es noch sehr viele Sonderschulen.
Es gibt aber auch integrative Schulen.
Es wäre besser, wenn es nur 1 Schule für alle gibt.
Das ganze Geld, das in 2 Schulsysteme geht, soll in 1 Schulsystem
gehen.
So bekommen dann alle SchülerInnen die Unterstützung,
die sie brauchen.
Auch als erwachsene Menschen haben wir Männer und Frauen mit
Lernschwierigkeiten das Recht auf Bildung.
So wie alle anderen Menschen auch.
Bildungsangebote müssen für alle zugänglich sein.
Das heißt sie müssen in leichter Sprache sein.
Und es muss Assistenz beim Lernen geben.
Die meisten Menschen mit Lernschwierigkeiten in Österreich sind in
der Beschäftigungstherapie.
Dort sind wir nicht pensions- und sozialversichert.
Das heißt, wir können nicht in Pension gehen.
Wir bekommen nur ein Taschengeld.
Wir haben so auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
In der Beschäftigungstherapie werden Menschen mit
Lernschwierigkeiten ganz oft nicht darüber aufgeklärt,
dass das keine richtige Arbeit ist.
Viele wissen also gar nicht,
dass sie keine sozialversicherte Arbeit haben.
Die Arbeit in der Beschäftigungstherapie muss sozialversichert und
bezahlt werden.
Menschen mit Lernschwierigkeiten müssen Informationen und
Unterstützung bekommen, welche Möglichkeiten wir haben.
Es ist wichtig, dass diese Beratung nicht von den Menschen
gemacht wird, die eine Dienstleistung verkaufen wollen.
Es ist auch wichtig, dass diese Beratung nicht von den Menschen
gemacht wird, die die Dienstleistungen bezahlen müssen.
Und es ist wichtig, dass die Beratung nicht von Eltern gemacht wird.
Nur so kann sich der oder die Beraterin voll auf die Seite der
Person mit Lernschwierigkeiten stellen.
Am politischen Leben teilhaben zu können,
heißt nicht nur wählen gehen zu dürfen.
Wir Menschen mit Lernschwierigkeiten haben auch das Recht
gewählt zu werden!
Gesetze, Wahlprogramme und Stimmzettel müssen in leicht lesen
zur Verfügung stehen.
Das ist im Moment noch nicht so.
Es muss Schulungen für Menschen mit Lernschwierigkeiten geben,
in denen das Wählen erklärt wird.
Aber das reicht noch nicht.
Wir Männer und Frauen mit Lernschwierigkeiten brauchen eine
eigene und unabhängige Interessensvertretung.
Wir brauchen keine DienstleiterInnen, Eltern oder BetreuerInnen die
für uns sprechen.
Wir können und wollen für uns selbst sprechen!
Jede Interessensvertretung braucht Geld und Unterstützung.
In Österreich gibt es unser Netzwerk Selbstvertretung.
Das hat letztes Jahr und heuer Geld vom Staat bekommen.
Aber das Geld reicht nicht,
damit die SelbstvertreterInnen für ihre Arbeit bezahlt werden.
Außerdem müssen wir jedes Jahr einen neuen Antrag stellen.
Quelle
Netzwerk Selbstvertretung Österreich: Stellungnahme vom Netzwerk Selbstvertretung Österreich zum 1. Staatenbericht. Innsbruck 2010.
Original: http://www.wibs-tirol.at/userfiles/dateien/2010_Stellungnahme_Staatenbericht.pdf
bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet
Stand: 01.03.2016