Frauen mit Lernschwierigkeiten als Peer-Beraterinnen

Praxisforschung am Beispiel von “Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ nach dem Konzept von Weibernetz e.V.

Textsorte: Masterarbeit
Releaseinfo: Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts (M.A.), Studiengang Praxisforschung in Sozialer Arbeit und Pädagogik an der „Alice Salomon"-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik; Erstgutachterin: Prof. Dr. Birgit Behrisch, Zweitgutachterin: Prof. Dr. Swantje Köbsell.
Copyright: © Lena Sophie Zeller und Almuth Meinert 2016

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

    Vorwort

    ICH, ICH habe mich da verändert. ICH, ICH habe mich verändert. Ich war auch mal so klein und zierlich, wie/ Wirklich. ICH habe mich verwandelt, das haben viele/ Ich habe mich verändert, ich bin stärker geworden.[1]

    Danksagung

    Wir freuen uns, nach fast einem Jahr, das seit der ersten Idee zu diesem Forschungsprojekt vergangen ist, unsere Masterthesis fertig zu stellen.

    Vielfältige Unterstützung erfuhren wir, die zu dem Gelingen dieser Arbeit beitrug. Unser Dank gilt allen, die uns darin ermutigten, uns mit dem Thema „Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ zu befassen und uns bei dem Prozess der Forschung begleiteten. Zu nennen sind hier unsere Kommiliton_innen der Alice-Salomon Hochschule, vor allem aus der Praxisforschungswerkstatt „UN-BRK im Rahmen der Sozialpolitik. Was bedeutet Inklusion für die Soziale Arbeit?“, mit denen wir uns regelmäßig unter der Leitung von Prof. Dr. Swantje Köbsell, Prof. Dr. Meike Günther und Prof. Dr. Birgit Behrisch austauschten.

    Besonderer Dank gilt allen Frauen, die sich zu einem Interview bereiterklärten und deren Wissen und Erfahrungen den Kern unserer Arbeit bilden. Auch einige Unterstützerinnen vermittelten bei der Kontaktaufnahme und unterstützen vor oder während der Interviews, wofür wir ihnen danken.

    Wir möchten auch Ricarda Kluge von Weibernetz e.V. und Pia Witthöfft von der Ombudsstelle gegen sexualisierte Gewalt der Lebenshilfe Berlin danken, die uns bei der Kontaktaufnahme zu den Frauen unterstützten und uns verschiedene Materialien zur Verfügung stellten. Ein weiterer Dank gilt unseren Familien, Freund_innen, Mitbewohnerinnen, die uns während des gesamten Forschungsprozesses unterstützten. Wir danken ihnen für die Bereitstellung von Übernachtungsmöglichkeiten und Autos, für technische und mentale Unterstützung und vor allem für die konstruktiven Rückmeldungen.

    Unser besonderer Dank gilt unseren Gutachterinnen Prof. Dr. Birgit Behrisch und Prof. Dr. Swantje Köbsell, mit welchen wir in regem Austausch zu unserer Arbeit standen und die uns bei dem Prozess unserer Arbeit kompetent bezüglich methodischer, wissenschaftlicher und inhaltlicher Aspekte begleiteten. Besonders die Treffen mit unserer Erstgutachterin halfen uns. Das Schreiben dieser Arbeit vom ersten Festhalten der Idee bis zum Fertigstellen der letzten Feinheiten war ein langer Prozess, der gelegentlich mühevoll war, uns aber vor allem viel Freude bereitet hat.

    Wir danken allen, die uns unterstützt haben!

    Abkürzungsverzeichnis

    Abkürzung

    Begriff

    ADA

    Americans with Disabilities Act

    AGG

    Allgemeines Gleichstellungsgesetz

    BGA

    Bundesarbeitsgemeinschaft

    BMAS

    Bundesministerium für Arbeit und Soziales

    BMFSFJ

    Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

    BRK

    Behindertenrechtskonvention

    BTHG

    Bundesteilhabegesetz

    CIL

    Center for independent Living

    DGS

    Deutsche Gebärdensprache

    GG

    Grundgesetz

    ICFDH

    Classification of Functioning, Disability and Health

    ICIDH

    International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps

    ISL

    Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben Deutschland e.V.

    LS

    Leichte Sprache

    NDA

    National Disability Authority

    OK

    Oberkategorie

    SGB

    Sozialgesetzbuch

    StGB

    Strafgesetzbuch

    UK

    Unterkategorie

    UN

    United Nations (Vereinte Nationen)

    WfbM

    Werkstätten für behinderte Menschen

    WHO

    Weltgesundheitsorganisation

    WMVO

    Werkstätten-Mitwirkungsverordnung



    [1] Zitat aus einem Interview (K: 560–562).

    1. Einleitung

    Im Rahmen unseres Masterstudiums „Praxisforschung in Sozialer Arbeit und Pädagogik“ an der Alice Salomon Hochschule ist es uns wichtig, einen Beitrag aus der Sicht von Frauen mit Lernschwierigkeiten innerhalb eines sozialpolitischen und gesellschaftsrelevanten Kontextes zu leisten. Gemeinsam mit Prof. Dr. Swantje Köbsell initiierten wir die Praxisforschungswerkstatt „UN-BRK im Rahmen der Sozialpolitik. Was bedeutet Inklusion für die Soziale Arbeit?“, um forschungsorientiert auf unseren Bachelor in Heilpädagogik aufzubauen.

    Bei der Recherche bezüglich des thematischen Hintergrundes rückte besonders die Studie „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland“ (vgl. Schröttle/ Hornberg/ Glammeier/ Sellach/ Kavemann/ Puhe & Zinsmeister 2014), in den Vordergrund. Die im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) durchgeführte Studie zeigt auf, dass behinderte Frauen deutlich häufiger als nichtbehinderte Frauen Gewalterfahrungen machen und sexuellen Missbrauch erfahren. Ungleiche Machtverhältnisse, wie sie häufig in Einrichtungen der Behindertenhilfe vorherrschen, spiegeln die Dringlichkeit wieder, Informations- und Präventionsangebote sowie unterstützende Strukturen, insbesondere für behinderte Frauen, zu schaffen. (Vgl. ebd.: 60) Wir fokussierten das Pilotprojekt „Frauenbeauftragte in Wohnheimen und Werkstätten für behinderte Menschen“, welches zwischen 2008 und 2011 von der politischen Interessenvertretung behinderter Frauen Weibernetz e.V. (Weibernetz) in Kooperation mit Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e.V. (Mensch zuerst) umgesetzt wurde. Es wurde von dem BMFSFJ im Rahmen des Aktionsplans II zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen gefördert (vgl. Weibernetz 2011: 21).

    Das Themenfeld Frauenbeauftragte in Einrichtungen beinhaltet neben der politischen Relevanz ein facettenreiches Spektrum an interessanten Aspekten, welche unser Forschungsinteresse weckten. Hier treffen verschiedene Themen wie bspw. Empowerment, sexualisierte Gewalt an behinderten Frauen, Peer-Education, Strukturen des Hilfesystems und gesetzliche Rahmenbedingungen, sowie deren sozialpolitische Entwicklung aufeinander, die es zu verknüpfen gilt. Eingebettet in einen theoretischen Rahmen werden die Ergebnisse unserer Studie aus der Sicht der Frauenbeauftragten mit Lernschwierigkeiten dargestellt. In unserem Forschungsprojekt beschäftigten wir uns damit, wie diese Themen in der Praxis zusammenwirken und welche Möglichkeiten die Rahmenbedingungen der Praxis verbunden mit theoretischem Hintergrundwissen eröffnen.

    In diesem Forschungsbericht werden die Ergebnisse unserer qualitativen Studie „Ich habe mich verwandelt. Ich habe mich verändert. Ich bin stärker geworden. Frauen mit Lernschwierigkeiten als Peer-Beraterinnen – Praxisforschung am Beispiel von ,Frauenbeauftragte in Einrichtungen‘ nach dem Konzept von Weibernetz e.V.“ dargestellt.

    Insgesamt führten wir deutschlandweit zehn leitfadengestützte Interviews mit zwölf Frauen durch. Sie wurden überwiegend im Pilotprojekt „Frauenbeauftragte in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Wohnheimen“ durch Weibernetz oder basierend auf diesem Konzept geschult. Forschungsleitend waren zwei zentrale Fragestellungen. Zum einen möchten wir den Einfluss der Schulung zu Frauenbeauftragten auf die Frauen selbst und ihr Umfeld abbilden. Zum anderen geht es uns darum, fördernde und hemmende Faktoren für ihre Tätigkeit als Frauenbeauftragte in Bezug auf (potentielle) Nutzer_innen ihrer Angebote und vor dem Hintergrund der Implementierung von Frauenbeauftragten in Einrichtungen für behinderte Menschen zu identifizieren.

    Unsere Arbeit gliedert sich in drei Teile. Die zentralen Säulen unseres Forschungsberichtes bilden die Theorie (Kapitel 1–8), das methodische Forschungsvorgehen (Kapitel 9–12) und die Darstellung der Ergebnisse (13–16).

    Zu Beginn nehmen wir notwendige Begriffserklärungen und -definitionen vor. Wir setzen uns differenziert mit dem Behinderungsbegriff (Kapitel 2) ebenso wie mit dem Themenkomplex Gewalt (Kapitel 3) auseinander. Hier fokussieren wir uns auf Gewalt in Institutionen und der Prävalenz sexualisierter Gewalt an behinderten Frauen. Es folgt ein Einblick in Unterstützungssysteme für gewaltbetroffene behinderte Frauen und ein Exkurs zu Gewalterfahrungen behinderter Männern. Weiterführend stellen wir den rechtlichen Rahmen mit dem Fokus auf Frauen (Kapitel 4) vor, es folgt die Auseinandersetzung mit Empowerment behinderter Menschen (Kapitel 5). Den Peer-Aspekt stellen wir in unserer Arbeit dar (Kapitel 6), um darauf aufbauend das Projekt „Frauenbeauftragte in Werkstätten und Wohneinrichtungen“ facettenreich vorzustellen (Kapitel 7). Unter diesem Aspekt findet auch, als Exkurs gekennzeichnet, eine Auseinandersetzung mit Frauenbeauftragten in Abgrenzung zu Gleichstellungsbeauftragten statt.

    Der Theorieteil schließt mit der geplanten Novellierung der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (Kapitel 8) ab. Die Auseinandersetzung mit Forschungsethik (Kapitel 9) leitet den Methodenteil ein, an die sich eine Auseinandersetzung mit Gütekriterien qualitativer Forschung (Kapitel 10) anschließt. Das Forschungsdesign wird umfassend dargestellt, aufbauend darauf wird die qualitative Inhaltsanalyse als Auswertungsinstrument erläutert (Kapitel 11). Es folgt eine umfassende Ergebnisdarstellung aus der Perspektive der befragten Frauen unter Berücksichtigung unserer Forschungsfragen (Kapitel 13), welche in einer Diskussion müden (Kapitel 14). Die Arbeit schließt mit dem Fazit und Ausblick unserer Forschung (Kapitel 15). Die Kapitel werden durch einen umfangreichen Anhang ergänzt.

    In unserer Arbeit verwenden wir den Unterstrich, den s.g. Gender Gap, welcher neben dem Dualismus von Mann und Frau auch andere Geschlechteridentitäten berücksichtigen soll. Der Gender Gap ist eine Weiterentwicklung des BinnenI, welches aus der Queer Theory stammt. Wir wollen mit dieser Verwendung aufzeigen, dass es neben dem hegemonialen Zweigeschlechtersystem viele soziale Geschlechter gibt. (Vgl. Herrmann 2006: 195ff.) Wir verwenden den Gender Gap, wenn uns nicht bekannt ist, ob sich die jeweiligen Personen oder Personengruppen mit dem rein femininen oder maskulinen Geschlecht identifizieren. Das Projekt, in dem die befragten Frauen geschult wurden, heißt „Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ und richtet sich ausschließlich an Frauen. Wir gehen davon aus, dass die Teilnehmerinnen sich als Frauen sehen und verwenden aus diesem Grund ausschließlich die weibliche Form für diesen Personenkreis. Gleiches wenden wir für die Trainerinnen der Schulung und für die Unterstützerinnen der Frauenbeauftragten an.

    2. Behinderungsbegriff

    In unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen, wie bspw. Medizin, Psychologie, Disability Studies, Heil und Sonderpädagogik sowie Gesundheits- und Rehabilitationswissenschaften findet eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Behinderung und dem der Nichtbehinderung statt (vgl. Waldschmidt 2005: 9). Es existieren verschiedene Modelle und wissenschaftliche Auffassungen des Behinderungsbegriffes, sodass es einer Reflexion dieser bedarf, um den Personenkreis im Kontext des Projektes „Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ verorten zu können.

    Im Wesentlichen werden in westlichen Gesellschaften drei Modelle unterschieden, welche sich umfangreich mit dem Behinderungsbegriff auseinandersetzen. Hier findet je nach Disziplin eine Abgrenzung zwischen dem medizinischen, dem sozialen und dem kulturellen Modell statt. (Vgl. Köbsell 2010: 19ff.)

    Behinderung wurde lange Zeit unter dem medizinischen Blick als ein Defekt angesehen, der beseitigt oder verringert werden sollte. Die jeweilige Behinderung wurde als individuelles Problem angesehen, das Individuum sollte sich in die Gesellschaft einfügen und sich an die vorherrschenden Bedingungen anpassen. (Vgl. ebd.) Behinderung galt es mittels therapeutischer oder medizinischer Intervention zu verringern. Dieser Blick auf Behinderung wird als individuelles oder medizinisches Modell beschrieben. (Vgl. Waldschmidt 2005: 9) Auf der Basis des Rehabilitationsparadigmas, in dem das Individuum so weit wie möglich an die Norm der Gesellschaft angepasst wird, verabschiedete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) 1980 die erste Fassung der International Classification of Impairments, Disabilities and Handicaps (ICIDH) (vgl. John/ Jung/ Lühr 2012: 58). Durch diese wird Behinderung als Defizit definiert. In den 1990er Jahren wurde hieraus die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICFDH) entwickelt. Dieses Modell verfolgt das Ziel, behinderte Menschen als Empfänger_innen von Sozialleistungen zu rehabilitieren. (Vgl. Waldschmidt 2007: 15ff)

    Als Gegengewicht zu dem medizinisch-therapeutischen und pädagogisch-fördernden Paradigma wurde in den 1970er Jahren das so genannte soziale Modell von Behinderung aus den Disability Studies hervorgebracht. In den Disability Studies wird Behinderung als gesellschaftliche Strukturkategorie geformt, welche mit daraus resultierenden Konsequenzen verknüpft ist. Behinderung stellt eine bestimmte Art der Abweichung von der gesellschaftlichen Norm dar. (Vgl. Schildmann 2001: 8)

    Es wird eine Abgrenzung zwischen Behinderung (impairment) und Beeinträchtigung (disability) vollzogen. Der Kerngedanke des sozialen Modells beinhaltet, dass Behinderung kein Resultat medizinischer Pathologie ist, sondern aus gesellschaftlichen Konstruktionen hervorgeht. Behinderung entsteht demnach erst durch gesellschaftliche Ausgrenzung. (Vgl. Waldschmidt 2005: 15f.) Folglich werden Menschen „nicht auf Grund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen behindert, sondern durch das soziale System, das Barrieren gegen ihre Partizipation errichtet“ (ebd.: 18) und aufrechterhält. Für behinderte Menschen bedeutet das soziale Modell bezüglich des Selbstverständnisses einen großen Erfolg: „Nicht sie waren ‚falsch‘, sondern die Gesellschaft, in der sie lebten!“ (Köbsell 2010: 19)

    Als drittes und für diese Arbeit von besonderer Relevanz ist das kulturelle Modell von Behinderung, das als Kritik aus dem sozialen Modell von Behinderung hervorging. Hierbei wird nicht Behinderung, sondern auch Nichtbehinderung in den Fokus genommen, um eine Dekonstruktion von ausgrenzenden Phänomenen vorzunehmen, sodass es möglich wird, Behinderung neu zu denken. Aus kulturwissenschaftlicher Perspektive ist es nicht hinreichend, Behinderung als ein individuelles Schicksal zu betrachten. Vielmehr geht es nach WALDSCHMIDT (2005: 25) darum, Kategorisierungsprozesse aufzubrechen und aufzuzeigen, „dass die Identität (nicht)behinderter Menschen kulturell geprägt ist und von Deutungsmustern des Eigenen und des Fremden bestimmt wird“. Durch den Umkehrungsprozess der Perspektive auf Behinderung wird deutlich, wie vermeintliche Normalität und Abweichungen konstruiert werden, welche zu exklusiven und inklusiven Prozessen führen. Es bedarf einer kulturellen Repräsentation, in der behinderte Menschen nicht als homogene Minderheit, sondern als heterogener Bestandteil der Gesellschaft verstanden werden. Dazu wäre es nötig, dass die Gesellschaft, statt einzelne Gruppen aufgrund normativer Bewertungen systematisch auszugrenzen, ihre eigene Heterogenität anerkennt. (Vgl. ebd.: 27)

    Die verschiedenen Modelle von Behinderung zeigen, wie unterschiedlich die Auseinandersetzung mit Behinderung ist und welche Diskussionsstränge jeweils damit einhergehen. Während der Fürsorgegedanke in dem medizinischen Modell sehr präsent ist, kommt in dem kulturellen Modell eine umfassendere gesellschaftliche Integration zum Ausdruck, welche die Gleichheit aller Menschen betont. Mit dem kulturellen Modell steht die Heterogenität der Gesellschaft an sich im Vordergrund, welche durch die Umsetzung der rechtlichen und gesellschaftlichen Gleichheit der Mitglieder der Gesellschaft gekennzeichnet ist.

    Bei der Gegenüberstellung des Behinderungsverständnisses nach §2 des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX) vom 19.06.2001 in der Fassung vom 26.06.2016 und der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) wird deutlich, dass dem Verständnis des SGBs eher ein defizitär geprägtes Verständnis, angelehnt an das medizinische Modell, zugrunde liegt. Während laut der Definition im SGB IX die Beeinträchtigung mindestens sechs Monate andauern muss, bleiben die gesellschaftlichen Barrieren unberücksichtigt. Nach diesem Verständnis ist die Teilhabe an der Gesellschaft maßgeblich durch die individuelle Beeinträchtigung beeinflusst. (Vgl. Hirschberg 2011: 2f.)

    Der Behinderungsbegriff unterliegt einem Wandel. Der aktuelle Begriff der UN-BRK bringt daher den Paradigmenwechsel vom Fürsorgedanken hin zur Realisierung der Menschenrechte zum Ausdruck. (Vgl. ebd.: 4) Aus diesem Grund wird er in erweiterten Fachdiskursen auch mit dem Attribut „menschenrechtsorientiert“ beschrieben (vgl. Degener 2009: 200f.).

    In der folgenden Arbeit beziehen wir uns auf ein Verständnis von Behinderung, welches sich an das soziale und kulturelle Modell der UN-BRK anlehnt. Der Behinderungsbegriff wird in der UN-BRK in Artikel 1 folgendermaßen definiert:

    Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.

    In Artikel 3e besteht ein starker Bezug zu dem kulturellen Modell von Behinderung. Die UN-BRK stellt einen Versuch dar, auf internationaler Ebene den Paradigmenwechsel von dem medizinischen Modell bzw. dem individuellen Modell zum kulturellen Modell abzubilden (vgl. Bruns 2013: 20).

    Des Weiteren wird in der Präambel der UN-BRK unter dem Buchstaben e ein Bezug zu dem kulturellen Behinderungsbegriff hergestellt. Es wird dort darauf hingewiesen, dass das Verständnis des Behinderungsbegriffes einer Entwicklung unterliegt. Sie basiert auf der Wechselwirkung zwischen behinderten Menschen und „einstellungs- und umweltbedingten Barrieren“ (BMAS 2011: 6), welche „sie [behinderte Menschen] an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern“ (BMAS 2011: 6).

    Artikel 1 der UN-BRK definiert das Verständnis von Menschen mit Behinderungen, um den Personenkreis zu den dort formulierten Rechten zu beschreiben. Allerdings gilt für die innerstaatlichen rechtlichen Belange die jeweilige Rechtsordnung. In Satz 2 wird die Personengruppe, welche in den Schutz des Übereinkommens fällt, anhand des Begriffs „Menschen mit Behinderung“ wie folgt definiert:

    Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können. (Ebd.: 10)

    Uns ist es in dieser Arbeit wichtig, primär den Menschen in den Vordergrund zu stellen, sodass wir ausgehend von dem kulturellen Modell zur Konstruktion von Behinderung den Terminus behinderter Mensch verwenden. Diese Begriffsverwendung sieht Behinderung als Ergebnis eines gesellschaftlichen Prozesses. (Vgl. Waldschmidt: 2006: 83ff.)

    Wenn wir weitergehend den Personenkreis beschreiben, der von Weibernetz e.V. (Weibernetz) geschult wurde, verwenden wir den Terminus Frau mit Lernschwierigkeit. Dieser soll in Anlehnung an die Selbstbezeichnung Mensch mit Lernschwierigkeiten, welche von Mensch zuerst People First Deutschland e.V. (Mensch zuerst), der sich für die Rechte von Menschen mit Lernschwierigkeiten einsetzt, verstanden werden (vgl. Mensch zuerst 2016a: o.S.). Indem wir Frau mit Lernschwierigkeiten als Terminus übernehmen, verbinden wir den Anspruch, den Menschen in den Fokus zu stellen und gleichzeitig die Perspektive dieses Personenkreises durch unser Forschungsvorhaben abzubilden (vgl. Lob-Hüdepohl 2013: 15). Die UN-BRK formuliert Rechte für den beschriebenen Personenkreis

    3. Gewalt

    Der Gewaltbegriff beinhaltet verschiedene Facetten, sodass es zunächst einer genaueren Betrachtung bedarf, welches Verständnis unserer Arbeit zugrunde liegt. Die folgende Annährung an den Gewaltbegriff bezieht sich in unserem Kontext ausschließlich auf das Verständnis von Gewalt gegen Menschen.

    Um sich mit dem Phänomen Gewalt auseinanderzusetzten, ist es zunächst hilfreich, sich in das Bewusstsein zu rufen, dass es verschiedene Zugänge gibt. Insbesondere um den Gewaltbegriff für unsere Arbeit verwenden zu können, werden sowohl verschiedene Formen der Gewalt als auch die Bedeutung von Gewalt für behinderte Menschen in Einrichtungen, mit dem Fokus auf Frauen, in den Blick genommen.

    3.1 Formen von Gewalt

    Es wird davon ausgegangen, dass i.d.R. ein Lebewesen, eine Person, Personengruppe, Institution, eine Struktur oder höhere Macht, wie bspw. eine Umweltkatastrophe Verursacher_in von Gewalt ist. Das Ergebnis ist eine negative Auswirkung auf den physischen oder psychischen Zustand der Person oder Personengruppe, welche Gewalt erfährt. Gewalt kann sich in Form von körperlicher Verletzung mit Schmerz oder gar dem Tod als Folge, psychischer Belastung durch bspw. Androhung von negativen Auswirkungen oder auch durch strukturell bedingte Faktoren, wie Gesetze mit diskriminierenden Auswirkungen auf bestimmte Personengruppen zeigen. (Vgl. Küchenhoff/ Hügli/ Mäder 2005: 22ff.)

    In der Fachliteratur findet – je nach Diskursrichtung – eine Unterscheidung zwischen direkter, kultureller, struktureller und institutioneller Gewalt auf verschiedenen Ebenen statt (vgl. Heitmeyer/ Hagan 2002: 22). Es hängt jedoch immer von dem Kontext ab, ob eine Handlung als Gewalt gewertet wird oder nicht. Wenn bspw. ein Arzt bei einem sich dagegen sträubenden Kind einen notwendigen Eingriff vornimmt, ist dies sicherlich anders zu werten, als wenn eine Person in einer Folterkammer malträtiert wird. (Vgl. Küchenhoff/ Hügli/ Mäder 2005: 23) Das Verständnis von Gewalt setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen. Gesellschaftliche Strukturentwicklungen, verschiedene Gewaltdiskurse, der Staat als Institution und Räume, bzw. Gelegenheitsstrukturen gelten als zentrale Kategorien, welche den Gewaltbegriff systematisieren. Anhand dieser kann Gewalt ausgehend von kollektiven oder individuellen Täter_innen auf kollektive oder individuelle Opfer nachvollzogen werden. (Vgl. Imbusch 2002: 42) Gewalt kann innerhalb dieser beschriebenen Struktur in unterschiedlichen Formen auftreten. Häufig wird in physischer, psychischer (vgl. Küchenhoff/ Hügli/ Mäder 2002: 19ff.) oder auch sexualisierter Gewalt unterschieden (vgl. Tschan 2012: 26).

    Bei der Auseinandersetzung mit Gewalt sollte nicht die Schuldzuweisung, sondern die jeweilige Ursache in den Vordergrund der Betrachtungen gestellt werden, um der Wiederholung von Gewalt präventiv begegnen zu können. Die Identifizierung der Frage nach der Schuld ist jedoch in einem strafrechtlichen Verfahren bedeutsam und spielt eine Rolle für einen evtl. Schadensausgleich (vgl. Hamel/ Nicholls 2013: 11).

    In der Studie „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland“ wurde ein umfassendes Verständnis von Gewalt in den Fokus der Untersuchung gerückt:

    Untersuchte Gewaltformen waren körperliche, sexuelle und psychische Gewalt, sowie sexuelle Belästigung und Stalking. In die zu untersuchenden Gewaltkontexte wurden vielfältige Lebensbereiche einbezogen: Gewalt in Familien und Paarbeziehungen sowie im engen sozialen Umfeld von Familie, Schule, Arbeitswelt und Nachbarschaft/Freundeskreis, als auch Gewalt durch Fremde oder wenig bekannte Personen. (Müller/ Schröttle/ Glammeier/ Oppenheimer/ Schulz & Münster 2004: 9)[2]

    Auch hier wird eine multikausale Betrachtungsweise des Gewaltbegriffs aufgezeigt. Die Autorinnen der repräsentativen „Studie Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland“ (vgl. Schröttle/ Hornberg/ Glammeier/ Sellach/ Kavemann/ Puhe & Zinsmeister 2013) legen das oben genannte Verständnis von Gewalt für ihre Studie zugrunde, welches körperliche, psychische und sexualisierte Gewalt vor dem Hintergrund der Mehrfachdiskriminierung an behinderten Frauen einschließt (vgl. ebd.: 39f.)., welche mit Menschenrechtsverletzungen einhergehen (vgl. ebd.: 4). In der Studie kommt dies folgendermaßen zum Ausdruck:

    Frauen mit Behinderungen sind, wie bisherige internationale Studien nahelegen, aufgrund von Diskriminierungen und körperlichpsychischer sowie kognitiver Abhängigkeiten einem erhöhten Risiko ausgesetzt, in verschiedenen Altersphasen und Lebenssituationen Opfer von psychischer, physischer und sexueller Gewalt zu werden. Auch strukturelle Gewalt und Diskriminierung sowie Vernachlässigung im Kontext der Pflege können hier eine Rolle spielen. (Ebd.: 7)

    Wir lehnen uns an das breit gefächerte Gewaltverständnis dieser Studie an. In unserem Forschungskontext ist der Begriff der sexualisierten Gewalt elementar. Diese umfasst demnach „im engeren Sinne alle erzwungenen sexuellen Handlungen, also solche, zu denen die Frau gegen ihren Willen durch körperlichen Zwang und/oder Drohungen oder dem Ausnützen eines Abhängigkeitsverhältnisses nach eigenen Angaben gezwungen wurde“ (ebd.:196). Ergänzend hierzu werden auch sexuelle Belästigung und sexuelle Handlungen genannt, die gegen den Willen der Frau stattfinden und „bei denen die Frau in unterschiedlichem Maße gesagt oder gezeigt hat, dass diese unerwünscht sind“ (ebd.). Es wird diskutiert, ob Zwangssterilisation von behinderten Menschen ebenfalls in dem Themenfeld der sexualisierten Gewalt zu verorten ist (vgl. Plaute 2001: 396).

    Aus diesen Betrachtungen zum Gewaltverständnis resultiert, dass Selbstbestimmung, Teilhabe und Inklusion behinderter Frauen gefährdet ist. Auch kann die Behinderung oder Erkrankung der jeweiligen Frau durch das Gewalterleben noch verstärkt werden (vgl. Schröttle/ Hornberg et al. 2013: 7). Menschen, die Gewalt erfahren haben, leiden häufig unter den Folgen, die daraus entstehen. Sowohl posttraumatische Belastungsstörungen als auch Traumafolgestörungen können lebenslange Folgen für die betroffenen Menschen bedeuten (vgl. Tschan 2012: 101ff.).

    3.2 Gewalt in Institutionen

    Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) und Wohneinrichtungen für behinderte Menschen sind als Sondereinrichtungen bezüglich Empowerment, Inklusion und Selbstbestimmung kritisch zu hinterfragen (vgl. Theunissen 2013: 271). Behinderte Menschen sind in solchen Institutionen häufig in Machtstrukturen eingebunden, welche langsam durch Bewegungen, wie die Independent Living Bewegung, aufgebrochen werden (vgl. ebd.), um institutioneller Gewalt entgegenzuwirken.

    Menschen mit Lernschwierigkeiten machen besonders häufig Gewalterfahrungen oder zeigen innerhalb von Einrichtungen selbst übergriffiges Verhalten (vgl. Hennicke/ Seidel 1999, o.S.). Zahlreiche behinderte Menschen erleben seit ihrer Kindheit ständige Grenzüberschreitungen und machen die Erfahrung, dass „ihr Körper quasi öffentlich sei. Jede/r darf ihn auch im nackten Zustand anschauen, an ihm herumfummeln, ihn bewerten und sein Urteil auch in der Öffentlichkeit kundtun.“ (Mickler 2008: 4). Ein hohes Maß an Fremdbestimmung in Institutionen wie Wohneinrichtungen wird als strukturelle Gewalt beschrieben, da die Bewohner_innen häufig einen großen Teil ihres Lebens mit nicht selbst gewählten räumlichen Bedingungen und Sozialpartner_innen verbringen (vgl. Kulzer 2008: 27). Es resultieren daraus Ungleichbehandlung und Benachteiligung, womit behinderte Menschen, die sich in einem Sondersystem befinden, oftmals konfrontiert werden (vgl. Maskos 2011: o.S.).

    Institutionen sind „Hochrisikobereiche für sexualisierte Gewalthandlungen“ (Tschan 2012: 22), bei denen TSCHAN (2012: 28) in folgende Formen sexualisierter Gewalt unterscheidet:

    • […] Übergriffe von Mitarbeitern auf Klienten

    • Übergriffe von Mitarbeitern untereinander (sexuelle Belästigung)

    • Übergriffe von Klienten an Mitarbeitern (Workplace Violence)

    • Übergriffe von Klienten an Klienten

    • Übergriffe von Angehörigen/ Besuchern an Klienten oder Mitarbeitern

    • Fehlverhalten außerhalb der Institution

    • Nicht-Auslebenlassen der Sexualität von Klienten der Institution.

    MASKOS (vgl. 2011: 22) schildert, dass „Frauen mit Lernschwierigkeiten, die in Wohnheimen oder Werkstätten für behinderte Menschen leben oder arbeiten, das Thema gut kennen – entweder sie kennen eine Frau, die gegen ihren Willen angefasst wurde, oder es ist ihnen selbst schon passiert. Des Weiteren beschreibt TSCHAN (2012: 22), warum es häufig schwer ist, Fälle sexualisierter Gewalt in Einrichtungen aufzudecken:

    Die Opfer schweigen aus Würde. Es ist nicht einfach, über intimste Details zu sprechen – schon gar nicht, wenn man sexualisierter Gewalt ohnmächtig ausgeliefert ist. Opfer schweigen aus Scham. Opfer schweigen aus Angst. Aus Angst, dass ihnen niemand glaubt; aus Angst vor Repressalien und Vergeltung; aus Angst vor Konsequenzen; aus Nicht-Wissen. Sexualisierte Gewalt verschließt den Menschen den Mund. Sie macht sprachlos.

    Die von uns befragten Frauen sind vornehmlich in Einrichtungen mit ungleichen Machtstrukturen tätig, wodurch sie und ihre Adressat_innen besonders vulnerabel sind (Schröttle/ Hornberg et al. 2013: 257f.).

    3.3 Prävalenz sexualisierter Gewalt an behinderten Frauen

    Die Studie „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“, die hier zur Grundlage der Begriffsschärfung herangezogen wird, umfasst „Ergebnisse der repräsentativen Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland“. Bei der Studie, die 2002 bis 2004 durchgeführt wurde, handelt es sich um die erste repräsentative Untersuchung zu diesem Thema in Deutschland. (Vgl. Müller/ Schröttle/ Glammeier/ Oppenheimer/ Schulz & Münster 2013)

    Die Studie ist dreiteilig, bestehend aus einer repräsentativen Hauptuntersuchung mit 10.000 Teilnehmerinnen aus ganz Deutschland, zusätzlichen Interviews mit Migrantinnen, Prostituierten, Asylbewerberinnen und inhaftierten Frauen. Ergänzt wurden diese Daten um eine Gruppendiskussion mit direkt von Gewalt betroffenen Frauen, die im Rahmen einer qualitativen Auswertung vertiefende Informationen lieferte. Das Ziel der Studie lag in der Sammlung repräsentativer Daten als Grundlage für die Entwicklung von Präventions-, Hilfe- und Interventionsmaßnahmen bei Gewalt gegen Frauen. (Vgl. ebd.: 6f.)

    Insgesamt wurde starkes Auftreten von Gewalt gegen Frauen festgestellt, dabei überwiegend im häuslichen Bereich und innerhalb von Paarbeziehungen. Auch im öffentlichen Raum wird Gewalt an Frauen verübt, dann teilweise durch unbekannte Täter_innen. Dabei wurde neben körperlicher auch sexuelle und psychische Gewalt sowie die erheblichen psychischen, psychosozialen und gesundheitlichen Folgen, die mit diesen Gewaltformen einhergehen, berücksichtigt. Ein Bedarf an niedrigschwelligen Handlungs- und Unterstützungsmaßnahmen wurde ebenso festgestellt, wie die Notwendigkeit, frühzeitige Interventionen, Unterstützung und Prävention auszubauen. Die Autorinnen plädieren für eine stärkere Ausdifferenzierung der Hilfsangebote anhand der betroffenen Risikogruppen und ihrer spezifischen Bedarfe. Langfristig wird auch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit mit dem Ziel, Vorurteile abzubauen, angestrebt. Nicht nur Erwachsene, sondern insbesondere Kinder und Jugendliche sollen verstärkt geschützt werden. (Vgl. ebd.: 38f.)

    Vergleicht man die erhobenen Daten der Studie „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“ mit denen aus der Studie „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland“, so zeigt sich, dass behinderte Frauen öfter Opfer von Gewalt werden als nichtbehinderte Frauen.

    Die Studie „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland“ wurde von der Universität Bielefeld und weiteren Kooperationspartnern im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) erstellt und deren Kurzfassung 2012 veröffentlicht (vgl. Schröttle/ Hornberg et al. 2014).

    Erstmals wurden behinderte Frauen in Deutschland im Rahmen einer repräsentativen Studie zu ihrer jeweiligen Lebenssituation, ihren Belastungen, zu Diskriminierungs- und Gewalterfahrungen in Kindheit und Erwachsenenalter befragt. Insgesamt nahmen 1.561 behinderte Frauen im Alter zwischen 16 und 65 Jahren an den Befragungen teil. Sie leben in unterschiedlichen Wohnformen und nicht alle besitzen einen Behindertenausweis. 800 der Frauen wurden über einen repräsentativen Haushaltszugang erreicht und weitere 420 über eine repräsentative Einrichtungsbefragung. Ergänzend nahmen 341 seh-, hör- und schwerstkörperlich/ mehrfachbehinderte Frauen in einer nichtrepräsentativen Zusatzbefragung teil. Zusätzlich zu dieser quantitativen Befragung wurden 31 von Gewalt betroffene Frauen mit unterschiedlichen Behinderungen qualitativ interviewt. (Vgl. ebd.: 9f.)

    Diese Studie hat offengelegt, dass behinderte Frauen statistisch häufiger von körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt betroffen sind als Frauen ohne Behinderung. Beispielsweise sind behinderte Frauen mit 2031 % zwei bis dreimal häufiger von sexuellem Missbrauch in Kindheit und Jugend durch Erwachsene betroffen als Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt (10 %). (Vgl. ebd. 21) Auch im Erwachsenenleben ist die Erfahrung von körperlicher und sexueller Gewalt zwei bis dreimal so hoch wie in der Vergleichsgruppe, am häufigsten betroffen sind gehörlose und psychisch erkrankte Frauen (vgl. Schröttle/ Hornberg et al. 2014: 24). Diese Erfahrungen gehen immer mit Grenzverletzungen einher und können das Risiko für weitere Gewalt im Lebenslauf erhöhen (vgl. Schröttle/ Hornberg et al. 2013: 165).

    Im Rahmen dieser Studie wurden auch 318 Frauen mit Lernschwierigkeiten mit Hilfe eines Fragebogens in vereinfachter Frage von speziell dafür geschulten Interviewer_innen befragt (vgl. ebd.: 10). 20 % der in vereinfachter Sprache Befragten gaben an, sexuellen Missbrauch im Kinder und Jugendalter erlebt zu haben. Die Befragung von in Einrichtungen lebenden Frauen, die in schwerer Sprache befragt wurden, ergab mit 31 % einen höheren Wert. Das Forschungsteam verweist darauf, dass in vereinfachter Sprache befragte Frauen deutlich häufiger keine Angabe gemacht haben (14 %) und sich daher ein mögliches Dunkelfeld vermuten lässt. (Vgl. ebd.: 162ff.)

    3.4 Unterstützungssystem für gewaltbetroffene behinderte Frauen

    Die Prävalenz behinderter Frauen spiegelt die Dringlichkeit wieder, Informations- und Präventionsangebote sowie unterstützende Strukturen insbesondere für behinderte Frauen zu schaffen. (Vgl. Schröttle/ Hornberg 2014: 60) Das vorherrschende Angebot für Frauen bietet Hilfe bei familiärer, sexueller, psychischer und physischer Gewalt und umfasst niedrigschwellige Hilfen, wie bspw. Beratungsangebote gleichermaßen wie Präventionsangebote und stationäre Hilfe (vgl. Weibernetz 2004: o.S.).

    Nach einem Bericht des BMFSFJ gibt es in Deutschland[3] 353 Frauenhäuser und weitere 41 Schutz bzw. Zufluchtswohnungen für Frauen, die insgesamt rund 6.000 Plätze für von Gewalt betroffene Frauen anbieten (vgl. Helfferich/ Kavemann/ Rixen 2012: 22). Wenn Frauenhäuser behinderte Frauen aufnehmen, dann überwiegend Frauen mit leichten Seh und Hörproblemen, Depressionen und leichten Lernschwierigkeiten (vgl. ebd.: 67). Frauenhäuser mit Spezialisierung auf eine bestimmte Zielgruppe seien in Deutschland sehr selten. Laut der Studie sind fünf Frauenhäuser spezialisiert auf behinderte Frauen und jeweils drei auf psychisch erkrankte und suchtkranke Frauen (vgl. ebd.: 46). Die Anzahl der Frauenhäuser und deren Eignung für behinderte Frauen variiert je Bundesland.

    Abbildung 1. Eignung von Frauenhäusern für Frauen mit Beeinträchtigung (in abs. Zahlen der Frauenhäuser)

    Balkendiagramm zum vorangestellten Text

    Quelle: Helfferich/ Kavemann/ Rixen 2012: 50; n=222.

    Barrierefreiheit werde von der Frauenhauskoordination als Ziel angesehen (vgl. ebd.: 67). Nicht in allen Bundesländern stehen rollstuhlgerechte Einrichtungen zur Verfügung.

    Abbildung 2. Rollstuhlgerechte Ausstattung von Frauenhäusern nach Bundesländern (Eingang, Zimmer, Toiletten) (in abs. Zahlen der Frauenhäuser)

    Balkendiagramm zum vorangestellten Text

    Quelle: Helfferich/ Kavemann/ Rixen 2012: 51; n=222.

    Hilfe bei unterschiedlichen Formen von Gewalt gegen Frauen bieten 721, teils spezialisierte, Fachberatungsstellen (vgl. ebd.: 16). Es werden mehrere Gruppen von Frauen benannt, die in besonderem Maße von Gewalt betroffen sind, jedoch in den Fachberatungsstellen nicht ausreichend vertreten sind. Neben Migrantinnen und Seniorinnen zählen zu diesen Gruppen auch behinderte Frauen (vgl. ebd.: 81f.). Die Studie „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in Deutschland“ (Schröttle/ Hornberg et al. 2013) zeigt, dass behinderte Frauen überdurchschnittlich häufig von Gewalt betroffenen sind. Jedoch bezeichnen sich nur ein Viertel der Fachberatungsstellen in Bezug auf diese Zielgruppe für gut geeignet. Ursache hierfür sind neben dem Fehlen entsprechender Ausstattung auch die unzureichende Fortbildung und Erfahrung im Umgang mit behinderten Frauen. (Vgl. Helfferich/ Kavemann/ Rixen 2012: 81)

    Neben Barrierefreiheit benennen GÖPNER und MASKOS (vgl. 2015: 115) innere Barrieren in Form von Ängsten und Vorbehalten gegenüber behinderten Frauen auf Seiten der Fachkräfte in Frauenhäusern und Beratungsstellen. Fachkräfte aus dem Unterstützungssystem haben oft keinen bis wenig Kontakt zu behinderten Menschen und daraus resultiert ihre Angst, möglicherweise Fehler zu begehen. Bislang seien die Behindertenhilfe und die Anti-Gewaltarbeit zwei getrennte Bereiche. In Form von Austausch und Fortbildung könnten Erfahrungen, wie behinderungsbedingte Besonderheiten, Wissen über das Rehabilitationssystem und Erfahrungswissen zum Umgang mit Gewalt, geteilt werden. (Vgl. ebd.: 115f.)

    Weiterhin benennen die Autorinnen Gewalt als Normalitätserfahrung behinderter Frauen, sie fühlen sich nicht als Gewaltopfer und somit nicht von Beratungsangeboten angesprochen. Noch heute werden behinderte Frauen „vielfach als geschlechtslose ‚Neutren‘ wahrgenommen, eine eigenständige Sexualität wird ihnen oftmals abgesprochen“ (ebd.: 116f.). Behinderte Frauen würden als unattraktiv bezeichnet und daher rückt der Gedanke, sie könnten Opfer sexualisierter Gewalt werden, in die Ferne. Erkennen Frauen mit Lernschwierigkeiten das Geschehene als Gewalt an, so fehlt ihnen oft der Mut und das nötige Vertrauen, sich Sozialprofessionellen zu öffnen. Öffnen sie sich, so wird ihnen nicht immer Glauben geschenkt. Bei Frauen, die in Einrichtungen leben, kann zudem die benötigte Begleitung zu einer Beratungsstelle eine Barriere darstellen. (Vgl. ebd.: 117f.).

    Weibernetz stellt auf seiner Internetseite eine Liste von barrierefreien Frauennotrufen zur Verfügung, welche Informationen für die Erreichbarkeit bestimmter Zielgruppen enthält. So können blinde, gehörlose und rollstuhlnutzende Frauen sich darüber informieren, ob eine bzw. welche Beratungsstelle für sie geeignet sein könnte. Der Verein weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass die Angaben für bestimmte Zielgruppen auf den eigenen Beschreibungen der jeweiligen Beratungsstellen basieren. Es wird empfohlen, im Einzelfall nachzufragen, ob die vorhandenen Ressourcen den Bedürfnissen der Ratsuchenden entsprechen. (Vgl. Weibernetz 2004: o.S.)

    3.5 Exkurs: Gewalterfahrungen behinderter Männer

    Nicht nur das Thema Gewalt gegen Frauen, sondern auch Gewalt gegen Männer wird insbesondere seit der gleichnamigen Studie (vgl. Cizek/ Kapella/ Pflegerl/ Steck 2001), kontrovers diskutiert. Vor der Veröffentlichung der vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen[4] herausgegebenen Studie 2001 existierten kaum Veröffentlichungen zu diesem Thema (vgl. ebd.: 4). Allerdings plädieren verschiedene Sozialprofessionelle dafür, diese Thematik in den Fokus zu rücken, (vgl. Amor 2012: 40ff.; vgl. Mickler 2008: 2). Praktiker_innen schildern von Verdachtsmomenten oder tatsächlichen Übergriffen gegen behinderte Männer (vgl. Mickler 2008: 2, vgl. Maskos 2011: o.S).

    Behinderte Männer scheinen genauso wie behinderte Frauen besonders vulnerabel zu sein, insbesondere, wenn sie in institutionellen Kontexten eingebunden sind. Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, welche dazu führen können, dass behinderte Menschen Gewalterfahrungen machen (vgl. Amor 2012: 40). Körperbehinderte Männer erleben häufig ebenfalls eine erhöhte soziale Abhängigkeit, welche sich bspw. darin äußern kann, dass die Körperpflege von einer Frau durchgeführt wird. Besonders schwierig ist es, sexualisierter Gewalt zu begegnen und diese aufzudecken. „Auch Jungen und Männer mit einer Behinderung sind gängigen Rollenerwartungen männlicher Sozialisation ausgesetzt und reagieren auch im Kontext von erlebter sexualisierter Gewalt häufig mit Schweigen oder Bagatellisieren“ (ebd.: 46).

    Die Ombudsstelle gegen sexualisierte Gewalt der Lebenshilfe Berlin erkennt den Bedarf, dass das Thema sexuelle Gewalt nicht nur bei behinderten Frauen, sondern auch bei behinderten Männern relevant ist und bietet ihnen Prävention, Beratung und die Ausbildung zu Männerbeauftragten an (vgl. Mutstelle Berlin 2016: 12f.).



    [2] In der Fachliteratur werden die Begriffe sexuelle Gewalt und sexualisierte Gewalt synonym verwendet (vgl. Tschan 2012; vgl. Schröttle/ Hornberg 2013).

    [3] Stand: Jahreswende 2011/ 2012.

    [4] Hierbei handelt es sich um ein österreichisches Bundesministerium, welches von 2000-2007 existierte.

    4. Rechtlicher Rahmen

    Behinderte Frauen sind statistisch häufiger von körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt betroffen als Frauen ohne Behinderung (vgl. Schröttle/ Hornberg 2013). Es liegt zwar im deutschen Rechtraum eine Vielzahl an Gesetzen zum Schutz (behinderter) Frauen vor, allerdings kommt es häufig zu Verletzung dieser.

    4.1 Grundgesetz

    Neben der im Artikel 1 des Grundgesetzes (GG) implementierten Menschwürde, die allen Menschen bedingungslos zugesprochen wird, ist Artikel 3 GG von besonderer Bedeutung. Allen Menschen wird neben der Gleichheit vor dem Gesetz die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen ebenso zuteil. Besonders Absatz drei ist von großer Bedeutung:

    (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. (GG in der Fassung vom 23. Dezember 2014)

    4.2 UN-Behindertenrechtskonvention

    In der am 26.03.2009 in Deutschland ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) wird die Intersektionalität aufgrund des weiblichen Geschlechts und der Behinderung hervorgehoben (Art. 6). Die Vertragsstaaten verpflichten sich weiter in Artikel 6 (2) dazu, Empowerment zu fördern. Des Weiteren wird ebenfalls die Dringlichkeit barrierefreier Kommunikation in Artikel 2 hervorgehoben, wodurch Empowerment-Strukturen geschaffen werden sollen. In Artikel 6 wird behinderten Frauen ein besonderer Schutz zugesprochen, welcher in Artikel 16 expliziert wird. Hier heißt es, dass besonders behinderte Menschen das Grundrecht auf „Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch“ genießen. In Artikel 24 sind unterschiedliche geeignete Bildungsformate und formen verankert, welche Empowerment fördern. Artikel 25 setzt sich mit einer zu etablierenden diskriminierungsfreien Gesundheitsförderung auseinander. Diese sieht u. a. den „Zugang zu geschlechtsspezifischen Gesundheitsdiensten“ vor. Für die vorliegende Arbeit von besonderer Relevanz ist Artikel 26 Habilitation und Rehabilitation der UN-BRK zu nennen:

    (1) Die Vertragsstaaten treffen wirksame und geeignete Maßnahmen, einschließlich durch die Unterstützung durch andere Menschen mit Behinderungen, um Menschen mit Behinderungen in die Lage zu versetzen, ein Höchstmaß an Unabhängigkeit, umfassende körperliche, geistige, soziale und berufliche Fähigkeiten sowie die volle Einbeziehung in alle Aspekte des Lebens und die volle Teilhabe an allen Aspekten des Lebens zu erreichen und zu bewahren.

    In Deutschland ist eine Vielzahl an Gesetzen festgeschrieben, die für den Schutz behinderter Frauen Sorge tragen sollen. Trotz der Existenz rechtlicher Schutzmechanismen kommt es häufig zu Verletzungen der Grundrechte dieses Personenkreises.

    Im Mai 2015 hat der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in einem Abschlussdokument Probleme bezüglich der Umsetzung der Rechte von behinderten Menschen in Deutschland öffentlich gemacht. Es werden Kritikpunkte genannt und konkrete Empfehlungen ausgesprochen. (Vgl. Deutsches Institut für Menschenrechte 2015: 1ff.) Insbesondere werden unzureichende Maßnahmen zur „Verhütung und Bekämpfung der Mehrfachdiskriminierung von behinderten Frauen und Mädchen“ (ebd.: 4) angeprangert.

    Die Forderungen der UN-BRK spezifizieren die genannten rechtlichen Grundsätze der Bundesrepublik Deutschland. Doch haben sich die Rechte von behinderten Menschen, insbesondere das Recht auf Selbstbestimmung, erst in den letzten Jahren massiv verändert.

    4.3 Sexualstrafrechtsreform

    Laut Frauenverbänden ist ein großer Meilenstein in der deutschen Gesetzgebung die Sexualstrafrechtsreform (vgl. Weibernetz 2016d: o.S.), die am 07.07.2016 mit der Änderung insbesondere der §§177 und 179 des Strafgesetzbuches (StGB vom 13.11.1998) in Kraft trat.

    Durch die Gesetzreform wurde das Gesetz in Bezug auf sexuelle Selbstbestimmung überarbeitet, was insbesondere unterschiedliche Fallgruppen abbildete (vgl. Hörnele 2016: 3f.).

    So ist in § 179 im Strafgesetzbuch (StGB) in der Fassung vom 07.07.2016 „Sexueller Missbrauch unter Ausnutzung besonderer Umstände“ wie folgt verabschiedet worden:

    (1) Wer unter Ausnutzung einer Lage, in der eine andere Person

    1. aufgrund ihres körperlichen oder psychischen Zustands zum Widerstand unfähig ist,

    2. aufgrund der überraschenden Begehung der Tat zum Widerstand unfähig ist oder

    3. im Fall ihres Widerstandes ein empfindliches Übel befürchtet, sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder an sich von dieser Person vornehmen lässt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren in minder schweren Fällen der Nummern 2 und 3 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

    Ein Nein wird im verschärften Maße in Zukunft rechtlich gelten, was in Anbetracht der statistischen Überzahl an sexualisierten Übergriffen an behinderten Frauen für unseren Fokus besonders relevant ist. Demzufolge wurde ein besonderer Schutz für widerstandsunfähige Personen und Personen, die sich in Machtverhältnissen, wie bspw. Wohneinrichtungen, befinden, eingeführt. Alle Personen werden hierdurch in ihrer sexuellen Selbstbestimmung gestärkt, indem kein sexueller Kontakt gegen den Willen der betreffenden Person stattfinden darf und strafbar ist. Die Erhöhung des Strafmaßes berücksichtigt die Schwere von sexuellen Übergriffen in einem höheren Maße.

    5. Empowerment

    Insbesondere seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), ist Empowerment aus aktuellen behindertenpolitischen Diskursen nicht mehr weg zu denken. Als Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen (UN) hat sich Deutschland verpflichtet, gesellschaftliche Teilhabe behinderter Menschen mittels Empowerment zu fördern. Obwohl der Begriff häufig Verwendung findet, liegt kein einheitliches Verständnis von diesem vor. Empowerment kann als „Wegweiser zu inklusiven Zielen und als Handlungskonzept für inkludierende Arbeit mit Menschen mit Behinderung“ (Schwalb/ Theunissen 2009: 26) begriffen werden.

    In den 1950er Jahren wurde der Begriff des Empowerments in den civil rights movements, der UNS-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, geprägt, in der die „schwarze Minderheitsbewegung“ (Theunissen/ Kulig 2011: 271) sich für ihre grundlegenden Rechte einsetzte. In der nachfolgenden Zeit wurden marginalisierte Gruppen durch das black empowerment inspiriert, sodass behinderungspolitische soziale Bewegungen wie das independent-living movement von Menschen mit Körper oder Sinnesbeeinträchtigungen und Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e.V. (Mensch zuerst) als Interessensvertretung von Menschen mit Lernschwierigkeiten aktiv wurden. (Vgl. ebd.: 269f.)

    Das Konzept von Empowerment enthält nach THEUNISSEN und KULIG (2009: 270) vier Stränge, welche einen facettenreichen Zugang zu Empowerment bilden:

    1. Verweist Empowerment auf individuelle Selbstverfügungskräfte, vorhandene Stärken oder Ressourcen, die es dem Einzelnen ermöglichen, seine Lebensumstände zu kontrollieren, Probleme, Krisen oder Belastungssituationen aus eigener Kraft zu bewältigen, sowie ein relativ autonomes Leben zu führen.

    2. Wird Empowerment mit einer politisch ausgerichteten Durchsetzungskraft verbunden, indem sich zum Beispiel Gruppen behinderter Menschen oder Eltern behinderter Kinder für einen Abbau an Benachteiligungen und Vorurteilen, für „Barrierefreiheit“, rechtliche Gleichstellung und Gerechtigkeit engagieren, sowie eine Partizipation an (politischen) Entscheidungsprozessen im Hinblick auf eigene Angelegenheiten (policy making) einfordern.

    3. Steht Empowerment im reflexiven Sinne für einen selbstbestimmten Lern und Handlungsprozess, indem zum Beispiel behinderte Menschen oder Eltern behinderter Kinder ihre Angelegenheiten selbst in die Hand nehmen, sich dabei ihrer Kompetenzen bewusst werden, sich in eigener Regie Wissen und Fähigkeiten aneignen (informelle Bildung) und soziale Ressourcen (u.a. selbstorganisierte Gruppenzusammenschlüsse) nutzen.

    4. Bezieht sich Empowerment auf eine professionelle Unterstützung, indem zum Beispiel behinderte Menschen oder Angehörige, deren Lebens und Gestaltungskräfte aufgrund von Demoralisierungserfahrungen erheblich geschwächt zutage treten (disempowered und powerless people), angeregt, ermutigt und in die Lage versetzt werden, neue Lebensenergie zu erschließen und eigene (vielfach verschüttete) Stärken und Kompetenzen zur selbstbestimmten Lebensgestaltung zu entdecken, zu entwickeln, zu revitalisieren und zu nutzen.

    Empowerment beinhaltet nach THEUNISSEN und KULIG (vgl. 2009: 271ff.) sowohl die Ebene eines Selbstempowerments (self empowerment) als auch die eines unterstützten Empowerments (supported empowerment). Es sind vier zentrale Aspekte des Empowerments enthalten. Das von der Person und ihren individuellen Ressourcen ausgehende Empowerment (power from within), das Reflektieren ungleicher Machtverhältnisse, deren Unterdrückung es zu widerstehen gilt (power over), die Erkenntnis der Bündelung gemeinsamer Kräfte (power with) und die Stärkung durch Professionelle (power to). Hierbei gilt es, ressourcenorientiert unter dem Aspekt der größtmöglichen Autonomie vorzugehen. (Ebd.)

    Des Weiteren findet eine Auseinandersetzung mit ungleichen Machtverhältnissen statt, welche in die Partizipation an politischen Entscheidungsprozessen und der Durchsetzung von rechtlicher Gleichstellung und sozialer Gerechtigkeit münden soll. Durch Interessensvertretungen werden Angelegenheiten mittels eigener Kompetenzen selbst in die Hand genommen. Hierbei ist das Expert_innenwissen der jeweiligen Personen in eigener Sache eine wichtige Grundlage für selbstbestimmte Lern und Handlungsprozesse. Es kann eine Unterstützung im professionellen Kontext erfolgen, sodass Menschen in marginalisierten Lebenslagen dazu angeregt und befähigt werden, Ressourcen (wieder) nutzen zu können, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. (Vgl. Theunissen/ Kulig: 2009: 270f.)

    Der Empowerment-Gedanke beinhaltet ein positives Menschenbild, welches auf die Stärken der jeweiligen Person abzielt und kein defizitäres Verständnis von Behinderung innehat. Mit der Abkehr vom Defizitblickwinkel auf Behinderung geht sowohl das soziale, als auch das kulturelle Modell von Behinderung einher.[5]

    Auch die Vertragsstaaten der UN-BRK erkennen die Mehrfachdiskriminierung aufgrund der Merkmale Frau und Behinderung an (Art. 6) und verpflichten sich dazu, Empowerment behinderter Menschen zu fördern. Dabei spielt die aktive Einlösung der in der UN-BRK festgeschriebenen Rechte ebenso eine Rolle wie Maßnahmen, die das Selbstbewusstsein und vertrauen von behinderten Frauen stärken (vgl. Schröttle/ Hornberg 2014: 60).

    Die Schulung zu Frauenbeauftragten in Einrichtungen der Behindertenhilfe, welche von Weibernetz e.V. (Weibernetz) durchgeführt wurde[6], ist ein Beispiel der Etablierung von Empowerment-Strukturen in Deutschland.

    Insbesondere in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) und Wohneinrichtungen sind Partizipationsstrukturen im Sinne der von THEUNISSEN und KULIG (vgl. 2009: 270ff.) formulierten Zugänge von Empowerment auf politischer Ebene verankert. Während in Wohneinrichtungen das Thema der Mitwirkung im Sinne von Mitsprache durch einen Bewohner_innenbeirat seit 2006 der Gesetzgebung der einzelnen Länder obliegt, ist die im Jahre 2001 in Kraft getretene Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) auf Bundesebene verankert[7] (vgl. Schlummer 2015: 319f.).

    SCHLUMMER (vgl. 2015: 321f.) unterscheidet innerhalb von Partizipation zwischen Mitwirkung und Mitbestimmung. Dies macht er am Beispiel der Werkstatträte deutlich. Unter Mitbestimmung versteht er, wenn interne werkstattpolitische Änderungen die Zustimmung der Werkstatträte erfordern würde, wogegen Mitwirkung jedoch einen beratenden und von Mitsprache geprägten Charakter hat. Bei der Mitwirkung ist die Zustimmung der Werkstatträte nicht erforderlich. (Vgl. ebd.) Der Autor verweist darauf, dass die Werkstatträte ihrerseits über „die erforderlichen Fähigkeiten, bzw. Kompetenzen […] im Spektrum von Sachkompetenz, Selbst oder Individualkompetenz, Sozialkompetenz und Methodenkompetenz“ (ebd.: 325f.) verfügen sollten. Bei einem Verständnis im Sinne der Mitwirkung in Einrichtungen sind verschiedene Zugänge zu Empowerment gegeben, sowohl auf individueller Ebene der behinderten Menschen als auch auf politischer Ebene im Hinblick auf die Vertretung eigener Angelegenheiten. Weitergehend kann Empowerment durch Gruppenzusammenschlüsse anhand eines Bewohner_innenbeirates bzw. Werkstattrates durch die Bündelung von Wissen, auch durch die Unterstützung durch außenstehende Vertrauenspersonen gefördert werden. Diese erfolgreiche Partizipation bezeichnet SCHLUMMER (vgl. 2015: 324) als Prozess, welcher einer gemeinsamen Lern und Entwicklungszeit aller Beteiligten obliegt.



    [5] Siehe Kapitel 2 Behinderungsbegriff.

    [6] Siehe Kapitel 7 Das Projekt Frauenbeauftragte in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Wohneinrichtungen.

    [7] Siehe Kapitel 8 Novellierung der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung.

    6. Peer-Aspekte

    Begriffe wie Peer-Beratung, Peer-Support und Peer-Education werden in der Fachliteratur in unterschiedlichen Schreibweisen verwendet und unterschiedlich definiert, sodass sie nicht trennscharf voneinander abgrenzbar sind (vgl. Strauß 2012: 88). Im Folgenden werden diese Begriffe daher für die vorliegende Arbeit geklärt.

    Peer kann mit „Gleichgestellter“ und „Ebenbürtiger“ (Hermes: 2006: 74) übersetzt werden. In einer Peer-Group haben alle ein „ähnliches Alter, ähnliche[n] Rang oder eine vergleichbare Lebenssituation mit ähnlichen Bedürfnissen und Interessen“ (Strauß 2012: 89).

    Die Begriffe Peer-Involvement und Peer-Support lassen sich als übergeordnet identifizieren. Ein Sammelbegriff für gegenseitige Unterstützung ist Peer-Support (vgl. Hermes 2006: 74). Hierbei handelt es sich um „eine hauptsächlich aus sich selbst heraus entstandene Form der Unterstützung und Einflussnahme innerhalb von Subgruppen“ (Strauß 2012: 95). Das Ziel besteht darin, „die eigenen Ressourcen und die Ressourcen des sozialen Netzwerks zu aktivieren und zu nutzen, um in eigener Regie zur Verminderung von Risiken und Belastungen beizutragen“ (Strauß 2012: 136). Da die Nutzung von eigenen Ressourcen zur Selbsthilfe und die Kompetenz der Betroffenen im Vordergrund stehen, ist die Idee des Peers-Supportes eng mit dem Empowerment-Gedanken verknüpft (vgl. ebd.). Peer-Involvement steht für die allgemeine Einbeziehung Gleichgestellter, bspw. innerhalb von Projekten, „mit dem Ziel einer Wissensvermehrung, Einstellungs- und Verhaltensänderung“ (ebd.: 95). Projekte nach dem Konzept von Peer-Involvement sind im Sinne von Empowerment ressourcen- und stärkenorientiert und befähigten die Teilnehmer_innen zu mehr Selbstbestimmung (vgl. ebd.: 135).

    Im Rahmen von Peer-Education arbeitet meistens ein_e Multiplikator_in mit einer Gruppe von Adressat_innen (vgl. Backes/ Schönbach 2001: 7). Während die Idee in einem gemeinsamen Austausch und Lernprozess besteht, verfügt in der Praxis der_die Peer-Educator_in meist über mehr Wissen (vgl. Strauß 2012: 89f.). Unter Peer-Education ist mehr als eine reine Wissensvermittlung und Informationsweitergabe zu verstehen. Vielmehr wird eine „Einstellungs- und Verhaltensänderungen, sowie eine allgemeine Verbesserung des Problembewusstseins und der Kommunikationsfähigkeit“ (ebd.: 90) sowohl auf der Seite der Adressat_innen, als auch auf der des_der Educator_in angestrebt (vgl. ebd.).

    Differenzierter als die weit gefasste Bezeichnung Peer-Support ist Peer-Counseling, auch Peer-Beratung genannt, „eine klar strukturierte Methode“ (Hermes 2006: 74). Dieses Konzept fand erstmals 1939 im Rahmen der Etablierung von Anonymen Alkoholikern Beachtung. Als Empowerment-Instrument für behinderte Menschen entwickelte sich Peer-Counseling ab Beginn der 1960erJahre in der US-amerikanischen Independent-Living-Bewegung, auch Selbstbestimmt-Leben-Bewegung. (Vgl. Hermes: 2006: 74)

    Das Ziel dieser Bewegung bestand in der Erreichung der vollen gesellschaftlichen Teilhabe aller behinderter Menschen und brachte einen Paradigmenwechsel[8] mit sich. Es fand eine Abkehr von einem defizitorientierten Blick auf Behinderung hin zu der Identifizierung und Bekämpfung von diskriminierenden und ausgrenzenden gesellschaftlichen Bedingungen statt. (Vgl. ebd.: 74f.) Ab den 1960erJahren bildeten sich, zunächst in den USA, Netzwerke behinderter Menschen, die sich gegenseitig unterstützten (Peer-Support) und beachtliche Erfolge verzeichneten. Zu nennen ist beispielhaft die Verabschiedung mehrerer Gesetze in den USA, u.a. dem „Americans with Disabilities Act“ (ADA) im Jahre 1989. Im Rahmen dieser Bewegung wurden Konzepte zum selbstbestimmten Leben behinderter Menschen in den Gemeinden entwickelt. Auch zahlreiche Dienstleistungsangebote von und für behinderte Menschen etablierten sich. Diese wurden insbesondere in den Center for independent Living (CIL) angeboten. In den 1980erJahren existierten bereits über 300 solcher CIL in den USA, in denen Peer-Counseling ein Angebot darstellte. (Vgl. ebd.: 75)

    Die Idee der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung und die Methode des Peer-Counseling verbreiteten sich ab Mitte der 1970erJahre auch in Deutschland. Mitte der 1980erJahre eröffneten erste CILCenter for independent Living in Bremen und Hamburg. Seit dieser Zeit „gewinnt der Ansatz des Peer-Counseling in der emanzipatorischen Behindertenarbeit kontinuierlich an Bedeutung“ (ebd.: 75). Heute arbeiten in Deutschland ca. 25 CIL mit diesem Beratungsansatz, sie sind unter dem Dachverband der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben Deutschland e.V. (ISL). Peer-Counseling wird jedoch nicht ausschließlich von ISL-Beratungsstellen genutzt. (Vgl. ebd.: 76) Insbesondere unter Menschen mit Körperbehinderung wird dieses Konzept angewendet, bei Menschen mit psychischen Problemen oder Lernschwierigkeiten eher selten. Dies könne u.a. damit zusammenhängen, dass Peer-Counseling „vor allem auf der sprachlichen Kommunikationsebene seine Anwendung findet“ (Strahl 2012: 22). HERMES (2006: 83) beschreibt die Verbreitung und Bedeutung von Peer-Counseling:

    Der Ansatz des Peer-Counseling findet immer breitere Anwendung und wird sowohl von Nutzern wie auch von Beratern als äußerst effektvolle Methode zum Empowerment behinderter Menschen erlebt. Peer Counseling unterstützt einen gesellschaftlichen Paradigmenwechsel vom bevormundeten, unmündigen Behinderten hin zum mündigen, selbstbestimmten Bürger und nimmt demzufolge eine wichtige Rolle in der modernen Umgestaltung unserer Gesellschaft ein.

    In Abgrenzung zu Peer-Education agiert der_die Peer-Berater_in meist im Einzelkontakt (vgl. Backes/ Schönbach 2001: 7). In der Literatur wird Peer-Beratung im Zusammenhang mit den Regeln der klientenzentrierten Gesprächsführung nach C. Rogers genannt. Die Merkmale eigene Betroffenheit, Parteilichkeit, Ganzheitlichkeit und Emanzipation kennzeichnen Peer-Counseling. (Vgl. Hermes 2006: 77)

    Die Nutzer_innen bzw. Adressat_innen einer Peer-Beratung erhalten idealerweise qualifizierte Hilfestellung bzw. Aufklärung im Rahmen eines niedrigschwelligen Angebotes (vgl. Strauß 2012: 117). Die Bedeutung der Tätigkeit für die Peer-Berater_innen selbst ist dabei nicht zu vernachlässigen:

    Obwohl die Gruppe der Adressaten als eigentliche Zielgruppe der entwickelten Interventionen im Mittelpunkt steht, ist es in der Regel so, dass vor allem die Peers von der Teilnahme an Peer Involvment-Projekten in besonderem Maße profitieren und häufig besonders im Fokus von Evaluationen stehen. Durch die enge Begleitung und Vorbereitung auf die Interventionen mit den Adressaten, die meist eine unerhebliche Zeitspanne umfasst, und die grundlegende Auseinandersetzung mit dem Thema, eigenen Verhaltensweisen und Einstellungen, findet in dieser Gruppe eine besonders intensive Auseinandersetzung und Entwicklung statt. Dies gilt speziell für die Peers, die tatsächlich über alle Projektphasen dabei bleiben. (Strauß 2012: 115)

    HERMES (2006: 74) beschreibt Peer-Counseling als „eines der wichtigsten Empowermentinstrumente der Selbsthilfe, um behinderte Menschen auf ihrem Weg zu mehr Selbstbewusstsein, Selbstvertretung und Selbstbestimmung zu begleiten“.



    [8] Siehe Kapitel 2 Behinderungsbegriff.

    7. Das Projekt Frauenbeauftragte in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Wohneinrichtungen

    Das Pilotprojekt „Frauenbeauftragte in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Wohneinrichtungen“ (Frauenbeauftragte in Einrichtungen) wurde zwischen 2008 und 2011[9] von der politischen Interessenvertretung behinderter Frauen Weibernetz e.V. (Weibernetz) in Kooperation mit Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e.V. (Mensch zuerst) umgesetzt (vgl. Weibernetz 2011: 21). Während dieses Zeitraums nahmen 16 Frauen mit Lernschwierigkeiten aus Werkstätten und Wohneinrichtungen an der Schulung zur Frauenbeauftragten teil, wovon zwei Frauen die Schulung abbrachen. Die Frauen kamen aus 16 Einrichtungen für behinderte Menschen aus acht Bundesländern[10]. Jede Frauenbeauftragte hatte eine Unterstützerin, die ebenfalls an ausgewählten Schulungsterminen teilnahm. (Vgl. ebd.: 19)

    Weibernetz entwickelte ein umfassendes Curriculum, um Frauen mit Lernschwierigkeiten zu Frauenbeauftragten auszubilden. Der Verein empfiehlt allen Einrichtungen, in denen behinderte Frauen leben oder arbeiten, Frauenbeauftragte einzusetzen. Im Rahmen des Projektes wurde der Fokus jedoch auf Frauen mit Lernschwierigkeiten gelegt. (Vgl. ebd.: 7f.) Das Curriculum beinhaltet eine Schulung sowie Arbeitsmaterialien in Leichter Sprache (LS)[11]. Die Schulung wird von einem Tandem bestehend aus einer Frau mit und einer Frau ohne Behinderung durchgeführt. So entsteht ein Peer-Education-Kontext unter Berücksichtigung einer barrierearmen Kommunikation. Die behinderten Trainerinnen zeigen, dass Frauen mit Lernschwierigkeiten genauso wie andere Frauen auch dozieren und beraten können. Sie sind somit Rollenvorbilder für die Teilnehmerinnen der Schulung. Diese sollen später als Vertrauenspersonen und Multiplikatorinnen in ihren Einrichtungen fungieren. (Vgl. ebd.: 13) Die Frauen mit Lernschwierigkeiten werden im Rahmen der Schulung gestärkt und erlangen Wissen, um in ihren Einrichtungen als Peer-Beraterinnen [12] tätig zu werden und andere Frauen stärken zu können. Um die Frauen zu stärken, waren Übungseinheiten mit WenDo[13]-Trainerinnen Bestandteil der Schulung. Bei WenDo spielt Selbstbehauptung von Mädchen und Frauen eine zentrale Rolle. Techniken aus verschiedenen Kampfsportarten mit dem Ziel, sich selbstsicherer gegen Belästigungen, Bedrohungen und andere Arten von Gewalt verteidigen zu können, stehen hier im Vordergrund. Anfang der 1970er Jahre wurde WenDo im feministischen Kontext als Präventionsmaßnahme gegen Gewalt entwickelt. (Vgl. Wendo Berlin o.J.: o.S.)

    7.1 Exkurs: Begriffe Frauen und Gleichstellungsbeauftragte

    Die Bezeichnungen Frauenbeauftragte, Frauenvertreterin und Gleichstellungsbeauftragte werden in den Gleichstellungsgesetzen des Bundes und der Länder verwendet. Sie gehen nicht notwendigerweise mit einer unterschiedlichen Zuständigkeit oder einem unterschiedlichen Aufgabenkreis einher. Die Bezeichnung Frauenbeauftragte wird in Gesetzestexten jedoch zunehmend durch die Bezeichnung Gleichstellungsbeauftragte ausgetauscht, ohne dass damit zwangsweise auch eine Veränderung des Aufgabenkreises verbunden ist. (Vgl. Sellach/ BieritzHarder/ Haag/ Spangenberg 2006: 169ff.) Frauen oder Gleichstellungsbeauftragte sind auch heute noch notwendig, um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern. Um eine solche Gleichstellung zu erreichen, bedarf es gezielter Maßnahmen und Vorkehrungen innerhalb der Institutionen der Behindertenhilfe. (Vgl. Weibernetz 2011: 9) Die Verwendung der Begrifflichkeit Gleichstellungsbeauftragte anstatt von Frauenbeauftragte wird zum einen mit der „fehlende[n] Akzeptanz von frauenspezifischen Institutionen“ (Sellach et al. 2006: 169) und darüber hinaus mit Vereinbarkeitsproblemen von Familie und Beruf, die sowohl Frauen als auch Männer tangieren, erklärt. Resümierend lässt sich feststellen, dass Gleichstellungspolitik insgesamt „zunehmend weniger als Frauenförderung definiert, denn als Gleichstellung von Frauen und Männern verstanden“ (ebd.: 169) wird.

    Die Bundesregierung schreibt in ihrem zweiten Bericht an den Deutschen Bundestag über die Gleichstellungsstellen in Bund, Ländern und Kommunen:

    Mit der Verwendung der Begriffe Frauenbeauftragte/ Frauenbüro oder Gleichstellungsbeauftragte/ Gleichstellungsstelle ist oftmals eine bestimmte Anschauung oder Wertung verbunden. Die Begriffe Frauenbeauftragte oder Frauenbüro werden häufig bewußt gewählt, um deutlich zu machen, daß das Gleichstellungsdefizit praktisch ausschließlich zu Lasten der Frauen geht. (BT 1993: 4)

    Zumeist hat eine Frau das Amt einer Gleichstellungsbeauftragten inne. Diese Praxis ist jedoch umstritten. Eine besondere Begründungspflicht in Anlehnung an die Tätigkeit der Frauen oder Gleichstellungsbeauftragten sei erforderlich. Bestimmte Konzepte, bspw. die Tätigkeit in einem Frauenhaus, erlaubt eine Differenzierung nach Geschlecht. Andernfalls sei die Besetzung der Position durch einen männlichen Bewerber rechtens. (Vgl. Sellach et al. 2006: 169ff.) Dass Frauen häufiger sexuellen Belästigungen ausgesetzt sind, diene meist als Begründung für die Besetzung durch eine Frau: „Das Amt setzt bei den weiblichen Beschäftigten ein ausreichendes Maß an Akzeptanz und Vertrauen voraus, das vor allem bei sexuellen Belästigungen vom anderen Geschlecht nicht gewährleistet werden kann“ (ebd.: 171).

    7.2 Weibernetz e.V.

    Der Verein Weibernetz ist ein bundesweites Netzwerk von FrauenLesben[14] und Mädchen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen sowie Landesnetzwerken und Koordinierungsstellen behinderter Frauen. Gegründet wurde der Verein 1998 mit dem Ziel, die Lebenssituation von behinderten oder chronisch erkrankten Mädchen und Frauen[15] zu verbessern. Die Lobbyarbeit des Vereins ist frauenparteilich, behinderungsübergreifend, politisch und konfessionell unabhängig. Behinderte Frauen fungieren in diesem Rahmen als Expert_innen in eigener Sache im Sinne der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung. Diese zeigt sich auch in der Organisationsstruktur des Vereins, der ehrenamtlich arbeitende Vorstand besteht aus fünf behinderten Frauen, die gleichberechtigt arbeiten. Weibernetz veranstaltet Tagungen und Weiterbildungen für behinderte Frauen, damit sich diese informieren, austauschen, vernetzen und gegenseitig stärken können. „Frauenbeauftragte in Wohnheimen und Werkstätten für behinderte Menschen“ lautet einer ihrer Schulungstitel. Gehörlosen und schwerhörigen Frauen wird die Teilnahme an Veranstaltungen von Weibernetz durch Gebärdensprachdolmetscherinnen bzw. technische Hilfsmittel ermöglicht. (Vgl. Weibernetz 2016a: o.S.)

    Der Verein hat seinen Sitz und Büro in Kassel, ist aber bundesweit in Gremien und auf Veranstaltungen vertreten. Zu Vorhaben und Gesetzesentwürfen der bundesweiten Frauen und Behindertenpolitik schreibt Weibernetz Stellungnahmen. (Vgl. Weibernetz 2016a: o.S.) Weibernetz setzt sich gemeinsam mit den Mitgliedern des Bundestages und Mitarbeiter_innen der Bundesministerien für mehr Bewusstsein über die Situation behinderter Frauen und Mädchen ein und unterstützt die Gründung neuer Interessensvertretungen bzw. neuer Netzwerke behinderter Frauen auf Landesebene.

    In der Zeitung Weiber-ZEIT informiert der Verein u.a. über aktuelle politische Entwicklungen. Diese Zeitung beinhaltet Information in schwerer Sprache und in LS[16]. Darüber hinaus publiziert der Verein im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit Broschüren zu unterschiedlichen Themen, Pressemitteilungen und Berichterstattungen. (Vgl. Weibernetz 2016a: o.S.)

    Zu stimmberechtigten Mitgliedern können nur behinderte Mädchen und Frauen werden sowie Frauen mit chronischen Erkrankungen oder Psychiatrie-Erfahrung. Neben Privatpersonen können auch Organisationen und Netzwerke für Frauen mit oder ohne Behinderung Mitglied bei Weibernetz werden. (Vgl. Weibernetz e.V. 2016a: o.S.)

    7.3 Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e. V.

    Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e.V. (Mensch zuerst) ist ein Verein von und für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Die Mitglieder des Vereins wollen nicht „geistig behindert“ genannt werden und benutzen stattdessen den Begriff „Menschen mit Lernschwierigkeiten“. Die People First Bewegung hat ihren Ursprung in Amerika, dort hat bereits 1974 eine Gruppe von Menschen mit Lernschwierigkeiten in Oregon eine Tagung organisiert. Der folgende Ausspruch einer Frau wurde zum Credo der Bewegung: „‘Ich habe es satt, geistig behindert genannt zu werden. Wir sind zuerst einmal Menschen, eben People First‘“ (Mensch zuerst 2016a: o.S.).

    Seitdem haben sich weltweit People First Gruppen, Netzwerke und Vereine gegründet[17]. Die Bewegung erreichte in den 90er Jahren Deutschland und 1997 wurde das Projekt „Wir vertreten uns selbst!“ initiiert, um Menschen mit Lernschwierigkeiten zu vernetzen und zu stärken. Der Verein Mensch zuerst wurde 2001 in Kassel gegründet[18] und macht sich seitdem u.a. für die Verwendung von LS stark. Mensch zuerst wirbt für LS „damit Menschen mit Lern-Schwierigkeiten mitreden können“ und „damit Menschen mit Lern-Schwierigkeiten alles verstehen können“ (Mensch zuerst 2016a: o.S.). Der Verein sieht seinen Zweck darin, „dafür einzutreten, die Möglichkeiten zur Selbstvertretung und Selbstbestimmung von Menschen mit Lernschwierigkeiten und/ oder Mehrfachbehinderung zu verbessern und deren Gleichberechtigung zu fördern“ (Mensch zuerst 2010: o.S.). Mensch zuerst ist parteipolitisch und konfessionell unabhängig. Stimmberechtigte Mitglieder können ausschließlich natürliche Personen mit Lernschwierigkeiten und/ oder Mehrfachbehinderung werden. Darüber besteht die Möglichkeit der Fördermöglichkeit für nichtbehinderte natürliche Personen sowie für nicht rechtsfähige Gruppen und juristische Personen. (Vgl. Mensch zuerst 2010: o.S.) Bereits 2003 setzte sich die behindertenpolitische Aktivistin PETRA GROSS von Mensch zuerst für die Etablierung von Peer-Beraterinnen in Einrichtungen ein: „Es ist wichtig für Frauen, dass sie gefragt werden, was sie wollen. Dafür brauchen sie eine Ansprechpartnerin. Darum muss es in Wohnheimen und Werkstätten für behinderte Menschen Frauenbeauftragte geben. Das sollen Frauen mit Lernschwierigkeiten sein“ (zit. n. Weibernetz 2011: 7).

    7.4 Schulungsinhalte und -materialien

    Die an der Schulung teilnehmenden Frauen wurden selbst gestärkt, um im Rahmen ihrer anschließenden Tätigkeit als Frauenbeauftragte andere Frauen in ihren Einrichtungen stärken zu können. Darüber hinaus wurde notwendiges Wissen zu den Themenkomplexen Gewalt, Benachteiligung, Rechte und Gesetze sowie Vernetzung und Kooperation vermittelt. Aktives Zuhören wurde ebenso geübt wie Beratung im Rahmen von speziell konzipierten Rollenspielen. Im Beratungskontext wurde auch die Wichtigkeit von Vertraulichkeit und Schweigepflicht thematisiert. Das Schulungskonzept entwickelte Weibernetz gemeinsam mit Frauen mit Lernschwierigkeiten. Alle Teilnehmerinnen erhielten einen Ordner mit Schulungsmaterialien in LS [19]. (Vgl. Weibernetz 2011: 13)

    Durch diesen Ordner[20] begleiten Lotte, Elke, Susanne und Lisa – vier fiktive Frauen, die in Einrichtungen leben und arbeiten. Sie erklären, warum es wichtig ist, dass es in jeder Einrichtung eine Frauenbeauftragte gibt und welche Rechte und Pflichten mit der Tätigkeit einer Frauenbeauftragten verbunden sind. Da das Wort Auftrag in Frauenbeauftragte steckt, besteht die Aufgabe darin, jedes Beratungsgespräch dahingehend zu hinterfragen, welchen Auftrag die ratsuchende Person erteilt. Von Weibernetz erhielten die Frauenbeauftragten den Auftrag, darauf zu achten, dass Frauen die gleichen Rechte haben wie Männer. Weiterhin sind sie beauftragt, darauf zu achten, dass es den Frauen gut geht.

    7.4.1 Voraussetzungen für die Tätigkeit von Frauenbeauftragten in Einrichtungen

    Weibernetz (2011: 15f.) benennt eine Reihe von notwendigen Bedingungen für eine gelingende Tätigkeit der Frauenbeauftragten in der jeweiligen Einrichtung:

    • Aufgeschlossene Atmosphäre in der Einrichtung für die Arbeit einer Frauenbeauftragten.

    • Qualitativ gute Schulung der Frauenbeauftragten durch frauenparteiliche Schulungs-Referentinnen, die ein Selbstverständnis mitbringen, das im Einklang steht mit den Zielen der Behindertenrechtskonvention: Selbstbestimmung, Inklusion und Teilhabe. Die Schulungen müssen von Referentinnen mit Lernschwierigkeiten mit konzipiert und durchgeführt werden.

    • Begleitung der Arbeit der Frauenbeauftragten durch interne oder externe Unterstützerinnen.

    • Freistellung der Frauenbeauftragten und ihrer Unterstützerin (mindestens 6 Stunden/ Woche bei gleichem Lohn).

    • Eigener Raum für die Frauenbeauftragten für ungestörte Beratungsgespräche, Treffen mit der Unterstützerin, Treffpunkt für Frauen in der Einrichtung.

    • Durchführen regelmäßiger Sprechzeiten in kurzen Abständen (z.B. wöchentlich).

    • Büroausstattung mit Computer, Internetanschluss, E-Mail-Account, Telefon, Anrufbeantworter etc., um Erreichbarkeit, Recherchearbeiten und Kontakte zu Beratungsstellen etc. nach außen zu gewährleisten

    • Möglichkeit der Bewerbung der Arbeit der Frauenbeauftragten z.B. in Einrichtungsversammlungen, in Arbeits- oder Wohngruppen oder in Frauenversammlungen.

    • Budget (nach Möglichkeit fest verankert im Finanzplan) für Öffentlichkeitsarbeit in der Einrichtung, Durchführung kleiner Veranstaltungen (Frauencafé, Selbstbehauptungskurs etc.), Einladung von Referentinnen.

    • Verankerung im Leitbild der Einrichtung (wünschenswert).

    • Vernetzung innerhalb der Einrichtung mit dem Werkstatt oder dem Heimbeirat (Teilnahme an Sitzungen) sowie Austausch mit Angestellten (insbesondere vom Sozialen Dienst) und der Leitung der Einrichtung.

    • Vernetzung außerhalb der Einrichtung mit Frauenberatungsstellen, Frauennotrufen und Frauenhäusern, psychologischen und rechtlichen Beratungsstellen und Beratungsstellen für Menschen mit Behinderungen. Hilfreich sind auch enge Kontakte zu lokalen Frauen oder Schwerbehindertenbeauftragten. Diese Vernetzung ist wichtig, weil die Frauenbeauftragte nicht alle Probleme allein lösen kann und externe Beratungskompetenz genutzt werden sollte, wenn interne Strukturen an ihre Grenzen kommen oder ratsuchende Frauen den Wunsch haben, sich zusätzlich von außen beraten zu lassen.

    Weibernetz betont, dass die Frauenbeauftragte unbedingt Rückhalt und Akzeptanz durch die Leitung und Mitarbeitenden der jeweiligen Einrichtung benötigt. Um ihrem Auftrag nachkommen zu können und aktiv dabei mitzuhelfen, Frauen vor Benachteiligung und Gewalt zu schützen, sollte die Frauenbeauftragte bei Konflikten hinzugeholt werden. Sozialprofessionelle sollten ratsuchende Frauen auf das Angebot der Frauenbeauftragten hinweisen. Weiterhin ist es unabdingbar, dass Ratsuchende ein Gespräch mit der Frauenbeauftragten während der Arbeitszeit wahrnehmen können. Dies beinhaltet die Möglichkeit, sich diskret bei der jeweiligen Gruppenleitung abmelden zu können sowie die Akzeptanz und Achtung der Schweigepflicht der Frauenbeauftragten durch die Sozialprofessionellen. Weibernetz sieht an dieser Stelle in besonderer Weise die Einrichtungsleitungen in der Pflicht, die Notwendigkeit einer Frauenbeauftragten und deren Rechte und Pflichten klar zu kommunizieren und zu fördern. (Vgl. Weibernetz 2011: 16f.)

    7.4.2 Leichte Sprache

    SIGOT (vgl. 2012: 157f.) spricht sich dafür aus, etablierte sprachliche Codes in Forschungsprozessen aufzubrechen, mit dem Ziel Partizipation zu fördern, um Menschen mit Lernschwierigkeiten als Expert_innen in eigener Sache mit einzubeziehen.

    Eine Voraussetzung selbstbestimmten Handelns ist die Befähigung. Als richtungsweisend gilt hierbei der Empowerment-Ansatz, welcher auf die Stärkung und den Ausbau vorhandener Potentiale von Menschen abzielt (vgl. Theunissen/ Kulig 2009: 270). LS kann als Empowerment-Instrument für bestimmte Zielgruppen fungieren, da durch das Einhalten bestimmter Regeln (vgl. BMAS 2014: 20ff.) sowohl Kommunikation als auch Wissensvermittlung vereinfacht werden kann.

    Das Verständnis von Kommunikation umfasst laut der UN-BRK Art. 2:

    Sprachen, Textdarstellung, Brailleschrift, taktile Kommunikation, Großdruck, leicht zugängliches Multimedia sowie schriftliche, auditive, in einfache Sprache übersetzte, durch Vorleser zugänglich gemachte sowie ergänzende und alternative Formen, Mittel und Formate der Kommunikation, einschließlich leicht zugänglicher Informations- und Kommunikationstechnologie.

    Dieses Verständnis liegt auch dem Konzept der LS zugrunde. Es strebt danach, Menschen Kommunikation verständlich zugänglich zu machen, um ein hohes Maß an Selbstbestimmung zu ermöglichen. Sprache nimmt eine entscheidende Rolle bei Inklusions- und Exklusionsprozessen ein und begünstigt die Teilhabechancen einer Vielzahl von Menschen in unterschiedlichen Lebensbereichen.

    Mensch zuerst setzte sich erstmals in den 1970er Jahren für eine vereinfachte Kommunikation für Menschen mit Lernschwierigkeiten ein. Seit den 1990er Jahren wurden erste Konzepte für LS in Deutschland entwickelt, sodass 1999 als erstmals ein Wörterbuch veröffentlicht wurde (vgl. Mensch zuerst 2016c: o.S.). Es wurde u.a. von Menschen mit Lernschwierigkeiten entwickelt. STRÖBEL von Mensch zuerst erklärt, warum LS wichtig ist:

    Und das ist mir auch noch wichtig: Das ist bei Leichter Sprache so: Manche Wörter muss man erklären. Da muss man ganz viel ringsherum sagen. Was das Wort bedeutet. Schwere Sprache kann man manchmal nicht so 1 zu 1 sagen. (Mensch zuerst 2008: 0)

    Parallel zu dem Wörterbuch wurde vom Netzwerk Leichte Sprache[21] ein umfassendes Regelwerk erstellt, welches die Grundlage für einen einheitlichen Sprachgebrauch schaffen soll. Das Netzwerk Leichte Sprache wurde 2006 von Mensch zuerst gegründet. Es setzten sich unterschiedliche Interessensvertreter_innen für die Weiterentwicklung und Etablierung LS ein. (Vgl. ebd.: 247)

    LS kann sowohl in der mündlichen als auch in der schriftlichen Kommunikation angewendet werden und soll Menschen mit Lernschwierigkeiten sowohl die Kommunikation als auch den Zugang zu Informationen vereinfachen. Wer Informationen gut verstehen kann, ist in der Lage, sich selbstständig eine Meinung zu bilden (vgl. BMAS 2014: 3), Entscheidungen bewusst zu treffen und auf dieser Grundlage zu handeln. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden häufig Fremd und Fachwörter genutzt, ebenso führen komplexe Satzstrukturen zu Verständnisproblemen (Mensch zuerst 2008: 221).

    Es profitieren Menschen mit Lernschwierigkeiten ebenso andere Zielgruppen von LS. Analphabet_innen, ältere Menschen und solche, deren Muttersprache nicht die deutsche ist, können durch eine Vereinfachung der Sprache Informationen besser erschließen. (Vgl. BMAS 2014: 16)

    Über 40 feste Regeln wurden von dem Netzwerk für Leichte Sprache entwickelt, welche sowohl die sprachliche als auch die gestalterische Ebene betreffen. Folgende Regeln finden besondere Beachtung:

    • kurze, einfach Sätze

    • Verzicht von Fremdworten, ggf. erklären

    • Wortwiederholungen

    • klare Schriftart

    • Größe der Schrift: mind. 14 Punkt Arial

    • Verzicht auf abstrakte Zahlen

    • es können zusätzlich Piktogramme genutzt werden. (Vgl. ebd.: 21ff.)

    Laut Empfehlung des Netzwerkes für Leichte Sprache werden Dokumente von Menschen mit Lernschwierigkeiten bezüglich deren Verständlichkeit geprüft (vgl. ebd. 72).

    Das Konzept der LS ist jedoch umstritten, da dieses einige „konzeptionelle Schwierigkeiten“ (Erhardt/ Grüber 2011: 67) birgt. Durch die vorherige Festlegung von Regeln für LS wird ein klar definierbares Sprachverständnis gezeichnet. Hierbei wird die Tatsache vernachlässigt, dass auch Menschen mit Lernschwierigkeiten ihr Sprachverständnis ständig weiterentwickeln. Zudem liegt eine Vorannahme darüber zu Grunde, was Menschen mit kognitiver Behinderung verstehen bzw. was sie nicht verstehen. Des Weiteren richtet sich das Sprachkonzept an eine bestimmte Zielgruppe innerhalb der Gruppe von Menschen mit sogenannten geistigen Behinderungen, ohne, dass dies transparent gemacht wird. Demnach ist LS nicht für alle Menschen besser zu verstehen, sondern ggf. lediglich für eine Gruppe von Menschen mit kognitiver Behinderung. LS kann als ein Empowerment-Instrument neben weiteren fungieren, wenn das Sprachkonzept innerhalb des Zweckes sinnvoll angewendet wird und nicht als alleiniger Garant für gelingende Inklusion von behinderten Menschen betrachtet wird. (Vgl. ebd.: 68f.)

    Innerhalb der partizipativen Forschung mit Menschen mit Lernschwierigkeiten plädiert SIGOT (2012: 158) für eine „barrierefreie Gestaltung von Materialien im Forschungsprozess, die Übersetzung von Texten in leichte Sprache, im Idealfall verdeutlicht durch Bildmaterial, also mit Anteilen der unterstützten Kommunikation“, Barrieren abzubauen.

    7.4.3 Rolle der Unterstützerin

    Jede Frauenbeauftragte hat eine so genannte Unterstützerin, die ihr zur Seite steht und ihr z.B. dabei hilft, komplexe Texte zu verstehen oder Gespräche mit der Einrichtungsleitung oder Fachleuten zu führen. Auch kann die Unterstützerin die Frauenbeauftragte ermutigen, das Ziel ihrer Tätigkeit nicht aus den Augen zu verlieren. Wichtig ist, dass die Unterstützerin nicht in ihrer Rolle als Pädagogin agiert. Ihr Auftrag besteht vielmehr darin, wie eine Persönliche Assistenz der Frauenbeauftragten zur Seite zu stehen und diese vor allem in den Bereichen Kommunikation und Arbeitsorganisation zu unterstützen. (Vgl. Weibernetz 2011: 14) Es handelt sich um eine professionelle Unterstützung im Sinne des supported empowerment (vgl. Theunissen/ Kulig 2009: 270).

    Die Frauenbeauftragte sollte ihre Unterstützerin frei wählen können und mit ihr einen Vertrag zur Regelung der Aufgaben abschließen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Unterstützerin eine Mitarbeiterin der eigenen Einrichtung oder extern ist. (Vgl. Weibernetz 2011: 14). In dem Projekt von Weibernetz „haben sich besonders die externen Kräfte als unabhängig und aufgeschlossen gezeigt und bewährt“ (ebd.). Die Teilnahme der Unterstützerinnen an ausgewählten Terminen ist Bestandteil des Schulungskonzeptes und insbesondere für einrichtungsinterne Unterstützerinnen von Bedeutung, da „sie dann den schwierigen Rollenwechsel von der Mitarbeiterin und Betreuerin hin zur Unterstützerin zu bewältigen“ (ebd.) haben. Als notwendige Bedingung für eine gelingende Ausübung der Tätigkeit als Frauenbeauftragte empfiehlt Weibernetz, dass sowohl die Frauenbeauftragte als auch ihre Unterstützerin mindestens sechs Stunden pro Woche von ihrer eigentlichen Arbeit freigestellt werden bzw. externe Unterstützungspersonen entsprechend vergütet werden. (Vgl. ebd.: 15)

    7.5 Projektabschluss

    Einrichtungsleitungen wurden zur Evaluation des Projektes im Rahmen von Interviews befragt und schilderten:

    Für Werkstätten und Wohnheime für Menschen mit Behinderungen sind Frauenbeauftragte mit Lernschwierigkeiten ein großer Gewinn […] Die Themen der Frauen haben nun einen Ort und ihre Fragen und Probleme würden jetzt noch ernster genommen […] Vorfälle von sexualisierter Gewalt seien in einigen Einrichtungen mit Hilfe der Frauenbeauftragten schneller als sonst aufgedeckt und angegangen worden. Die Frauenbeauftragten seien ein wirkungsvolles Mittel, um die Gleichstellung von Männern und Frauen in Einrichtungen zu fördern und die Kommunikation zwischen Angestellten, Beschäftigten, Bewohnerinnen und Bewohnern zu verbessern […]. (Weibernetz 2011: 11f.)

    Ein Anfang ist somit gemacht und das Wirken der Frauenbeauftragten wird positiv bewertet. Die Förderung von Frauenbeauftragten in Einrichtungen bedeutet somit eine aktive Gewaltprävention sowie Gleichstellungsarbeit. Damit das Konzept von Frauenbeauftragten in Einrichtungen Verbreitung erfährt, ist es zum einen wichtig, dass die geschulten Frauenbeauftragten sich untereinander austauschen und unterstützen und zum anderem für Anfragen von interessierten Einrichtungen zur Verfügung stehen. (Vgl. ebd.: 18f.)

    Nach Abschluss des Projektes wurde keine weitere Evaluation bezüglich der Umsetzung und seiner Wirksamkeit innerhalb der Praxis oder Vergleichbares durchgeführt (vgl. Grüne 2015: 1f.).

    7.6 Ausblick

    Im Rahmen eines zweiten Projektes[22] „Frauenbeauftragte in Einrichtungen. Eine Idee macht Schule“ bildet Weibernetz so genannte Trainerinnen-Tandems aus, welche anschließend wiederum in ihren Bundesländern Frauenbeauftragte schulen. Der erste Schulungskurs fand von Juni bis November 2014 statt und zehn Tandems, jeweils aus einer behinderten und einer nichtbehinderten Frau wurden geschult. Zwei der Teilnehmerinnen mit Lernschwierigkeiten hatten bei Weibernetz bereits am Pilotprojekt „Frauenbeauftragte in Wohnheimen und Werkstätten für behinderte Menschen“ teilgenommen, dies war jedoch keine zwingende Voraussetzung. Im zweiten Kurs von Juni bis Dezember 2015, wurden neun Frauen mit Lernschwierigkeiten und elf Frauen ohne Lernschwierigkeiten geschult. (Vgl. Weibernetz 2016b: o.S.)

    Anlässlich der anstehenden Novellierung der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO)[23] veröffentlichte Weibernetz im Januar 2016 den „Appell an die Bundesregierung – Ohne diese 5 in der WMVO geht’s nicht!“, der von zahlreichen Vereinen und Einzelpersonen unterstützt wird. Die Forderungen umfassen, dass an jedem Standort eine Frauenbeauftragte gewählt wird und diese bei Frauenthemen stimmberechtigt ist. Frauenbeauftragte sollten in den Leitlinien und Handlungsrichtlinien der Werkstätten verankert werden. Frauenbeauftragte sollen geschult und unterstützt werden, bei Bedarf auch durch die Finanzierung von Gebärdensprachdolmetscher_innen. (Vgl. Weibernetz 2016c: 1f.)

    Neben Weibernetz beschäftigt sich u.a.[24] auch die Lebenshilfe Berlin mit dem Thema Frauenbeauftragte. Die Mutstelle Berlin, Ombudstelle gegen sexualisierte Gewalt[25], ist ein durch die Aktion Mensch gefördertes Projekt. Seit Oktober 2015 bis voraussichtlich Januar 2017 läuft die Schulung für jeweils acht weibliche und männliche behinderte Menschen[26]. Sie leben und arbeiten in den Einrichtungen der Behindertenhilfe und sollen dort als Peer-Berater_innen fungieren. Basierend auf dem von Weibernetz entwickelten Curriculum wird die Schulung jeweils von Tandems, bestehend aus einer behinderten und einer nichtbehinderten Person, durchgeführt und eng von der Mutstelle begleitet. (Vgl. Mutstelle Berlin 2016: 12f.)



    [9] Es gab zwei Schulungskurse. Der erste fand im Mai 2009 bis März 2010 in Frankfurt am Main und der zweite April 2010 bis Februar 2011 in Mainz statt.

    [10] Bayern, Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen.

    [11] Siehe Kapitel 7.4.2 Leichte Sprache.

    [12] Siehe Kapitel 6 Peer-Aspekte.

    [13] Bei WenDo handelt es sich um eine Rehabilitationsleistung für behinderte Frauen und Mädchen im Sinne des neunten Sozialgesetzbuches. Im Rahmen der „Übungen zur Stärkung des Selbst-bewusstseins“ (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX) kann WenDo demnach verordnet werden.

    [14] Mit diesem Begriff wurde in der frühen autonomen Frauenbewegung der Unsichtbarkeit von Lesben begegnet. Bis in die 1990er war dieser Begriff in radikalen feministischen Zusammenhängen gängig. Durch die Einbindung von Lesben in den allgemeinen Frauenbegriff wird auf die Heteronormativität innerhalb einer patriarchalen Gesellschaft hingewiesen. (Vgl. Melzer 2012: 161)

    [15] Im weiteren Verlauf sprechen wir nur noch von behinderten Frauen und schließen damit Frauen mit chronischen Erkrankungen mit ein.

    [16] Siehe Kapitel 7.4.2 Leichte Sprache.

    [17] Im Grundsatzprogramm von Mensch zuerst sind die Themenfelder Kindergarten und Schule und Bildung, Arbeit und Beruf, Wohnen, Freizeit, Verkehrsmittel und Straßenverkehr, Beziehung, Sex und Kinder sowie Medizin aufgeführt (Mensch zuerst 2016b: o.S.).

    [18] Der ehrenamtlich tätige Vorstand von Mensch zuerst besteht aus fünf gleichberechtigten Mit-gliedern, wobei sich nur behinderte Mitglieder zur Wahl stellen dürfen (vgl. Mensch zuerst 2016a: o.S.).

    [19] Siehe Kapitel 7.4.2 Leichte Sprache.

    [20] Der Schulungsordner ist bislang unveröffentlicht, eine Veröffentlichung durch Weibernetz ist noch für 2016 geplant

    [21] Das Netzwerk Leichte Sprache wurde 2006 von Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutsch-land e.V. gegründet (vgl. Netzwerk Leichte Sprache 2008: 247).

    [22] Der Förderzeitraum beträgt drei Jahre, von Oktober 2013 bis September 2016.

    [23] Siehe Kapitel 8 Novellierung der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung.

    [24] Vereinzelt gibt es Projekte in Bundesländern oder Städten. Neben der Mutstelle Berlin ist das Projekt „Frauenbeauftragte in Einrichtungen der Behinderten-Hilfe in Bayern“ zu nennen. Es handelt sich um ein Projekt der LAG SELBSTHILFE Bayern e.V. in Kooperation mit den Netzwerkfrauen Bayern. (Vgl. Netzwerkfrauen Bayern o.J.: o.S.)

    [25] Trägerübergreifend werden telefonisch und/ oder im persönlichen Gespräch, bei Bedarf auch aufsuchend von Gewalt betroffene Frauen und Männer sowie deren Angehörige und Fachpersonen beraten. Die Beschwerde- und Beratungsstelle arbeitet vertraulich, kostenfrei, zeitnah, unbürokratisch, auf Wunsch anonym und parteilich im Sinne des Opferschutzes. Menschen mit Lernschwierigkeiten direkt zu erreichen, ist hierbei ein zentrales Anliegen der Mutstelle. Bislang nahmen Ratsuchende über pädagogische Bezugspersonen Kontakt zu Beratungsstellen auf. (Vgl. Lebenshilfe 2016: o.S.)

    [26] Siehe Kapitel 3 Gewalt.

    8. Novellierung der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung

    Die im Jahre 2001 in Kraft getretene Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) regelt als Teil des neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX) die Beteiligung von Werkstatträten als Vertretung der behinderten Beschäftigten (vgl. Schlummer 2015: 319f.). In den vergangenen Jahren forderten Interessensvertretungen und Politiker_innen die Novellierung der WMVO und in diesem Rahmen die Implementierung von Frauenbeauftragten in Einrichtungen der Behindertenhilfen im Sinne von Peer-Beraterinnen (vgl. BAG kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen 2014: 1f.; vgl. Nahles 2015: 12; vgl. Bentele 2015: 13). Die WMVO fließt in das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG) ein, welches am 28. Juni 2016 vom Bundeskabinett beschlossen wurde und somit das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren eröffnete (vgl. BMAS 2016b: o.S.). Der Vorstand der Werkstatträte Deutschland fordert ein Inkrafttreten des novellierten Gesetzes zum 1. Januar 2017, da dieses die gesetzliche Grundlage für die nächsten Werkstattratwahlen im Herbst 2017 bilde. „Eine Verschiebung des Inkrafttretens der WMVO käme für Werkstattbeschäftigte einer Katastrophe gleich“ (BAG WfbM 2016: 2).

    Im Kabinettbeschluss zum BTHG werden die Aufgaben und Rechte von Frauenbeauftragten wie folgt geregelt (BMAS 2016a: 183):

    § 39a Aufgaben und Rechtsstellung

    (1) Die Frauenbeauftragte vertritt die Interessen der in der Werkstatt beschäftigten behinderten Frauen gegenüber der Werkstattleitung, insbesondere in den Bereichen Gleichstellung von Frauen und Männern, Vereinbarkeit von Familie und Beschäftigung sowie Schutz vor körperlicher, sexueller und psychischer Belästigung oder Gewalt. Werkstattleitung und Frauenbeauftragte sollen in der Regel einmal im Monat zu einer Besprechung zusammen treten.

    (2) Über Maßnahmen, die Auswirkungen in den in Absatz 1 genannten Bereichen haben können, unterrichtet die Werkstattleitung die Frauenbeauftragte rechtzeitig, umfassend und in angemessener Weise. Beide Seiten erörtern diese Maßnahmen mit dem Ziel des Einvernehmens. Lässt sich ein Einvernehmen nicht herstellen, kann jede Seite die Vermittlungsstelle anrufen. Die Werkstatt entscheidet unter Berücksichtigung des Einigungsvorschlages endgültig.

    (3) Die Frauenbeauftragte hat das Recht, an den Sitzungen des Werkstattrates und an den Werkstattversammlungen (§ 9) teilzunehmen und dort zu sprechen.

    (4) Die Stellvertreterinnen vertreten die Frauenbeauftragte im Verhinderungsfall. Darüber hinaus kann die Frauenbeauftragte ihre Stellvertreterinnen zu bestimmten Aufgaben heranziehen.

    (5) Die Frauenbeauftragte und ihre Stellvertreterinnen sind von ihrer Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgeltes zu befreien, wenn und soweit es zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Die Tätigkeit steht der Werkstattbeschäftigung gleich. In Werkstätten mit mehr als 200 wahlberechtigten Frauen ist die Frauenbeauftragte auf Verlangen von der Tätigkeit freizustellen, in Werkstätten mit mehr als 700 wahlberechtigen Frauen auch die erste Stellvertreterin. Die Befreiung nach den Sätzen 1 und 3 erstreckt sich nicht auf Maßnahmen nach § 5 Absatz 3 der Werkstättenverordnung. Im Übrigen gelten § 37 Absatz 1, 2, 4, 5 und 6 sowie die §§ 38 und 39 für die Frauenbeauftragte und die Stellvertreterinnen entsprechend.

    In der WMVO wird das Amt der Frauenbeauftragten sowie ihrer Stellvertreterin als unentgeltliches Ehrenamt deklariert (§ 37) auf Grund dessen den Frauen weder Vor- noch Nachteile entstehen dürfen. Ein Anspruch auf Freistellung für Schulungs- und Bildungsveranstaltungen besteht in Höhe von 15 Tagen bzw. 20 Tagen bei erstmaliger Amtsführung. Frauenbeauftragte dürfen Sprechzeiten einführen, ohne dass sich dies mindernd auf ihr Arbeitsentgelt auswirkt. Die „entstehenden notwendigen Kosten“ (BMAS 2016a: 377) sowie „für die Sprechstunden und die laufende Geschäftsfähigkeit in erforderlichem Umfang Räume, sächliche Mittel und eine Bürokraft“ (ebd.: 376) sind vom Rehabilitionsträger zu übernehmen. Die Frauenbeauftragte erhält „auf Wunsch“ (ebd.) Unterstützung durch eine von ihr zu wählende einrichtungsinterne oder externe Vertrauensperson, einer sogenannten Unterstützerin. Da der Gesetzgeber eine Zusammenarbeit der Frauenbeauftragten mit dem jeweiligen Werkstattrat vorsieht, sollen deren Wahlen alle vier Jahre zusammen stattfinden (§ 39b; vgl. BMAS 2016a: 378).

    Die Begründung für die Etablierung von Frauenbeauftragten basiert auf dem von Weibernetz e.V. (Weibernetz) durchgeführten Pilotprojekt „Frauenbeauftragte in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Wohneinrichtungen“[27] und der repräsentativen Studie „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland“ (Schröttle/ Hornberg 2014) der Universität Bielefeld, welche die hohe Prävalenz von Gewalterfahrungen im Leben behinderter Frauen[28] belegt, begründet:

    Es geht ausdrücklich um Frauenbeauftragte, nicht um Gleichstellungsbeauftragte. Denn als Frauenbeauftragte haben die beauftragten Frauen zu den Ratsuchenden einen Zugang ‚auf gleicher Augenhöhe‘ und können somit besonders gut der Diskriminierung von Frauen in Einrichtungen im Sinne des Peer Support entgegen wirken. Durch die Vorbildfunktion der Frauenbeauftragten werden Frauen in Einrichtungen gestärkt und unterstützt, auch selbst für die Wahrung der Rechte und die Verwirklichung von Gleichberechtigung einzutreten. (BMAS 2016a: 331)



    [27] Siehe Kapitel 7 Projekt Frauenbeauftragte in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Wohneinrichtungen.

    [28] Siehe Kapitel 3.2 Prävalenz sexualisierter Gewalt an behinderten Frauen.

    9. Forschungsethik

    In der qualitativen Sozialforschung ist eine ethische Auseinandersetzung mit den Grundsätzen der Selbstbestimmung, Freiwilligkeit, Vertraulichkeit der personenbezogenen Daten, dem informierten Einverständnis bzw. der informierten Einwilligung sowie der Schadensvorbeugung gegenüber dem beforschten Personenkreis unabdingbar (vgl. Unger/ Narimani 2012: 3; vgl. Miethe 2010: 929).

    Um den von uns befragten Frauen diesen Rahmen zu bieten und ihnen mit Respekt zu begegnen, bedarf es hierbei besonderer Vorüberlegungen bei der Konzipierung des Forschungsdesigns, der Durchführung der Forschung sowie der Auswertung und anschließenden Darstellung der Ergebnisse unter Berücksichtigung von Elementen inklusiver Forschung (vgl. Walmsley/ Johnson 2003:16).

    Unser Forschungsprojekt bildet die Perspektive von Frauen mit Lernschwierigkeiten ab, was anhand von Ansätzen inklusiver Forschung in Bezug auf besonders benachteiligte Gruppen realisiert werden soll (vgl. Unger/ Narimani 2012: 3).

    Auch die barrierefreie Konzeption eines inklusiv gestalteten Forschungsprozesses, in dem sowohl die Verwendung Leichter Sprache (LS)[29], die gute Erreichbarkeit von Treffpunkten als auch eine angemessene Informationsgestaltung berücksichtigt wird, bedarf besonderen Vorüberlegungen. Wichtig ist, dass potentielle Teilnehmer_innen eines Forschungsprozesses Informationen erhalten, welche die Möglichkeit bieten, sich eigenaktiv über eine mögliche Teilnahme zu informieren. Bei der Veröffentlichung der Ergebnisse bedarf es einer angemessenen Gestaltung, welche den Bedarfen aller beteiligten Personen entspricht. (Vgl. Hauser 2016: 83)

    Es stellt sich ebenso die Frage, welche Vorkehrungen getroffen werden müssen, um einen möglichen Schaden abzuwenden, welcher durch die Beteiligung an der Forschung entstehen könnte (vgl. Unger/ Narimani/ M´Bayo 2014: 3). Dies erfordert die uneingeschränkte Akzeptanz unserer Interviewpartnerinnen sowie deren Wertschätzung.

    Die National Disability Authority (NDA) setzt sich in den „Ethical Guidance for Research with People with Disabilities“ mit diesen Fragen auseinander und stellt sechs Schlüsselprinzipien auf, welche sie als Richtlinie für Inklusive Forschung empfehlen:

    • Promoting the inclusion and participation of people with disabilities in research and research dissemination

    • Ensuring that research is accessible to people with disabilities

    • Avoiding harm to research participants

    • Ensuring voluntary and informed consent before participation in research

    • Understanding and fulfilling relevant legal responsibilities

    • Maintaining the highest professional research standards and competencies. (NDA 2009: 25)

    Da die Zielgruppe unserer Forschung Frauen mit Lernschwierigkeiten sind, verwendeten wir bei sämtlichen Interaktionen mit ihnen das Konzept der LS, um oben genannten Anforderungen gerecht zu werden (vgl. Sigot 2012: 164).

    Um sicherzustellen, dass die Passung der am Forschungsprozess beteiligten Personen, der gewählten Methoden, der notwenigen Materialien und LS als Kommunikationsform angemessen ist, führten wir einen Pretest durch (vgl. Hauser 2016: 84f.).

    Bei der Teilnehmerinnenakquise versendete Weibernetz e.V. (Weibernetz) in unserem Auftrag ein Informationsschreiben per E-Mail an alle potentiellen Interviewpartnerinnen[30]. Die Frauen konnten sich per E-Mail oder telefonisch an uns wenden, wenn sie Fragen zu unserem Vorhaben bzw. Interesse an einem Interview hatten. Auch war eine Rückmeldung über Weibernetz möglich. Die Kontaktdaten der Frauen erhielten wir demnach erst über eine aktive Rückmeldung der Frauen bzw. die ihrer Unterstützerinnen. So wurde ein Rahmen geschaffen, in dem die Frauen selbstbestimmt entscheiden konnten, ob und unter welchen Voraussetzungen sie an dem Forschungsprojekt teilnehmen möchten. Durch die mündliche Erläuterung des Forschungskontextes in Kombination mit der von uns entwickelten Datenschutzerklärung in LS[31] und der Möglichkeit, alle offenen Fragen gemeinsam zu klären, wurde die Rahmung für die informierte Einwilligung (informed consent) erfüllt (vgl. Miethe 2010: 929). Wir entschieden uns bewusst gegen eine sogenannte Proxy Einwilligung, die Einwilligung über dritte Personen, wie bspw. gesetzliche Betreuer_innen (vgl. NDA 2009: 37). Die Frauen wurden im direkten Kontakt über die Art und Weise der Datenerhebung ebenso wie über den Verbleib der Daten und die Nutzungszwecke informiert. Auch besprachen wir, dass sie jederzeit ohne Angabe von Gründen das Interview abbrechen und Fragen unbeantwortet lassen können. Des Weiteren vermittelten wir, dass ihre Einwilligung der Datennutzung auch nach der Datenerhebung wiederrufen werden könne.

    Eine weitere Herausforderung bestand in der Schadensvorbeugung für die von uns befragten Frauen. Dem befragten Personenkreis darf kein Nachteil oder gar ein Schaden durch die Forschung entstehen. Besonders bei der Datenauswertung und einer anschließenden Veröffentlichung muss die Anonymität aller personenbezogenen Daten gewahrt werden (vgl. Miethe 2010: 930). Neben der Schadensfreiheit ist auch der Aspekt der Nützlichkeit für die beforschten Frauen bei der Datenauswertung und -veröffentlichung abzuwägen. Es ist zu beachten, dass die Forschung sich nach Möglichkeit positiv auf die Lebenssituation der Frauen auswirkt (vgl. Hauser 2016: 91).

    Nicht nur den befragten Frauen, sondern auch dem Personenkreis, dem sie angehören, darf durch die Untersuchung kein Schaden entstehen. Sowohl die Herstellung oder Verstärkung von Stereotypen als auch die Stigmatisierung sind dementsprechend zu vermeiden. (Vgl. Gläser/ Laudel 2010: 52)

    Die von uns befragten Frauen sind in ungleiche Machtstrukturen eingebunden, welche sich aus dem jeweiligen Einrichtungskontext ergeben. Auch eine Nicht-Teilnahme darf zu keinem Nachteil für die Frau führen (vgl. Döring/ Bortz 2016: 124).

    Unter Umständen kann die Wahrung der Anonymität bedeuten, dass wichtige Informationen nicht verwendet werden können (vgl. Miethe 2010: 931). Bei der Auswertung der erhobenen Daten entschieden wir uns aus ethischen Gründen bewusst gegen das Erstellen von Fallzusammenfassungen, um im Sinne der Schadensfreiheit einen Rückschluss auf die Frauen zu vermeiden (vgl. Hauser 2016: 90f.). Einen möglichen Erkenntnisverlust nahmen wir in Kauf.

    Neben der Wahrung der Anonymität sämtlicher personenbezogener Daten bedarf es bei der Konzeption des Fragebogens eines behutsamen Vorgehens. Vor jedem Interview besprachen wir mit den Frauen den Ablauf.

    HAUSER (vgl. ebd.: 83) weist darauf hin, dass zu einem barrierefreien Forschungsprozess auch eine finanzielle Entschädigung der Beteiligten gehört. Es dürfe den befragten Frauen keine Kosten bspw. durch eine Fahrt zu einem Treffpunkt o.ä. anfallen. Auch eine Vorfinanzierung möglicher Kosten sei nicht zumutbar, da die finanzielle Lage von behinderten Menschen häufig prekär ist. Dem wirkten wir entgegen, indem wir unsere Interviewpartnerinnen an den Orten trafen, wo sie als Frauenbeauftragte tätig sind. (Vgl. ebd.)

    Am Ende des Forschungsprozesses steht die Auseinandersetzung damit, ob und in welcher Form die Ergebnisse an den befragten Personenkreis rückgemeldet werden sollen, um Transparenz zu schaffen (vgl. Miethe 2010: 932). In der Inklusiven Forschung sollte nach WALMSLEY und JOHNSON (vgl. 2003: 62f.) eine geeignete Form gefunden werden, die Personen als Quelle der verwendeten Daten an den Ergebnissen teilhaben zu lassen. Aus diesem Grund planen wir eine Zusammenfassung der Ergebnisse in LS, welche den befragten Frauen zur Verfügung gestellt wird. Dies besprachen wir mit den Frauen im Vorfeld und stießen auf große Zustimmung.



    [29] Siehe Kapitel 7.4.2 Leichte Sprache.

    [30] Siehe Anlage I. Informationsschreiben für die Frauenbeauftragten.

    [31] Siehe Anlage II. Datenschutzerklärung in Leichter Sprache.

    10. Gütekriterien

    In der qualitativen Forschung besteht kein einheitlicher Diskurs über allgemein akzeptierte Gütekriterien. Während manche Autor_innen versuchen die Gütekriterien quantitativer Forschung auf qualitative Forschung zu übertragen, besteht ein anderer Ansatz darin, spezielle Gütekriterien für qualitative Forschung zu entwickeln (vgl. Flick 2014: 411).

    Als „klassische Kriterien“ werden in der quantitativen Forschung Reliabilität, Validität und Objektivität bezeichnet (vgl. ebd.: 412). KREBS und MENOLD (vgl. 2014: 427f.) beschreiben die Reliabilität als die Zuverlässigkeit der Ergebnisse bei wiederholter Erhebung unter standardisierten Bedingungen. Validität wird in weitere Unterformen geteilt und beschreibt in ihrer Gesamtheit den Grad der Gültigkeit wissenschaftlicher Aussagen. Sie geht einher mit der Objektivität, d.h. der Standardisierung der Durchführung der Datenerhebung, der Auswertung der erhobenen Daten sowie deren Interpretation (vgl. ebd.: 426ff.).

    Die Anwendung quantitativer Gütekriterien auf qualitative Forschung kann aus FLICKs (vgl. 2014: 413) Sicht nicht eins zu eins übertragen werden. Sie müssten demnach angepasst werden (vgl. ebd.). Jedoch ist auch eine Modifikation der genannten Kriterien schwierig. Dies spiegelt sich in den Vorschlägen von HELFFERICH (vgl. 2014: 573) zur Anpassung der Gütekriterien wider. Unter anderem bezieht sie sich auf die reflektierte Subjektivität an Stelle der Objektivität. So schreibt sie, dass eine „Bereinigung des Interviews um soziale und kommunikative Effekte“ nicht möglich und ebenso wenig erstrebenswert sei, denn „diese Effekte [müssen] systematisch bei der Gestaltung des Interviews und ebenso bei der Interpretation in Rechnung gestellt und einbezogen werden“ (ebd.).

    Ein weiterer Ansatz geht auf MAYRING (2008: 111) zurück, welcher sechs Gütekriterien benennt, die sich insbesondere auf die methodische Strenge qualitativer Forschung beziehen: „Verfahrensdokumentation, argumentative Interpretationsabsicherung, Nähe zum Gegenstand, Regelgeleitetheit, Kommunikative Validierung, und Triangulation“. FLICK (vgl. 2014: 422) hingegen geht noch weiter und steht einer Standardisierung qualitativer Forschung sowie einer einhergehenden Festsetzung von Gütekriterien kritisch gegenüber. FLICK (ebd.) formuliert an Stelle konkreter Gütekriterien folgende Ansprüche an qualitative Forschung:

    […], dass

    • die Wahl der Methode begründet dargestellt wird,

    • die konkreten Vorgehensweisen expliziert werden,

    • die dem Projekt zu Grunde liegenden Ziel und Qualitätsansprüche

    • benannt werden und

    • die Vorgehensweisen so transparent dargestellt werden, dass Leser sich ein eigenes Bild über den Anspruch und Wirklichkeit des Projektes machen können.

    Diesen Ansprüchen sowie dem Gütekriterium der Triangulation wollen wir in unserer Masterthesis gerecht werden. FLICK (2014: 420) spricht sich für die Schaffung von Transparenz [32] in Form einer „[…] genaue[n] und möglichst vollständige[n] Forschungsdokumentation […]“ aus, „[…] in der detailliert festgehalten wird, warum welche Methode ausgewählt wurde, welche Entscheidungen im Forschungsprozess gefallen sind, wie stimmig sie aufeinander bezogen sind etc.“ (Ebd.)

    Wir gewährleisten die Transparenz unseres Forschungsprozesses durch die vorliegende Masterthesis und die Ergänzung der Beschreibungen durch einen umfangreichen Anhang, der neben den verwendeten Instrumenten zur Datenerhebung u.a. auch Diskussionsprotokolle des gemeinsamen Auswertungsprozesses enthält.

    SCHRÜNDER-LENZEN (2013: 149) hebt die Explikationsfunktion des Konzepts der Triangulierung als Validierungsstrategie hervor und beschreibt diese auch im Sinne der Qualitätssicherung als „[…] eine ‚Optimierungsstrategie‘, mit der man Forschungsvorhaben auch unabhängig davon, ob sie primär quantitativ oder qualitativ konzipiert sind, noch weiter verbessern kann.“ (Ebd.) Unterschieden werden vier Formen: die Daten-Triangulation, Investigator-Triangulation, Theorien-Triangulation sowie methodologische Triangulation. Letztgenannte wird weiter ausdifferenziert in der Anwendung verschiedener Methoden zur Datenerhebung (between-method) und dem Einsatz verschiedener Messinstrumente innerhalb einer Methode (withinmethod) (vgl. Flick 2014: 418). Wir untersuchten einerseits die Schulung zu Frauenbeauftragten, als auch deren aktuelle Tätigkeit in Hinblick auf einen möglichen Mehrwert für diese selbst und die Nutzer_innen ihrer Angebote. Dabei verwendeten wir sowohl Erzählaufforderungen im Interview, als auch geschlossene Fragen zu biografischen Daten (within-method). Eine Theorien-Triangulation im Sinne einer mehrperspektivischen Annäherung an den Forschungsgegenstand, z.B. in Form einer Befragung von Professionellen und Klient_innen (vgl. ebd.), würde aus unserer Sicht eine Bereicherung darstellen, war jedoch im Rahmen unserer Masterthesis nicht zu realisieren. Unter einer Investigator–Triangulation ist das Forschen im Team zu verstehen, mit dem Ziel „[…] subjektive Einflüsse Einzelner auszugleichen […]“ (ebd.). Unser Forschungsdesign wird durch die Interviewführung im Team sowie dem konsensuellen Auswertungsprozess diesem Ansatz gerecht. Wir erhoben Daten, indem wir Frauenbeauftragte an ihren unterschiedlichen Arbeitsstätten[33] besuchten und dort die Interviews durchführten. Durch die Kombination dieser Daten im Auswertungsprozess setzen wir das Konzept der Daten-Triangulation um.

    SCHRÜNDER-LENZEN (vgl. 2013: 153f.) sieht eine praktische Umsetzung von Triangulation auch in Form einer so genannten kommunikativen Validierung erfüllt, welche die Einbeziehung der Interviewten beinhaltet. FLICK (vgl. 2014: 414f.) verweist neben ethischen Fragen, die sich aus der Konfrontation der Interviewteilnehmer_innen mit den Forschungsergebnissen und deren Interpretationen ergeben, auch auf methodische Unschärfe. Ungeklärt bleibt neben dem Zeitpunkt der Rückmeldung, in welchem Maße die interviewten Personen den Ergebnissen zustimmen müssen, um tatsächlich von einer Form der Validierung sprechen zu können. Eine Rückmeldung der (Zwischen) Ergebnisse ist bei den von uns interviewten Frauen mit Schwierigkeiten verbunden.[34] (Ebd.) Nach Abschluss unserer Forschungsarbeit werden wir für die befragten Frauenbeauftragten eine Zusammenfassung in Leichter Sprache (LS) erstellen und diese aushändigen (vgl. Sigot 2012: 157). Es handelt sich demnach bei uns um keine tatsächliche kommunikative Validierung, sondern vielmehr um eine Rückmeldung, um die Frauen unter forschungsethischen Aspekten an den Ergebnissen teilhaben zu lassen.[35]



    [32] In der Methodenliteratur wird dieses Gütekriterium zum Teil auch unter dem Namen intersubjektive Nachvollziehbarkeit diskutiert (vgl. Hauser 2016: 93).

    [33] In einem Fall interviewten wir die Frauenbeauftragte in der Privatwohnung ihrer Unterstützerin.

    [34] Eine Frau bat uns darum, ihr die Transkription ihres Interviews zuzusenden. Diesem Wunsch kamen wir nach, allerdings meldete uns diese Frau zurück, dass die Transkription sie doch überforderte (wir sendeten ihr daraufhin auch die Audiodatei zu).

    [35] Siehe Kapitel 9 Forschungsethik.

    11. Forschungsdesign

    Innerhalb der Sozialforschung bildeten sich verschiedene Untersuchungsdesigns heraus (vgl. Weischer 2007: 106). Unser Forschungsprojekt ist als qualitative Evaluationsforschung, wie folgend beschrieben, verortet.

    In der Sozialforschung wird zwischen Evaluation der Praxis (Selbstevaluation) und Evaluationsforschung unterschieden (vgl. Merchel 2015: 14ff.). Der Begriff der Praxisforschung ist nicht eindeutig definiert. Praxisforschung unterscheidet sich zum einen darin, ob die Forschung direkt aus der Praxis selbst entsteht oder die Forscher_innen mit den Praktiker_innen kooperieren. Zum anderen spielt die Intensität und Art der Rückkopplung von Ergebnissen in die Praxis eine Rolle. (Vgl. Heiner 1988: 7)

    Sie wird zum Teil als Beforschung der eigenen beruflichen Praxis definiert (vgl. Donk/ Lanen/ Wright 2014: 26). Wir führten eine qualitative Evaluationsforschung (vgl. Flick 2006: 214) mit quantitativen Elementen (Mixed-Methods) durch (vgl. Döring/ Bortz 2016: 72ff.), die der Weiterentwicklung der professionellen Praxis auf umsetzungs-/ handlungsorientierter und sozialpolitischer Ebene dienen soll. Ziel ist somit die empiriegeleitete Modifizierung des praktischen Wissens.

    Die Forschungsfragen, der Forschungsgegenstand und das Forschungsziel einer Untersuchung bestimmen das jeweilige Forschungsdesign, welches maßgeblich für die weitere Vorgehensweise ist (vgl. Schaffer 2009: 163).

    11.1 Forschungsfragen und ziele

    Die Forschungsfrage nimmt eine zentrale Position in dem gesamten Forschungsprozess ein, daher muss im Vorfeld früh geklärt werden, was genau untersucht werden soll und welche Ziele der geplanten Forschung zugrunde liegen (vgl. Schaffer 2009: 162). Empirische Sozialforschung wird als ein Prozess verstanden, „in dem ausgehend von spezifischen Forschungsfragen und von theoretischen Vorüberlegungen zu einem sozialen Phänomen sinnvoll bestimmte Instrumente der Datengewinnung und Analyse kombiniert werden“ (Weischer 2007: 119).

    Des Weiteren ist die Forschungsfrage so zu konzipieren, dass sie sich mit einem für die Gesellschaft relevantem Problem auseinandersetzt. Deren Bearbeitung sollte für andere Personen von Nutzen sein und möglicherweise gesellschaftliche Diskurse weiterentwickeln sowie einen innovativen Charakter haben. Auch ist es wichtig, die Forschungsfrage theoretisch zu reflektieren und in den aktuellen Diskurs einzubetten, um eine theoretische Verortung der Forschungserkenntnisse durchführen zu können. (Vgl. Weischer 2007: 120f.)

    Empirische Forschungsprojekte sollten „aus forschungspragmatischen Gründen eingegrenzt werden“ (Schöneck/ Voß 2013: 49), um auf dieser Grundlage eine differenzierte Fragestellung entwickeln zu können. Bei der Entwicklung der Forschungsfrage ist es wichtig, zunächst das gesamte Themenfeld auf ein Maß an wesentlichen Kriterien zu reduzieren (vgl. ebd.).

    Oft ist es ratsam, neben einer zentralen Fragestellung weitere spezifizierende Nebenfragen zu entwickeln (vgl. Weischer 2007: 120). Ausgehend von diesen Überlegungen zur Fragestellung kann das weitere methodische Vorgehen, wie Forschungsdesign und Methodeneinsatz entwickelt werden (vgl. Schöneck/ Voß 2013: 52).

    Nachdem wir uns auf die Thematik festlegten, uns in unserem Forschungsprojekt mit der Schulung „Frauenbeauftragte in Wohnheimen und Werkstätten für behinderte Menschen“ von Weibernetz e.V. (Weibernetz) zu befassen, stellte sich die Frage, welche Teilaspekte wir näher betrachten möchten.

    Bei der Recherche bezüglich des thematischen Hintergrundes rückte besonders die Studie „Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen in Deutschland“ (vgl. Schröttle/ Hornberg et al. 2014), in den Vordergrund. Die im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) durchgeführte Studie zeigt auf, dass behinderte Frauen deutlich häufiger als nichtbehinderte Frauen Gewalterfahrungen machen und sexuellen Missbrauch erfahren. Strukturelle Gegebenheiten, wie sie häufig in Einrichtungen der Behindertenhilfe vorherrschen, spiegeln die Dringlichkeit wieder, Informations- und Präventionsangebote sowie unterstützende Strukturen insbesondere für behinderte Frauen zu schaffen. (Vgl. Schröttle/ Hornberg et al. 2014: 60)

    Da die Schulung von Weibernetz einen Modellcharakter hat, ist es besonders spannend zu erforschen, welchen Einfluss sie auf die behinderten Frauen selbst ausübt und wie sich die Implementierung von Frauenbeauftragten auf die Nutzer_innen ihrer Angebote in Einrichtungen auswirkt.

    Die Zielformulierung lautet wie folgt:

    • Beschreibung und Bewertung der Schulung aus Sicht der Frauenbeauftragten.

    • Identifizierung von fördernden und hemmenden Faktoren für die Tätigkeit von Frauenbeauftragten sowie deren Bewertung aus Sicht der Frauen selbst

      • in Bezug auf (potentielle) Nutzer_innen ihrer Angebote.

      • vor dem Hintergrund der Implementierung von Frauenbeauftragten in Einrichtungen für behinderte Menschen.

    Die Forschungsziele korrespondieren stark mit der Forschungsfrage und sollten ebenso klar formuliert werden (vgl. Schaffer 2009: 162f.).

    Ausgehend von der Zielsetzung formulierten wir folgende Fragestellung aus:

    • Welchen Einfluss hat die Schulung zu Frauenbeauftragten auf die Frauen selbst und ihr Umfeld?

    • Welche fördernden und hemmenden Faktoren für ihre Tätigkeit als Frauenbeauftragte werden von Frauenbeauftragten benannt?

    Die zweite Frage spezifizierten wir durch die Formulierung einer Nebenfrage wie folgt:

    • Wie wirken sich diese Faktoren auf die Frauen selbst und ihr Umfeld aus?

    Wir formulierten eine Gesamtfragestellung (vgl. Flick 2012: 134f.), welche wir durch spezifische Forschungsfragestellungen erweiterten. Die Bildung der untergeordneten Fragen ermöglicht uns eine differenziertere Bearbeitung unseres Forschungsgegenstandes, indem wir die Fragestellung weiter eingrenzen. (Vgl. ebd.) Dies führt zu einer engen Verzahnung zwischen erhobenen empirischen Daten und der Praxis.

    11.2 Zugang zum Forschungsfeld

    Wir haben alle zwölf Frauen, welche die Schulung abgeschlossen haben und aktuell als Frauenbeauftragte tätig sind, per E-Mail mit einem Schreiben in Leichter Sprache (LS)[36] dazu eingeladen, mit uns ein Interview über die Schulung und ihre Arbeit als Frauenbeauftragte zu führen. Es meldeten sich zunächst zwei Frauenbeauftragte zurück, sodass wir vier Wochen später ein Erinnerungsschreiben[37] versendeten. Auf die erneute Einladung zu einem Interview meldeten sich sieben Frauen zurück.

    Bei drei der von uns kontaktierten Frauen gestaltete sich der Kontakt äußerst schwierig, aufgrund von Krankheit seitens der Angefragten, Personalwechsel innerhalb der Einrichtung und aufgrund von anderen Verpflichtungen, welche die Frauen ausüben. Die Kontaktherstellung und die Vereinbarung der Interviewtermine erfolgte telefonisch und per E-Mail, wobei der gesamte Schriftwechsel in LS erfolgte. Mit insgesamt drei Frauenbeauftragten vereinbarten wir die Termine direkt, bei den übrigen Frauenbeauftragten erfolgte die Kontaktherstellung mit den Frauenbeauftragten und der jeweiligen Unterstützerin. Neun Frauen haben sich insgesamt bei uns zurückgemeldet, diese haben wir interviewt.

    11.3 Leitfadengestütztes Expertinneninterview

    Als Untersuchungsmethode wählten wir aufgrund unserer schwer erreichbaren Zielgruppe das leitfadengestützte Expertinneninterview[38] in LS. Die Interviews führten wir bei persönlichen Treffen mit den Frauen durch.

    „Der dem Verfahren zugrundeliegende Expertenbegriff ist bislang wenig systematisch diskutiert worden. Die Bestimmung des Expertenbegriffs knüpft an die wissenssoziologische Unterscheidung von Experten und Laien und die entsprechende Unterscheidung von Alltagswissen und spezialisiertem Sonderwissen an“ (Schnell/ Hill/ Esser 2013: 57). Gemeint ist hiermit ein Personenkreis, der aufgrund einer besonderen Funktion spezielles Wissen innerhalb eines bestimmten Kontextes innehat (vgl. Bohnsack/ Marotzki/ Meuser 2011: 57). Hierbei ist eine Differenzierung zu dem inflationär gebräuchlichen Terminus „Experten für das eigene Leben“ (Schnell/ Hill/ Esser 2013: 57) vorzunehmen, welcher „virtuell jede Person zum Experten macht und damit keine Unterscheidung mehr ermöglicht zwischen einem biografischen […] und einem Experteninterview. Das Experteninterview zielt auf den Wissensvorsprung ab, der aus der privilegierten Position des Experten in einem Funktionskontext steht“ (Ebd.).

    Auf Grundlage des Schulungskonzeptes von Weibernetz entwickelten wir unseren Interviewleitfaden in Leichter Sprache[39], um sicherzustellen, „dass alle forschungsrelevanten Themen auch tatsächlich angesprochen werden, bzw. dass eine zumindest rudimentäre Vergleichbarkeit der Interviewergebnisse gewährleistet werden kann“ (ebd.: 378). Als Empowerment-Instrument ist LS[40] für die Umsetzung der Befragungen und für die Erstellung zentraler Forschungsergebnisse unerlässlich. Dies ermöglicht das Forschen mit der Zielgruppe auf Augenhöhe.

    Hintergrund der Anlehnung an das Schulungskonzept von Weibernetz ist zum einen die Rückkopplung zwischen Theorie und Praxis und zum anderen die gemeinsame Grundlage, anhand derer die Daten miteinander verglichen werden können (vgl. Schneider 2013: 67ff.).

    Der Leitfaden beinhaltet unterschiedliche Themenkomplexe mit Schlüsselfragen untergeordneten Eventualfragen, bzw. Fragen, die der Aufrechterhaltung des Gesprächsflusses dienen. Die Interviews sind in dem Ablauf und der thematischen Orientierung durch die Fragestellung von uns als interviewende Personen vorgegeben. Der Leitfaden ist so flexibel gestaltet, dass der befragten Frau die Möglichkeit gegeben wird, zu berichten, wie sie Entscheidungen trifft und diese zu schildern. Auch beispielhafte Beschreibung einzelner Vorgehensweisen seitens der interviewten Personen sind möglich. (Vgl. ebd.)

    Für unseren Fragebogen kombinierten wir unterschiedliche Fragetypen. So nutzen wir neben verschiedene Typen von Untersuchungsfragen um verschiedene Themenkomplexe abzufragen (vgl. Donk/ Lanen/ Wright 2014: 122f.) sowohl offene als auch geschlossene Fragen (vgl. Schneider 2013: 97), wobei offen gestellte Fragen mit explorativem Charakter überwiegen.

    Als Form der Datenerhebung wählten wir das face-to-face-Interview, um ggf. Nachfragen zu stellen und komplexe Befragungsabläufe durchzuführen (vgl. Küsters 2009: 109).

    Den Leitfaden ergänzten wir zusätzlich durch einen Biografiebogen[41], in dem wir Informationen über die Frauen, wie bspw. das Alter, die Dauer der Tätigkeit als Frauenbeauftragte festhielten. Diese Daten dienen der Beschreibung des befragten Personenkreises. Um den Interviewprozess dokumentieren zu können, erstellten wir Protokolle[42], für die wir ein standardisiertes Formular entwickelten (vgl. Przyborski/ Wohlrab-Sahr 2014: 49ff.). Auch entwickelten wir eine Datenschutzerklärung, die wir in Anlehnung an das Bundesdatenschutzgesetz (§4 Zulässigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und nutzung) zunächst in schwerer Sprache[43] erstellten und anschließend in LS übersetzten.

    11.4 Durchführung der Datenerhebung

    Den Leitfaden testeten wir anhand eines Pretests (vgl. Kirchhoff/ Kuhnt/ Lipp/ Schlawin 2008: 24) mit einer Frau, welche sich zu dem Zeitpunkt in einer Schulung nach dem Konzept von Weibernetz befand. In diesem Rahmen erprobten wir ebenfalls die Datenschutzerklärung in Leichter Sprache und erhielten ein positives Feedback. Für den Pretest veränderten wir den von uns entwickelten Leitfaden leicht, sodass wir die Fragen, welche sich auf die Tätigkeit als Frauenbeauftragte bezogen anpassten. Auf diese Fragen konnte die Frau in ihrer Rolle als Schulungsteilnehmerin antworten. Somit konnten wir die erste Frage zur Motivation, die zweite Frage zu der Schulung, die fünfte Frage zu Wünschen als Frauenbeauftragte sowie die sechste Frage testen, welche Raum für noch nicht genannte Aspekte ermöglichte. Anhand der Durchführung des Pretests stellten wir fest, dass die Fragen gut verständlich sind und wir den Leitfaden in der getesteten Form als Grundlage beibehalten konnten. Der Pretest ist bezüglich der gestellten Fragen zur Motivation an der Teilnahme der Schulung, Inhalten der Schulung und nach Wünschen für die (zukünftige) Arbeit als Frauenbeauftragte überwiegend identisch zu dem endgültig entwickelten Fragebogen. Für unser eigenes Vorgehen während der Befragung lernten wir, sowohl langsamer und deutlicher zu sprechen, als auch mehr Zeit zum Antworten zur Verfügung zu stellen. Diese Erkenntnisse wendeten wir in den folgenden Interviews an.

    Bei unserem Forschungsprojekt führten wir in der Datenerhebung insgesamt zehn leitfadengestützte Expertinneninterviews mit einer durchschnittlichen Dauer von 90 Minuten durch. Die Frauen besuchten wir in verschiedenen Städten Deutschlands in ihren Arbeits- bzw. Wohnumfeldern und zeichneten die Gespräche mittels eines Diktiergerätes auf, um sie im Anschluss an die Interviews zu transkribieren. Da wir alle Interviews als Forscherinnenteam durchführten, konnten wir ergänzende Informationen sowohl während des Interviews, als auch im Anschluss als Gedächtnisprotokoll festhalten (vgl. Schnell/ Hill/ Esser 2013: 378). Die Datenschutzerklärung wurde von uns zu Beginn eines jeden Interviews mit den Frauen besprochen und von ihnen unterzeichnet.

    Wir führten demnach eine Teilerhebung durch, welche gemessen an der Anzahl aller durch Weibernetz geschulten Frauenbeauftragte hoch ist (vgl. ebd.: 257ff.). Unser Ziel war es, Frauen zu interviewen, welche die Schulung zu Frauenbeauftragten durch Weibernetz abgeschlossen haben und nun als Frauenbeauftragte in ihrer Einrichtung arbeiten. In zwei Fällen stellten wir fest, dass sich die bereits geschulte Frauenbeauftragte Unterstützung für ihre Tätigkeit von einer behinderten Kollegin holte. Diese Umstände führten dazu, dass wir in zwei Interviews sowohl die durch Weibernetz als auch die zusätzliche Frauenbeauftragte gleichzeitig innerhalb eines Gespräches befragten.

    In einem der Interviews war darüber hinaus bei einem Großteil des Gespräches die Unterstützerin der beiden Frauen anwesend, welche im Verlauf von einer der Frauen hinzugezogen wurde. Bei vier der Gespräche war keine Unterstützerin anwesend, jedoch war in einem Gespräch eine Arbeitskollegin der Frauenbeauftragten als Beistand auf Wunsch der Frau für die ersten zwanzig Minuten vor Ort. In den übrigen Gesprächen waren die Unterstützerinnen teilweise auf Wunsch der Frauen anwesend, verließen aber in drei Fällen nach den ersten beiden Fragen und nach Rücksprache mit den Frauenbeauftragten den Raum. Aus organisationstechnischen Gründen wurde ein Gespräch bei der Unterstützerin zu Hause durchgeführt. Hier ließ sich die Anwesenheit der Unterstützerin während des gesamten Gespräches nicht vermeiden.

    11.5 Vorstellung der Expertinnenertinnen

    Die Gruppe aller Frauen, welche die Schulung durch Weibernetz abgeschlossen haben und als Frauenbeauftragte in ihrer Einrichtung tätig sind, besteht aus zwölf Frauen. Insgesamt wurden sechzehn Frauen im Zeitraum zwischen 2009 und 2011 zu Frauenbeauftragten geschult, zwei von ihnen brachen die Schulung ab. (Vgl. Weibernetz 2011: 19) Von den fertig geschulten Frauenbeauftragten sind zwei Frauen nach Angabe von Weibernetz nicht mehr als Frauenbeauftragte tätig.

    Die befragten Frauen sind im Rahmen ihrer Tätigkeit als Frauenbeauftragte alle im Werkstatt-Kontext eingebunden, eine der Frauen ist darüber hinaus auch für einen Wohnbereich des gleichen Trägers zuständig.

    Insgesamt befragten wir drei Frauen aus dem ersten Schulungsdurchgang und sechs Frauen aus dem zweiten. In zwei Einrichtungen sind jeweils zwei Frauen tätig, da eine weitere Frauenbeauftragte zur Unterstützung bzw. als Nachfolgerin der durch Weibernetz geschulten Frauenbeauftragten zur Seite gestellt wird. Eine der zusätzlichen Frauenbeauftragten wurde bereits einrichtungsintern und durch die durch Weibernetz geschulte Frauenbeauftragte thematisch eingeführt. Ergänzend dazu hat sie selbstständig den Schulungsordner durchgearbeitet. Diese beiden Frauenbeauftragten arbeiten seit Beginn als Team innerhalb der Einrichtung. Die andere zusätzliche Frauenbeauftragte wird intern anhand der Materialien von Weibernetz durch die Unterstützerin und die bereits tätige Frauenbeauftragte geschult.

    Die jüngste der befragten Frauen war zu dem Zeitpunkt der Befragung 36 Jahre alt, die älteste Frauenbeauftragte befand sich kurz vor der Altersrente. Die übrigen Frauen sind überwiegend zwischen 40 und 50 Jahre alt. Sie sind in verschiedenen Arbeitsbereichen tätig, wie Wäscherei, Café, Montage, Wäscherei, Fußpflege, Reinigung, Metallbereich und Papierarbeiten. Drei der befragten Frauen bekleiden einen Außenarbeitsplatz. Auffallend ist, dass die Frauenbeauftragten – bis auf zwei Ausnahmen – mindestens fünf Jahre in ihrer jetzigen Werkstatt arbeiten, sieben der Frauen sind dort weit über zehn Jahre tätig. Fünf der Frauen sind aktuell Mitglieder im Werkstattrat, zwei waren dies in der Vergangenheit.

    11.6 Anonymisierung

    Alle Daten und Merkmale, die Rückschlüsse auf konkrete Personen zulassen, müssen anonymisiert werden. Dies kann unter Umständen eine „Einschränkungen für die Präsentation von Forschungsergebnissen mit sich bringen“ (Przyborski/ Wohlrab-Sahr 2014: 165). Wir haben unsere Transkripte als Ausgangsmaterial anonymisiert (vgl. Dressing/ Pehl 2013: 30), um die Anonymität der von uns befragten Frauen innerhalb der kleinen Gesamtheit zu gewähren.

    Um die Anonymität der befragten Frauen zu gewährleisten, bedarf es sowohl bei der Auswertung, als auch bei der Beschreibung der von uns befragten Frauen genaue Überlegungen bezüglich der Anonymisierung, damit keine Identifizierung einzelner Frauen möglich ist (vgl. Küsters 2009: 73).

    Den befragten Frauen wiesen wir fortlaufend Großbuchstaben zu, die Unterstützerinnen sind jeweils mit einem U sowie einer fortlaufenden Ziffer anonymisiert. Auch sonstige Personen, Städtenamen, Werkstätten und Träger erhielten jeweils nach dieser Logik eine fortlaufende Ziffer als Ergänzung zu dem zugeordneten Buchstaben. Sonstige Personen (andere Beschäftigte, Nutzer_innen der Angebote der Frauenbeauftragten, Mitarbeiter_innen der Einrichtung, etc.) sind jeweils mit P versehen worden. Städtenamen und Bundesländer wurden mit O zusammengefasst anonymisiert. Möglicherweise könnte eine differenzierte Anonymisierung von Städten und Bundesländern Rückschlüsse auf einzelne Frauen zulassen. SO1 und SO2 stehen für die jeweiligen Schulungsorte. Werkstätten wurden mit einem W versehen, Träger wurden mit T gekennzeichnet. Wohnstätten wurden innerhalb der Träger zugeordnet und wie folgt kenntlich gemacht: T1W1 usw.

    11.7 Transkription

    Um die Daten zu sichern, und anschließend mit Hilfe der Software MAXqda auswerten zu können, bedarf es einer angemessenen Kopie der Daten. Die Transkripte spielen eine zentrale Funktion bei der Auswertung (vgl. Przyborski/ Wohlrab-Sahr 2014: 166). Es können Sequenzen miteinander verglichen (vgl. ebd.), Inhalte codiert und anschließend ausgewertet werden (vgl. Kuckartz 2016: 23).

    Folgend wird erklärt, anhand welcher Transkriptionsregeln die Interviews verschriftlicht wurden. Das Interview wurde nach der Datenerhebung transkribiert (vgl. Schnell/ Hill/ Esser 2013: 378).

    Bei der Transkription des Datenmaterials orientierten wir uns an DRESING und PEHL (vgl. 2013: 21ff.). Abweichend von dem Einfachen Transkriptionssystem nutzten wir zusätzlich die Erweiterungen zu den Regeln (vgl. ebd. 23f.). Auf dieser Grundlage erstellten wir ein angepasstes Transkriptionssystem[44]. In den zusammengestellten Regeln machten wir Modifizierungen kenntlich, die wir im Einfachen Transkriptionssystem vorgenommen haben. Wichtig war uns, das Material authentisch abzubilden und die sprachlichen Kompetenzen der befragten Frauen vollständig berücksichtigen.



    [36] Siehe Kapitel 7.4.2 Leichte Sprache.

    [37] Siehe Anlage III. Erinnerungsschreiben an die Frauenbeauftragten.

    [38] Der Begriff des Experteninterviews wird in der Fachliteratur überwiegend in der männlichen Form verwendet. In der feministisch orientierten Geschlechterforschung verwenden MEUSER und NAGEL den Begriff des ExpertInneninterviews (vgl. Meuser/ Nagel 2008: 386). Da wir uns jedoch in einem feministischen Forschungskontext bewegen, passen wir den Begriff der Methode unserer Zielgruppe an und verwenden eben diesen Terminus.

    [39] Siehe Anlage IV. Interviewleitfaden in Leichter Sprache.

    [40] Siehe Kapitel 7.4.2 Leichte Sprache.

    [41] Siehe Anlage V. Biografiebogen.

    [42] Siehe Anlage VI. Interviewprotokoll.

    [43] Siehe Anlage VII. Datenschutzerklärung in schwerer Sprache.

    [44] Siehe Anlage VIII. Transkriptionsregeln.

    12. Die qualitative Inhaltsanalyse als Auswertungsverfahren

    Das Ziel einer qualitativen Inhaltsanalyse besteht nach DÖRING und BORTZ (2016: 602) darin, „aus qualitativem Text oder Bildmaterial systematisch v.a. die manifesten Inhalte durch Kategorienbildung herauszuarbeiten und diese bei Bedarf auch zu quantifizieren“. Sie ordnen die qualitative Inhaltsanalyse zwischen qualitativer und quantitativer Forschung ein, da sie in der Forschungspraxis oft in Kombination mit der quantitativen Inhaltsanalyse angewendet wird (vgl. ebd.). Diese Zwischenposition wird auch von VOGT und WERNER (2014: 49) betont: „Die qualitative Inhaltsanalyse ist forschungsmethodologisch der qualitativen Sozialforschung zuzuordnen, bewegt sich jedoch an der Grenze zur quantitativen Forschung, da sie Elemente der quantitativen Herangehensweise für sich nutzt.“ Deskriptivstatistische Ergebnisse, die beispielsweise Aussagen über die Ausprägung oder Häufigkeit bestimmter Merkmale treffen, können in die Gesamtinterpretation einfließen. Es kann demnach von Daten-Triangulation gesprochen werden, wenn unterschiedliche Datentypen interpretiert werden. (Vgl. Döring/ Bortz 2016: 72)

    MAYRING prägte die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse insbesondere im deutschsprachigen Raum. Er publizierte erstmals im Jahre 1983 sein Buch „Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken“ (aktuell: 12. Auflage 2015) und machte somit den auf KRACAUER zurückgehenden Begriff der qualitativen Inhaltsanalyse wieder bekannt. Die von MAYRING entwickelten Auswertungsverfahren zeichnen sich insgesamt durch ein systematisches und regelgeleitetes Vorgehen aus. MAYRING (vgl. 2008: 59) differenziert drei verschiedene Analyseformen: die Zusammenfassung, die Explikation und die Strukturierung. Er hebt die Strukturierung als zentrale Technik hervor und unterteilt sie wiederum in formale, inhaltliche, typisierende und skalierende Strukturierung. Innerhalb der Explikation unterscheidet er weiterhin zwischen enger und weiter Kontextanalyse. (Vgl. ebd.) Während MAYRINGs Fokus auf der Kategorienbildung und der Auszählung der Kategorienhäufigkeiten liegt, knüpft KUCKARTZ zwar an diesen Ansatz an, geht aber mehr auf Analyse der Daten im Anschluss an die Codierphase ein. Dabei unterscheidet KUCKARTZ (vgl. 2016: 5f.) drei Methoden qualitativer Datenanalyse, die inhaltlich strukturierende, die evaluative und die typenbildende Analyse. Sie können sowohl eigenständig als auch in Kombination angewendet werden (vgl. ebd.).

    Während MAYRING und KUCKARTZ zwar unterschiedliche Formen der qualitativen Inhaltsanalyse beschreiben, basiert jede Form an sich auf einer systematischen Vorgehensweise. SCHREIER (2014: 24) spricht sich für einen „Werkzeugkasten“ aus, „aus dem Forschende bei der Durchführung der qualitativen Inhaltsanalyse diejenigen Werkzeuge auswählen können, die zu der jeweiligen Forschungsfrage und dem jeweiligen Material am besten passen“. Sie begründet diese Zusammenstellung verschiedener Werkzeuge damit, dass die qualitative Inhaltsanalyse eine Vielzahl von Variationen zulasse, aber nur ein kleiner Ausschnitt möglicher Varianten bislang beschrieben sei. (Vgl. ebd.: 23) Bei der Zusammenstellung der „Werkzeuge“[45] [46] berücksichtigt SCHREIER (vgl. 2014: 24f.) sowohl Forschungsvorhaben einer einzelnen Person als auch die Arbeit von Forschungsteams. Sie behandelt dabei folgende Schritte der Analyse:

    Festlegen der Forschungsfrage, Auswahl des Materials, Erstellen des Kategoriensystems, Unterteilung des Materials in Einheiten, Probekodierung, Evaluation und Modifikation des Kategoriensystems, Hauptkodierung sowie weitere Auswertung und Ergebnisdarstellung. (ebd.)

    Wir schließen uns SCHREIER in ihrer Argumentation an. Wir die Ressource die Daten als Team zu erheben und das Material gemeinsam auszuwerten. Diese Möglichkeit wird nur selten im Rahmen von Masterarbeiten angewendet.[47]

    12.1 Codierregeln

    Vor Beginn des Codierprozesses verständigten wir uns auf gemeinsame Codierregeln. Die Codierung erfolgte mit Hilfe der Software MAXqda, Version 12, die zur Analyse von qualitativen und Mixed-Methods Daten konzipiert wurde. Diese Software ermöglicht u.a. die Zuordnung zu deduktiv gebildeten Kategorien, die induktive Bildung von Kategorien und das Schreiben von Memos.

    Zunächst ordneten wir Textstellen den deduktiv erarbeiteten Kategorien zu. Bei der Festlegung der Codiereinheiten hielten wir uns an die Empfehlungen von KUCKARTZ (2016: 104):

    1. Es werden in der Regel Sinneinheiten codiert, jedoch mindestens ein vollständiger Satz.

    2. Wenn die Sinneinheit mehrere Sätze oder Absätze umfasst, werden diese codiert.

    3. Sofern die einleitende (oder zwischengeschobene) Interviewer-Frage zum Verständnis erforderlich ist, wird diese ebenfalls mitcodiert.

    4. Beim Zuordnen der Kategorien gilt es, ein gutes Maß zu finden, wie viel Text um die relevante Information herum mitcodiert wird. Wichtiges Kriterium ist, dass die Textstelle ohne den sie umgebenden Text für sich allein ausreichend verständlich ist.

    Bei diesem Vorgehen lassen sich Doppel und Mehrfachcodierungen an ein und derselben Textstelle, also deren Zuordnung zu unterschiedlichen Ober und/oder Unterkategorien nicht ausschließen (vgl. ebd.: 102). Diese Mehrfachcodierungen lassen sich mit Hilfe von MAXqda darstellen und nachvollziehen.

    Die verwendete Analysesoftware ermöglicht darüber hinaus das Erstellen und Anheften von Memos [48] an Textstellen oder Kategorien. Wir einigten uns auf folgende Regeln für die Verwendung von Memos:

    1. Blanko-Memos: zum Festhalten individueller Gedanken, z.B. Verknüpfungen zu anderen Textstellen

    2. Fragezeichen-Memos: zur Markierung offener Fragen

    3. T-Memos: zum Notieren von Ideen für neue Kategorien

    4. L-Memos: zum Notieren von Ideen für Ankerbeispiele

    12.2 Konsensuelles Auswerten

    Unter konsensuellem Auswerten oder konsensuellem Codieren ist der Prozess zu verstehen, in dem mindestens zwei Personen ein Interview zunächst unabhängig voneinander codieren, um anschießend ihre getroffenen Zuordnungen vergleichen und diskutieren zu können. Unterscheiden sich die codierten Textstellen voneinander, werden nach dem Prinzip der konsensuellen Einigung so lange Argumente ausgetauscht und der jeweilige Einzelfall ausführlich diskutiert, bis Einigkeit über die codierte Textstelle herrscht. Auch das Festhalten an den unterschiedlichen Codierungen kann Ergebnis einer solchen Diskussion sein. (Vgl. Schmidt 2013: 479ff.) Es handelt sich hierbei um ein zeitintensives Verfahren, das jedoch das Ziel verfolgt, „die Zuverlässigkeit der Codierungen zu verbessern“ (Kuckartz 2016: 105).

    Als Voraussetzung für diese diskursive Form der Auswertung sieht SCHMIDT (vgl. 2013: 479) den möglichst gleichen Kenntnisstand über das Interview und die interviewte Person. KUCKARTZ (vgl. 2016: 105) benennt darüber hinaus das Vorhandensein eines Kategoriensystems mit präzisen Kategoriendefinitionen als Grundlage. Diese Voraussetzungen waren bei uns gegeben, da wir alle Interviews gemeinsam führten und vor dem ersten Codieren gemeinsam ein vorläufiges, deduktives Kategoriensystem entwarfen. Während des Vergleichens und der Diskussion unterschiedlich codierter Textstellen konnten wir die Kategorien fortlaufend Ausdifferenzieren und deren Definitionen dementsprechend überarbeiten. (Vgl. Schmidt 2013: 480)

    Bei diesem Verfahren geht es in erster Linie um die Einigung und nicht primär um die Berechnung der Intercoder-Übereinstimmung [49] (vgl. Kuckartz 2016: 105), dennoch lassen sich aus deren Errechnung Rückschlüsse auf die Präzision unseres Kategoriensystems ziehen. Wir codierten zunächst vier Interviews unabhängig voneinander und trafen anschließend konsensuelle Einigungen. Auf Grundlage dieser Diskussionen überarbeiteten wir die Kategoriendefinitionen. Betrachtet man die mit Hilfe der MAXqdaSoftware errechnete Intercoder-Übereinstimmung, so lässt sich eine größere Übereinstimmung ab dem fünften Interview erkennen.

    Intercoder-Übereinstimmung der fünf zuerst ausgewerteten Interviews*

    Interview(in der Reihenfolge der Auswertung)

    A

    B

    G

    HI

    C

    Vorhandenseins des Codes im Dokument (%)

    78,95

    75,44

    78,95

    68,42

    82,72

    Häufigkeit des Codes im Dokument (%)

    47,37

    38,60

    51,22

    45,61

    59,26

    Übereinstimmung der Segmente (90 %)

    14,29

    11,52

    10,53

    11,49

    15,81

    * berechnet mit MAXqda; siehe Anlage XI Intercoder-Übereinstimmung

    Anschließend codierten wir alle übrigen Interviews mit dem gemeinsam überarbeiteten Kategoriensystem und diskutierten unsere Ergebnisse. Auf Grundlage dieser Diskussionen überarbeiteten wir unser Kategoriensystem endgültig und ergänzten es mit Ankerbeispielen. Abschließend codierten wir, ausgehend von diesem ausdifferenzierten Kategoriensystem, alle Interviews erneut. In diesem letzten Schritt codierte jede von uns jeweils die Hälfte der Interviews, sodass abschließend alle Interviews codiert wurden.

    12.3 Exkurs: Intercoder-Übereinstimmung

    Das Ziel der qualitativen Textanalyse besteht in einer möglichst hohen Zuverlässigkeit der Codezuordnungen. In der quantitativen Forschung lassen sich im Rahmen der Messung der Reliabilität Koeffizienten ermitteln, die statistische Aussagen über die Güte der Codierungen treffen. In unserer Forschung bestand das Ziel in der praktischen Verbesserung der Güte der Codierungen. Zu diesem Zwecke lieferte die Errechnung der Intercoder-Übereinstimmung Hinweise auf Nicht-Übereinstimmungen zwischen unseren Codierungen. Die errechneten Werte geben demnach eine Orientierung und sind nicht als Erfolgskriterium des Auswertungsprozesses zu verstehen. Es lassen sich Rückschlüsse auf die Intersubjektivität des Analyseinstrumentes ziehen. Auf Grundlage der Nicht-Übereinstimmungen lassen sich eigene Codierungen reflektieren und im gemeinsamen Prozess diskursiv klären. (Vgl. MAXqda 2014: o.S.)

    Wir führten eine dreischrittige Übereinstimmungsprüfung mittels der Analysesoftware MAXqda durch:

    • Im ersten Schritt ermittelten wir auf dem Vergleichslevel Dokument, ob ein Code jeweils vorhanden oder nicht vorhanden ist.

    • Anschließend überprüften wir auf dem Vergleichslevel Dokument, die Übereinstimmung der jeweiligen Häufigkeit der Zuordnung eines jeden Codes. Rechnerisch wird die Anzahl der Übereinstimmungen durch die Zeilenzahl dividiert.

    • Im dritten Schritt ermittelten wir auf dem Vergleichslevel Segment, die Übereinstimmung der Codierungen der einzelnen Segmente. Dabei wählten wir, dass mindestens 90% der codierten Bereiche überlappen müssen. Es handelt sich hierbei um die komplexeste Rechnung. Hat ein Dokument bspw. 120 und das zweite 130 codierte Segmente, werden insgesamt 250 Prüfvorgänge durchgeführt. (Vgl. ebd.)

    12.4 Deduktiv – induktive Kategorienbildung

    Kategorien können sowohl ausschließlich deduktiv oder induktiv gebildet werden, eine Mischform dieser Verfahren ist ebenfalls möglich. MAYRING (vgl. 2008: 74ff.) spricht sich für eine induktive Kategorienbildung im Rahmen der qualitativen Inhaltsanalyse aus. Nach seinem Verfahren werden die Kategorien aus dem Material herausgebildet, wobei lediglich 10–50 % des Materials einbezogen werden. Auf dieser Grundlage kann ein endgültiges Kategoriensystem aufgebaut werden. (Vgl. ebd.) GLÄSER und LAUDEL (vgl. 2010: 199) verweisen darauf, dass MAYRING zwar Offenheit suggeriert, indem die Kategorien am Material gebildet werden, allerdings werden dabei maximal 50 % des gesamten Materials einbezogen. Das übrige Material werde demnach mit einem festgelegten Kategoriensystem codiert, „ohne sich sicher sein zu können, dass dieses Kategoriensystem dafür geeignet ist“ (ebd.). MAYRING (vgl. 2008: 82ff.) schließt eine deduktive Kategorienbildung nicht aus. Im Rahmen der Analyseform Strukturierung geht er auf die Bildung rein deduktiver Kategorien ein, die sich aus der Fragestellung ableiten und theoretisch begründen lassen. Die so gebildeten Kategorien sollen im Rahmen eines „Probedurchgangs“ an einem Teil des Materials überprüft und das Kategoriensystem im Anschluss ggf. überarbeitet werden. (Vgl. ebd.)

    Auch KUCKARTZ (vgl. 2016: 71f.) schließt eine deduktive Kategorienbildung nicht aus. Er merkt jedoch an, dass Unklarheiten während des Codierprozesses auftreten können. Sie sind beispielsweise erkennbar daran, dass viele Textstellen unter „Sonstiges“ codiert werden. Trifft dies zu, werden neue Kategorien gebildet oder bestehende Kategorien modifiziert. Ein deduktives Kategoriensystem sollte daher nicht als starr betrachtet werden, sondern Veränderungen zulassen. (Vgl. ebd.) Kommen ein Interviewleitfaden oder andere strukturierende Mittel im Rahmen der Datenerhebung zum Einsatz, werden in der Forschungspraxis erste Kategorien oftmals direkt aus dem Interviewleitfaden abgeleitet (so genannte A-priori-Kategorienbildung). KUCKARTZ (vgl. ebd.: 95) beschreibt, dass in einem solchen Fall mit deduktiven Kategorien begonnen wird und diese durch induktive Kategorien und Subkategorien ergänzt werden. Demnach spricht er von einer deduktiv-induktiven Kategorienbildung. (Vgl. ebd.)

    Den deduktiv-induktiven Ansatz[50] wendeten wir bei unserer Forschung wie folgt an:

    Abbildung 3. Ablaufmodell unserer Kategorienbildung

    grafische Darstellung

    Meinert/ Zeller 2016

    12.4.1 Deduktive Kategorienbildung (I)

    Im ersten Schritt leiteten wir elf deduktive Oberkategorien und weitere Unterkategorien aus unseren Forschungsfragen und dem Interviewleitfaden[51] ab. Dabei orientierten wir uns bei der Bildung zahlreicher Kategorien eng an den Inhalten und der Gliederung des Schulungsordners.[52]

    12.4.3 Induktive Kategorienbildung (II)

    Anschließend codierten wir unabhängig voneinander vier Interviews. Dabei ließen sich nicht alle Textstellen, die zu unseren Forschungsfragen passten, den deduktiv gebildeten Kategorien zuordnen. Aus diesem Grund bildeten wir zunächst im Rahmen der unabhängigen Codierung anhand der ersten vier Interviews weitere Kategorien. Im Rahmen einer offenen Vorgehensweise, wie sie in der Grounded Theorie angewendet wird, versahen wir zunächst unabhängig voneinander alle Textstellen mit Codes, die sich nicht in deduktiv gebildete Kategorien einordnen ließen. Die neuen Kategorien benannten wir so, wie es uns „in den Sinn kam“. (Vgl. Kuckartz 2016: 79ff.) Anschließend verglichen wir diese neugebildeten Kategorien im konsensuellen Prozess.

    Bei diesem Vergleich fiel auf, dass wir beide, unabhängig voneinander, die Kategorien Leichte Sprache, Werbung, WMVO und Männer gebildet hatten. Wir einigten uns dahingehend, Leichte Sprache als weitere Oberkategorie (OK 12) hinzuzufügen, da Leichte Sprache sowohl in der Schulung durch Weibernetz e.V. (Weibernetz) als auch in der Beratungstätigkeit der Frauenbeauftragten eine zentrale Rolle spielt. Werbung ordneten wir als weitere Unterkategorie (UK 7.2.4) neben Sprechzeiten etc. der OK 7 Organisationsstruktur zu. Wir bildeten die neue Oberkategorie Politik (OK 13), um politische Diskussionen rund um die Tätigkeit der Frauenbeauftragten und deren Implementierung im Rahmen der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) abzubilden. In den Interviews wurde deutlich, dass nicht nur Frauen, sondern auch Männer das Angebot der Frauenbeauftragten nutzen oder nutzen wollen. Da es jedoch auch weitere Zielgruppen gibt, die von den Frauenbeauftragten in besonderer Weise hervorgehoben wurden, bildeten wir OK 14 Zielgruppen als weitere Oberkategorie.

    Unabhängig von einander – und nicht identisch – bildete jeweils eine von uns u.a. die Kategorien Peer-Teaching und Peer-Beratung, eigene Grenzen, Mehrfachrollen, strukturelle Grenzen sowie Akzeptanz innerhalb der Einrichtung.

    In unserer Diskussion über die individuell gebildeten Kategorien kamen wir u.a. zu folgenden Ergebnissen[53]:

    • Da Peers sowohl in der Schulung eine Rolle spielten (Peer-Teaching) als auch in der Tätigkeit der Frauenbeauftragten (Peer-Beratung), einigten wir uns darauf, eine weitere Oberkategorie, die OK 15 Peer einzuführen.

    • Die Kategorie gehörlose Menschen wurde gebildet, da dieser Personenkreis sowohl in den Interviews als potentielle Nutzer_innen benannt wird als auch in der Studie (vgl. Müller/ Schröttle et al. 2013) als besonders vulnerable Gruppe hervorgehoben wird. Daher ergänzten wir die neugebildete OK 14 Zielgruppe um UK 14.1 gehörlose Menschen.

    • Mehrere Befragte schilderten, dass sie neben der Tätigkeit als Frauenbeauftragte ebenfalls andere Schlüsselfunktionen innerhalb der Einrichtung bekleiden, z.B. das Amt einer Werkstatträtin. Um dieses Phänomen vergleichen zu können, berücksichtigten wir UK 9.5 Mehrfachrollen in der neuen UK 8.1.1 Werkstatt/ Bewohnerrat.

    In diesem diskursiven Prozess stellten wir darüber hinaus fest, dass einige Kategorien zu allgemein definiert waren. Aus diesem Grund bildeten wir zu diversen Oberkategorien (OK) weitere Unterkategorien (UK), bspw. ergänzten wir die OK 4 Schulungssetting um UK 4.1 Schulung durch Weibernetz, UK 4.1.1 Unterstützerin, UK 4.1.2 andere Frauenbeauftragte in Ausbildung und UK 4.2 Schulung im WfbM-Kontext.

    12.4.4 Induktive Kategorienbildung (III)

    Wir wiederholten den Prozess des unabhängigen Codierens und der konsensuellen Auswertung mit den sechs verbleibenden Interviews. Als Resultate der Diskussion auf Grundlage des gesamten Materials bildeten wir die Unterkategorien UK 3.5 WenDo und UK 3.6 Tätigkeitserprobung als Ergänzung der OK 3 Lehr- und Lernmethoden. Weiterhin differenzierten wir die OK 4 Schulungssetting durch die Bildung der UK 4.4 Trainerinnen sowie die OK 9 Rollenverständnis durch die Bildung von UK 10.1 Handlungsmaxime weiter aus. Die UK 9.3 Thema der Frauenbeauftragten teilten wir weiterhin in UK 9.3.1 Stärken, UK 9.3.2 Schwächen und UK 9.3.3 Akzeptanz/ Wertschätzung. Als neue Oberkategorie bildeten wir OK 12 Nachhaltigkeit, da wir bis dahin Inhalte zu Themen der Nachfolge z.B. bei Renteneintritt der Frauenbeauftragten oder auch Vertretung im Krankheitsfall, in unserem bisherigen Kategoriensystem nicht einordnen konnten.

    In diesem Schritt entwickelten wir im Vergleich zu Schritt II weniger induktive Kategorien. Hierdurch wird deutlich, dass eine induktive Kategorienbildung auf Grundlage von nur vier Interviews (vgl. Mayring 2008: 86) nicht vollständig gewesen wäre.

    12.4.5 Erstellung des endgültigen Kategoriensystems (IV)

    In der abschließenden Diskussion bezogen wir die deduktiv und induktiv gebildeten Kategorien aus den vorausgegangenen Schritten ein und verschafften uns ergänzend dazu einen Überblick darüber, welche Kategorie bisher wie oft und in wie vielen Interviews codiert wurde.[54]

    Wir konnten erkennen, dass unsere Differenzierungen und Bildung von Unterkategorien in Bezug auf die Schulung zu kleinschrittig waren. Da sich die Frauenbeauftragten nicht detailliert an die Schulung erinnerten, lösten wir sämtliche Unterkategorien der OK2 Wissen auf zweiter Unterebene auf. Als Ergebnis blieben UK 2.1 Rahmenbedingungen für gute Arbeit von Frauenbeauftragten in Einrichtungen, UK 2.2 Gewalt gegen Frauen, UK 2.3 Rechte von Frauen in Einrichtungen und UK 2.4 Über die Arbeit von Frauenbeauftragten bestehen. Die UK 2.3 Sex, Verhütung und Kinderwunsch sowie UK 2.6 Selbsterfahrung lösten wir aufgrund von wenigen, aussageschwachen Codierungen auf. Mit selber Begründung entfielen UK 3.2 Frontalunterricht, UK 13.2 Politik Sonstiges, UK 14.3 Personen mit hohem Förderbedarf, UK 14.4 Personen mit Migrationshintergrund und UK 14.5 Personen mit psychischer Erkrankung. Die Einteilung der UK 9.1 Sinn der Tätigkeit in die UK 9.1.1 generell und UK 9.1.2 in eigener Einrichtung wurde aufgehoben, da sich die Codierungen nicht eindeutig der einen oder anderen Unterkategorie zuordnen ließen.

    Durch die Auflösung und Zusammenlegung von Kategorien, verschoben sich teilweise die Nummerierungen. Um diesen Schritt abzuschließen, schärften wir noch ungenaue Kategoriendefinitionen und ergänzten diese um Ankerbeispiele zu einem endgültigen Kategoriensystem.[55]



    [45] Siehe Anlage IX. Das Werkzeugkasten-Modell der qualitativen Inhaltsanalyse nach Schreier (2014).

    [46] Siehe Anlage X. Anwendung des Werkzeugkasten-Modells der qualitativen Inhaltsanalyse in unserer Forschung.

    [47] Siehe Kapitel 12.2 Konsensuelles Auswerten.

    [48] In der Analysesoftware MAXqda sind verschiedene Memotypen voreingestellt. Diese verwendeten wir unter eigens festgelegten Regeln.

    [49] Siehe hierzu auch 12.3 Exkurs: Intercoder-Übereinstimmung.

    [50] Siehe Anlage XII. Kategorienentwicklung.

    [51] Siehe Anlage IV. Interviewleitfaden in Leichter Sprache.

    [52] Siehe Anlage XIII. Deduktive Kategorienbildung – ausführliche Erläuterung.

    [53] Siehe auch Anlage XIV. Induktive Kategorienbildung – ausführliche Erläuterung (II) mit der vollständigen Darstellung von Diskussion und Ergebnissen.

    [54] Siehe hierzu Anlage XV. Übersicht über Codierungen nach Abschluss des konsensuellen Auswertens.

    [55] Siehe Anlage XVI. Kategoriensystem.

    13. Darstellung der Forschungsergebnisse

    Auf Grundlage des endgültigen Kategoriensystems codierten wir jeweils die Hälfte der Interviews erneut und stellten alle Fundstellen in einer Tabelle zusammen. Die Auswertung schlossen wir ab, indem wir diese in einem ersten Schritt fokussiert auf die jeweilige Kategorie generalisierten. In einem zweiten Schritt fassten wir die Aussagen nach Personen geordnet in der Tabelle zusammen und reduzierten somit das Material.[56] [57](Vgl. Mayring 2008: 64ff.) Auf das Schreiben von Fallzusammenfassungen verzichteten wir bewusst, um Rückschlüsse auf die Interviewteilnehmerinnen zu vermeiden.[58] Folgend stellen wir anhand der Oberkategorien unsere Forschungsergebnisse dar.

    13.1 Motivation

    Die befragten Frauen nannten extrinsische und intrinsische Motivationen zur Teilnahme an der Schulung.

    Drei der Frauen gaben an, dass sie Werkstatträtinnen waren und der Werkstattrat Informationen über das Projekt „Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ erhielten. Vier Frauen wurden direkt von ihren zukünftigen Unterstützerinnen, zwei von der Werkstattleitung und jeweils eine von dem Begleitenden Dienst der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) und der Psychologin der WfbM angesprochen. Einige Frauen betonten, dass diese direkte Anfrage sie bis heute stolz und glücklich mache. In einer Einrichtung suchte sich die Frauenbeauftragte eine weitere Beschäftigte zur Unterstützung.

    Genannt wurden verschiedene intrinsische Gründe zur Teilnahme an der Schulung. Drei der Frauen nannten altruistische Gründe. Sie gaben an, dass sie gerne mit Menschen arbeiten würden und ihnen helfen möchten. In einem anderen Interview wurde benannt, dass viele Frauen missbraucht würden. Eine Frau begründete die Teilnahme mit Selbstbetroffenheit:

    Also, ich ähm, weil ich habe halt als Kind/ als Kind habe ich halt auch/ meine Mutter und mein Vater haben mich halt auch geschlagen und so und ähm, kann halt auch sein, dass ich auch sexuell missbraucht wurde. Aber das ist nicht so ganz klar. […] deswegen finde ich es einfach sehr wichtig, dass man solchen Menschen hilft und das/ die halt einen Ansprechpartner haben, wo die dann hingehen können und wo die dann hilft. (L: 10-16)

    Eine weitere Frau berichtete, sie habe in den 70ern in einer Einrichtung gelebt, in der es zu Übergriffen unter Bewohner_innen und in der Pflege gekommen sei. Auch in der WfbM habe sie 1981/ 1982 Dinge gesehen, die sie absolut nicht in Ordnung fand. Ein Kollege sei zu dieser Zeit noch davon ausgegangen, dass es drei Geschlechter gibt: Frauen, Männer und Behinderte. Daraus leitete sie den Bedarf ab, dass mit behinderten Menschen mehr über Themen wie Bedürfnisse und Intimität gesprochen werden sollte. Eine weitere Frau berichtete von Belästigung in der WfbM und weinenden Frauen, die überfordert seien. Sie lernte eine bereits geschulte Frauenbeauftragte kennen und setzte ihre Teilnahme am zweiten Schulungskurs des Projektes gegen den Willen der Werkstattleitung durch.

    Alle Frauen gaben an, erst im Rahmen der Schulung gelernt zu haben, was es bedeute, Frauenbeauftragte zu sein. Zwei von ihnen sagten dies, obwohl sie bereits geschulte Frauenbeauftragte kannten.

    13.2 Wissen

    Die Frauen erinnerten sich, dass sie in der Schulung lernten, was eine Frauenbeauftragte ist und warum ihre Implementierung wichtig ist. Auch wussten sie, welche komplexen Aufgaben sie hat und über welche Eigenschaften sie verfügen sollte. Die Ausübung des Amtes beinhalte bestimmte Rechte und Pflichten, sodass bestimmte Rahmenbedingungen für gute Arbeit vorliegen sollten. Im Schulungsordner können die Frauen alles Wichtige nachlesen.

    Wenige Frauenbeauftragte erinnerten sich, dass Gesetze über die Rechte von behinderten Frauen eine wichtige Grundlage für ihre Arbeit bieten. Aspekte, wie Gleichberechtigung, Selbstbestimmung, körperliche Unversehrtheit usw. sind gesetzlich geregelt, sodass ein Rechtsanspruch geltend gemacht werden könne. Es liegen verschiedene Gesetze wie das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) und die UN Behindertenrechtkonvention (UN-BRK) vor, von denen einige bereits in Leichte Sprache (LS) übersetzt wurden. Es gäbe zwar ein Sachwortregister in den Gesetzesbüchern zum Nachschlagen, aber bei Bedarf könne auch ein_e Jurist_in hinzugezogen werden.

    Frauenbeauftragte in Einrichtungen seien wichtig, weil behinderte Frauen besonders häufig von Gewalt betroffen sind. Frauen, die einen hohen Unterstützungsbedarf haben und einen Rollstuhl nutzen, seien besonders vulnerabel. Schlecht einsehbare Orte bergen ein erhöhtes Risiko für Übergriffe in Einrichtungen. Es liegt Wissen darüber vor, was sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen ist und was zu sexuellen Übergriffen führen könne. Ratsuchende Frauen könne auf unterschiedliche Art und Weise geholfen werden.

    Die meisten Frauenbeauftragten wussten, dass sie für alle Frauen mit unterschiedlichen Unterstützungsbedarfen in der jeweiligen Einrichtung zuständig sind und dass sie ihnen bei unterschiedlichen Problemen und Frauenthemen weiterhelfen sollen. Sie seien auch für gehörlose und nicht verbal kommunizierende Frauen zuständig und sollten in LS beraten können. Es sei wichtig, sowohl die Frauen zu fragen, wie es ihnen geht, als auch zu schauen, ob es ihnen gut geht. Frauenbeauftragte setzen sich für die Rechte von Frauen ein: „Und dass ist das, was ich möchte: Dass die Frauen GENAUSO behandelt werden wie die Männer. Das ist eine Gleichstellung, sei es arbeitsmäßig oder sonstwas“ (B: 24-26) Ratsuchende Frauen erteilen einen Auftrag, nach welchem die Frauenbeauftragten individuell handeln sollten. Dabei beachteten sie die Schweigepflicht und Respektieren die Selbstbestimmung der Ratsuchenden. Diese sollten nicht bevormundet werden, sodass eine Beratung auf Augenhöhe stattfinde. Die Frauenbeauftragten lernten, wie sie bei Bedarf auf Frauen zugehen und Beratungsgespräche führen können, um individuelle Belange gemeinsam zu bearbeiten. Auch informieren, beraten und vermitteln zu. verschiedenen Angeboten bspw. WenDo-Kurse, externe Beratungsstellen, Frauennotruf, Frauenhäuser usw. zähle hierzu. Einige Frauen wissen, dass sie im Idealfall mit unterschiedlichen Partner_innen vernetzt sein sollen, sodass sie bei Bedarf Unterstützung hinzuziehen können. Falls die Notwendigkeit einer Dokumentation eines Beratungsgespräches besteht, wissen wenige Frauenbeauftragte, wie sie diese anfertigen können.

    Frauenbeauftragte sollten über gewissen Kompetenzen verfügen, die sie sowohl in Beratungsgesprächen, als auch bei der Vernetzung und Kontaktaufnahme mit Beratungsstellen etc. anwenden können. Sie benötigten Mut und Selbstbewusstsein, sowie ein hohes Maß an Durchsetzungsvermögen, um sich gegenüber der Werkstattleitung zu behaupten, um bspw. gute Rahmenbedingungen zu erlangen. Einzelne Frauen erinnerten sich, dass Hilfsbereitschaft ebenso wie gutes Ausdrucksvermögen sich positiv auf die Ausübung des Amtes auswirke. Auch Gesprächsführungstechniken sowie Wissen über den Ablauf der Beratung zählten hierzu. Auch sei es wichtig, die Frauen ausreden zu lassen und ihnen während des Gespräches in die Augen zu schauen.

    Um die Tätigkeit gut ausüben zu können, benötigen Frauenbeauftragte verschiedene Ressourcen. Die meisten Frauen wissen, dass ein Budget für die eigene Arbeit wichtig ist. Eine Frau sieht die Vergütung der Unterstützerin in dem Budget enthalten. Dies sei besonders wichtig, wenn sie extern ist. Für die Beratung benötige die Frauenbeauftragte ein eigenes Büro oder einen Raum, den sie zu festen Zeiten für vertrauliche Gespräche nutzen könne. Dieser Raum sollte einen abschließbaren Schrank beinhalten, in dem Akten und Dokumente aufbewahrt werden können. Ebenso gehöre ein Laptop oder Computer für E-Mailverkehr und Recherchezwecke, ein Drucker, sowie ein Schreibtisch und Stühle zur Ausstattung des Büros. Ein Handy, das ggf. WhatsApp fähig ist, sei von Vorteil.

    13.3 Lehr- und Lernmethoden

    Unterschiedliche Lehr und Lernformate wurden von den Befragten beschrieben und bewertet.

    Sechs Frauen erinnerten sich an Rollenspiele. Im diesem Rahmen übten die Schulungsteilnehmerinnen Gesprächssituationen in Kleingruppen. Die Trainerinnen spielten eine Situation vor, z.B. Streitigkeiten zwischen Beschäftigten oder Gespräche mit der Einrichtungsleitung: „Oder wo dann auch mal öfters schöne Spiele gemacht, wie das denn machen, wenn wir so zum Chef hingehen, dass wir uns dann da abmelden oder dann mal, wie wir denn anrufen können. Das haben wir dann auch alles gelernt“ (D: 286–289). Einzelne Schritte einer Intervention bzw. Beratung wurden ebenso geübt wie Durchsetzungsvermögen, Körperhaltung und Blickkontakt. Die Teilnahme an Rollenspielen sei verpflichtend gewesen. Jede Frau habe jede Rolle übernehmen müssen. Die Frauen durften auch laut schreien und hätten die Rollenspiele in gedruckter Form erhalten, um diese später nachlesen und -spielen zu können.

    Zwei der Frauen bewerten die Rollenspiele rückblickend als mühsam. Eine Frau betonte, diese Rollenspiele hätten ihr Kraft gegeben und ihr Selbstbewusstsein gestärkt. Darüber hinaus wurden Rollenspiele als eine gute und interessante Erfahrung beschrieben, welche ihnen Spaß gemacht habe.

    In manchen Unterrichtseinheiten seien die Teilnehmerinnen in Kleingruppen aufgeteilt worden, die regelmäßig wechselten, sodass sich alle untereinander kennenlernten. Drei Frauen erinnerten sich auch an kreative Methoden. Sie benannten das Aufmalen von Füßen, um die nächsten Schritte von Frauenbeauftragten zu visualisieren und das Malen des gesamten Körpers im Rahmen der Auseinandersetzung mit der eigenen Person.

    Die Frauen lernten nicht nur am Schulungsort, sondern machten auch Exkursionen zu Beratungsstellen, bspw. dem Frauennotruf und einem Frauenhaus.

    Ein Großteil der Befragten erinnerte sich an Gastvorträge, die je nach Schulungskurs variierten. Als Referent_innen kamen nichtbehinderte Frauen bzw. Gleichstellungsbeauftragte vom Radio, eine Polizistin, ein Anwalt bzw. eine Anwältin, eine Vertreterin von Mensch zuerst sowie eine Frauenbeauftragte aus dem ersten Schulungskurs. Die Frauen erhielten Informationen über Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten außerhalb der WfbM sowie Wissen über Gesetze. Eine Frau erzählte:

    […] da waren dann ne ähm ne Anwältin da. Die hatte dann ne ähm einen Vortrag gehalten und da hatte sie ein paar Sachen erzählt, die ich auch noch nicht wusste. Ja, das war interessant so zu gucken, wie das Anwälte auch machen. Also, die ähm, müssen sich damit ja auch auseinandersetzten. Hm. Das war interessant. (L: 33–37)

    Die Gastreferent_innen sprachen in LS oder wurden ggf. von den Schulungsteilnehmerinnen durch das Hochhalten roter Karten mit der Aufschrift „Stopp! Leichte Sprache!“ darauf hingewiesen.

    Vier der Befragten sprachen sehr positiv übe WenDo, ein Selbstverteidigungstraining. Externe Trainer_innen übten mit den Frauen, wie sie sich inner und außerhalb der WfbM gegen Belästigung etc. wehren können. In diesem Training erfuhren die Frauen, wozu sie fähig sind. Sie zerschlugen Bretter und machten weitere Übungen. Über WenDo sagte eine Frauenbeauftragte:

    WenDo. Mhm, mhm, das ist, das war auch ganz gut. WenDo war eigentlich auch gut, also tun sich/ Zum Beispiel, drüben und drüben sitzen/ Ist eine ganze Schlange und alle sagen blöde Worte zu dir und du musst da durch. Verstehst du? Hin und zurück. Verstehst du? Ich weiß nicht, das haben sie/ Also eine Reihe und dann haben sie eben böse Worte gesagt und du musst eben durch. Also, das war sehr (.) schwer. (K: 187–192)

    In der Schulung sei über Vorstellungen der zukünftigen Tätigkeit als Frauenbeauftragte gesprochen worden und einige Frauen nahmen die Tätigkeit in ihren Einrichtungen bereits vor Abschluss der Schulung auf. In der Schulung habe ein Erfahrungsaustausch stattgefunden. Darüber erzählte eine Frau:

    Und ähm, dann äh, äh, wurde immer Erfahrungsaustausch/ ausgetauscht. Also äh/ Jede Frau hat erzählt, was sie so in ihrer Sprechzeit/ […] Komme ich jetzt zuerst mal/ Ich habe Sprechzeiten. Jeden/ Und äh, ja, da haben wir eben uns gegenseitig erzählt, wie die Sprechzeiten waren. Natürlich nicht welche Frau und was sie erzählt hat, sondern nur so, was man eben so für die Erfahrung braucht. Äh (.) und haben uns gegenseitig Tipps gegeben, wie wir damit umgehen können. (A: 68–76)

    Die Frauen knüpften parallel zur Schulung Kontakte vor Ort, u. a. zu Beratungsstellen und kommunalen Frauenbeauftragten, machten Werbung in ihren Einrichtungen und boten erste Sprechzeiten an.

    Jede Frau habe Unterlagen mit dem Titel „Ich werde Frauenbeauftragte – Ordner für Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ mit sämtlichen Schulungsinhalten in LS erhalten. Eine Frauenbeauftragte erinnerte sich:

    Wir haben so einen Ordner mitgehabt. Wir haben immer so solche Blätter mitgekriegt, nee. Ich habe die dann immer mitgenommen. Wir haben dann so einen Ordner gehabt, da steht dann Frauenbeauftragte drauf. Und da haben wir das dann immer so halbwegs drin eingeheftet. […] Und was man dann so nachgucken kann. So in Stichworten. Also, da weiß ich jetzt nicht, wie man/ wie man/. Also, ne. Auch wenn da Einer kommt zu mir und dann sagt, ich möchte gern ´ne Pflegerin haben, anstatt einen Pfleger/, ne. […] Steht alles in meinem Ordner drin. Da war immer alles/ wenn man in Schulung war/ da immer alles zum Nachlesen gekriegt und das sollte dann immer in unseren Ordner rein. Mussten wir auch immer mitnehmen. (C: 76–92)

    Dieser Ordner wurde zu jedem Schulungstermin mitgebracht und nach und nach mit Inhalt gefüllt. Die Frauen wissen, dass er verschiedene Informationen enthält. Hier sind Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für Frauenbeauftragte ebenso erklärt, wie der Zugang zum Hilfesystem. Auch Hinweise zur Gesprächsführung und über Gesetze sind hier enthalten. Fiktive Frauen sind auf dem Schulungsordner abgebildet und leiten durch den Schulungsordner. Sie erklären u. a., warum Frauenbeauftragte in Einrichtungen wichtig sind. Im Ordner wird auch erklärt, welche Aufträge Frauenbeauftragte haben. Diese sind graphisch mit „Auftragsstempeln“ gekennzeichnet. Jede Schulungsteilnehmerin ist mit einem Foto und einem kurzen Text in dem Ordner abgebildet. Manche der Frauen schauen nach wie vor in ihren Ordner, wenn sie Fragen nicht direkt klären können.

    Darüber hinaus verwendeten die Trainerinnen Filme und Bilder als Medien. Die Frauen erhielten Informationsmaterialien in LS und Bücher.

    13.4 Schulungssetting

    Das Schulungssetting gibt Informationen darüber, welche Eindrücke die Schulung zur Frauenbeauftragten bei den Frauen hinterließ. Insbesondere die Interaktion zwischen den Schulungsteilnehmerinnen steht ebenso im Vordergrund wie die Trainerinnen als mögliche Rollenvorbilder.

    Die Frauen haben sowohl die Schulung als auch die Gruppe in guter Erinnerung. Sie haben dort viel gelernt, allerdings sei diese Zeit auch anstrengend gewesen. Besonders einprägsam sei für einige gewesen, dass LS verwendet wurde. Wenn etwas nicht gut verstanden wurde, konnten die Frauen eine Stoppkarte hochhalten, woraufhin das Gesagte nochmals vereinfacht wiederholt wurde. Die Unterstützerinnen der Frauen waren bei der ersten und letzten Schulungseinheit jeweils anwesend, was vielen Frauen Sicherheit gegeben habe. Wenige Frauen bekamen hingegen während des gesamten Zeitraums Unterstützung.

    Insgesamt wurden pro Schulung acht Frauen ausgebildet, die alle aus unterschiedlichen Städten und Bundesländern kamen. Das Miteinander unter den Frauen sei besonders positiv, da sie sich gut untereinander verstanden haben, sodass einige Freundschaften entstanden. Alle Frauen haben sich kennengelernt und sich über verschiedene Aspekte, wie bspw. die eigene Wohnsituation ausgetauscht. Eine Frau erinnerte sich, dass wenige Teilnehmerinnen abbrachen, da sie kein Interesse mehr hatten. Nach der Schulung gestalteten die Schulungsteilnehmerinnen gemeinsam den Abend. Am Ende der Schulung seien alle Teilnehmerinnen mit einer Urkunde ausgezeichnet worden, was sie gemeinsam feierten. Einige Frauen seien besonders stolz auf diese Auszeichnung gewesen und fühlten sich dadurch wertgeschätzt.

    Die Schulung wurde von zwei Trainerinnen durchgeführt, die von Weibernetz e.V. (Weibernetz) kamen. Eine von ihnen habe einen Rollstuhl genutzt. Beide seien sehr sympathisch gewesen und haben gemeinsam die Schulung gestaltet, was einigen Frauen sehr gut gefiel. Auch haben sie die Frauen dazu ermutigt, sich selbst etwas zuzutrauen und so zu handeln, wie sie es als richtig empfänden.

    Insgesamt haben die Frauen viel in der Gruppe erlebt, manche äußerten ihr Bedauern darüber, dass die Schulung nicht mehr Termine umfasste.

    13.5 Reflexionsprozesse

    Die Schulung regte zu einer Auseinandersetzung mit der eigenen Person, Schulungsinhalten sowie der eigenen Tätigkeit innerhalb der Einrichtung an.

    Über die Hälfte der Befragten geben an, durch die Schulung selbstbewusster, stärker und mutiger geworden zu sein. Eine Frauenbeauftragte berichtete: „ICH, ICH habe mich da verändert. ICH, ICH habe mich verändert. Ich war auch mal so klein und zierlich, wie/ Wirklich. ICH habe mich verwandelt, das haben viele/ Ich habe mich verändert, ich bin stärker geworden.“ (K: 560–562)

    Eine Frau gab an, jetzt laut schreien zu können, eine andere sei ruhiger geworden. Neues sei gelernt worden, sowohl was Zwischenmenschlichkeit im Allgemeinen betrifft, als auch auf den Beratungskontext bezogen. Zwei Frauen gaben an, Anerkennung erfahren und zum Abschluss der Schulung eine Auszeichnung erhalten zu haben.

    Fünf der Frauen fühlten sich durch die Schulung gut ausgebildet und vorbereitet auf ihre Tätigkeit als Frauenbeauftragte. Zwei erklärten, dass sie in ihre neue Tätigkeit hineinwachsen mussten. Eine von ihnen schilderte dies wie folgt:

    Also es war ja alles ganz neu und ich mu/ musste ja erst einmal, mhm, sagen: So, ich bin Frauenbeauftragte und ich möchte meine Arbeit aufnehmen. Und dann kam der erste Satz so: Ach, das lass mal, das ist zu schwer für dich. So. Weil, äh, es wurde früher damit ganz anders umgegangen als heute. Und, mhm, ich habe dann meine Arbeit doch aufgenommen und so Schritt für Schritt würde/ bin ich an mein Ziel gekommen. (A: 254–259)

    Die Schulung wird von einer Frau als anstrengend, aber insgesamt als interessant und hilfreich beschrieben. Ausgehändigte Materialien würden für Sicherheit bei der anschließenden Tätigkeit sorgen. Zwei der Frauen bedauerten, dass die Schulung nicht weitergeführt werde.

    13.6 Ressourcen durch Einrichtung

    Die Bereitstellung der Ressourcen durch die Einrichtung gestaltet sich sehr unterschiedlich, sodass die Frauenbeauftragten unter verschiedenen Rahmenbedingungen arbeiten.

    In sieben Einrichtungen verfügen die Frauenbeauftragten über einen Raum, den sie für ihre Tätigkeit nutzen und in dem sie Materialien aufbewahren können. Ungefähr die Hälfte aller Frauenbeauftragten teilt sich das Büro mit dem Werkstattrat, jedoch stehen der jeweiligen Frauenbeauftragten dann feste Zeiten zur Verfügung, aber auch nach Bedarf kann das Büro genutzt werden. Die übrigen Frauen verfügten seit Beginn der Tätigkeit über ein eigens Büro, allerdings nutzen einige aufgrund räumlicher Umstrukturierungen innerhalb der Einrichtung momentan einen Mehrzweckraum bzw. beraten auch innerhalb ihres Werkbereiches in der WfbM. Ein eigenes Büro oder ein gemeinsames Büro mit dem Werkstattrat biete eine gute Grundlage für die Arbeit, eine Mitnutzung oder ungeklärte räumliche Verhältnisse hingegen erschwere die Ausübung der Tätigkeit. Ihre Erfahrungen beschrieb eine Frauenbeauftragte folgendermaßen:

    Also, wir haben/ ich hatte ja mal ein Büro bei den W2, ja. So. Aber das musste ich ja leider räumen, weil da dann jemand anderes rein wollte. So, und ich finde, als Frauenbeauftragte braucht man auch ein/ ein eigenes Büro. Also, es muss ja nicht ein eigens Büro sein, ne. Ähm, weil das so ein Besprechungsraum ist, ne. (C: 178–182)

    Mehr als die Hälfte verfügen über einen abschließbaren Schrank, um vertrauliche Dokumente sicher verwahren zu können, was sehr wichtig sei. In den Schränken werden neben dem Schulungsordner, Zeitschriften, Informationsmaterialien und ggf. Gesetzesbücher und Protokolle verwahrt. Fast alle haben entweder einen eigenen Laptop/ Computer oder verfügen über einen passwortgeschützten Zugang. Eine Frau hat nach dem Wechsel in einen Mehrzweckraum keinen Zugang mehr zu einem Computer. Es steht mehr als der Hälfte aller Frauen ein Telefon/ Handy zur Verfügung, welches sie beruflich nutzen können. Wenige Frauen nutzen einen Festnetzanschluss ohne Anrufbeantworter, eine Frau hingegen nutzt ihr Diensthandy zusätzlich zu einem Festnetzanschluss, damit sie weitergeleitete Anrufe unterwegs erhalten kann. Auch E-Mails und andere Nachrichten können unterwegs abgerufen werden. Jeweils in einem Büro stehen ein Drucker und eine Kaffeemaschine zur Verfügung. Die Urkunde von Weibernetz sowie Poster oder Fotos aus der Schulung hängen in einigen Büros. In drei Einrichtungen steht den Frauenbeauftragten ein Postfach zur Verfügung. Visitenkarten werden von manchen genutzt, eine Frau legte einen Adresskasten mit Kontakten wichtiger Vernetzungspartner_innen an.

    Allen Frauenbeauftragten steht eine Unterstützerin zur Seite, welche in den meisten Fällen intern ist und überwiegend im Begleitenden bzw. Sozialen Dienst der Einrichtung tätig ist. Eine Frauenbeauftragte schloss einen Vertrag mit ihrer Unterstützerin. Interne könnten bessere Unterstützung bieten, da sie die Personen in der Werkstatt gut kennen würden, was vorteilhaft sei. Problematisch sei, dass Unterstützerinnen keine Vertreterin haben, die bei Krankheit und Urlaub einspringen könne. Insgesamt sind die Frauen zufrieden mit der Art und Weise der aktuellen Unterstützung. Eine Frau fühlte sich überfordert, da die ehemalige Unterstützerin zu viel von ihr verlangte: „Also so richtige Unterstützung hatte ich nicht. Die hat immer gehofft, dass es von MIR aus geht, aber das bekomme ich nicht hin und das, das hat mich eben auch ein bisschen frustriert.“ (G: 352–354)

    Die Hälfte der Befragten hat wöchentlichen Kontakt, auch ist die Unterstützerin während der Sprechzeiten in der Nähe, sodass sie ggf. hinzugezogen werden kann, wenn die Frauenbeauftragte sie benötigt. Dies gebe ihnen das Gefühl von Sicherheit, was positiv bewertet wurde. Auch trage die Unterstützerin teilweise dazu bei, dass die Frauenbeauftragte mehr Anerkennung und Wertschätzung innerhalb der Einrichtung erfahre, was für die Tätigkeit wichtig sei. Mehr als die Hälfte arbeiten nicht mehr mit ihrer ersten Unterstützerin zusammen, weil diese berentet wurde oder in Mutterschutz ging, weil die Unterstützerinnentätigkeit zu umfangreich neben der jeweiligen Hauptarbeit innerhalb der WfbM war oder, weil es sich die Frauenbeauftragte wünschte. Einer Frau wurde zu viel von ihrer Arbeit abgenommen, was ihr missfiel. Wenige der jetzigen Unterstützerinnen seien nicht von der Frauenbeauftragten selbst gewählt worden. Eine Frau wechselte ihre Unterstützerin vier Mal und ist momentan sehr zufrieden mit ihrer Situation. Alle Frauenbeauftragten sind zum Zeitpunkt der Befragung zufrieden mit der Art und Weise der Unterstützung. Einige Frauen werden zu Veranstaltungen und Fachtagen begleitet und können sich jederzeit an ihre Unterstützung wenden, wenn sie Fragen haben oder einen Rat benötigen.

    Jeweils eine Frau bekommt insbesondere bei technischen sowie organisatorischen Aspekten, Erstellen von Einladungen, Durchführung von Angeboten für die Frauen in der Einrichtung, bei Vorträgen und Angeboten für die Frauen in der Einrichtung (z.B. Frauencafé, Schminknachmittag, Fortbildungen, Kurse etc.), innerhalb der Beratung bei vorherigem Einverständnis der Ratsuchenden Unterstützung. Auch würden Treffen zum gegenseitigen Austausch sowie der Ideenfindung für Angebote innerhalb der Einrichtung genutzt.

    Mehr als die Hälfte aller Frauen können mit einem eigenen Budget wirtschaften, was die Möglichkeit bietet, verschiedene Angebote selbstständig gestalten zu können. Eine Frauenbeauftragte kann mit jährlich zwei bis dreitausend Euro haushalten und bekommt zusätzlich ein Budget für eigene Fortbildungen. Eine andere Frau verfügt über kein festes Budget und wird darauf Aufmerksam gemacht, wenn sie zu viel Geld ausgegeben hat. Die übrigen Frauen verfügen über kein eigenes Budget, sondern wenden sich an ihre Unterstützerinnen, wenn sie finanzielle Mittel benötigen. Selten verwenden die Unterstützerinnen das Geld für eigene Anschaffungen, von denen die Frauenbeauftragte für ihre Arbeit nicht profitieren würde. Das feste Budget wird für verschiedene Zwecke eingesetzt, z.B. die Vergütung der externen Unterstützerin, WenDo-Kurse und ggf. Gebärdendolmetscherinnen, eigene Fortbildungen, Aufmerksamkeiten, die Bewirtung bspw. bei Beratungsgesprächen, Materialien wie Gesetzesbücher und Beratungshilfen oder Bürobedarf. In den übrigen Fällen kümmern sich die Unterstützerinnen um Anschaffungen und die finanzielle Organisation, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Frauenbeauftragten steht. Frauenbeauftragte mit einem eigenen Budget in angemessener Höhe haben die Möglichkeit, vielfältige Angebote in ihrer Einrichtung zur Verfügung zu stellen, Veranstaltungen zu besuchen und sich mit notwendigen Materialien auszustatten. Schwierig hingegen sei es, wenn lediglich geringe oder nicht fest geregelte Mittel zu Verfügung stünden.

    13.7 Organisationsstruktur

    Der Tätigkeitsumfang der Frauenbeauftragten wird hier näher beschrieben.

    Für ihre Tätigkeit als Frauenbeauftragte sind alle Frauen bis auf eine von ihrer Werkstattarbeit freigestellt. In einem Fall wurde eine Freistellung zugesagt, diese funktioniere jedoch nicht. Eine der Frauen hat eine komplette Freistellung, allerdings nur, weil sie auch Werkstattratvorsitzende ist. Sie und zwei weitere Frauen sind zufrieden mit der Zeit, die ihnen zur Ausübung ihrer Tätigkeit, über das Angebot von Sprechzeiten hinaus zur Verfügung steht.

    Eine Frauenbeauftragte ist für die Dauer ihrer Sprechzeit (1,5 h) freigestellt: „Ja, in der Arbeitszeit. Da werde ich dann immer fre/, frei/, freigestellt, dass ich dann immer hier oben sein kann“ (D: 712–713). Sie hat keine zusätzliche Zeit zur Vor und Nachbereitung:

    Nein, das mache ich dann alles in dieser kurzen Zeit oder ich gehe dann immer vorher schon hoch. Also ich gehe dann immer in der Pause hoch, weil ich habe dann immer die zweite Pause und dann gehe ich schon immer früher schon hoch, dass ich dann den Computer anmache und dass ich dann meine Bücher und äh, das alles dann dahin lege. Das mache ich dann vorher schon alles. (D: 719–724)

    Ebenso bewerteten drei weitere Frauen ihr Zeitkontingent als nicht ausreichend. Die Tätigkeiten gehen über die Sprechstunden hinaus, sodass die Frauen sie außerhalb ihrer Werkstattarbeitszeit ausübten. Manche haben sich Urlaub nehmen müssen, um an der Schulung durch Weibernetz teilzunehmen. In einer der Einrichtungen werde die Freistellung der Frauenbeauftragten zukünftig in einem Leitfaden geregelt.

    Frauenbeauftragte sind innerhalb der eigenen Werkstätten von Ratsuchenden ansprechbar. Eine der Frauenbeauftragten fährt einmal pro Monat in eine weitere Zweigstelle desselben Trägers. Da sie auf einen Fahrdienst angewiesen ist, sei dies immer mit großem Aufwand verbunden. Die Zuständigkeit in weiteren Zweigstellen würde sie überfordern. Eine andere Frauenbeauftragte trennt ihre Ämter als Frauenbeauftragte, Werkstattratvorsitzende und Vertreterin weiterer Gremien nicht klar voneinander. Offiziell sei sie Frauenbeauftragte in einer Zweigstelle, fühle sich jedoch für insgesamt 3.235 Beschäftigte an sechs Standorten zuständig. Die Leitungen von zwei Einrichtungen beauftragten die jeweiligen Frauenbeauftragten mit der weiteren Zuständigkeit für ein Wohnheim bzw. eine weitere Zweigstelle. Dies überfordere jedoch die Frauenbeauftragten im Rahmen ihrer Möglichkeiten. Eine von ihnen berichtet:

    Und ich mache das nur hier in der Firma. Ich sollte das erst in, in, in dem Wohnheim mitmachen, aber das, das schaffe ich nicht. Dann wäre ich den ganzen Tag unterwegs und morgens dann erst arbeiten und abends dann noch da hin. Das ist mir dann auch, auch zu viel. (D: 544–547)

    Eine Frauenbeauftragte, die für die Unterstützung von Frauen einer Komplexeinrichtung, bestehend aus einer WfbM, stationärem Wohnbereich und Wohngruppen geschult wurde, suchte sich eine weitere Beschäftigte zur Unterstützung. Sie arbeiteten von Anfang an im Team und haben sich die Zuständigkeit für WfbM und Wohnbereich untereinander aufgeteilt.

    Einige Frauen betonten die Trennung von Arbeit und Privatem. Sie wollen ausschließlich in der WfbM von Ratsuchenden erreicht werden, möglichst nicht während ihrer Pausenzeiten. Eine von ihnen gab ihre private Telefonnummer und E-Mailadresse auch auf Nachfrage der Beschäftigten nicht raus. Diese Frauenbeauftragte besucht bei Bedarf jedoch im Anschluss an ihre Arbeitszeit Werkstattbeschäftigte in Wohneinrichtungen. Eine Frauenbeauftragte schreibt am Abend Gesprächsprotokolle, da ihre zur Verfügung stehende Zeit in der WfbM nicht ausreiche. Bis 22 Uhr ist eine für den Wohnbereich ihres Trägers zuständige Frau unter ihrer Privatnummer erreichbar.

    Eine der geschulten Frauenbeauftragten ist derzeit nicht tätig. Sie fühlte sich von den Ideen ihrer ehemaligen Unterstützerin überfordert und ihr gelang es nicht, ihre Arbeit in der WfbM und ihre Tätigkeit als Frauenbeauftragte zu vereinbaren. Sie habe immer die liegengebliebene Arbeit in ihrem Werkbereich im Kopf, wenn sie als Frauenbeauftragte aktiv würde. Diesen Umstand beschreibt die Frau als hemmenden Faktor. Gemeinsam mit ihrer neuen Unterstützerin suche sie nach realistischen Lösungen. Hierfür wünsche sie sich, einen Tag pro Woche freigestellt zu werden. Die Tätigkeit einer Frauenbeauftragten sei nicht als Ehrenamt anzusehen.

    13.8 Tätigkeiten

    Es erfolgt eine Beschreibung der Tätigkeiten von Frauenbeauftragten, die wir in Sprechzeiten, Werbung und Zusammenhangsarbeit untergliedern.

    Fünf Frauenbeauftragte bieten regelmäßige, d.h. wöchentliche oder monatliche, Sprechzeiten an. Sie stehen Ratsuchenden dann für anderthalb bis zwei Stunden für Gespräche zur Verfügung. Drei von ihnen stehen Ratsuchenden zusätzlich bei Bedarf auch außerhalb der Sprechzeiten zur Verfügung. Dies schilderte eine Frau wie folgt:

    Wie gesagt, mein Büro ist jeden Dienstag auf und dann kann jeder Zeit jemand rein. Es sei denn, es sei denn, es kommt jetzt mal eine Frau zu mir und sagt: ‚K., ich möchte ganz dringend mit dir sprechen‘. Also dann geht das auch mal zwischendurch. Dann geht das ja nicht hier. Dann sage ich: ‚Gut, in zehn Minuten, dann kommst du in mein Büro‘. Dann sind sie meistens da. (K: 663–667)

    Die beiden anderen Frauenbeauftragten bieten zwar Sprechstunden an, diese werden jedoch derzeit wenig bis gar nicht in Anspruch genommen. Allgemein sei die Inanspruchnahme überwiegend gering. Als Gründe dafür nannte eine Frauenbeauftragte, deren Sprechzeiten am Nachmittag sind, dass einige Frauen um diese Zeit bereits Feierabend hätten. Außerdem würden manche Frauen von ihren Gruppenleiter_innen für den Besuch der Sprechzeiten nicht freigestellt, da ihre Tätigkeit in der Einrichtung wenig akzeptiert sei. Die andere Frauenbeauftragte geht davon aus, dass derzeit alle Frauen zufrieden seien.

    Von den fünf Frauenbeauftragten, die derzeit keine Sprechstunden anbieten, ist eine aufgrund ihrer kompletten Freistellung immer ansprechbar. Da in der Anfangszeit zahllose Frauen mit Gesprächsbedarf zu ihr kamen, führte sie zur besseren Organisation feste Sprechzeiten ein. Da sich mittlerweile die Zahl der Ratsuchenden reduziert habe, wurden die Sprechzeiten wieder aufgegeben, sodass sie den Frauen wieder jederzeit zur Verfügung stehe. Zwei Frauen boten in der Anfangszeit Sprechstunden an. Das Gesprächsangebot einer dieser Frauen wurde nicht angenommen, sodass sie sich darauf konzentrierte, Freizeitangebote zu schaffen, in deren Rahmen Frauenthemen besprochen werden können. Die Sprechstunden der zweiten Frauenbeauftragten wurden angenommen. Seit Umstrukturierungen innerhalb der WfbM vorgenommen wurden, stehe ihr jedoch kein Beratungsraum mehr zur Verfügung. Gemeinsam mit ihrer neuen Unterstützerin denke sie über die Wiedereinführung von Sprechzeiten nach. Um ohne Büro arbeiten zu können, würde sie gerne an einem festen Termin pro Woche durch die Gruppen gehen und mit den Frauen sprechen. Die Frauenbeauftragte, die für den Wohnbereich ihres Trägers zuständig ist, kann auch abends telefonisch erreicht werden. Trotz Werbung meldeten sich jedoch keine Ratsuchenden bei ihr, was sie schade finde. Eine Frauenbeauftragte ist ausschließlich während ihrer Werkstattarbeitszeit ansprechbar, sie berät bei Bedarf flexibel, aber nicht zu festen Zeiten.

    Die Berichte einiger Frauen haben gemeinsam, dass nach der Einführung einer Frauenbeauftragten in einer Einrichtung die Inanspruchnahme zunächst sehr hoch bis überfordernd war und sich im Laufe der Zeit reduziert hat.

    Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die wenigsten Frauenbeauftragten erfolgreich nach dem Sprechstunden-Modell arbeiten.

    Ratsuchende kommen auf unterschiedlichen Wegen zu den Frauenbeauftragten. Entweder kommen sie aus eigenem Antrieb, werden von der jeweiligen Frauenbeauftragten direkt angesprochen oder sie werden von Gruppenleiter_innen oder anderen Beschäftigten geschickt bzw. gebracht. Wichtig sei, dass die Frauen freiwillig kommen. Nicht in allen Einrichtungen unterstützen die Gruppenleiter_innen die Tätigkeit der Frauenbeauftragten.

    Ratsuchende kämen mit vielfältigen Themen aus den Bereichen Liebe und Partnerschaft, Freundschaften, Arbeiten, Wohnen, Belästigung und sexueller Missbrauch sowie dem Bedarf nach Vermittlung an externe Beratungsstellen. Mehr als die Hälfte der Frauenbeauftragten nennt Liebeskummer als Beratungsthema. Ratsuchende wünschten sich einen Partner, haben Probleme mit ihrem Partner, einem Ex-Partner oder dem Ehemann oder seien in eine Frau verliebt. Kosten für Verhütungsmittel werden ebenso thematisiert, wie das generelle Verbot einer Partnerschaft durch die Eltern der Beschäftigten. Zwei Frauenbeauftrage nannten das Thema Kinderwunsch. Eine der beiden ist selbst Mutter und zu ihr kämen Frauen, die in den 70/ 80er Jahren zwangssterilisiert wurden. Sie litten noch heute darunter und daran, dass sie kinderlos sind. Heutzutage müssten die Frauen in dieser Einrichtung die Pille nehmen, um Schwangerschaften zu verhindern.

    Frauenbeauftragte werden aufgesucht bei Themen rund um Belästigung und sexuellem Missbrauch. Eine Frauenbeauftragte erzählt: „Och, das ist immer ein und dasselbe. Dass sie meist immer angepackt werden oder auch wenn sie zuhause Schwierigkeiten haben und dann sage ich immer zuhause und in der Werkstatt, da können wir reden“ (D: 927–929). Zwei der Frauenbeauftragten berichteten davon, dass Frauen zu ihnen kamen, um über Erlebnisse zu sprechen, die zwar Jahre zurückliegen, aber nicht bearbeitet wurden. Eine Frauenbeauftragte berichtet sowohl von Geschlechtsverkehr in der WfbM als auch Prostitution einer Beschäftigten, die dafür Geld und Süßigkeiten erhielt. In beiden Fällen sprach die Frauenbeauftragte von sich aus die Beteiligten an.

    Beschäftigte suchten Rat bei Streit mit Kolleg_Innen, Problemen am Arbeitsplatz oder dem Wunsch nach einem Gruppenwechsel. Manche wünschten sich eine höhere Lohnstufe, andere blieben der Arbeit fern und haderten mit dem einhergehenden Gehaltsabzug. Manche Ratsuchenden möchten auch über Probleme in den Wohnheimen sprechen. Dort fehle es an Privatsphäre und die Türen seien nicht abschließbar. Einige wünschten sich die Wohngruppe wechseln zu können oder gänzlich auszuziehen.

    Einige Frauenbeauftragte berichten, dass nicht alle Nutzer_innen ihres Angebotes Probleme hätten, sondern teilweise ausschließlich zum Plaudern kämen, weil sie jemanden suchten, der ihnen zuhört.

    Im Rahmen von Beratungen hören Frauenbeauftragte den Ratsuchenden zu, stellen Nachfragen zu Erzähltem und vermitteln bei Bedarf an andere Stellen inner- oder außerhalb der WfbM. Den idealtypischen Ablauf einer Beratung beschrieb eine Frauenbeauftragte folgendermaßen:

    Also, dann sage ich erstmal ‚Guten Morgen‘ und stelle mich dann nochmal richtig vor, dass ich Frauenbeauftragte bin, dass ich dann aber auch nichts weiter/, nichts weitersagen darf. (..) Und dann erzählen sie über ihre Probleme und (..) das ist dann schon optimal und dann, also, schaue ich auch immer direkt in die Augen und dann höre ich mir das an und dann gebe ich immer einen Tipp, was sie dann machen kann. (D: 700–705)

    Wichtig sei es, dass Frauenbeauftragte den Auftrag herausfinden, mit dem die Ratsuchenden zu ihnen kommen. Dieser Auftrag könne ausschließlich im Zuhören bestehen, aber auch in praktischer Unterstützung. So berichteten Frauenbeauftragten davon, dass sie Frauen Mut gemacht und sie gestärkt haben. Eine Frauenbeauftragte übt mit Ratsuchenden in Form von Rollenspielen Gesprächssituationen mit der Werkstattleitung. Sie spricht demnach nicht mit der Werkstattleitung über die Wünsche einer Beschäftigten, sondern ermutigt die Beschäftigte darin, selbst ihre Wünsche vorzutragen und durchzusetzen. Diese Frauenbeauftragte schrieb auch gemeinsam mit einer Beschäftigten Liebesbriefe am Computer. Eine andere Frauenbeauftragte suchte selbst das Gespräch mit Leitungen von Wohngruppen und verhalf somit einer Frau zum Umzug. Frauenbeauftragte können Ratsuchenden Adressen von externen Beratungsangeboten aushändigen und sie bei Bedarf auch dorthin begleiten. Dies gestaltet sich in den Einrichtungen unterschiedlich. Während eine Frauenbeauftragte bereits eine Ratsuchende zum Frauennotruf begleitete, erzählte eine andere Frauenbeauftragte, die Beschäftigten in ihrer Einrichtung wünschten sich sofortige Hilfe durch Frauenbeauftragte und keine Vermittlung an externe Stellen.

    Frauenbeauftragte glauben den Ratsuchenden zunächst das Erzählte, sie müssen aber im Rahmen der Beratung versuchen herauszufinden, ob es der Wahrheit entspräche. Nicht immer erzählen Beschäftigte die Wahrheit. Eine Frauenbeauftragte berichtete von einem Fall, in dem die Ratsuchende angab, schwanger zu sein, obwohl dies nicht stimmte. Die Frauenbeauftragte mutmaßte, dass diese Beschäftigte Aufmerksamkeit wollte. Auch gelte es bei Berichten über Belästigung und Missbrauch herauszufinden, ob sich diese Geschehnisse kürzlich oder vor längerer Zeit ereigneten. Dann geben Frauenbeauftragte Tipps, das Geschehene zu vergessen und richten den Blick in die Zukunft. Zu klären sei, ob die übergriffige Person noch immer im nahen Umfeld der Frau ist. Bei Unsicherheit können Frauenbeauftragte ihre Unterstützerin hinzuziehen. Sie können sich mit ihrer jeweiligen Unterstützerin beraten und sie nach Zustimmung der Ratsuchenden mit in das Beratungsgespräch holen. Manchmal müssen Frauenbeauftragte auch innerhalb ihrer Beratung deeskalieren, bspw., wenn Beschäftigte sich streiten und mit Gewalt drohen.

    Die meisten Frauenbeauftragten beraten zudem proaktiv, wenn sie sehen, dass es Frauen nicht gut geht. Sie klären Beschäftigte über ihre Rechte auf. Eine Frauenbeauftragte gab an, dass eine Kollegin gerne einen Freund hätte, was von ihrer Mutter untersagt werde. Die Frauenbeauftragte klärte sie auf, dass sie Rechte hat und ihre Mutter ihr das nicht verbieten könne. Frauenbeauftragte helfen bei dem Erkennen und der Aufdeckung sexueller Übergriffe in Einrichtungen. Eine Frau berichtete, wie sie bei der Aufdeckung sexueller Übergriffe innerhalb der Einrichtung half und sich mit zahlreichen betroffenen Frauen unterhielt. Dabei arbeitete sie gemeinsam mit ihrer Unterstützerin und ihrer Chefin. In ihrer Funktion als Frauenbeauftragte durfte sie die Abmahnung des Täters unterschreiben. Eine Frauenbeauftragte achtet zudem darauf, dass sich Frauen nicht aufreizend kleiden oder nicht selbst zu Täterinnen werden.

    Die Mehrheit der Frauenbeauftragten gab an, dass sich Ratsuchende in vielen Fällen zunächst an Vertrauenspersonen, d.h. an Gruppenleiter_innen, den Sozialen Dienst der WfbM und Betreuer_innen im Wohnbereich und nicht an die Frauenbeauftragten wenden würden. Eine Frau erzählte rückblickend:

    Also, nach der Schulung, da habe ich ja immer (..) Sprechzeiten gehabt. Und da kamen auch immer Leute. (…) Und da habe ich mich halt mit denen unterhalten, aber so richtige Probleme hatten wir nicht gehabt. (…) Weil ich glaube, bei einem richtigen Problem, gehen sie dann doch lieber zum Sozialdienst. Jetzt, das waren nicht so Probleme, wie (..) also wie die/ Weil es Liebeskummer war oder Ärger mit anderen. (G: 145–150)

    Es bestehen Unterschiede zwischen und innerhalb der Einrichtungen, ob Sozialprofessionelle die Ratsuchenden auf das Angebot der Frauenbeauftragten hinweisen oder sie selbst beraten.

    Zur Vorbereitung ihrer Sprechstunden gehen zwei der Frauenbeauftragten schon etwas früher in ihr Büro, schalten den Computer an etc.. Eine der Frauenbeauftragten leere außerdem ihr Postfach:

    Und ein eigenes Postfach habe ich unten auch. Wenn die Frauen Beschwerden haben, dass sie dann Zettel darein machen. Dass ich dann einmal in der Woche da reinschaue und auch während der Arbeitszeit gehe ich dann mal kurz hoch und schaue, ob ein Zettel drin ist. Dass ich dann mal mit den Frauen darüber rede. (D: 445–449)

    Beschäftigte oder stellvertretend auch Betreuer_innen können ihr Zettel mit ihren Problemen und Namen schreiben. Entweder kommen die Ratsuchenden dann selbst zur nächsten Sprechstunde oder die Frauenbeauftragte spreche sie auf ihr Anliegen an.

    Drei Frauenbeauftragte dokumentieren ihre Beratungsgespräche in Form von Protokollen, drei weitere tun dies ausschließlich bei besonders wichtigen Themen. Eine Frauenbeauftragte berichtete, dass sie belastende Gespräche mit ihrer Unterstützerin nachbespreche. Eine weitere Frau tauscht sich mit ihrer Unterstützerin aus, wenn keine Ratsuchenden kommen, da sie keine gemeinsame Vor- oder Nachbereitungszeit außerhalb der Sprechzeit haben. Eine Frauenbeauftragte schlägt bei offengebliebenen Fragen in ihren Gesetzesbüchern nach.

    Um Werbung zu machen, stellte sich die Mehrheit der Frauenbeauftragten zu Beginn ihrer Tätigkeit im Rahmen der Betriebsversammlung vor, die jährlich vom Werkstattrat einberufen wird. Eine Frau habe alle weiblichen Beschäftigten zum Kaffeetrinken in den Speisesaal eingeladen, um sich dort vorzustellen. Vier Frauen haben mit derselben Absicht bereits Rundgänge durch die einzelnen Arbeitsbereiche unternommen. Eine Frau beschrieb die Werbung zu Beginn ihrer Tätigkeit:

    Erst einmal habe ich mir, habe ich ja Flyer gebaut gehabt. Und die haben wir dann rumgeschickt. Dann gab es eine Betriebsversammlung, die der Werkstattrat ja jedes Jahr machen muss. Und da wurde es bekannt gegeben. (...) Ja. Und dann gab es Visitenkarten. (B: 585–588)

    Die Frauenbeauftragten werben für ihre Tätigkeit in Schaukästen, an Schwarzen Brettern und anhand von Aushängen. Plakate mit Informationen hängen an ihren Bürotüren und teilweise in den unterschiedlichen Gruppen und sämtlichen dazugehörigen Gebäuden. Teilweise ist das gedruckte Werbematerial mit Fotos der Frauenbeauftragten und ergänzenden Bildern zum besseren Verständnis versehen. Zwei Frauenbeauftragte werben über werkstattinterne Zeitungen. Eine von ihnen bietet in jeder Ausgabe eine Frage-Antwort-Seite, ähnlich einer Dr. Sommer-Seite, auf der sie Antworten auf Fragen zu Frauenthemen gibt. Teilweise erfahren die Frauenbeauftragten bei Gestaltung und Verbreitung der Werbung Unterstützung.

    In zwei Einrichtungen wird Werbung für das Angebot der Frauenbeauftragten ergänzend zu Printmedien via E-Mail versandt. In einer der Einrichtungen gibt es in der WfbM Touch-Bildschirme mit Informationen, auf denen u.a. für das Angebot der Frauenbeauftragten geworben wird. Eine Frauenbeauftragte gestalte spezielles Werbe und Informationsmaterial für Frauen, die nicht lesen können. Um in den Einrichtungen bekannter zu werden, veranstalten mehrere Frauenbeauftragte Thementage, Frauencafés, Spielenachmittage etc..

    Als Zusammenhangsarbeit organisierten die Frauenbeauftragten ergänzend zu Sprechzeiten und Werbung, zahlreiche regelmäßige und einmalige Angebote für Frauen. Einige von ihnen organisieren Frauenfrühstücke und -cafés, u.a. anlässlich des Weltfrauentages, die Nachfrage nach solchen Veranstaltungen sei groß. Eine Frauenbeauftragte erinnerte sich:

    Naja, es war eben Frauentag. Da haben wir sie alle zum Kaffee eingeladen und das war richtig gemütlich. Da haben wir etwas vorgelesen und, wenn es Kaffee und Kuchen gibt, dann kommt ja jeder (lacht). Da kommen sie gerne. Und danach haben wir uns eben noch ein bisschen hingesetzt und unterhalten, aber nicht über Arbeit, sondern über Privates. Über Urlaub und (..) Freizeit und so weiter. Und das fand ich schön. Und ich finde es auch schön, wenn wir hier in Werkstätten ein bisschen (…) es (.) naja, so ein bisschen (.) als (.) sich eben für das Private der Leute interessiert. (G: 268–275)

    Eine Frau trifft sich einmal im Monat mit ihrer Frauengruppe. Sie sprechen gemeinsam über die Probleme von Frauen in der WfbM und unterhalten sich bei Schwierigkeiten auch mit den entsprechenden Männern. Bei gemeinsamen Rundgängen durch die Werkstatt schaut die Frauengruppe nach dem Rechten, spricht dabei Beschäftigte an und weist sie auf richtiges Verhalten hin, bspw., dass Geschlechtsverkehr in der WfbM unangemessen ist. Eine andere Frauenbeauftragte plant gemeinsam mit ihrer Unterstützerin ebenfalls eine Frauenrunde.

    In fünf Einrichtungen organisieren Frauenbeauftragte WenDo- und andere Selbstbehauptungskurse für Beschäftigte. In mindestens einer WfbM werden spezielle WenDo-Kurse für gehörlose Frauen angeboten. Die Nachfrage bei den Kursen für gehörlose und hörende Frauen sei stets hoch.

    Gemeinsam mit ihren Unterstützerinnen organisieren Frauenbeauftragte unterschiedlicher Einrichtungen darüber hinaus Aktivitäten für Frauen, wie Zumba-Kurse, Schmink oder Spielenachmittage, aber auch Informationsveranstaltungen zum Thema Verhütungsmittel und andere Themen in LS.

    Die Mehrheit der Frauenbeauftragten nimmt an internen oder externen Fortbildungen und Fachtagen teil, darunter spezifische Veranstaltungen zum Thema Frauenbeauftragte. Auch an Computerkursen etc. nehmen sie teil, um die erworbenen Kompetenzen für ihre Tätigkeit als Frauenbeauftragte zu nutzen. Vier der Frauenbeauftragten gaben an, selbst Vorträge zu halten, Fortbildungen und Interviews zu geben sowie bei Podiumsdiskussionen als Expertinnen für die Tätigkeit als Frauenbeauftragte zu sprechen.

    Administrative Bürotätigkeiten, wie das Lesen und Beantworten von Post und E-Mails, gehören ebenso zu den Tätigkeiten von Frauenbeauftragten wie die Recherche von Informationen und die Pflege von Kontakten zu externen Partner_innen, bspw. dem städtischen Frauennotruf.

    Darüber hinaus ist eine Frauenbeauftragte an der Entwicklung eines Leitfadens zum Umgang mit Gewalt in der Einrichtung beteiligt. Eine andere Frauenbeauftragte plant Hospitationen in den unterschiedlichen Werkstattgruppen, um während der Arbeit innerhalb der Werkbereiche mit den Frauen ins Gespräch zu kommen und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. In einer Einrichtung engagierte sich die Frauenbeauftragte und sammelte Unterschriften zur Unterstützung der Forderungen von Weibernetz in Bezug auf die Novellierung der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO). Diese Frau plant auch Interviews mit den Beschäftigten in ihrer Einrichtung zu führen, um mehr über mögliche Probleme zu erfahren.

    Bei diesen zahlreichen Tätigkeiten erhalten die Frauenbeauftragten nach Bedarf von ihren Unterstützerinnen Assistenz.

    13.9 Vernetzung

    Es werden Kooperationen und Netzwerke sowohl werkstattintern als auch extern beschrieben und bewertet.

    Fünf der befragten Frauenbeauftragten sind derzeit im Werkstattrat aktiv, zwei weitere waren es in der Vergangenheit, eine von ihnen war zusätzlich im Heimbeirat. Durch diese Überschneidung von Zuständigkeiten findet eine Kooperation zwischen der Frauenbeauftragten und dem Werkstattrat statt. Eine weitere Frauenbeauftragte gab an, dass sie bei thematischen Überschneidungen mit dem Werkstattrat zusammenarbeite. Eine Frauenbeauftragte möchte zukünftig mit dem Werkstattrat zusammenarbeiten, eine andere zeigt an einer möglichen Zusammenarbeit kein Interesse. Mehrere Frauen erfuhren über den Werkstattrat bzw. deren Vertrauensperson über das Projekt „Frauenbeauftragte in Einrichtungen“. In einem Fall habe die Vertrauensperson mehrfach bei der Suche einer Unterstützerin für die Frauenbeauftragte geholfen. Teilweise nutzen die Frauenbeauftragte und der Werkstattrat ein gemeinsames Büro und die technische Ausstattung. Eine Frauenbeauftragte betonte, Frauenbeauftragte und Werkstattrat sollten sich nicht gegenseitig in die Arbeit einmischen. Eine andere Frau hob hervor, sie habe einen großen Vorteil in der Anfangszeit als Frauenbeauftragte gehabt. Da sie bereits einige Jahre Werkstatträtin war, sei sie bereits in der WfbM bekannt gewesen.

    Im Rahmen interner Zusammenarbeit beschrieb eine Frauenbeauftragte, dass sie ein gutes Verhältnis zur Einrichtungsleitung habe. Sie fühle sich gut unterstützt und nehme ihre Chefin sehr ernst. Gemeinsam entwickelten sie einen Leitfaden zum Umgang mit Gewalt in der Einrichtung. Es finde ein regelmäßiger Austausch statt, an dem auch eine zweite Frauenbeauftragte der selben Werkstatt teilnehme, welche in einer anderen Zweigstelle tätig ist. Diese Frauenbeauftragte und die Einrichtungsleitung sind sich uneinig über die Bezeichnung der Tätigkeit. Während die Einrichtungsleitung sie als Gleichstellungsbeauftragte sehe, bezeichnete die Frau sich selbst als Frauenbeauftragte. Einigkeit zwischen der Frauenbeauftragten und ihrer Einrichtungsleitung herrsche darüber, dass eine übergriffige Person nicht umgehend die Einrichtung verlassen muss, sondern eine zweite Chance erhält. Alle Beteiligten müssten lernen, mit der neuen Situation umzugehen. Die zweite Frauenbeauftragte des Trägers hat ein anderes Verhältnis zur Einrichtungsleitung. Sie nimmt zwar an gemeinsamen Treffen teil, absolvierte die Schulung jedoch gegen den Willen der Einrichtungsleitung. Nach Meinung der Leitung sei eine Nachfolgerin bei Renteneintritt oder eine Vertreterin im Krankheitsfall nicht notwendig. In einer anderen Einrichtung haben die Frauenbeauftragten ebenfalls ein gutes Verhältnis zur Leitung. Ihre Ansprechperson höre gut zu, sei telefonisch zu erreichen und entscheide darüber, ob die Frauenbeauftragten bspw. an Schulungen teilnehmen dürfen. Eine weitere Frauenbeauftragte habe ein gutes Verhältnis zum ehemaligen Werkstattleiter gehabt, dieser interessierte sich für ihre Tätigkeit und sie fühlte sich ernstgenommen. Zu dieser Zeit hatte diese Frauenbeauftragte noch ein eigenes Büro. Seitdem die Einrichtungsleitung gewechselt hat, sei einiges umstrukturiert worden, sodass sie über kein Büro mehr verfüge. Sie habe sich noch nicht getraut, mit dem neuen Werkstattleiter zu sprechen. Eine andere Frauenbeauftragte betonte mehrmals, die Leitung ihrer WfbM habe gewollt, dass es eine Frauenbeauftragte gibt und halte ihr den Rücken frei. Dies bewertet die Frau als großen Vorteil. Der Einrichtungsleiter spreche sie gelegentlich auf ihre Tätigkeit an und sowohl die Freistellung von der Arbeitszeit als auch die technische Ausstattung seien noch nie problematisch gewesen.

    Bei den Gruppenleiter_innen müssen sich Ratsuchende abmelden, wenn sie die Frauenbeauftragte aufsuchen möchten. Dementsprechend haben die Gruppenleiter_innen Entscheidungsmacht. Die Frauenbeauftragten beschreiben die Zusammenarbeit überwiegend als gut. Gruppenleitungen unterstützen die Frauenbeauftragten, da sie die Beschäftigten sehr gut kennen, und schicken Ratsuchende zu den Peer-Beraterinnen. Manche Sozialprofessionelle bezögen Frauenbeauftragte mit ein und werben für ihre Sprechstunden und weiteren Angebote. Eine Frau werde von ihrem Gruppenleiter motiviert, ihre Tätigkeit als Frauenbeauftragte wieder aufzunehmen. Nicht alle Gruppenleitungen seien den Frauenbeauftragten wohlgesonnen. Teilweise gebe es Unterschiede innerhalb einzelner Einrichtungen und Gruppenleitungen, die Beschäftigten das Aufsuchen der Frauenbeauftragten untersagten. Diese Sozialprofessionellen berieten die Frauen bevorzugt selbst.

    Weiterhin arbeiten Frauenbeauftragte mit dem Sozialen Dienst der jeweiligen Einrichtung zusammen. In einer Einrichtung fungiert ein Mitarbeiter des Sozialen Dienstes als ihre Ansprechperson, mit dem sich gut reden ließe. Eine andere Frauenbeauftragte habe gemeinsam mit dem Sozialen Dienst mindestens einen Fall von Übergriffen innerhalb der Einrichtung aufklären können. Eine weitere Frauenbeauftragte gab an, mit der gesamten WfbM vernetzt zu sein.

    Im Rahmen der Schulung von Weibernetz wurde eine Vernetzung unter den Frauenbeauftragten vorbereitet und Kontaktdaten ausgetauscht. Eine Frau berichtete:

    Und eine, ja, da haben wir dann die Nummern immer ausgetauscht, wenn ich mal da Fragen habe. Das ist dann auch optimal. Also da haben sie mich auch schon mal angerufen. Dann mache ich aber auch vieles von, äh, von, von zu Hause abends. Da habe ich mein Handy, da habe ich dann meine ganzen Nummern drin und dann rufe ich da abends auch mal durch. Oder dann mal am Wochenende, das mache ich dann auch. (D: 468–474)

    Aus einer Stadt nahmen zwei Frauen desselben Trägers an der Schulung zur Frauenbeauftragten durch Weibernetz teil. Aktuell treffen sie sich alle zwei bis drei Monate. Bei so genannten Tandemgesprächen tauschen sie sich über ihre Erfahrungen aus. In regelmäßigen Abständen nimmt auch die Einrichtungsleitung an diesen Treffen teil, welches sie Reharunde nennen. Besprochen werden in diesem Kreis aktuelle und zukünftige Aktivitäten der Frauenbeauftragten.

    Einen Raum für Austausch hat Weibernetz mit dem so genannten Frauenforum geschaffen. Auf dieser Onlineplattform sind alle Frauenbeauftragten mit Fotos vorgestellt und sie haben die Möglichkeit, sich via Foren und Privatnachrichten über ihre Tätigkeit auszutauschen und Tipps zu geben. Weibernetz moderiert dieses Forum. Nur eine der Frauenbeauftragten gab an, das Frauenforum in der Vergangenheit genutzt zu haben. Sie bewertete diese Austauschplattform als sehr gut, habe jedoch derzeit keinen Computer, der ihr zur Verfügung stehe. Zwei weitere Frauenbeauftragte wussten von diesem Forum, tauschen sich aber nicht darüber mit anderen aus.

    Sechs der befragten Frauenbeauftragten stehen untereinander freundschaftlichen in Kontakt via Brief, E-Mail und Telefon. Drei weitere gaben an, keinen bis wenig Kontakt zu anderen Frauenbeauftragten zu haben. Eine wünschte sich gegenseitigen Austausch und bedauerte, dass sie keine Antwort auf ihre Briefe erhalten habe. Eine andere zeigte Interesse an der Arbeit anderer Frauenbeauftragten und deren Umgang mit Schwierigkeiten, hat jedoch bisher zu keiner Kontakt aufgenommen.

    Im Rahmen des zweiten Schulungskurses von dem Projekt „Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ sowie im Rahmen der Trainerinnen-Schulung trafen sich bereits geschulte Frauenbeauftragte mit den sich in der Schulung befindenden Frauen. 2012 hat es zudem ein bundesweites Vernetzungstreffen mit Austausch, gemeinsamer Abendgestaltung und Übernachtung gegeben. Seitdem habe kein weiteres Treffen dieser Art stattgefunden. Eine Frauenbeauftragte wusste von einem geplanten Vernetzungstreffen Ende August 2016 in Berlin.

    Die Frauenbeauftragten kennen externe Stellen, an die sie Ratsuchende bei Bedarf vermitteln können, bspw. Frauennotruf, Familienplanungszentrum und Offene Hilfen. Sie haben Adressen und Telefonnummern dieser Beratungsstellen und können Ratsuchende bei Bedarf auch dorthin begleiten. Eine Frauenbeauftragte hat bis heute Kontakt zu der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt, diesen knüpfte sie während der Schulung.

    Einige Frauenbeauftragte haben Kontakt zu Referentinnen für Informationsveranstaltungen und Selbstverteidigungs-/ WenDo-Kurse, und zu weiteren Personen, die Freizeitangebote in der Einrichtung anbieten. Eine Frau gab einen Einblick: „Ich (…) also jetzt haben wir einmal hier, vielleicht/ Also Ende des Jahres noch eins, dann aber diesmal Häkeln und so, so Stricken und so. Dann habe ich auch schon jemanden, der das macht. Beziehung ist heutzutage“ (K: 631–632).

    Die Frauenbeauftragten haben, überwiegend via E-Mail, Kontakt zu Weibernetz und erhalten regelmäßig Infobriefe. Die Mitarbeiterinnen stehen bei Fragen und Problemen zur Verfügung. Sie fragen die Frauenbeauftragten an, wenn für Veranstaltungen Expertinnen gesucht werden, die über Frauenbeauftragte in Einrichtungen berichten. Materialien in LS können bei Weibernetz bestellt werden. Weibernetz organisiert Fachtage, an denen auch manche Frauenbeauftragte teilnehmen.

    Eine Frauenbeauftragte werde regelmäßig zum Runden Tisch eingeladen, dort tausche sie sich mit Expert_innen unterschiedlicher Einrichtungen zu den Themen sexualisierte Gewalt und sexuelle Aufklärung aus. Sie beschrieb diese Treffen als spannend und informativ.

    Eine von uns befragte Frauenbeauftragte trifft sich zum monatlichen Erfahrungsaustausch mit anderen Frauenbeauftragten, die von Weibernetz und einem Verein vor Ort geschult wurden.

    13.10 Reflexion/ Bewertung

    Eine Auseinandersetzung mit der Rolle als Frauenbeauftragte und deren Beurteilung wurde vorgenommen. Die Frauenbeauftragten reflektierten, welche Handlungsmaximen sie benötigen und wie sie diese innerhalb ihrer Tätigkeit umsetzen. Eine Frau hob die Relevanz der Schweigepflicht hervor:

    Und als Frauenbeauftrage habe ich ja auch Schweigepflicht. Also falls ich Hilfe bräuchte, ne, habe ich hier die Aufgabe als Frauenbeauftragte (…) ähm, die Frau zu fragen, ob das ok ist, ne. Ich/ ähm, es ähm, ich es weitererzähl ihr Problem. (J: 211–214)

    Befragte Frauenbeauftragte sehen ihre Aufgabe darin, für die Frauen da zu sein und ihnen bei Problemen zu helfen. Hierfür sei es wichtig, die Frauen zu fragen, wie es ihnen geht und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. In einer Gesprächssituation sei es wichtig, die Schweigepflicht zu bewahren und die zu beratende Person ggf. nach einer Entbindung der Schweigepflicht zu fragen, wenn dies notwendig ist. Zunächst sei es wichtig, den Frauen zuzuhören, sie ausreden zu lassen und sich in sie hineinzuversetzen. Für die Beratung werde so viel Zeit genommen wie notwendig ist. Einige Frauenbeauftragte gaben an, den Frauen erst einmal alles zu glauben, was sie an sie herantragen und dann zu filtern, welche Inhalte wichtig für die Beratung und Art der Unterstützung seien. Wenige Frauen werden nur dann tätig, wenn sie einen Auftrag von der Ratsuchenden erhalten. Den Auftrag herauszufinden, dauere manchmal mehrere Beratungsgespräche. Die Beratung beruht auf Freiwilligkeit, damit nicht gegen den Willen der Frau gehandelt wird. Einzelne Frauen sind trotz ihres Amtes nicht immer ernst und machen auch manchmal Späße. Dennoch gehöre ein angemessenes und selbstbewusstes Auftreten zu der Tätigkeit. Auch würden einige nur beraten, wenn die Ratsuchende sich bei den Sozialprofessionellen für den Zeitraum der Beratung abmelden. Darüber hinaus achtet eine Frau darauf, ob die Frauen sich angemessen kleideten, insbesondere darauf, dass die Kleidung weder zu kurz noch zu eng sei. Wenn Frauen sich unangemessen verhielten und bspw. ihre Brüste zeigten, suche sie das Gespräch mit ihnen. Insgesamt sei ihre Tätigkeit nicht immer einfach.

    Eine Implementierung von Frauenbeauftragten in Einrichtungen sei aus unterschiedlichen Gründen wichtig. Einzelne Frauen hoben die Wichtigkeit von Gleichberechtigung, Gleichstellung und Gleichbehandlung zwischen Frauen und Männern insbesondere im Arbeitsleben hervor. Frauen sollten ebenso wie Männer gleiche Arbeit verrichten können, bspw. an Maschinen arbeiten dürfen. Frauenbeauftragte haben die Aufgabe, behinderte Frauen zu stärken, damit sie sich wehren und nach Hilfe rufen können. Behinderte Frauen sind besonders häufig von sexualisierter Gewalt betroffen, sodass es für sie eine gleichgeschlechtliche Ansprechperson geben müsse, die auf Augenhöhe berät. Eine Frauenbeauftragte erzählte:

    Ja, weil Frauen wesentlich mehr von sexualisierter Gewalt betroffen sind, als ähm, Männer. Oder auch behin/ behinderte Frauen, auf jeden Fall. Es war ne Studie/ Studie/ Studien ähm, das hat man/ also, das war so eine Umfrage, dass das Ergebnis gewesen, dass diese Fr/ also, Frauen mit Behinderung im Besonderen erschreckend oft Opfer werden von sexualisierter Gewalt oder Übergriffen. (I in HI: 1020–1025)

    Damit es den Frauen gut geht, sei es wichtig, die Möglichkeit einer Beratung vorzuhalten, auch wenn sie nicht immer angenommen wird. Zusätzlich könne die Frauenbeauftragte auch durch die Gruppen gehen und mit einzelnen Frauen das Gespräch suchen, um Vertrauen zu schaffen. Auffällig sei bei Aufnahme der Tätigkeit gewesen, dass besonders viele Frauen das Angebot nutzen. Eine Frau hob hervor, dass sie selbst an ihrer Tätigkeit als Frauenbeauftrage gewachsen und selbstsicherer geworden sei.

    Der Mehrwert für die Nutzer_innen liege darin, dass Angebote nur für Frauen vorgehalten werden, welche auf Freiwilligkeit beruhen und vertraulich sind. Über Probleme reden zu können, helfe vielen Frauen ebenso wie das Wissen, dass ihnen geholfen wird. Auch wissen die Ratsuchenden, dass nichts Vertrauliches weitergesagt werden dürfe, sodass sie sich mit vielen Problemen anvertrauten. Es habe sich herumgesprochen, dass die Frauenbeauftragte gute Arbeit mache und sich die Frauen dort wohlfühlten. Manche Frauenbeauftragte stellen während der Beratung auch Kaffee und Kuchen zur Verfügung. Überwiegend würden die Beschäftigten befürworten, dass es Frauenbeauftrage gibt.

    I2: Sind die Frauen aufgeregt, wenn sie zu Ihnen kommen?

    D: Die sind, ne, die erste Zeit war das immer, danach auch nicht mehr. Da sind sie auch immer ein bisschen ruhiger. […] Verständnisvoller und sagen dann auch eher: Ist gut, jetzt bin ich hier, jetzt kann ich darüber reden, jetzt kann ich mich wieder abregen. (D: 978–983)

    Nicht alle Frauen wüssten von dem Angebot und kämen deswegen nicht zu der Frauenbeauftragten. Andere wiederum getrauten sich möglicherweise nicht, in die Sprechstunden zu gehen. Dies komme selbst nach Terminvereinbarung vor. Viele Frauenbeauftragte vermuten, dass Sozialprofessionelle Frauen davon abhalten in die Beratung kommen. Einige von ihnen führten dies auf mangelnde Akzeptanz zurück.

    Konkret wurde Frauen dabei geholfen, die Wohnsituation zu verbessern, eine höhere Gehaltsstufe zu erlangen, Unterstützung beim Schreiben eines Liebesbriefes zu bekommen und an Angeboten wie Selbstverteidigungskursen teilzunehmen.

    Die Frauenbeauftragten sind mit ihrer Tätigkeit überwiegend zufrieden. Lediglich eine Frau habe sich ihre Tätigkeit anders vorgestellt:

    Ich wollte ja das Ganze total im Sand verlaufen lassen. Weil es eben nicht so klappt, wie ich es gerne hätte. Ach, (..) dann machen wir es eben doch wieder. […] Mit der Frauenbeauftragten. Das Interview wollte ich ja auch canceln. [Die Tätigkeit ist] Anders, als wir es vor dem geplant hatten. Ich möchte es nicht mit nachhause nehmen. (G: 779–788)

    Andere Frauenbeauftragte nannten hingegen, dass es eine schöne Aufgabe sei, eine Ansprechpartnerin für die Frauen sein zu können und eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen. Viele der Frauen sind stolz darauf, Frauenbeauftragte zu sein und gehen gern dieser Aufgabe nach, weil ihnen etwas zugetraut wird. Auch sei es schön, allen in der WfbM bekannt zu sein und dadurch Ansehen zu genießen. Einige Frauen bekämen häufig nach Gesprächen ein positives Feedback mit der Information, dass die Beratung sehr hilfreich gewesen sei. Die Frauenbeauftragten freuen sich, wenn sie Ratsuchenden weiterhelfen können oder im Rahmen ihrer Tätigkeit Vorträge halten oder Angebote durchführen können. Auch positives Feedback von der Unterstützerin trage zu der Zufriedenheit der Frauenbeauftragten bei. Dies führe dazu, dass sie sich ernstgenommen fühlen. Einige arbeiten eng mit der Leitung zusammen. Auch die Freistellung für die Tätigkeit als Frauenbeauftragte bewerten einige der Frauen positiv.

    Einige Frauen profitieren persönlich davon, Frauenbeauftragte zu sein, da sie selbstbewusster und mutiger geworden sind. Eine Frau berichtet, dass sie der Aufgabe sehr leidenschaftlich nachginge und diese noch mindestens bis zum Renteneintritt ausüben wolle.

    Einer weiteren Frau ist der Austausch durch das Frauenforum wichtig, wo sie sich mit den anderen Frauenbeauftragten vernetzen könne. Da sie momentan über keinen Computer verfüge, könne sie daran momentan nicht teilhaben, was sie sehr bedauert. Eine andere Frau ist unzufrieden damit, dass sie mangels zeitlicher Ressourcen Protokolle zu Hause schreiben müsse. Manchmal gingen Ratsuchende nicht zu den Frauenbeauftragten, sondern zu Sozialprofessionellen, was viele der Peer-Beraterinnen unzufrieden macht. Viele der Frauen finden es schade, dass insbesondere ihre Sprechzeiten wenig angenommen werden.

    Es fand eine Auseinandersetzung mit Aspekten, die die Frauenbeauftragte in besonderer Weise beschäftigen und ihre Arbeit beeinflussen, statt. Viele Frauen benannten Lebenserfahrung als wichtigen Aspekt ihrer Tätigkeit. Hilfreich für ihre Tätigkeit sei Lebenserfahrung, z.B. in einer Partnerschaft zu sein, Mutter zu sein, verschiedene Wohnkonzepte zu kennen etc.. Eine Frau schilderte ihre eigenen Beobachtungen:

    Was ja auch viel Thema hier oben ist, Kinderwunsch. […] Ich werde immer darauf angesprochen/ […] Ich/ ich, will ich betonen, weil ich Mutter bin und ähm es war früher hier so, dass viele Frauen sterilisiert wurden. […] Und die Meisten sagen zu mir, die zwangssterilisiert sind, warum bin ich keine Mutter geworden? […] das [sie keine Kinder bekommen können] wissen sie. Das wurde ihnen/ das wurde/ sie wurden wohl aufgeklärt, aber bei vielen ist das eben halt/ es ist vielleicht doch drinne, dass es vielleicht verarbeitet wird im Kopf. Weil die wurden/ sie wollen das nicht wahrhaben, dass es nicht mehr geht. […] Wieso bin ich das nicht und wieso bist du das? […] Weil ich eben Mutter bin. (F in EF: 1008–1029)

    Auch persönliche Fähigkeiten, wie Mut und Selbstbewusstsein wurden von der Hälfte der Frauen als Stärken benannt. Wichtig sei ebenfalls, die eigene Tätigkeit reflektieren zu können, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Als positive Eigenschaften wurden von Einzelnen ein gutes Ausdrucksvermögen sowie Selbständigkeit und eine sorgfältige Arbeitsweise benannt.

    Erschwerend wirke sich hingegen aus, wenn die Frauenbeauftragte Gedächtnisprobleme habe, womit wenige der Interviewten Probleme haben. Gut lesen und schreiben zu können wünschten sich einige der Frauen ebenso, wie mehr Selbstbewusstsein für ihre Tätigkeit. Eine Frau ist aufgrund ihrer chronischen Krankheit wenig mobil, sodass sie sich längere Reisen, wie den Besuch der Schulung nicht zutraute. Mit den Aufgaben einer Frauenbeauftragten und den damit verbundenen Anforderungen an sie, fühlte sich eine Frau sehr überfordert.

    13.11 Wünsche

    Die befragten Frauenbeauftragten nannten nur wenige materielle und finanzielle Wünsche. Jeweils eine Frau wünschte sich einen Computer, um mit anderen Frauenbeauftragten kommunizieren zu können bzw. ein kleines Budget, um sich z.B. einen neuen Drucker kaufen zu können. Eine Frauenbeauftragte wünschte sich, dass Geld kein Hemmnis mehr darstelle. Zwei Frauen forderten ein höheres Entgelt bzw., dass Frauen mehr verdienen als Männer.

    Eine Frauenbeauftragte wünschte, dass sich alle Frauenbeauftragten ihre Unterstützerin frei wählen können. Eine andere Frauenbeauftragte wünschte, dass jede Unterstützerin im Krankheitsfall und während der Urlaubszeit vertreten werde. Auch wünschte sie sich mehr Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit von ihrer Unterstützerin.

    Persönliche Wünsche wurden von zwei Frauen geäußert. Eine von ihnen wünschte sich, gesund zu bleiben und lange arbeiten zu dürfen, die zweite wünschte sich mehr Selbstbewusstsein. Die Wünsche der Frauenbeauftragten waren überwiegend immateriell. Eine Frau reflektierte:

    Ähm, vielleicht als erstes, dass ich äh nicht so viel Arbeit habe. Weil das hieße ja dann, dass es nicht so vielen Frauen äh schlecht geht, die dann zu mir kommen. Ähm, der zweite. Hm, dass es den Frauen ähm, besser geht, wenn die bei mir waren. Und das dritte, dass ich die Frauen gut unterstützen kann und gut helfen kann. (L: 155–159)

    Vier der Frauenbeauftragten wünschten sich, dass mehr Frauen ihr Beratungsangebot annähmen. Eine Frauenbeauftragte hätte gerne eine komplette Freistellung und würde dann auch im Wohnheim und mit den Frauen Zuhause sprechen. Auch die Wochenenden würde sie gerne mit den Frauen verbringen. Zwei Frauenbeauftragte wünschten sich mehr Akzeptanz und Vertrauen durch Sozialprofessionelle innerhalb der eigenen Einrichtungen. Eine Frauenbeauftragte pro Haus wurde ebenso gewünscht wie eine Stellvertreterin der jeweiligen Frauenbeauftragten. Für ihre Tätigkeit wünschte sich jeweils eine Frauenbeauftragte ortsnahe Fortbildungen, ein gutes Netzwerk, Zufriedenheit mit der eigenen Tätigkeit sowie das Vertrauen der Ratsuchenden. Eine Frauenbeauftragte äußerte den Wunsch, dass es allen Frauen gut geht und die Tätigkeit von Frauenbeauftragten somit überflüssig würde. Sie wünschte sich, die Frauen so unterstützen zu können, dass es ihnen nach dem Gespräch schon besser gehe.

    Für die Arbeit in der Werkstatt wünschte sich jeweils eine Frauenbeauftragte mehr Miteinander zwischen Beschäftigten und Sozialprofessionellen und dass im Jugendbereich mehr auf das Thema Kinderwunsch eingegangen werde. Eine Frauenbeauftragte äußerte den Wunsch, einen Großteil des Personals austauschen zu können. Eine andere Frauenbeauftragte möchte kein schlechtes Gewissen mehr haben, wenn Werkstattarbeit aufgrund ihrer Tätigkeit als Peer-Beraterin liegen bleibe. Darüber hinaus wünschte sich eine Frau mehr Aufklärungsarbeit, Gespräche über Bedürfnisse und Intimität sowie Schulungen für Ärzt_innen, sodass diese lernen, mit Menschen mit Lernschwierigkeiten verständlich zu sprechen. Darüber hinaus wünschte sie sich leicht verständliche Beschreibungen oder Beipackzettel, bspw. von Verhütungsmitteln.

    13.12 Nachhaltigkeit

    Um Frauenbeauftragte langfristig in Einrichtungen implementieren zu können, bedarf es weiterführender Konzepte. Die Frauenbeauftragten benannten unterschiedliche Ideen diesbezüglich bzw. wussten von der Trainerinnenschulung, in der Multiplikatorinnen geschult werden. Sie böten eine gute Möglichkeit, weitere Frauen zu schulen, wodurch ein großes Netzwerk von Frauenbeauftragten entstehen könne.

    Manche Frauen äußerten, dass sie es für sinnvoll hielten, wenn es in allen Häusern der Einrichtung sowohl eine Frauenbeauftrage mit Unterstützerin als auch eine Vertretungsperson für diese geben würde. Auch solle die Frauenbeauftragte selbst eine geschulte Vertreterin haben für den Fall, dass sie krank werde, Urlaub habe oder in Rente gehe. Eine Frauenbeauftragte betonte:

    Für mich ist es wichtig Frauenbeauftragte in allen, in allen Stand/ äh, /orten zu haben und es ist auch wichtig, dass die Frauenbeauftragte eine Vertretung hat. Es kann ja immer mal sein, dass die Frauenbeauftragte krank ist. Es kann ja mal sein, dass die Frauenbeauftragte irgendwann in Rente geht. Und da muss man doch eine Nachfolgerin haben und die soll ausgebildet sein. (B: 803–808)

    Dieses Konzept wurde bereits in einer Einrichtung eingeführt. Da die durch Weibernetz geschulte Frauenbeauftragte zeitnah berentet wird, schult sie gemeinsam mit der Unterstützerin eine weitere Frau. Diese sei von der Unterstützerin gefragt worden, ob sie das Amt übernehmen wolle. Einmal wöchentlich treffen die drei Frauen sich in der WfbM, um gemeinsam den Schulungsordner durchzuarbeiten und sich auszutauschen.

    In einer weiteren Einrichtung suchte sich die geschulte Frauenbeauftragte seit Beginn Unterstützung durch eine weitere behinderte Frau. Die Einrichtung verfügt sowohl über eine WfbM als auch über einen Wohnbereich, sodass ihr die Arbeit alleine zu viel sei. Die geschulte Frauenbeauftragte brachte ihrer Kollegin einen Ordner mit, sodass sie gemeinsam die Inhalte der Schulung einmal wöchentlich wiederholten. Darüber hinaus eignete sich die hinzugezogene Frauenbeauftragte selbst wichtige Kompetenzen an, sodass sie nun Frauen innerhalb der WfbM beraten kann. Beide Frauen unterstützen sich gegenseitig und teilten die Zuständigkeiten nach Wohn bzw. Arbeitsbereich auf.

    13.13 Leichte Sprache

    LS wurde im Zusammenhang mit der Schulung, der Tätigkeit der Frauenbeauftragten sowie im Allgemeinen in fünf Interviews beschrieben.

    Im Rahmen der Schulung lernten die Frauen den Unterschied zwischen schwerer Sprache und LS kennen. Sie erhielten Schulungs und Infomaterialien in LS, diese können sie in ihren Beratungen einsetzen. Die Schulungsteilnehmerinnen nutzen rote Karten mit der Aufschrift „Stopp! Leichte Sprache!“. Wenn eine Teilnehmerin etwas nicht verstand, hielt sie diese Karte in die Höhe und das Gesagte wurde in LS wiederholt. Diese Karten kamen auch bei den Vorträgen von Gastreferent_innen zum Einsatz:

    Das haben wir alle, alle gesagt, dass alle in Leichte Sprache. Da hatten wir auch eine rote Karte gehabt, wer indessen immer dran ist oder wer etwas sagen wollte, haben wir immer ein Schild hochgehalten, immer STOP. Dass jeder, der etwas sagen wollte oder wenn der uns etwas zu schwer war, dann haben wir immer gesagt: Ne, die sollten uns das dann nochmal erklären, das verstehen wir jetzt im Moment nicht. (D: 275–280)

    Auch die Zeitschrift WeiberZEIT des Vereins Weibernetz beinhaltet Texte sowohl in schwerer Sprache als auch in LS.

    Auch in Einrichtungen spielt LS eine Rolle. Eine der Befragten entwickelte gemeinsam mit der Einrichtungsleitung einen werkstattinternen Leitfaden zum Umgang mit Gewalt. Dieser Leitfaden richtet sich an Gruppenleiter_innen und soll auch in LS übersetzt werden.

    Eine Frauenbeauftragte wies darauf hin, dass in Werkstätten großer Übungsbedarf bestehe. Aus diesem Grund befinde sich bei ihnen in der WfbM ein Büro für LS. Sie betonte, dass auf Menschen, die nicht sprechen können oder gehörlos sind, gesondert eingegangen werden müsse.

    Frauenbeauftragte beschäftigten sich mit schwierigen Themen, aber im Internet seien viele Informationen auch in LS zu finden. Es gebe auch Referent_innen, z.B. eine Ärztin vom Familienplanungszentrum, die Informationen für Menschen mit Lernschwierigkeiten verständlich erklären können. Eine Frauenbeauftragte betonte die Notwendigkeit einer Veröffentlichung der neuen WMVO in LS, welche mit Bildern versehen werden solle.

    13.14 Weitere Zielgruppen

    Es gibt Personenkreise, welche eines besonderen Augenmerkes bedürfen und für deren Erreichen ggf. besondere Handlungsstrategien benötigt werden.

    Wenige der Frauenbeauftragten nannten, dass schwerhörige oder gehörlose Frauen besonders häufig von Gewalt betroffen seien. Um sie von dem Angebot der Frauenbeauftragten nicht auszuschließen, seien Gebärdensprachdolmetscher_innen für evtl. Beratungsgespräche ebenso wichtig wie bei der Durchführung von Aktivitäten, bspw. WenDo-Kursen. Es werden externe Dolmetscher_innen präferiert, allerdings sei auch der Einsatz von internen Sozialprofessionellen denkbar. Die Durchführung eines WenDo-Kurses mit Übersetzung würde rund 800 Euro mehr kosten, als ohne Dolmetschung. Für eine Frauenbeauftragte ist es denkbar, selbst Gebärdensprache an einer Volkshochschule zu erlernen. Weitere Möglichkeiten bestünden in der schriftlichen Kommunikation oder mit der Zuhilfenahme von Bildmaterialien.

    Bei vielen Frauenbeauftragten kommen auch Männer in die Sprechstunden und wollen wissen, warum es keinen Männerbeauftragten gebe. Die meisten Frauen sehen sich als Frauenbeauftragte, würden jedoch keinen Mann wegschicken, der Probleme hat. Zwei Frauen sehen sich nicht als Gleichstellungsbeauftragte und versuchen, sich klar abzugrenzen. Sie beraten während der Sprechzeiten lediglich Frauen.

    I1: Okay. Und kommen auch manchmal Männer zu Ihnen?

    A: Ja, es wird versucht, aber die werden von mir gleich wieder rausgeschmissen, weil ich bin Frauenbeauftragte. Also ei/ Chefin meinte wir sind Gleichbest/ Gleichgestellte auch, Gleichgestelltebeauftragte sind wir aber nicht. Hier bei uns ist da richtig ein äh, ich weiß jetzt nicht mehr, wie das heißt (lacht). Ein, ein, ein Schriftstück, wo steht Frauenbeauftragte. Das, da bin ich ja auch ziemlich genau. […] Ich wäre auch dafür, dass es Männerbeauftragte geben würde, äh, weil ich das auch wichtig finde. Und es gibt auch Männer, wo ich denke, die könnten einen Männerbeauftragten gebrauchen. Ah (.) ja.

    I1: Und mit welchen Themen kommen die Männer, die zu Ihnen kommen, zu Ihnen?

    A: Also, äh, da ich den Mann gar nicht erst rein lasse […] Kann Ihnen das nicht sagen. Also zu mir kommen nur Frauen. (A: 662–678)

    Einige der Frauenbeauftragten würden die Einführung von Männerbeauftragten begrüßen, da Männer evtl. Probleme haben, die sie mit einem Mann besprechen möchten. Eine Frau plädiere im Fall der Einführung von Männerbeauftragten dafür, dass auch diese geschult würden. Allerdings sollten sich die Männer selbst bei der Werkstattleitung für einen Männerbeauftragten einsetzen.

    Weiterführend werden von einigen Frauenbeauftragten Menschen mit Lernschwierigkeiten als besondere Zielgruppe benannt. Eine Frau äußert sich folgendermaßen:

    […] Halt oftmals wissen die Frauen, auch wenn sie schon länger hier sind, nicht, wo ich bin, trotz Schilder. Ja, weil viele Personen nicht lesen können, nicht richtig lesen können. Auch ich habe sehr, sehr, sehr sp/ spät und schwer Schreiben und Lesen gelernt. Das ist immer noch nicht so wie es sein soll. (A: 643–647)

    Der Einsatz von LS und Bildmaterialien kann bei der Verständigung hilfreich sein.

    Des Weiteren wurden von den Frauenbeauftragten folgende Personengruppen benannt, die ggf. besondere Handlungsstrategien/ Unterstützung benötigen oder besondere Bedarfe haben:

    • Sprachbehinderte Menschen

    • Menschen mit psychischer Erkrankung

    • Menschen mit hohem Pflegebedarf

    • mehrfach behinderte Menschen (Förderbereich)

    • Menschen mit erhöhtem Aggressionspotential, die ggf. übergriffig werden

    • Menschen, die nicht so mobil sind und räumliche Barrierefreiheit benötigen

    • Menschen, die nach einem Unfall oder einer Krankheit in einer WfbM arbeiten

    • Menschen mit Migrationshintergrund.

    13.15 Peer

    Sechs der Befragten äußerten sich zu Aspekten der Peer-Beratung und des Peer-Teaching.

    Eine Frauenbeauftragte begründete die Notwendigkeit von Peer-Beraterinnen wie folgt: „Weil es gibt ja auch Frauen, die nicht gerne/ mit Männern über das Problem sprechen, die dann auch ne Frau haben wollen. […] Weil Frauen haben andere Probleme, als die Männer“ (C: 1343–1346). Eine weitere Frauenbeauftragte betonte, dass Beratungsgesprächen mit gehörlosen Frauen auch von DGS-Dolmetscherinnen übersetzt werden sollten.

    In Bezug auf die Schulung im Projekt „Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ merkten drei der Befragten an, dass auch behinderte Trainerinnen unterrichteten bzw. eine Frauenbeauftragte aus dem ersten Schulungskurs über ihre Tätigkeit berichtete.

    Ebenfalls drei der Frauenbeauftragten wussten von der Trainerinnen-Schulung durch Weibernetz, eine von ihnen besuchte diese Schulung 2014/2015 selbst. Es seien jeweils Tandems, bestehend aus einer behinderten und einer nichtbehinderten Frau, geschult worden. Diese Tandems arbeiten zukünftig auf Augenhöhe miteinander und schulen weitere Frauenbeauftragte. Die Frauenbeauftragte wurde von dem Begleitenden Dienst ihrer Werkstatt und Weibernetz gefragt, ob sie an der Trainerinnen-Schulung teilnehmen möchte. Zunächst sei sie unsicher gewesen, sei aber inzwischen froh darüber, dass sie an der Schulung teilgenommen hat und ihr dies zugetraut wurde. Wie bereits im Pilotprojekt, erhielten auch die Frauen in der Trainerinnen-Schulung einen Schulungsordner mit Informationen in LS. Mittlerweile sei auch die Trainerinnen-Schulung abgeschlossen und die von uns befragte Frauenbeauftragte und Trainerin schult bereits selbst Frauen in Einrichtungen. Sie werde während ihrer Werkstattarbeitszeit als Trainerin tätig sein und erhalte dabei von der Einrichtungsleitung Unterstützung.

    13.16 Politik

    Sieben Frauen setzten sich mit politischen Themen im Zusammenhang mit Frauenbeauftragten auseinander. Fünf von ihnen nannten unmittelbar die WMVO.

    Bislang wurden Frauenbeauftragte in Einrichtungen nicht gewählt. Drei Frauen sprachen an, dass dies mit der neuen WMVO geändert werden solle. Ab 2017 werden dann Frauenbeauftragte wie Werkstatträte alle vier Jahre von den stimmberechtigten Frauen gewählt. Jeweils eine der Frauen benannte Details zur Gesetzesnovellierung. Es werde für jede Werkstatt eine Frauenbeauftragte geben bzw. eine Frauenbeauftragte ab 200 wahlberechtigten Beschäftigten. Eine der Frauen sagte, eine Frauenbeauftragte würde nach dem novellierten Gesetz für ihre Tätigkeit freigestellt werden und befürwortete dies. Gerne würde sie die Tätigkeit unter diesen Bedingungen ausüben. Es bestehe jedoch Möglichkeit, dass nicht sie, sondern eine ungeschulte Frau von den Beschäftigten zur Frauenbeauftragten gewählt wird.

    Vorteile in der Implementierung von Frauenbeauftragten per Gesetz bestünden darin, dass sich Einrichtungsleitungen dann nicht mehr gegen die Wahl einer Frauenbeauftragten aussprechen könnten. Die Implementierung würde die Arbeit von Frauenbeauftragten, bspw. durch die Freistellung für ihre Tätigkeit, erleichtern.

    Eine der Frauen gab an, erst im Rahmen der werkstattinternen Schulung von der WMVO erfahren zu haben. Sie sammelte Unterschriften in ihrer WfbM, um die fünf Forderungen von Weibernetz in Bezug auf die WMVO zu unterstützen. Sie plädierte dafür, dass die WMVO zukünftig auch in LS und mit Bildern illustriert veröffentlicht werde, sodass möglichst viele sie verstehen können.

    Eine andere Frau stellte die Vermutung an, dass Frauenbeauftragte zu Gleichstellungsbeauftragten würden. Zukünftig würden diese wie Gruppensprecher_innen und Werkstatträte gewählt. Eine weitere Frau berichtete, dass sich auch der Bundesverband der Werkstätten dem Thema Frauenbeauftragte angenommen habe. Ein Problem sei, dass in diesem Gremium überwiegend Männer sitzen.



    [56] Siehe Anlage XVII. Beispiel für Generalisierungen.

    [57] Siehe Anlage XVIII. Generalisierungen (digital).

    [58] Siehe Kapitel 9 Forschungsethik und Kapitel 11.6 Anonymisierung.

    14.-Diskussion der Forschungsergebnisse

    Im folgenden Diskussionsteil werden von uns die Ergebnisse aus der Literaturrecherche und den Interviews zusammengeführt, verglichen und kritisch diskutiert.

    Wir beginnen mit einer kurzen Beschreibung der Tätigkeit von Frauenbeauftragten auf Grundlage der Interviews. Anschließend gehen wir auf die erste unserer Forschungsfragen ein und diskutieren den Einfluss der Schulung im Projekt „Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ auf die teilnehmenden Frauen selbst und ihr Umfeld. Unsere Interviewpartnerinnen empfanden die Aspekte Akzeptanz in der Einrichtung, Organisationsstruktur und Rahmenbedingungen, Unterstützung bzw. Assistenz sowie Vernetzung als besonders wichtig. Anhand dieser Aspekte benennen und diskutieren wir, mit Bezug auf die Forschungsfragen, fördernde und hemmende Faktoren für die Tätigkeit von Frauenbeauftragten in Einrichtungen. Unser Fokus liegt dabei auf Frauenbeauftragten, die in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) tätig sind, da nur eine unserer Interviewpartnerinnen für den Wohnbereich ihrer Einrichtung zuständig ist und ihr Beratungsangebot kaum angenommen wird. Es ist zu beachten, dass wir im Rahmen unserer qualitativen Studie zwölf Expertinnen befragten, deren subjektive Erfahrungen die Grundlage der Ergebnisdarstellung bildet.

    14.1 Beschreibung der Tätigkeit von Frauenbeauftragten

    Die befragten Frauenbeauftragten üben ihre Tätigkeit zum Teil sehr unterschiedlich aus. Die Zusammenfassung der unterschiedlichen Interviewergebnisse zu einer verallgemeinernden Beschreibung soll die Vielfältigkeit der Tätigkeit darstellen.

    Frauenbeauftragte stehen zu regelmäßigen Sprechzeiten Ratsuchenden zur Verfügung oder sind während ihrer Werkstattarbeitszeit ansprechbar. Manche Frauenbeauftragte bieten ergänzend zu festen Sprechzeiten in Bedarfsfällen Beratung an. Als Frauenbeauftragte in Einrichtungen eingeführt wurden, war die Inanspruchnahme des Beratungsangebotes zunächst sehr hoch, reduzierte sich jedoch in allen Fällen auf eine Anzahl von Ratsuchenden pro Beratungstermin, die innerhalb der Zeit berücksichtigt werden kann. Die Sprechzeiten mancher Frauenbeauftragten werden derzeit wenig bis gar nicht besucht.

    Ratsuchende kommen aus eigenem Antrieb, werden von Gruppenleiter_innen oder Kolleg_innen geschickt bzw. begleitet oder die Frauenbeauftragte spricht sie proaktiv an. Sie kommen mit vielfältigen Themen aus den Bereichen Liebe und Partnerschaft, Freundschaft, Arbeit, Wohnen, suchen aber auch Rat in Bezug auf Belästigung und sexuellen Missbrauch. Teilweise besteht Bedarf nach Vermittlung zu externen Beratungsstellen mit weiterführenden Angeboten. Innerhalb der Sprechstunden berichten Werkstattbeschäftigte vor allem in der der Anfangsphase von Fällen sexuellen Missbrauchs. Teilweise lagen diese Fälle einige Jahre zurück.

    Frauenbeauftragte sind Peer-Beraterinnen [59] (vgl. Hermes 2006: 74). Sie hören den Werkstattbeschäftigten zu, nehmen ihre Anliegen ernst und geben bei Bedarf Ratschläge oder vermitteln ggf. zu externen Beratungs- und Hilfsangeboten. Manchmal müssen Frauenbeauftragte deeskalieren, wenn es zu Konflikten und Gewalt unter den Beschäftigten kommt. Frauenbeauftragte klären Beschäftigte im Sinne von supported empowerment (vgl. Theunissen/ Kulig: 2009: 270f) über ihre Rechte auf, machen ihnen Mut und stärken sie. Bei der Aufdeckung von Übergriffen in Einrichtungen sind Frauenbeauftragte unterstützend tätig. Einerseits haben sie Verantwortung gegenüber den Ratsuchenden und unterstehen der Schweigepflicht, andererseits wissen sie über den Handlungsbedarf im Fall von Gewalt in der Einrichtung Bescheid. Auch ist es ihre Aufgabe herauszufinden, ob die in der Beratung geschilderten Vorgänge der Wahrheit entsprechen, um in Verdachtsfällen Personen nicht zu Unrecht zu beschuldigen.

    Zu den Sprechstunden gehören ebenfalls eine Vor- und Nachbereitung. Frauenbeauftragte gehen meist vor Beginn der Sprechstunden in ihr Büro, um dieses vorzubereiten, leeren ihr Postfach etc.. Beratungsgespräche werden im Rahmen der Nachbereitung dokumentiert und belastende Beratungsgespräche teilweise mit der Unterstützerin nachbesprochen[60]. Neben administrativer Büroarbeit zählen die Recherche von Informationen und die Pflege von Kontakten ebenfalls zu ihren Tätigkeiten.

    Frauenbeauftragte organisieren regelmäßige oder einmalige Angebote für Frauen, z.B. Frauencafés und Schminknachmittage. Im Rahmen dieser Freizeitangebote besteht die Möglichkeit, für ihr Beratungsangebot zu werben, über Frauenthemen zu sprechen oder ungezwungen zu plaudern. Auch werden Referent_innen und Trainer_innen eingeladen, die Infoveranstaltungen, teilweise in Leichter Sprache (LS), bspw. zum Thema Verhütung oder Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungskurse anbieten. Über diese Angebote erreichen Frauenbeauftragte oftmals mehr Beschäftigte als über ihr klassisches Beratungsangebot in Form von Sprechzeiten.

    Werbung wird von Frauenbeauftragten insbesondere bei der Implementierung ihres Amtes in ihren jeweiligen Einrichtungen gemacht. Zudem informieren Frauenbeauftragte Beschäftigte und Sozialprofessionelle regelmäßig über ihre Sprechstunden bzw. Ansprechbarkeit und frauenspezifische Angebote.

    Werkstattintern sind sie in Prozesse eingebunden, die sie thematisch betreffen, z.B. in die Entwicklung eines Leitfadens zum Umgang mit Gewalt in der Einrichtung. Neben der Vernetzung innerhalb der Werkstatt pflegen Frauenbeauftragte ein Netzwerk außerhalb des WfbM-Kontextes. Sie nehmen an Fortbildungen und Fachtagungen teil, halten Vorträge, geben Fortbildungen und Interviews und sprechen u.a. bei Podiumsdiskussionen als Expertinnen über die Tätigkeit von Frauenbeauftragten.

    Jeder Frauenbeauftragten steht eine Unterstützerin zur Seite, die ihr bei diesen vielfältigen Tätigkeiten assistiert.

    14.2 Schulung

    Aus den oben beschriebenen vielfältigen Themen innerhalb von Beratungen und dem Beratungssetting ergibt sich eine Vielzahl von Anforderungen an Frauenbeauftragte. Um diesen Anforderungen gerecht werden zu können, benötigen sie eine umfassende Vorbereitung auf ihre Tätigkeit, in der sowohl Wissen als auch Gesprächstechniken und Handlungsstrategien vermittelt werden.

    Im Rahmen des Pilotprojektes „Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ umfasste die Schulung sechs Treffen à drei Tage. Die Schulungsteilnehmerinnen erlangten Fach und Anwendungswissen, welches sie mit eigenen Erfahrungen und Beobachtungen verknüpften und wurden somit befähigt (power to) als Peer-Beraterinnen[61] in ihren Einrichtungen tätig zu werden (vgl. Theunissen/ Kulig 2011: 271). Tandems, bestehend aus einer behinderten und einer nichtbehinderten Frau, leiteten die Schulungskurse. So entstand ein Peer-Education-Kontext. Behinderte Trainerinnen wurden zu Rollenvorbildern für andere behinderte Frauen, indem sie zeigten, dass Frauen mit Lernschwierigkeiten genauso wie andere Frauen auch Fortbildungen durchführen können. Im zweiten Schulungskurs berichtete zudem eine Frauenbeauftragte aus dem ersten Kurs über ihre Tätigkeit und zeigte somit den Schulungsteilnehmerinnen, dass auch behinderte Frauen als Frauenbeauftragte wirken können. Im Rahmen der Schulung lernten die Frauen auch das Konzept der LS[62] kennen. Sämtliche Schulungsinhalte und -materialien wurden in LS aufbereitet, sodass die Teilnehmerinnen auch komplexere Themen und Sachverhalte verstehen konnten.

    Bestandteil der Schulung durch Weibernetz e.V. (Weibernetz) war ein WenDo-Training[63], an das sich die Frauen positiv erinnerten. Eine Interviewteilnehmerin, beschrieb die Erfahrung, die sie in der Schulung gemacht hat und in ihrer Tätigkeit als Frauenbeauftragte an Werkstattbeschäftigte weitergibt: „Ah, WenDo! Ich sage immer: Weg. Aus den Frauen kann ich prügelnde Monster machen. Nur dass die Einblick bekommen, was sie machen können, wenn es ihnen nicht mehr gut geht oder wenn sie sagen: Oh das ist mir aber hier zu/“ (A: 923–926). In fünf Einrichtungen organisieren Frauenbeauftragte mit ihren Unterstützerinnen regelmäßig WenDo-Kurse und andere Selbstbehauptungstrainings.

    Der Empowerment-Prozess begann bei den meisten unserer Interviewpartnerinnen bereits mit der Anfrage zur Teilnahme an der Schulung durch die Einrichtungsleitung oder eine Vertrauensperson:

    Genau, ich bin Frauenbeauftragte in den W4 und mich hat, mich hatte der Begleitende Dienst gefragt, ob ich mir das vorstellen kann, kann mit Frauen hier, Frauenbeauftragte zu werden. Und da habe ich gesagt: Ja. Und da habe gesagt: Wieso ausgerechnet ich? Da sind viele Frauen, nicht wahr? Und da hat die P18 gesagt, da/ das weiß ich bis heute noch, da hat sie mir gesagt: K., weil du so viel reist. Das ist wichtig. Ja, sagte sie, das ist immer so und so, du fährst immer da und dort hin. Ich sagte: Ja, zu meiner Mutti, die wohnt in O15, ich fahre ja viel. Und Frauenbeauftragte bedeutet, dass man auch weiterweg fahren muss, wie/ Ja, deswegen hat sie, hat sie mich gewählt. (K: 18–26)

    Die Frauen erfuhren Vertrauen und Wertschätzung durch Sozialprofessionelle in ihren Einrichtungen, welche die Teilnahme an der Schulung ermöglichten (supported empowerment) (vgl. Theunissen/ Kulig 2009: 271). Die Frauenbeauftragten lernten sich innerhalb des Schulungskurses untereinander kennen und knüpften Freundschaften. Mehr als die Hälfte der Frauen gab in den Interviews an, sie seien durch die Schulung selbstbewusster, stärker und mutiger geworden. Die Veränderungsprozesse haben auf der persönlichen Ebene stattgefunden. Eine Schulungsteilnehmerin reflektierte: „ICH, ICH habe mich da verändert. ICH, ICH habe mich verändert. Ich war auch mal so klein und zierlich, wie/ Wirklich. ICH habe mich verwandelt, das haben viele/ Ich habe mich verändert, ich bin stärker geworden.“ (K: 560562) Die Frauen fühlten sich überwiegend gut vorbereitet auf ihre Tätigkeit als Frauenbeauftragte. Hervorgehoben wurde die Aufnahme der Tätigkeit als Frauenbeauftragte parallel zur Schulung:

    Und ähm, dann äh, äh, wurde immer Erfahrungsaustausch/ ausgetauscht. Also äh/ Jede Frau hat erzählt, was sie so in ihrer Sprechzeit/ […] Und äh, ja, da haben wir eben uns gegenseitig erzählt, wie die Sprechzeiten waren. Natürlich nicht welche Frau und was sie erzählt hat, sondern nur so, was man eben so für die Erfahrung braucht. Äh (.) und haben uns gegenseitig Tipps gegeben, wie wir damit umgehen können. (A: 68–76)

    Am Ende des Schulungskurses erhielten alle Teilnehmerinnen Urkunden, die teilweise noch heute in ihren Büros hängen: „Eine Urkunde, die habe ich auch im Büro drin“ (D: 1141). Frauenbeauftragte zu sein, erfülle sie mit „Stolz“ (E in EF: 992). Die eigenen Erfahrungen sowie das erlangte Handlungswissen dienen den Frauenbeauftragten in ihrer Tätigkeit als Ressourcen (power from within), auf Grundlage derer sie Ratsuchende stärken können (vgl. Theunissen/ Kulig 2011: 271). Als Beispiel hierfür ist die Verwendung von Rollenspielen im Rahmen der Beratungstätigkeit einer Frauenbeauftragten zu nennen:

    Die Rollenspiele, die haben es mir irgendwie angetan. Das war eine gute Erfahrung und einmal haben wir so, warte, so gespielt/ Und vor allen Dingen, vor allen Dingen, da muss ich dazu sagen, ich hatte auch hier mal eine Klientin gehabt, die wollte gerne an die Maschine. Aber das war mit dem Chef, da, da drüben in der Holzabteilung. Und sie wusste aber nicht, wie sie mit dem Chef reden sollte. ‚Ich möchte gerne an die Maschine als Frau‘, Maschine, so mhm, mhm. Und dann haben wir eben die Rollenspiele geübt. Ich finde das schön, dass der Chef/ Und dieses Rollenspiel, dieses Gespräch mit dem Chef, das wollte sie mit mir üben. (K: 140–148)

    Manche Frauenbeauftragten hätten gerne eine längere Schulung gehabt: „Ähm, die Schul/ die Schulung ist halt sehr kurz gewesen, ja. Aber auch sehr lehrreich“ (J: 157–158).

    WEIBERNETZ (vgl. 2016c: 2) fordert im Rahmen der Novellierung der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO)[64] und der einhergehenden Implementierung von Frauenbeauftragten in WfbM, dass Frauenbeauftragte analog zu Werkstatträten ein Recht auf Aus und Weiterbildungen erhalten. Der Kabinettsbeschluss zum neuen Bundesteilhabegesetz (BTHG), welches die WMVO einschließt, beinhaltet diese Forderung von Weibernetz. Die Rechte von Werkstatträten werden erweitert, „ihr Anspruch auf Freistellung zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen wird von zehn auf 15 Tage je Amtszeit erhöht“ (BMAS 2016a: 376). Ihr Anspruch wird dem der Betriebsräte[65] angepasst und für Frauenbeauftragte gelten zukünftig analoge Regelungen. In der ersten Amtsperiode beträgt der gesetzliche Anspruch 20 Tage. (Vgl. BMAS 2016a: 376f.) Bei einer Amtszeit von vier Jahren entspricht dies einem Ausbildungsanspruch von einer Woche pro Jahr in der ersten Amtszeit einer jeden Frauenbeauftragten.

    Werkstatträte setzten sich i.d.R. aus mehreren Mitgliedern zusammen und aufgrund etablierter Strukturen kann auf Erfahrungswissen von langjährigen bzw. ehemaligen Werkstatträt_innen zurückgegriffen werden. Daraus lässt sich ableiten, dass eine Schulung vor Amtsantritt nicht zwingend notwendig ist. Frauenbeauftragte können jedoch mehrheitlich nicht auf ein solches Erfahrungswissen zurückgreifen.

    Zudem zeigt unsere Forschung, dass Sprechzeiten von Frauenbeauftragten insbesondere bei Amtsantritt stark frequentiert werden. Gerade in dieser Anfangszeit meldeten sich bei den von uns befragten Frauen Beschäftigte, deren Gewalt und Missbrauchserfahrungen mehrere Jahre zurücklagen, aber bisher nicht verarbeitet wurden (vgl. Tschan 2012: 21).

    Auf solche Beratungsgespräche sollten Frauenbeauftragte vor Amtsantritt vorbereitet werden. Die Schulung durch Weibernetz umfasste 18 Tage und übersteigt daher den in der neuen WMVO vorgesehenen Anspruch auf Aus und Weiterbildung, wenn der Frauenbeauftragten auch im Laufe ihrer Amtsperiode noch der Besuch weiterer Fortbildungen ermöglicht werden soll.

    Wir plädieren auf Grundlage unserer Forschungsergebnisse dafür, dass Frauenbeauftragte bereits vor Amtsantritt eine qualitativ hochwertige Schulung erhalten bzw. eine solche zu Beginn der Tätigkeit absolviert wird.

    14.3 Rahmenbedingungen/ Organisationsstruktur

    WEIBERNETZ (vgl. 2011: 15) benennt verschiedene Ressourcen für die Tätigkeit von Frauenbeauftragten, welche innerhalb der jeweiligen Einrichtung zur Verfügung gestellt werden sollten[66]. In Einrichtungen liegen ungleiche Machtstrukturen und Abhängigkeitsverhältnisse vor (vgl. Schröttle/ Hornberg et al. 2014: 57f.), die sich nicht negativ auf die Tätigkeit der Frauenbeauftragten auswirken sollten. Demzufolge bedarf es gesetzlicher Regelungen wie die neue Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO), die dafür Sorge tragen, dass Frauenbeauftragte die Rechte der Frauen in Einrichtungen vertreten können (vgl. BMAS 2016a: 140).

    Fördernd auf die Ausübung der Tätigkeiten von Frauenbeauftragten wirkt sich aus, wenn Frauenbeauftragte für ihre Tätigkeit mindestens für sechs Stunden wöchentlich freigestellt sind. Die Freistellung sollte sowohl die Beratungstätigkeit, Vor und Nachbereitungen als auch weitere Angebote der Frauenbeauftragten umfassen. (Vgl. Weibernetz 2011: 15). Darüber hinaus sollte die Freistellung verlässliche Strukturen bieten, in welchen die Frauenbeauftragte ihre Angebote gestalten kann. Die Frauenbeauftragte sollte während der regulären Arbeitszeit befreit sein, um der ehrenamtlichen Tätigkeit nachgehen zu können. (Vgl. BMAS 2016a: 377) Eine Frauenbeauftragte machte folgenden Vorschlag bezüglich der Regelung der Freistellung in der WMVO:

    Na, dass eben Frauenbeauftragte genug Zeit haben erstens schon einmal. Dass das/ Weil der Werkstattrat, der hat ja auch Zeit, wenn die zu irgendeiner Versammlung gehen oder so, die werden freigestellt. Das ist auch bezahlt wird. Und dass/ Das war eben der Punkt, der mich eben auch gestört hat, das ‚Freiwillige‘. Dass man das nebenbei machen muss. Dass das wichtig genommen wird, den ganzen/ Dass man zum Beispiel sagt ‚Okay‘ einen Tag in der Woche hat man Zeit für Frauenbeauftragte. Dann kann man von Gruppe zu Gruppe gehen und kann sich mit den Frauen unterhalten und kann das mal so ein bisschen (.) mit den Frauen in Kontakt kommen. Weil so geht man zum/ Sieht man sich nicht groß. Man geht zum Frühstück, man geht zum Mittag, man sieht sich, man sagt ‚Hallo‘, aber so, wenn Pause ist, ist Pause. Und das war halt/ Sonst habe ich das auch immer während der Pause gemacht. (G: 857–869)

    Um den Beschäftigten uneingeschränkt das Angebot einer Frauenbeauftragten vorhalten zu können, bedarf es einer Vertreterin, was wie folgt begründet wird:

    Und es ist auch wichtig, dass die Frauenbeauftragte eine Vertretung hat. Es kann ja immer mal sein, dass die Frauenbeauftragte krank ist. Es kann ja mal sein, dass die Frauenbeauftragte irgendwann in Rente geht. Und da muss man doch eine Nachfolgerin haben und die soll ausgebildet sein. (B: 803–808)

    In dem Kabinettsbeschluss der WMVO ist die Stellvertretung der Frauenbeauftragten im Bedarfsfall geregelt, allerdings ist die Art und Weise der Vertretung nicht ausdifferenziert (vgl. BMAS 2016a: 377).

    Mit dem Budget können sowohl verschiedene Beratungs und Informationsmaterialien, Bürobedarf, und -ausstattung erworben als auch Angebote wie Kurse für Frauen durch externe Referent_innen finanziert werden. Ebenso kann die Frauenbeauftragte eigene Fortbildungen davon finanzieren, um weitere Kompetenzen für ihre Tätigkeit zu erlernen und Strukturen für Weiterentwicklung zu etablieren. „Ich hab ne Schulung für Computer/ Computer da mit gemacht.“ (F in EF: 714) „Die U15 hat gesagt, sowas macht Sinn.“ (E in EF: 717)

    Fördernd wirke sich aus, wenn jeder Frauenbeauftragten ein fester Betrag in angemessener Höhe zur Verfügung stünde, mit dem sie selbstständig oder auf Wunsch mit Hilfe der Unterstützerin[67] haushalten könne. Steht ihr kein festes Budget zur Verfügung, müsse sie für jede geplante Ausgabe die Werkstattleitung um Erlaubnis fragen oder die Unterstützerin bitten, sich um die Finanzierung der Angebote oder geplanten Anschaffungen zu kümmern. Wenn die Frauenbeauftragte ihr Budget selbst verwaltet, müsse sie aufpassen, dass sie innerhalb des Rahmens haushalte.

    Wichtig ist, dass das Budget für die unmittelbare Arbeit der Frauenbeauftragten genutzt wird und nicht andere Posten in der Werkstatt finanziert. Eine Frauenbeauftragte beschrieb dies wie folgt:

    G: Das [Budget] hat meine (…) wie heißt das? (..) Unterstützerin, die hat das gehabt.

    I2: Und was habt ihr davon so gekauft? Oder finanziert?

    G: Naja, ein Computer (…) den hat sie bei sich gehabt, den habe ich nicht unbedingt hier gehabt. (G:215–220)

    Allerdings seien die Mittel begrenzt, sodass die Höhe der finanziellen Ausstattung das Spektrum der Angebote durch die Frauenbeauftragte beeinflussen und hemmen könne.

    Der Kabinettsbeschluss zur neuen WMVO beinhaltet die Forderung von WEIBERNETZ (vgl. 2011: 15f.) über die Bereitstellung eines Budgets für die Frauenbeauftragte und deren Unterstützerin (vgl. BMAS: 2016a: 377).

    Der Mehrheit der Frauenbeauftragten steht ein barrierefreies Büro zur Verfügung, in dem sie ihrer Tätigkeit nachgehen kann. Ein Schreibtisch für Vor und Nachbereitungen, eine Sitzgruppe, die Bereitstellung von Informationsmaterialien oder das Vorhandensein einer Kaffeemaschine trägt zu einer guten Arbeits- und Beratungsatmosphäre bei. Die technische Ausstattung ist besonders elementar, da an einem internetfähigen Smartphone, Computer oder Laptop mit Drucker sowohl Recherchearbeiten getätigt werden als auch Terminvereinbarungen oder Informationsaustausch stattfinden können. Ein Diensthandy oder Festnetzanschluss wirkt sich fördernd auf die Vereinbarung von Beratungsgesprächen, Absprachen mit Sozialprofessionellen oder Vernetzung mit anderen Frauenbeauftragten aus. Auch ein Postfach für Informationen oder Anfragen an die Frauenbeauftragte ist wichtig für eine möglichst niedrigschwellige und barrierefreie Kontaktaufnahme.

    Das Büro kann entweder ausschließlich von ihr genutzt werden oder ein Gemeinschaftsbüro sein, das mit dem Werkstattrat geteilt wird.

    Also, wir haben/ ich hatte ja mal ein Büro bei den W2, ja. So. Aber das musste ich ja leider räumen, weil da dann jemand anderes rein wollte. So, und ich finde, als Frauenbeauftragte braucht man auch ein/ ein eigenes Büro. Also, es muss ja nicht ein eigens Büro sein, ne. (C: 178–181)

    Ein fester Raum ist wichtig, um dort Dokumente aufzubewahren und um vertrauliche Gespräche zu führen (vgl. Weibernetz 2011: 15)[68]. Es sei wichtig, dass die Frauenbeauftragte feste Zeiten habe, zu denen sie ihre Beratung durchführen könne und dabei nicht durch Dritte gestört werde. Bei einer gemeinsamen Nutzung ist es wichtig, dass der Frauenbeauftragten ein abschließbarer Schrank und ein passwortgesicherter Zugang zu ihrem E-Mail Account zur Verfügung steht (vgl. Weibernetz 2011: 15). Hemmend wirkt sich aus, wenn der Frauenbeauftragten gar kein Raum zur Verfügung steht, da sie ihre Beratungstätigkeit bzw. Vor und Nachbereitung dann nicht gut durchführen kann. Zum einen gibt es keinen geschützten Raum, in dem vertrauliche Gespräche geführt werden können, zum anderen wissen die Ratsuchenden nicht, wo die Frauenbeauftragte zu finden ist. Auch Gespräche mit der Unterstützerin können dann nicht ungestört geführt werden. Falls kein Raum innerhalb der Einrichtung bereitgestellt wird, kann die Frauenbeauftragte ggf. die Frauen in ihren Werkbereichen aufsuchen, während eines Spaziergangs bei schönem Wetter auf dem Außengelände beraten oder Mehrzweckräume nutzen. Dies kann sich in Einzelfällen auch fördernd auf die Beratung auswirken, da sie spontan durchgeführt werden kann oder den Beratungskontext auflockert. Allerdings kann eine unklar geregelte Raumnutzung auch dazu führen, dass unter Umständen keine vertraulichen Gespräche geführt werden können und die Frauenbeauftragte keinen festen Ort hat, wo Dokumente verwahrt werden.

    Die Forderung nach einen Raum für ungestörte Beratungsgespräche (vgl. Weibernetz 2011: 15) wird in dem Kabinettbeschluss der WMVO berücksichtigt (vgl. BMAS 2016a: 378).

    14.4 Akzeptanz in der Einrichtung

    Die Frauenbeauftragten benennen und beurteilen fördernde und hemmende Faktoren, die sich unterschiedlich auf die jeweilige Tätigkeit auswirken. Es findet eine Auseinandersetzung mit dem Aspekt der Akzeptanz in der Einrichtung statt, welche die Frauenbeauftragten durch die Leitung, Mitarbeitende, Unterstützerinnen, andere Beschäftigte und Nutzer_innen erfahren bzw. nicht erfahren. Eine aufgeschlossene Atmosphäre mit der Anerkennung des Bedarfs einer Frauenbeauftragten für behinderte Beschäftigte soll vorhanden sein.

    Die Mehrheit der Frauen wurde von Funktionsträger_innen wie der Leitung, der zukünftigen Unterstützerin bzw. der Sozialarbeiterin oder Einrichtungspsychologin gefragt, ob sie Frauenbeauftragte werden wollen. Hierdurch erfuhren sie Wertschätzung, was sich positiv auf ihre Tätigkeit auswirkte. Andere wurden über den Werkstattrat, dem sie zu jener Zeit selbst angehörten, gefragt, ob sie Frauenbeauftragte werden wollen.

    Wenn ein gutes Verhältnis zu den Leitungen besteht, fühlen sich die Frauen akzeptiert und erfahren neben ideeller Unterstützung auch eine optimale Bereitstellung notwendiger Ressourcen als Grundlage für ihre Tätigkeit.

    Lediglich eine Frauenbeauftragte setzte die Teilnahme an der Schulung „Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ gegen den Willen der Leitung durch, da die Leitung die Einführung einer Frauenbeauftragten ablehnte. Diese Frauenbeauftragte setzte sich zwar für eine Verbesserung der Strukturen innerhalb der Werkstatt ein, erfuhr jedoch wenig Unterstützung. So wurde ihr Wunsch nach einer stellvertretenden Frauenbeauftragten für Krankheits- und Urlaubsvertretung abgelehnt. Es sei akzeptanzfördernd, wenn Frauenbeauftrage zukünftig in der WMVO implementiert wären.

    Erst einmal abwarten, was in der WMVO sitzt, äh, steht. (..) Denn die soll ja auch nächstes Jahr rauskommen. […] Da wird die Frauenbeauftragte ja verankert. Dann ist das ja auch ein Gesetz. Dann dürfen sich die Rehaleitungen nicht wieder/ dagegen sprechen. (B: 1006–1012)

    Eine andere Frau schilderte, dass sich nach einem Wechsel der Leitung die Rahmenbedingungen verschlechterten. Während sie sich von ihrem ehemaligen Chef akzeptiert und ernstgenommen fühlte, wird sie durch ihren neuen Vorgesetzen an der Ausübung der Tätigkeit gehindert. Dies beschrieb die Frauenbeauftragte folgendermaßen:

    Und unser alter Chef war weg, der hat sich dafür auch interessiert (…) und mit dem hatten wir auch so ein freundschaftlich/, naja, freundschaftlich nicht, aber halt (..) da hat man halt gedacht, man steht auf einer Ebene. Und das ist, denke ich, auch viel wert, wenn man so/ […] Und der Chef, also der alte Chef, der war eben auch so. (..) Der hat sich dafür interessiert und (.) dann kam der neue und dann wusste ich das auch nicht, wie (…) Da habe ich mich nicht getraut, mit ihm zu reden und so. […] Unser alter Chef/ das Büro hat jetzt der neue Chef und jetzt haben wir einen Arbeitsvorbereiter, der hat das Büro, was ich hatte. (D: 158–172)

    Es wirkt sich fördernd aus, wenn nicht nur die Leitung, sondern auch die Mitarbeitenden die Frauenbeauftragte in ihrer Funktion und Tätigkeit unterstützen. Des Weiteren kann die Umsetzung des Amtes gut gelingen, wenn mit der Unterstützerin eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe stattfindet. Es wirkt sich positiv aus, wenn die Aufgabenverteilung beidseitig geklärt ist und gemeinsam nach Lösungswegen gesucht wird, um „im Vorfeld Überlastungen und Überforderungen der Frauenbeauftragten“ (BMAS 2016a: 378.) vorzubeugen. Es wirkt sich fördernd aus, wenn die Frauenbeauftragte neben dem Sozialen Dienst und dem Werkstattrat eine anerkannte Instanz darstellt. Förderlich ist es, wenn innerhalb der Einrichtung klar vermittelt wird, dass ausgebildete Frauenbeauftragte über Kompetenzen verfügen, welche sie „im Sinne von Peer Support“ (ebd.: 331)[69] einbringen. Eine Frau nannte verschiedene Gründe:

    So ernste Themen werden nicht mit mir besprochen, dafür ist ja der Soziale Dienst da. […] wenn jetzt Gewalt ist. Da glaube ich nicht, dass da jemand mit mir sprechen wird. Ich, ich habe zwar die Schulung gemacht, aber nicht so, wie die U7, die hat das studiert. Ich denke mal, das wird noch nicht so ernst genommen, Frauenbeauftragte. Und das ist auch das Problem, glaube ich. Weil das nicht so ernst genommen wird. […] von den Frauen, von jedem eigentlich. Es ist da, aber (.) so (.) och, wie soll ich das denn sagen? (4) Weil es eben noch nicht so ausgereift ist, wie Werkstattrat jetzt. […] Wenn es Probleme gibt, dann gehen sie auch zum Werkstattrat. […] Und nicht zu mir. Ich denke mal, das ist noch ein ganzes Stück Arbeit. (D: 480–499)

    Frauenbeauftragte fühlen sich akzeptiert, wenn Gruppenleiter_innen die Frauenbeauftragten ernst nehmen und ihnen zutrauen, diese Tätigkeit auszuüben bzw. Beschäftigte auf das Angebot aufmerksam machen. Die Tätigkeit der Frauenbeauftragten muss konstant etabliert werden, damit das Angebot der Frauenbeauftragten selbstverständlich genutzt wird. Veranstaltungen wie die Durchführung von Frauencafés sind hilfreich, um einen Raum für Austausch zu schaffen. Eine Frauenbeauftragte bemängelt: „Ja, weil es gibt ja auch Frauen, die einen ja auch nicht ernst nehmen. Oder die dann erst gar nicht kommen in meine Beratung“ (C: 972–973). Auch können manche Frauen die Beratung nicht besuchen, da sie nicht von ihrer Arbeit fernbleiben dürfen. Eine Frauenbeauftragte äußert sich folgendermaßen dazu: „Manchmal denke ich, dass die Chefs dann nicht so, so (.) gut mitgehen“ (K: 1495-1496). Daraus lässt sich die Forderung nach etablierten Strukturen innerhalb der Einrichtung ableiten, in denen alle Ratsuchenden während der Sprechzeiten die Frauenbeauftragte aufsuchen dürfen. Frauenbeauftragte fühlen sich bestätigt, wenn ihr Angebot wahrgenommen wird und sie positives Feedback erhalten, was eine Frau folgendermaßen schildert: „Und da sind die Frauen oft zu mir gekommen und: Ja, du hast mir so toll geholfen und es geht mir jetzt wieder gut. Und ja, ja (..) das is/ das war natürlich eine tolle Sache so. So habe ich mir das auch vorgestellt.“ (A: 568–570)

    Auch die Verankerung von Frauenbeauftragten in der WMVO kann sich positiv auf die Akzeptanz innerhalb der Einrichtung auswirken und dazu beitragen, dass sich die Rahmenbedingungen verbessern. Durch die WMVO wird die Finanzierung der entstehenden Kosten, die im Rahmen der Tätigkeit von Frauenbeauftragten anfallen, geregelt. Der zuständige Rehabilitationsträger ist für die Kostenübernahme zuständig. (Vgl. BMAS 216a: 378) Dies kann die Akzeptanz innerhalb der Einrichtung erleichtern.

    14.5 Unterstützung/ Assistenz

    Jeder Frauenbeauftragten steht eine Unterstützerin[70] zur Assistenz bei ihren vielfältigen Tätigkeiten zur Seite. Diese oder eine ehemalige Unterstützerin nahm gemeinsam mit der Frauenbeauftragten an der ersten und letzten Schulungseinheit teil. Die weiteren Schulungstermine besuchten die Frauen überwiegend alleine.

    WEIBERNETZ (vgl. 2011: 15) benennt eine Reihe von notwendigen Bedingungen für die gelingende Tätigkeit von Frauenbeauftragten[71], u. a. auch den Beistand durch eine externe oder interne Unterstützerin. Die Empfehlung des Vereins besteht darin, sowohl die Frauenbeauftragte als auch ihre Unterstützerin mindestens sechs Stunden pro Woche von ihrer Haupttätigkeit freizustellen bzw. eine externe Unterstützungsperson entsprechend zu vergüten. (Vgl. ebd.) Der Umfang der Freistellung bei den von uns befragten Frauenbeauftragten und deren Unterstützerinnen liegt meist weit unter den geforderten sechs Stunden.

    Das Vorhandensein einer Unterstützerin ist nicht per se als fördernder Faktor für die Tätigkeit von Frauenbeauftragten zu werten.

    Der Auftrag der Unterstützerin besteht darin, der Frauenbeauftragten zu assistieren und unterstützend zur Seite zu stehen und nicht in ihrer Rolle als Pädagogin zu agieren (vgl. Weibernetz 2011: 14). Der Umfang der Unterstützung muss sich dabei nach den individuellen Kompetenzen und dem Assistenzbedarf der jeweiligen Frauenbeauftragten richten und lässt sich unseres Erachtens schwer in Stunden ausdrücken. In unserer Forschung berichteten Befragte sowohl von Überforderung als auch von Bevormundung durch ehemalige Unterstützerinnen.

    Eine der Frauenbeauftragten hätte sich mehr Assistenz von einer ehemaligen Unterstützerin gewünscht: „Also so richtige Unterstützung hatte ich nicht. Die hat immer gehofft, dass es von MIR aus geht, aber das bekomme ich nicht hin und das, das hat mich eben auch ein bisschen frustriert.“ (G: 352–354) Eine andere Befragte berichtete, eine ehemalige Unterstützerin habe ihr zu viele Aufgaben abgenommen, anstatt ihr zu assistieren: „Im Nachhinein habe ich den Eindruck, dass die erste Unterstützerin mir da ein bisschen zu viel geholfen hat. Und mich da nicht so richtig ver/, weil das geht ja dann schneller und ja. Und/ Es gibt viele Gründe dafür. Aber es ist ja nicht der Sinn der Sache.“ (A: 421–425)

    Idealerweise bietet eine Unterstützerin eine an Selbstbestimmung und Empowerment orientierte Assistenz.

    Ob Frauenbeauftragte eine einrichtungsinterne oder externe Unterstützungsperson wählen, steht ihnen i.d.R. frei. Laut dem Abschlussbericht des Projektes „Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ hätten sich insbesondere externe Unterstützerinnen „als unabhängig und aufgeschlossen gezeigt und bewährt“ (Weibernetz 2011: 14). Die Teilnehmerinnen unserer Befragung arbeiten überwiegend mit internen Unterstützerinnen zusammen und fühlen sich gut begleitet. Einige dieser Unterstützerinnen waren es auch, die den Frauenbeauftragten anboten, an der Schulung teilzunehmen. Eine Frauenbeauftragte, die eine externe Unterstützungsperson wählte, reflektierte die Vor und Nachteile:

    Und da bekommt/ da, wenn ich dann wirklich eine Person habe, wo ich dann sage: Mhm (.), bin ich mir jetzt aber nicht sicher, habe ich ja schon gesagt. Dann kann ich auch andere Leute fragen. Und natürlich meine Unterstützungsperson als erste Stelle. Nun äh, wie diese Unterstützungsperson ist nicht im Haus, und es hat immer alles seine Vor- und seine Nachteile. Der Nachteil ist, ist, dass die Unterstützungsperson diese Personen nicht kennt, weiß also nicht, wie sie gestrickt sind und wenn ich jetzt Leute frage, die hier arbeiten, die kennen die Person. So, und können mir dann eher Tipps geben, was dann zu tun ist beziehungsweise, äh, machen es oftmals selbst. Und das finde ich nicht so gut. (A: 570–579)

    Die zitierte Frauenbeauftragte wägt demnach ab, dass der Vorteil einer internen Unterstützerin darin bestehe, dass sie immer oder zumindest häufiger in der Einrichtung sei und die Beschäftigten kenne. Hingegen tendierten Sozialprofessionelle innerhalb der WfbM dazu, Ratsuchende selbst zu beraten.

    Eine Frauenbeauftragte benannte im Rahmen des Interviews das Fehlen einer Vertretung ihrer Unterstützungsperson im Krankheitsfall und in der Urlaubszeit als hemmenden Faktor und fasste zum Abschluss ihr Anliegen in Form eines Wunsches zusammen: „Vielleicht noch ne zweite Unterstützerin. […] Hm, wir sind ja da mit dran. Also, gesagt haben wir das schon. Ein paar Mal jetzt“ (E in EF: 1799–1803).

    WEIBERNETZ (vgl. 2011: 14) schlägt vor, dass Frauenbeauftragte und ihre Unterstützerinnen die jeweiligen Aufgaben vertraglich regeln. Nur eine der befragten Frauenbeauftragten gab an, einen Vertrag mit ihrer Unterstützerin geschlossen zu haben und bewertete diesen als sehr förderlich:

    Dann habe ich eine Unterstützung, die ist vier Stunden abgestellt für mich. Mit der habe ich einen Vertrag, ein Jahr lang. Also das läuft ganz gut. […] Ja, so, aus meiner Sicht ja. Ich habe auch meine Differenzen mit ihr, aber da muss sie durch. Ich habe den Vertrag mit ihr und sie nicht mit mir. Und wenn ich sie kündige, dann kündige ich sie. So steht es drin. (B: 49–55)

    Insbesondere in den Bereichen Kommunikation und Arbeitsorganisation sei Unterstützung für Frauenbeauftragte notwendig (vgl. Weibernetz 2011: 14). Diese Aussage deckt sich mit unseren Forschungsergebnissen. Darüber hinaus sind Unterstützerinnen teilweise bei Beratungsgesprächen anwesend oder befinden sich in der Nähe und können bei Bedarf hinzugeholt werden. Eine Frauenbeauftragte beschreibt die Aufgaben ihrer Unterstützerin wie folgt: „Ich habe eben noch Probleme mit der Rechtschreibung, mit der Grammatik, auch dafür ist sie da. Oder mhm, wenn ich jetzt irgendwie ein Gespräch, ein Fallgespräch, oder ein anderes Gespräch, was mir so im Magen liegt, dass sie da/ mit mir, äh, das bearbeitet.“ (A: 435–438) Der Aspekt der Reflexion von Beratungsgesprächen mit der Unterstützerin oder im Rahmen von Supervision oder Fallberatung erscheint uns äußerst sinnvoll. Insbesondere vor dem Hintergrund der vielfältigen Themen und Problemlagen, mit denen Frauenbeauftragte in ihren Sprechstunden konfrontiert werden, sollte zum Schutz der Frauenbeauftragten innerhalb der Einrichtungen ein entsprechender Rahmen geschaffen werden.

    Eine Forderung von WEIBERNETZ (2016c: 2) lautet: „Zudem soll jede Frauenbeauftragte in der WfbM das Recht auf eine externe oder interne Unterstützerin haben.“ Im Entwurf der WMVO ist die Unterstützung von Frauenbeauftragten differenziert geregelt. Neben einem Raum und Sachmitteln sei der Frauenbeauftragten eine Bürokraft „in erforderlichem Umfang“ zur Verfügung zu stellen (BMAS 2016a: 378). Zusätzlich kann eine Frauenbeauftragte „auf Wunsch eine Person ihres Vertrauens“ (BMAS 2016a: 378) zu ihrer Unterstützung wählen. Diese Unterstützungsperson kann sowohl intern als auch extern sein. In der neuen WMVO sind die Aufgaben von Unterstützerinnen wie folgt definiert:

    Die Unterstützerinnen befähigen die Frauenbeauftragten, ihre anspruchsvolle Aufgabe im Sinne der weiblichen Beschäftigten mit Behinderungen wahrzunehmen. Sie sollen schon im Vorfeld Überlastungen und Überforderungen der Frauenbeauftragten vorbeugen, indem sie gemeinsam mit den Frauenbeauftragten schwierige Beratungssituation[sic!] reflektieren und dabei unterstützen, mögliche Lösungswege und Ansprechpersonen zu finden. Die Unterstützungsleistung richtet sich dabei immer nach den Bedürfnissen und Wünschen der Frauenbeauftragten und kann eine große Bandbreite haben. (BMAS 2016a: 378)

    Der Stundenumfang von Unterstützerinnen wird in dem Gesetz nicht geregelt. Positiv sollten jedoch der Schutz der Frauenbeauftragten und die Wertschätzung der Tätigkeit und deren Bezeichnung als „anspruchsvolle Aufgabe“ (ebd.) hervorgehoben werden.

    14.6 Vernetzung

    Für die Tätigkeit von Frauenbeauftragten ist eine gute Vernetzung unabdingbar. Hierzu zählt sowohl eine interne Vernetzung bspw. mit dem Werkstattrat, den Gruppenleiter_innen, dem Begleitenden bzw. Sozialen Dienst als auch der Einrichtungsleitung. Des Weiteren ist die Vernetzung zu anderen Frauenbeauftragten und zu externen Sozialprofessionellen, wie zu Beratungsstellen und bspw. Weibernetz sinnvoll.

    Frauenbeauftragte nutzen Werbung, um sich in der WfbM bekannt zu machen und sich mit unterschiedlichen Instanzen zu vernetzen. Auch bei gemeinsamen Versammlungen mit dem Werkstattrat können Frauenbeauftragte für ihr Angebot werben.

    Erst einmal habe ich mir, habe ich ja Flyer gebaut gehabt. Und die haben wir dann rumgeschickt. Dann gab es eine Betriebsversammlung, die der Werkstattrat ja jedes Jahr machen muss. Und da wurde es bekannt gegeben. (..) Ja. Und dann gab es Visitenkarten. […] Und dann werden sie verteilt. Oder man kann sie auch per Mail verschicken. […] Die werden hier im Haus verteilt. […] Also die werden hier im Haus verschickt. Das geht an die Sozialpädagogen. Das geht an die Gruppenleiter, also das heißt jetzt nicht mehr Gruppenleiter, das heißt jetzt (unv.). Da werden die hingeschickt. Und die sollen sie verteilen. […] Also zum größten Teil ist es gemacht worden. Ich werde das auch immer wiederholen auf der Betriebsversammlung. Auch die Flyer und sowas alles sind verschickt worden. Diese Information, das hängt ja draußen auch im Schaukasten. […] Wir haben ja ein einziges Mal einen Papierdings gemacht gehabt, die sind mir so schnell weggegangen. Weil wir dann hierher kamen, dann haben wir das nachher irgendwie vergessen. (A: 586–619)

    Es wirkt sich fördernd aus, wenn die Tätigkeitsbereiche zwischen Werkstattrat und der Frauenbeauftragten klar voneinander abgegrenzt werden. Eine Frauenbeauftragte stellte folgende Problematik als Hemmnis für die Umsetzung ihres Angebots heraus:

    Weil es eben noch nicht so ausgereift ist, wie Werkstattrat jetzt. […] Wenn es Probleme gibt, dann gehen sie auch zum Werkstattrat. […] Und nicht zu mir. Ich denke mal, das ist noch ein ganzes Stück Arbeit, bis das/ Vor allem der Wille ist/ […] Naja, der [Werkstattrat] kümmert sich eben, wenn es Probleme gibt in der Werkstatt. […] Die treffen sich auch regelmäßig und da sollten die, die Frauenbeauftragten eigentlich auch erst mit rein, mit/ Aber das hat sich irgendwie noch nicht ergeben, dass ich da mit hinzugeholt werde. Und, da bekommst du eben nichts mit. […] Das ist (..) es läuft hier nicht. Noch nicht/ […] gut.

    I1: Du würdest es gut finden, wenn du auch mit dem Werkstattrat zusammenarbeiten könntest?

    G: Ja. […] Wenn es jetzt Probleme mit Lohn gibt (.) oder so, wenn Frauen sagen, sie verdienen weniger als die Männer. (G: 495–519)

    Bei einer unklaren Aufgabenverteilung kann es sein, dass sich die Beschäftigten an den Werkstattrat wenden und das Angebot der Frauenbeauftragten nicht nutzen. Wenn die Frauenbeauftragte Mitglied im Werkstattrat ist, kann sich dies hingegen auch fördernd auf ihre Tätigkeit auswirken, da sie bereits in der Werkstatt bekannt ist. Eine Frauenbeauftragte beschrieb:

    Und ich war/ ich hatte, ich hatte einen kleinen Vorteil, dadurch, dass ich schon ein paar Jahre Frauen/, äh, Entschuldigung. Äh, dass ich schon ein paar Jahre Werkstatträtin war, war ich ohnehin schon bekannt. […] //Das// hat eine Frau, die dann nur Frauenbeauftragte ist, und dann zum ersten Mal, ein bisschen schwieriger. (A: 593–599)

    Die Zusammenarbeit kann sich positiv auswirken, wenn Frauenbeauftragte an Werkstattratversammlungen teilnehmen und von den bestehenden Strukturen des Gremiums profitieren. Bei diesen gemeinsamen Treffen können Frauenbeauftragte die Rechte von Frauen stellvertretend vortragen. Dieser Aspekt findet sich auch in dem Kabinettsbeschluss der neuen WMVO wieder (vgl. BMAS 2016a: 377). Durch eine Vernetzung kann ein Peer-Support (gl. Strauß 2012: 95). gestaltet werden, von dem sowohl der Werkstattrat als auch die Frauenbeauftragte profitieren. Ziel ist eine bestmögliche Interessensvertretung für Beschäftigte (vgl. BMAS 2016a: 331). Die Bekanntmachung innerhalb der Werkstatt erfüllt ebenfalls die Funktion, mögliche Nutzer_innen auf das Angebot aufmerksam zu machen und eine vertrauensvolle Basis zu schaffen. Eine Frau beschrieb ihre Erfahrungen wie folgt:

    […] dann waren wir natürlich sehr motiviert und wie die Schulung war. Da haben wir gedacht, das klappt alles so. Wir fahren, wir kommen da an und sagen: Ich bin das jetzt. Und dann kommen die Leute und vertrauen mir ihr Zeu/, ihre Probleme an und so. Aber das war nicht so. (…) Das ist (.) ziemlich gleich gekommen und (..), haben nicht gleich mit mir geredet. Und dann habe ich immer mal Sprechstunden gemacht. (G: 48–55)

    Die Art und Weise der Vernetzung zwischen Werkstattleitung und Frauenbeauftragter wirkt sich auf die Qualität ihrer Tätigkeit aus. Pflegen beide ein gutes Verhältnis zueinander, wird die Frauenbeauftragte in innerbetriebliche Prozesse mit einbezogen und profitiert durch eine bessere Bereitstellung von Ressourcen durch die Einrichtung. Manche Frauenbeauftragte können sich bei Problemen an die Leitung wenden, arbeiten mit dieser zusammen oder werden in verschiedene Prozesse eingebunden. Eine Frau beschrieb das positive Verhältnis zu ihrer Chefin folgendermaßen:

    Ich komme gut mit der Chefin zurecht. Und sie auch mit mir. Wir sprechen uns ab. Ähm, ähm (..) Ich hab/ Ich kann auch hier und da, wenn etwas passiert/ Werde ich mit angesprochen, inzwischen. Ich habe (.) einen Leitfaden mit/ ins Leben mit gerufen. Die Chefin auch. Also, da haben wir uns zusammengetan. (A: 226–232)

    Durch die Vernetzung zu Gruppenleiter_innen kann die Frauenbeauftragte Verbündete für sich gewinnen, die sie in der Ausübung ihrer Tätigkeit unterstützen. Dies kann einerseits die Freistellung von ihrer Tätigkeit in ihrem jeweiligen Werkbereich sein, falls eine Ratsuchende außerhalb der Sprechzeiten Unterstützung benötigt. Andererseits können Gruppenleiter_innen dafür Sorge tragen, dass Beschäftigte sich diskret mit Anliegen an die Frauenbeauftragte wenden können und diese während der Arbeitszeit in der Beratung aufsuchen. Eine Frauenbeauftrage kooperiert folgendermaßen mit Sozialprofessionellen: „Immer montags von, von zehn bis halb zwölf oder auch so, wenn die [Frauen] mal eine Schwierigkeit haben, dann sage ich immer der Betreuerin Bescheid oder dem Betreuer, dass sie ihn anrufen, dass sie dann mal kurz nach hier oben kommen kann.“ (D: 706–712)

    Um ihre Tätigkeit gut auszuüben, kann es förderlich sein, wenn sich die Frauenbeauftragte neben Fachkräften und Werkstattrat mit einer weiteren Beschäftigten aus ihrer Einrichtung vernetzt. Eine Frauenbeauftragte sprach eine Kollegin an, ob sie gemeinsam mit ihr das Amt ausüben möchte, um Überforderung vorzubeugen: „Weil das alleine für mich zu viel war. […] Also, das habe ich von Anfang an auch gesagt. Also, alleine wird mir das zu viel.“ (E in EF: 706–136) Die beiden Frauen unterstützen sich gegenseitig (Peer-Support) (vgl. Strauß 2012: 95). Auch können neben einem gegenseitigen Austausch Aufgabenbereiche nach jeweiligen Kompetenzen aufgeteilt werden.

    Darüber hinaus ist der Aufbau eines Netzwerkes zu externen Partner_innen besonders sinnvoll, wenn die Frauenbeauftragten ihre Tätigkeit gerade aufgenommen haben. Bei Bedarf wissen die Frauenbeauftragten, an wen sie weitervermitteln können. WEIBERNETZ (2011: 16) fordert die Vernetzung von Frauenbeauftragten mit externen Partner_innen des Hilfesystems und begründet dies folgendermaßen:

    Diese Vernetzung ist wichtig, weil die Frauenbeauftragte nicht alle Probleme allein lösen kann und externe Beratungskompetenz genutzt werden sollte, wenn interne Strukturen an ihre Grenzen kommen oder ratsuchende Frauen den Wunsch haben, sich zusätzlich von außen beraten zu lassen.

    Wenn die Frauenbeauftragte bereits Kontakt zu dem professionellen Hilfesystem aufgenommen hat, werden Mitarbeitende ggf. für die Zielgruppe sensibilisiert und setzen sich mit der Thematik „Gewalt an behinderten Frauen“ auseinander. Aktuell sind Beratungsstellen und andere weiterführende Angebote wenig auf die Bedürfnisse behinderter Frauen ausgerichtet (vgl. Helfferich/ Kavemann/ Rixen 2012: 81f.)[72]. Eine frühzeitige Vernetzung kann dazu führen, dass in Bedarfsfällen behinderte Frauen passgenaue Angebote erhalten. Eine Frau beschrieb dies wie folgt: „Ich habe aber ähm, ihre Visitenkarte. Ich habe auch ihr Angebot, ja. Und zwar kann ich dann da/ die ähm anrufen, falls ich mal Hilfe brauche. Also, diese Option habe ich.“ (J: 341–343)

    Fachkräfte können außerdem auf die Frauenbeauftragten als Expertinnen zurückgreifen und mit ihnen gemeinsam auf die Situation behinderter Frauen aufmerksam machen. Die Frauenbeauftragten können hierbei als Vorbildfunktion fungieren, indem sie von ihren Erfahrungen als Peer-Beraterinnen erzählen.

    Ähm, ich habe auch da mal einen Vortrag gehalten über Frauenbeauftragte in O24[73] […] Auch über meine Arbeit habe ich dann berichtet und so, also ha/ hat gut geklappt. also, alleine habe ich das ge/ vorgetragen. Oft schon Sachen alleine vorgetragen habe ich. […] Häufiger schon angesprochen werde ich. Für solche Vorträge und so. Aber oft klappt das eben auch nicht. […] der Vortrag, den ich in O24 gehalten habe. So 200 [Personen]. Der war voll, der Saal. (J: 584–619)

    Neben der Vernetzungsmöglichkeit zu Fachkräften ist auch die Vernetzung zu anderen Frauenbeauftragten möglich. Hierzu können sowohl barrierefreie Plattformen, über welche Frauenbeauftragte sich untereinander innerhalb eines Peerkontextes austauschen können, als auch direkte Treffen genutzt werden.

    Wenn die Frauen über Lese und Schreibkompetenzen sowie über eine entsprechende technische Ausstattung verfügen, können sie miteinander über das „Frauenforum“ kommunizieren. Dies wird von einer der Trainerinnen von Weibernetz begleitet. „Also, wir haben dann/ bei P6 ist das Frauenforum, wo wir denn mit den anderen Frauenbeauftragten noch so schreiben können.“ (C: 326–327) Auch bieten Fachtage und Fachveranstaltungen eine gute Möglichkeit für Austausch untereinander. Eine Frauenbeauftragte versuchte, sich mit anderen Frauenbeauftragten zu vernetzen, was sich jedoch schwierig gestaltete:

    Ähm, wir hatten zwar schon seit Jahren vor, ein Treffen zu machen, aber ähm, aus irgendwelchen Gründen, aus welchen auch immer, klappt das nie. […] Ähm, und zwar haben wir, ähm die Frauenbeauftragten, die dort ausgebildet worden sind, haben wir vor, uns zu treffen. Also, beim ersten Treffen waren alle hier […] in O22. Auch sehr lustig war das und dann hinterher gab es dann leider kein Treffen. Das fand ich dann schon sehr schade. (J: 108–117)

    Telefonate hingegen stellen eine niedrigschwelligere Vernetzungsmöglichkeit für Frauenbeauftragte untereinander dar, die sich fördernd auf ihre Tätigkeit auswirkt.



    [59] Siehe Kapitel 6 Peer-Aspekte.

    [60] Siehe Kapitel 7.4.3 Rolle der Unterstützerin.

    [61] Siehe Kapitel 6 Peer-Aspekte.

    [62] Siehe Kapitel 7.4.2 Leichte Sprache.

    [63] Siehe Kapitel 7. Das Projekt Frauenbeauftragte in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Wohneinrichtungen

    [64] Siehe Kapitel 8 Novellierung der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung.

    [65] § 37 Abs. 7 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz für die Mitglieder des Betriebsrates in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 2001 (BGBl. I S. 2518), das zuletzt durch Artikel 3 Absatz 4 des Gesetzes vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 868) geändert worden ist.

    [66] Siehe 7.4.1 Voraussetzungen für die Tätigkeit von Frauenbeauftragten in Einrichtungen.

    [67] Siehe Kapitel 7.4.3 Rolle der Unterstützerin.

    [68] Siehe 7.4.1 Voraussetzungen für die Tätigkeit von Frauenbeauftragten in Einrichtungen.

    [69] Siehe Kapitel 6 Peer-Aspekte.

    [70] Siehe Kapitel 7.4.3 Rolle der Unterstützerin.

    [71] Siehe 7.4.1 Voraussetzungen für die Tätigkeit von Frauenbeauftragten in Einrichtungen.

    [72] Siehe Kapitel 3.3 Unterstützungssystem für gewaltbetroffene behinderte Frauen.

    [73] Auf einer Werkstattmesse.

    15. Fazit und Ausblick

    Im Rahmen unserer Forschung haben wir die Schulung und Tätigkeit von Frauenbeauftragten in Einrichtungen für behinderte Menschen beschrieben und vor dem Hintergrund der Novellierung der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) diskutiert. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Frauenbeauftragte Ansprechpartnerinnen für ein breites Themenspektrum sind. Sie beraten proaktiv, werden innerhalb fester Sprechzeiten aufgesucht oder können bei Bedarf angefragt werden. In ihrer Funktion als Peer-Beraterinnen hören sie Ratsuchenden zu, nehmen ihre Anliegen ernst, geben ihnen Ratschläge und vermitteln sie bei Bedarf an externe Hilfe und Beratungsstellen. Ihr Auftrag besteht darin, darauf zu achten, dass es den Frauen in ihrer Einrichtung gut geht, sie über ihre Rechte aufzuklären, ihnen Mut zu machen und ihr Selbstbewusstsein zu stärken.

    Ergänzend zu den Sprechzeiten organisieren Frauenbeauftragte, meist in Zusammenarbeit mit ihren Unterstützerinnen, Aktivitäten für Frauen, bspw. Frauencafés und Schminknachmittage. Diese Veranstaltungen haben einen hohen Stellenwert, da sie häufig mehr Beschäftigte erreichen als das Angebot von Sprechzeiten. Diese Veranstaltungen können Frauenbeauftragte zum Kennenlernen der Beschäftigten, zum Vertrauensaufbau sowie als Werbung für ihre Sprechzeiten nutzen.

    Frauenbeauftragte sind in werkstattinterne Prozesse eingebunden und wirken sowohl bei der Gewaltprävention als auch bei der Aufklärung von Missbrauchsfällen in Einrichtungen mit. Sie tragen Verantwortung gegenüber den Ratsuchenden sowie gegenüber Sozialprofessionellen, einschließlich der Einrichtungsleitung.

    Innerhalb der von uns durchgeführten Interviews benannten und reflektierten die Frauenbeauftragten fördernde und hemmende Faktoren für die Ausübung ihrer Tätigkeit. Aus diesen Faktoren leiteten wir Empfehlungen für eine gelingende Tätigkeit von Frauenbeauftragten in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) ab. Diese Empfehlungen richten sich an Einrichtungsleitungen und Sozialprofessionelle innerhalb von Einrichtungen der Behindertenhilfe, an Anbieter zukünftiger Schulungen, Fort- und Weiterbildungen für Frauenbeauftragte sowie an Politiker_inenn, die an der Entwicklung gesetzlicher Grundlagen beteiligt sind. Des Weiteren wollen wir Denkanstöße für die Anwendung und Erweiterung des Konzeptes „Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ geben.

    I. Frauenbeauftragte benötigen qualitativ hochwertige Schulungen.

    Die Erfahrungen unserer Interviewteilnehmerinnen zeigen, dass eine umfangreiche und praxisorientierte Schulung notwendig ist, um auf die Anforderungen der Praxis vorbereitet zu sein. Der Empowerment-Prozess begann größten Teils mit der direkten Ansprache von Frauen und dem Angebot zur Teilnahme an der Schulung. Zukünftig wird dieser Schritt durch eine demokratische Wahl abgelöst.

    Die Schulungsteilnehmerinnen erlebten positive Rollenvorbilder und wurden befähigt in ihren Einrichtungen tätig und selbst zu Rollenvorbildern zu werden. Der Mut und das Selbstvertrauen der Frauen wuchsen im Laufe der Schulung und auch der Abschluss mit einer Feier und der Auszeichnung durch Urkunden blieb den Frauen in positiver Erinnerung. Die Schulungsteilnehmerinnen erfuhren Vertrauen und Wertschätzung, sowohl seitens ihrer Einrichtungen als auch seitens der Trainerinnen. Dies regte persönliche Entwicklungen an. Aus diesem Grund wählten wir das Zitat einer Frauenbeauftragten in leicht abgeänderter Form als Titel der vorliegenden Arbeit.

    Insbesondere zu Beginn der Tätigkeit von Frauenbeauftragten in Einrichtungen wurden die Sprechstunden stark frequentiert. Im Rahmen dieser Beratungstätigkeit wurden die Peer-Beraterinnen mit, teils Jahre zurückliegenden, Missbrauchsfällen in ihren Einrichtungen konfrontiert. Daraus leiten wir die Notwendigkeit ab, mit der Schulung bereits vor Aufnahme ihrer Tätigkeit zu beginnen. Unsere Interviewteilnehmerinnen bewerteten den Austausch über erste Erfahrungen, eingebettet ins Schulungssetting, als hilfreich.

    Ungeklärt bleibt, was geschieht, wenn in einer WfbM eine bereits geschulte Frauenbeauftragte tätig ist, jedoch eine ungeschulte Frau mehrheitlich gewählt wird und das Amt der Frauenbeauftragten weiterführt.

    Ia. WenDo oder ein anderes Selbstverteidigungs-/ Selbstbehauptungstraining sollte Bestandteil der Schulung von Frauenbeauftragten sein.

    Ausschließlich positiv wurde das WenDo-Training bewertet, das Bestandteil der Schulung „Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ von Weibernetz e.V. (Weibernetz) war. Dieses Training stärkte die Frauen und setzte in ihnen bis dahin unbekannte Kräfte frei: „Da durften wir schreien, so laut, wie wir du/ wollten. Da haben sie sich natürlich ganz schön/ immer einige sehr erschrocken“ (E in EF: 238240). Ihr gestärktes Selbstbewusstsein stellt eine Ressource für die Frauen persönlich und für ihre Tätigkeit als Peer-Beraterinnen dar. Das Training blieb in guter Erinnerung, sodass viele Frauenbeauftragte in ihren Einrichtungen WenDo-Kurse für Frauen organisierten.

    Ib. Das Konzept der Leichten Sprache sollte in Schulungen für Frauen mit Lernschwierigkeiten verwendet werden.

    Ebenfalls ausschließlich positiv wurde die Verwendung Leichter Sprache (LS) bewertet. Einige Frauen gaben an, in dem Schulungskurs erstmals von diesem Konzept erfahren zu haben.

    LS wurde in der Schulung verwendet und wird von den Frauenbeauftragten im Beratungskontext verwendet. Inzwischen sind zahlreiche Informationsmaterialien rund um Frauenthemen und Gewalt in LS erschienen. Wir möchten darauf hinweisen, dass nicht alle Menschen LS verstehen (vgl. Erhardt/ Grüber 2011: 68f.) und daher weitere Konzepte entwickelt werden müssen, um schwer erreichbare Zielgruppen[74] innerhalb von Einrichtungen der Behindertenhilfe einzubeziehen.

    II. Frauenbeauftragte benötigen Wertschätzung und Akzeptanz innerhalb ihrer Einrichtungen.

    Frauenbeauftragte berichteten, dass sie auf die Zusammenarbeit mit Sozialprofessionellen innerhalb ihrer Einrichtungen angewiesen sind, um möglichst viele Beschäftigte zu erreichen. Demnach wirkt sich eine aufgeschlossene Atmosphäre und Akzeptanz innerhalb der WfbM maßgeblich auf die Inanspruchnahme von Sprechstunden und die Teilnahme an weiterführenden Angeboten aus. Das entgegengebrachte Interesse von Einrichtungsleitungen und deren ideelle Unterstützung wurden in den Interviews besonders betont. Auch die Bereitstellung materieller, finanzieller, und räumlicher Ressourcen wurde als Zeichen der Akzeptanz gewertet.

    III. Frauenbeauftragte benötigen materielle, finanzielle und räumliche Ressourcen sowie klare Strukturen.

    Von unseren Interviewpartnerinnen wurden finanzielle Mittel für ihre Tätigkeit und Fortbildungen als Notwendigkeit beschrieben. Für das Angebot von Sprechzeiten benötigen sie ein barrierefreies Büro oder zu mindestens einen Raum, in dem vertrauliche Beratungen stattfinden können. Die Nutzung eines gemeinschaftlichen Büros mit dem Werkstattrat ist ebenfalls möglich, vorausgesetzt die Sprechzeiten der Frauenbeauftragten werden akzeptiert. Gewünscht wurde eine angenehme Beratungsatmosphäre.

    Für die vielfältige Tätigkeit von Frauenbeauftragten, wie z. B. Werbung sowie Vor und Nachbereitung der Sprechzeiten, wurde die Verfügbarkeit eines internetfähigen Computers bzw. mobilen Endgerätes als Voraussetzungen benannt. Darüber hinaus wird durch die Bereitstellung eines Postfaches sowie eines Telefons oder Handys die Erreichbarkeit von Frauenbeauftragten sichergestellt. Diese Medien benötigen Frauenbeauftragte ebenfalls zum Auf und Ausbau eines Netzwerkes sowie zur Kontaktpflege.

    Frauenbeauftragte wünschten sich klare Strukturen und Absprachen in Bezug auf die beschriebenen Ressourcen und in besonderer Weise auch bezüglich ihrer Freistellung. Ebenso wünschten sich Frauenbeauftragte eine Vertretung, z.B. im Krankheitsfall, und die Schulung weiterer Frauenbeauftragten, bevor die derzeit aktiven das Renteneintrittsalter erreichen.

    Die neue WMVO ist aus unserer Sicht bedeutsam, um die Rechte von Frauenbeauftragten zu stärken. Jedoch nur in Verbindung mit klaren Absprachen innerhalb der jeweiligen Einrichtung kann diese gesetzliche Implementierung von Frauenbeauftragten zum Erfolg werden.

    IV. Frauenbeauftragte benötigen eine an Selbstbestimmung und Empowerment orientierte Assistenz.

    Unsere Interviewpartnerinnen schilderten sowohl positive als auch negative Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit ihren Unterstützerinnen in Form von Überforderung auf der einen und Bevormundung auf der anderen Seite. Daraus lässt sich die Forderung nach einer Assistenz ableiten, deren Tätigkeiten und Umfang sich an den individuellen Kompetenzen und dem Unterstützungsbedarf der jeweiligen Frauenbeauftragten orientiert.

    Die Vor- und Nachteile in der Zusammenarbeit mit einrichtungsexternen und internen Unterstützerinnen wurden in der vorliegenden Arbeit reflektiert. Es lässt sich keine einheitliche Empfehlung ableiten, vielmehr muss diese Entscheidung von jeder Frauenbeauftragten selbst getroffen werden. Als wichtig erachteten unsere Interviewpartnerinnen ein gutes Miteinander und Zusammenarbeit auf Augenhöhe sowie eine klare Aufgabenklärung. Eine Frauenbeauftragte legte besonderen Wert darauf, dass sie die Zusammenarbeit mit ihrer Unterstützerin mittels eines Vertrages regelt. Frauenbeauftragte wünschten sich weiterhin eine geregelte Vertretung der Unterstützerin im Krankheitsfall und zu Urlaubszeiten. Analog zu Frauenbeauftragten benötigen Unterstützerinnen eine Freistellung von ihrer Haupttätigkeit, bzw. externe Unterstützerinnen, eine Vergütung und die für ihre Tätigkeit notwendigen Ressourcen.

    Die Aufgaben der Unterstützerinnen gehen über eine Assistenz in den Bereichen der Kommunikation und der Arbeitsorganisation hinaus. Aufgrund des breiten Spektrums an Themen, das Ratsuchende ansprechen, benötigen Frauenbeauftragte die Möglichkeit zur Nachbesprechung und Reflexion der Beratungen. Solche Gespräche dienen dem Schutz der Frauenbeauftragten und sollten bei Bedarf mit der Unterstützerin oder einer Supervisorin geführt werden können.

    V. Frauenbeauftragte benötigen funktionierende Netzwerke.

    Die befragten Frauenbeauftragten stellten die Bedeutung von interner und externer Vernetzung heraus. Einrichtungsintern empfehlen sie die Vernetzung mit dem Werkstattrat, Gruppenleiter_innen, dem Begleitenden Dienst und der Einrichtungsleitung. Dieses Netzwerk hilft ihnen, für ihr Beratungsangebot und darüber hinaus für weitere Angebote zu werben und in der Einrichtung bekannt zu werden. Idealerweise werden Frauenbeauftragte an sämtlichen Prozessen beteiligt, die ihre Interessen tangieren.

    Jeweils im Einzelfall sind eine Aufgabenteilung mit dem Werkstattrat und die Klärung der Rolle der Frauenbeauftragten vorzunehmen. Über die Hälfte der von uns befragten Frauen sind aktuell oder waren in der Vergangenheit ebenfalls Werkstatträtinnen. Dies führt dazu, dass weder Frauenbeauftragte noch Ratsuchende diese Rollen klar trennen können. Durch die Teilnahme an Sitzungen des Werkstattrates können Frauenbeauftragte am Geschehen in der Einrichtung besser teilhaben und die Interessen der weiblichen Beschäftigten vertreten. Ob Frauenbeauftragte dabei als Teil des Werkstattrates, als dessen Ergänzung oder unabhängige Instanz angesehen werden, bleibt dabei offen.

    Einrichtungsintern können sich Frauenbeauftragte auch im Sinne des Peer-Supports weitere Frauen suchen, von denen sie Unterstützung bei ihrer Tätigkeit erhalten. Unter unseren Interviewpartnerinnen waren zwei Frauenbeauftragte, die als Team in einer Großeinrichtung arbeiten. Eine andere Frauenbeauftragte trifft sich einmal im Monat mit einem Frauenkreis, u.a. um sich gemeinsam über die Bedürfnisse und Probleme von Frauen in der Einrichtung auszutauschen. Diese beiden Beispiele zeigen, wie wichtig Vernetzung und gegenseitige Unterstützung ist. Solche Netzwerke dienen der Frauenbeauftragten auch als Schutz vor Überlastung.

    Schon während der Schulung nahmen die Frauenbeauftragten Kontakt zu externen Hilfsangeboten und Beratungsstellen auf. Manche von ihnen vermittelten bereits Ratsuchende zu externen Hilfen weiter oder verfügen über Adressen, wo sie im Bedarfsfall hin vermitteln können. Wir sehen in diesen Kontakten nicht nur einen Vorteil für die Frauenbeauftragten und Ratsuchenden. Auch Mitarbeitende externer Stellen werden für behinderte Frauen als Zielgruppe ihrer Angebote sensibilisiert (vgl. Göpner/ Maskos 2015: 115). Sie können auf die Frauenbeauftragten als Expertinnen zurückgreifen.

    Wenig Kontakt haben die durch Weibernetz geschulten Peer-Beraterinnen untereinander, es sei denn, sie wohnen in derselben Stadt. Einige unserer Interviewpartnerinnen wünschten sich Kontakt bzw. mehr Kontakt als bisher zu anderen Frauenbeauftragten. Ein von Weibernetz moderiertes Onlineforum wurde als Austauschplattform bereitgestellt. Von den Frauenbeauftragten wird es allerdings kaum genutzt. Einige der Frauen telefonieren miteinander, der Wunsch nach persönlichen Treffen wurde geäußert. Hier sehen wir großes Potential in der Implementierung von Frauenbeauftragten in Werkstätten im Rahmen der neuen WMVO. Sobald es in allen WfbM gewählte Frauenbeauftragte gibt, verkürzen sich die Fahrtwege für Vernetzungstreffen erheblich. Ob sich ein Netzwerk, z.B. angedockt an die Struktur der Werkstatträte sowie deren regionale und überregionale Organisation, entwickelt, bleibt abzuwarten. Begrüßenswert wäre zweifelsfrei das Erfahrungswissen der Frauenbeauftragten als Ressource zu nutzen und einen Erfahrungsaustausch untereinander zu ermöglichen.

    VI. Frauenbeauftragte benötigen weitere Verbündete.

    Unsere Interviewpartnerinnen schilderten unterschiedliche Möglichkeiten, mit ratsuchenden Männern[75] umzugehen. Während manche Frauen ratsuchende Männer konsequent wegschicken, argumentierte eine Frauenbeauftragte: „Man kann doch die Männer nicht rausjagen, oder? Die haben auch Probleme, die haben auch Liebeskummer und Ärger mit anderen Männern und (.) da kann man die nicht rausjagen. Da bräuchte man einen Männerbeauftragten.“ (G: 451–454) Der Wunsch nach Männerbeauftragten wurde in mehreren Interviews geäußert. Dieses Thema konnten wir im Rahmen unserer Masterarbeit jedoch nicht ausführlich behandeln.

    Wir sehen ein großes Potential in der Idee, Frauenbeauftragte als Peer-Beraterinnen in Einrichtungen flächendeckend zu etablieren sowie dem Schulungskonzept von Weibernetz.



    [74] Menschen, die ausschließlich gebärdend oder unterstützt kommunizieren, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit aggressivem Verhalten, Menschen mit psychischer Erkrankung sowie Menschen mit erheblichem Pflegebedarf.

    [75] Neben weiblich und männlich wurden keine weiteren Geschlechtsidentitäten von unseren Interviewpartnerinnen benannt.

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    Anhang

    Anmerkung der bidok-Redaktion: Den Anhang finden Sie als pdf unter: http://bidok.uibk.ac.at/download/anhang-zeller-peer-ma.pdf

    Quelle

    Lena Sophie Zeller; Almuth Meinert: Frauen mit Lernschwierigkeiten als Peer-Beraterinnen. Praxisforschung am Beispiel von “Frauenbeauftragte in Einrichtungen“ nach dem Konzept von Weibernetz e.V.; Masterarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Master of Arts (M.A.), Studiengang Praxisforschung in Sozialer Arbeit und Pädagogik an der „Alice Salomon"-Hochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik, 2016.

    bidok-Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

    Stand: 9.08.2017

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