Gleichbehandlungsgesetz endlich verabschiedet

Autor:in - Martina Puschke
Themenbereiche: Recht
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: erschienen in: WeiberZEIT, Zeitung des Projektes "Politische Interessenvertretung behinderter Frauen" des Weibernetz e.V. Ausgabe Nr. 11, Juli 2006, Seite 1-2. WeiberZeit (11/2006)
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Gleichbehandlungsgesetz endlich verabschiedet

Am 7. Juli 2006 war es endlich soweit: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) passierte den Bundesrat, nachdem dieser eine ähnliche Gesetzes-vorlage (damals Antidiskriminierungsgesetz) ziemlich genau vor einem Jahr in den Vermittlungsausschuss schickte und somit ein In-Kraft-Treten vor der Neuwahl im Herbst vergangenen Jahres verhinderte. Doch das ist jetzt Schnee von gestern. Am 1. August soll das AGG - so ist es geplant - nun in Kraft treten.

Abb.:

Nach der Verzögerung und den Neuwahlen brachte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Frühjahr erneut den Gesetzentwurf der letzten Legislaturperiode in den Bundestag ein. Die Große Koalition erarbeitete einen eigenen Entwurf mit ähnlichen Inhalten und nannte diesen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - kurz AGG. Einige Zeit wurde diskutiert, für welche Zielgruppen das Gesetz gelten soll, bis sich der horizontale Ansatz der letzten Gesetzesvorlage durchsetzte. Entsprechend wurde nun ein Benachteiligungsverbot aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität geschaffen. Allerdings gilt dieses Benachteiligungsverbot leider mit einigen Sonderregelungen, z.B. im Bereich der Kirchen und der unterschiedlichen Behandlung aus "sachlichen Gründen" (siehe unten).

Frauen und Männer mit Behinderung wird das Gesetz neben den Bereichen Arbeitsmarkt und Berufsleben hauptsächlich im Zivilrecht bei Massengeschäften und privaten Versicherungsverträgen vor Diskriminierungen schützen. Massengeschäfte sind Geschäfte, "die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen" zustande kommen. Das ist in der Regel im Einzelhandel, der Gastronomie oder dem ÖPNV der Fall. Das Beispiel der Frau ohne Arme, die aus dem Restaurant verwiesen wird, weil sie mit den Füßen isst, dürfte demnach der Vergangenheit angehören. Auch die Ablehnung einer interessierten Mieterin aufgrund ihrer Behinderung wird Vermietern von mehr als 50 Wohnungen erschwert.

Eine "Kröte", die Behinderten- und Sozialverbände nicht verhindern konnten, besteht in der zulässigen unterschiedlichen Behandlung "aus sachlichem Grund", wenn z.B. Gefahren vermieden werden sollen. Hier fürchten die Verbände aus übertrieben paternalistischen Gründen die Möglichkeit der Diskriminierung.

Im Rahmen von privatrechtlichen Versicherungsverhältnissen dürfen behinderte Menschen nicht mehr am Abschluss von Versicherungen gehindert werden. Allerdings dürfen Risikobewertungen aufgrund der Behinderung berücksichtigt werden. Das kann Auswirkungen auf die Leistungen und die Prämien haben.

Bei Nichteinhaltung des Diskriminierungsverbots besteht der Anspruch auf Beseitigung oder Unterlassung der Diskriminierung bzw. auf Ersatz oder Entschädigung.

In einer Feierstunde am 7. Juli enthüllte die Behindertenbeauftragte Karin Evers-Meyer gemeinsam mit Arbeits- und Sozialminister Franz Müntefering drei, an der Fassade des Ministeriums angebrachte Transparente als Symbol für die drei Säulen des Paradigmenwechsels in der Behindertenpolitik.

Evers-Meyer: "Mit dem Sozialgesetzbuch IX, dem Behindertengleichstellungsgesetz und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz haben wir drei wesentliche Säulen für den Umdenkungsprozess in der Politik für behinderte Menschen zusammengeführt."

Martina Puschke

Quelle:

Martina Puschke: Gleichbehandlungsgesetz endlich verabschiedet

erschienen in: WeiberZEIT, Zeitung des Projektes "Politische Interessenvertretung behinderter Frauen" des Weibernetz e.V. Ausgabe Nr. 11, Juli 2006, Seite 1-2.

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Stand: 17.03.2008

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