Wohnen und Leben nach der Hospitalisierung.

Perspektiven für ehemals hospitalisierte und alte Menschen mit geistiger und seelischer Behinderung.

Themenbereiche: Rezension
Textsorte: Rezension
Copyright: © Georg Theunissen, Albert Lingg 1999

Titelseite:

Buchinformationen:

AutorIn/Hrsg.: Theunissen, Georg; Lingg, Albert (Hrsg.)

Titel: Wohnen und Leben nach der Hospitalisierung. Perspektiven für ehemals hospitalisierte und alte Menschen mit geistiger und seelischer Behinderung.

Infos: Verlag Klinkhardt, Bad Heilbrunn/Obb. 1999

Themenbereich: Wohnen

Keywords: Enthospitalisierung, Psychiatrie

Kurzbeschreibung:

Buchbesprechung von Riccardo Bonfranchi

Der hier vorgelegte Band der renommierten Herausgeber umfasst 310 Seiten und 16 Aufsätze von verschiedenen AutorInnen. Ein weites (internationales) Spektrum wird hier vor einem ausgebreitet, zumal wenn man auch noch berücksichtigt, dass die Zielgruppe, um die es hier geht, ja keineswegs einheitlich, sondern sehr heterogen ist.

Aber in dieser Vielschichtigkeit sollte sich der Leser nicht verlieren. Entscheidend ist vielmehr die Tatsache, dass im Laufe der 60er Jahre ein Aufbruch begann, den man mit dem Auszug von behinderten Menschen aus grossen Institutionen, sprich Landeskrankenhäuser bzw. psychiatrische Kliniken umschreiben könnte. "Nahezu alle westlichen Industrienationen haben sich heute von der Institutionalisierung geistig behinderter Menschen weithin verabschiedet, indem sie dezentrale, gemeindeeintegrierte und ambulante Angebote priorisieren" (S. 7). Das ist nicht neu und ein Aufwärmen dieser Inhalte ist von den Herausgebern auch keineswegs beabsichtigt. Ihnen geht es vielmehr darum, einen Marschhalt einzuschieben und zu fragen: Wo stehen wir heute auf dem Weg der Deinstitutionalisierung, Normalisierung, Integration und Empowerment?

Die Antwort stellt dieses Buch dar, indem neueste Konzepte und Studien zur Thematik vorgelegt werden. Der Weg aus der Psychiatrischen Klinik darf keinesfalls in eine neue Isolation führen. Andererseits und dies scheint vielleicht am Anfang dieser Bewegung etwas vergessen worden zu sein, muss eine Deinstitutionalisierung auch weiterhin rehabilitative Maßnahmen garantieren. Dies bedingt ein regionales Netz sozialer Ressourcen. Man könnte deshalb sagen, der Leser sollte alle Beiträge dieses Sammelbandes durch diese Brille lesen, das heißt also der Frage nachgehen: Wenn erwachsene Menschen aus großen Institutionen ausgegliedert werden, erhöht sich dann ihre Lebensqualität ganzheitlich? Sind die strukturellen Rahmenbedingungen (therapeutischen Dienste) nach wie vor gewährleistet? Das Stichwort der Qualitätssicherung kommt hier ins Spiel und wird wesentlich.

Abschliessend möchte ich noch darauf hinweisen, dass es ein weiteres Verdienst dieses Buches ist, auf die spezielle Problemlage alter (behinderter) Menschen einzugehen. Es scheint, also ob die professionelle Behindertenarbeit erst heute feststellt, dass diese Menschen auch alt werden können bzw. mittlerweile alt geworden sind. Damit gewinnt der Gedanke der rehabilitativen Lebensbegleitung und Hilfe im Alter besondere Bedeutung.

Ich empfehle das Buch jedem, der an dieser Thematik interessiert ist, und denke, dass es Pflichtlektüre für diejenigen sein muss, die in diesem Feld arbeiten und à jour bleiben wollen. Es ist zu wünschen, dass die Herausgeber in vielleicht 3 Jahren einen Folgeband vorlegen werden.

Quelle:

Rezensiert von Riccardo Bonfranchi

Entnommen aus: Behinderte in Familie, Schule und Gesellschaft 6/99

bidok-Rezensionshinweise

Stand:29.03.2006

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