Pränatale Diagnostik

Autor:in - Aktion Mensch e.V.
Schlagwörter: Menschenbild, Eugenik, Pränatale Diagnostik, Bioethik, Medizin
Textsorte: Artikel
Copyright: © Mark Czogalla 2011

Information zu diesem Text (von bidok)

Diesen Text haben wir von der Internetseite 1000Fragen.de.

1000Fragen ist ein Projekt der Aktion Mensch in Deutschland.

Das Projekt hat von 2002 bis 2009 viele Fragen an die Menschen in Deutschland gestellt.

Und die Menschen haben viele Fragen und Meinungen auf die Internetseite gestellt.

Zum Beispiel über das Thema Recht auf Leben von Menschen mit Behinderungen.

Das Projekt will, dass die Menschen selbst darüber nachdenken.

Und dass nicht nur Ärzte und Ärztinnen oder Politikerinnen und Politiker darüber sprechen und entscheiden.

Auf der Internetseite des Projekts gibt es auch Texte in Leichter Sprache zu wichtigen Themen.

In diesem Text geht es um Pränatale Diagnostik.

Pränatale Diagnostik: Was ist das?

Pränatale Diagnostik... das heißt,

dass schon vor der Geburt geschaut wird,

ob ein Baby gesund oder behindert ist

Will nicht jeder Mensch ein perfektes Baby?

Babys sollen hübsch sein.

Babys sollen klug sein.

Babys sollen gesund sein.

Deshalb werden die meisten schwangeren Frauen heute vor der Geburt so genau untersucht.

Es wird geschaut, ob alles in Ordnung ist.

Aber viele Frauen wissen nicht genau, ob sie die Untersuchungen gut finden.

Was kann man schon alles untersuchen?

Und was darf man überhaupt untersuchen?

Und weiß man durch die Untersuchungen wirklich, ob mit einem ungeborenen Baby alles in Ordnung ist?

Viele behinderte Menschen und andere haben Angst vor diesen ganzen Untersuchungen.

Sie haben Angst, dass es keine behinderten Babys mehr geben soll.

Untersuchungen während der Schwangerschaft

Pränatale Diagnostik... das heißt,

dass schon vor der Geburt geschaut wird,

ob ein Baby gesund oder behindert ist

Frauen können Babys bekommen.

Es ist keine Krankheit, ein Baby zu bekommen.

Deshalb waren schwangere Frauen früher auch meistens nicht beim Arzt.

Früher haben Frauen oft erst bei der Geburt das erste Mal Hilfe von Ärzten oder Krankenschwestern bekommen.

Das ist heute anders.

Heute gehen die meisten Frauen schon während der Schwangerschaft zu einem Frauenarzt.

Sie lassen sich und das ungeborene Baby immer wieder untersuchen.

Es gibt viele einzelne Untersuchungen.

Da wird zum Beispiel geschaut, ob das ungeborene Baby behindert oder krank ist.

Jetzt wollen wir noch 2 wichtige Worte erklären:

Die vielen verschiedenen Untersuchungen nennt man auch "Pränatale Diagnostik".

"Pränatale Diagnostik" wird immer in der Schwangerschaft gemacht.

Bei der "Pränatalen Diagnostik" werden immer ungeborene Babys untersucht.

Ein ungeborenes Baby nennt man "Fötus".

Ein "Fötus" ist ein Baby, das noch im Bauch der Mutter ist.

Mehrere ungeborene Babys nennt man "Föten".

"Pränatale Diagnostik", "Fötus" und "Föten" sind schwere Worte.

Aber es sind wichtige Worte.

Man sollte diese Worte kennen.

Deshalb benutzen wir die Worte auch in diesem Text.

Früher war die Pränatale Diagnostik für manche Frauen

heute werden schon fast alle schwangeren Frauen untersucht

Seit über 30 Jahren gibt es Pränatale Diagnostik für schwangere Frauen.

Ganz am Anfang haben die Ärzte nur bestimmte schwangere Frauen untersucht.

Bei diesen Frauen hat man geglaubt, dass die Föten schwer behindert oder krank sind.

Die Untersuchungen durften nicht einfach so gemacht werden.

Es gab strenge Regeln, wann man die Untersuchungen machen durfte.

Die Untersuchungen waren die Ausnahme.

Dann haben die Ärzte angefangen, sich nicht mehr so genau an die Regeln zu halten.

Sie haben zum Beispiel immer mehr Frauen untersucht, die älter als 35 Jahre waren.

Denn man hat geglaubt, dass diese älteren Frauen öfter behinderte Babys bekommen.

Man hat den Frauen aber nicht gesagt, dass die Untersuchungen auch gefährlich sein können.

Durch die Untersuchungen können Föten zum Beispiel sterben.

Heute denkt fast niemand mehr an die strengen Regeln von früher.

Heute werden schon fast alle schwangeren Frauen und ihre Föten genau untersucht.

Es werden auch immer mehr jüngere Frauen untersucht.

Viele glauben, dass sich jede schwangere Frau untersuchen lassen muss.

Frauen, die sich untersuchen lassen, werden als 'gute' Schwangere gesehen.

Man glaubt, dass sie verantwortungsvoll sind.

Aber Frauenärzte wollen noch aus einem anderen Grund immer mehr Untersuchungen machen.

Manche Frauenärzte haben Angst.

Daran sind einige Richter schuld.

Sie haben nämlich ein paar Frauenärzte verurteilt.

Die Ärzte hatten einige schwangere Frauen nicht richtig untersucht.

Die Frauen haben dann behinderte Babys bekommen.

Die Frauen wollten aber keine behinderten Babys.

Die Richter nennen diese behinderten Babys "einen Schaden".

Jetzt müssen die Frauenärzte Geldstrafen an die Familien bezahlen.

Wenn Föten erst sehr spät abgetrieben werden

Wenn eine Frau kein Baby haben will, kann sie den Fötus abtreiben lassen.

Abtreiben heißt, dass die Schwangerschaft von einem Arzt beendet wird.

Wenn eine Frau abtreibt, wird der Fötus im Bauch der Mutter getötet.

Oder der Fötus stirbt bei der sehr frühen Geburt.

Der Fötus ist nämlich noch viel zu klein um zu leben.

In Deutschland können schwangere Frauen in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft entscheiden,

ob sie ihr Baby wirklich bekommen wollen.

Danach dürfen Frauen einen Fötus nicht mehr abtreiben.

Aber für behinderte Föten gibt es eine besondere Regel.

Behinderte Föten dürfen viel länger abgetrieben werden.

Diese besondere Regel hat auch mit der "Pränatalen Diagnostik" zu tun.

Manche Untersuchungen kann man nämlich erst machen, wenn eine Frau schon länger als 4 oder 5 Monate schwanger ist.

Dann kann man zum Beispiel erst sehen, ob ein Fötus behindert oder krank ist.

Viele Menschen glauben, dass ein behinderter Fötus eine Belastung für die Mutter ist.

Deshalb sagt das Gesetz, dass behinderte Föten viel länger abgetrieben werden dürfen.

Manche behinderten Föten überleben aber eine späte Abtreibung.

Eine späte Abtreibung ist nämlich fast wie eine frühe Geburt.

Wenn ein Fötus die Abtreibung überlebt, ist das für die Eltern und Ärzte eine schlimme Sache.

Eigentlich soll der behinderte Fötus ja durch die Abtreibung sterben.

Aber wenn der behinderte Fötus trotzdem weiter lebt, muss der Arzt dem Baby eigentlich helfen.

Der Arzt muss entscheiden, ob das behinderte Baby leben darf oder sterben muss.

Manche Ärzte wollen sich nicht entscheiden müssen.

Deshalb töten sie bei einer späten Abtreibung den behinderten Fötus schon im Bauch der Mutter.

Diese Ärzte glauben, dass sie den Frauen damit helfen.

Für viele Frauen ist so eine späte Abtreibung aber oft eine ganz schlimme Sache.

Viele Frauen vergessen das nie.

Was ist, wenn Frauen hören, dass ihr Fötus behindert ist?

Wenn Frauenärzte schwangere Frauen und ihre Föten untersuchen, sagen sie oft einen bestimmten Satz.

Sie sagen: "Schauen wir einmal, ob mit dem Kind alles in Ordnung ist."

Aber das ist kein guter Satz.

Denn was ist, wenn mit dem Fötus nicht alles in Ordnung ist?

Viele schwangeren Frauen überlegen sich nämlich vor den Untersuchungen nicht, was sie machen wollen,

wenn der Fötus nicht in Ordnung ist.

Viele Frauenärzte sprechen mit schwangeren Frauen nicht über behinderte Föten.

Sie sprechen nicht darüber, was man machen kann,

wenn man ein behindertes Baby bekommt.

Und viele Frauen wissen auch keine Lösung.

Das einzige was ihnen oft einfällt ist Abtreibung.

Sie entscheiden sich gegen ein behindertes Kind.

Leider entscheiden sich viele schwangere Frauen gegen ein behindertes Baby.

Die meisten Frauen treiben behinderte Föten ab.

Die Frauen treiben ab, weil sie nicht wissen, wie es ist, ein behindertes Baby zu haben.

Sie haben Angst davor, ein behindertes Baby zu haben.

Niemand hilft ihnen dabei.

Dürfen Ärzte wirklich alles machen?

Schwangere Frauen können sehr viele Untersuchungen machen lassen.

Sie wollen damit herausfinden, ob ihre Föten gesund sind.

Aber keine Untersuchung kann wirklich versprechen,

dass alle untersuchten Föten immer gesund sein werden.

Und wenn man herausfindet, dass ein Fötus behindert ist:

Kann man durch die Untersuchungen dann sagen, wie das Baby einmal sein wird?

Wird das Baby leicht behindert sein?

Oder wird es schwer behindert sein?

Oder kann man das Baby nach der Geburt vielleicht operieren?

Und dann ist wieder alles in Ordnung?

Keine Untersuchung kann sagen, wie ein Baby einmal sein wird.

Die Ärzte können mit ihren Untersuchungen keine gesunden Babys versprechen.

Denn man kann die meisten Behinderungen durch die Untersuchungen gar nicht finden.

Aber das schlimme ist:

viele Ärzte tun so, als ob sie gesunde Babys versprechen können.

Viele Menschen glauben ihnen.

Sie denken auch, dass keine Frau mehr ein behindertes Baby bekommen muss.

Sie glauben, dass Frauen selbst schuld sind, wenn sie ein behindertes Baby bekommen.

Niemand muss ein behindertes Baby bekommen!

Heute denken die Menschen anders über Behinderung.

Sie glauben, dass Behinderung nicht mehr sein muss.

Oft werden Eltern von einem behinderten Kind gefragt,

warum sie denn dieses Kind bekommen haben.

Oft wird auch gesagt:

"Ein behindertes Kind muss doch heute nicht mehr sein."

Viele Behindertengruppen finden das überhaupt nicht gut.

Sie haben Angst vor der Pränatalen Diagnostik.

Sie glauben, dass viele schwangeren Frauen vor allem deshalb so genau untersucht werden,

damit sie keine behinderten Babys bekommen.

Die Behindertengruppen haben Angst davor,

dass alle nur noch gesund sein sollen.

Soll es bald nur noch gesunde Babys geben?

Soll es bald nur noch gesunde Menschen geben?

Früher hat man gedacht, dass es Schicksal ist,

wenn man ein behindertes Kind hat.

Heute glauben viele, dass man selbst schuld ist,

wenn man ein behindertes Kind hat.

Christian Judith hat davor Angst,

dass es bald nur noch gesunde und gleiche Menschen geben soll.

Er möchte nicht, dass alle Menschen "groß, gesund, blond und blauäugig" sein müssen.

Christian Judith wurde mit einer Körperbehinderung geboren.

Er ist froh, dass er schon vor vielen Jahren geboren wurde.

Seine Mutter wußte nicht, dass er behindert sein würde.

Sie konnte deshalb auch nicht sagen, dass sie ihn nicht haben will.

Deshalb darf Christian Judith heute leben.

Aber so wie Christian Judith denken nicht viele Menschen.

Die meisten Menschen finden es gut, dass man herausfinden kann,

wie Babys werden.

Die meisten Menschen wollen nur schöne und gesunde Babys,

so wie in der Werbung.

Deshalb werden in der PränatalenDiagnostik so viele Untersuchungen gemacht.

Und die Ärzte erfinden immer neue Untersuchungen.

Sie wollen immer mehr über die Föten im Bauch der Mutter wissen.

Und die Menschen ... sie wollen auch immer mehr wissen.

Sie finden die vielen neuen Untersuchungen leider auch gut.

Wo kann man im Internet noch mehr über Pränatale Diagnostik lesen?

Links:

www.down-syndrom.org

Das ist eine Internet-Seite die von Menschen mit Down-Syndrom und Eltern gemacht wird.

Auf dieser Internet-Seite steht viel über Pränatal Diagnostik und ob sie wirklich gut ist.

Auf der Seite steht auch viel über das Down-Syndrom.

Wie ist es zum Beispiel selbst das Down-Sydrom zu haben?

Oder wie ist es, ein Kind mit dem Down-Syndrom zu haben.

www.down-syndrom.org

Mailingliste MedEthik

Das ist eine Mailingliste.

Hier kann man sich eintragen, wenn man viel über Medizinethik oder Bioethik wissen will.

Man bekommt dann immer wieder E-Mails darüber.

Oder man kann anderen schreiben, was man selbst denkt.

In dieser Mailingliste findet man auch Büchertipps.

Oder Tipps, welche Veranstaltungen es zum Thema Bioethik oder Medizinethik gibt.

www.ruhr-uni-bochum.de/zme/Medethik-list.htm

Bundesärztekammer

Das ist die Internet-Seite der Bundesärztekammer.

Die Bundesärztekammer ist eine Gruppe, in der alle Ärzte mitmachen können.

Sie spricht für die Ärzte.

Auf dieser Internet-Seite hat die Bundesärztekammer aufgeschrieben, was sie über Pränatale Diagnostik denkt.

Die Gruppe gibt anderen Ärzten Tipps, was man mit Pränataler Diagnostik alles machen kann.

www.bundesaerztekammer.de

APPELLA - Schweizer Informations- und Beratungstelefon

Das ist eine Internet-Seite aus der Schweiz.

Dort gibt es ein Informations- und Beratungstelefon.

Auf dieser Internet-Seite kann man mehr über Pränatale Diagnostik erfahren.

Man kann lesen, warum Menschen Pränatale Diagnostik nicht gut finden.

Und man kann sich auf dieser Seite Hefte über Pränatale Diagnostik bestellen.

Diese Hefte kosten nichts.

www.appella.ch/Diagnostik

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Quelle:

www.1000Fragen.de

Original: http://www.1000fragen.de/hintergruende/dossiers/dossier.php?did=4&simple=y

bidok - Internetvolltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet.

Stand: 28.06.2011

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