Job Coaching: Qualifizieren und Lernen im Betrieb

Schwerpunkt: Betriebliche Teilnahme von Menschen mit psychischer Erkrankung

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Artikel
Releaseinfo: Weiterbildungsmaterialen, entwickelt im Rahmen des bundesweiten Modellprojekts "JobBudget" (2008-2011)
Copyright: © Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung 2011

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

In Deutschland liegen dokumentierte Erfahrungen zum Thema betriebliche Qualifizierung und Job Coaching bisher vor allem im Hinblick auf die Unterstützung von Menschen mit Lernschwierigkeiten[1] vor. Die betriebliche Qualifizierung psychisch erkrankter Menschen ist bisher wenig verbreitet. In der Regel sind psychisch erkrankte Menschen eine Zielgruppe unter mehreren bei Anbietern von Job Coaching in Deutschland.[2] Ausnahmen sind beispielsweise die Reha-Werkstatt Dieburg, die nach einer Vorbereitungsphase Arbeitsplätze in Trainingsbetrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes anbietet. Dies wird durch Gruppenleiter der WfbM begleitet. In 2008 erzielte diese WfbM auf der Basis dieses Konzepts eine Vermittlungsquote in den allgemeinen Arbeitsmarkt von 10 %.[3] Als weiteres Beispiel sei ein bundesweites Projekt “Teilhabe an Arbeit und Beschäftigung für psychisch kranke Menschen“ (TAB-Projekt) der Aktion Psychisch Kranke e.V. genannt, dass zwischen 2004 und 2007 in der ARGE Gera Job Coaching auf der Basis des SGB II für psychisch erkrankte Menschen anbot[4]. Aktuelle Berichte der Krankenkassen zeigen, dass psychische Erkrankungen als Hintergrund für Fehltage in Betrieben seit Jahren eine zunehmende Bedeutung erlangen. Neuere Untersuchungen in WfbM weisen nach, dass Menschen mit psychischer Erkrankung zum einen vermehrt in WfbM aufgenommen werden und zum anderen nach relativ kurzer Zeit die WfbM wieder verlassen[5].

Auch in dem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) geförderten Modellprojekt „JobBudget“ (2008-2011) zur Verbesserung des Übergangs aus WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ist die Zielgruppe Menschen mit psychischer Erkrankung mit einem Anteil von über einem Drittel verstärkt vertreten. In dem Projekt gestalten Integrationsdienste in Kooperation mit WfbM den Übergangsprozess modellhaft. Innerhalb des Projektes war es u.a. das Ziel, Weiterbildungsunterlagen für die beteiligten Fachkräfte der Integrationsdienste und WfbM zu entwickeln. Der vorliegende Beitrag stellt das Ergebnis dar, der über das Projekt hinaus Anwendung findet und ergänzt die bereits vorhandenen Weiterbildungsunterlagen zum Thema „Job Coaching“ der BAG UB (die sich vor allem am Personenkreis Menschen mit Lernschwierigkeiten orientieren[6]), um den Schwerpunkt psychische Erkrankungen. Die Inhalte beider Weiterbildungsunterlagen der BAG UB, die in unterschiedlichen Kontexten entstanden sind, lassen sich jedoch letztlich unabhängig von bestimmten Zielgruppen nutzen. Die Materialien sind – insbesondere kombiniert – prinzipiell für Menschen mit Unterstützungsbedarf zur Erlangung und Sicherung ihrer betrieblichen Teilhabe geeignet.

Im Unterschied zu Deutschland gibt es in der Schweiz langjährige Erfahrungen mit der Unterstützung psychisch erkrankter Menschen am Arbeitsplatz, die zudem dokumentiert sind. Eine ausführliche Untersuchung hierzu führten Rüst und Debrunner in 2005 in der Schweiz durch[7].

Die Mitwirkung von Expert_innen aus der Schweiz an dieser Modulergänzung wurde deshalb angestrebt und konnte auch erreicht werden[8]. Insgesamt haben an der Erstellung dieser Modulergänzung viele verschiedene Praktiker_innen mitgewirkt, die im Bereich beruflicher Integration oder in der sozial-psychiatrischen Betreuung tätig sind. Die Auswahl der Autor_innen erfolgte aufgrund ihres fundierten Wissens um diese Zielgruppe und/ oder ihrer Methodenkenntnis im Hinblick auf berufliche Integration durch Job Coaching.

Die vorliegenden Weiterbildungsunterlagen „Job Coaching: Qualifizieren und Lernen im Betrieb“ orientieren sich an folgenden Leitfragen, die in den verschiedenen Kapiteln bearbeitet werden:

  • Welche Bedeutung hat die Arbeit, auch gerade für Menschen mit psychischer Erkrankung?

  • Was sollte bei der Zusammenarbeit mit Menschen mit psychischer Erkrankung von Integrationsberater_innen beachtet werden?

  • Welche methodischen Ansätze im Rahmen der Diagnostik haben sich bewährt?

  • Welche Besonderheiten ergeben sich im Rahmen des Job Coachings für diese Zielgruppe?



[1] Interessensvertretungen von Menschen mit geistiger Behinderung oder von Menschen mit Lernbehinderung verwenden diese Bezeichnung (vgl. www.people1.de). Vgl. zum Thema langjähriger Erfahrung im Job Coaching von Menschen mit Lernschwierigkeiten: www.hamburger-arbeitsassistenz.de oder www.access-ifd.de.

[2] Dies gilt z.B. für das Integrationsamt des Landschaftsverbands Westfalen Lippe oder niab Netzwerk Integrationsassistenz in Brandenburg (Fürstenwalde).

[3] Saalfeld: Berufliche Rehabilitation im Alltag eines Betriebes. In: Schmidt-Zadel/ Pörksen: Teilhabe am Arbeitsleben. Arbeit und Beschäftigung für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, 2002, S. 99–104.

[5] Detmar/ Gehrmann/ König/ Momper/ Pieda/ Radatz: Entwicklung der Zugangszahlen zu Werkstätten für behinderte Menschen, 2008.

[6] Putzke/ Klüssendorf/ Blettner: Job Coaching: Qualifizieren und Lernen im Betrieb – Professionelles Handeln und Praxisbeispiele. Modulunterlagen Unterstützte Beschäftigung (BAG UB), Hamburg: 7. Auflage 2011.

[7] Rüst/ Debrunner: Supported Employment. Modelle unterstützter Beschäftigung bei psychischer Beeinträchtigung, 2005. Vgl. auch das europäische Projekt „Enhancing the quality of life and independence of persons disabled by severe mental illness through supported employment” (EQOLISE), an dem die Universität Zürich beteiligt war, sowie “Das Berner Job Coach Projekt”, http://archiv.agile.ch/index.php?id=806 (13.04.2009).

[8] Die BAG UB konnte hierbei auf ihre transnationalen Kontakte, so auch zu dem Partnerverband von Supported Employment Schweiz zurückgreifen: http://www.supportedemployment-schweiz.ch/.

2. Psychische Erkrankungen

Job Coaching folgt einem ressourcenorientierten Ansatz. D. h. , bei der Arbeit des Jobcoachs steht die Orientierung an den Fähigkeiten, Interessen und Ressourcen der unterstützten Person im Mittelpunkt. Ziel des Job Coaching ist es, dass unterstützte Arbeitnehmer_innen ihre Stärken zielgerichtet und verlässlich im Arbeitsprozess einsetzen können. Das folgende Kapitel soll Integrationsberater_innen bzw. Jobcoachs Hilfestellung geben, ihr Verständnis für das zu Stande kommen und die Folgen psychischer Erkrankungen zu erweitern, um der Zielgruppe psychisch erkrankter Menschen angemessene Hilfestellung geben zu können.

2.1 Psychische Erkrankungen in der heutigen Arbeitswelt

„Immer weniger Arbeitnehmer melden sich krank – die Zahl derer aber, die wegen psychischer Beschwerden ausfallen, ist drastisch gestiegen“ – so schreibt der Spiegel am 23.07.2007 mit Hinweis auf damals aktuelle Untersuchungen des BKK -Bundesverbands[9]. Neben der Häufigkeit der Krankschreibungen fällt auch die Länge der Arbeitsunfähigkeit sehr viel höher aus, als bei allen anderen Erkrankungen (ausgenommen Tumorerkrankungen). „Während die normalen Ausfallzeiten im Schnitt aktuell bei 12,2 Kalendertagen liegen, sind psychisch Kranke im Mittel 30,4 Tage lang dienstunfähig[10]“. Die aktuellen Berichte der Krankenkassen bestätigen diese bereits seit längerem zu beobachtende Entwicklung und belegen einen zunehmenden Anstieg psychischer Erkrankungen.

In diesem Sinne sind psychisch erkrankte Menschen im doppelten Sinne eine Risikogruppe am Arbeitsmarkt. Wer Menschen mit psychischer Erkrankung beschäftigt, muss mit häufigeren und längeren Krankheitsphasen rechnen, als bei anderen Mitarbeiter_innen. Gleichzeitig legen diese Zahlen nahe, dass belastende Arbeitsbedingungen eine wesentliche Ursache für die Zunahme psychischer Erkrankungen darstellen. Es ist davon auszugehen, dass auch gesellschaftliche Veränderungen auf die steigende Zahl psychischer Erkrankungen Einfluss nehmen[11]:

Tabelle 1

Anforderungen an Arbeitnehmer_innen

Individualisierung

Die zunehmende Herauslösung des Einzelnen aus seinen sozialen Bezügen mit Verlust von Klarheit, Planbarkeit und Sicherheit des eigenen privaten und beruflichen Lebens bewirkt Verunsicherung.

Strukturwandel

Die Anforderungen an Arbeitskräfte haben sich verändert: Von Arbeitnehmer_innen wird heute zunehmend die Fähigkeit zur aktiven Selbststeuerung erwartet, statt einer Entgegennahme von „Befehlen“. Eine aktive Vermarktung der eigenen Fähigkeiten ist eine weitere Anforderung an heutige Arbeitnehmer_innen.

Flexibilität

Die immerwährende Anpassung der eigenen Fähig- und Fertigkeiten an sich immer schneller wandelnde Anforderungen, aber auch Anforderungen an Mobilität, soziale Kompetenz, (ständige) Erreichbarkeit, wechselnde und lange Arbeitszeiten oder andauernde Arbeitsmehrbelastungen führen zu einer Zunahme der chronischen Stressbelastung bei heutigen Arbeitnehmer_innen.

Globalisierung

Wachsende Konkurrenz und Instabilität der Märkte führen zur Angst um den eigenen Arbeitsplatz und dem Verlust von Solidarität. Die Reduktion einfacher Tätigkeiten durch Verlagerungen ins Ausland führt einerseits zu einer strukturellen Ausgrenzung ganzer Arbeitnehmergruppen und andererseits zu einer Erhöhung der Arbeits-anforderungen.

Gesellschaftlicher Wandel

Kapitalistische Prinzipien, wie Effizienz und Effektivität werden zunehmend wegweisend für persönliche Entscheidungen, die Ausrichtung des eigenen Handelns und den persönlichen Wertekanon.* Dies hat letztlich auch Auswirkungen auf die Frage, welche Möglichkeiten und Chancen in unserer Gesellschaft leistungs-gewandelten oder beeinträchtigen Arbeitnehmer_innen zugestanden bzw. angeboten werden.

* Vgl. Weber/ Hömann / Köllner, Deutsches Ärzteblatt 103, Heft 13, 2006.

Die hier dargestellten Zahlen und Entwicklungen machen einerseits deutlich, dass die Rahmenbedingungen bezahlter Arbeit zu einer Zunahme von psychischen (Wieder)Erkrankungen führen. Andererseits unterstützt Arbeit jedoch die Gesunderhaltung psychisch erkrankter Menschen, z.B. durch ihre strukturierende Wirkung:

„Psychisch kranke Menschen haben in der Regel weniger Energie frei für Angstbegrenzung und Aktivierung von Antrieb und Selbstdisziplin, sondern benötigen einen Teil ihrer Kraft dazu, die Erkrankung “unter der Decke zu halten“. Sie sind deshalb umso mehr auf vorgegebene äußere Strukturen angewiesen, die eben Arbeit mit ihrer eigenen Verbindlichkeit schaffen kann.“[12]

Steier-Mecklenburg führt weiter aus, dass vielen psychisch erkrankten Menschen die Kontaktgestaltung am Arbeitsplatz entgegenkommt. Häufig haben psychisch erkrankte Menschen eine höhere Verletzlichkeit gegenüber Zurückweisung. Am Arbeitsplatz ist die Beziehungsgestaltung eher sachbezogen ausgerichtet und die Berufsrolle bietet Orientierung und Rahmung bei der Beziehungsgestaltung. Psychisch erkrankte Menschen können hier ihr Bedürfnis nach Zugehörigkeit leichter erfüllen, als in der Komplexität privater, freundschaftlicher Beziehungen. Und nicht zuletzt bietet Arbeit Sinn und Stabilität (vgl. hierzu auch Kapitel 3):

„Der Ausschluss vom Arbeitsleben und erzwungene Untätigkeit führt zu psychischen Belastungen und bei langer Dauer zu zusätzlichen Störungen mit weitergehendem Hilfebedarf.“[13]

2.2 Recovery und das Prinzip Hoffnung

Recovery beschreibt den persönlichen Prozess, den ein Individuum für sich leistet bzw. beschreitet, um von der Erkrankungserfahrung zu einem für sie_ihn befriedigenden Leben zu finden. Hierzu bedarf es des Erkennens eigener Handlungsmöglichkeiten, als Voraussetzung für einen Genesungsprozess.

Ist es zu einer akuten psychischen Erkrankung gekommen, die zu einer längerfristigen Arbeitsunfähigkeit geführt hat, sind die subjektive Lebensqualität und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten sehr stark eingeschränkt. Ruth O. Ralph, die sich mit der Wiedererlangung psychischer Gesundheit (Recovery) beschäftigt hat, bestätigt dies, wenn sie in ihrem Modell „Gesundheitswege“ aufzeigt, welche Genesungsschritte ein Mensch mit psychischer Erkrankung durchläuft, bis sich Wohlbefinden und Selbstermächtigung (wieder) einstellen. Hierbei ist die Bewältigung der Krankheitsfolgen oft schwieriger, als die Bewältigung der Krankheit selbst. Krankheitsfolgen können Diskriminierungen (bei Arbeit/ Wohnen) sein oder eingeschränkte Selbstbestimmung, herabwürdigende Behandlungspraktiken u. a. m.[14]

Es handelt sich bei diesen Genesungsschritten um einen individuellen und keinesfalls linearen Prozess, der in der Regel nach folgenden Abstufungen verläuft:

Abbildung 1. Gesundungswege (Recovery-Modell von Ralph u.a. 2004)*

Die Grafik zeichnet einen Verlauf Verlauf von Verzweiflung,
 Erwachen,
                     Erkenntnis, Umsetzung, Engagement und Wohlbefinden auf.
 (Begriffe stark
                     gekürzt)

*Vgl. Rüst/ Debrunner: Supported Employment. Modelle unterstützter Beschäftigung bei psychischer Beeinträchtigung, 2005, S. 22.

Andreas Knuf zieht aus diesem Modell Konsequenzen für die Arbeitsweise professioneller Unterstützer_innen:

Hoffnung und die Förderung von Hoffnung sind sehr hilfreich für den Gesundungsprozess. Diese Hoffnung kann sich darauf beziehen, dass Veränderung möglich ist, dass Einflussnahme gelingen kann, dass Ziele erreichbar sind usw.

„Diese Menschen betonen, wie hilfreich Personen in ihrer Umgebung waren, die die Hoffnung nicht verloren haben und ihnen damit eine Art „stellvertretende Hoffnung“ vermitteln konnten.“[15]

Er plädiert dafür, eine Haltung des „vernünftigen Optimismus“ einzunehmen, der Möglichkeiten und Chancen einbezieht. Es sollten allerdings keine unrealistischen Hoffnungen genährt werden, dies führt zu Frustrationen und wirkt sich letztlich kontraproduktiv aus.

2.3 Das Zusammenwirken von Verletzlichkeit und Stress bei psychischen Erkrankungen

Menschen mit psychischer Erkrankung besitzen Fähigkeiten und Ressourcen, wie andere Arbeitnehmer_innen auch. Sie zeichnen sich jedoch häufig aus durch eine erhöhte Verletzlichkeit. Sie empfinden sich häufiger als „dünnhäutig“ oder verletzlich gegenüber ihrer Umwelt oder im Kontakt mit anderen Menschen (personale Komponente). Wenn diese Disposition auf Belastungsfaktoren trifft, die Stress erzeugen (soziale Komponente), erhöht dies psychischen Stress und kann auch eine akute psychische Krise, wie eine Psychose nach sich ziehen[16]. Dann sind vorhandene Potentiale und Ressourcen nicht mehr zielorientiert nutzbar.

Fallbeispiel: Herr S. ist sehr empfindsam gegenüber Kritik. Aus diesem Grund versucht er, Fehler möglichst zu vermeiden. Wird er mit einem Fehler konfrontiert, sinkt sein Selbstvertrauen rapide und sein Selbstbild färbt sich negativ.Herr S. hat gelernt, 10 Minuten Pause zu machen, wenn er von seinem Vorgesetzten wegen eines Fehlers kritisiert wurde. So hat er Gelegenheit, sich gedanklich zu ordnen, die Kritik zu bewerten, sich zu vergegenwärtigen, was er gut kann und sich darüber selbst zu beruhigen. Herr S. hat sich damit eine Bewältigungsstrategie erarbeitet.Seit Herr S. allerdings einen neuen Kollegen hat, der stark mit Herrn S. konkurriert und die beiderseitigen Arbeitsergebnisse gern vergleicht (wer hat mehr geschafft, wer hat weniger Fehlermeldungen), hat Herr S. diese Balance verloren. Das Stressniveau von Herrn S. hat sich durch diese veränderte soziale Komponente stark erhöht. Seine bisherigen Strategien der Selbstberuhigung greifen nicht mehr. Als er beginnt Schlafstörungen zu entwickeln (Frühwarnzeichen), entschließt sich Herr S., dies mit seinem Jobcoach zu besprechen, um gemeinsam mit ihm neue Strategien im Umgang mit dem Kollegen zu entwickeln, die zu einer Absenkung seines Belastungsniveaus beitragen.

Entsprechend dieses Modells ist es wesentlich, dass Jobcoach und Arbeitnehmer_in immer wieder reflektieren, welche personalen und sozialen Komponenten das persönliche Stressniveau der_des unterstützten Arbeitnehmers_in auf ein kritisches Maß ansteigen lassen. Es ist dann von dem Ideenreichtum im Umgang mit diesen Situationen, den Coping- oder Bewältigungsstrategien der unterstützten Person und deren persönlichen und sozialen Ressourcen abhängig, welche tragfähigen Lösungen auf akzeptablem Stressniveau erarbeitet werden können.

Hinweis: Als Coping bezeichnet man eine Vielzahl von Strategien und Verhaltensweisen, die der Auseinandersetzung mit und Bewältigung von Stressoren und belastenden Ereignissen und Erlebnissen dient.[17]

Man unterscheidet hierbei zwei Strategieformen. Kurzfristige Stressbewältigungs-strategien sind für einen direkten Einsatz in der Belastungssituation gedacht, langfristig angelegte Strategien zielen eher auf grundsätzliche Veränderungen und entfalten ihre Wirkung eher prozesshaft[18]. Für den Jobcoach empfiehlt sich, gemeinsam mit der unterstützten Person einen Stressbewältigungsplan zu erarbeiten. In der Regel verfügt die unterstützte Person bereits über verschiedene Bewältigungsstrategien. Diese gilt es bewusst zu machen und/ oder zu stärken.

Tabelle 2

Stressbewältigungsstrategien (kurzfristig):

Stressbewältigungsstrategien (langfristig):

Abreaktion

Opferrolle ablegen

Ablenkung

Einstellungsänderung

Gedankenstopp

Verhaltensänderung

Zufriedenheitserlebnisse schaffen

Soziale Unterstützung

Positive Selbstinstruktion

Zeitmanagement

Spontane Entspannung

Systematische Entspannung

Entschleunigung

Lebensstil

u.a.m.

u.a.m.

Merke: Neues Verhalten ist in Belastungssituationen besonders schwer umsetzbar, deshalb sollte immer auch nach bereits vorhandenen Bewältigungsstrategien gefragt werden. Diese sind dann an die jeweiligen betrieblichen Bedingungen anzupassen.

Fallbeispiel: Frau K. hat mehrere Jahre in der Systemgastronomie im Küchenbereich gearbeitet. Sie erkrankte an einem Burn-out-Syndrom. Der Wunsch nach Anerkennung durch Vorgesetzte einerseits und Schwierigkeiten, eigene Belastungsgrenzen zu akzeptieren andererseits, hatten zu der Erkrankung beigetragen.Frau K. hatte das Ziel, in einem zukünftigen Arbeitsverhältnis ihre körperlichen Grenzen deutlicher wahrzunehmen, um einen weiteren Zusammenbruch zu vermeiden.Während eines betrieblichen Trainings in einer Großküche zeigte sich, dass Frau K. in permanent hohem Tempo arbeitete, auch wenn dies gerade nicht erforderlich war. Einzig ihre Zigarettenpausen konnte sie zur Entschleunigung nutzen. Gemeinsam mit dem Jobcoach wurde eine weitere Entschleunigungsmöglichkeit in Absprache mit dem Vorgesetzten implementiert, da diese kurzen „Besinnungsphasen“ zu einer Regulation des Arbeitstempos von Frau K. beitrugen. Frau K. musste mehrmals täglich Treppen nutzen. Sie „zwang“ sich, jede Stufe mit beiden Füssen zu betreten. Hierüber trat eine körperliche und geistige Beruhigung ein und ein Bewusstsein für die eigene Befindlichkeit. Frau K. hatte schon verschiedene Entspannungstechniken ausprobiert, jedoch keine Geeignete für sich finden können. Sie hatten ihre innere Unruhe eher verstärkt. Neben dieser kurzfristigen Bewältigungsstrategie initiierte der Jobcoach auf Wunsch von Frau K. regelmäßige Feedbackgespräche mit der Vorgesetzten, um eine Einstellungsänderung von Frau K. zu unterstützen. Frau K. hatte bisher in der Überzeugung gearbeitet, dass nur ein Höchstmaß an persönlichem Einsatz ausreiche, um im Betrieb als Mitarbeiterin akzeptiert zu sein.

Folgende Leitfragen können zur Erstellung eines individuellen Stress-Bewältigungs-Plans hilfreich sein[19]:

Welche Situationen/ Ereignisse lösen wiederholt Stress/ Unsicherheiten/ Sorgen/ Wut/ Angst bei mir aus?

  • Welches ist das bei mir im Vordergrund stehende Gefühl?

  • Gibt es Situationen die immer wieder auftreten?

  • Stehen diese im Zusammenhang mit Beziehungen, Leistungsdruck von außen oder an mich selbst, Verantwortlichkeit?

  • Wie kann ich meine Beeinträchtigung in diesen Situationen beschreiben?

Woran erkenne ich, dass ich belastet bin/ in Stress gerate/ Angst habe?

  • Zu welchem Zeitpunkt wird mir die Belastung bewusst?

  • Welche körperlichen Symptome treten ggf. auf?

  • Gibt es andere Anhaltspunkte, die mich darauf hinweisen, dass es mir nicht gut geht?

  • Wie unterscheide ich Stress, Frühwarnzeichen (FWZ) und Symptome voneinander?

  • Wie kann ich FWZ/ Symptome als Ratgeber nutzen?

  • FWZ/ Symptome in äußerlich erkennbar und äußerlich nicht erkennbar unterscheiden.

Wie kann ich in solchen Situationen reagieren bzw. handlungsfähig sein?

  • Was ist dann hilfreich zu tun?

  • Welche Strategien kenne ich, welche haben sich bewährt, welche waren weniger effektiv?

  • Wie kann ich bisherige Strategien ggf. effizienter gestalten?

  • Wie kann ich Stress vermeiden?

  • Was kann ich unternehmen, wenn er bereits aufgetreten ist?

  • An welcher Stelle kann ich „innehalten“, um günstige Strategien einzusetzen?

  • Wie kann ich für mich schwierige Situationen einschätzbar machen (z.B. Vorwegnahme von Chancen und Risiken)?

Wer oder was kann mich bei der Umsetzung von günstigen Strategien unterstützen?

  • Gibt es Angehörige oder Freunde, die mich auf ein verändertes Verhalten aufmerksam machen?

  • Hilft es mir, mit jemandem über meine Sorgen im Gespräch zu sein?

Der Prozess, der durch die Erarbeitung eines solchen Plans unterstützt werden soll, lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:

  1. Problem erkennen

  2. Innehalten

  3. Kommunizieren

  4. einschätzbar für andere werden

  5. darüber mehr Sicherheit erlangen

Die Abwehr/ Bewältigung einer psychischen Krise hängt außerdem stark von der subjektiv erlebten Unterstützung bzw. den subjektiv erlebten Belastungen ab:

Tabelle 3

subjektiv erlebte Unterstützung durch:

subjektiv erlebte Belastung durch:

Familie

Familie

Partner_in

Partner_in

Geschwister

Geschwister

Freunde

Freunde

Arbeit (inhaltliche und soziale Aspekte)

Arbeit

Medikamente, Med./ psych. Versorgung

Nebenwirkungen Medikamente

Klare und eindeutige Situationen/ Kommunikation

Unklare, uneindeutige Situationen und Kommunikation

Erfolgserlebnisse

Misserfolgserlebnisse

Anerkennung

Enttäuschungen

u.a.m.

u.a.m.

Übungsaufgabe:

Denken Sie zurück an Ihre letzte persönliche Krise.

  • Welche Verhaltensweisen/ Strategien haben Sie genutzt zur Bewältigung?

  • Welche persönlichen oder sozialen Ressourcen standen Ihnen zur Verfügung?

Zusammenfassung:

Die verschiedenen Faktoren, die bei der Entstehung einer psychischen Krise oder Erkrankung Einfluss nehmen können, sind im Folgenden dargestellt:

Abbildung 2. Einflussfaktoren psychischer Erkrankungen

Im Zentrum der Grafik steht die Überforderung durch Stress oder
                     Krise. Einflüsse auf die Krise und Einflüsse, die von der Krise
 ausgehen,
                     sind: genetisch/ organisch, umweltbedingte, persönliche,
 Symptome und
                     Stress. Die Begriffe werden differenziert benannt.

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2.4 Die akute psychische Erkrankung und ihre Auswirkungen auf Erleben und Verhalten

Akute psychische Erkrankungen oder Krisen haben Auswirkungen auf das Erleben und Verhalten der betroffenen Person. Auf der Basis schizophrener Psychosen wurde der folgende Überblick zu Funktionsstörungen erarbeitet.[20] Diese können jedoch auch bei anderen psychischen Erkrankungen auftreten.

„Kein Krankheitszeichen/ Einzelsymptom ist spezifisch für schizophrene Erkrankungen. Das heißt, alle genannten Symptome können auch bei anderen psychischen bzw. psychotischen Erkrankungen vorkommen.“[21]

Bei Psychosen sind allerdings in der Regel nicht nur einzelne psychische Funktionen betroffen, sondern das Erleben und Verhalten in seiner Gesamtheit wird beeinflusst. So sind zumeist simultan betroffen:

Tabelle 4

Funktionen

Auswirkungen/ Störungen

Das Denken

inhaltlich z.B.: Wahnvorstellungen; formal z.B.: Zerfahrenheit, Gedankenabreißen, allgemein: Einschränkungen im Bereich Merkfähigkeit, Konzentrationsvermögen

Das Fühlen

z.B. inadäquate Affekte, d.h., dass das Erleben nicht dem Affektausdruck entspricht; Ambivalenz (beziehungsloses Nebeneinander unvereinbarer Erlebnisqualitäten), schnell wechselnde Gefühle; erlebte Gefühlsverarmung, depressive Verstimmungen; übersteigerter Affekt, Glücksgefühle, sehr häufig Ängste, Misstrauen.

Das Wahrnehmen

sehen, hören, riechen, schmecken, tasten - alle diese Sinne können qualitativ verändert sein. Halluzinationen (Wahrnehmung ohne erkennbare Reizgrundlage) können auftreten, wobei hier Stimmen oder Geräusche hören am häufigsten sind.

Das Körper-empfinden

Die Störungen des Körperempfindens können z.B. Taubheits- und Lähmungserscheinungen, Sensationen der Vergrößerung/ Verkleinerung, Bewegungs-, Zug- und Druckempfinden umfassen.

Störungen des Verhaltens

Die vielfältigen Störungen des Denkens, Wahrnehmens und Empfindens wirken sich natürlich auf das Verhalten der Betroffenen aus: Es kann fremd wirken, ist nicht mehr wie gewohnt einschätzbar und vorhersehbar; es kann zu für die Umwelt sehr bizarren Verhaltensweisen kommen einschl. selbst- oder fremdgefährdenden. Handlungen

Das Ich-Erleben

Desintegration oder >Dissoziation< der psychischen Funktionen, d.h. Denken, Fühlen, Wahrnehmen, Handeln werden nicht mehr als Einheit erlebt; Autismus (Rückzug aus der Wirklichkeit in ein Binnenleben); Entfremdungserlebnisse (Depersonalisation, Derealisation); Verlust der Meinhaftigkeit, häufig verbunden mit dem Erleben des von außen Gemachten und der Beeinflussung.

Für den Jobcoach ist es wichtig, Grundkenntnisse zu akuten Symptomen psychischer Erkrankungen zu besitzen. Hierzu können auch die unterstützten Arbeitnehmer_innen selbst um Auskunft gebeten werden.

Nur in seltenen Ausnahmen bleibt eine Arbeitsfähigkeit trotz akuter psychischer Erkrankung weiter bestehen. In der Regel geht eine akute psychische Krise oder Erkrankung einher mit der Notwendigkeit einer Krankschreibung und einer fachärztlichen und/ oder stationären Behandlung. In den meisten Fällen werden die Betroffenen selbst die notwendigen medizinischen Hilfen einleiten. In Einzelfällen kann jedoch die Unterstützung des Jobcoach notwendig werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn Unterschiede in der Einschätzung/ Wahrnehmung der Symptome und deren Auswirkungen auf Verhalten und/ oder Arbeitsfähigkeit vorliegen.

Fallbeispiel: Die Vorgesetzte eines unterstützten Arbeitnehmers meldet sich beim Jobcoach, da sie durch das Verhalten von Herrn S. irritiert sei: Er war an zwei Tagen hintereinander zu spät gekommen, hatte eine Mittagspause ohne Absprache verlängert und war, ebenfalls ohne Absprache einmal früher gegangen. Seit einer Woche tätige er zudem offen und häufig private Telefonate. Er verwickle zudem Arbeitskollegen und Kunden in lange Gespräche, in denen er von einem Umbau, den er nun dringend in die Wege leiten müsse, berichte. Die Vorgesetzte findet das Verhalten von Herrn S. zunehmend unangemessen, auch wenn er grundsätzlich seine Arbeit erledigt. Sie ist auch enttäuscht, da Herr S. erst vor 14 Tagen die Zusage für eine Praktikumsverlängerung erhalten hat, mit der Perspektive, in eine für 2 Jahre befristete Stelle übernommen zu werden. (Hierdurch steigerte sich das Stressniveau von Herrn S. erheblich!).Herr S. leidet an einer bipolaren Störung. Der Jobcoach besucht Herrn S. nach dem Telefonat am Arbeitsplatz, um sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen. Da auch er Anzeichen einer erhöhten Aktivität wahrnimmt, äußert er Herrn S. gegenüber seine Sorge, dass dieser eventuell erste Symptome einer Manie zeigt und schlägt ihm einen gemeinsamen Termin beim Facharzt vor. Nach einer dreiwöchigen Krankschreibung, einer veränderten Medikamentierung und einer Reflexion seiner Ängste bezüglich der Stellenoption kehrt Herr S. an seinen Arbeitsplatz zurück. In Begleitung des Jobcoach findet ein Gespräch mit der Vorgesetzten statt, um die Situation zu erläutern. Im weiteren Verlauf erstellt der Jobcoach in Absprache mit der Vorgesetzten einen Arbeits- und Entwicklungsplan für den 2. Praktikumsteil. Ziel ist, die Erwartungen der Vorgesetzten für Herrn S. besser einschätzbar zu machen.

Merke: Das Vorliegen einer Schweigepflichtsentbindung gegenüber dem behandelnden Facharzt erleichtert im Bedarfsfall die Klärung bzw. Einleitung ärztlicher Hilfen. Es empfiehlt sich, sich diese bereits zu Beginn der Zusammenarbeit geben zu lassen, da akut erkrankte Personen häufig Misstrauen und Ängste entwickeln und dann auch entsprechend eine Kontaktaufnahme zum Arzt ablehnen.

Diskussion:

Diskutieren Sie mit Kolleg_innen, wie sinnvoll es ist, nur solchen Interessent_innen Job Coaching anzubieten, die fachärztlich angebunden sind.

2.5 Das Phänomen Angst

Jobcoachs begleiten Lernprozesse. Nicht nur unterstützte Arbeitnehmer_innen, auch Kolleg_innen und Vorgesetzte sind in der Regel in die Lern- und Veränderungsprozesse einbezogen, die mit einem betrieblichen Job Coaching einhergehen.

„Betriebliches Arbeitstraining ist unterstütztes Lernen im Betrieb. (…). Lernen heißt Veränderung, daher kommt es oft zu überraschenden Reaktionen. Wie im echten Leben zeigen sich Hoffnungen, Ängste und Widerstände.[22]

Die Unterstützungsarbeit der_des Jobcoach löst bei der_dem unterstützten Arbeitnehmer_in in der Regel Verunsicherung aus. Trainingsinhalte sind häufig solche Situationen, die nicht bzw. noch nicht gut klappen. Mit Unterstützung der_des Jobcoach wird in vielen Fällen mit unvertrauten Handlungsstrategien, neuen Kommunikationsmodellen oder neuen Denkmustern experimentiert. Einen Job Coaching-Prozess ohne Angst gibt es deshalb nicht.

„Angst tritt immer dort auf, wo wir uns in einer Situation befinden, der wir nicht oder noch nicht gewachsen sind. Jede Entwicklung, jeder Reifungsschritt ist mit Angst verbunden, denn er führt uns in etwas Neues, bisher nicht Gekanntes und Gekonntes, in innere und äußere Situationen, die wir noch nicht oder in denen wir uns noch nicht erlebt haben.“[23]

Die Fähigkeit zur Angstregulation, die auch medikamentös unterstützt werden kann, ist Voraussetzung, um die eigenen Ressourcen und Fähigkeiten überhaupt ausschöpfen zu können und handlungsfähig zu sein. Dies ist eine große Herausforderung für Menschen mit psychischer Erkrankung. Sie müssen ohnehin viel Kraft aufwenden, um im Alltag ihre Ängste zu regulieren. Diese Ängste können auf vergangenen (traumatischen) Erfahrungen, aktuellen Belastungen oder einem ohnehin reduziertem Selbstwertgefühl oder Selbstvertrauen basieren.

Merke: Bei der Unterstützung psychisch erkrankter Menschen ist es wichtig auszuloten, welches Angstniveau im Rahmen eines Coaching-Prozesses noch gut vertretbar ist. Führt die Angst zu massiven länger anhaltenden Symptomen, wie z.B. Schlaflosigkeit, Gedankenkreisen, starker innerer Unruhe oder Selbstverletzungen, müssen Entlastungs- oder Alternativstrategien erarbeitet werden.

Häufig bewegen sich die Ängste der_des unterstützten Arbeitnehmer_in jedoch auf einem Niveau, die sie_ihn handlungsfähig bleiben lässt. Hier gilt es als Jobcoach dabei zu unterstützen, mit der Angst Neues zu wagen. Folgende Fragestellungen aus der systemischen Beratung können im Umgang mit der Angst hilfreich sein:

  • Was brauchen Sie, um mit/ trotz der Angst diesen Schritt zu tun?

  • Wann ist es Ihnen schon einmal gelungen, sich so zu verhalten, wie Sie es jetzt planen. Was hat Ihnen damals geholfen?

  • Wenn Sie sich vorstellen, sie haben es geschafft und mit dem Ergebnis sind alle zufrieden – Wie fühlen Sie sich dann? Wie ist dann ihr Kontakt zu Kolleg_innen und Vorgesetzen? Was denken Sie dann über sich selbst?

  • Wer in Ihrem Umfeld würde sich am meisten darüber freuen, wenn ihnen dieser Schritt gelingt? Wer am wenigsten?

Stinshoff[24] verdeutlicht, dass es zwar kurzfristig zu einer Entlastung führt, angstbesetzte Situationen zu vermeiden, mittel- bis langfristig schwächt Vermeidung jedoch das Selbstwertgefühl zunehmend. Diese Vermeidung verstärkt wiederum die Angst.

Damit bleibt der Mensch in einem Angstzirkel gefangen:

Abbildung 3. Der Angstzirkel (nach Stinshoff)

Vermeidung von Angst erzeugt kurzfistige Entlastung. Diese erzeugt
                     mittel-/ langfristige Schwächung des Selbstgefühls. Diese erzeugt
                     vermehrte Angst und führt zur Vermeidung von Angst. Diese erzeugt
                     kurzfristige Entlastung...

Eine wesentliche Unterstützung die ein_e Jobcoach zur Überwindung eines Angstzirkels leisten kann, ist das Angebot der (stellvertretenden) Hoffnung (vgl. Kapitel 2.2). Dies gilt umso mehr, da sich psychisch erkrankte Menschen i. d. R. häufiger und schneller durch Rückschläge, Misserfolge oder Kritik entmutigen lassen.

Ein weiterer Ansatzpunkt zur Überwindung von Vermeidung ist die Reflexion des eigenen Anspruchs. Stinshoff führt hierzu aus, dass sich der Selbstwert nach folgender Formel bemessen lässt:

Selbstwert = Leistung durch Anspruch

Je höher der Anspruch an sich selbst ist, je größer ist die Gefahr, dass die eigene Leistung als nicht ausreichend erlebt wird. Der Jobcoach ist aus diesem Grunde aufgefordert, bei jedem neuen Trainingsschritt folgende Aspekte in Absprache zu bringen:

  • die vom Betrieb (Vorgesetzte_r, Kolleg_innen) erwarteten Leistungen

  • realistische Lernschritte und Ziele

2.6 Prinzipien im Umgang

In der Kommunikation und Zusammenarbeit mit psychisch erkrankten Menschen gibt es eine Reihe von Prinzipien, die zu einer Stabilisierung beitragen und sich bewährt haben:[25]

  • stufenweises Erarbeiten konkreter gemeinsam festgelegter Zielsetzungen (Anwendung von Auftragsklärung und Zielvereinbarungen (vgl. hierzu auch Kapitel 8.5.1).

  • vermeiden von dauerhafter Unter- und Überforderung in der Arbeit, aber auch in anderen „Lebenswelten“ (hier z.B. eine Überforderung durch zu viele gleichzeitige Veränderungen). Es gilt das Prinzip: Immer nur ein Wechsel auf einmal (z.B. in der Wohn-, Arbeits- oder Beziehungssituation).

  • systematische Einbeziehung des relevanten Umfeldes (vgl. Kapitel 7).

  • Transparenz

  • bezogen auf die Arbeitsprozesse und relevante Personalentscheidungen (über anstehende Veränderungen informieren)

  • im Hinblick auf Beurteilungen und (Leistungs)Einschätzungen

  • kongruent kommunizieren (übereinstimmende Botschaften senden im Hinblick auf inhaltliche Aussage, Gefühl, Mimik, Gestik und Tonfall).

  • Kontinuität in der Beziehung gewährleisten



[10] Ebd. Zu vergleichbaren Ergebnissen siehe auch Bungart (2005, 2006): Es gibt eine Menge Gründe, warum in unserer Gesellschaft immer mehr Leute verrückt werden. In: impulse, Fachmagazin der BAG UB, Nr. 36, S. 47ff. und Nr. 37, S. 28ff.

[11] Vgl. Köhler/ Steier-Mecklenburg: Arbeitstherapie und Arbeitsrehabilitation – Arbeitsfelder der Ergotherapie, 2008, S. 3–5. Weitere Literatur zum Thema: Faller: Lehrbuch Betriebliche Gesundheitsförderung, Bern, 2010; Mecklenburg/ Storck: Handbuch berufliche Integration und Rehabilitation. Wie psychisch kranke Menschen in Arbeit kommen und bleiben, Bonn, 2008.

[12] Köhler/ Steier-Mecklenburg: Arbeitstherapie und Arbeitsrehabilitation – Arbeitsfelder der Ergotherapie, 2008, S. 5.

[13] Aktion Psychisch Kranke e.V.: Individuelle Wege ins Arbeitsleben. Abschlussbericht zum Projekt „Bestandsaufnahme zur Rehabilitation psychisch Kranker“, 2004, S. 101.

[14] Knuf: Empowerment in der psychiatrischen Arbeit, 2006, S. 14.

[15] Ebd., S. 15.

[16] Vgl. Wienberg: Schizophrenie zum Thema machen. Psychoedukative Gruppenarbeit mit schizophren und schizoaffekiv erkrankten Menschen, 2. Auflage 1997, S. 31–32.

[17] Häcker/ Stapf: Dorsch Psychologisches Wörterbuch, 1998, S.159.

[18] Vgl. Bechdolf/ Juckel: Psychoedukation bei Personen mit erhöhtem Psychoserisiko, 2006.

[19] Dieser Leitfaden wird im BTZ Berufliche Bildung Köln GmbH benutzt und wird bei sich verändernden betrieblichen Rahmenbedingungen entsprechend neu bearbeitet.

[20] Vgl. Wienberg: Schizophrenie zum Thema machen. Psychoedukative Gruppenarbeit mit schizophren und schizoaffekiv erkrankten Menschen, 2. Auflage 1997, S. 20–21.

[21] Wienberg: Schizophrenie zum Thema machen. Psychoedukative Gruppenarbeit mit schizophren und schizoaffekiv erkrankten Menschen, 2. Auflage 1997, S. 21.

[22] Hötten: Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen IFD und Jobcoach. Fachtag am 28.09.2006 in Münster, Eingangsreferat; http://www.lwl.org/abt61-download/html/AT-Forum/downloads.html (14.06.2009).

[23] Riemann: Grundformen der Angst. Eine tiefenpsychologische Studie. 39. Auflage 2009, S. 10.

[24] Stinshoff, Arzt für Psychosomatische und Innere Medizin und Supervisor, Köln, unveröffentlichter Vortrag zum Thema Angst, Tagung der Deutschen Gesellschaft für soziale Psychiatrie, Weimar 02/2007.

[25] Steier-Mecklenburg und Stumpf, unveröffentlichter Seminarvortrag für die BAG UB in 06/2009.

3. Erwerbsarbeit – ein Thema für alle Menschen mit psychischer Erkrankung? Ein subjektives Plädoyer.

3.1 Die Bedeutung von Arbeit

Ungewollte Arbeitslosigkeit hat in unserer Kultur bedrückende Folgen für alle davon betroffenen Menschen. Andererseits herrschen zurzeit häufig Arbeitsbedingungen, die so überfordernd und unsicher sind, dass Zeiten ohne Erwerbstätigkeit eigentlich als Erleichterung erlebt werden könnten.

Wie in Kapitel 2.1 dargelegt, ist die Anzahl der Krankheitstage aufgrund psychischer Erkrankungen kontinuierlich angestiegen. Dazu kommt, dass viele Menschen mit psychischer Erkrankung die Folgen ihrer Erkrankung mit dem Ende ihrer Erwerbstätigkeit gleichsetzen. Damit befinden sie sich im Einklang mit der gesellschaftlichen Auffassung von psychischer Gesundheit und Krankheit: wenn man (psychisch) gesund ist, kann man arbeiten und wenn man (psychisch) krank ist, nicht; dann sollte man sich therapieren lassen oder eine Rente beantragen. Die unter Kapitel 2.2 zum „Prinzip Hoffnung“ dargestellten Wege zur Gesundung zu beschreiten und damit auch eine reale Chance auf eine Rückkehr in den Arbeitsmarkt zu entwickeln, gelingt zwar einem beachtlichen Teil psychisch erkrankter Menschen, doch davon einigen Betroffenen nur eine Zeit lang.

Maßnahmen für Menschen, denen Arbeitsfähigkeit bescheinigt wurde, sind i.d.R. zielorientiert konzeptualisiert (Input: Bewerbungstraining – Output: Stelle). Menschen mit psychischer Erkrankung profitieren jedoch vor allem bei prozessorientiertem Vorgehen, das auf Erfahrungslernen basiert, wie dies z.B. Job Coaching vorsieht. Ein solches gestuftes Vorgehen ermöglicht es sowohl der_dem unterstützten Arbeitnehmer_in, wie auch der_dem Jobcoach, die Grenzen zwischen Anforderung und Überforderung nach und nach auszuloten. Dies setzt jedoch Maßnahmen voraus, die eine individuelle, bedarfsorientierte Begleitung und ein zeitlich und inhaltlich flexibles Vorgehen ermöglichen.

Doch auch für Menschen mit psychischer Erkrankung, für die Integrationsbemühungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt oder rehabilitative Maßnahmen aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation (noch) nicht greifen, besteht nach wie vor Bedarf, mehr Wahlmöglichkeiten zum Tätig sein anzubieten, z.B.: bürgerschaftliche Aufgaben, Zuverdienst, Tätigkeiten in sozialpsychiatrischen Zentren (SPZ) oder Selbsthilfeaktivitäten. Das gäbe Tagesstruktur und würde wie Weber in „Tätig sein - Jenseits der Erwerbsarbeit“[26] ausführt, Betroffenen ermöglichen, Bedeutung für Andere zu haben und sich als nützlich zu erleben.

Denn unabhängig von dem Entwicklungsverlauf einer psychischen Erkrankung bietet Arbeit eine wichtige stabilisierende und sinnstiftende Funktion. Eine optimistische Einschätzung der öffentlichen Wahrnehmung hinsichtlich der Bedeutung von Arbeit für die_den Einzelnen haben Mecklenburg und Storck:

„In Politik und Öffentlichkeit wird immer mehr erkannt, dass der ausschließliche Geldtransfer für Menschen ohne Arbeit nicht dazu führt, dass sie sich mit Selbstachtung in der Gesellschaft aufgehoben fühlen“[27].

3.2 Arbeitsfähig sein: Anforderung oder Überforderung?

Mitarbeiter_innen rehabilitativer oder arbeitsfördernder Maßnahmen machen, genau wie Jobcoachs die Erfahrung, dass manche Menschen mit psychischer Erkrankung ihnen keinen klaren Auftrag für eine Zusammenarbeit erteilen, oder ein ambivalentes Verhalten z.B. bezüglich Motivation oder Verbindlichkeit zeigen.

Hier einige Beispiele:

  • Kund_innen mit psychischer Erkrankung sprechen in Beratungssituationen davon, arbeiten zu wollen und vermitteln gleichzeitig, nicht gesund (genug) zu sein.

  • Die Anforderung, regelmäßig den Briefkasten zu leeren und Fristen und Termine einzuhalten, ist für viele Betroffene eine Bürde, die sie nicht immer zu meistern in der Lage sind. Hierbei erzeugt die Angst vor Sanktionen zusätzlichen Druck.

  • Die Anforderung, an Bewerbungstrainings im Rahmen von kurzfristigen Maßnahmen zur Arbeitsförderung und Qualifizierung teilzunehmen, erzeugt Belastung, da Gruppensituationen (noch) als überfordernd erlebt werden, insbesondere, wenn sie zudem mit Selbstdarstellungsübungen einhergehen. Es kommt zu Abwehrreaktionen, wie z.B. Krank-schreibungen, Fehlzeiten, Aggressionen.

  • Die Auseinandersetzung mit der Frage, ob man sich krankheitsbedingt mit einem Arbeitsplatz abfinden muss, der der erworbenen Qualifikation nicht entspricht, kann emotional stark belasten und führt u.U. zu widersprüchlichen Aufträgen hinsichtlich gewünschter Tätigkeiten.

Unterstützer_innen werden immer wieder Menschen mit psychischer Erkrankung begegnen, die als „formal“ arbeitsfähig gelten, vielleicht auch gern tätig sein wollen, sich jedoch gleichzeitig vielen Anforderungen, die mit einer „Arbeitsfähigkeit“ einhergehen, psychisch (noch) nicht gewachsen fühlen. Je prozessorientierter, flexibler und sanktionsfreier ein Unterstützungsangebot für diese Menschen gestaltet werden kann, je größer sind die Chancen, dass sie eine tatsächliche Arbeitsfähigkeit (wieder)erlangen können.

In der fachlichen Diskussion um geeignete Arbeitsangebote für Menschen mit psychischer Erkrankung nehmen einzelne Vertreter_innen den Standpunkt ein, Arbeitsfähigkeit als gesellschaftliche Anforderung an Menschen mit psychischer Erkrankung ganz zu streichen, da sie die Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für diese Zielgruppe als generell überfordernd bewerten. Andere präferieren dagegen eine gleichberechtigte Teilhabe unter der Voraussetzung geeigneter Rahmenbedingungen.

Übungsaufgabe:

Stellen Sie Ihnen bekannte Argumente in einer Tabelle gegenüber:

  • Was spricht dafür, Menschen mit psychischer Erkrankung dabei zu unterstützen, Erfahrungen in der Arbeitswelt zu sammeln und nach Möglichkeit die für sie geeignete Erwerbsarbeit zu finden?

  • Was spricht für die Alternative: Die Rente beantragen, geschützte (Zuverdienst) Arbeitsplätze und ehrenamtliche Aufgaben zu suchen?

Wie bewerten Sie Ihr Ergebnis? Hat einer der beiden Positionen eine stärkere Überzeugungskraft für Sie? Welche Konsequenzen hat dies für Ihre Arbeit als Jobcoach?

3.3 Die Bedeutung von Arbeit für Menschen mit psychischer Erkrankung – ein Überblick zur fachlichen Diskussion in Schlagworten

Im Folgenden werden einige Schlagworte differenziert betrachtet, die in der Fachliteratur genannt werden, wenn zum Einen von dem Nutzen, die Arbeit für Menschen mit psychischer Erkrankung hat, die Rede ist. Zum Anderen wird thematisiert, welche Folgen es haben kann, wenn Menschen mit psychischer Erkrankung nicht teilhaben (können) an Arbeit und Gesellschaft.

Integrationsberater_innen, bzw. Jobcoachs kommen in der Regel nicht mit Menschen mit psychischer Erkrankung in Berührung, die dauerhaft keinen Zugang zu einer Form von „Tätig sein“ finden. Diese Personengruppe wurde trotzdem in die nachfolgende Tabelle aufgenommen, um zu verdeutlichen, welch wichtige Aufgabe es bleibt, die Wahlmöglichkeiten zur Teilhabe an Arbeit und Gesellschaft weiter zu verbessern für alle Menschen mit psychischer Erkrankung, unabhängig von Art und Schwere ihrer Behinderung. Denn häufig ist es nicht die Intensität der psychischen Erkrankung, die zu gesellschaftlicher Ausgrenzung und zu einer Chronifizierung der Erkrankung führt, sondern der Mangel an geeigneten Angeboten, die in einer Region zur Verfügung stehen.

Tabelle 5

Angebot gesunder Erwerbsarbeit*

Angebot anderer Tätigkeiten/ Ehrenamt

Keine Angebote außerhalb tätig zu sein Teilhabe

Teilhabe

Möglichkeit dazu zu gehören:- zur arbeitenden Bevölkerung- zum gesellschaftlichen Ganzen. Beispiel: Das Gefühl der Zugehörigkeit hilft einer depressiven Arbeitnehmerin bei der Überwindung morgendlicher Antriebslosigkeit.

Möglichkeit dazu zu gehören:z.B. zu einem sozialpsychiatrischen Zentrum (SPZ), zur Kirchengemeinde, einem Projekt, einem Verein, einer Selbsthilfegruppe, zum gesellschaftlichen Ganzen. Beispiel: Ein Betroffener beschreibt seine Rolle als ehrenamtlicher Hausmeister in einer Kirchengemeinde: „ich gehöre zur Gemeinde“.

Keine Möglichkeit dazu zu gehören:Fehlt Resonanz von außen, können sich Krankheitsfolgen eher verfestigen. Dies führt eher zu Ausgrenzung und Außenseitertum, es entsteht die Gefahr der Isolation**, Menschen werden eher das Objekt von Fürsorge. Beispiel: Aufgrund fehlender Kontakte und Rückmeldungen hat sich das Verhalten eines Patienten verfestigt, laut mit sich selbst zu sprechen. Dies führt zu Ausgrenzung. Die Isolation verstärkt sich, da er seinerseits beginnt, Kontakte einzuschränken und öffentliche Veranstaltungen zu meiden.

Notwendig sein

Bedeutung haben für andere, d.h. gebraucht werden und deshalb anerkannt sein. Beispiel: Verantwortlich sein für die korrekte Weiterleitung der täglich eintreffenden Post

Bedeutung haben für andere, als Ergebnis von Engagement, gebraucht werden, deshalb anerkannt sein. Beispiel: Die Schlüssel für einen Gemeinschaftsraum verwalten

Bedeutung haben für Angehörige oder professionelle Helfer_innen, was aber nicht unbedingt eigene Aktivität erfordert. Beispiel: Von der Mutter regelmäßig mit einem Mittagessen versorgt werden.

Normalität

Keine Sonderwelt, kein Schonraum, leben wie alle anderen Menschen, durch Konzentration auf Aufgabe wenig Beschäftigung mit eigenen Krankheitssymptomen, einen Gradmesser für Genesung haben.

Eher Schonraum, viele wohlmeinende Helfer_innen (Rücksichtnahme, Verständnis, Schonen) können Normalität einschränken. Normalität muss immer wieder bewusst erarbeitet werden.

Normalität ist eingeschränkt erlebbar nur z.B. beim Einkaufen, beim Arztbesuch. Hinweis: Tagesstrukturierende psychiatrische Einrichtungen bieten nicht immer Normalität.

Anpassung

Die Fähigkeit zur Anpassung an Regeln und betriebliche Kultur ist die Voraussetzung für berufliche Tätigkeit. Die Akzeptanz der Anpassung wird stillschweigend vorausgesetzt und erklärt sich von selbst. Emotionale Auseinandersetzungen darüber sind in der Regel nicht nötig.

Maßvolle Anpassung ist nötig, i.d.R. bleiben Freiräume für „Nichtangepasstsein“. Auseinandersetzungen über ein sinnvolles Maß an Anpassung sind vor allem in Gemeinschaften notwendig.

Anpassung an Familie und Nachbarn ist in geringem Maße nötig. Wird keine ausreichende Anpassung geleistet, führt dies zu Streit und emotionaler Belastung im sozialen Umfeld.

Rolle und Status

Arbeitsrollen sind definiert – sie bieten Orientierung, Verhaltensregeln und Status. Das mindert Anstrengungen in Kontakten. Durch Berufsrollen lassen sich weitere sekundäre Rollen entwickeln (Krankenschwester – Ersthelferin im Sportverein; Koch – Mitglied im Festkomitee des Gesangvereins)

Wechselnde Rollen sind möglich, müssen sich aber erarbeitet und gepflegt werden.Rollen in Vereinen können wegen vieler sozialer Anforderungen sehr anstrengend werden. Begabte Menschen können künstlerische Rollen finden und damit Status erwerben.

Primäre Rollen wie Sohn, Tochter oder Eltern überwiegen. Es besteht die Gefahr, dass abhängige Rollen wie Krankheits-, Patienten- und Behindertenrollen beibehalten und gepflegt werden.Außenseiterrollen können Normalität werden: „Hier kennen mich doch alle, das kommt es nicht drauf an...“

Stigma

Psychische Erkrankung wird im Arbeitsleben häufig verschwiegen. Ein Offenlegen kann Nachteile wie „Mobbing“, und Statusverlust zur Folge haben. Ein offener Umgang mit Krankheitsfolgen und anhaltenden Symptomen wird deshalb häufig vermieden.

Bürgerschaftliches und Selbsthilfeengagement bietet Möglichkeiten, offen mit der eigenen Erkrankung umzugehen und direkt am gesellschaftlichen Stigma zu arbeiten und Öffentlichkeit herzustellen.

Die gesellschaftliche Tabuisierung psychischer Erkrankungen spiegelt sich im individuellen Verhalten: Es wird versucht, die Erkrankung durch Rückzug und Isolation zu verbergen, das Stigma wird als „Normalität“ erfahren.

*gesunde Erwerbsarbeit hat passende Rahmenbedingungen und wirkt sich nicht negativ auf das Wohlbefinden aus, sie ermöglicht ein Gleichgewicht von Aktivität und Muße. Vor allem beinhaltet sie die Möglichkeit Neues zu lernen und Erfahrungen zu machen. **Vgl. Arbeitshilfe des Deutschen Vereins zu Zuverdienstmöglichkeiten im Bereich des SGB XII. Ergänzung der Empfehlungen zur selbstbestimmten Teilhabe am Arbeitsleben vom 18. März 2009, S.3 (http://www.harald-thome.de/media/files/DV-17.06.09-Zuverdienstm-glichkeiten-SGB-XII.pdf), Zugang: 07.07.2010.

Fortsetzung Tabelle 5

Angebot gesunder Erwerbsarbeit/ bei regelmäßiger Arbeit kann man:

Angebot anderer Tätigkeiten/ Ehrenamt/ bei nur geringer Tätigkeit kann man/ ist:

Keine Angebote außerhalb tätig zu sein/ bei gezwungener Untätigkeit ist:

ein Gefühl für persönliche Leistung und eigenes Können entwickeln und Selbstwirksamkeit erleben

ein Gefühl für persönliche Leistung und eigenes Können entwickeln und Selbstwirksamkeit erleben

ein hohes Maß an Selbstdisziplin notwendig

Symptome vergessen

kann man sich manchmal selbst vergessen

kreisen die Gedanken vermehrt um Eigenes

den eigenen Antrieb durch Gewohnheit aktivieren

den Antrieb nur mit Anstrengung aktivieren

vermindert sich der Antrieb, wenn nicht regelmäßige Aufgaben anfallen

sich von Grübeln und Denkstörungen ablenken

Schwankungen in der Befindlichkeit gut abfangen

gibt es zu viel Zeit zum Grübeln

die Selbstdisziplin und Selbststeuerung stärken

ein hohes Maß an Selbstdisziplin notwendig

krankhafte Angst durch Regelmäßigkeit begrenzen

nach einem Arbeitstag eine angenehme gesunde Müdigkeit erleben

weniger Medikamente einnehmen

Eingeschränkte soziale Kontakte durch psychische Erkrankung. Deshalb ist bedeutsam, dass:

beiläufige, unabsichtliche Kontakte am Arbeitsplatz geregelt sind. Die Anforderungen an die soziale Kompetenz sind dadurch leichter leistbar.

es hohe Anforderungen an die soziale Kompetenz stellt, in offenen Gruppen etwas zu erarbeiten und sich auszutauschen.

Kontakte bewusst herbeigeführt werden müssen.

Arbeit ein gemeinsames Drittes ist mit sehr unterschiedlichen Menschen. Das heißt, Kontakt besteht nicht nur zu Menschen, die ebenfalls von psychischer Erkrankung betroffen sind.

Zuverdienst auch beiläufige Kontakte bietet (siehe links).

z. B. Treffen mit Freunden mit emotionaler Anstrengung verbunden sind (es sei denn, es gibt feste Regeln wie in Skat- oder Doppelkopfrunden).

Rückzug und Isolation der Vermeidung solcher sozialer Anstrengungen dienen.

Übungsaufgabe:

Überlegen Sie sich Ergänzungen zu dieser Tabelle anhand folgender Stichworte: Tagesstruktur, eigenes Geld verdienen, Armut, Glück, Stress

Abschlussbemerkung:

  • Welche Arbeit braucht der Mensch?

  • Welche Form der Unterstützung zur Teilhabe am Arbeitsleben ist sinnvoll?

Die Integration psychisch erkrankter Menschen ist nicht nur abhängig vom individuell zugeschnittenen Angebot qualitativ hochwertiger Maßnahmen, sondern auch vom gesellschaftlichen Umgang mit Arbeit:

Was könnte es für alle Arbeitnehmer_innen bedeuten, wenn die gesellschaftliche Auffassung von gesunder Arbeit wieder so stark wird, dass dies solidarische Kräfte zur Verbesserung von Arbeitsbedingungen freisetzt? Wäre das nicht die Voraussetzung für Integration, geschweige denn Inklusion?



[26] Weber: Tätig sein. Jenseits der Erwerbsarbeit, 2005

[27] Mecklenburg/ Storck: Handbuch berufliche Integration und Rehabilitation, 2008, S. 9.

4. Erhebung vorhandener Ressourcen und Arbeitserfahrungen

Um am Arbeitsplatz die gewünschte Leistung erbringen zu können, müssen Arbeitnehmer_innen Fachkenntnisse und Schlüsselkompetenzen einbringen. Oft macht hier „die richtige Mischung“ den Erfolg aus. Ob und in welchem Umfang sich die fachlichen und persönlichen Fähigkeiten einer_s Arbeitnehmer_in entfalten können, hängt stark von der Arbeitsumgebung im Betrieb ab. Diese wird von vielen Faktoren geprägt. Die Arbeitsumgebung setzt sich zusammen aus physikalischen und sozio-emotionalen Aspekten. Je förderlicher die Arbeitsumgebung ist, desto mehr kommen die vorhandenen Ressourcen einer Arbeitnehmer_in zum vollen Ausdruck[28].

Ziel der Jobcoachs bei der beruflichen Integration von Arbeitnehmer_innen mit psychischer Erkrankung ist es einerseits, sie zu unterstützen, einen geeigneten Umgang mit sozialen Situationen im Betrieb oder gestellten Leistungsanforderungen zu finden. Dies kann durch eine Begleitung direkt am Arbeitsplatz oder durch Reflexionsgespräche außerhalb geschehen. Andererseits empfiehlt es sich, bei der Arbeitsplatzakquise Arbeitsplätze mit möglichst vielen günstigen, förderlichen Aspekten in der Arbeitsumgebung und möglichst wenigen ungünstigen Aspekten zu finden. Alternativ können Jobcoachs überprüfen (zum Beispiel bei bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen), ob Möglichkeiten bestehen, betriebliche Rahmenbedingungen zu beeinflussen. Bei Menschen mit psychischen Erkrankungen liegt der Schwerpunkt häufig auf der Beachtung bzw. Schaffung günstiger sozio-emotionaler Rahmenbedingungen, da in diesem Bereich häufig der höhere Trainingsbedarf liegt (vgl. hierzu auch Kapitel 6).

4.1. Die Erhebung der Arbeitsanamnese

Viele Menschen, die psychisch erkranken, waren vor ihrer Erkrankung bereits berufstätig oder in Ausbildung und haben entsprechende Fertigkeiten entwickelt und Erfahrungen gesammelt. Für die gemeinsame Planung des Integrationsprozesses können Jobcoachs nicht nur kontinuierlich die Ergebnisse nutzen, die sie während der Unterstützung am Arbeitsplatz sammeln – wo zeigen sich z.B. Ressourcen und Fähigkeiten, wo zeigen sich Über- oder Unterforderungen. Sie können auch durch eine Auswertung der bisherigen beruflichen Erfahrungen wichtige Hinweise für eine Integrationsplanung erhalten. Die Erhebung der Arbeitsanamnese kann dabei grundlegende Erkenntnisse liefern, um günstige (förderliche) und ungünstige (hemmende) Rahmen-bedingungen am Arbeitsplatz zu definieren.

Darüber hinaus können die erworbenen Erkenntnisse genutzt werden, um im weiteren Prozess realistische und machbare Ziele abzuleiten, Bewältigungsstrategien zu verstärken bzw. zu verbessern und Unterstützungsbedarfe zu definieren.

4.1.1 Besonderheiten bei der Zielgruppe der Menschen mit psychischer Erkrankung

Bei dieser Zielgruppe ergeben sich verschiedene Besonderheiten in der Auswertung von Arbeitsanamnesen, die im Folgen vorgestellt werden sollen:

Im Gespräch über bisher gemachte Arbeitserfahrungen bekommt die_der Jobcoach nicht nur Einblick hinsichtlich der persönlichen Interessen, Stärken und Probleme, sondern z.B. auch Hinweise zu den vorhandenen Bewältigungsstrategien der_des unterstützten Arbeitnehmer_in an den bisherigen Praktikums- und Arbeitsstellen. Folgende Informationen können chronologisch in Tabellenform zusammen getragen werden:

  • Erhebung der harten Daten im Lebenslauf: in welchem Zeitraum hatte die_der unterstützte Arbeitnehmer_in welche Stelle inne? Wie war der Status (Praktikant_in, angestellt/selbständig, befristet/unbefristet, geringfügig/Teilzeit/Vollzeit)? Wie lang waren Phasen der Erwerbslosigkeit und Krankheitsphasen? Wann wurden Ausbildungen/Weiterbildungen absolviert? Wurden diese abgeschlossen?

  • Erhebung der weichen Daten im Lebenslauf: Sammlung typischer Rahmenbedingungen an den einzelnen Stellen (Teamkonstellationen, Betriebsgröße, Arbeitsplatzgestaltung, Tätigkeiten, Anfahrtswege, etc.) und sozio-emotionaler Aspekte (Stärken, Unter- und Überforderungssituationen, bewährte Bewältigungsstrategien in der Vergangenheit, betriebliches Feedback und persönliches Erleben von betrieblicher Kommunikation, etc.) und auch: Wie kam es zur Beendigung von Anstellungsverhältnissen? Entsprachen die Tätigkeiten der Qualifikation?

4.1.2 Hinweise zur Gesprächsführung

Die so genannten „weichen Daten“ sind stark vom subjektiven Empfinden der_des unterstützten Arbeitnehmers_in geprägt. Im Gespräch geht es neben den Erfolgen in der Regel auch immer wieder um Enttäuschung, Scheitern, Verunsicherung und Abbrüche im Leben. Vor dem Hintergrund unserer leistungsorientierten gesellschaftlichen Werte werden persönliche Misserfolge im Arbeitsleben im Zusammenhang mit psychischer Erkrankung oft als sehr bedrückend erlebt. Komplexe Gefühle wie Versagen, Scham, Ängste etc. können entstehen. Hier sollte sich jede_r Jobcoach der eigenen beraterischen Kompetenzen und Grenzen bewusst sein.[29]

Merke: Die detaillierte Reflexion stark belastender Arbeitserfahrungen kann bei Personen mit der Diagnose Posttraumatische Belastungsstörung eine vergangene Traumatisierung triggern[30] und zu einer Retraumatisierung führen. Bei dem betroffenen Personenkreis empfiehlt es sich, ohne fundierte Kenntnisse bezüglich Traumatisierung und entsprechender Gesprächsführungstechniken nicht zu tief in die Arbeitsanamnese einzusteigen. Arbeitserfahrungen sollten dann eher allgemein ausgewertet werden. Um ein möglichst hohes Maß an Selbststeuerung und Eigenverantwortung bei dem_der unterstützten Arbeitnehmer_in zu fördern, sollten konkrete Absprachen zur Gesprächsführung getroffen werden. Besonders belastende Praktikums- oder Arbeitsstellen können beispielsweise in Bezug auf die Rahmenbedingungen ausgewertet werden, ohne einzelne Szenarien zu vertiefen.

Grundvoraussetzung für die Kontaktgestaltung und Basis für ein vertrauensvolles Gespräch ist eine empathische echte Haltung den unterstützten Arbeitnehmer_innen gegenüber. Dies ermöglicht es der_dem Jobcoach, sowohl in der Phase des Kennenlernens wie auch im Rahmen der betrieblichen Unterstützung, weniger konstruktive Konflikt- und Bewältigungsstrategien (aus der Vergangenheit) gemeinsam mit Achtsamkeit herauszufiltern, am konkreten Beispiel zu reflektieren, um dann neue Wege für die Zukunft zu beratschlagen.

Die Reflexion belastender Erfahrungen der unterstützten Arbeitnehmer_innen sollte auf konkrete Arbeitssituationen bezogen bleiben. Dann kann diese Auseinandersetzung auch viele Chancen in sich bergen:

  • Das Besprechen von Konfliktsituationen dient auch deren Anerkennung und Würdigung und der Integration in die eigene Biografie[31].

  • Erfahrungen des Kontrollverlusts im beruflichen Kontext können nach gründlicher Analyse in mehr Selbststeuerung und die Ausdifferenzierung der Arbeitnehmer_innenrolle münden.

  • Dem rechtzeitigen Erkennen von Belastungsfaktoren können in Zukunft zeitnahe Entlastungsstrategien folgen.

  • Zusammenhänge zwischen Arbeitsstörungen und Frühwarnzeichen der Erkrankung können erkannt werden.

  • Eine nachhaltige Krankheitsprophylaxe kann entwickelt werden.

Hinweis: Weitere Anregungen zur Befragung unterstützter Arbeitnehmer_innen zu deren beruflicher Vergangenheit bietet das Worker Role Interview[32]. Der Interviewleitfaden bietet zahlreiche Beispielfragen an. Die Ergebnisse werden mit Hilfe von Formularen dokumentiert. Die Auswertungsmethode gibt auf übersichtliche Weise Aufschluss über den Unterstützungsbedarf und mögliche Förderziele der befragten Person[33].

Zusammenfassung:

Die Erhebung der Arbeitsanamnese hat folgende Ziele[34]:

  • Herausarbeiten individueller Kenntnisse und Qualifikationen, Ressourcen und Schwierigkeiten

  • Analyse der Zusammenhänge zwischen betrieblichen Anforderungen und der persönlichen Leistungsfähigkeit (z.B.: Motivatoren, auftretende Arbeitsschwierigkeiten, Erfahrungen passender Anforderungen, Erfahrungen der Arbeitszufriedenheit, Erfahrungen der Über- und Unterforderung, Einfluss privater (Belastungs-)Situationen auf die Arbeitsfähigkeit)

  • Erkenntnisse über bisher praktizierte Bewältigungsstrategien und Kommunikationsmuster gewinnen

  • Förderungspotenziale feststellen

  • Verfeinerung beruflicher Perspektiven und Ziele

  • Herausfiltern von günstigen und ungünstigen Rahmenbedingungen.

4.2 Erhebung der Arbeitsanamnese am Beispiel des Arbeitsanamneseformulars des BTZ Köln

Das BTZ Köln bietet ein ambulantes Training im Rahmen beruflicher Rehabilitation für Menschen mit psychischer Erkrankung an. Obwohl es sich hierbei nicht um ein klassisches Job Coaching-Angebot handelt, soll hier ein Baustein aus dem Konzept detailliert vorgestellt werden, da dieser aus Sicht der Autor_in methodische Anregungen für Jobcoachs bietet, die mit der Zielgruppe psychisch erkrankter Menschen arbeiten (wollen).

Im BTZ Köln wird die Arbeitsanamnese von Ergotherapeut_innen im Rahmen der Arbeitsdiagnostik besprochen[35]. Die Erhebung und Analyse der Arbeitsanamnese erfolgt an einem oder mehreren Terminen. Nach eigenem Ermessen kann die Arbeitsanamnese vollständig erhoben werden, möglich ist auch ein besonderer Fokus auf einzelne Lebensabschnitte oder Arbeitsstellen.

Es wird ein strukturiertes Formular verwendet, in das während des Gesprächs die wesentlichen Daten eingetragen werden:

Strukturiertes Formular mit Angaben zu Name, Geburt, Berufe der
Eltern und Geschwister und Information zu Arbeitsstellen. Letztere
differnziert in: Zeitraum, Tätigkeit, Status, Stärken und Schwächen und
Private Situation.

Hinweis: Für das Interview hat sich die Methode der Rückschau und des Gegenwartsbezugs bewährt: „Warum haben Sie das damals so gemacht?“ „Wenn Sie noch einmal in diese Situation kämen, was würden Sie (anders) machen?“

Bei der Erhebung der Arbeitsanamnese wird besonderes Augenmerk gelegt auf:

  • Anforderungen, die stabilisierend wirkten

  • Anforderungen, die Krisen auslösend wirkten

  • Betriebliche Bedingungen, die Ressourcen fördernd wirkten

  • Betriebliche Bedingungen, die hemmend/ belastend wirkten

4.2.1 Informationen zur Lebens-, Arbeits- und Krankengeschichte erheben

Nachfolgende Informationen können im Formular erhoben werden und geben einen Eindruck zur Lebens-, Arbeits- und Krankheitsgeschichte. Durch Nachfragen unterstützt die_der Jobcoach ein differenziertes Nachdenken über die einzelnen Stationen im Lebenslauf.

Berufliche Biografie in der Familie

  • Gibt es berufliche Traditionen in der Familie?

  • Passte sich die_der unterstützte Arbeitnehmer_in eher an oder grenzte sie_er sich eher ab von der Berufswahl der Verwandten?

  • Gab es Rollenvorbilder?

Der Lebenslauf (harte Daten)

Es empfiehlt sich, mit der letzten Regelschule im Bildungsgang zu beginnen und auch zu erfragen, wie es zur Berufswahl kam.

  • Wann war der_die unterstützte Arbeitnehmer_in in Ausbildung/Weiterqualifizierung?

  • Wann angestellt/selbständig?

  • Bei welchem Arbeitgeber und in welcher Funktion?

Längere Ausfallzeiten durch Krankheit oder Erwerbslosigkeit sollten ebenfalls dokumentiert werden. Die Liste vervollständigt sich zu einem „wahren“, unverfälschten Lebenslauf, den harten Daten.

Bei Schulabgänger_innen ohne oder mit wenig Berufserfahrung kann der Verlauf der Schulzeit genauer analysiert werden:

  • Welche Schulen wurden durchlaufen und wie lange?

  • Wenn es zu Schulwechseln kam: wie oft und welche?

  • Kam es zu Ortswechseln?

  • Gab es Zeiten, in denen die_der unterstützte Arbeitnehmer_in der Schulpflicht nicht nachkam?

  • Gab es längere Krankheitsphasen und Wiederholen von Schuljahren?

  • Wurden Praktika absolviert?

Stärken und Probleme (weiche Daten)

Hier werden die konkreten Tätigkeiten sowie das subjektive Erleben der unterstützen Personen im Ausüben der Arbeitnehmer_innenrolle erfragt. Hinsichtlich der weichen Daten im Lebenslauf muss individuell entschieden werden, ob die_der unterstützte Arbeitnehmer_in diese selbst ins Formular einträgt oder die_der Jobcoach anbietet, diese gemeinsam zu erheben.Eine Auswahl möglicher Themen wird im Folgenden vorgestellt, eine strukturelle Abgrenzung bei der Befragung ist nicht nötig. Zur Unterstützung der Jobcoachs, wie Stärken und Probleme erfragt werden könnten, werden exemplarisch zielführende Fragen genannt:

  • Grundarbeitsfähigkeiten: Gab es Spaß am Lernen/ Arbeitsmotivation? Welche Stärken wurden deutlich? Traten Arbeitsstörungen auf? Wann zum ersten Mal? Wie äußerten sich diese? (Ein Hinweis sind Phasen mit Leistungsschwankungen, Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten während Krisenzeiten). Hingen Arbeitsstörungen mit besonderen beruflichen Belastungen zusammen?

  • Intellektueller Bereich: Wie gut konnten neue, auch komplexe Arbeits- bzw. Lerninhalte erfasst werden? Gab es phasenweise oder dauerhaft Einbußen intellektueller Fähigkeiten, z. B. Schwierigkeiten, vorhandenes Fachwissen anzuwenden?

  • Berufsspezifischer Bereich: Welche besonderen Stärken wurden deutlich im Umgang mit Materialien und Techniken? Gab es Lieblingstätigkeiten/ Lieblingsfächer? Wie aktuell ist das Fachwissen?

  • Körperlicher Bereich: An welchen Stellen/ Schulen war die Leistung stabil und gesundheitlich gut ausbalanciert? Woran lag das? Welche Belastungssymptome sind aufgetreten (z. B. Schmerzen/ Schlafstörungen/ Nicht abschalten können)?

  • Sozialer Bereich: Wie gestaltete die_der unterstützte Arbeitnehmer_in den Umgang mit Kolleg_innen, Vorgesetzten, Kund_innen? (In der Schule: Lehrer_innen, Mitschüler_innen?) Gab es Unterstützer_innen? Was wurde hilfreich an deren Förderung erlebt? Gab es besonders günstige Teamkonstellationen?Gab es Feedback zu den Leistungen oder dem Auftreten? Gab es Konflikte? Wenn ja, wie kam es dazu? Welches war die Rolle der_des unterstützten Arbeitnehmers_in bei Konflikten?

  • Emotionaler Bereich: War der Einstieg ins Berufsleben von guten Fähigkeiten in der Selbststeuerung geprägt oder gab es bereits früh auffällige Unsicherheiten und Stimmungslagen, die sich im weiteren beruflichen Werdegang manifestierten? Welche Gefühle tauchten auf? Wann entstand Zufriedenheit? Was motivierte die_den unterstützte_n Arbeitnehmer_in? Auf welche Entlastungs- und Konfliktlösestrategien hat der_die unterstützte Arbeitnehmer_in zurückgegriffen? Mit welcher Wirkung? Wie ist der Umgang mit Kritik/ Ärger/ Frustration?

  • Selbstbild/ Selbstvertrauen: Wie erlebt sich die_der unterstützte Arbeitnehmer_in selbst in der Arbeit (in der Schule)? Wie kompetent schätzt sie_er sich ein?

  • Rahmenbedingungen: Spielte die Betriebsgröße/ die Branche (Schultyp) eine Rolle? Wie ist die Erfahrung mit Gegebenheiten wie Schichtdienst, Lärm, Schmutz, Verantwortung, Zeitdruck, Anfahrtswegen, etc.?

Private Situation

Das Erheben von außergewöhnlichen privaten Situationen (zumindest in Stichworten) ist wichtig, da mögliche Zusammenhänge zwischen Arbeitsleistung und stabilisierenden privaten Faktoren oder Krisen/ Erkrankungen/ life events sichtbar werden.

Fallbeispiel: Die Reflexion der ArbeitsanamneseHerr M. war vor Beginn der Aufnahme einer Maßnahme zur beruflichen Wiedereingliederung 10 Jahre als Bürokaufmann tätig. Er übte seinen Beruf sehr motiviert und engagiert aus. Bei der Erhebung der Arbeitsanamnese wird deutlich, dass er sich an seinen 3 Arbeitsstellen kontinuierlich weiter entwickelt hatte. Mit zunehmendem Fachwissen bekleidete er Positionen mit mehr Verantwortung und Entscheidungskompetenzen. An seiner dritten Stelle wurde er nach einem Jahr auf die Position eines Abteilungsleiters befördert. Er war sehr stolz über diese Anerkennung seiner Leistungen. Die Beförderung kam ihm auch aus privaten Gründen sehr gelegen, da ein halbes Jahr zuvor seine Tochter zur Welt gekommen war und die Kleinfamilie in eine größere, teurere Wohnung umziehen wollte. Doch in der neuen Position kam Herr M. von Beginn an nicht gut zurecht. Er fühlte sich von seinen Mitarbeiter_innen gemobbt. Ein Jahr hielt er die Stelle noch, fühlte sich wegen zahlreicher Konflikte aber zunehmend instabil, bis er schließlich kündigte. Durch Nachfragen wird deutlich, dass Herr M. den fachlichen Anforderungen gut gewachsen war und seine Beziehung zum Vorgesetzten von ihm als konstruktiv erlebt wurde. Seine Mitarbeiter_innen hingegen erlebte er als neidisch und wenig kooperativ bezüglich seiner Vorgaben. Es wurde deutlich, dass Herr M. unsicher war im Ausfüllen der Vorgesetztenrolle. In der Vergangenheit hatte er eher sein Augenmerk auf das Fachlich-Instrumentelle gerichtet, denn „es ging ja ums Ergebnis! Die Zahlen mussten stimmen!“ Bereits beim Anamnesegespräch zu den beiden vorangegangenen Stellen war deutlich geworden, dass Herr M. Konflikten eher aus dem Weg gegangen war. Im Reflexionsgespräch arbeitete er heraus, dass er die zwischenmenschlichen Aspekte und das Aufgabengebiet der Mitarbeiterführung in seiner Leitungsposition unterschätzt hatte. Im Umgang mit Konfliktlösestrategien, dem Aneignen eines stimmigen Führungsstils und dem Delegieren von Aufgaben verfügte er über wenig Erfahrung. Herr M. beschließt, sich intensiv mit den Anforderungen einer Leitungsposition auseinander zu setzen und sich Wissen dazu anzueignen. Im nächsten Gespräch möchte er seine früheren Arbeitsstellen noch einmal betrachten. Schwerpunkt soll sein Erleben im Kontakt zu damaligen Vorgesetzten sein, auf der Suche nach einem möglichen Rollenvorbild.

Hinweis: Die_der Jobcoach sollte bei der Reflexion auf mögliche Belastungsreaktionen achten. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Berufsbiografie kann alte Emotionen wieder auslösen und sollte nicht zu einer „tour de force“ werden.

4.3 Übungsaufgaben zur Erhebung von Arbeitsanamnesedaten

Aufgabe 1 zur Selbstreflexion: Erheben Sie lückenlos die harten Daten Ihres Lebenslaufs. Analysieren Sie im nächsten Schritt Ihr persönliches Profil in Bezug auf das Verhältnis von Ausbildungszeiten und Berufstätigkeit. Vervollständigen Sie Ihre Notizen anhand folgender Fragestellungen:

  • Gab es Zeiten der Erwerbslosigkeit und Krankheit?

  • Wie lange hatten Sie Stellen inne? Zählen Sie die Anzahl der Arbeitsverhältnisse: <2 Jahre, >2 Jahre, >5 Jahre.

  • Welche Schlüsse ziehen Sie für sich?

  • Können Sie Prognosen anstellen?

Aufgabe 2 zur Selbstreflexion: Erstellen Sie die weichen Daten von 1–2 Arbeitsstellen aus Ihrem beruflichen Werdegang anhand folgender Fragen:

  • Welche Tätigkeiten lagen Ihnen besonders?

  • Wie konnten Sie Ihre Fähigkeiten und Qualifikationen einbringen?

  • Mit welchen Anforderungen taten Sie sich schwer?

  • Auf welche Lösungsstrategien haben Sie damals bei Schwierigkeiten zurückgegriffen? Würden Sie aus heutiger Sicht etwas anders machen?

  • Welche Rahmenbedingungen (Arbeitsplatzgestaltung, Kolleg_innen, etc.) haben Sie als nützlich erlebt? Welche Rahmenbedingungen waren eher hinderlich und haben die Entfaltung Ihrer Fähigkeiten behindert?

  • Können Sie Wechselwirkungen zwischen den Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz und Ihrer Leistung, sowie Ihrem Wohlbefinden bei der Arbeit erkennen?

  • Welche Schlüsse ziehen Sie für sich?

Partnerübung (Trainieren einer Befragung zur Arbeitsanamnese): Wählen Sie eine_n Partner_in. Entscheiden Sie, wer von Ihnen im ersten Durchlauf Interviewer_in sein soll und wer die_der Befragte. Nehmen Sie sich Ihre bisher erarbeiteten Ergebnisse zur Hand um sich gegenseitig befragen zu können. Sie haben jeweils 10 Minuten Zeit zur Befragung.

Instruktion für die_den Interviewer_in: Befragen Sie Ihr Gegenüber auf der Basis der vorher individuell erhobenen harten Daten zu den weichen Daten einzelner Stationen im Lebenslauf (Stärken und Probleme, private Situation, etc.). Nutzen Sie dafür als Hilfestellung die oben aufgeführten Fragen zur Anamneseerhebung. Achten Sie bei der Befragung auf eine wertschätzende Grundhaltung und die oben angeführten Anmerkungen zur Gesprächsführung.Tragen Sie während des Gesprächs die Ergebnisse schriftlich in Tabellenform zusammen.

Instruktion für die_den Befragten: Beachten Sie Ihre persönlichen Grenzen und Ihre emotionale Verfassung beim Beantworten der Fragen.

Auswertung: Geben Sie einander nach dem jeweiligen Interview ein Feedback zu Ihrem Erleben in der jeweiligen Rolle während der Gesprächssituation. Benennen Sie Erkenntnisse, die Sie über sich und/ oder den Prozess gewonnen haben.



[28] Die Faktoren der physikalischen Arbeitsumgebung finden seit jeher große Beachtung in den Bereichen Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz. Die sozio-emotionale Komponente einer günstig beschaffenen Arbeitsumgebung wird mittlerweile zunehmend auch in den Bereichen der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention beforscht (vgl. Rosenbrock, Michel: Primäre Prävention. Bausteine für eine systematische Gesundheitssicherung, Berlin, 2007). Eine anschauliche Beschreibung des Einflusses äußerer Faktoren auf das Leistungsvermögen ist innerhalb des ergotherapeutischen Modells menschlicher Betätigung (MOHO) zu finden in: Kielhofner/ Marotzki/ Mentrup: Model of human occupation (MOHO) Grundlagen für Praxis (Ergotherapie - Reflection and Analysis), 2005. Faktoren der Arbeitsumgebung sind z. B. die Gesprächskultur im Betrieb, Einzel- oder Großraumbüro, Möglichkeiten der Pausengestaltung, Teamkonstellation.

[29] Vgl. Brüggemann/ Ehret-Ivankovic/ Klütmann: Systemische Beratung in fünf Gängen – Ein Leitfaden, Göttingen: 2. Auflage 2007

[30] Triggern bedeutet in der psychotherapeutischen Fachsprache das abrupte Auslösen vergangener Erfahrungen durch einen Schlüsselreiz; vgl. Fischer/ Riedesser: Lehrbuch der Psychotraumatologie, 3. Auflage, 2009.

[31] Seyfried beschreibt den Effekt des Besprechens der Arbeitsanamnese als „(Wieder)Aneignung der eigenen Geschichte“, zitiert in: Köhler/ Steier-Mecklenburg: Arbeitstherapie und Arbeitsrehabilitation – Arbeitsfelder der Ergotherapie, 2008, S. 64.

[32] Kielhofner/ Braveman/ Robson/ Velozo/ Fisher/ Forsyth/ Kerschbaum: WRI – Benutzerhandbuch für das Worker Role Interview, 1. Auflage 2007.

[33] Zur Anwendung des Worker Role Interviews bei bestehenden Arbeitsverhältnissen vgl. auch Kapitel 8.4 dieses Moduls.

[34] Arbeitspädagogisches Konzept im BTZ Köln, Überarbeitung von 2007, unveröffentlicht.

[35] Zur Einbindung der Erkenntnisse aus der Arbeitsanamnese in den Alltag der beruflichen Rehabilitation und der Ableitung von Zielen vgl. Schellenberg, A. (2009). In einen neuen Job begleiten, Ergopraxis Nr. 9, 2. Jahrgang, S. 32–34, Stuttgart, Thieme.

5. Die Auswahl geeigneter Arbeitsplätze

5.1 Günstige und ungünstige Rahmenbedingungen definieren

Auf der Basis der Arbeitsanamnesedaten, deren Erhebung in Kapitel 4 erläutert wurde und der Erfahrungen, die im konkreten Job Coching-Prozess gesammelt werden, kann analysiert werden, welche Rahmenbedingungen der Arbeit sich als günstig oder ungünstig für eine_n unterstützte_n Arbeitnehmer_in erweisen. Die Erfahrung zeigt, dass Menschen mit psychischer Erkrankung folgende Rahmenbedingungen häufig nennen:

Günstige Rahmenbedingungen:

  • Fester Ansprechpartner

  • Arbeiten mit wenig Kundenkontakt

  • Geklärte Entscheidungskompetenzen und Zuständigkeitsbereiche

  • Rückgriffsmöglichkeit auf Routinetätigkeiten zur Entlastung

  • Teilzeittätigkeit

Ungünstige Rahmenbedingungen:

  • Zeitdruck

  • Hohe Anforderungen an selbständiges Zeit- und Aufgabenmanagement

  • Hohe Anforderungen an Konfliktfähigkeit

  • Schichtdienst

  • Reisetätigkeit

Im BTZ Köln wird ein Formular verwendet, in dem die Erkenntnisse systematisch zusammengefasst werden können:

Formular zur Dokumentation von positiven und negativen
Arbeitsrahmenbedingungen.

So wird auf den ersten Blick ersichtlich, welche Rahmenbedingungen eher verhandelbar sind und welche die_der unterstützte Arbeitnehmer_in einhalten sollte. Es ist eher unwahrscheinlich, einen Betrieb zu finden, auf den die erarbeiteten Bedingungen zu 100% zutreffen. Vor Akquise- und Vorstellungsgesprächen sollte daher besprochen werden, wo es Kompromisse geben kann und wo nicht. So schaffen Sie eine gute Verhandlungsbasis.

Fallbeispiel: Analyse bisheriger Beschäftigungsverhältnisse Frau W. ist von Beruf Hotelfachfrau. Sie hat in drei verschiedenen Hotels umfangreiche Erfahrungen gesammelt. An ihren Stellen war sie von Beginn an mit viel Verantwortung betraut worden. Frau W. hat sich stets ohne viel Einarbeitung und mit großer Selbständigkeit den Herausforderungen gestellt und hat schwierige Situationen, z. B. alleine im Nachtdienst Entscheidungen zu treffen, aus ihrer Sicht gut gemeistert. Dennoch kam Kritik von Vorgesetzten und sie wurde aufgrund ihrer wiederholten Fehler gekündigt.Im Reflexionsgespräch zur Arbeitsanamnese wurde herausgearbeitet, dass es Frau W. aufgrund der fehlenden Einarbeitung an ihren vergangenen drei Stellen an grundlegenden Informationen fehlte. So fühlte sie sich bei einigen Problemlöseanforderungen wenig sattelfest. Sie griff auf ihr vorhandenes Wissen zurück und handelte dabei nicht immer im Sinne ihrer Vorgesetzten. Da es Frau W. aufgrund ihrer Kontaktschwierigkeiten und Selbstverunsicherung schwer fiel, durch Nachfragen für eine Einarbeitung zu sorgen, blieben ihre Wissenslücken teilweise dauerhaft bestehen. So kam es immer wieder zu Fehlern, während sie insgesamt einen kompetenten Eindruck machte und stets freundlich zu Kunden war.

Als notwendige Rahmenbedingungen wurden festgehalten:

  • fester Ansprechpartner

  • Einarbeitungsphase

Als nützliche Rahmenbedingungen wurden festgehalten:

  • regelmäßige Feedbackgespräche

  • kollegialer Austausch

  • Kundenkontakt

  • Bereiche mit verantwortlichem und selbständigem Arbeiten

Als Ausschlusskritierien wurden festgehalten:

  • fehlende Einarbeitung

  • kein Ansprechpartner/ häufig nicht erreichbarer Ansprechpartner

Als ungünstige Rahmenbedingungen wurden festgehalten:

  • unfreundlicher Vorgesetzter

Durch weitere betriebliche Erfahrungen werden die Rahmenbedingungen überprüft auf ihre Bedeutung und eventuell abgepasst, verändert oder ergänzt.

Aufgabe zur Selbstreflexion:

Definieren Sie aufgrund Ihrer eigenen vorliegenden Arbeitsanamnesedaten Ihre günstigen und ungünstigen Rahmenbedingungen für Arbeit. Tragen Sie diese in einem Formular zusammen. Reflektieren Sie, welche der günstigen und ungünstigen Rahmenbedingungen Sie an Ihrer gegenwärtigen Arbeitsstelle wiederfinden.

  • Können Sie Wechselwirkungen zwischen den Rahmenbedingungen am Arbeitsplatz und Ihrer Leistung, sowie Ihrem Wohlbefinden bei der Arbeit finden?

  • Was könnten Sie unternehmen, um die Bedingungen an Ihrer aktuellen Stelle vorteilhafter für sich selbst zu gestalten?

5.2 Eine Passung erreichen zwischen Fähigkeiten und Anforderungen

Viele Berufe bringen typische Bedingungen und Anforderungen mit sich, wie z.B. der Schichtdienst in Pflegeberufen oder die hohen körperlichen Anforderungen im Baugewerbe. Manchmal entpuppen sich jedoch bei genauerer Prüfung zunächst unveränderlich wirkende Bedingungen als variabel. Je nach Branche, Qualifizierungsgrad, Arbeitszeitmodell und Anforderungsprofil am konkreten Arbeitsplatz können Tätigkeiten und Rahmenbedingungen in ein und demselben Beruf zudem recht unterschiedlich aussehen.

Ziel der_des Jobcoachs ist es, gemeinsam mit unterstützten Arbeitnehmer_innen Arbeitsstellen mit einer guten Passung zu finden oder sie dabei zu unterstützen, diese Passung nach Möglichkeit her zu stellen. Um unterstützte Arbeitnehmer_innen entsprechend ihrer Bedürfnisse adäquat bei der Auswahl von Praktikums- oder Arbeitsstellen begleiten zu können, benötigen Jobcoachs differenzierte Kenntnisse über die individuell vorhandenen Fähigkeiten der Bewerber_innen auf der einen Seite und die betrieblichen Anforderungen auf der anderen.

5.2.1 Besonderheiten bei Menschen mit psychischer Erkrankung

Unterstützungsbedarf bei Menschen mit psychischer Erkrankung besteht erfahrungsgemäß eher im Bereich der Grundarbeitsfähigkeiten, sowie in der Erweiterung psychosozialer und emotionaler Kompetenzen, als im fehlenden berufsspezifischen Fachwissen. Neben der Überprüfung einer Passung im berufsspezifischen Bereich ist es deshalb wichtig für Jobcoachs im Blick zu behalten, wie unterstützte Arbeitnehmer_innen am jeweiligen Arbeitsplatz psychosoziale und emotionale Anforderungen, sowie Anforderungen an die Grundarbeitsfähigkeiten erfüllen (können) und bei welchen Kompetenzen noch Entwicklungsbedarf besteht, um langfristig eine Passung zu erreichen.

Häufig von Menschen mit psychischer Erkrankung genannte Entwicklungsthemen im Bereich der psychosozialen und emotionalen Kompetenzen sind:

  • Motivation

  • Konfliktlösungsstrategien besitzen bzw. anwenden

  • Kontaktgestaltung/Kommunikation

  • Selbstfürsorge

  • Antrieb

  • Das (angemessene) Einbringen eigener Interessen

  • Problemlösepotenzial

  • Kritikfähigkeit

  • Entscheidungs- und Anpassungsfähigkeit

Häufig von Menschen mit psychischer Erkrankung genannte Entwicklungsthemen im Bereich der Grundarbeitsfähigkeiten sind:

  • Konzentration

  • Genauigkeit

Auf diesen Themen aufbauende häufige Interventionen in der Zusammenarbeit der_des Jobcoach mit Betrieb und unterstützten Arbeitnehmer_innen zur Verbesserung der Passung sind:

  • Regelmäßige Feedback- und Reflexionsgespräche initiieren[36]

  • Feste betriebliche Ansprechpartner_innen finden

  • Individuelle Regelungen bezüglich Arbeits- und Pausenzeiten verhandeln

  • Schaffung von Rückzugsmöglichkeiten

  • Durchführbarkeit individueller Entlastungsstrategien (z.B. Zwischenpausen oder Entlastungsaufträge) prüfen/ etablieren

Merke: Arbeitgeber_innen, die Bereitschaft zeigen, Ansprechpartner zu benennen und die Möglichkeit bieten, Arbeitsergebnisse zu besprechen, sind oft auch verhandlungsbereit im Gestalten individueller Rahmenbedingungen.

5.3 Das Fähigkeitsprofil

Die individuell vorhandenen Fähigkeiten können auf der Basis verschiedener Quellen zusammengetragen und im Prozess immer weiter ausdifferenziert werden:

  • Erhebung einer Arbeitsanamnese (vgl. Kapitel 4)

  • Beobachtungen des Arbeitsverhaltens am Arbeitsplatz

  • Auswertung von Qualifikationen und Zertifikaten

  • Befragung Dritter, die die_den unterstützte_n Arbeitnehmer_in bei der Arbeit/ in der Schule erlebt haben

Ein verbreitetes Instrument zur systematischen Erfassung von Fähigkeiten (und Anforderungen) ist das Assessment MELBA (Merkmalprofile zur Eingliederung Leistungsgewandelter und Behinderter in Arbeit)[37].

5.4 Das Anforderungsprofil

Auch zur Erhebung von Anforderungsprofilen ist das Assessment MELBA gut geeignet. Wirksame Methoden zur Erhebung von betrieblichen Anforderungsprofilen sind:

  • der Rückgriff auf die betrieblichen Kenntnisse und Erfahrungen der unterstützten Arbeitnehmer_innen

  • das Befragen von Berufsvertreter_innen/ Internetrecherchen/ Expertengespräche (vgl. hierzu Kapitel 5.5) u.a.m.

  • Arbeitsplatzbesichtigungen in Betrieben

Leitfragen (zielabhängig):

  • An welchem der recherchierten Arbeitsplätze wäre ein angepasstes, möglichst ressourcenorientiertes Arbeiten möglich?

  • Welche Veränderungen im betrieblichen Kontext sind erforderlich/ möglich/ dienlich für ein angepasstes, möglichst ressourcenorientiertes Arbeiten?

Durch diese Erhebungen kann das beratungsrelevante Wissen über realistische Anforderungen in einzelnen Berufs- oder Ausbildungsfeldern sowohl für Jobcoachs wie für unterstützte Arbeitnehmer_innen erweitert werden.

Gemeinsam können Jobcoachs und unterstützte Arbeitnehmer_innen das Fähigkeitsprofil und die erarbeiteten günstigen und ungünstigen Rahmenbedingungen mit den erfragten/ beobachteten und/oder erfahrenen Anforderungen des Arbeitsplatzes in Beziehung setzen. Übereinstimmungen, Entwicklungspotentiale und Diskrepanzen werden definiert und auf der Basis dieses Profilvergleichs kann die_der Jobcoach beraten, welche Kompromisse aus ihrer_seiner Sicht möglich und vertretbar sind und welche Grenzen eingehalten werden sollten, um (erneute) Krankheitsphasen zu vermeiden.

5.5 Das Expertengespräch

Gegebenenfalls sind Berufsfeldrecherchen hilfreich, um die Berufswünsche oder die herausgearbeiteten Rahmenbedingungen unterstützter Arbeitnehmer_innen mit den realistischen betrieblichen Gegebenheiten abzugleichen. Im BTZ Köln wurde zu diesem Zweck ein methodischer Baustein entwickelt, der im Folgenden vorgestellt werden soll[38]:

Es handelt sich hierbei um das Konzept zur Durchführung von so genannten Expertengesprächen. Als Experten gelten dabei Berufsfachleute aus den angestrebten Branchen, in denen unterstützte Arbeitnehmer_innen (wieder) Fuß fassen möchten. Ein Expertengespräch dient der Informationssammlung und ggf. der Akquise eines (Trainings-)Arbeitsplatzes bei guter Passung. Je eindeutiger bei der ersten Kontaktanbahnung geklärt wird, dass es sich nicht um ein „Vorstellungsgespräch durch die Hintertür“ handelt, umso größer ist erfahrungsgemäß die Bereitschaft der Expert/innen, einen Gesprächstermin zu vereinbaren!

Im Vorfeld wird dabei zu folgenden Fragestellungen recherchiert:

  • Welche Branchen, Tätigkeiten, beruflichen Nischen gibt es, auf die möglichst viele günstige und motivierende Aspekte zutreffen? Was interessiert die_den unterstützten Arbeitnehmer_in? Wo passen die Anforderungen einer Stelle gut mit den Fähigkeiten der der_des unterstützten Arbeitnehmer_in zusammen? Wo sieht sie_er sich selber am richtigen Platz?

  • Die Ideen können in einem Brainstorming zusammengetragen werden!

  • Als mögliche „Expert_innen“ eigenen sich Mitarbeiter_innen, aber auch Abteilungsleitungen, Ausbilder_innen, Mitarbeiter_innen aus der Personalabteilung, Führungskräfte, Lehrpersonal, Selbständige,...

  • Das Expertengespräch wird gemeinsam von der_dem unterstützen Arbeitnehmer_in und die_dem Jobcoach im Betrieb durchgeführt. Die_der unterstützte Arbeitnehmer_in behält die Regie in der Gesprächsführung. Eine gründliche Vorbereitung eines Fragenkatalogs und vorherige Rollenspiele zur Selbstpräsentation stärken die Zielgerichtetheit und Sicherheit im Gespräch und im Einnehmen der Arbeitnehmer_innenrolle. Die Funktion der_des Jobcoachs liegt hier in der Unterstützung, falls das Gespräch stockt und im anschließenden Feedback mit Reflexion und Beratung.

  • Zielführende Gesprächsinhalte können sein:

  • Informationen zu den gegenwärtigen Arbeitsmarktanforderungen hinsichtlich der angestrebten Tätigkeit erhalten

  • Einschätzung der vorliegenden Qualifizierung in Bezug auf die gegenwärtigen Arbeitsmarktanforderungen

  • Erörterung der beruflichen Wünsche, der Rahmenbedingungen und des Fähigkeitsprofils in Bezug auf mögliche Branchen oder Betriebe mit gut passenden Anforderungsprofilen

  • Erwartungen erfragen, die im konkreten Betrieb an Mitarbeiter/innen gestellt werden, die die angestrebte Tätigkeit bekleiden (Schlüsselkompetenzen, Fachwissen, etc.)

  • Charakteristika der Betriebskultur

  • Das Verhältnis von wechselnden Tätigkeiten und Routinetätigkeiten

  • Bereits im Betrieb praktizierte flexible Modelle der Teilzeit, Pausenregelung, Jobcarving etc.

  • Tipps bezüglich weiterer nützlicher betrieblicher Ansprechpartner/innen

  • Verdienstmöglichkeiten

  • Erhebung des konkreten Anforderungsprofils

Merke: Bei Menschen mit psychischer Erkrankung können Einschränkungen/ Verschiebungen in der Wahrnehmung und der Informationsverarbeitung bestehen. Dies kann zu Fehleinschätzungen hinsichtlich erforderlicher bzw. vorhandener Kenntnisse oder Fähigkeiten bei der Ausübung angestrebter Tätigkeiten führen. Expertengespräche bieten hier eine gute Möglichkeit, Informationen und realistische Beschreibungen erforderlicher Fähigkeiten aus erster Hand zu erhalten.

In Expertengesprächen werden unterstützte Arbeitnehmer_innen i.d.R. von den Interviewten aufgefordert, ihre Motivation zum Gespräch und ihre bisherigen Arbeitserfahrungen vorzustellen. Da diese u. U. auch Erfahrungen von Scheitern, Überforderung und Krankheit beinhalten (vgl. Kapitel 4), besteht bei den unterstützten Arbeitnehmer_innen häufig Angst davor, sich in diesen Gesprächen zu präsentieren. Das vorsorgliche Erarbeiten und Durchsprechen befürchteter Fragen kann hier in vielen Fällen die Angst minimieren.

Aufgabe zur Selbstreflexion:

Analysieren Sie die Wechselwirkung zwischen Ihrem Fähigkeits- und Tätigkeitsprofil an Ihrer gegenwärtigen Stelle:

  • Können Sie Ihre Qualifikationen und Fähigkeiten einbringen?

  • Welche Rahmenbedingungen müssten für Sie an Ihrem Arbeitsplatz angepasst werden, damit Sie optimal arbeiten können?

Diskutieren Sie die Ergebnisse in der Kleingruppe. Beachten Sie dabei die Aspekte „Flexibilität“ und „Verhandlung“!



[36] Christiane Haerlin hat in diversen Publikationen den Nutzen eines berufsnah gestalteten und an der Arbeitswelt orientierten Trainings in Kombination mit Gesprächen erläutert. Vgl. Haerlin: Berufliche Beratung psychisch Kranker, 2010. Hier zeigt sie praxisnahe Möglichkeiten zu Beratung und Begleitung auf.

[37] MELBA, 6. Auflage 2005, www.miro-gmbh.de, MELBA bietet anhand von 29 definierten Schlüsselkompetenzen und einer Skala von 1–5 eine klare Struktur und Effektivität bei der Beobachtung/ Befragung am Arbeitsplatz. Die Übereinstimmung vom erhobenen Anforderungs- und Fähigkeitsprofil wird durch ein Übereinanderlegen der Folien geprüft und soll eine den Fähigkeiten angemessene Platzierung von Arbeitnehmer_innen ermöglichen.

[38] Eine vergleichbare Anregung zur Erkundung betrieblicher Realitäten gibt die Hamburger Arbeitsassistenz in: bEO – berufliche Erfahrung und Orientierung. Ein Angebot der Hamburger Arbeitsassistenz für Schülerinnen mit Lernschwierigkeiten, Hamburg 2007, S. 130f.

6. Das Kreisbild Arbeit

Wie in den Kapiteln 4 und 5 beschrieben, begleiten Jobcoachs eine differenzierte Auseinandersetzung mit gestellten Anforderungen, vorhandenen Fähigkeiten und dem gezeigten (Leistungs-)Verhalten. Insbesondere dann, wenn das Verhalten oder die Beziehungsgestaltung unterstützter Arbeitnehmer_innen Inhalt der gemeinsamen Reflexionsgespräche sind, stellt dies hohe Anforderungen an die Gesprächsführungskompetenzen der Jobcoachs. Mit dem Kreisbild Arbeit wird im Folgenden ein Arbeitsmittel vorgestellt, das eine Orientierungs- und Strukturierungshilfe bei Reflexionsgesprächen zur Erfüllung bzw. Nicht-Erfüllung von Arbeitsplatzanforderungen bietet.

6.1 Die Struktur des Kreisbild Arbeit

Cumming und Cumming[39] stellten bereits 1979 in ihren Forschungen zur Milieutherapie für den Bereich Arbeit fest, dass zur Ausführung von Tätigkeiten sowohl instrumentelle wie sozio-emotionale Fähigkeiten erforderlich sind. Sie betonten hierbei die Gleichwertigkeit beider Aspekte. Auf dieser Basis entwickelte Haerlin[40] in den 1990ger Jahren das Kreisbild Arbeit für die Zusammenarbeit mit Menschen mit psychischer Erkrankung in der beruflichen Rehabilitation.

Im Kreisbild Arbeit werden die Anforderungen der Arbeit in einen instrumentellen und einen sozio-emotionalen Anforderungsbereich unterteilt. Der instrumentelle Bereich beschreibt Aspekte „in der Außenwelt“. Hiermit soll verdeutlicht werden, dass es sich um Anforderungen handelt, die von außen gut wahrnehmbar sind. Der sozio-emotionale Bereich beschreibt Aspekte „in der Innenwelt“ der Arbeit. Diese Umschreibung soll verdeutlichen, dass die hier gestellten Anforderungen sich i.d.R. nur indirekt erschließen lassen.

Die instrumentellen Anforderungen der Arbeit umfassen die Aspekte:

  • Grundarbeitsfähigkeiten (Umgang mit z.B.: Arbeitsqualität, Arbeits-quantität, Zeiteinteilung, Konzentration)

  • Kognitiver Bereich (Umgang mit z.B.: Sprache, Zahlen, Theorie)

  • Berufsspezifischer Bereich (Umgang mit z.B.: Materialien, Techniken, Verfahren)

Die sozio-emotionalen Anforderungen der Arbeit umfassen die Aspekte:

  • Emotionaler Bereich (Umgang mit z.B.: Stress, Motivation)

  • Sozialer Bereich (Umgang mit z.B.: Kolleg_innen, Vorgesetzten, Kund/innen)

  • Körperlicher Bereich (Umgang mit z.B.: körperlicher Belastbarkeit, Auftreten, Erscheinungsbild)

Abbildung 4. Kreisbild Arbeit; BTZ Köln 1995

Das "Kreisbild Arbeit" differenziert: Außenwelt (genannt
                     instrumenteller Bereich) und Innenwelt (sozio-emotionaler Bereich). Die
                     Auußenwelt wird in Grundarbeitsfähigkeiten, kognitiven Bereich und
                     berufsspezifischen Bereich unterteilt. Die Innenwelt in Umgang mit
 Stress
                     und Motivation; Umgang mit Kollegen, Vorgesetzten, Kunden;
 Umgang mit
                     körperlicher Belastbarkeit, Auftreten, Erscheinungsbild
 unterteilt. Eine
                     eigene Position nimmt das Selbstbild bzw. das
 Selbstverhalten
                     ein.

Quelle: Köhler/ Steier-Mecklenburg: Arbeitstherapie und Arbeitsrehabilitation – Arbeitsfelder der Ergotherapie, 2008, S. 7.

Haerlin betont, dass die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Kern davon abhängt, wie sich Selbstbild und Selbstvertrauen, (wieder) als Arbeitnehmer_in tätig zu sein, im Integrationsprozess entwickeln. Entsprechend sind diese Aspekte in der Mitte der Graphik abgebildet.

6.2 Das "Kreisbild Arbeit" in der praktischen Anwendung

Das Kreisbild Arbeit kann für unterschiedliche Fragestellungen eingesetzt werden und bietet allen am Prozess beteiligten Personen eine gute Grundlage für einen strukturierten und differenzierten Austausch:

  • über die an einem Arbeitsplatz gestellten Anforderungen

  • über vorhandene Fähigkeiten und Ressourcen

  • über vorhandene Schwierigkeiten bzw. Unterstützungsbedarfe

  • über Entwicklungsprozesse

  • über eventuell vorhandene Unterschiede in der Selbst- und Fremdeinschätzung bestehender Anforderungen und/ oder Fähigkeiten, indem diese einander gegenübergestellt werden

Es ist auch möglich, das Kreisbild Arbeit einzusetzen, um sich gemeinsam mit den Prozessbeteiligten über Ziele für das Job Coaching zu verständigen und diese dann im Rahmen einer Zielvereinbarung festzulegen (vgl. hierzu Kapitel 8.5.1).

6.3 Die Unterscheidung von Handlungs- und Reflexionsebene

Die meisten Anforderungen, die im instrumentellen Bereich gestellt werden, zeichnen sich zum einen durch Messbarkeit (z.B.: Pünktlichkeit, Arbeitsqualität, Umgang mit Zahlen oder Materialien) und zum anderen durch deutlich formulierte Erwartungen auf Seiten des Betriebes (z.B.: zu erreichende Stückzahl, tolerierte Fehlerquote) aus. Arbeitnehmer_innen erhalten hier durch ihr Handeln (ihre Ergebnisse) eine konkrete Rückmeldung zur Erfüllung/ Nicht-Erfüllung der gestellten Anforderungen und zu vorhandenen Fähigkeiten bzw. Ressourcen.

Anforderungen im sozio-emotionalen Bereich hingegen sind weniger messbar und häufig weniger deutlich erkennbar. Betriebliche Anforderungen, die auf dieser Ebene an Arbeitnehmer_innen gestellt werden (z.B.: Umgang mit hoher Arbeitsbelastung, Umgang mit Kolleg_innen, Auftreten) können deshalb von Arbeitnehmer_innen häufig nur indirekt erschlossen werden.

Zur Erschließung dieser „Innenwelt der Arbeit“ können Jobcoachs vor allem durch das Angebot gemeinsamer Reflexionsgespräche beitragen, in denen Beobachtungen ausgewertet, Verhaltensmöglichkeiten abgewogen oder die Einnahme verschiedener Perspektiven (z.B. die des Vorgesetzten oder des Kunden) trainiert wird, um das Verständnis für vorliegende (unterschiedliche) Interessen zu erhöhen. Hierbei gilt es, ein Verhalten nie isoliert zu betrachten, sondern jeweils in Beziehung zu setzen mit dem konkreten Arbeitskontext, in dem es stattfindet.

Fallbeispiel: Herr W. hatte in seiner Jugend erfolgreich eine Ausbildung zum Koch in einem renommierten Hotel abgeschlossen. Im Verlauf seines Arbeitslebens hatte er dann mehr als 20 Beschäftigungsverhältnisse inne, wovon die meisten unter drei Monaten Beschäftigungszeit lagen. Dazwischen war Herr W. über lange Phasen Arbeit suchend, so auch die letzten drei Jahre vor Kontaktaufnahme zu einem Fachdienst. Herr W. litt stark unter seiner finanziellen Situation und plante einen Wiedereinstieg als Koch. Er berichtete, dass über viele Jahre seine Psychoseerkrankung nicht erkannt worden war, er nun jedoch in kontinuierlicher fachärztlicher Begleitung und medikamentös gut eingestellt sei.Im Rahmen eines begleiteten Qualifizierungspraktikums in einer Kantinenküche formulierte Herr W. nach einigen Tagen auf der Basis des Kreisbild Arbeit für den Aspekt „Pünktlichkeit“ Unterstützungsbedarf, da es hier zu offensichtlichen Schwierigkeiten kam. Herr W. kam häufig zu spät aus seinen Raucherpausen. Zwischenzeitliche Raucherpausen einzulegen war betriebsüblich, doch mit einer Toleranzgrenze von 10 Minuten.Versuche, Strategien auf der Handlungsebene zu initiieren, um die Pünktlichkeit zu erhöhen, führten zu keiner Verbesserung der Situation. Erst eine gemeinsame Reflexion über einen Zusammenhang der zu erledigenden Arbeiten und einer Überziehung der Pausen führte weiter. Es wurde deutlich, dass Herr W. immer dann länger in der Pause blieb, wenn er in der alleinigen Verantwortung für die Zubereitung einer Speise (200 Schnitzel braten; Nachtisch für 300 Personen anrühren und portionieren) stand.Mit Hilfe des Kreisbild Arbeit konnte der Fachdienstmitarbeiter mit dem unterstützten Arbeitnehmer herausarbeiten, dass diese Aufträge für ihn zu diesem Zeitpunkt eine zu hohe Anforderung im Bereich Verantwortung und damit im emotionalen Bereich darstellten. Durch die verlängerten Pausen versuchte Herr W. sich hiervon zu entlasten. Im weiteren Verlauf des Qualifizierungspraktikums wurden die Anforderungen im Bereich alleiniger Verantwortung reduziert, mit dem Resultat stark verbesserter Pünktlichkeit bei Herrn W.



[39] Cumming J., Cumming E.: Ich und Milieu. Theorie und Praxis der Milieutherapie, 1979.

[40] Haerlin: Die Kompetenz zum Verhandeln – eine Forderung in der Arbeitstherapie und beruflichen Rehabilitation. In Weber/ Steier: Arbeit schaffen. Initiativen, Hilfen, Perspektiven für psychisch Kranke, 1998, S. 31- 47.

7. Zusammenarbeit mit dem sozialen und professionellen Umfeld

Die Einbeziehung des sozialen und professionellen Umfeldes erweist sich in der Zusammenarbeit mit psychisch erkrankten Menschen aus verschiedenen Gründen als sinnvoll. Es ist jedoch nicht immer so, dass die_der Jobcoach selbst diese Kontakte aufnimmt. Je nach konzeptioneller Ausgestaltung des Job Coaching-Angebotes kann es auch eine sozialpädagogische Fachkraft oder Psychologin sein, die diese Aufgaben übernimmt.

Da die_der Jobcoach jedoch im Regelfall zumindest den Bedarf einer Vernetzung mit dem Umfeld (mit)definiert, ist dieses Thema hier aufgenommen worden.

7.1 Soziale Rollen und Loyalitätsbindungen

In der Zusammenarbeit mit unterstützten Arbeitnehmer_innen bezieht sich der_die Jobcoach in erster Linie auf die berufliche Rolle der unterstützten Person. Tatsächlich nimmt aber der Mensch verschiedene Rollen ein, er ist Kind/ Geschwister/ Vater oder Mutter/ Freund_in/ Kolleg_in/ Nachbar_in etc.

Wenn das berufliche und soziale Umfeld gleichzeitig verschiedene Anforderungen und Wünsche an die unterstützte Arbeitnehmer_in richtet, kann es zu Konflikten kommen: z.B. von Seiten des Arbeitgebers: „ich erwarte Überstunden“ und von Seiten der Familie „Sei für uns da“. Sobald sich eine Person beiden Kontexten gegenüber verpflichtet bzw. verbunden fühlt, entstehen so genannte Loyalitätskonflikte. Zu den offen ausgesprochenen Anforderungen des Umfeldes kommen häufig noch die nicht offen kommunizierten Wünsche, und auch die Annahmen des Individuums darüber, was das Umfeld (die Familie etc.) von ihm erwarten könnte.[41]

Für Menschen mit psychischen Erkrankungen stellen Loyalitätskonflikte häufig eine besondere Belastung dar. Für sie ist es problematischer, sich von (vermeintlichen) Anforderungen, die andere an sie stellen, abzugrenzen. Als scheinbare Lösung wählen sie häufig den Weg, keine Seite enttäuschen zu wollen. Der Preis ist dann häufig, in dem Versuch „es allen recht zu machen“, die eigenen Grenzen und Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren. Sie verlieren sich im Extremfall im wahrsten Sinne des Wortes selbst.

Fallbeispiel: Herr W. ist verheiratet und hat einen 2jährigen Sohn. Herr W. arbeitet als Facharbeiter in einem Metall verarbeitenden Betrieb. Aufgrund der schlechten Arbeitsmarktlage in seinem Heimatort liegt seine Arbeitsstelle über 500 km entfernt, so dass Herr W. nur am Wochenende nach Hause fahren kann. Die Arbeit, für die Herr W. als Teamleiter angestellt ist, fordert viel Einsatz und Herr W. kann sich nur schwer abgrenzen. Er kann schlecht Arbeit delegieren, will immer morgens der Erste und abends der Letzte sein. Er kann seine Freizeit nicht mehr genießen und arbeitet viele Überstunden und bei Bedarf auch Wochenendschichten. Gleichzeitig steigt der Unmut seiner Ehefrau, so dass Herr W. auch hier viel Energie einsetzt, in der Hoffnung, alle zufrieden zu stellen. Seine eigenen Belange, seine Bedürfnisse und Zeiten für Regeneration verliert Herr W. dabei aus den Augen. Schließlich erleidet er einen psychischen Zusammenbruch und muss mit einer Überlastungsdepression klinisch behandelt werden.

Übungsaufgabe:

  • Welche Rollen/ Funktionen haben Sie gleichzeitig inne?

  • Nennen Sie drei Beispiele aus Ihrem Leben, in denen es zu Loyalitätskonflikten kam. Wie sind Sie damit umgegangen? Wie waren Ihre Gefühle dabei?

Merke: In der Arbeit mit Menschen mit psychischer Erkrankung kann es wichtig sein, die verschiedenen Rollen und die wahrhaftigen und vermeintlichen Anforderungen des Umfeldes anzusprechen und eine Unterstützung anzubieten, Annahmen zu überprüfen[42].

Diese Betrachtungs- und Arbeitsweise stützt sich auf das systemische Arbeiten. Weitere Bestandteile der systemischen Sichtweise bieten ebenfalls wertvolle Ansatzpunkte für die Arbeit einer_s Jobcoachs[43]:

  • Ressourcenorientierung bedeutet, die Stärken und Fähigkeiten eines Menschen im Ganzen in den Fokus zu nehmen. Z.B. wird der Mensch nicht nur als Arbeitnehmer_in mit seinen Fähigkeiten, Einschränkungen und Defiziten gesehen, sondern auch in anderen Rollen, die er gut ausfüllt, wahrgenommen, wie z.B. ein_e liebevolle_r Vater oder Mutter sein, ein_e verlässliche_r Freund_in etc.

  • Multikausalität bedeutet, dass etwas durch viele unterschiedliche Ursachen bedingt sein kann. Z.B. kann ein_e Arbeitnehmer_in viele Gründe haben unendlich viele Überstunden zu machen: Spaß an der Arbeit, gutes Betriebsklima, fehlendes Privatleben, schlechte Familienatmosphäre, Statusdenken im Freundeskreis („wer hat das größte Auto“), Mythos aus der eigenen Familie („nur wer viel arbeitet, ist auch viel wert“).

Fallbeispiel: Frau W. ist promovierte Biologin und damit die Einzige ihrer Familie, die studiert hat. Sie hat verschiedene Arbeitsstellen innegehabt und ist mehrmals aufgrund eines psychotischen Schubes in Kliniken gewesen. Privat lebt Frau W. mit ihren alten Eltern und ihrer älteren Schwester und deren Familie (zwei schulpflichtige Kinder) in einem gemeinsamen großen Haus. In den Zeiten der Arbeitslosigkeit kümmerte sich Frau W. um den Haushalt, die Eltern und die Kinder, damit ihre Schwester und deren Mann arbeiten gehen können. Während der Unterstützung im Rahmen einer beruflichen Eingliederungs-maßnahme gerät Frau W. immer wieder in alte Überlastungssituationen und kann sich während der Maßnahme nicht mehr gesundheitlich stabilisieren. Es wird in begleitenden Gesprächen offensichtlich, dass die Tätigkeit zu Hause und die Rolle, die sie damit für die Familie spielt, eine immens wichtige ist. So entscheidet sie nach langem Ringen („habe viel ins Studium investiert“), die Erwerbsminderungsrente zu beantragen und sich die Arbeit im Familien-verband von ihrer Familie als Zuverdienst bezahlen zu lassen. Sie hat danach keine weitere Psychose erlitten.

Das hier beschriebene Beispiel zeigt deutlich die Spannung von Loyalität/ Familienbindungen auf der einen Seite und dem Impuls, sich zu verselbständigen, auf der anderen Seite. Unabhängig von einer psychischen Erkrankung trägt jeder Mensch diese beiden Impulse (Individualität versus Bindung) in sich und ist gefordert, diese zu balancieren. In der Zusammenarbeit mit psychisch erkrankten Menschen sind Jobcoachs häufiger damit konfrontiert, Menschen zu begleiten, denen es Schwierigkeiten bereitet, sich in diesem Spannungsverhältnis zu orientieren und zu positionieren.

Merke: Eine von der Familie losgelöste Selbständigkeit ist keine Voraussetzung für eine Zusammenarbeit. Wichtig ist vielmehr die Klärung, wie stark die Bindungen und die Verpflichtungen sind, die die unterstützte Person hat. Dabei muss die_der Jobcoach die Bereitschaft mitbringen anzuerkennen, dass das Ergebnis nicht immer der eigenen Idee entspricht.

Es empfiehlt sich in der Zusammenarbeit mit einem Menschen mit psychischer Erkrankung, das System, in dem er lebt, mit zu betrachten. Um mehr über das (Beziehungs-)System der_des unterstützten Arbeitnehmer_in zu erfahren, können folgende Fragen hilfreich sein:

  • Was erwartet die Familie, was erwarten Ihre Frau/ Ihr Mann, Ihre Eltern, Ihre Kinder?

  • Wofür ist es gut, dass Sie

    • nicht arbeiten?

    • nur Teilzeit arbeiten?

    • Vollzeit arbeiten?

Wer freut sich darüber am meisten? Wer am wenigsten?

  • Wieso haben Sie diesen Beruf gewählt? Gibt es den schon in der Familie? War die Berufswahl Ihr Wunsch, der Ihrer Eltern?

  • Sie stehen gerade vor einem Problem, was würde Ihnen Ihr_e Partner_in raten, Ihre Eltern, Ihr_e Freund_in etc.?

  • Sie stehen unter großem Stress, woran merken Sie das? Woran merkt das Ihr Mann/ Ihre Frau? Woran bemerkt das ein Kollege/ der Vorgesetzte?

Übungsaufgabe:

Nehmen Sie exemplarisch ein Fallbeispiel aus Ihrem Berufsalltag und betrachten Sie das System und die verschiedenen Rollen, die die_der unterstützte Arbeitnehmer_in innehat.

  1. Überlegen Sie 10 Fragen, die helfen, das System und seine Bedeutung für die_den unterstützte_n Arbeitnehmer_in besser zu verstehen.

  2. Stellen Sie den Fall ihren Kolleg_innen vor, lassen Sie sich von Ihrem Kolleg_innen 5 weitere Ideen für Fragen vorschlagen.

7.2 Einbeziehung der Familie

In manchen Fällen ist es von Nutzen, die Familienangehörigen tatsächlich zu einem Gespräch einzuladen. Wenn die_der Jobcoach den Eindruck gewinnt, dass der_die Angehörige_n eine immens wichtige Rolle spielt bzw. spielen, dann ist es besser ihn_sie sozusagen leibhaftig mit an den Tisch zu holen.[44] Dieses kann von Vorteil sein bei folgenden Themen:

  • um Unklarheiten zu erhellen, die die unterstützte Person nicht beantworten kann, z.B. aus akuten Krankheitszeiten.

  • um „Geschichten“ der Angehörigen zu hören, die den Klienten aus verschiedenen Situationen kennen und manchmal mehr Ressourcen sehen, als die unterstützte Person selbst. Oft haben Angehörige eine gute Einschätzung von dem, was sie ihrem erkrankten Angehörigen zutrauen.

  • um aktuelle Alltagssituationen zu besprechen, die sich dadurch verändern, dass die unterstützte Person wieder in Arbeit geht, z.B. Fragen wie: wer holt das Kind vom Kindergarten ab, wer pflegt die kranken Eltern etc.

Diese Gespräche können nur geführt werden, wenn die_der unterstützte Arbeitnehmerin dieses ausdrücklich erlaubt und sollten immer zu einer bestimmten Fragestellung geführt werden. Wenn Sie – auch während des Gesprächs – den Eindruck gewinnen, dass es eigentlich nur vordergründig um diese Frage geht, aber eine tiefer gehende Problematik dahinter steckt, dann verweisen Sie an andere Stellen, wie Familienberatungsstellen oder auf eine Familientherapie.

Fallbeispiel: Herr D. ist gelernter Kaufmann und psychotisch erkrankt. Er ist verheiratet mit einer Krankenschwester, die in den letzten Jahren für das Familieneinkommen gesorgt hat. Herr D. hat sich um den Haushalt und den kleinen Sohn im Kindergartenalter gekümmert. In der beruflichen Rehabilitation geht es – nach anfänglichen Schwierigkeiten – um die Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt. Ein gemeinsames Gespräch mit der Ehefrau wird geführt, um die Tagesstruktur der Familie neu zu planen. Ein Ergebnis ist, dass der Sohn tagsüber etwas länger im Kindergarten bleibt und die Ehefrau bei der Einteilung ihrer Schichten weiter im Voraus plant. Für Herrn D. ist es wichtig in diesem Gespräch zu hören, dass seine Frau bereit ist, wieder mehr im privaten Bereich zu übernehmen und ihn bei der Rückkehr auf den Arbeitsmarkt unterstützt.

Empfehlung: Führen Sie von vornherein keine Gespräche mit Angehörigen, wenn Sie schon wissen, dass es in dieser Familie Themen wie Missbrauch oder Gewalt gibt.

7.3 Einbeziehung des sozialen und medizinischen Unterstützungssystems

Die meisten Menschen mit einer psychischen Erkrankung verfügen über ein System der Unterstützung. Sie oder die Angehörigen haben sich in akuten Krankheits- und Krisenzeiten oftmals an die_den behandelnde_n Hausarzt_ärztin gewandt, eventuell auch fachärztliche (Neurologie, Psychiatrie) oder psychotherapeutische Hilfe in Anspruch genommen. Nicht wenige haben sogar eine freiwillige oder unfreiwillige stationäre Behandlung hinter sich. Es gibt natürlich auch solche, die ihre Erkrankungen allein und/ oder mit Hilfe der Angehörigen überwunden haben.

In der Begleitung von psychisch erkrankten Menschen kann es von Vorteil sein, zu dem medizinischen Versorgungssystem Kontakt aufzunehmen. Dieser kann jedoch nur erfolgen, wenn die_der unterstützte Arbeitnehmer_in eine ausdrückliche Erlaubnis gibt und eine Schweigepflichtsentbindung erteilt.[45]

Themen für eine solche Kontaktaufnahme mit dem medizinischen Versorgungssystem können sein:

  • Einschätzung der gesundheitlichen Stabilität und Arbeitsfähigkeit

  • Fragen zu der aktuellen Medikamentation: gibt es Nebenwirkungen zu beachten (z.B. Führen von Maschinen)

  • Absprachen zur Krisenprophylaxe (z.B. ist die_der Ärztin_Arzt erreichbar in einer Krise)

  • Einschätzung durch die_den Facharzt_ärztin bei sich verschlechternder Gesundheit: macht der Fokus Arbeit noch Sinn oder steht zunächst eine medizinische Behandlung an (z.B. Medikamentenerhöhung, Veränderung der Medikamentierung oder stationäre Behandlung).

Jobcoachs können das unterstützende Umfeld auch gut einbinden, wenn die unterstützte Person ihre gesundheitliche Stabilität und Arbeitsfähigkeit ganz anders einschätzt, als die_der Jobcoach selbst. Unterschiede in der Selbst- und Fremdeinschätzung entstehen in der Zusammenarbeit mit Menschen mit psychischer Erkrankung häufiger. Hier können Jobcoachs auf die Ärzt_innen oder Therapeut_innen als Regulativ von außen zugreifen.

Weitere ambulante Unterstützungsangebote für Menschen mit psychischen Erkrankungen sind Betreutes Wohnen, Sozialpsychiatrische Zentren und Tagesstätten. Gerade wenn die unterstützte Person schon länger mit einer dieser Institutionen arbeitet, ist eine Kontaktaufnahme von Vorteil. Es kann für die_den Jobcoach entlastend sein, zu wissen, wer im Fall einer Krise ebenfalls Angebote macht und unterstützt. Durch eine Vernetzung der unterschiedlichen Bereiche entsteht zudem die Möglichkeit, sich über jeweilige Belastungen oder emotionale Ereignisse in dem einen oder dem anderen Bereich (privat, familiär, beruflich) auszutauschen. So kann frühzeitig mit der_dem unterstützten Arbeitnehmer_in abgestimmt werden, ob und wo Anpassungen vorgenommen werden können, wie z.B. eine Reduzierung der Arbeitszeit oder eine vorübergehende Veränderung der Arbeitsschwerpunkte.

Fallbeispiel: Herr A. ist gelernter Koch und konnte aufgrund einer langen depressiven Erkrankung nicht mehr arbeiten. In dieser Zeit lebte Herr A. sehr zurückgezogen, pflegte kaum Kontakte und ließ seinen Haushalt immer mehr verwahrlosen. Parallel zu seiner Teilnahme an einer Maßnahme zur Unterstützten Beschäftigung bekam Herr A. Unterstützung durch das Betreute Wohnen, die ihn vor allem bei der Bewältigung der alltäglich anfallenden Aufgaben des Haushalts unterstützte. Herr A. zeigte sich in den Praktika als ein sehr engagierter Arbeitnehmer, von seinen Anleitern bekam er durchweg positive Rückmeldung. Auf Nachfrage benannte auch Herr A. keinerlei Schwierigkeiten. Als jedoch die Betreuerin vom Betreuten Wohnen bemerkte, dass Herr A. zu Hause wieder mehr in die alten Muster der Verwahrlosung verfiel, kam zur Sprache, dass Herr A. sich überfordert fühlte. Er hatte dieses jedoch in dem Wunsch, seine Vorgesetzten zufrieden stellen zu wollen, nicht kommunizieren können. Ein gemeinsames Gespräch zwischen dem Jobcoach, der Mitarbeiterin des Betreuten Wohnens und Herrn A. ergab, dass Herr A. seine Arbeitszeit reduzieren würde, um die Belastung zu senken und wieder eine Balance zwischen Arbeit und privaten Anforderungen zu finden. Unter dieser Voraussetzung wurde es für Herrn A. möglich, auf Dauer einen Arbeitsplatz in Teilzeit ausfüllen zu können.



[41] Mathe: Medizinische Soziologie und Sozialmedizin, 2003, S. 52 ff.

[42] Schlippe von/ Schweitzer: Lehrbuch der systematischen Therapie und Beratung, 8. Auflage 2002.

[43] Ebenda, S. 116 ff.

[44] Baer/ Fasel: Sie wäre so begabt. In: Familiendynamik, Systemische Praxis und Forschung, 34. Jahrgang, Heft 4, 2009, S. 346.

[45] Vgl. Kapitel 2.

8. Job Coaching für Menschen mit psychischer Erkrankung – konkret

Das kleinste Kapital eigener Erfahrungen ist mehr wert als Millionen fremder Erfahrungen. Gotthold Ephraim Lessing

8.1 Einleitung

In diesem Kapitel werden typische Abläufe und wichtige Aspekte des Job Coaching beschrieben und die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Beteiligten aufgezeigt. Unterschiedliche Fallbeispiele geben einen Eindruck der Gestaltung von Job Coaching in der Praxis.

Die Integration ins Arbeitsleben ist seit mehreren Jahren auch in der psychiatrischen Rehabilitation ein wichtiges Ziel[46], denn Menschen mit psychischen Erkrankungen wollen wieder arbeiten[47] (vgl. hierzu auch Kapitel 3.1, „Die Bedeutung von Arbeit“). Eine Arbeit zu haben wirkt sich sehr positiv auf die subjektive Lebensqualität von Menschen mit psychischen Erkrankungen aus[48].

In den Weiterbildungsunterlagen der BAG UB („Job Coaching: Qualifizieren und Lernen im Betrieb – Professionelles Handeln und Praxisbeispiele“[49]) sind die Inhalte und Strategien des Job Coaching umfassend und detailliert beschrieben. Da in dem hier vorliegenden Kapitel 8 die Besonderheiten von Job Coaching bei Menschen mit psychischen Erkrankungen thematisiert werden, folgt an dieser Stelle, ergänzend zu Kapitel 2 dieses Moduls, ein kurzer Überblick relevanter Besonderheiten bei psychischen Erkrankungen, die Jobcoachs beachten sollten:

  • Krankheitsverlauf

    Schizophrenien beispielsweise manifestieren sich häufig erstmals in der Adoleszenz oder bei jungen Erwachsenen[50]. Solche frühen Beginne einer psychischen Erkrankung stellen nicht selten ein weitreichendes Hindernis in der beruflichen Entwicklung dar und können langfristig zu „unklaren weiteren Lebensperspektiven[51]“ führen. Depressionen wiederum treten häufig erstmals zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr auf[52]. Ein Zeitpunkt, zu dem Berufstätige oft einen Karrieresprung wagen und sich weiterentwickeln. Psychische Erkrankungen sind somit besonders einschneidend für die berufliche Karriere und die finanzielle Sicherheit der Betroffenen[53].

    Fallbeispiel: Herr Q. war ein sehr guter Schüler, lernte schnell, war beliebt und zeigte gute Leistungen im Sport. Sein Berufsziel war es, wie sein Vater Landarzt zu werden. Sein Verhalten änderte sich, als er im Gymnasium war. Er zeigte weniger Eigeninitiative, wirkte unkonzentriert und zog sich von seinen Schulfreunden zurück. Sein Umfeld schrieb das veränderte Verhalten der Pubertät zu und wartete, dass es sich legen möge. Dies bestätigte sich nicht. Im Gegenteil: Herr Q. fehlte immer häufiger in der Schule, hatte Wutausbrüche und man hörte ihn im Zimmer laut mit sich selbst sprechen. Die Eltern wandten sich an den Hausarzt, der hinzugezogene Psychiater diagnostizierte eine Schizophrenie. Er bekam Medikamente, welche ihn ruhig aber schläfrig machten und er ging 1 Mal pro Woche in eine Psychotherapie.Für Herrn Q. war klar, dass er wie vorgesehen Medizin studieren würde. Er stieg nach langer Krankheit zwei Klassenstufen unter seiner bisherigen Klasse wieder in den Unterricht ein. Da er die Abwesenheit von der Schule nicht erklären konnte, oft müde war und sich nicht auf den Lernstoff konzentrieren konnte, zog er sich zunehmend sozial zurück und setzte nach zwei Monaten die Medikation ab, da sie ihn seiner Ansicht nach krank machte. In der Folge erlitt Herr Q. einen schweren Krankheitsschub und wurde über Monate stationär behandelt.Ein Jahr später wollte Herr Q. beruflich Fuß fassen. Er war mittlerweile 21 Jahre alt und ohne Berufsausbildung. Gemeinsam mit einem Jobcoach fanden sie eine Teilzeitstelle im Sekretariat des Judoclubs seiner Gemeinde. Es wurde eine Schnupperlehre vereinbart. Danach wollte Herr Q. nicht mehr weiter dort arbeiten. Er befand die Arbeit als langweilig und zu einfach. Der Arbeitgeber hingegen war mit Herrn Q.’s Arbeit nicht zufrieden. Er habe keine Übersicht über die anfallenden Arbeiten gehabt, habe nur auf Anweisung und recht unsorgfältig gearbeitet. Trotzdem wollte er ihm eine Chance geben. Bei einem Betriebsbesuch stellte die Jobcoach fest, dass für Herrn Q. die Arbeit nicht interessant war, weil er nicht verstand, welche Aufgaben er hatte und wie die Arbeitsabläufe im Sekretariat waren. Zusammen mit dem Arbeitgeber entwickelten sie einen langsamen, schrittweisen Einarbeitungsplan und strukturierten die Arbeit in übersichtliche Abschnitte. Herr Q. empfand die Arbeit danach als sehr interessant und konnte sich darauf einlassen.

  • Stimmungs- und Leistungsschwankungen

    Die Verläufe psychischer Störungen sind geprägt von Stimmungs- und Leistungsschwankungen, welche für das Umfeld wie auch für die Betroffenen selbst oftmals wenig vorhersehbar sind[54]. So ist die Bipolar Affektive Störung nach ICD-10 durch stark ausgeprägte Stimmungsschwankungen gekennzeichnet[55]. Rezidivierende Depressionen führen bei Betroffenen ebenfalls zu akuten Krankheitsphasen, in denen beispielsweise der Antrieb schwer gemindert sein kann (beispielsweise das Aufstehen am Morgen, Essen, Termine einhalten, etc.). Aber auch vermeintlich stabile psychische Störungen wie Persönlichkeitsstörungen nach ICD-10 unterliegen Schwankungen, die oftmals durch veränderte Umweltbedingungen ausgelöst werden können[56].

  • Umgang mit Veränderungen

    Neue Zuständigkeitsbereiche oder Personalwechsel sind betriebliche Veränderungen, welche bei Menschen mit psychischen Erkrankungen Unsicherheiten oder Ängste auslösen können. Wie in Kapitel 2.5 („Das Phänomen Angst“) beschrieben, gilt es als Jobcoach das Angstniveau auszuloten und Entlastungsstrategien zu erarbeiten.

  • Chronifizierung

    Viele schwere psychische Erkrankungen weisen hohe Rückfallquoten und/ oder chronische Verläufe auf[57]. In Abbildung 5 wird deutlich, wie Abwehrreaktionen (wie beispielsweise sozialer Rückzug) sowohl auf sozialer als auch auf somatischer Ebene zu einem Kreislauf der Chronifizierung führen können. Die berufliche Integration ermöglicht Menschen mit psychischen Erkrankungen neue Erfahrungen zu sammeln und wirkt der Verfestigung psychischer Störungen entgegen. Eine zentrale Aufgabe der Jobcoachs besteht somit darin, die unterstützten Arbeitnehmer_innen im Sammeln dieser Erfahrungen zu begleiten.

Abbildung 5. Entstehung chronifizierter psychischer Störungen

Schematische Darstellung des Inhaltes dieser Einleitung.

Quelle: Mentzos: Psychodynamische Modelle in der Psychiatrie, 5. Auflage 2002.

  • Belastbarkeit, soziale Integration und Selbstmanagement

    Die Intelligenz von Menschen mit psychischen Erkrankungen variiert genauso wie die der Gesamtbevölkerung. Oftmals sind sie jedoch bezüglich Belastbarkeit und sozialen Kompetenzen eingeschränkt[58]. Der Umgang mit dieser verminderten Belastbarkeit sowie sozialen Integration sind wichtige Themen in jedem Job Coaching. Der Austausch mit dem professionellen und dem sozialen Umfeld kann helfen, unterstützte Arbeitnehmer_innen zu beraten mit ihren Einschränkungen umgehen zu lernen (vgl. Kapitel 7, „Zusammenarbeit mit dem sozialen und professionellen Umfeld“).

  • Wahrnehmung der Eingeschränktheit

    Im Gegensatz zu anderen Behinderungen (wie beispielsweise Gehbehinderungen) sind Einschränkungen aufgrund psychischer Erkrankung für Außenstehende und somit auch für (potentielle) Arbeitgeber_innen nicht sofort ersichtlich.Mit dem Einverständnis der unterstützten Arbeitnehmer_innen können die Jobcoachs „Übersetzungsarbeit“ leisten. Z.B. im Hinblick darauf, was für die Betroffenen konkrete Auswirkungen ihrer Behinderung sind und wie sie damit umgehen.

Hinweis zur Struktur der weiteren Abschnitte

Das vorliegende Kapitel 8 wurde gemeinsam durch Jobcoachs gestaltet, deren Arbeitsbedingungen und berufliche Rahmenbedingungen sich teilweise stark unterscheiden und deren Arbeit deshalb auch an verschiedenen Stellen getrennt voneinander beschrieben werden muss.

Bettina Bärtsch und Micheline Huber aus der Schweiz arbeiten als Jobcoachs ausschließlich mit Menschen mit psychischer Erkrankung. Sie sind mit ihrem Job Coaching-Angebot angesiedelt an der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich[59]. Die Ausgangssituation der unterstützten Arbeitnehmer_innen ist dadurch gekennzeichnet, dass sie:

  • ein Stelle in der freien Wirtschaft suchen

  • einen Arbeitsplatz haben, jedoch nach einer akuten Krankheitsphase noch an Auswirkungen der Erkrankung leiden und einen Wiedereinstieg beginnen

Der Zeitraum und die Intensität der Unterstützung richten sich nach den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen.

Thorsten Hirsch aus Deutschland arbeitet im Institut für berufliche Qualifizierung und Entwicklung (IFB) in Nottuln (Münsterland) u.a. im Auftrag des LWL-Integrationsamtes Westfalen-Lippe[60] und unterstützt schwer behinderte berufstätige Arbeitnehmer_innen und deren Betriebe. Menschen mit psychischer Erkrankung sind für Herrn Hirsch eine relevante Zielgruppe unter anderen. Die Ausgangssituation der unterstützten Arbeitnehmer_innen ist dadurch gekennzeichnet, dass sie:

  • Probleme am bestehenden Arbeitsplatz haben oder sich beruflich weiter entwickeln möchten

  • einen Arbeitsplatz haben, jedoch nach einer akuten Krankheitsphase noch an Auswirkungen der Erkrankung leiden und eine Wiedereinstieg beginnen

  • eine Tätigkeit an einem neuen Arbeitsplatz begonnen haben und in der Phase der Einarbeitung und der Integration in dem neuen Betrieb Unterstützung benötigen

Zeitspanne und Intensität des Job Coaching legt das Integrationsamt fest. Zur Ermittlung des Bedarfs der_des Arbeitnehmers_in und der Betriebsvertreter_innen werden im Vorfeld Gespräche geführt und ggf. Arbeitsplatzbesichtigungen durchgeführt.

8.2 Die Initiierung von Job Coaching

Die Frage, wer ein Job Coaching initiiert ist vorab immer eine wichtige Information, um die Gesamtsituation sowie die Interessens- und Motivationslage der Prozessbeteiligten gut einschätzen zu können. Die Initiierung von Job Coaching erfolgt meist auf einem der folgenden Wege:

  • eine Fachstelle schlägt ein Job Coaching vor (zur Sicherung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses oder mit dem Ziel einer Arbeitsaufnahme)

  • Arbeitnehmer_innen melden sich selbst und beantragen Job Coaching (zur Sicherung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses oder mit dem Ziel einer Arbeitsaufnahme)

  • Der Betrieb meldet sich bei einer Fachstelle (z.B. Integrationsfachdienst) mit einer Anfrage für ein Job Coaching (i.d.R. bei bestehenden Arbeitsverhältnissen)

  • Der Leistungsträger selbst initiiert ein Job Coaching (z.B. die Agentur für Arbeit, Rehabilitationsträger zur Sicherung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses oder mit dem Ziel einer Arbeitsaufnahme)

In Deutschland und der Schweiz lassen sich unterschiedliche Modelle finden, wie viele Fachstellen bzw. Fachkräfte in den Job Coaching-Prozess involviert sind. Bettina Bärtsch und Micheline Huber aus der Schweiz beschreiben ein Modell, das dem Prinzip „alles aus einer Hand“ folgt. Thorsten Hirsch aus Deutschland hingegen beschreibt ein Modell, bei dem ein weiterer Fachdienst (Integrationsfachdienst) im Prozess beteiligt ist. Dieser ist meist schon vor dem Einsatz der_des Jobcoachs mit Betrieb und_oder Arbeitnehmer_in in Kontakt. Die_der Jobcoach übernimmt bei einer Beauftragung primär das Coaching am Arbeitsplatz, der Fachdienst behält unterdessen seinen Beratungsauftrag und seine Zuständigkeit z.B. für psycho-soziale und gesundheitliche Belange.

8.3 Prozessbausteine des Job Coaching

Ein zentraler Aspekt des Job Coaching ist die individuelle Vorgehensweise. Nicht lineare Verläufe sind bei vielen psychischen Erkrankungen ein geradezu konstituierendes Merkmal. Dementsprechend sind auch die Coachingverläufe nicht linear. Der Prozess des Job Coaching wird an dieser Stelle deshalb bewusst nicht als fortlaufend beschrieben, sondern in der Form von vier Bausteinen vorgestellt. Abbildung 6 illustriert diese unterschiedlichen Bausteine eines Job Coaching.

Zu einem umfassenden Job Coaching bei Menschen mit psychischen Erkrankungen gehören die Bausteine dazu, werden jedoch individuell unterschiedlich gewichtet bzw. können sich im Prozess auch (mehrfach) wiederholen.

Abbildung 6. Bausteine eines Job Coaching

Die 4 Bausteine des Job Coaching sind: Ausloten der Wünsche und
                     Möglichkeiten, Stellensuche, Begleitung während Stellenantritt/
 Praktikum/
                     Arbeitsversuch, Nachbegleitung über Stellenantritt hinaus.

8.3.1 Ausloten der Wünsche und Möglichkeiten

Die Wünsche und aktuellen Möglichkeiten unterstützter Arbeitnehmer_innen stehen im Mittelpunkt. Kann, wie in der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, Job Coaching nach dem IPS-Modell[61] angeboten werden, bestimmt der Wunsch unterstützter Arbeitnehmer_innen die Stellensuche sowohl inhaltlich (Branchen und Funktion) als auch zeitlich (Termingestaltung mit der_dem Jobcoach, Intensität der Stellensuche). Ein zentrales Element dieses Bausteines ist die Konfrontation der Wünsche der unterstützten Arbeitnehmer_innen mit der Realität, wie auch das folgende Fallbeispiel zeigt:

Fallbeispiel: Herr R. wollte seit seiner Kindheit Schweizergardist werden. Er erkrankte früh an Schizophrenie und arbeitet seit seinem 18. Lebensjahr an einer geschützten Arbeitsstelle im Bereich Verpackung. An die Jobcoach wandte er sich mit dem Wunsch, nun endlich seinen Traumberuf ausüben zu können. Alternativ stellte er sich eine Tätigkeit als Pilot, Polizist oder Nachtwächter vor. Bei der Besprechung des Anforderungsprofils zeigte sich, dass Herr. R. vorwiegend durch die Uniform und das Tragen eines großen Schlüsselbundes beeindruckt war. Über die Herausarbeitung dieser für Herrn R. bedeutsamen Wünsche wurde es möglich, sich auf das Berufsziel eines Hilfshauswartes zu einigen. Es gelang, eine Teilzeitstelle zu finden, die den Vorstellungen von Herr R. entsprach. Nach fünfjähriger Tätigkeit meldete sich Herr R. immer häufiger aufgrund von Schulterbeschwerden krank. Seine Ärztin konnte keine somatischen Gründe für die Schmerzen erkennen. In einem gemeinsamen Gespräch wurde deutlich, dass sich Herr R. nicht ausgelastet fühlte. Dies besprachen Herr R. und die Jobcoach mit der Arbeitgeberin. Es wurde deutlich, dass Herrn R.s Arbeitsleistung insgesamt sehr positiv beurteilt wurde. Man kam überein, dass Herr R. zusätzlich zu seinen Aufgaben die Verantwortung für die Fahrradstation übernehmen könne. Bei gutem Verlauf einer Probezeit wurde zudem eine Lohnerhöhung und die neue Funktionsbezeichnung „Assistent Kleinfahrzeuge“ vereinbart. Herr R. arbeitet heute noch in dieser Funktion und hat keine Schulterbeschwerden mehr.

8.3.2 Stellensuche

Die Stellensuche wird weder als alleinige Aufgabe unterstützter Arbeitnehmer_innen noch der Jobcoachs verstanden. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Zusammenarbeit der beiden, bei der Vereinbarungen zu treffen sind über die jeweiligen Verantwortlichkeiten. Die Auswahl geeigneter Betriebe orientiert sich an gemeinsam erarbeiteten Kriterien, wie gewünschten Tätigkeiten oder geeigneten Anforderungen. Zur Bestimmung (un)geeigneter Arbeitsstellen können, das Einverständnis der unterstützten Arbeitnehmer_innen vorausgesetzt, auch Ärzt_innen, Therapeut_innen, Familienangehörige oder andere Unterstützende mit zu Rate gezogen werden. Einschätzungen Dritter, die am besten in Gegenwart der unterstützten Person abgegeben werden, unterstützen die realistische Bewertung von Fähigkeiten und Grenzen, da manche unterstützte Personen krankheitsbedingt nicht immer eine realistische Einschätzung ihrer Fähigkeiten und Grenzen besitzen (vgl. hierzu auch Kapitel 5.5, „Das Expertengespräch“).

Die Vorbereitung einer Stellensuche geht meist mit einer Überarbeitung der Bewerbungsunterlagen einher. Berufsbiographien von Menschen mit psychischen Erkrankungen sind häufig gekennzeichnet durch Lücken im Lebenslauf. Hier gilt es gemeinsam Möglichkeiten auszuarbeiten, wie mit diesen „Lücken“ umgegangen werden könnte. Rollenspiele bieten sich für die Vorbereitung auf Fragen in Vorstellungsgesprächen an. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeitsbiografie stellt für viele eine Konfrontation mit ihren Einschränkungen und dem Bruch im eigenen Lebensentwurf dar (vgl. hierzu auch Kapitel 4.1.1).

In anderen Fällen finden sich in Zeugnissen Kommentare zu den häufig langen Krankheitsphasen ehemaliger Mitarbeiter_innen. Wenn entsprechende Zeugniskorrekturen angezeigt sind, können Jobcoachs auf Wunsch der Stellensuchenden Unterstützung anbieten.

Fallbeispiel: Frau L. wurde in ihrer letzten Stelle als Sekretärin aus gesundheitlichen Gründen entlassen. Angaben über den Gesundheitszustand der Arbeitnehmenden gehören grundsätzlich nicht in ein Arbeitszeugnis. Erst wenn die Krankheit einen gravierenden Einfluss auf die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmenden hat oder wenn das Arbeitsverhältnis wegen einer Erkrankung aufgelöst werden musste, ist es in einem qualifizierten Arbeitszeugnis gerechtfertigt, einen entsprechenden Hinweis anzubringen. Arbeitgebende müssen auch in diesem Fall der Wahrheitspflicht nachkommen, andernfalls können sie schadenersatzpflichtig werden.Bei Frau L.s Zeugnis bestand der Arbeitgeber darauf, den Satz „das Arbeitsverhältnis musste aufgrund Frau L.s psychischer Erkrankung aufgelöst werden“ im Zeugnis stehen zu lassen. Frau L. wendete sich an einen Jobcoach, da sie damit rechnete, mit diesem Zeugnis nie für ein Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.Nach einer Intervention durch den Jobcoach erklärt sich der Arbeitgeber schließlich bereit, die Anpassung „aus gesundheitlichen Gründen“ vorzunehmen. Auch Frau L. ist damit einverstanden und fühlt sich mit dem neuen Arbeitszeugnis bereit, auf Stellensuche zu gehen.

Als Jobcoach ist es gerade während der Zeit der Stellensuche wichtig, die eigenen (Erfolgs)Erwartungen (z.B. an den Prozessverlauf) nicht auf unterstützte Arbeitnehmer_innen zu übertragen. Dies mag auf theoretischer Ebene vielleicht banal klingen, ist jedoch in der Praxis nicht immer einfach umzusetzen:

Fallbeispiel: Frau T. wünscht sich eine Stelle in einer Wäscherei. Sie ist stark eingeschränkt in der Kommunikation und so kann sie nur schriftlich Arbeit suchen. Ihr Jobcoach übernimmt die telefonischen Anfragen. Er findet einen interessierten Arbeitgeber und vereinbart ein gemeinsames Bewerbungsgespräch. Die Stelle entspricht weitgehend den Vorstellungen von Frau T.: Die Arbeitszeiten sind von 7 bis 11 Uhr, die Wäscherei befindet sich in der Nähe ihres Wohnortes. Frau T. wäre für eine einfache, selbständige Tätigkeit zuständig, bei der sie wenig mit anderen Menschen in Kontakt käme. Frau T. vereinbart mit dem Arbeitgeber eine Schnupperzeit, sagt diese dann aber per E-Mail ab.Frau T. möchte nicht über die Gründe der Absage sprechen und sagt bis auf weiteres auch die weiteren Gespräche mit dem Jobcoach ab. Dieser muss ihre Entscheidung akzeptieren, keinen Druck auf Frau T. ausüben und ihr anbieten, dass sie sich bei Bedarf jederzeit wieder melden darf. Denn nur so kann Frau T. Vertrauen zum Jobcoach aufbauen und gemeinsam mit ihm zu einem späteren Zeitpunkt versuchen, die Situation zu verstehen und bei der weiteren Stellensuche erfolgreicher vorzugehen.

Problematisch können Prozessbegleitungen wie die hier Beschriebene werden, wenn Jobcoachs aufgrund ihrer strukturellen Rahmenbedingungen nur begrenzte Zeiträume für eine Begleitung zur Verfügung stehen. Wenn unterstützte Arbeitnehmer_innen den konkreten Kontakt zum Praktikums- oder Integrationsbetrieb nicht schaffen aufzunehmen, sollte die Frage gestellt werden, ob eine berufliche Integration zum jetzigen Zeitpunkt zwar gewünscht, aber noch nicht konkret umsetzbar ist. Interessierte können sich dann eventuell zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal um Unterstützung durch eine_n Jobcoach bemühen. In einem solchen Fall ist es als Jobcoach hilfreich zu erfragen, welchen Unterschied die Person sieht im Vergleich zum bisher nicht gelungenen Einstieg, der einen weiteren Versuch Erfolg versprechender erscheinen lässt.

8.3.3 Begleitung während Stellenantritt oder Arbeitsversuch

Je nach Wunsch der unterstützten Arbeitnehmer_innen treten die Jobcoachs gegenüber Arbeitgebenden aktiv auf und begleiten an Schnuppertagen, bei einem Arbeitsversuch oder Mitarbeitergesprächen. Denkbar ist aber auch eine Zusammenarbeit zwischen unterstützten Arbeitnehmer_innen und Jobcoachs, bei welcher Letztere im Hintergrund bleiben und sich nur auf ausdrücklichen Wunsch unterstützter Arbeitnehmer_innen mit Arbeitgebenden in Verbindung setzen[62]. Es leuchtet ein, dass eine offene Zusammenarbeit zwischen allen beteiligten Parteien Vorteile bringt. Mit offener Zusammenarbeit sind selbstverständlich nicht Informationen über Diagnose, Anamnese oder Medikamente gemeint, sondern ein Austausch über arbeitsbezogene Bedarfe sowie Möglichkeiten und Grenzen aufgrund der momentanen gesundheitlichen Situation. Immer wieder berichten unterstützte Arbeitnehmer_innen davon, dass sie sich weniger unter Stress fühlen, wenn ihr Arbeitgeber über gewisse Einschränkungen bzw. Erfordernisse informiert ist. Sie haben so weniger das Gefühl sich „verstellen“ zu müssen.

Wünschen unterstützte Arbeitnehmer_innen, dass Jobcoachs gegenüber Arbeitgeber_innen nicht aktiv auftreten, sollte die individuelle Arbeits-gestaltung trotzdem ein zentrales Thema in der Begleitung sein (z.B.: Pausengestaltung, Kontakt zu Mitarbeitenden, Umgang mit Kritik, Umgang mit Leerlauf oder mit Phasen hoher Leistungsanforderung). Diese reflektierenden Gespräche finden dann entsprechend außerhalb des Betriebes statt.

Fallbeispiel: Mitarbeitende wollen neue Arbeitskolleg_innen meistens etwas kennen lernen. Aufgrund ihrer psychischen Erkrankung hat Frau M. eine sehr brüchige Arbeitsbiographie mit mehreren kurzfristigen Arbeitsverhältnissen und vier langen Unterbrechungen durch Klinikaufenthalte. Frau M. lebt allein, den Kontakt zu ihrer Familie hat sie abgebrochen. Sie hat nur sehr wenige Freundinnen, mit denen sie gelegentlich telefoniert, sie aber selten trifft. Einem Hobby geht sie nicht nach. Gemeinsam bereiten Frau M. und ihr Jobcoach deshalb im Rollenspiel Antworten/ Informationen bezüglich ihrer Arbeitsbiographie und ihres Privatlebens vor, die sie Kolleg_innen geben möchte. Hierzu kann auch gehören, befürchtete Fragen herauszuarbeiten und gemeinsam Antworten auf diese zu entwickeln.

Fallbeispiel: Herr U. arbeitet bei einer Bank. Wegen wiederholten depressiven Episoden lässt er sich von einer Jobcoach beraten. Er hat hohe Leistungsideale und Mühe im Umgang mit Kritik. Im Coaching erzählt er oft Situationen, in denen er sich stark abgewertet fühlt. Besonders beschäftigt ist er mit Rückmeldungen seiner Chefin, wenn diese ihn auf Fehler aufmerksam macht. Durch die gemeinsame Reflektion wird deutlich, dass Herr U. nur die Abwertung fokussiert und den Inhalt der Kritik deswegen gar nicht aufnimmt. So kann er seine Fehler nicht korrigieren und macht dieselben erneut. Diese muss die Chefin dann wiederum kritisieren, woraufhin er sich dann weiter abgewertet fühlt.Die Jobcoach und Herr U. vereinbaren, dass Herr U. die Kritik aufschreibt und diese dann in der Beratung bespricht. Sie konzentrieren sich dann auf die Frage, wie die Fehler zu beheben sind. Dies fällt Herr U. nicht schwer und so erlebt er bald weniger Kritik und mit der Zeit erlangt er auch ein besseres Selbstwertgefühl.

Der Antritt einer neuen Stelle ist sicherlich einer der entscheidenden Schritte innerhalb des Coaching-Prozesses. Arbeitnehmer_in wie auch Arbeitgebende hegen Erwartungen an das neue Arbeitsverhältnis. Zudem stellt ein Stellenantritt für die unterstützten Arbeitnehmer_innen eine Umstellung ihres Tagesrhythmus dar, der bis zu diesem Zeitpunkt evtl. durch rehabilitative Tätigkeiten oder Arbeitslosigkeit bestimmt war. Die bereits erwähnte Konfrontation mit der Realität wird noch konkreter und kann zur Entstehung von Ängsten führen.

Für diese Zeit sollten Seitens der_des Jobcoach ausreichend Ressourcen zur Verfügung stehen, um unterstützte Arbeitnehmer_innen falls nötig engmaschig begleiten zu können (Begleitung zum Arbeitsort, Abholen nach der Arbeit, Telefonat in der Mittagspause oder nach Arbeitsende). Falls von den unterstützten Arbeitnehmer_innen gewünscht und von Seiten der Arbeitgebenden möglich, ist auch eine Begleitung am Arbeitsplatz sinnvoll.

Fallbeispiel: Frau U. tritt am Montag eine Stelle als kaufmännische Angestellte an. Sie leidet unter schweren Depressionen, hat seit drei Jahren nicht mehr gearbeitet und lebt sozial isoliert.Im Vorfeld des Stellenantritts bespricht die Jobcoach mit ihr, wie sie das Wochenende verbringen wird. Sie befürchtet, dass Frau U. sich zuhause im Bett verkriecht und sich in große Ängste hineinsteigert. Die Jobcoach beabsichtigt, Frau U. für das Wochenende zu Ablenkung und Entspannung zu bewegen. Sie besprechen auch was zu tun ist, falls Frau U. dies nicht gelingt. In diesem Fall könnte sie auf Notfallmedikamente und -adressen zurück-greifen. Wichtig ist, dass Frau U. am Montag einigermaßen entspannt die Stelle antreten kann.Am Montagmorgen ruft die Jobcoach wie vereinbart vor dem Arbeitsantritt an, um sich nach Frau U.s Befinden zu erkundigen und ihr Glück zu wünschen. Sie vereinbaren ein Treffen nach erfolgter Arbeit. Sie trinken im nahen Restaurant zusammen Kaffee und Frau U. erzählt detailliert von ihren Aufgaben und persönlichen Eindrücken.Die Jobcoach bietet Frau U. durch dieses Treffen eine Möglichkeit, das Erlebte erzählen und reflektieren zu können. Dies gibt ihr Sicherheit und es fällt Frau U. am nächsten Tag leichter, wieder zur Arbeit zu gehen.

Job Coaching in Teilzeit beginnen: Für viele Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung bietet sich zum (Wieder-)Einstieg in die Arbeitswelt ein Teilzeitmodell an. Dies nicht nur, um die zeitliche Belastung und Verantwortung in Grenzen zu halten, sondern auch, damit neben der beruflichen Tätigkeit genug Zeit für Therapien und Erholung bleiben. Falls im Rahmen des Betriebes möglich und aus gesundheitlicher Sicht indiziert, kann das Arbeitspensum in Absprache mit den unterstützten Arbeitnehmer_innen und den medizinischen und therapeutischen Fachkräften schrittweise erhöht werden. Zudem haben vorangegangene akute Erkrankungsphasen häufig starke Unsicherheit, geminderte Merk- oder Konzentrationsfähigkeit, geminderte Belastbarkeit und Einschränkungen des Selbstvertrauens zur Folge. In der Regel empfiehlt sich auch deshalb ein Einstieg mit einer geringen Anzahl an Stunden mit einem allmählichen Aufstocken des Arbeitspensums im Laufe der Monate[63].

8.3.4 Nachbegleitung über Stellenantritt hinaus

Menschen, die an den Folgen psychischer Erkrankung leiden, sind oftmals längere Zeit oder teilweise auch dauerhaft eingeschränkt, die an sie gestellten Erwartungen ausreichend zu erfüllen (beispielsweise bezüglich sozialer Integration im Betrieb, Kontinuität der Leistung, Arbeitszeiten oder Pausengestaltung). Ein wichtiger Bestandteil des Coachings besteht deshalb im Ausloten jeweils angepasster Aufgaben und Tätigkeiten, welche für die Arbeitnehmer_innen gut ausführbar sind (diese können sich im Verlauf des Trainings wiederholt verändern, z.B. durch Trainingserfolge, Medikamentenumstellungen, veränderte Arbeitsbedingungen, Schwankungen in der Leistungsfähigkeit oder emotionale Stabilisierung). Zudem ist es wichtig, als Jobcoach günstige (erleichternde) bzw. ungünstige (erschwerende) Rahmenbedingungen der Arbeit zu erkennen und diese in die Zusammenarbeit mit einzubeziehen. Die Rolle des Jobcoachs bleibt auch in dieser Phase des Coachings eine vermittelnde zwischen den Bedarfen unterstützter Arbeitnehmer_innen und den gestellten Anforderungen der Betriebe.

Es gilt, betriebliche Anforderungen auch im Hinblick auf Über- wie auch Unterforderungen gut im Blick zu behalten. Von unterstützten Arbeitnehmer_innen entwickelte Frühwarnzeichen sind hilfreich, um solche Situationen überhaupt erkennen und darauf reagieren zu können. Hierzu gehören (wie im Kapitel 2 beschrieben) veränderte Verhaltensweisen, wie sozialer Rückzug, diffuse somatische Beschwerden oder auch aggressives Verhalten. Sprechen unterstützte Arbeitnehmer_innen in gemeinsamen Gesprächen von Langeweile, lohnt es sich genau nachzufragen, da diese Langeweile auch Überforderung bedeuten kann, welche Betroffene auf diese Weise zum Ausdruck bringen.

Ein regelmäßiges Feedback durch direkte Vorgesetzte hilft, Sicherheit bei der Arbeit zu gewinnen und fördert die Weiterentwicklung im Betrieb. Jobcoachs sollten sich mit dem Einverständnis der_des unterstützten Arbeitnehmers_in um einen regelmäßigen Austausch bemühen. Je nach Person und Situation ist die Frequenz und Zusammensetzung dieses Austauschs unterschiedlich. Bei einer_m unterstützten Arbeitnehmer_in genügt es beispielsweise einmal pro Quartal oder Halbjahr mit Arbeitgebenden zu telefonieren und sich nur bei Bedarf zusammen zu setzen, bei anderen ist es nötig, jeden Monat vorbeizugehen und mit allen Beteiligten eine kurze Sitzung abzuhalten.

Fallbeispiel: Herr L. ist Lagerarbeiter (28 Jahre alt). Vor dieser Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt war er vorwiegend Zuhause und verfügte insgesamt über 10 Monate Arbeitserfahrung im geschützten Rahmen. Wegen Problemen am Arbeitsplatz wird eine Jobcoach involviert. Ein gemeinsames Gespräch im Betrieb ergibt, dass die Leistungen von Herrn L. gut sind, jedoch sei die Zusammenarbeit mit Kolleg_innen schwierig: Die Arbeitgeberin beschreibt, dass Herr L. den Tag ohne zu grüßen beginnt, in der Pause nicht mit den anderen spricht, ohne Kommentar aus dem Raum geht und nie wie die Anderen Croissants mitbringt. Ist er mit einer Arbeit fertig, setzt er sich in den Pausenraum und fragt nicht, ob er helfen kann.Die Jobcoach reflektiert nun regelmäßig diese sozialen Situationen mit Herrn L. Sie erklärt ihm, wie sein Verhalten auf andere wirkt, nutzt hierfür auch Rollenspiele und bespricht Handlungsalternativen. Mit der Zeit kann sich Hr. L. besser in seine Arbeitskolleg_innen einfühlen und erkennt ihre Bedürfnisse eher. Er spricht heute noch wenig, kann aber mit kurzen Erklärungen gegenüber seinen Kolleg_innen die Situationen entschärfen.

Die soziale Integration hat nicht für alle unterstützten Arbeitnehmer_innen den gleichen Stellenwert. Dennoch ist es wichtig, während des Coaching-Prozesses gemeinsam Strategien zu erarbeiten, wie sich unterstützte Arbeitnehmer_innen an ihrem Arbeitsplatz wohl bzw. zugehörig fühlen können (vgl. hierzu auch Kapitel 8.4.1, „Sozialverhalten“).

Für die Arbeit des Jobcoachs mit betrieblichen Vertreter_innen sollten keine Informationen über unterstützte Arbeitnehmer_innen ohne vorherige Absprache preisgegeben werden. Menschen mit psychischer Erkrankung profitieren stark davon, wenn transparent kommuniziert wird, da so die Situation für sie einschätzbar ist. Auf diese Weise wird zudem Misstrauen vorgebeugt. Es ist durchaus denkbar, dass nebst direkten Vorgesetzten auch Personal-verantwortliche und Arbeitskolleg_innen unterstützter Arbeitnehmer_innen mit den Jobcoachs in Kontakt treten. Durch entsprechende Absprachen oder Rücksprache mit der im Betrieb unterstützten Person kann die_der Jobcoach klären, welche Informationen gegeben werden darf (z.B. bezüglich der gesundheitlichen Situation) und welche Formen der Einbeziehung in den Coachingprozess vereinbart werden können.

Wichtig für die Zusammenarbeit mit Unternehmen ist es, deren explizit genannte, aber auch indirekt wahrnehmbare Strukturen und Regeln zu respektieren, um bestmögliche Lösungen für unterstützte Arbeitnehmer_innen und Betriebe zu finden. Dies bedeutet nicht, dass Jobcoachs betrieblichen Vertreter_innen keine Hinweise geben können zu deren Strukturen oder Arbeitsbeziehung zu unterstützten Arbeitnehmer_innen:

Rollenklarheit der betrieblichen Vertreter_innen: Menschen mit psychischer Erkrankung profitieren stark von klar einschätzbaren Rollen, Aufgaben und Strukturen. Aus diesem Grund sollten Jobcoachs sehr genau darauf achten, dass Arbeitgeber_innen als Arbeitgeber_innen fungieren und nicht zusätzlich eine therapeutische oder freundschaftliche, bzw. mütterliche oder väterliche Rolle übernehmen. Dies verwirrt die unterstützten Arbeitnehmer_innen meist und es ist wichtig, dass Jobcoachs dies bei Bedarf thematisieren.

Für Arbeitgebende sind Jobcoachs als verlässliche und kompetente Ansprechpartner eine Erleichterung und Sicherheit im Integrationsprozess. Sollte eine berufliche Integration tatsächlich nicht erreicht werden können und sich Probleme am Arbeitsplatz als unüberwindbar erweisen, hilft die_der Jobcoach auch bei der konfliktarmen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies ist eine Erfahrung, die viele Arbeitnehmer_innen mit psychischer Erkrankung selten oder eventuell bisher gar nicht machen konnten. Unterstützte Arbeitnehmer_innen haben hierbei die Chance durch gemeinsame Reflexion ihr Selbstbild zu überprüfen und die Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu analysieren. Hierfür werden betriebliche, leistungs-, verhaltens- oder behinderungsbezogene und ggf. weitere Gründe gemeinsam mit der_dem unterstützten Arbeitnehmer_in differenziert besprochen.

In dem Weiterbildungsmodul „Job Coaching: Qualifizieren und Lernen im Betrieb – Professionelles Handeln und Praxisbeispiele“ der BAG UB[64] gibt es bereits eine detaillierte Aufstellung von Unterstützungsangeboten an Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberinnen. Hier gibt es aus Sicht der Autor_innen keine Unterschiede bezüglich zur Zielgruppe der Menschen mit psychischer Erkrankung.

Nach Möglichkeit sollten Ressourcen für eine Nachbetreuung nach Abschluss des Coachings zur Verfügung gestellt werden. Bereits während des laufenden Job Coaching empfiehlt es sich, diese zu thematisieren (Termingestaltung, Verbindlichkeit). Für die unterstützten Arbeitnehmer_innen ist es wichtig zu wissen, dass sie sich nach Abschluss des Job Coaching wieder melden dürfen. Dies erhöht die Effektivität[65].

Ansprechpartner bleiben: Aufgrund krankheitsbedingter Schwankungen kann es auch während der Nachbegleitung immer wieder nötig sein, Gesprächsangebote zu machen, um die aktuelle Situation zu überprüfen. So kann bei Bedarf auch die Weiterentwicklung in einem bestehenden Arbeitsverhältnis gefördert werden.

8.4 Typische Coachingthemen

Nach der Klärung der Frage, wer (unterstützte_r Arbeitnehmer_in mit psychischer Erkrankung oder Betrieb) mit welchem Interesse Job Coaching beantragt hat, ist zu klären, was von den Beteiligten jeweils als Unterstützungsbedarf definiert wird. Dies kann durch Befragungen erfolgen, auch das Worker Role Interview[66] (standardisiertes ergotherapeutisches Assessment) hat sich zur Einschätzung des Bedarfs aus der Sicht der_des unterstützten Arbeitnehmers_in und zum klientenzentrierten Verständnis der Gesamtsituation bewährt[67]. Zur Erfassung der Problemlage(n) sollten bei der Unterstützung bestehender Arbeitsverhältnisse die unterschiedlichen Prozessbeteiligten auch miteinander interviewt werden. Hierdurch fördert die_der Jobcoach, dass die unterschiedlichen Perspektiven auf die Problemlage von allen wahrgenommen werden können.

Am Beginn eines Coachingprozesses werden von Prozessbeteiligten häufig folgende Unterstützungsbedarfe oder Probleme benannt:

  • adäquate Gestaltung von Beziehungen zu Kolleg_innen und Vorgesetzten

  • Kommunikation (z.B.: Höflichkeit, sicheres Auftreten) gegenüber Gästen, Kunden, etc. oder Verbesserung der Kommunikation am Telefon

  • Strukturmangel bei der Ausführung der Arbeit

  • Umgang mit wechselnder Belastbarkeit oder Leistungsfähigkeit

  • Wiederkehrende Unpünktlichkeit, dadurch entstehender Ärger bei Kolleg_innen

  • Mangelnde oder schwankende Konzentrationsfähigkeit bei der Arbeit

  • Bestehende Ängste und Unsicherheiten im Umgang mit neuen Situationen oder betrieblichen Veränderungen

  • Einarbeitung auf einen neuen Arbeitsplatz nach einer innerbetrieblichen Umsetzung oder nach strukturellen betrieblichen Veränderungen

  • Geringer oder gar kein konstruktiver Umgang mit Kritik (Kritikfähigkeit und_oder Kritisierbarkeit)

  • Notwendigkeit der Steigerung von Flexibilität oder Umstellungsfähigkeit bei Arbeitsabläufen

  • Psychoemotionale Barrieren bei den bestehenden Arbeitsabläufen, z.B. Ängste vor Auseinandersetzungen, vor Telefonaten, o.ä.

  • Schwierigkeiten bei der Verarbeitung von Leistungsveränderungen durch die psychische Erkrankung

Nicht immer ist Job Coaching sinnvoll: Job Coaching sollte nur dann das Mittel der Wahl sein, wenn alle Prozessbeteiligten tatsächlich Engagement für die Sache zeigen wollen und Bereitschaft besteht, sich für einen Weg zu engagieren, der eine (weitere) Zusammenarbeit zwischen Betrieb und unterstützter_m Arbeitnehmer_in ermöglicht. Das LWL-Integrationsamt Westfalen-Lippe hat eine Checkliste entwickelt, die Jobcoachs dabei unterstützen soll, bei bestehenden Arbeitsverhältnissen bereits in der Phase der Auftragsklärung festzustellen, ob die Gesamtsituation für ein Job Coaching prognostisch geeignet erscheint[68].

Auf der Basis der am häufigsten genannten Unterstützungsbedarfe oder Problemlagen ergeben sich im weiteren Verlauf die Schwerpunktthemen und Zielsetzungen eines Job Coaching. Basierend auf vielen Jahren Erfahrung können folgende typische Coachingthemen (grob systematisiert) abgeleitet werden. Diese werden im Folgenden anhand von Beispielen verdeutlicht.

8.4.1 Sozialverhalten

Fallbeispiel: Frau D. arbeitet seit sieben Monaten in einem Reinigungsinstitut. Sie hat diese Stelle zusammen mit ihrem Jobcoach gefunden. Die Arbeit gefällt ihr gut, aber im Team fühlt sie sich nicht wohl. Frau D. beschreibt ihre Kolleginnen als arrogant, da diese in den Pausen in ihrer Muttersprache sprächen, so dass Frau D. nichts versteht.Mit dem Jobcoach bespricht Frau D. diese soziale Situation bei der Arbeit. Durch die genauen Nachfragen des Jobcoach und die gemeinsame Reflexion ihres Pausenverhaltens wird Frau D. klar, dass sie sich unbewusst zu den italienisch sprechenden Angestellten setzt, weil sie Angst hat, die deutschsprachigen Arbeitskolleginnen könnten sich über sie lustig machen. Ihr wird klar, dass sie sich besser entspannen kann, wenn sie sich zu denjenigen setzt, die nicht Deutsch sprechen. Um ihr Bedürfnis nach Austausch ebenfalls zu berücksichtigen, entscheidet sie, ihre Mittagspausen weiterhin mit den italienisch sprechenden Mitarbeiterinnen zu verbringen, sie macht jedoch nun mindestens zweimal pro Woche mit deutsch sprechenden Mitarbeiterinnen eine Zigarettenpause. Dies gelingt ihr gut, ohne in Anspannung zu geraten, da diese Pausen ca. fünf Minuten dauern und nicht, wie die Mittagspause, eine Dreiviertelstunde.

„Was erzähle ich über mich?“- Umgang mit persönlichen Informationen im Betrieb: Manche Menschen mit psychischer Erkrankung haben Schwierigkeiten mit der Einschätzung, welche und wie viele Informationen in einer Situation preisgegeben werden sollten. So neigen manche unterstützte Arbeitnehmer_innen dazu, zu schnell zu persönlich zu werden, andere dazu, gar nichts über sich erzählen zu wollen, um keine Anhaltspunkte für Kritik oder Hänseleien zu bieten. Häufig zeigt sich eine entsprechende Neigung bereits im Kontakt zur_m Jobcoach. Diese_r kann z.B. durch Feedback und Rollenspiele unterstützen, mit anderem Verhalten zu experimentieren. Besondere Schwierigkeiten können unterstützte Arbeitnehmer_innen haben, die vor der betrieblichen Integration lange in der Patient_innenrolle waren, in der das sehr offene Sprechen über sich selbst toleriert bis gefordert war bzw. mit schlechten Erfahrungen in Verbindung gebracht wurde.

Weitere Coachingthemen im Bereich Sozialverhalten können sein[69]:

  • Kommunikationsstandards erlernen und anwenden

  • Hierarchische Strukturen erkennen und damit umgehen

  • Konfliktstrategien erlernen

  • Kritikfähigkeit und_oder Kritisierbarkeit verbessern

  • Unterstützung, die spezifischen Anforderungen an die Arbeitnehmer_innenrolle am konkreten Arbeitsplatz umzusetzen

  • Beziehungen aktiv gestalten lernen (insbesondere zu Gästen, Besuchern, Kunden, etc.)

  • Anbindung und Eingliederung in ein Arbeitsteam

  • Loyalität gegenüber dem Betrieb entwickeln

  • Betriebskultur erkennen und sich einbringen

8.4.2 Arbeitsorganisation/ Arbeitsverhalten

Fallbeispiel: Eine Klientin mit Neigung zu einem Kontrollzwang sollte bei ihrer Tätigkeit in der Verwaltung einer sozialen Einrichtung selbständig verschiedene Tätigkeiten ihres Arbeitsbereiches koordinieren. Hierzu gehörte auch die Bearbeitung von Anrufen und der persönlichen Anfragen von Gästen und Bewohnern des Hauses. In der Vergangenheit war es insbesondere in Zeiten mit hohem Arbeitsaufkommen zu Blockaden und Krisen bei der Klientin gekommen. Sie benötigte Unterstützung bei der Arbeitsorganisation und der Koordinierung von Abläufen, bzw. dem Erkennen von Prioritäten. Im Coaching-Prozess konnte mit ihr heraus gearbeitet werden, dass sie wiederholt das Gefühl hatte, alles sofort und vor allem richtig erledigen zu müssen. Dies führte bei starkem Arbeitsaufkommen zu hohem inneren Druck und Überforderung. Der Jobcoach legte mit ihr (in Rückkopplung mit dem Betrieb) Prioritäten ihrer Aufgabenbereiche fest („telefonische vor persönlichen Kontakten“, „Menschen vor Dingen“) und erarbeitete mit ihr festgelegte Arbeitsabläufe (alles notieren, später die Notizen sortieren und erledigen, die meisten Arbeiten haben Zeit, nur Informationen an den Vorgesetzten müssen ggf. per E-Mail sofort weitergeleitet werden).

Weitere Coachingthemen im Bereich Arbeitsorganisation/ Arbeitsverhalten können sein[70]:

  • Transparente Arbeitsorganisation schaffen und notwendige Ordnung einhalten lernen

  • Arbeitsaufgaben selbständig koordinieren

  • Arbeitsabläufe neu gestalten

  • Zeitmanagement durchführen (Zeitfallen „analysieren“)

  • Arbeitsergebnisse kritisch reflektieren und die weitere Planung ableiten

  • Fehler reduzieren

  • Effektivität/ Qualität steigern

  • Planvolle Arbeitsweise erlernen

  • Mit ungewohnten oder neuen Arbeitssituationen umgehen lernen

  • Arbeitsabsprachen einhalten

8.4.3 Anwendung von Fachkenntnissen

Fallbeispiel: Ein in einem Finanzamt beschäftigter Mitarbeiter mit einer ausgeprägten Angststörung muss, aufgrund struktureller Veränderungen in der Dienststelle und einer innerbetrieblichen Umsetzung, mit einzelnen Steuerpflichtigen telefonieren und diese bezüglich erfolgter Überzahlungen informieren. Er benötigt zum einen Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung dieser Telefonate und zum anderen eine behutsame Begleitung beim Erwerb von Routine und Sicherheit bei der Anwendung seiner Fachkenntnisse im Umgang mit Kund_innen am Telefon. Durch seine Ängste ist er sehr eingeschränkt in der Anwendung seines Fachwissens. Ziel ist, dass er sich durch Routine und Training unterschiedliche Strategien erarbeitet, sein Fachwissen verständlich „an den Mann zu bringen“. Anhand eines Flussdiagramms erarbeitet der Jobcoach mit dem unterstützten Arbeitnehmer mögliche Gesprächsverläufe mit jeweils geeigneten Formulierungen. Die Anwendung dieses Flussdiagramms wird zunächst in einem Büro am Telefon im Rollenspiel getestet und dann im nächsten Schritt im Beisein des Jobcoachs bei bekannten „einfachen“ Kund_innen angewandt. Nach und nach kann der Jobcoach die Unterstützung langsam reduzieren und nach entstandener Sicherheit können auch (der Abteilung) unbekannte Kund_innen hinzugenommen werden. Über einen Zeitraum von 6 Monaten entwickelt der unterstützte Arbeitnehmer genügend Sicherheit, um selbständig mit dem Flussdiagramm Telefonate durchführen zu können.

Weitere Coachingthemen im Bereich Anwendung von Fachkenntnissen können sein[71]:

  • Stärkung des Selbstbewusstseins in der Anwendung von vorhandenen Fachkenntnissen

  • Unterstützung der realistischen Einschätzung von Fachkenntnissen

  • Beratung und Begleitung bei einer der Leistungsfähigkeit entsprechenden (gestuften) Kompetenzverbesserung

  • Berufs- und tätigkeitsspezifische Kenntnisse erwerben bzw. verbessern, z.B. durch:

    • 1. Einzelschulung am Arbeitsplatz

    • 2. Schaffung von betrieblichen Trainingssituationen

  • Unterstützung bei der Recherche und Bearbeitung einschlägiger Fachliteratur

8.4.4 Einarbeitung an einem neuen Arbeitsplatz

Fallbeispiel: Ein Mitarbeiter einer Werkstatt für Menschen mit psychischer Behinderung war über mehrere Jahre auf einem ausgelagerten Werkstattarbeitsplatz in einer Bibliothek tätig. Er möchte in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis wechseln und beginnt nun mit Unterstützung durch Job Coaching ein Praktikum in der Verwaltung eines Sozialen Werkes. Für ihn ist die gesamte Situation mit vielen, hauptsächlich sozialen Ängsten verbunden. Die Abteilung und er wünschen sich Unterstützung bei der Gestaltung der Einarbeitung und dem Aufbau guter Arbeitsbeziehungen. Durch den Jobcoach wurde ein Austausch aller Prozessbeteiligten initiiert, bei dem mit den Kollegen und Vorgesetzten ein Informationsaustausch zu Anforderungen am Arbeitsplatz stattfand und Erwartungen aneinander ausgetauscht werden konnten. Es entlastete den unterstützten Arbeitnehmer zu erfahren, dass allen bewusst war, dass er sich in einer Einarbeitungssituation befindet und Zeit und Raum zum Lernen haben würde. Für bestehende Unsicherheiten wurde vereinbart, einen festen Ansprechpartner zu benennen, den er immer fragen soll und kann. Diese einfachen Interventionen sicherten ihm schnell ein Umfeld, in dem er eigenständig am Arbeitsplatz lernen und sich entwickeln konnte. Der Jobcoach zog sich im Folgenden relativ schnell zurück und nahm dann routinemäßig alle vier Wochen Kontakt zu dem unterstützten Arbeitnehmer auf. Darüber hinaus stand er bei Unsicherheiten und Fragen jederzeit zur Verfügung.

Weitere Coachingthemen im Bereich Einarbeitung auf einem neuen Arbeitsplatz können sein[72]:

  • Berufsspezifisches Fachwissen für den realen Arbeitsplatz erwerben und/ oder anwenden

  • Ein Aufgabenfeld festlegen und klar umschreiben

  • Erprobung der arbeitszeitlichen oder tätigkeitsbezogenen Belastbarkeit

  • Umgang mit der Erkrankung

    • 1. Wie und worüber informiere ich Kolleg_innen und Vorgesetzte

    • 2. Einsatz von Stressbewältigungsstrategien und Entspannungstechniken

  • Planung, Verhandlungsführung und Umsetzung gestufter Einarbeitung

  • Beratung des Betriebes und der_des unterstützten Arbeitnehmers_in bezüglich des Aufgabenspektrums und des Einsatzes, sowie aller weiteren entstehenden Fragen

8.4.5 Nutzen von Kompensationsstrategien und Hilfsmitteln

Fallbeispiel: Ein Mitarbeiter mit nicht näher benannter seelischer Störung, der in einer Restaurantküche beschäftigt ist, hält verschiedene Verhaltensregeln, die Standard in professionellen Küchen sind, nicht ein. So vergisst er im Lagerraum die Tiefkühltruhe zu schließen, hält Hygienevorschriften mit Lebensmitteln nicht ein oder verteilt durch vergessene Reinigung seiner Arbeitsschuhe (Fett)flecken im Gästebereich des Restaurants.In der Beobachtung durch den Jobcoach wird deutlich, dass der Mitarbeiter sich wenig von den Gesprächen und Handlungen der Kolleg_innen abgrenzen kann (zuhören, aber auch, sich einmischen), und deshalb seiner eigenen Arbeit nicht mehr genügend Aufmerksamkeit schenkt. Hierdurch entstehen Fehler und Unachtsamkeit. Der Jobcoach unterstützt den Mitarbeiter einerseits dadurch, dass er mit dem Betrieb und dem Mitarbeiter die Lösung erarbeitet, seinen Hauptarbeitsplatz in eine ruhigere Ecke zu verlagern, um die Konzentration zu erleichtern und die sehr leichte Ablenkbarkeit zu minimieren und andererseits kontrollierte Gesprächsanlässe herausarbeitet, die es dem Mitarbeiter ermöglichen, regelmäßig am Geschehen in der Küche beteiligt zu bleiben und sich weiter zugehörig zu fühlen.

Fallbeispiel:Hr. K. arbeitet seit knapp einem Jahr als Hilfsarbeiter bei einem Fahrradverleih. In den stattfindenden Gesprächen mit seinem Jobcoach erzählt Hr. K. wiederholt davon, dass er sich oft als „Mädchen für alles“ fühlt, da ihm verschiedene Kolleg_innen Aufträge erteilen. In den Gesprächen kann herausgearbeitet werden, dass dies Herrn K. Schwierigkeiten bereitet, da diese unterschiedlichen Aufträge (die sich seines Erachtens teilweise widersprechen) die Stimmen in seinem Kopf verstärken. Der Jobcoach bietet Hr. K. mehrfach ein Dreiergespräch mit dem Inhaber des Fahrradverleihs an, um die Anleitungssituation zu besprechen. Hr. K. hat jedoch Angst, sich mit dieser Schwierigkeit zu zeigen und seine Stelle zu verlieren und kann sich zunächst nicht zu diesem Schritt entschließen.Nach einigen Monaten spricht Hr. K. die Möglichkeit eines Dreiergesprächs dann von sich aus an. Gemeinsam bereiten Hr. K. und sein Jobcoach die Inhalte und den Ablauf des Gesprächs vor (hierbei überlegen sie auch Antworten auf „befürchtete Fragen“ des Vorgesetzten) und Hr. K. vereinbart selbständig einen Termin mit seinem Chef. In diesem Gespräch erklärt Hr. K. seinem Chef, dass er nur von einer Person Aufträge erhalten wolle. Er bekomme sonst ein Durcheinander im Kopf. Sein Vorgesetzter fragt nicht weiter nach (wie Herr K. befürchtet hatte) sondern erklärt sich bereit, dies bei der nächsten Teamsitzung zu thematisieren. Hr. K. ist damit einverstanden. Seither haben die unterschiedlichen Aufträge an Hr. K. deutlich abgenommen.

Weitere Coachingthemen im Bereich Kompensationsstrategien und Hilfsmittel können sein[73]:

  • Entwicklung von Checklisten, (flexiblen) Wochenplänen, Notfallplänen

  • Anpassung von Arbeitszeiten, sowie von Pausenzeiten und -inhalten

  • Vermittlung oder Erprobung von Angeboten zur Entspannung/ zum körperlich-seelischen Ausgleich, sowie deren Einplanung in die Wochenroutine des_der unterstützten Arbeitnehmers_in

  • Einrichtung des Arbeitsplatzes optimieren

  • Anpassung des Arbeitsplatzes und Arbeitsablaufes auf veränderte Wahrnehmungssituation

8.4.6 Verarbeitung von Leistungsveränderungen

Fallbeispiel: Frau S. hat unter großen Anstrengungen eine Ausbildung in ihrem Traumberuf als Hebamme geschafft. Im Anschluss arbeitete sie zwei Jahre in ihrem Beruf, bis sie aufgrund starker Ängste und Schlafstörungen eine stationäre Behandlung in Anspruch nehmen musste. Hier diagnostizierte man eine Persönlichkeitsstörung und empfahl ihr, diese Tätigkeit mit einer Verantwortung „auf Leben und Tod“ zukünftig nicht mehr auszuüben.Während zweier betrieblicher Praktika, die einer beruflichen Neuorientierung dienten, war die Jobcoach häufig für Reflexionsgespräche in den Betrieben, da die unterstützte Arbeitnehmerin nicht nur damit konfrontiert war, ihren „Traumberuf“ der Hebamme aufgeben zu müssen, sondern sich auch mit starken Leistungseinbrüchen nach 3–4 Std. Arbeitszeit auseinandersetzen musste. Die damit einhergehenden Konsequenzen eines zu erwartenden sozialen und beruflichen Abstiegs waren sehr schwer für sie zu verarbeiten und führten zu mehreren Krankschreibungen während der Praktika. Die Jobcoach bot der unterstützten Arbeitnehmerin einen emotionalen Halt, konnte Verständnis bei den Betrieben erreichen und regte ein Dreiergespräch mit der behandelnden Psychotherapeutin an, um eine arbeitsteilige Begleitung in diesem Neuorientierungs- und Trauerprozess zu besprechen. Im zweiten Praktikum, das sie selbst akquirierte, gelang es der unterstützten Arbeitnehmerin, sich nach einer schwierigen Anfangszeit auf die Tätigkeit einzulassen (Löten von Schaltkreisen). Ihr machte diese Arbeit zunehmend Spaß und sie wurde sich in den Reflexionsgesprächen mit der Jobcoach darüber klar, dass sie im Gegensatz zur Hebammentätigkeit den Kopf nach der Arbeit frei hatte für andere Dinge. Dies erleichterte ihr die Entscheidung, sich in diesem Betrieb auf eine Teilzeitstelle zu bewerben.

Weitere Coachingthemen im Bereich Verarbeitung von Leistungsveränderungen können sein:

  • Balance im Blick behalten zwischen notwendiger Trauer einerseits und dem Wunsch nach Sicherheit durch eine neue Perspektive andererseits (wann ist der geeignete Zeitpunkt für was?)

  • Akzeptanz der erlebten Grenzen fördern

  • Erarbeiten und Reflektieren von möglichen (beruflichen) Konsequenzen der erlebten Grenzen fördern

  • Verantwortung für die Gesunderhaltung stärken (Vermeiden erneuter Erkrankungen als 1. Priorität kenntlich machen)

  • Psycho-soziale Beratung organisieren, um Selbstwert auch außerhalb der Arbeitnehmer_innenrolle zu stärken

  • Initiierung von Familiengesprächen, damit notwendige Veränderungen der Berufstätigkeit und deren Konsequenzen (zeitlich, strukturell, finanziell) gemeinsam mit den Angehörigen erörtert werden können

8.5 Spannungsfeld unterschiedlicher Erwartungen, Aufträge und Interessen

Für die Arbeit in einem komplexen Kontext wie einem Betrieb ist es hilfreich, sich vor Augen zu führen, dass alle Prozessbeteiligten nicht nur ihre jeweils auf sie selbst bezogenen Erwartungen an den Jobcoach herantragen, sondern auch noch ausgesprochene oder unausgesprochene Erwartungen an die Veränderung der Anderen bzw. an die Veränderung der Situation hegen.

Aufträge unterstützter Arbeitnehmer_innen können beispielsweise sein:

  • Geben Sie mir einen gut bezahlten Arbeitsplatz

  • Helfen Sie mir, nicht immer so unsicher zu sein

  • Zeigen Sie mir Möglichkeiten meine Arbeit besser zu machen

  • Helfen Sie mir, meinen Vorgesetzten zu ändern

Aufträge von Arbeitgebern/ Vorgesetzten können beispielsweise sein:

  • Veranlassen Sie, dass sie_er die Arbeit eigenverantwortlich macht

  • Bringen Sie ihr_ihm bei, sich besser zu konzentrieren

  • Sorgen Sie dafür, dass er_sie pünktlich zur Arbeit kommt

  • Er_Sie soll einfach ganz normal mit den Kolleg_innen umgehen

Ggf. können noch weitere Aufträge, die an Jobcoachs herangetragen werden, eine Rolle spielen. Dies können Aufträge

  • vom Arbeitgeber der_des Jobcoachs sein (z.B.: Zeitaufwand, Einbeziehung),

  • vom Leistungsträger (z.B. Erfolg),

  • von Kooperationspartnern, wie Psycholog_innen, Ärzt_innen, sozialen Diensten (z.B.: Schonung, Verständnis des Betriebes erhöhen) oder

  • sich selbst gegebene Aufträge (z.B.: Beziehungsqualität, Erreichbarkeit, Ideenreichtum).

Es ist wichtig, diese Erwartungen, Interessen und Aufträge der Beteiligten abzufragen, untereinander soweit als möglich transparent zu machen und in Gesprächen zu klären, wer welche Verantwortung übernehmen kann und soll und was ein Job Coaching in der konkreten Situation leisten kann und auch was es nicht leisten kann.

8.5.1 Zielvereinbarung abschließen

Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist es hilfreich, die notwendigen Abstimmungsleistungen und Verantwortlichkeiten im Rahmen einer Zielvereinbarung festzuhalten. Auf der Basis eines Fallbeispiels wird hier eine Zielvereinbarung vorgestellt:

ZielvereinbarungDiese Zielvereinbarung dient der gegenseitigen verbindlichen Vereinbarung von Maßnahmen, die zur Eingliederung führen sollen.

Ziele:

  • Steigerung des Arbeitspensum auf 50% per 4.Januar 2010

  • weiterer Ausbau der Leistungsfähigkeit durch Anwendung und Vertiefung der Fachkenntnisse

  • Einfinden in Teamstrukturen und Übernahme von Verantwortung, entsprechend der Rolle im Team.

Vereinbarte Dauer:

  • Vom 4.Januar 2010 bis zum 31.Juli 2010

Beteiligte Partner:

  • Unterstützte_r Arbeitnehmer_in, Telefonnummer

  • Betrieb mit Ansprechpartner_in, Funktion, Telefonnummer

  • Jobcoach, Telefonnummer

  • (Ärzt_in[74], Funktion, Telefonnummer)

  • weitere Involvierte (z.B.: gesetzl. Betreuer_in, Mitarbeiter_in Betreutes Wohnen, Mitarbeiter_in Integrationsfachdienst), Funktionen, Telefonnummern

Konkrete Maßnahmen:

  • Weiterführung des Arbeitsversuches bei Firma… und Steigerung des Arbeitspensums per 4. Januar 2010

  • Job Coaching: Persönlicher Support am Arbeitsplatz während der Maßnahme

  • Überweisung an die Schuldenberatungsstelle zwecks Klärung der finanziellen Situation

  • Regelmäßige Inanspruchnahme therapeutischer Maßnahmen

Verantwortlichkeiten:

  • Betroffene Person: aktive Mitwirkung zur Erreichung der genannten Ziele Wahrnehmung der regelmäßigen Beratungs- und Therapietermine

  • Arbeitgeber_in: Gewährung der notwendigen Unterstützung am Arbeitsplatz Präsenzkontrolle Kontaktierung der_des Jobcoach beim Auftreten von Schwierigkeiten Zusammenarbeit mit Jobcoach (Mitarbeitergespräche, telefonische Auskünfte)

  • Jobcoach Beratung und Begleitung (nach dem Konzept…)

  • Vernetzung mit der Schuldenberatungsstelle

  • Vereinbarung der Standortgespräche

  • Überprüfung der Zielvereinbarungen durch die_den Jobcoach

  • Verfassen eins Schlussberichts

  • Evaluation

  • (Ärzt_in)

  • regelmäßige therapeutische Unterstützung und Zusammenarbeit mit Jobcoach

Unterschriften:

  • Betroffene Person

  • Arbeitgeber_in

  • (Ärzt_in)

  • Jobcoach

Hinweis zur Veränderung von Zielen: Wenn einer der Beteiligten unabgestimmt nicht mehr den Vereinbarungen folgt, ist dies immer ein Interventionsgrund für die_den Jobcoach. Es ist möglich, dass sich Ziele im Prozessverlauf verändern oder dass Ziele nicht erreicht werden können. In diesen Fällen ist es wichtig, die veränderten Ziele abzugleichen und festzuhalten.

8.6 Prinzipien des Job Coaching – eine Gegenüberstellung zweier Modelle

8.6.1 Job Coaching in der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich – basierend auf den Grundsätzen des Modells „Individual Placement and Support (IPS[75])“

Das Selbstverständnis von Jobcoachs zeichnet sich ganz allgemein durch das Einnehmen einer vermittelnden und übersetzenden Rolle aus[76]. Im Gespräch nimmt die_der Jobcoach nicht die Rolle einer_s Anwält_in ein, sondern hält zu allen Beteiligten die gleiche Distanz. Im Sinne einer Ressourcenorientierung ist das Ziel des Job Coaching, dass unterstützte Arbeitnehmer_innen Probleme selbst erkennen können und man als Jobcoach Unterstützung bei der Problemlösung bietet und sich im besten Falle irgendwann selbst überflüssig macht. Nicht bei allen unterstützten Arbeitnehmer_innen gelingt es jedoch, die Unterstützung der betroffenen Person bzw. des Betriebes irgendwann zu beenden. D. h. nicht allen Betroffenen können Mittel an die Hand gegeben werden, mit deren Hilfe sie selbst für Lösungen sorgen können oder allein beurteilen können, ob sich ein Problem am Arbeitsplatz entwickelt hat.

Das IPS-Modell folgt dem Grundsatz „first place, then train“ und entspricht somit dem Grundgedanken der Unterstützten Beschäftigung (engl. Supported Employment)[77]. Das Ziel wird folgendermaßen umschrieben: „choose, get, and keep a job[78]. In der Praxis der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich ist das Job Coaching ein integrativer Bestandteil der psychiatrischen Behandlung und sollte so individuell wie möglich gestaltet werden.

Folgende sechs Prinzipien stellen das Fundament der Arbeit der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich nach dem IPS -Ansatz dar[79]:

  • Eine Stelle in der freien Wirtschaft mit einer bezahlten Arbeit ist das Ziel.

  • Die Vermittlung an eine Stelle soll rasch und ohne vorangehende Trainings erfolgen.

  • Der Verlauf des Coachings wird laufend an den gesammelten Erfahrungen überprüft.

  • Die Betreuung durch die_den Jobcoach ist in die psychiatrische Behandlung integriert.

  • Der Wunsch und die Motivation der Patient_innen bestimmen die Stellensuche und das individuelle weitere Vorgehen nach einer Vermittlung.

  • Nach dem Stellenantritt werden die Patient_innen solange wie benötigt von einer_m Jobcoach unterstützt (ohne zeitliche Begrenzung).

Diese Grundprinzipien werden im Folgenden genauer erläutert:

Die psychiatrische Universitätsklinik Zürich setzt sich bei ihrer Arbeit nach dem IPS-Modell das Ziel, Menschen, die an den Folgen einer psychischen Erkrankung leiden, zu mehr Unabhängigkeit zu verhelfen. Durch die Arbeit in der freien Wirtschaft steigert sich einerseits das Selbstvertrauen, andererseits bietet sich Betroffenen auch eine Gelegenheit, ihre Symptome besser verstehen und mit ihnen umgehen zu lernen. Dies wirkt sich wiederum positiv auf die Lebenszufriedenheit aus[80]. IPS setzt explizit bei Veränderungen im Leben von Menschen mit psychischer Erkrankung an. Durch die rasche Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt soll die Motivation der Patient_innen Aufrecht erhalten und längere Beschäftigungen im geschützten Rahmen vermieden werden[81]. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit, in einem geschützten Rahmen erlernte Fertigkeiten beim Transfer in das Arbeitsumfeld nicht umsetzen zu können, minimiert[82].

Zentrales Kriterium, Menschen mit psychischen Erkrankungen Job Coaching anzubieten, ist der Wunsch nach und die Motivation für eine Stelle in der freien Wirtschaft[83].

Die individuelle Vorgehensweise ist das Kernstück der Arbeit nach dem IPS-Modell. Sie soll es ermöglichen, die Stärken der Patient_innen zu erkennen und weiter zu fördern[84]. Teil dieser individuellen Vorgehensweise ist auch die Idee, dass es unter Umständen für bestimmte Patient_innen wertvoller sein kann an einer Stelle für zwei Monate Erfahrungen zu sammeln, anstatt für zwei Jahre tätig zu sein[85]. Erfahrungen in der Arbeitswelt ermöglichen Menschen mit psychischer Erkrankung eine Konfrontation mit der Realität und ein Training ihrer Fähigkeiten.

Jobcoachs der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich nehmen bei Bedarf bereits während des Klinikaufenthaltes Kontakt zu Patient_innen auf, die sich für ein Job Coaching interessieren. Bei einem ersten Gespräch mit interessierten Patient_innen und Behandler_innen (z.B. Ärzt_in, Pflegekraft, Sozialdienst, Arbeitstherapeut_in) stellt die_der Jobcoach sich und das Angebot vor und händigt Visitenkarte und Flyer aus. In diesem Gespräch wird bereits die Situation der_des interessierten Patient_in und das Ziel des Job Coaching besprochen, wie z.B. Rückkehr an den Arbeitsplatz (vgl. hierzu auch unter Kapitel 8.5 „Zielvereinbarung“). Die ärztliche Einschätzung bezüglich der Arbeitsfähigkeit und dem Ausführen gefährlicher Tätigkeiten (auf Gerüste klettern, Autofahren, etc.) hilft, das weitere Vorgehen zu planen und eventuelle Abklärungen zu initiieren (z.B. Fahrtauglichkeit). Steht der Termin für die Entlassung aus der Klinik bereits fest? Wurde die psychiatrische Nachbehandlung bereits thematisiert? Eine Zusammenarbeit mit der stationären Arbeitstherapie und dem Sozialdienst der psychiatrischen Klinik kann ebenfalls äußerst sinnvoll sein. Wenn das Ziel die Rückkehr in ein bereits bestehendes Arbeitsverhältnis ist, ist es wichtig, dass die_der Jobcoach sich kurz auf den aktuellen Stand bringen lässt, falls während des stationären Klinikaufenthalts bereits Kontakt mit dem Betrieb aufgenommen wurde: Wer hatte mit wem Kontakt? Wurden bereits Absprachen bezüglich des Wiedereinstieges getroffen?

Zu Beginn des Job Coachings sind keine Leistungs- oder Persönlichkeitstests und auch keine diagnostischen Verfahren geplant. Gemäß des IPS-Ansatzes stellen die während des Coachings gesammelten Erfahrungen die Grundlage für die weitere Ausgestaltung der Unterstützung dar. Diese Informationen über Erfolge und Misserfolge verraten sowohl den Patient_innen als auch den Jobcoachs viel über die Möglichkeiten, in der freien Wirtschaft/ am bisherigen Arbeitsplatz tätig zu sein. Die gesammelten Erfahrungen helfen somit schrittweise zu erkennen, welche Arbeit passend ist und welche eher nicht. Dieses Erfahrungslernen ist für den Betroffenen häufig leichter nachzuvollziehen als Testergebnisse oder ähnliches.

Das Coaching soll sich generell an den Bedürfnissen der Patient_innen orientieren. Dies beinhaltet auch, dass nicht von Beginn an eine zeitliche Beschränkung festgesetzt wird. Durch diese individuell gestaltete, zeitlich unlimitierte Begleitung können Jobcoachs z.B. dabei unterstützen, länger anhaltende Über- wie auch der Unterforderungen am Arbeitsplatz zu vermeiden[86]. Unter dem Aspekt der zyklischen Entwicklung von psychischen Krankheiten macht es zudem Sinn, dass Jobcoachs sowohl während Phasen der Abschwächung als auch Phasen der Verstärkung von Symptomen als Ansprechpersonen zur Verfügung stehen.

8.6.2 Wesentliche Prinzipien des Job Coaching des Instituts für berufliche Qualifizierung und Entwicklung[87] (IFB)

Job Coaching durch das IFB wird häufig im Auftrag des LWL-Integrationsamtes Westfalen-Lippe angeboten. Menschen mit einer Schwerbehinderung (dazu zählt auch die Zielgruppe der Menschen mit psychischen Erkrankungen) werden in bestehenden Arbeitsverhältnissen im Rahmen der begleitenden Hilfen[88] unterstützt.

Als eine Form der beruflichen Qualifizierung am bestehenden Arbeitsplatz soll Job Coaching unterstützte Arbeitnehmer_innen in die Lage versetzen, so normal wie möglich am Arbeitsleben teilzuhaben und so speziell wie erforderlich dabei unterstützt zu werden. Unabhängig davon, ob das Ergebnis des Job Coaching der Erhalt des Arbeitsplatzes, eine berufliche Qualifizierung, Weiterentwicklung oder auch der Wechsel der Arbeitsstelle ist, gilt dieser Leitgedanke.

Job Coaching wird dabei nicht nur als personen- und lösungsorientierter Beratungsansatz im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der unterstützten Arbeitnehmer_innen verstanden, sondern als handelnder Gestaltungsprozess direkt am Arbeitsplatz vor Ort zusammen mit allen Beteiligten. Jobcoachs haben die Möglichkeit auf Wunsch der unterstützten Arbeitsnehmer_innen vor Ort mitzuarbeiten und können so Handwerker_innen der beruflichen Integration sein. Gerade für Menschen mit psychischen Erkrankungen kann so Neues erprobt und anschließend reflektiert werden.

„Durch die Mitarbeit am Arbeitsplatz gelingt […] [den Jobcoachs] eine Nähe zum betrieblichen System, die sonst kein Externer erreichen kann. Gemeinsam am Band stehen und die Hektik spüren, stellvertretend von einer mobbenden Arbeitsgruppe abgelehnt und ausgegrenzt zu werden oder gemeinsam mit dem Chef über das Verhalten des Mitarbeiters zu verzweifeln, genau hier liegt der Kern und die Chance“ [des Job Coaching][89].

Job Coaching ist eine Leistung an die unterstützten Beschäftigten, das heißt die Person selbst muss Unterstützung wollen und auch selbst beantragen, nachdem sie Informationen über das Angebot im persönlichen Beratungsgespräch erhalten hat.

Job Coaching bedeutet „Lernen am Arbeitsplatz[90] “. Die Aufgabe der Jobcoachs ist dabei, das Lernen zu unterstützen. Grundvoraussetzung dafür ist, immer selbst Lernende_r zu bleiben. Lernen im Betrieb ist immer mit Lernen des Betriebes verbunden: nicht nur die einzelne Arbeitnehmerin/ der einzelne Arbeitnehmer lernt im Rahmen des Job Coaching, auch die Lernerfahrungen von Kolleg_innen und Vorgesetzten haben eine wichtige Wirkung auf den gesamten Prozess und sind ein Zeichen für die Wirkung dieser Maßnahme in das betriebliche System hinein.

In der Haltung der Jobcoachs zur Arbeit haben sich folgende Aspekte bewährt:

  • Empathie gegenüber den unterstützten Arbeitnehmer_innen und den weiteren Prozessbeteiligten.

  • Wertschätzung und Respekt gegenüber unterstützten Arbeitnehmer_innen. Hierzu zählt vor allem das Annehmen der inneren Realität unterstützter Arbeitnehmer_innen, ihrer Stärken und Schwächen, ihrer Möglichkeiten und Grenzen.

  • In der Zusammenarbeit mit allen Prozessbeteiligten ist die aus dem systemischen Ansatz stammende Allparteilichkeit [91] eine sehr wesentliche und hilfreiche Grundhaltung, die in der Praxis immer wieder aktiv durch die Jobcoachs gesucht werden sollte. Allparteilichkeit ist laut Schlippe/ Schweitzer die Fähigkeit, für alle Mitglieder des Arbeitsteams oder der Abteilung gleichermaßen Partei ergreifen zu können und die Verdienste jedes Beteiligten anzuerkennen und würdigen zu können.

  • Neugier auf die Menschen und das betriebliche System sowie Spaß und Engagement beim Suchen, Entdecken, Finden und Gestalten von neuen beruflichen Möglichkeits- und Erfahrungsräumen für unterstützte Arbeitnehmer_innen.

  • Das Arbeiten mit Hypothesen hat sich in der praktischen Arbeit der Jobcoachs bewährt. Diese können sich im Verlauf des Trainings bewahrheiten oder sie können verworfen werden. So können gemeinsam mit den unterstützten Arbeitnehmer_innen gestellte Hypothesen in der beruflichen Realität überprüft werden:

Fallbeispiel: In der Vergangenheit hatte ein unterstützter Arbeitnehmer wiederholt aggressive Konflikte mit seinem Schichtleiter. Die Konflikte standen im Zusammenhang mit seiner Arbeitsleistung, er erledigte nicht alle erforderlichen Arbeiten an einer Verpackungsmaschine. Im gemeinsamen Gespräch zwischen ihm und dem Jobcoach entstand die Arbeitshypothese, dass die Absprachen zwischen ihm und seinem Schichtleiter (wer für welche Aufgaben verantwortlich ist) nicht ausreichen könnten. Basierend auf dieser Hypothese wurde ein gemeinsames Gespräch initiiert, um die notwendigen Absprachen gemeinsam zu entwickeln und schriftlich zu fixieren. Letztlich musste die Hypothese jedoch verworfen werden, da es trotz dieser Maßnahme zu weiteren Eskalationen kam. In der gemeinsamen Reflexion wurde herausgearbeitet, dass der unterstützte Arbeitnehmer mit den Anforderungen des Arbeitsplatzes vor dem Hintergrund seiner Lebenssituation und seiner psychischen Erkrankung überfordert und dadurch fast dauerhaft überlastet ist. Erst die gemeinsam zwischen Jobcoach und unterstütztem Arbeitnehmer entwickelte neue Arbeitshypothese: „Eine Entlastung durch Reduzierung der Arbeitszeit könnte die notwendige Kraft zur vollständigen Erfüllung seiner verbleibenden Aufgaben zur Folge haben“ konnte in der anschließenden Erprobung bestätigt werden. Die Konflikte legten sich und der Wunsch des unterstützten Arbeitnehmers, den Arbeitsplatz zu erhalten, konnte realisiert werden.

Im Detail kann für das Angebot des IFB folgender Ablauf zum Angebot von Job Coaching in bestehenden Arbeitsverhältnissen beschrieben werden:

Phase 1: Abklärung der Situation am Arbeitsplatz

  • Informationen sammeln über Tätigkeit und betriebliche Rahmenbedingungen

  • Berufliche und gesundheitsbezogene Anamnese erheben

  • Aktuelle Situation am Arbeitsplatz aus Sicht der_des Arbeitnehmers_in und des Betriebes erfragen und möglichst eine Arbeitsplatzbesichtigung als Informationsquelle nutzen

  • Ziele der_des Arbeitnehmers_in und des Betriebes (Arbeitgeber_in; Vorgesetzte) erfragen bzw. erarbeiten

  • Vorstellung von Job Coaching-Angebotes gegenüber der_dem Arbeitnehmer_in und dem Betrieb

  • Entscheidung der_des Arbeitnehmers_in und des Betriebes für oder gegen ein Job Coaching

Phase 2: Schriftliche Beschreibung des individuellen Bedarfes und Empfehlung der Maßnahme

  • Zusammenfassung der vorliegenden Informationen zur unterstützten Person und zum Arbeitsplatz/ Betrieb

  • Fachliche/ Fachdienstliche Beschreibung des Coaching- bzw. Qualifizierungsbedarfes am Arbeitsplatz für die_den unterstützte_n Arbeitnehmer_in und für den Betrieb

  • Vorschlag eines Job Coaching, Rahmen der Qualifizierungsmaßnahme:

  • Vereinbarte Ziel(e)

  • Vereinbarte Dauer

  • Stundenbudget

  • Ungefähre Frequenz

Phase 3: Durchführung des Job Coaching am Arbeitsplatz

  • Erstgespräch

  • Job Coaching am Arbeitsplatz, ggf. Kooperationsgespräche mit betriebsinternen oder betriebsexternen Beteiligten

  • Zwischengespräch(e) am Arbeitsplatz/ Reflexion und Ausblick

  • Weiterführung des Trainings

Phase 4: Abschluss/ Übergang zur Begleitung am Arbeitsplatz

  • Abschlussgespräch/ gemeinsame Reflexion möglichst mit allen Prozessbeteiligten

  • Weitere Begleitung nach Bedarf der unterstützten Person/ des Betriebes (z.B. durch andere Dienste)

8.7 Umgang mit psychischen Krisen am Arbeitsplatz

Um das Ziel einer langfristigen Integration in den Arbeitsmarkt zu erreichen, sollte die Kompetenz der unterstützten Arbeitnehmer_innen geschult werden, nach Möglichkeit psychische Krisen frühzeitig zu erkennen, da zur Arbeitnehmer_innenrolle ganz wesentlich gehört, verbindlich und zuverlässig sein zu können. Ohne diese Fähigkeiten werden unterstützte Arbeitnehmer_innen ihre Stellen in der Regel nicht lange halten können. Insbesondere in der Zusammenarbeit mit Menschen mit psychischen Erkrankungen sollte erarbeitet werden, welche Maßnahmen die_der unterstützte Arbeitnehmer_in ergreift, wenn sich Frühwarnzeichen manifestieren oder sich eine akute psychische Krise anbahnt. Hierzu gehört auch zu entscheiden, ob und wenn ja, welche Informationen der Betrieb über mögliche Auswirkungen akuter psychischer Krisen erhalten soll.

Fallbeispiel: Herr A. ist Betriebsdisponent und leidet unter einer bipolaren Störung. In symptomfreien Phasen ist er ein umgänglicher, hilfsbereiter und zuverlässiger Angestellter. In manischen Phasen jedoch wird er laut, beleidigend und ausfallend. Diese Phasen dauern unbehandelt Monate, danach folgen schwere depressive Phasen. Als Herr A. nach einem manischen Schub in der Klinik war, nahm er Kontakt mit der Jobcoach auf. Sie vereinbarten, dass die Jobcoach Kontakt mit dem Arbeitgeber aufnimmt, um ein Gespräch zu dritt zu erreichen. Dies gelang, der Arbeitgeber war jedoch aufgrund der Vorfälle verunsichert und skeptisch, Herrn A. wieder im Betrieb arbeiten zu lassen. Herr A. erklärte in der gemeinsamen Besprechung genau, welche Auswirkungen seine Krankheit für ihn hat. Er ist erschreckt, als ihm der Arbeitgeber erzählt, was während der manischen Phase alles vorgefallen ist. Sie beschließen, dass Herr A. seine Arbeit wieder aufnehmen kann. Da er aber seine Arbeitskollegen beschimpft hatte, muss er sich bei diesen entschuldigen. Herr A. entschloss sich, seine Arbeitskollegen über seine Krankheit zu informieren. Dies bereitete er mit der Jobcoach vor. In einer Teamsitzung erläuterte er, wie sich manische Schübe äußern können und dass die Beschimpfungen Teil der Symptomatik und nicht persönlich gemeint sind. Da Herr A. sich sehr wegen des Kontrollverlusts schämte, brauchte er viel Unterstützung, um diesen Wiedereinstieg zu meistern. Durch noch vorhandene depressive Symptome wie Antriebsarmut, schlechtes Selbstwertgefühl und Konzentrationsstörungen war der Einstieg für Herrn A. zusätzlich erschwert. Seit drei Jahren arbeitet Herr A. nun wieder als Betriebsdisponent. Er hatte in dieser Zeit zwei manische Krisen. Diese konnten aber bei Beginn erkannt und zeitnah behandelt werden, sodass er am Arbeitsplatz nicht negativ auffiel. In diesem Fall wurden die Krisen jeweils vom Vorgesetzten erkannt, da Herr A. als erstes Symptom schneller und ungenauer zu arbeiten beginnt. Solche Frühwarnsymptome sind in Reflexionsgesprächen nicht so gut sichtbar wie bei der Arbeit.

Es empfiehlt sich, im Vorfeld Notfallpläne zu erarbeiten: Nennung der Personen, bei denen sich der Betroffene und (bei entsprechender Absprache) der Arbeitgeber melden kann (Name, Funktion, Telefonnummer, Erreichbarkeit).

Hinweis zur Erreichbarkeit der Jobcoachs: Bei psychischen Krisen am Arbeitsplatz ist insbesondere die Erreichbarkeit der Jobcoachs für unterstützte Arbeitnehmer_innen und Arbeitgeber_innen wichtig und gibt Sicherheit. Falls man als Jobcoach teilzeiterwerbstätig ist wird empfohlen, eine Stellvertretung anzugeben oder andere Institutionen mit einzubinden (wie beispielsweise ein Kriseninterventionszentrum). Liegen die Arbeitszeiten der_des unterstützten Arbeitnehmer_in ausserhalb der Bürozeiten der_des Jobcoachs sollten diese Nummern bereits direkt zu Beginn des Job Coaching Prozesses weitergegeben werden.

Wenn dies personell umsetzbar ist, hat sich in verschiedenen Fachdiensten eine Zuständigkeit von zwei Mitarbeiter_innen pro unterstützter Person bewährt. Hierdurch sind Vertretungen klar einschätzbar für die unterstützte Person und den Betrieb geregelt und zudem verbessert sich die Möglichkeit kollegialer Fallbesprechungen.



[46] Zuber/ Weis/ Koch: Psychologische Aspekte der Rehabilitation. In Baumann/ Perrez: Klinische Psychologie – Psychotherapie, 2. Auflage 1998, S. 485–506.

[47] Marshall/ Crowther/ Almaraz-Serrano/ Creed/ Sledge/ Kluiter/ et al.: Systematic reviews of the effectiveness of day care for people with severe mental disorders: (1) acute day hospital versus admission; (2) vocational rehabilitation; (3) day hospital versus outpatient care, Health Technology Assessment, 5(21), 2001, S. 1–75.

[48] Bengtsson-Tops/ Hansson: Subjective quality of life in schizophrenic patients living in the community. Relationship to clinical and social characteristics. European Psychiatry, 14(5), 1999, S. 256–263.

[49] Putzke/ Klüssendorf/ Blettner: Job Coaching: Qualifizieren und Lernen im Betrieb – Professionelles Handeln und Praxisbeispiele. Modulunterlagen Unterstützte Beschäftigung (BAG UB), Hamburg: 7. Auflage 2011.

[50] Gaebel: Schizophrenien und wahnhafte Störungen. In: Freyberger/ Schneider/ Stieglitz/ Spoerri: Kompendium - Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin, 11. Auflage 2002, S. 82–99.

[51] Stelling/ Kuhn/ Riedel-Heller/ Jungbauer: Entwicklungsprobleme bei jungen Erwachsenen mit einer psychischen Erkrankung: Ergebnisse einer qualitativen Interviewstudie. Psychiatrische Praxis, 36(3), 2009, S. 119–124.

[52] Haug/ Ahrens: Affektive Störungen. In Freyberger/ Schneider/ Stieglitz (Hrsg.): Kompendium – Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin, 11. Auflage 2002 S. 100–118.

[53] Frank/ Koss: Mental Health and Labour Markets Productivity Loss and Restauration, 2005.

[54] Finzen: Schizophrenie. Die Krankheit verstehen, 7.Auflage 2004.

[55] Haug/ Ahrens: Affektive Störungen. In: Freyberger/ Schneider/ Stieglitz (Hrsg.): Kompendium – Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin, 11. Auflage 2002 S. 100–118.

[56] Dittmann/ Ermer/ Stieglitz: Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen Erwachsener. In: Freyberger/ Schneider/ Stieglitz: Kompendium – Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin, 11. Auflage 2002 S. 185–197.

[57] Watzl/ Cohen: Schizophrenie: Intervention. In: Baumann/ Perrez: Klinische Psychologie – Psychotherapie, 2. Auflage 1998, S. 837–852.

[58] Steinert: Teilhabe am Arbeitsleben. In Bosshard/ Ebert/ Lazarus: Soziale Arbeit in der Psychiatrie, 3. Auflage 2007, S. 484–506.

[61] Becker/ Drake: A working Life: The Individual Placement and Support (IPS) Program, 1993. Konkrete Ausführungen zur Umsetzungspraxis von IPS in der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich finden sich in Kapitel 8.6.1.

[62] Rüst/ Debrunner weisen in ihrem Buch, Supported emloyment, 2005, S. 93, darauf hin, dass einige Anbieter von Job Coaching eine Prozessbegleitung, bei der unterstützte Arbeitnehmer_innen eine Kontaktaufnahme zum Betrieb grundsätzlich ausschließen, nicht als sinnvoll erachten.

[63] Drake/ Skinner/ Bond/ Goldman: Social security and mental illness: reducing disability with supported employment in Health Affairs 28(3), 2009, S. 761–770.

[64] Putzke/ Klüssendorf/ Blettner: Job Coaching: Qualifizieren und Lernen im Betrieb – Professionelles Handeln und Praxisbeispiele. Modulunterlagen Unterstützte Beschäftigung (BAG UB), Hamburg: 7. Auflage 2011.

[65] Paras/ Kawohl/ Rössler (in Bearbeitung): Supported Employment in der Sozialpsychiatrie (Arbeitstitel). Psychiatrische Universitätsklinik Zürich.

[66] Dehnhardt: WRI: Benutzerhandbuch für das Worker Role Interview (Anwendung ), Version 10.0, 2007.

[67] Zur Anwendung des Worker Role Interview im Bereich der Arbeitsanamnese vgl. Kapitel 4.1.2.

[68] Diese kann herunter geladen werden unter: http://www.lwl.org/abt61-download/html/AT-Forum/pdfs/Checkliste_Job-Coaching_22.10.2007.pdf (Zugang 02.07.2010).

[69] Dalhoff/ Hirsch: Betriebliches Arbeitstraining. In: Köhler/ Steier-Mecklenburg: Arbeitstherapie und Arbeitsrehabilitation – Arbeitsfelder der Ergotherapie, 2008, S. 162–171.

[70] 76 Ebd.

[71] Ebd.

[72] Ebd.

[73] Ebd.

[74] Diese Vorlage stammt aus der psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. Die hier praktizierte Arbeitsweise, die bereits eine Kontaktaufnahme der Jobcoachs mit interessierten Patient_innen in der Klinik vorsieht, bezieht die behandelnden Ärzt_innen direkt in die Zielvereinbarung mit ein. Andere Konzepte sehen eine solche Einbeziehung von Ärzt_innen nicht vor, diese werden ggf. im Rahmen der Umfeldarbeit kontaktiert.

[75] Becker/ Drake: A working Life: The Individual Placement and Support (IPS) Program, 1993.

[76] Ebd.

[77] Bond: Supported employment: evidence for an evidence-based practice. Psychiatric Rehabilitation Journal, 27(4), 2004, S. 345–359.

[78] Becker /Drake: A working Life: The Individual Placement and Support (IPS) Program, 1993, S. 5.

[79] Crowther/ Marshall/ Bond/ Huxley: Helping people with severe mental illness to obtain work: systematic review. British Medical Journal, 322 (7280), 2001, S. 204.

[80] Bond/ Drake/ Becker: An Update on Randomized Controlled Trials of Evidence-Based Supported Employment. Psychiatric Rehabilitation Journal, 31(4), 2008, S. 280–290.

[81] Cook/ Razzano: Vocational rehabilitation for persons with schizophrenia: recent research and implications for practice. Schizophrenia Bulletin, 26(1), 2000, S. 87–103.

[82] Ebd.

[83] Becker/ Drake: A working Life: The Individual Placement and Support (IPS) Program, 1993.

[84] Ebd.

[85] Ebd.

[86] Cook/ Razzano: Vocational rehabilitation for persons with schizophrenia: recent research and implications for practice. Schizophrenia Bulletin, 26(1), 2000, S. 89.

[87] www.i-f-b.org.

[88] Nähere Informationen zu begleitenden Hilfen des Integrationsamtes sind z.B. unter http://www.lwl.org/LWL/Soziales/integrationsamt/leistungen/ zu finden (Zugang: 05.07.2010).

[89] Hötten: Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen IFD und Job-Coach – Fachtag am 28.09.2006 in Münster, Eingangsreferat. https://www.lwl.org/abt61-download/html/AT-Forum/pdfs/Zusammenarbeit_zwischen_IFD_und_Job-Coach_Vortrag_Hoetten_28.09.06.pdf.

[90] Ebd.

[91] Schlippe von/ Schweitzer: Lehrbuch der Systemischen Therapie und Beratung, 7. Auflage, 2000.

9. Literaturliste

Bücher

Aktion Psychisch Kranke e.V. (Hrsg.): Individuelle Wege ins Arbeitsleben. Abschlussbericht zum Projekt „Bestandsaufnahme zur Rehabilitation psychisch Kranker“, Bonn: 2004.

Brüggemann, Helga / Ehret-Ivankovic, Kristina / Klütmann, Christopher: Systemische Beratung in fünf Gängen – Ein Leitfaden, Göttingen: 2. Auflage 2007

Aktion Psychisch Kranke e.V.; Schmidt-Zadel, Regina / Pörksen, Nils (Hrsg.): Teilhabe am Arbeitsleben. Arbeit und Beschäftigung für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, Bonn: 2002.

Basener, Dieter / Häußler, Silke: Bamberg bewegt. Integration in den Arbeitsmarkt: Eine Region wird aktiv, Hamburg: 2008.

Bechdolf, Andreas / Juckel, Georg: Psychoedukation bei Menschen mit erhöhtem Psychoserisiko, Stuttgart: 2006.

Becker, Deborah R. / Drake, Robert E.: A working Life. The Individual Placement and Support (IPS) Program, New Hampshire-Dartmouth: 1993.

Cook, Judith A. / Razzano, Lisa: Natural vocational supports for persons with severe mental illness: Threshold supported competitive employment program. In: Innovations in Mental Health Services, San Francisco: 1995. S. 23-43.

Cumming, John / Cumming, Elaine: Ich und Milieu. Theorie und Praxis der Milieutherapie, Göttingen: 1979.

Dalhoff, Anke / Hirsch, Thorsten: Betriebliches Arbeitstraining. In: Arbeitstherapie und Arbeitsrehabilitation – Arbeitsfelder der Ergotherapie, Stuttgart: 2008. S. 162-171.

Dehnhardt, Barbara: WRI: Benutzerhandbuch für das Worker Role Interview (Anwendung) Idstein: Version 10.0, 2007.

Dittmann, Volker / Ermer, A. / Stieglitz, Rolf-Dieter: Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen Erwachsener. In: Kompendium –Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin, Basel: 11. Auflage, 2002. S. 185-197.

Faller, Gudrun (Hrsg.): Lehrbuch Betriebliche Gesundheitsförderung, Bern: 2010.

Finzen, Asmus: Schizophrenie. Die Krankheit verstehen, Bonn: 7. Auflage, 2004.

Fischer, Gottfried / Riedesser, Peter: Lehrbuch der Psychotraumatologie, Stuttgart: 3. Auflage, 2009.

Frank, Richard G. / Koss, Catherine: Mental Health and Labour Markets Productivity Loss and Restoration, Genf: 2005.

Freyberger, Harald J. / Schneider, Wolfgang / Stieglitz, Rolf-Dieter / Spoerri, Theodor: Kompendium –Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin, Basel: 11. Auflage, 2002.

Gaebel, Wolfgang: Schizophrenien und wahnhafte Störungen. In: Kompendium –Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin, Basel: 11. Auflage, 2002. S. 82-99.

Häcker, Hartmut /Stapf, Kurt-Hermann (Hrsg.): Dorsch Psychologisches Wörterbuch, Bern: 1998.

Haerlin, Christiane: Die Kompetenz zum Verhandeln – eine Forderung in der Arbeitstherapie und beruflichen Rehabilitation. In: Arbeit schaffen. Initiativen, Hilfen, Perspektiven für psychisch Kranke, Bonn: 1998 S. 31-47.

Haerlin, Christiane: Berufliche Beratung psychisch Kranker, Bonn: 2010. 85

Hamburger Arbeitsassistenz (Hrsg.): bEO – berufliche Erfahrung und Orientierung. Ein Angebot der Hamburger Arbeitsassistenz für Schülerinnen mit Lernschwierigkeiten, Hamburg: 2007 S. 130-133.

Haug, Hans-Joachim / Ahrens, Bernd: Affektive Störungen. In: Kompendium –Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatische Medizin, Basel: 11. Auflage, 2002. S. 100-118.

Hesse, Jürgen / Schrader, Hans Christian: Das große Hesse/Schrader Bewerbungshandbuch. Alles, was Sie für ein erfolgreiches Berufsleben wissen müssen, Frankfurt a. M.: 2007.

Kielhofner, Gary / Braveman, Brent / Robson, Mick / Velozo, Craig / Fisher, Gail / Forsyth, Kirsty / Kerschbaum, Jennifer: WRI - Benutzerhandbuch für das Worker Role Interview, Idstein: 1. Auflage 2007

Kielhofner, Gary / Marotzki, Ulrike / Mehntrup, Christiane: Model of Human Occupation (MOHO). Grundlagen für Praxis (Ergotherapie - Reflection and Analysis), Heidelberg: 2005.

Knuf, Andreas: Empowerment in der psychiatrischen Arbeit, Bonn: 2006.

Köhler, Kirsten / Steier-Mecklenburg, Friederike (Hrsg.): Arbeitstherapie und Arbeitsrehabilitation – Arbeitsfelder der Ergotherapie, Stuttgart: 2008.

Konnerth, Tanja: Kleine Wunder warten überall. Lebensfreude für den Alltag, Freiburg im Breisgau: 2006.

Mathe, Thomas: Medizinische Soziologie und Sozialmedizin, Idstein: 2003.

Mecklenburg, Hermann / Storck, Joachim (Hrsg.): Handbuch berufliche Integration und Rehabilitation, Bonn: 2008.

Mentzos, Stavros: Psychodynamische Modelle in der Psychiatrie, Göttingen: 5. Auflage, 2002.

Paras, Svetlana / Kawohl, Wolfram / Rössler, Wulf: Supported Employment in der Sozialpsychiatrie. (Arbeitstitel), Zürich: in Bearbeitung der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich.

Riemann, Fritz: Grundformen der Angst. Eine tiefenpsychologische Studie, München: 39. Auflage, 2009.

Rosenbrock, Rolf / Michel, Claus: Primäre Prävention. Bausteine für eine systematische Gesundheitssicherung, Berlin: 2007.

Rüst, Thomas / Debrunner, Annelies: Supported Employment. Modelle unterstützter Beschäftigung bei psychischer Beeinträchtigung, Zürich/Chur: 2005.

Steinert, Anja: Teilhabe am Arbeitsleben. In: Soziale Arbeit in der Psychiatrie, Bonn: 3. Auflage, 2007. S. 484-506.

Stieglitz, Rolf-Dieter / Baumann, Urs / Perrez, Meinrad (Hrsg.): Fallbuch zur Klinischen Psychologie und Psychotherapie, Bern: 2007.

Von Schlippe, Arist / Schweitzer, Jochen: Lehrbuch der systematischen Therapie und Beratung, Göttingen: 8. Auflage, 2002.

Watzl, Hans / Cohen, Rudolf: Schizophrenie: Intervention. In: Klinische Psychologie – Psychotherapie, Bern: 2. Auflage 1998. S. 837-852.

Weber, Peter (Hrsg.): Tätig sein. Jenseits der Erwerbsarbeit, Bonn: 2005.

Weber, Peter / Steier, Friederike: Arbeit schaffen. Initiativen, Hilfen, Perspektiven für psychisch Kranke, Bonn: 1998.

Wienberg, Günther (Hrsg.): Schizophrenie zum Thema machen. Psychoedukative Gruppenarbeit mit schizophren und schizoaffekiv erkrankten Menschen, Bonn: 2. stark bearbeitete und erweitert Auflage 1997. 86

Zuber, J. / Weis, J. / Koch, U.: Psychologische Aspekte der Rehabilitation. In: Klinische Psychologie – Psychotherapie, Bern: 2. Auflage, 1998. S. 485-506.

Artikel

Baer, Niklas / Fasel, Tanja: Sie wäre so begabt, Familiendynamik, Systemische Praxis und Forschung, Stuttgart: 34. Jahrgang, Heft 4, 2009. S. 346.

Bengtsson-Tops, Anita / Hansson, Lars: Subjective quality of life in schizophrenic patients living in the community. Relationship to clinical and social characteristics, European Psychiatry, Zaragoza (Spanien): 14. Jahrgang, Heft 5, 1999. S. 256-263.

Bond, Gary R. / Drake, Robert E. / Becker, Deborah: An Update on Randomized Controlled Trials of Evidence-Based Supported Employment, Psychiatric Rehabilitation Journal, Boston (USA): 31. Jahrgang, Heft 4, 2008. S. 280-290.

Bond, Gary R.: Supported employment: evidence for an evidence-based practice, Psychiatric Rehabilitation Journal, Boston (USA): 27. Jahrgang, Heft 4, 2004. S. 345-359.

Bungart, Jörg: Es gibt eine Menge Gründe, warum in unserer Gesellschaft immer mehr Leute verrückt werden, impulse, Fachmagazin der BAG UB: Nr. 36 (2005), S. 47ff. und Nr. 37 (2006), S. 28ff.

Cook, Judith A. / Razzano, Lisa: Vocational rehabilitation for persons with schizophrenia: recent research and implications for practice, Schizophrenia Bulletin, Oxford (USA): 26. Jahrgang Heft 1, 2000. S. 87-103.

Crowther, R. E. / Marshall, M. / Bond, G. R. / Huxley, P.: Helping people with severe mental illness to obtain work: systematic review, British Medical Journal, London (England): 322. Jahrgang, Heft 7280, 2001. S. 204-208.

Drake, R. E. / Skinner, J. S. / Bond, G. R. / Goldmann, H. H.: Social security and mental illness: reducing disability with supported employment, Healths Affairs, Bethesda (USA): 28. Jahrgang, Heft 3, 2009. S. 761-770.

Heiber-Stiepani, Joachim: Coaching und Selbstmanagement in der beruflichen Rehabilitation psychisch erkrankter Menschen in Zeiten des Überganges von der Patienten- in die Arbeitnehmerrolle, Sozialpsychia-trische Informationen, Bonn: Heft 1, 2002. S. 28-34.

Hötten, Reinhard: Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen IFD und Job-Coach, Münster: 2006.

Marshall, M. / Crowther, R. / Almaraz-Serrano, A. / Creed, F. / Sledge, W. / Kluiter, H. / et.al.: Systematic reviews of the effectiveness of day care for people with severe mental disorders: (1) acute day hospital versus admission; (2) vocational rehabilitation; (3) day hospital versus outpatient care, Health Technology Assessment, Southampton (USA): 5. Jahrgang, Heft 21, 2001. S. 1-75.

Matschnig, Teresa / Frottier, Patrick / Seyringer, Michaela-Elena / Frühwald, Stefan: Arbeitsrehabilitation psychisch kranker Menschen – ein Überblick über Erfolgsprädiktoren, Psychiatrische Praxis, Stuttgart: 35. Jahrgang, Heft 6, 2008. S. 271-278.

Michon, H. W. / van Weeghel, J. / Kroon, H. / Schene, A. H.: Person-related predictors of employment outcomes after participation in psychiatric vocational rehabilitations programmes- a systematic review, Social Psychiatry and Psychiatric Epidemiology, Berlin Heidelberg: 40. Jahrgang, Heft 5, 2005. S. 408-416.

Schellenberg, Annett: In einen neuen Job begleiten, Ergopraxis Nr. 9, Stuttgart: 2. Jahrgang, 2009. S. 32-34. 87

Stelling, Kirsten / Kuhn, Katharina / Riedel-Heller, Steffi / Jungbauer, Johannes: Entwicklungsprobleme bei jungen Erwachsenen mit einer psychischen Erkrankung: Ergebnisse einer qualitativen Interviewstudie, Psychiatrische Praxis, Stuttgart: 36. Jahrgang, Heft 3, 2009. S. 119-124.

Vorträge

Lauber Christoph: Perspektiven der beruflichen Rehabilitation schwer und chronisch psychisch Kranker, Zürich; 5. Internationale Zürich Konferenz, Psychiatrische Universitätsklinik Zürich: 17.09.2009.

Stinshoff, Wolfgang, Praxis für Psychotherapie, Beratung & Supervision Köln: Angst!?, Weimar; Tagung der Deutschen Gesellschaft für soziale Psychiatrie: Weimar 02/2007; n.v.

Sonstiges

Detmar, Winfried / Gehrmann, Manfred / König, Ferdinand / Momper Dirk / Pieda Bernd / Radatz, Achim: Entwicklung der Zugangszahlen zu Werkstätten für behinderte Menschen, ISB – Gesellschaft für Integration, Sozialforschung und Betriebspädagogik gGmbH, Im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Berlin: 2008.

Putzke, Susanne / Klüssendorf, Andrea / Blettner, Markus: Job Coaching: Qualifizieren und Lernen im Betrieb – Grundlagen professionellen Handelns und Praxisbeispiele. Modulunterlagen Unterstützte Beschäftigung (BAG UB), Hamburg: 7. Auflage 2011. 88

10. Die Autor_innen

Bärtsch, Bettina geb.: 1964 Leiterin Supported Employment in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, Psychologin lic. phil, eidg. dipl. Berufsberaterin, z. Z. im Masterlehrgang Supervision und Coaching in Organisationen.

Hirsch, Thorsten geb.: 1973 Betrieblicher Arbeitstrainer und Institutsleiter im Institut für berufliche Qualifizierung und Entwicklung, Nottuln; Ergotherapeut B.Sc.Occ.Th., Systemischer Berater (SG).

Huber, Micheline geb.: 1984 Job Coach im Bereich Supported Employment in der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich, Studium der Psychologie und Sozialpädagogik (Abschluss 2011).

Meichsner, Tatjana geb.: 1970 Psycho-soziale Mitarbeiterin, BTZ Berufliche Bildung Köln GmbH (berufliche Rehabilitation für Menschen mit psychischer Erkrankung), Sozialpädagogin, Analytisch-systemische Therapeutin.

Schellenberg, Annett geb.: 1964 Arbeitspädagogin, BTZ Berufliche Bildung Köln GmbH (berufliche Rehabilitation für Menschen mit psychischer Erkrankung), Ergotherapeutin, Bachelor of Science in Occupational Therapy.

Siepelmeyer-Müller, Ulrike geb.: 1949 Mitarbeiterin der Selbsthilfegemeinschaft psychisch Kranker – SHG-Schwerte, Kontakt- und Beratungsstelle „wigge“, Ergotherapeutin.

Stumpf, Ingrid geb.: 1966 Bereichsleiterin im BTZ Berufliche Bildung Köln GmbH (berufliche Rehabilitation für Menschen mit psychischer Erkrankung) Dipl.-Sozialpädagogin, Integrationsberaterin, systemische Beraterin

Quelle

Ingrid Stumpf et al.: Job Coaching: Qualifizieren und Lernen im Betrieb; Schwerpunkt: Betriebliche Teilnahme von Menschen mit psychischer Erkrankung. Herausgeber: Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung (BAG UB), Hamburg 2011.

bidok-Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 24.02.2017

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