Der seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde

In Einfacher Sprache

Schlagwörter: Literatur
Textsorte: Buch
Releaseinfo: Herausgegeben vom Spaß am Lesen Verlag
Copyright: © Spaß am Lesen Verlag 2016

Informationen von bidok

Robert Louis Stevenson hat ein Buch geschrieben.

Das Buch heißt:

Der seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde.

Das Buch gibt es jetzt auch in Einfacher Sprache.

In unserer Bibliothek können Sie

in das Buch hinein-lesen.

Sie finden hier die ersten Seiten von dem Buch.

Das ganze Buch können Sie für 9,50 Euro bestellen.

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Spaß am Lesen Verlag.

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Das Buch ist vom Spaß am Lesen Verlag.

Einige Wörter sind fett geschrieben.

Das sind schwere Wörter.

Die schweren Wörter werden in einer Wörter-Liste erklärt.

Die Wörter-Liste finden Sie am Ende von diesem Text.

Einführung

Robert Louis Stevenson wurde 1850 in Edinburgh

(Schottland) geboren. Er studierte zunächst Jura

an der Universität in Edinburgh. Dann entschloss

er sich aber dazu, Schriftsteller zu werden. Doch

leider wurde er sehr krank. Er litt an Tuberkulose,

einer gefährlichen Erkrankung der Lunge. Sein Arzt

schickte ihn auf Reisen, in wärmere Gegenden.

Dort sollte er sich erholen. Stevenson schrieb über

diese Reisen. Und damit verdiente er auch etwas

Geld.

Im Jahr 1880 heiratete Stevenson Fanny Osborne.

Ein Jahr später schrieb er Die Schatzinsel für Fannys

kleinen Sohn. 1886 wurde sein Roman Entführt

veröffentlicht. Beide Bücher waren beliebt, brachten

Stevenson aber nicht viel Geld ein. 1886 schrieb er

auch die Erzählung Der seltsame Fall von Dr. Jekyll

und Mr. Hyde. Dieses Buch machte Stevenson sehr

bekannt. Außerdem brachte es mehr Geld ein, da

es von Erwachsenen gekauft und gelesen wurde.

Robert Louis Stevenson dachte sich den größten

Teil dieser Gruselgeschichte aus, als er krank war.

In nur drei Tagen hatte er die ganze Geschichte

geschrieben. Fanny überredete ihren Ehemann dazu,

sie umzuschreiben.

Sie war der Meinung, eine Geschichte über Gut

und Böse sei besser als eine Gruselgeschichte.

Der seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde zeigt

uns, dass Menschen Gut und Böse in sich tragen.

Sie bemühen sich ständig, das Böse vor anderen zu

verstecken. Und sie haben Angst, dass das Böse am

Ende stärker ist als das Gute.

Ein Jahr nach der Veröffentlichung der Erzählung

starb Stevensons Vater. Er hinterließ seinem Sohn

Geld. Damit konnte Robert Louis Stevenson mit

seiner Familie nach Samoa umziehen. Samoa ist

eine Insel im Pazifik. Die Wärme dort war gut für

seine Gesundheit. Stevenson lebte bis zu seinem

Tod im Jahr 1894 auf Samoa, wo er noch weitere

Bücher schrieb.

Personen

Dr. Henry Jekyll

Ein gutherziger, erfolgreicher Arzt. Aussprache:

Doktor Henri Dschäkill. „Dr.“ ist die Abkürzung von

Doktor.

Mr. Edward Hyde

Jekylls Furcht einflößender Freund. Aussprache:

Mister Edword Haid. „Mr.“ ist die Abkürzung vom

englischen „Mister“, auf Deutsch: Herr.

Mr. Enfield

Ein Freund von Mr. Utterson. Aussprache:

Mister Enfield (mit Betonung auf „En“).

Mr. Utterson

Ein Rechtsanwalt. Freund von Enfield und Jekyll.

Aussprache: Mister Attersn.

Dr. Lanyon

Ein Arzt und alter Studienfreund von Dr. Jekyll.

Aussprache: Doktor Länjen.

Mr. Poole

Jekylls treuer Butler. Butler ist ein anderes Wort

für Diener. Aussprache: Mister Puhl.

Sir Danvers Carew

Ein Mitglied der Regierung. Aussprache:

Sör Dänwers Käru. Das englische „Sir“ ist ein Titel

für einen Mann, der dem Adel angehört.

Mr. Guest

Ein Angestellter von Mr. Utterson.

Aussprache: Mister Gest.

Kommissar Newcomen

Kommissar der Londoner Kriminalpolizei.

Aussprache: Niukamen

Die Geschichte von der Tür

Mr. Enfield ging die Straße entlang.

Es war Winter, und es war drei Uhr morgens.

Mr. Enfield zitterte vor Kälte.

Obwohl die Straßenlampen brannten, hatte er Angst.

Und er dachte bei sich:

„Wäre nur ein Polizist unterwegs!

Dann würde ich mich sicherer fühlen.“

Noch nie waren ihm die Straßen so menschenleer

erschienen wie heute.

Plötzlich hörte Mr. Enfield schnelle Schritte.

Nein, jemand rannte. Es war ein Mädchen.

Vielleicht acht oder neun Jahre alt.

Als Mr. Enfield das Mädchen sah, seufzte er

erleichtert auf.

Da kam plötzlich ein kleiner Mann aus der

Gegenrichtung angerannt.

Er stieß so heftig mit dem Mädchen zusammen,

dass es zu Boden fiel.

Doch dann geschah etwas Furchtbares:

Anstatt stehen zu bleiben, trampelte der Mann

über das Mädchen hinweg.

Und rannte einfach weiter.

Als hätte er es überhaupt nicht bemerkt.

Als sei nichts geschehen.

Als sei er gar kein Mensch.

Mr. Enfield geriet in Wut.

Die Wut war größer als seine Angst.

„Kommen Sie sofort zurück, Sie!“, schrie er

dem Mann hinterher.

Doch der Mann blieb nicht stehen.

Also rannte Enfield hinter ihm her.

Er bekam ihn am Kragen zu fassen und schleppte

ihn zurück zu dem Mädchen.

Das lag weinend am Boden.

„Schauen Sie! Schauen Sie, was Sie angerichtet

haben!“, rief Mr. Enfield.

Der Mann sah Mr. Enfield mit einem Furcht

einflößenden Blick an.

Inzwischen waren andere Menschen herbeigeeilt.

Und auch ein Arzt war plötzlich da.

Alle schauten entsetzt.

Außer dem Mann, der das Mädchen überrannt hatte.

Er stand einfach da, kühl und gelassen.

Ein höhnisches Grinsen lag auf seinem Gesicht.

Ihn schien das Geschehene nicht zu berühren.

Mr. Enfield starrte ihn an.

„Sie müssen diesem armen Mädchen und der

Familie Geld geben“, sagte Mr. Enfield.

„Wenn Sie nicht zahlen, wird die ganze Stadt

davon erfahren.“

Der Mann nickte. Er schien langsam nervös

zu werden.

Es hatte sich inzwischen eine größere

Menschenmenge gebildet.

„Dann kommen Sie mit mir nach Hause.

Dort kann ich Ihnen das Geld geben“,

sagte der Mann.

Mr. Enfield war einverstanden.

Er folgte dem Mann in eine saubere,

hell erleuchtete Straße.

Kurz vor dem Ende der Straße blieb der Mann

vor einem Haus stehen.

Es sah heruntergekommen aus.

Auf der Vorderseite gab es eine Tür, von der die

Farbe abblätterte.

Aber keine Klingel, keinen Türknauf und keine

Fenster.

Der Mann schloss die Tür auf und verschwand

im Dunkeln.

Nach ein paar Minuten trat er wieder

aus dem Haus.

In der Hand hielt er ein paar Münzen

und einen Scheck.

Mr. Enfield warf einen Blick auf den Scheck.

Und erschrak zutiefst.

„Mein Gott“, dachte er, „den Namen kenne ich doch.

Das ist ein guter Freund von mir.

Wie kann es nur sein, dass mein Freund einen so

furchtbaren Kerl kennt?

Warum stellt er einen Scheck für ihn aus?

Und was macht mein Freund in diesem

armseligen Haus?

Vielleicht wird er ja von diesem Mann erpresst!“

Ein paar Wochen später machte Mr. Enfield

einen Spaziergang.

Mit seinem Freund Mr. Utterson, einem

bekannten Anwalt.

Es war Sonntagnachmittag.

Sie gingen eine schmale Straße entlang.

Vor einer Tür lungerten Landstreicher herum.

Mr. Enfield hielt plötzlich an und zeigte mit dem

Spazierstock auf die Tür.

„Siehst du diese Tür dort?“, fragte Enfield.

„Ja“, antwortete Utterson.

„Sie führt zu einem alten Labor hinter dem Haus

von Henry Jekyll.“

„Das wusste ich nicht“, entgegnete Enfield.

„Aber vor einigen Wochen war ich hier.

Bei diesem Haus.“

Daraufhin erzählte Enfield seinem Freund die

ganze furchtbare Geschichte.

Von dem Mann, der das Kind überrannt hatte.

Und wie er mit dem Mann schließlich zu diesem

Haus gegangen war.

Der Freund hörte ihm zu und seufzte von Zeit zu Zeit.

„Der Mann, der den Scheck unterschrieb …

Du sagtest, du kennst ihn?“, fragte Utterson endlich.

„Hast du ihn nicht nach dem Haus gefragt?“

„Nein“, antwortete Enfield.

„Ich wollte ihn nicht in Verlegenheit bringen.

Doch ich beobachte das Haus seitdem regelmäßig.

Es gibt keine andere Tür.

Es gehen kaum Leute ein und aus.

Hinten gibt es drei Fenster.

Sie sind sauber, aber immer geschlossen.

Das Haus muss bewohnt sein.

Ich habe gesehen, wie Rauch aus dem

Schornstein stieg.“

„Weißt du, wie der Mann heißt, der das Kind

überrannt hat?“, fragte Utterson.

„Nun, dir kann ich es ruhig sagen.

Er heißt Hyde“, antwortete Enfield.

Utterson warf Enfield einen ernsten Blick zu.

„Dann kenne ich den Namen von Hydes Freund.

Der Mann, der den Scheck unterschrieben hat“,

seufzte Utterson.

„Und ich wünschte, ich hätte deine Geschichte

nicht gehört, Enfield.“

„Vielleicht hätte ich es dir besser nicht erzählen

sollen“, entgegnete Enfield.

„Wir werden nicht mehr darüber sprechen,

einverstanden?“

„Einverstanden“, antwortete der Anwalt.

„Aber verrate mir noch eins:

Wie sieht dieser Hyde denn aus?“

Enfield zögerte, bevor er antwortete.

„Nun, er ist schwer zu beschreiben“, meinte Enfield

schließlich.

„Irgendetwas stimmt nicht mit ihm.

Er sieht entstellt aus, anders als andere.

Aber ich kann nicht genau sagen, was es ist.

Er sieht einfach seltsam aus.“

Enfield verstummte. Ihn überlief ein Schauer.

„Nein, ich kann ihn wirklich nicht beschreiben“,

sagte er dann.

„Obwohl ich ihn mir im Geiste vorstellen kann.

Aber ich habe noch nie jemanden gesehen, der mir

so zuwider war.“

Auf der Suche nach Mr. Hyde

Utterson ging nach dem Spaziergang direkt

nach Hause.

Jeden Sonntag nach dem Abendessen setzte er sich

für gewöhnlich an den Kamin.

Und las bis Mitternacht in einem Buch.

Doch nicht an diesem Abend.

Stattdessen nahm er eine Kerze und ging in sein

Arbeitszimmer.

Er öffnete den Tresor und nahm einen Umschlag

heraus.

In dem Umschlag lagen Papiere.

Utterson fing an zu lesen.

Die Überschrift lautete:

Der letzte Wille und das Testament von Dr. Henry Jekyll

„Im Falle meines Todes soll mein Freund Edward Hyde

meinen gesamten Besitz erben.

Sollte Dr. Jekyll mehr als drei Monate lang

verschwunden sein, wird Edward Hyde an dessen

Stelle treten.“

Utterson legte das Testament beiseite und

seufzte tief.

„Ja, damals glaubte ich noch, dass das ein

Verrückter geschrieben hat“, dachte er bei sich.

„Aber heute denke ich: Es ist eine Schande.

Ich muss meinen Freund Lanyon fragen,

was er davon hält.

Und zwar sofort.“

Der bekannte Arzt Dr. Lanyon aß gerade zu Abend,

als sein Freund eintrat.

„Bitte, komm doch herein“, empfing er ihn freundlich.

„Setz dich nur, Utterson.“

„Lanyon“, begann der Anwalt, „wir sind doch die

ältesten Freunde von Henry Jekyll, nicht wahr?“

„Ich wollte, die Freunde wären jünger!“, sagte

Lanyon lachend.

„Aber es wird schon stimmen.“

Dann wurde Lanyons Gesicht ernst.

„Ich sehe ihn eigentlich kaum noch.“

„Aber ihr wart doch gut befreundet“,

warf Utterson ein.

„Und hattet dieselben Interessen.

Schließlich seid ihr beide Ärzte.“

„Ja, schon“, antwortete Lanyon.

„Doch vor etwa zehn Jahren veränderte er sich.

Er wurde irgendwie komisch.

Ich meine, komisch im Kopf.

Er verhielt sich seltsam.“

„Bist du jemals einem Mr. Hyde bei Jekyll

begegnet?“, fragte der Anwalt.

„Er scheint ein neuer Freund von Jekyll zu sein“,

fügte er hinzu.

„Hyde, sagst du?

Nein, der Name kommt mir nicht bekannt vor“,

antwortete Lanyon.

Das war alles, was Utterson von seinem Freund

Lanyon erfuhr.

Zu Hause ließ ihn das Gespräch mit Lanyon

nicht mehr los.

Er legte sich in sein großes Bett und versuchte

zu schlafen.

Doch ständig tauchten seltsame Bilder vor seinem

inneren Auge auf:

Ein Kind, das hinfiel und anfing zu schreien.

Ein Mann, der wegrannte. Ein Mann ohne Gesicht.

Als Utterson aufwachte, hatte er kaum geschlafen.

Ihm ging nur noch ein Gedanke durch den Kopf:

„Ich muss mir das Gesicht von diesem Hyde

selber anschauen.

Dann verstehe ich vielleicht, warum Jekyll

mit ihm befreundet ist.“

Von nun an ging Utterson häufig zu dem

verfallenen Haus.

Morgens vor der Arbeit, in der Mittagspause und

auch abends.

Er stand da und wartete.

„Ich werde ihn schon irgendwann zu Gesicht

bekommen“, dachte er.

Eines Tages wurde seine Geduld belohnt.

Es war eine ruhige, kalte Nacht.

Die Straße war menschenleer.

Als Utterson Schritte hörte, war es etwa

zehn Uhr abends.

Utterson hielt den Atem an.

Die Schritte kamen näher.

Utterson hatte sich im Eingang vom Nachbarhaus

versteckt.

Jetzt schob er den Kopf vor und spähte auf die

Straße hinaus.

Ein kleiner Mann näherte sich dem Haus.

Utterson sah, wie er einen Schlüssel aus der

Hosentasche zog.

In diesem Moment ging der Mann an

Utterson vorbei.

Utterson trat aus dem Hauseingang hervor und

legte dem Mann die Hand auf die Schulter.

„Mr. Hyde, nicht wahr?“, fragte er.

Der Mann zuckte erschrocken zusammen

und wich zurück.

Es war so still, dass man ihn fauchend und zischend

atmen hörte.

Der Mann vermied es, Utterson ins Gesicht zu sehen.

„Ja, das bin ich“, sagte der Mann.

Er sprach mit heiserer Stimme.

„Was wollen Sie von mir?“

„Ich heiße Utterson. Ich bin ein alter Freund von

Dr. Jekyll“, antwortete Utterson.

„Sie haben meinen Namen sicher schon gehört.

Darf ich Sie ins Haus begleiten?“

„Sie werden Dr. Jekyll dort nicht finden“,

antwortete Hyde.

„Woher kennen Sie mich eigentlich?“, fragte er

plötzlich.

Utterson zögerte einen Moment.

„Ich würde gerne Ihr Gesicht sehen, Hyde“,

brachte Utterson schließlich heraus.

Hyde reagierte nicht sofort.

Doch dann drehte er sich um und sah Utterson

direkt ins Gesicht.

„Jetzt werde ich Sie das nächste Mal bestimmt

erkennen“, sagte der Anwalt leise.

„Das könnte hilfreich sein.“

„Ja, es ist durchaus von Nutzen, dass wir uns

getroffen haben“, sagte Hyde.

„Und hier ist meine Adresse.“

Er drückte Utterson eine Karte mit seiner Adresse

in die Hand.

„Auch das kann in Zukunft von Nutzen sein.“

Utterson lief ein Schauer über den Rücken.

Dachte Hyde etwa an Jekylls Testament?

„Nochmals“, sagte Hyde dann, „woher wissen Sie,

wer ich bin?“

„Ein Freund hat Sie mir beschrieben“,

antwortete Utterson.

„Jemand, den auch Sie kennen.“

Wörterliste

herumlungern

sich irgendwo untätig aufhalten, nichts zu tun wissen

Tresor

ein gut gesicherter Schrank, in dem Geld, wertvolle

Gegenstände und Dokumente aufbewahrt werden

Testament

Eine schriftliche Erklärung, in der jemand die

Verteilung seines Vermögens nach dem Tod festlegt.

Man sagt auch: der „letzte Wille“.

Quelle

Robert Louis Stevenson: Der seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Spaß am Lesen Verlag. Münster 2016.

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 29.05.2018

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