Studien- und Evaluierungsarbeit mit Beteiligungs- und Dialogprozess

Entwicklung eines Maßnahmenkonzeptes zur Inklusion von arbeitsfähigen, aber nicht beschäftigungsfähigen Menschen

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Bericht
Releaseinfo: Projektteam: Prof. Clemens Sedmak (Leiter), Dr. Helmut P. Gaisbauer. Mag.a Isabell Gstach, Mag.a Michaela Rohrauer und Dr. Gottfried Schweiger
Copyright: © Internationales Forschungszentrum für soziale und ethische Fragen 2014

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

    Vorwort

    Menschen sind oft wegen ihrer physischen und psychischen Gesundheit oder ihrer Bildung an einem ausreichenden Einkommenserwerb und bei der sozialen Teilhabe eingeschränkt. Verschiedene Maßnahmen und Hilfestellungen ermöglichen es, diese Menschen in ihrer Integration zu unterstützen.

    Um die neue Förderungsperiode des Europäischen Sozialfonds 2014 - 2020 mit dem Schwerpunkt „Soziale Inklusion und Armutsbekämpfung“ vorzubereiten, hat der „Salzburger Beschäftigungspakt“ unter Führung des Landes Salzburg an das Internat. Forschungsinstitut für soziale und ethische Fragen sowie das Zentrum für Ethik und Armutsforschung der Universität Salzburg den Auftrag erteilt, unter Rücksicht und mit Blick auf die bestehende Maßnahmenlandschaft neue Maßnahmenvorschläge zur Armutsbekämpfung bzw. zur Arbeitsmarkt(re)integration auszuarbeiten.

    Im Folgenden werden die wesentlichen Ergebnisse der Studienarbeit präsentiert. Die Studie weist Wege und Brücken zur Überwindung der Hindernisse zu einer selbstbestimmten Lebensweise. Gleichzeitig schlägt sie selbst „Brücken zwischen Theorie und Praxis der Armutsbekämpfung“.

    Wir danken dem Forschungsteam für die konstruktive Zusammenarbeit und – auch im Namen des Forschungsteams - allen Mitwirkenden und Gesprächspartner/inne/ n, insbesondere in den Dialogforen, Gruppen-und Expert/inn/en-Diskussionen, dass sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen mitgeteilt haben.

    Mag. Renate Kinzl-WallnerLeiterin der Sozialabteilung des Amtes der Salzburger Landesregierung

    Danksagung

    Diese Studie war uns eine willkommene Gelegenheit, Brücken zwischen Theorie und Praxis der Armutsbekämpfung zu schlagen. Wir danken dem Auftraggeber für das erwiesene Vertrauen und die gute Zusammenarbeit in der Steuerungsgruppe des Projekts. Wir danken weiters allen Mitgliedern der Steuerungsgruppe für die hilfreiche und wohlwollende Begleitung, all unseren Gesprächspartnern in den Dialogforen, den Gruppen- und ExpertInnen-Diskussionen und den Einzelinterviews für ihre Bereitschaft, ihr Wissen mit uns zu teilen. In der Hoffnung, ein relevantes Stück dazu beigetragen zu haben, dass manche neue Wege erweiterte Möglichkeiten für Betroffene bringen.

    1. Einleitung

    Ziel dieser Studie ist es einen Einblick in die Lage der BezieherInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung im Bundesland Salzburg zu geben und Vorschläge für künftige Maßnahmen zu ihrer Integration in den Arbeitsmarkt zu entwickeln. Aus diesem Grund teilt sich dieser Bericht auch im wesentlichen in zwei Teile, deren erster auf Basis der vorhandenen Daten, insbesondere aber auf Grundlage der durchgeführten Erhebungen (Gruppendiskussionen und Einzelinterviews) sich den Problemen und Schwierigkeiten der Zielgruppe zuwendet, am Arbeitsmarkt dauerhaft Fuß zu fassen. Der zweite Teil wird dann daraus ableitend und unter Bezugnahme auf internationale Good-Practice-Beispiele Vorschläge entwickeln, wie dieser Zielgruppe künftig bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt geholfen werden könnte. Angesichts der Heterogenität der Zielgruppe und der leider mangelhaften Datenlage ist es notwendig einige ausgewählte Problembereiche hervorzuheben (Alter, Gesundheit, Grundbildung). Die vorgebrachten Vorschläge sind immer auch unter diesem Vorbehalt zu lesen und sollen keineswegs implizieren, dass andere Problembereiche vernachlässigt werden können. In dieser Einleitung wird aber zunächst der konkrete Auftrag und der theoretische Rahmen unserer Studie skizziert werden. Die Umsetzung wird in den nachfolgenden Kapiteln dargestellt.

    Der Auftrag an das Projekt war „in einem Beteiligungs- und Dialogprozess, einschließlich der Zielgruppe, aber auch hinsichtlich der bestehenden Maßnahmenlandschaft (Träger) und Rahmenbedingungen, ein Konzept zur Inklusion der Zielgruppe, auch in den ländlichen Landesteilen“ zu entwickeln. Die Zielgruppe wurde näherhin definiert als „Langzeitbeschäftigungslose, arbeitsfähige – aber nicht ‚beschäftigungsfähige’ – Menschen in Salzburg nach mehrfach gescheiterten Maßnahmen zur Reintegration in den Arbeitsmarkt“. Diese Zielgruppe ist in der bisherigen Forschung nicht eigens ausgewiesen wie auch die vorgebrachte Definition die Schwierigkeit widerspiegelt, diese adäquat zu erfassen. In der Umsetzung des Auftrags hat es sich daher als sinnvoll erwiesen, diese Definition möglichst weit auszulegen und primär die gesamte Zielgruppe der Bezieherinnen und Bezieher der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, mit Fokus auf jene Personen, die bereits längere Zeit arbeitslos sind, zu untersuchen. Durch diesen breiteren Zugang konnte sowohl gewährleistet werden, dass möglichst umfassende Informationen erhoben werden konnten und keine Personen, die es schwer haben, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, durch eine zu enge Definition ausgeschlossen wurden. Der Begriff der Beschäftigungsfähigkeit wurde daher auch zunächst so weit ausgelegt, dass er die Fähigkeit des Individuums ausdrückt, eine langfristige Arbeitsstelle im 1. Arbeitsmarkt zu finden und zu halten. Mit Blick auf den Fokus des Projektes, diejenigen Personen zu identifizieren, die es am schwersten haben und daher auch am meisten Aufmerksamkeit und Unterstützung benötigen, wurde der Begriff weiter eingeengt. Die Zielgruppe sind dann all jene Personen, die auf Grund multipler Problemlagen (gesundheitlicher, sozialer oder psychischer Art) nicht aus eigener Kraft dazu in der Lage sind, eine Arbeitsstelle zu finden und langfristig zu halten. Der Arbeitsmarkt ist hierbei immer die Hintergrundfolie, die durch die Betroffenen selbst nicht oder nur in sehr geringem Ausmaß beeinflusst werden kann. Es ist im Hinblick auf die Zielgruppe der arbeitsfähigen, aber in diesem Sinne nicht beschäftigungsfähigen Personen auch davon auszugehen, dass diese ohne Unterstützung und Hilfe selbst bei besserer Arbeitsmarktlage große Probleme haben, eine Stelle zu finden, da die Art und Weise der Beschäftigung die sie benötigen würden, nicht mehr oder nur in wenigen Fällen am Markt vorhanden sind. Kurz zusammengefasst: die Zielgruppe der nicht Beschäftigungsfähigen, die im Fokus dieser Studie steht, ist aus eigener Kraft auch in Zeiten einer guten Arbeitsmarktlage nicht oder nur eingeschränkt in der Lage, sich am Arbeitsmarkt zu integrieren.

    Das kann so interpretiert werden, dass der 1. Arbeitsmarkt für diese Personen wenig bis gar keine Perspektiven mehr bietet. Das hat mehrere strukturelle Gründe: der Wegfall an Stellen mit geringen Qualifikationsanforderungen und die Intensivierung der Arbeit und der damit verbundene größere Leistungsdruck, in dem immer weniger Platz ist, für Menschen, die mehr Unterstützung und Zeit brauchen.[1]

    Auch der Salzburger Arbeitsmarkt, der vor allem Dienstleistungs- und kleinere und mittlere Betriebe umfasst, kann hier hinderlich wirken. Warum die Zielgruppe diesen Anforderungen nicht (mehr) gewachsen ist, ist eine entscheidende Frage für ihr Wiedereingliederung und auch für diese Studie. Welche Ursachen ihre Problemlagen, die sich oft gegenseitig verstärken, haben, steht dagegen nicht im Vordergrund dieses Berichts. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass nur in den allerwenigsten Fällen von einem Selbstverschulden der Betroffenen ausgegangen werden kann, sondern auch viele strukturelle Defizite im Hintergrund stehen. Viele Personen der Zielgruppe, gerade Jugendliche und junge Erwachsene, sind schon mit einem Startnachteil ausgestattet und wachsen in ihre Lebenslage und die verbundenen Probleme hinein. Da es bei anhaltender Dauer der Probleme und der Arbeitslosigkeit immer schwieriger wird, sich daraus zu lösen, sollte der Prävention hohe Priorität zukommen.[2]

    Die Studienarbeit umfasste drei Dimensionen und Tätigkeitsbereiche: (1) Die wissenschaftliche Erfassung der Lage der Betroffenen und der Maßnahmenlandschaft. (2) Die Einbeziehung unterschiedlicher Stakeholder (Institutionen und ExpertInnen) sowie der Betroffenen selbst. (3) Die ständige Rücksichtnahme auf die Expertise der Sozialen Arbeit und ihrer ethischen Grundsätze, die die Arbeit mit den Betroffenen leiten soll. In einem ersten Schritt wurde die Lage der Betroffenen und der Maßnahmenlandschaft mittels ExpertInnen und der Auswertung vorhandener Studien erhoben. Ebenso wurde mittels qualitativer Methoden abgefragt, welche Zugänge in der Arbeit mit den Betroffenen fruchten und wo es Lücken gibt. Dazu wurden weiters internationale Good-Practice gesammelt. Im zweiten Schritt wurden dann die Betroffenen direkt eingebunden und ihre Expertise und Einschätzung mittels Dialogforen erhoben. Diese partizipative Forschung diente nicht nur zur Vertiefung und Ergänzung der Erkenntnisse, sondern ist Ausdruck eines veränderten Zugangs zu diesem Problem: die Betroffenen sollen als Subjekte und nicht nur als Objekte, als ProblemträgerInnen, wahrgenommen werden. Schließlich ging es darum, aus dem generierten Wissen Vorschläge für Maßnahmen der Integration zu erarbeiten, die auch im Zuge von Pilotprojekten umgesetzt werden können. Dabei wurden innerhalb der Zielgruppe nochmals Personengruppen hervorgehoben, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen und für die Maßnahmen umgesetzt werden sollten; vor allem wurde ein Schwerpunkt auf Jugendliche und junge Erwachsene gelegt.

    Der theoretische Rahmen dieser Studie ist der Fähigkeitenansatz von Amartya Sen.[3] Dieser geht davon aus, dass bei der Bewertung einer Gesellschaft und einer Lebenslage nicht die Frage nach dem Einkommen im Vordergrund stehen sollte, sondern die Frage, was diese Person wirklich tun kann und was nicht. Zentral sind die Fähigkeiten der einzelnen Person und welches Leben sie mit diesen Fähigkeiten leben kann. Der Begriff der „Fähigkeit“ wird hier – im Unterschied zur Alltagssprache – sehr weit und umfassend verstanden und bezeichnet die Möglichkeit einen gewünschten Zustand zu erreichen oder eine gewünschte Handlung umzusetzen. Beispiele dafür wären die Fähigkeit gesund zu sein und gesund bleiben zu können. Oder auch die Fähigkeit eine Arbeitsstelle zu haben und im Arbeitsmarkt inkludiert zu sein. Fähigkeiten sind immer Fähigkeiten einer Person, sie bedürfen aber sogenannter Konversionsfaktoren um wirklich umgesetzt werden zu können. Für die Fähigkeit mit dem Rad fahren zu können, sind zentrale Konversionsfaktoren etwa ein Fahrrad, eine geeignete Fahrbahn oder Straße und das Wissen, wie man mit einem Fahrrad fährt. Ohne diese drei ist die Fähigkeit des Fahrradfahrens nicht umsetzbar. Auf den Arbeitsmarkt umgesetzt bedeutet dies, dass die Fähigkeit einer Person beschäftigt zu sein, ebenso auf vielen unterschiedlichen Konversionsfaktoren beruht: das Wissen und die Fertigkeiten, die für die Arbeit verlangt werden, die Möglichkeit zur Arbeitsstelle zu gelangen, die körperliche Fitness, die Arbeit auszuführen, die psychische Stärke, mit dem Stress umgehen zu können, die sozialen Manieren und das Wissen um Umgangsformen, um im Team arbeiten zu können oder auch Konflikte mit Vorgesetzten lösen zu können. Ein weiterer Konversionsfaktor ist aber auch, dass ein Arbeitgeber eine entsprechende Stelle überhaupt bereitstellt. Ohne die entsprechende Angebotslage werden auch umfassende Wiedereingliederungsmaßnahmen nicht erfolgreich sein können.

    Ausgehend von diesem in der Armutsforschung und der Arbeitsmarktforschung etablierten theoretischen Rahmen steht im Fokus unserer Studie die Frage: Was können die Betroffenen, die Angehörigen der Zielgruppe und was fehlt ihnen, um beschäftigungsfähig am Salzburger Arbeitsmarkt zu sein? Welche Fähigkeiten und Konversionsfaktoren, innere wie äußere, sind nicht vorhanden oder nur in einem eingeschränktem Ausmaß? Die im Laufe der Untersuchung immer wieder auftauchende Einsicht, dass die Personen in der Zielgruppe oftmals unter multiplen Problemlagen leiden, kann dann so verstanden werden: Diese Probleme stellen fehlende Fähigkeiten dar und diese behindern die Verwirklichung der Beschäftigungsfähigkeit der Betroffenen. Will man den Betroffenen also helfen, am Arbeitsmarkt inkludiert zu sein, und will man auch in einem weiteren Sinne ihre Armut bekämpfen, dann sollte man darauf achten, was ihnen fehlt, um beschäftigungsfähig zu werden. Darauf wird es keine allgemein gültige Antwort geben, sondern immer nur eine individuell zugeschnittene: der einen Person fehlt es an den gesundheitlichen Voraussetzungen, der anderen Person an den berufsbezogenen Fertigkeiten und einer dritten Person fehlt es an der psychischen Stärke, da sie dauerhaft mit familiären Problemen zu kämpfen hat. Die Entwicklung von Maßnahmen wird sich dann an konkreten Problemlagen orientieren. In einem ersten Schritt bedarf es also der Erhebung von Wissen über die Zielgruppe, sowohl durch die Forschung als auch im Rahmen eines Clearing oder Screening bei Kontakt mit den Behörden und anderen Unterstützungsstrukturen.



    [1] Dornmay, Helmut/Lachmayr, Norbert/Rothmülle, Barbara: Integration von formal Geringqualifizierten in den Arbeitsmarkt. Wien 2008. Internet: http://www.forschungsnetzwerk.at/downloadpub/AMS_report64.pdf. Zuletzt geprüft am: 17.11.2012; Atzmüller, Roland/Krenn, Manfred/Papouschek, Ulrike: Innere Aushöhlung und Fragmentierung des österreichischen Modells: Zur Entwicklung von Erwerbslosigkeit, prekärer Beschäftigung und Arbeitsmarktpolitik. In: Neue Prekarität: die Folgen aktivierender Arbeitsmarktpolitik: europäische Länder im Vergleich. Hrsg. v. Karin Scherschel/Peter Streckeisen/Manfred Krenn. 1. Aufl. Frankfurt am Main / New York, NY 2012. S. 75–110.

    [2] Promberger, Markus/Wenzel, Ulrich/Pfeiffer, Sabine/u. a.: Beschäftigungsfähigkeit, Arbeitsvermögen und Arbeitslosigkeit. In: WSI Mitteilungen 2 (2008). S. 70–76.

    [3] Graf, Gunter: Der Fähigkeitenansatz als neue Grundlage der Armutsforschung? In: SWS-Rundschau 51/1 (2011). S. 84-102; Olejniczak, Michael: Long-term Unemployment and the Capability Approach – The Case of the German Labor Market. In: Management Revue 23/2 (2012). S. 140-157.

    2. Arbeitsmarktlage und Bedarfsorientierte Mindestsicherung

    Ausgehend von globalen Problemen im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise hat sich auch der österreichische Arbeitsmarkt in den letzten Monaten negativ entwickelt und eine Trendwende ist in näherer Zukunft nicht absehbar. Auch in Salzburg ist ein Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verzeichnen (siehe Tabelle 1). Im Jahr 2013 waren jahresdurchschnittlich 13.114 Personen in Salzburg arbeitslos gemeldet, von denen 5.729 Frauen waren. Das entspricht einer Zunahme von 10,2 % im Vergleich um Vorjahr 2012.Auch in Salzburg sind Personen mit geringer formaler Bildung, insbesondere ohne Pflichtschulabschluss besonders häufig und länger von Arbeitslosigkeit betroffen. Auch der Konnex zwischen Arbeitslosigkeit und Armut ist in Salzburg gemäß dem Trend in ganz Österreich und der Europäischen Union zu beobachten. Arbeitslose Personen sind häufiger von Armut gefährdet und leben auch häufiger in manifester Armut (definiert als Einkommensarmut und materielle Deprivation).[4] Auch wenn es einen sichtbaren Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und formaler Bildung gibt, wäre es zu einfach, in der fehlenden Bildung und damit in der Person des oder der Arbeitslosen, die wesentliche oder gar einzige Ursache für ihre Arbeitslosigkeit zu suchen. Vielmehr sind immer auch Umstände miteinzubeziehen, die nicht in der Kontrolle des oder der Arbeitslosen liegen und durch die Wirtschaftslage oder die Veränderung der Anforderungen am Arbeitsmarkt bedingt sind.[5] Höherqualifizierung und Bildung alleine schützt nicht unbedingt vor Arbeitslosigkeit, wenn der Arbeitsmarkt die entsprechenden Stellen nicht auch zur Verfügung stellt und anbietet. Weiters sei darauf hingewiesen, dass der Konnex von Armut und Arbeitslosigkeit auch dahingehend differenziert zu betrachten ist, dass Armut nicht nur eine Folge von Arbeitslosigkeit ist (Stichwort: working poor) und Armutsbekämpfung sich nicht alleine auf die Arbeitsmarktintegration verlassen kann und sollte.[6] Ein multidimensionaler Armutsbegriff, der Armut als das Fehlen vieler wertvoller Fähigkeiten wie Gesundheit, Bildung, Einkommen und soziale Inklusion beschreibt, macht sichtbar, dass Arbeit in einer modernen Erwerbsarbeitsgesellschaft wie Österreich zwar ein wichtiger Bestandteil für die meisten Gesellschaftsmitglieder ist, aber sicher nicht ausschließlich und auch nicht auf Kosten anderer ebenfalls wertvoller Fähigkeiten (Stichwort: Gesundheit oder Familie) durchgesetzt werden sollte.

    Arbeitslosigkeit und der Bezug der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS) sind eng miteinander verbunden, jedoch nicht deckungsgleich: wenn ausreichend Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung bestehen, so ist kein Bezug der BMS möglich und andererseits sind auch nicht alle Anspruchsberechtigten der BMS arbeitslos. Dennoch stellt Arbeitslosigkeit eine Hauptursache für den Bezug der BMS dar. Ausgehend von der aktuellen Arbeitsmarktlage ist also anzunehmen, dass mehr Menschen in das System der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gelangen und diese Form der Unterstützung benötigen werden.

    Tabelle 1: Arbeitslose nach Personenmerkmalen

    Bestand Frauen

    Veränderung Bestand Frauen zum VJ in %

    Bestand Männer

    Veränderung Bestand Männer zum VJ in %

    Bestand Gesamt

    Veränderung Bestand Gesamt zum VJ in %

    Jugendliche < 25 Jahre

    890

    2,62

    1191

    6,18

    2081

    4,63

    Erwachsene 25-44 Jahre

    2894

    8,27

    3445

    12,12

    6338

    10,33

    Ältere >= 45 Jahre

    1945

    9,36

    2749

    15,41

    4694

    12,83

    Ausbildung

    Akademische Ausbildung

    379

    7,81

    320

    15,62

    700

    11,25

    Höhere Ausbildung

    492

    2,41

    452

    8,98

    945

    5,45

    Mittlere Ausbildung

    534

    3,81

    272

    10,72

    806

    6,04

    Lehrausbildung

    1973

    3,81

    3253

    10,43

    5227

    9,03

    Pflichtschule

    2325

    10,78

    2060

    14,71

    5385

    12,98

    Keine abgeschl. Schule

    140

    13,77

    230

    21,33

    371

    18,36

    ungeklärt

    25

    -1,00

    26

    9,31

    51

    4,06

    Personen mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen

    908

    31,04

    1382

    32,05

    2291

    31,65

    Personen ohne gesundheitliche Vermittlungseinschränkungen

    4821

    4,22

    6002

    8,56

    10823

    6,58

    Gesamt

    5729

    7,71

    7385

    12,30

    13114

    10,25

    Quelle: AMS

    Die BMS ist eine Basisunterstützung für Personen, die über keine angemessenen finanziellen Mittel verfügen, um ihren Lebensunterhalt bzw. den ihrer Angehörigen ausreichend decken zu können. Ein Bezug der BMS ist jedoch erst möglich, wenn keine ausreichende Absicherung aus anderen Quellen (Einkommen, Unterhalt oder Ansprüche aus der Sozialversicherung) möglich oder keine wesentlichen Vermögenswerte vorhanden sind. Sie ist also das letzte Netz der sozialen Absicherung in Österreich. Auffallend ist dabei, dass die Höhe der BMS (im Jahr 2014: 813,99 Euro pro Monat) deutlich unter der Armutsgefährdungsgrenze (Laut EU-SILC für 2012: 1.090 Euro pro Monat) liegt, wodurch naheliegt, dass auch ein Leben mit BMS-Bezug mit erheblichen Einschränkungen verbunden ist. Die jüngsten zur Verfügung stehenden Zahlen der Statistik Austria und aus dem Sozialbericht der Salzburger Landesregierung weisen die Personengruppe der BMS-Bezieherinnen und Bezieher als nicht unbedeutend aus (Tabelle 2).[7] Im gesamten Bundesland waren 2012 nach Statistik Austria 12.039 Personen im System der BMS, laut dem Sozialbericht des Landes 11.656. Dies entspricht einer Zunahme laut Land Salzburg im Vergleich zu 2011 von 3.6 %. Wichtig ist bei diesen Zahlen darauf hinzuweisen, dass sie sowohl Alleinunterstützte, Hauptunterstütze und Mitunterstützte umfasst.

    Mehrere Studien weisen die Zielgruppe der BMS-Bezieherinnen und Bezieher als besonders arbeitsmarktfern und mit multiplen Integrationshindernissen ausgestattet aus. Wie auch im Laufe dieser Studie gezeigt wird, ist es oftmals eine Kombination aus Bildungsmängeln, gesundheitlichen (körperlichen, psychischen) Einschränkungen oder Störungen, Erfahrungen sozialer Ausgrenzung oder häuslichen/familiären Problemen, die zu einem längeren Verbleib im System der BMS führen und einen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt und damit eine Erhaltung des Lebensstandards durch die eigene Arbeitsleistung erschweren, in manchen Fällen sogar unmöglich machen. Diese Gemengenlage zeigt an, dass es sich bei der Unterstützung von BMS-Bezieherinnen und Beziehern nicht nur um eine arbeitsmarktpolitische Frage handelt, sondern auch um eine eminent sozialpolitische. In manchen Fällen wird man nicht umhin kommen, das Ziel der Integration in den 1. Arbeitsmarkt überhaupt aufzugeben und es durch die Aufrechterhaltung eines guten Lebens und Teilhabe in der Gesellschaft zu ersetzen. Die große Anzahl an Personen mit Kindern (seien es Alleinerziehende oder Paare) in der Zielgruppe sollten auch im Zusammenhang mit den Erkenntnissen über die intergenerationelle Weitergabe von Armut und Arbeitslosigkeit und die oftmals schwerwiegenden Folgen von Kinderarmut als besonders herausfordernd gesehen werden.[8]

    Tabelle 2: Bedarfsorientierte Mindestsicherung der Bundesländer 2012

    Insgesamt

    Davon entfallen auf …

    Alleinstehende*

    Paare ohne Kinder

    Alleinerziehende

    Paare mit Kinder

    Andere**

    Personen in den einzelnen Bundesländern und Österreich gesamt

    Österreich

    221.341

    81.834

    13.441

    45.841

    63.332

    16.893

    Burgenland

    3.023

    1.180

    234

    640

    726

    243

    Kärnten

    4.979

    2.046

    307

    790

    1.104

    732

    Niederösterreich

    18.966

    6.584

    1.077

    4.324

    5.361

    1.620

    Oberösterreich

    14.214

    3.766

    751

    3.373

    4.284

    2.040

    Salzburg

    12.039

    4.708

    912

    2.946

    2.618

    855

    Steiermark***

    19.552

    5.083

    898

    5.571

    5.806

    2.194

    Tirol

    13.465

    3.882

    536

    2.898

    2.962

    3.187

    Vorarlberg***

    8.583

    2.000

    392

    2.359

    2.180

    1.652

    Wien

    126.520

    52.585

    8.334

    22.940

    38.291

    4.370

    Bedarfsgemeinschaften in den einzelnen Bundesländern und Österreich gesamt

    Österreich

    133.713

    81.936

    6.943

    21.763

    16.008

    7.063

    Burgenland

    1.764

    1.180

    117

    240

    160

    67

    Kärnten

    3.805

    2.046

    240

    532

    389

    598

    Niederösterreich

    10.558

    6.584

    543

    1.602

    1.184

    645

    Oberösterreich

    9.093

    3.868

    492

    1.849

    1.211

    1.673

    Salzburg

    7.155

    4.708

    456

    1.147

    622

    222

    Steiermark

    9.414

    5.083

    449

    2.003

    1.233

    646

    Tirol

    8.203

    3.882

    268

    1.851

    708

    1.494

    Vorarlberg

    3.948

    2.000

    196

    849

    479

    424

    Wien 79.773 52.585 4.182 11.690 10.022 1.294

    Quelle: Statistik Austria. Die Angaben zu den Personen und Bedarfsgemeinschaften sowie den Ausgaben sind Jahressummen. Die Ausgaben sind ohne die Berücksichtigung allfälliger Rückflüsse aus Kostenersätzen ausgewiesen. *Die Zahl der Alleinstehenden in der Österreich-Summe bzw. in Oberösterreich stimmt wegen Unschärfen in der Datenerfassung dieses Bundeslandes auf Ebene der Personen und der Bedarfsgemeinschaften nicht überein. **Z.B. Paar mit einer volljährigen Person mit Anspruch auf Familienbeihilfe, die in einem gemeinsamen Haushalt leben.***Personen inkl. nicht unterstützte Kinder.

    Leider ist die wissenschaftliche Datenlage, trotz einiger Studien über die Zielgruppe der BMS-BezieherInnen, nicht ausreichend gut. Vor allem fehlt es an gesicherten Erkenntnissen hinsichtlich jener Personen, die besondere Schwierigkeiten mit dem Einstieg in den Arbeitsmarkt haben und auch trotz Unterstützung und der wiederholten Teilnahme an Wiedereingliederungsmaßnahmen im BMS-Bezug verbleiben. Es ist anzunehmen, dass hierzu erhebliches informelles Wissen bei den betreuenden Personen vorhanden ist, welches jedoch (noch) nicht wissenschaftlich systematisch erhoben wurde. Auch die vorliegende Studie kann diese Lücke nur teilweise schließen. Einen detaillierteren Blick wollen wir nun auf die Gruppe der NEET-Jugendlichen werfen.

    Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 24 Jahren, die nicht in Arbeit, in Ausbildung oder Fort- und Weiterbildung stehen werden auf EU-Ebene als NEET-Jugendliche bezeichnet (not in employment, education or training). Der Begriff wurde erstmals in den 1980er Jahren in Großbritannien verwendet; erst in den letzten Jahren, aufgrund steigender Jugendarbeitslosigkeit, erhält die Gruppe der NEET-Jugendlichen und die möglichen Handlungsansätze eine hohe Relevanz innerhalb der gesamten EU.[9] Laut der Europäischen Kommission werden Jugendliche als NEET-Jugendliche bezeichnet, wenn sie zwischen 15 und 24 Jahre, nach dem Labour Fource Survey nicht beschäftigt sind und darüber hinaus keiner Ausbildung oder Schulung nachgehen.[10]

    2012 wurden in Österreich zu einem Stichtag 76.000 NEET-Jugendliche erfasst oder 8,3 % aller Jugendliche im Alter zwischen 16 und 24 Jahren.[11] Für Salzburg gibt es speziell für NEET-Jugendliche kaum aktuelle und zuverlässige Daten. Aussagen können nur sehr allgemein über die Zielgruppe getroffen werden. Laut Statistik Austria (2013) lebten in Salzburg zum Stichtag 1.1.2013 insgesamt 64.439 Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren.[12] Die Evaluierung (2013) des Jugendcoachings in Wien und der Steiermark durch das Institut für höhere Studien in Wien errechnete, auf Basis der Daten von Statistik Austria, eine NEET-Rate der 15 bis 19 Jährigen für 2011 in Salzburg von 3,4 % oder 1.108 Jugendliche.[13] Eurostat verzeichnet 2012 für Salzburg einen Anteil von 7,2 % an NEET-Jugendlichen im Alter von 18 bis 24 Jahren, wobei diese Daten als wenig zuverlässig gewertet werden.[14]

    Generell ist anzumerken, dass nicht alle NEET-Jugendlichen unmittelbar von Exklusion betroffen sind. Laut einer britischen Langzeitstudie von Bynner und Parsons (2002) trifft das vor allem auf jene Jugendlichen zu, welche sich zwischen 16 und 18 Jahren mindestens ein halbes Jahr in einer NEET-Situation befinden.[15] Nach der Europäischen Definition bezieht sich der NEET-Indikator auf einen bestimmten Zeitpunkt und sagt wenig über die Dauerhaftigkeit des Status aus. Ferner werden durch den NEET-Indikator auch nicht allumfassend alle Personen erfasst, die von Exklusion betroffen sind, wie zum Beispiel prekär Beschäftigte.[16]

    Wesentlich ist allerdings, dass die NEET-Situation in den meisten Fällen nicht selbst gewählt ist, sondern häufig ein Resultat aus institutionellen und strukturellen Defiziten, wie lokale Strukturen oder ein eingeschränkter Zugang zum Bildungssystem oder dem Arbeitsmarkt und individuellen Risikofaktoren.

    Abbildung 1 zeigt die individuellen Risikofaktoren, die laut internationaler Literatur zu einem NEET-Status führen können. Es kann jedoch kein kausaler Zusammenhang zwischen einzelnen Faktoren und einem NEET-Status hergestellt werden, denn meist handelt es sich um multifaktorielle Problemlagen, die sich auch durch den NEET-Status manifestieren können. Laut Eurofond – Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen – (2012) wird das NEET-Risiko vor allem durch gesundheitliche Einschränkungen, Migrationshintergrund, Leben in peripheren Räumen und geringe Bildung, erheblich gesteigert.[17]

    Abbildung 1. Individuelle Risikofaktoren

    Individuelle Risikofaktoren

    Quelle: ISW / IBE / JKU 2013, 18

    Auch für Österreich konnten die individuellen Risikofaktoren überwiegend belegt werden; am stärksten erhöht auch in Österreich ein früher Schulabbruch das NEET-Risiko. Strukturelle Risikofaktoren beziehen sich also auf das Bildungssystem, das Chancenungleichheit schafft, und somit auch in Folge die beruflichen Möglichkeiten am Arbeitsmarkt erheblich einschränkt.

    In der Studie des ISW / IBE / JKU wurden sieben unterschiedliche NEET-Typen für Österreich identifiziert:[18]

    • arbeitslose junge frühe BildungsabgängerInnen

    • LehrabsolventInnen in ländlichen Gebieten

    • ältere Arbeitslose zwischen 20 und 24 Jahren

    • junge Mütter mit Migrationshintergrund (vorwiegend ab 20 Jahren)

    • SchulabsolventInnen in Warteposition

    • Personen mit Erkrankungen

    • junge Mütter ohne Migrationshintergrund

    Im Rahmen der Maßnahmenvorschläge dieser Studie wird der Schwerpunkt vor allem auf junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren ohne klassischen Bildungsverlauf, wie zum Beispiel „Schule – Lehre – Beruf“ gelegt, da vor dem 18. Lebensjahr kein direkter Anspruch auf Bedarfsorientierte Mindestsicherung besteht und Jugendliche unter 18 somit nicht in die Zielgruppe der gesamten Studie fallen. Augenscheinlich ist jedoch, dass vor allem im präventiven Bereich, also vor dem 18. Lebensjahr Maßnahmen gesetzt werden müssen, damit es zwischen 18 und 24 Jahren zu keiner längerfristigen NEET-Situation kommt.

    In der Betrachtung der sieben unterschiedlichen NEET-Typen für Österreich lässt sich erkennen, dass die Gruppe der NEET-Jugendlichen eine hohe Heterogenität aufweist, die es in den Angeboten und Maßnahmen zu berücksichtigen gilt. Vorrangig ist darauf zu achten, dass die Angebote und Maßnahmen geschlechtsspezifisch, flexibel und niederschwellig gewählt sind.

    Im Rahmen der Studie von ISW / IBE / JKU wurden anhand der internationalen Literatur einige Erfolgsfaktoren zur Reduzierung der NEET-Rate identifiziert (siehe Abbildung 2).

    Abbildung 2. Auflistung von neun Erfolgsfaktoren zur Reduzierung der NEET-Rate

    Auflistung von neun Erfolgsfaktoren zur Reduzierung der NEET-Rate

    Quelle: ISW / IBE / JKU 2013, 32



    [4] Statistik Austria: Studie zu Armut und sozialer Eingliederung in den Bundesländern. Wien 2013. Internet: http://www.statistik.at/web_de/static/studie_zu_armut_und_sozialer_eingliederung_in_den_bundeslaendern_071149.pdf. Zuletzt geprüft am: 10.8.2013

    [5] Promberger, Markus/Wenzel, Ulrich/Pfeiffer, Sabine/u. a.: Beschäftigungsfähigkeit, Arbeitsvermögen und Arbeitslosigkeit [wie Anm. 2].

    [6] Brinkmann, Ulrich/Dörre, Klaus/Röbenack, Silke/u. a.: Prekäre Arbeit. Ursachen, Ausmass, soziale Folgen und subjektive Verarbeitungsformen unsicherer Beschäftigungsverhältnisse. 1. Aufl. Bonn 2006; Buchinger, Birgit: Zur sozialen Lage und Armutsgefährdung von niedrigverdienenden Beschäftigten im Bundesland Salzburg. Sazburg 2010. Internet: http://media.arbeiterkammer.at/sbg/pdf/AK_Bro_Armutsgefaehrdung-web.pdf. Zuletzt geprüft am: 5.7.2011.

    [7] Land Salzburg: Sozialbericht 2012. Salzburg 2013. Internet: http://www.salzburg.gv.at/sozialbericht_2012_endfassung.pdf. Zuletzt geprüft am: 15.8.2013.

    [8] Fabris, Verena/Faltin, Sonja/Fenninger, Erich/u. a.: Kinderarmut in Österreich. Wien 2013. Internet: http://www.pakte.at/attach/fabris-ua_kinderarmut-in-oe_lang_2013.pdf. Zuletzt geprüft am: 5.1.2014.

    [9] Eurofound: Neets – Young people not in employment, education or training: Characteristics, costs and policy responses in Europe. Luxemburg 2012. Internet: http://www.eurofound.europa.eu/publications/htmlfiles/ef1254.html. Zuletzt geprüft am: 27.2.2014

    [10] Europäische Kommission: Youth neither in employment nor education and training (NEET). Presentation of data for the 27 Member States. EMCO Contribution. Luxemburg 2011. Internet: http://ec.europa.eu/social/BlobServlet?docId=6602&langId=en. Zuletzt geprüft am: 28.2.2014. S.2.

    [11] ISW/IBE/JKU: Studie zur Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe „NEET“. Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK). Wien 2013. Internet: http://www.isw-linz.at/publikationen/isw-forschung. Zuletzt geprüft am: 8.3.2013. S. 75.

    [12] STATISTIK AUSTRIA: BEVÖLKERUNGSSTAND Inkl. Revision seit 1.1.2008. Wien 2013. Internet: http://www.statistik.at/dynamic/wcmsprod/idcplg?IdcService=GET_NATIVE_FILE&dID=154509&d-DocName=074420. Zuletzt geprüft am: 9.2.2014. S. 234.

    [13] IHS: Evaluierung „Jugendcoaching“. Endbericht. Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK). Wien 2013. Internet: http://www.sozialministerium.at//site/Soziales/Statistische_Daten_und_Studien/Studien/Arbeitsmarkt_und_Arbeitswelt_Studien_. Zuletzt geprüft am: 6.3.2014. S. 73.

    [14] eurostat: Nichterwerbstätige Jugendlichen im Alter von 18-24, die an keiner Bildung und Ausbildung teilnehmen, nach NUTS-2-Regionen und Geschlecht (ab 2000) - NEET Rate. Luxemburg 2013. Internet: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/product_results/search_results?mo=containsall&ms=NEET&saa=&p_action=SUBMIT&l=d&co=equal&ci=,&po=equal&pi=. Zuletzt geprüft am: 28.2.2014.

    [15] Bynner, John/Parsons, Samantha: Social Exclusion and the Transition from School to Work: The Case of Young People Not in Education, Employment, or Training (NEET). In: Journal of Vocational Behavior 60/2 (2002). S. 289–309; hier: S. 297.

    [16] ISW/IBE/JKU: Studie zur Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe „NEET“. Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) [wie Anm. 11], S. 12f.

    [17] Eurofound: Neets – Young people not in employment, education or training: Characteristics, costs and policy responses in Europe [wie Anm. 9], S. 55f.

    [18] ISW/IBE/JKU: Studie zur Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe „NEET“. Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) [wie Anm. 11], S. 18ff.

    3. Darstellung der unterstützenden Maßnahmenlandschaft in Salzburg

    Armutsbetroffene sind in sozialstaatlich organisierten Gesellschaften als Bedürftige in ein strukturelles Umfeld eingebettet. Während der behördliche Umgang mit den Betroffenen zwischen den Polen Unterstützung und Zwang changiert, nehmen freie Träger vornehmlich eine helfende und sichernde, unterstützende und fördernde Rolle ein. Aber auch die freien Träger sind in ihren Tätigkeiten zumeist nicht völlig frei, sondern an strukturelle Vorgaben und Erwartungen gebunden. Die in Österreich gewachsene Struktur an amtlichen Stellen und freien Sozialeinrichtungen hat mit der Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung im Dezember 2010 eine entscheidende Neuausrichtung erfahren.[19]

    Im Bundesland Salzburg sind von Seiten der subsidiären Landesverwaltung das Sozialamt (Magistrat Salzburg) bzw. die Gruppen Soziales in den Bezirkshauptmannschaften (Salzburg-Umgebung, Hallein, St. Johann, Zell am See sowie Tamsweg) für die Verwaltung der BMS zuständig. Sie tun dies auf Grund der im BMS-Gesetz festgeschriebenen Grundvoraussetzung des ‚Einsatzes der Arbeitskraft‘ in enger Zusammenarbeit mit den jeweils zuständigen Regionalstellen des Arbeitsmarktservices. Die größte Neuerung des Verhältnisses zwischen AMS und den Sozialämtern besteht darin, dass am AMS nunmehr auch Personen ohne Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung in den Kreis der KundInnen von Vermittlungs- und Qualifizierungsleistungen einrücken. Dieser Umstand bewirkt einen neuen Koordinierungs- und Abstimmungsbedarf im Hinblick auf Unterstützung und Hilfe ebenso wie auch in Bezug auf Sanktionsmaßnahmen bei mangelnder Mitwirkung. Auch wenn das Gesetz vorsieht, dass ein Antrag auf Leistungen aus der BMS auch beim AMS gestellt werden kann, so erschöpft sich diese Möglichkeit in der Praxis im Bundesland Salzburg in der Ausgabe des Antragsformulars am AMS und dem begleitenden Hinweis auf die Abgabemöglichkeit bei der zuständigen Stelle am Sozialamt. Von Seiten der AMS-Regionalstellen wie auch der Sozialbehörden wird diese Praxis im Bundesland Salzburg dahingehend gut geheißen, dass dies dem eigentlich intendierten, aber letztlich nicht legistisch formulierten ‚one-stop-Shop‘ nahe käme - mit Vorteilen für die AntragstellerInnen, v. a. im Hinblick auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der eingereichten Unterlagen und sonstigen maßgeblichen Informationen. Die BMS-Verwaltungsstellen stehen in enger Kooperation mit den zuständigen AMS-SachbearbeiterInnen; es besteht ein funktionierendes System des Datenaustausches über EDV und in allen befragten Regionen auch ein regelmäßiger Jour fixé zur Abstimmung bei der Betreuung von BMS-BezieherInnen im Hinblick auf Förder- und Aktivierungsmaßnahmen einerseits und Fragen der Sanktionierung von Pflichtverletzungen andererseits. Hier zeigte sich übrigens, dass die behördliche Abstimmung bei Sanktionierungen durchaus unterschiedlichen Routinen folgen kann, mit dem Effekt unterschiedlicher Sanktionspraxis. Auffallend gering ist die Zahl der in der BMS-Verwaltung tätigen SozialarbeiterInnen; an zumindest einem Standort ist zum Untersuchungszeitpunkt kein einziger Planposten mit eine/r/m ausgebildeten SozialarbeiterIn besetzt. Grundsätzlich zeigte sich, dass dieser neue KundInnen-Kreis mit ihren Problemlagen die Berater an den AMS-Regionalstellen durchaus vor große Herausforderungen stellte – vor allem jene Gruppe der offiziell arbeitsfähigen aber nicht beschäftigungsfähigen Betroffenen.

    Neben diesen institutionellen Akteuren der behördlichen Unterstützung – und in vielfältiger Weise auch mit den behördlichen Stellen verbunden – stehen den Betroffenen eine Vielzahl von Sozialeinrichtungen und Einrichtungen von Wohlfahrtsverbänden zur Verfügung, die in beschränktem Ausmaß konkrete Hilfs- und Unterstützungsleistung in Beratung, Betreuung, Vertretung, Qualifizierung und Beschäftigung anbieten können. Zumeist sind diese Einrichtungen durch Mittel des Landes, des AMS, des Bundes und/oder des Europäischen Sozialfonds cofinanziert. Aus der Sicht des Auftraggebers sind für den Berichtszeitraum vor allem folgende Einrichtungen von zentraler Wichtigkeit für eine Bestandsaufnahme der im Untersuchungszeitraum bestehenden Maßnahmenlandschaft im Hinblick auf die Zielgruppe:

    • Verein für Arbeit und Beschäftigung, FAB (Clearingstelle, Koordinierte Hilfeplanung),

    • Arbeitsmedizinischer Dienst Salzburg, Zentrum für gesundes Arbeiten, AMD (Clearingstelle),

    • Volkshilfe Salzburg (Projekt PerConsult),

    • Soziale Arbeit GmbH (Projekt Lebensarbeit; TAO & Modecirkel; Jop21; Allgemeine Integrative Sozialberatung (AIS) und Fachstelle für Gefährdetenhilfe),

    • Verein WABE (Arbeitsprojekt),

    • Pongauer Arbeitsprojekt,

    • Caritas Salzburg (Bahnhofsozialdienst und Notschlafstelle),

    • Verein Frauentreffpunkt,

    • Verein Frauenhilfe,

    • Verein Schuldnerberatung ,

    • Verein Neustart (Haftentlassenenhilfe und Saftladen).

    Über diese Auswahl hinaus erbringen mindestens 37 weitere Träger und Vereine, die im Berichtszeitraum insgesamt 68 Projekte oder Zweigstellen realisieren oder betreiben, Leistungen für KlientInnen unter (teilweisem) Einschluss von Angehörigen der Zielgruppe. Eine Fragebogenerhebung unter 96 Personen, die für die 48 identifizierten Träger in teilweise verschiedenen Programmbereichen bzw. Projekten im gesamten Bundeslandes tätig sind, ergab bei einem Rücklauf von 31 Fragebögen dabei folgendes Bild über diese Landschaft.

    Etwa ein Drittel der Einrichtungen und Projekte leistet Beratungsarbeit, darüber hinaus sind etwa 40 % intensiv in der Betreuung engagiert (wobei dies fallweise auch ‚Beschäftigung‘ beinhalten kann), 17 % bieten vor allem Qualifizierungsmaßnahmen an, jede zehnte Einrichtung vertritt ihre KlientInnen in rechtlichen Verfahren, einzelne Einrichtungen leisten Begutachtung bzw. konkrete medizinische und sozialtherapeutische Nachsorge (Abbildung 3).

    Abbildung 3. Überblick über die Settings in der BMS-Unterstützungsstruktur im Land Salzburg

    Tortendiagramm zu oben angeführten Text

    Quelle: Eigene Erhebung

    Dabei gilt, dass nur zwei der Einrichtungen ausschließlich für BMS-BezieherInnen zugänglich sind. Für alle anderen gilt, dass sich ihre KlientInnen aus Betroffenen der Zielgruppe (längerfristiger BMS-Bezug) ebenso zusammensetzt, wie aus Personen, die keine Leistungen der BMS beziehen; zum Teil sind dabei auch Personen, die ihren Anspruch auf eine etwaige BMS-Leistung (noch) nicht durchgesetzt haben (auch sog. ‚non-takeup‘- Fälle aufgrund von Scham, Angst vor Stigmatisierung usw.). Abbildung 4 gibt einen Einblick in die Schätzungen bzw. Angaben zum Anteil von BMS-BezieherInnen durch die befragten Einrichtungen. Ein Viertel der Befragten konnte keine sinnvolle Angabe machen, manche der weiteren Angaben beruhen auf fundierten Schätzungen. Dies verweist auf eine generell sensible Beratungs- und Betreuungspraxis, in der Betroffene ihren Status nicht preisgeben müssen – ein ‚Schutzangebot‘, das vor dem gesellschaftlichen Hintergrund einer weit reichenden Stereotypisierungs- und Stigmatisierungsbereitschaft angebracht ist. Mindestens jede/r zweite Klient/in etwa jeder zweiten Einrichtung ist im BMS-Bezug, wobei jene Fälle überwiegen dürften, in denen BMS zur Ergänzung eines anderen Einkommens dient (Subsidiarleistung). Etwa jede fünfte befragte Einrichtung berichtet von einem BMS-BezieherInnen-Anteil von weniger als einem Drittel.

    Abbildung 4. Geschätzter Anteil von BMS-Bezieher/innen der Klient/innen

    Tortendiagramm zu oben angeführten Text

    Quelle: Eigene Erhebung

    Abbildung 5 schließlich illustriert, dass die überwiegende Mehrzahl jener Einrichtungen, die über BMS-BezieherInnen in intensivem Kontakt zu Personen aus der Zielgruppe steht – für nur jede zehnte befragte Einrichtung kommt ein solcher nur hin und wieder bzw. vereinzelt zustande.

    Abbildung 5. Häufigkeit des Kontakts zu BMS-Bezieher/innen

    Tortendiagramm zu oben angeführten Text

    Quelle: Eigene Erhebung

    Diese Befunde verweisen insgesamt auf ein durchaus breites Netzwerk an unterstützenden Einrichtungen im gesamten Bundesland, wenn auch mit starker Konzentration auf den Zentralraum. Indirekt sind damit beträchtliche Schwierigkeiten im Erreichen von Betroffenen mit unterstützenden Maßnahmen in peripheren, ländlichen Bereichen mitzudenken, die die spezielle Notlage dieser Betroffenen deutlich machen. Armut hat häufig mit fehlenden Zugängen (im tatsächlichen wie im übertragenen Sinne) zu tun; so kann etwa die Bereitstellung von Mobilitätsgutscheinen (oder Fahr- bzw. Netzkarten) durchaus armutslindernd wirken. Außerdem gilt für Einrichtungen und Projekte, die Beschäftigungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten anbieten sowie für therapeutische Einrichtungen, dass zum Teil lange Wartelisten bestehen, die den Zugang für Betroffene der Zielgruppe stark einschränken. Aus eigener Perspektive berichten Vertreter/innen aus Sozialeinrichtungen, dass die Stärke der Maßnahmenlandschaft in der Vielzahl und Breite von Zugangsmöglichkeiten liegt, die in Richtung Niederschwelligkeit des Zugangs zu interpretieren ist und dass ein vermehrter, systematischer Austausch zwischen diesen Einrichtungen hilfreich und wünschenswert sei, der die fallweise gewachsenen, informellen Kontakte abstützen und begleiten und auf eine nachhaltige Ebene stellen könnte.



    [19] Otter, Andrea/Pfeil, Walter: Chronologie der Entwicklung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (BMS). In: Handbuch bedarfsorientierte Mindestsicherung. Hrsg. v. Walter Pfeil/Josef Wöss. 1. Aufl. Wien 2011. S. 209–221.

    4. Einschätzungen der ExpertInnen zur Lage der Betroffenen

    Ein weiterer Teil der Erhebung des Status quo war die Untersuchung perspektivischer Einschätzungen von ExpertInnen zur Lage der Betroffenen in dem Umfeld der unterstützenden Maßnahmenlandschaft im Bundesland Salzburg.

    4.1. Methode und Umsetzung

    Die Daten der quantitativen Fragebogenerhebung dienten einem allgemeinen Überblick und der Vorbereitung von ExpertInnen-Diskussionen mit VertreterInnen verschiedener Träger sowie von Einzelinterviews mit VertreterInnen des AMS (Stadt Salzburg, regionale Geschäftsstellen) und des Sozialamtes bzw. der zuständigen Einheiten an einzelnen Bezirkshauptmannschaften („Gruppe Soziales“). Zu den ExpertInnendiskussionen luden wir insgesamt 25 Personen ein, zu den schließlich fixierten beiden Terminen konnten acht bzw. sieben ExpertInnen begrüßt werden. Die ExpertInnendiskussionen fanden am 28. Mai 2013 (13.00 bis 16.00 Uhr) und am 12. Juni 2013 (13.00 bis 16.00 Uhr) in den Räumlichkeiten des ifz, Mönchsberg 2a, statt; die Diskussionen wurden aufgezeichnet (Video) und anschließend transkribiert.

    (Ermittelnde) Gruppendiskussionen zeichnen sich allgemein durch hohe Reflexivität und Konstruktivität aus; beide Aspekte werden durch das ExpertInnen-Setting noch erhöht. Reflexivität führt zu einer überdurchschnittlichen Mobilisierung und Zentrierung von Wissen auf relevante Aspekte und zu einer generalisierenden Verdichtung wesentlicher Inhalte („Konstruktivität“). Die einzelnen TeilnehmerInnen wägen ab, welche Themen, welche Perspektiven vor dem Relevanzhorizont der Mit-Diskutierenden von allgemeiner Bedeutung sind („Expertise“) und (positive oder negative) Resonanz erhalten können. So generieren ExpertInnen-Diskussionen stark verdichtetes Wissen, das sich durch Themenzentrierung, Fokussierung, generalisierende Bewertung und Problematisierung auszeichnet.[20] Im Hinblick auf die Einschätzung der Lage der Betroffenen ist davon auszugehen, dass diese Erhebungsmethode relevante Daten generiert.

    ExpertInnen des AMS und der Sozialbehörden wurden davon abweichend in Einzelinterviews befragt, weil hier sowohl eine andere Form (z.B. „Vollzugswissen“) als auch Qualität („Institutionenwissen“) des Wissens gegeben ist, dem mit einem Einzelsetting besser Rechnung getragen werden kann. Aufgrund der Fokussierung und Dichte dieses Wissens konnte außerdem mit einer geringeren Anzahl an ExpertInnen das Auslangen gefunden werden. Interviews wurden von zwei Interviewern anhand eines semistrukturierten Leitfadens geführt, aufgezeichnet und transkribiert. Sie fanden an fünf Terminen im August und September in Salzburg und einigen Bezirkshauptstädten, sowohl an den BHs als auch an regionalen Geschäftsstellen des AMS statt, so dass alle maßgeblichen Regionen des Landes Salzburg in die Untersuchung einbezogen wurden und auch spezifische Aspekte, die der peripheren Lage geschuldet sind, repräsentiert sind. Der Kontakt zu den AMS-VertreterInnen wurde über das AMS-Mitglied in der Steuerungsgruppe vorbereitet; der Kontakt zu den VertreterInnen der BH bzw. des Sozialamts durch das Sozialamt der Stadt Salzburg. Alle Interviewten beteiligten sich konstruktiv und engagiert und im Sinne des Auftrages an den Erhebungen. Dasselbe gilt für die TeilnehmerInnen an den beiden ExpertInnendiskussionen.

    4.2. Problemlagen der Betroffenen

    Die Daten der Fragebogenuntersuchung bestätigen das allgemein bekannte Bild der multifaktoriellen Problemlagen der meisten Betroffenen[21], wobei in diesem Sample Sucht, Krankheit (psychisch, physisch), finanzieller Knappheit (Überschuldung, Lohnpfändung) und fehlende soziale Netzwerke am häufigsten als individuelle Problemlagen (Mikro-Ebene) genannt werden. Darüber hinaus werden, mit geringerer Frequenz, Scheidung, Perspektivenlosigkeit, schlechte/fehlende Ausbildung (Analphabetismus) und geringes Selbstwertgefühl angeführt. In den ExpertInnendiskussionen wurde die Mikroebene um Problemlagen Gewalterfahrung, Delinquenz, und die Perspektive biografischer Brüche erweitert. Die ExpertInnen problematisierten in diesem letzten Zusammenhang das Ausbleiben von Erfolgserlebnissen, das häufig mit Beschämung einhergeht und einen weiteren Rückzug der Betroffenen aus dem öffentlichen Leben nach sich ziehen kann. Kulturell verfestigt zeigt sich dieser Rückzug in tradierten „privaten“ Verhältnissen, in denen normal erwerbstätige Vorbilder häufig gänzlich fehlen können.

    Auf der Meso-Ebene zeigt sich in den Einschätzungen der ExpertInnen der Trägerorganisationen in Bezug auf die Zielgruppe der Untersuchung ein ungenügendes, wenig passgenauen Angebot an Maßnahmen der Unterstützung und Integration. Im Konkreten zeige sich diese Problematik im Mangel an individueller Betreuung, in fehlenden Kursmaßnahmen (z.B. Qualifizierung für Erwachsene), der mangelnden Orientierung an individuellen Fähigkeiten von Betroffenen, dem Fehlen ausreichender präventiver Maßnahmen und einem entsprechenden Therapieangebot sowie einem mangelhaften Angebot an niederschwelligen Beschäftigungsangeboten und längerfristiger Assistenz am Arbeitsplatz. Diese Einschätzung bezieht sich in diesem konkreten Problemfeld auch auf stellenweise mangelhafte Zusammenarbeit zwischen den Einrichtungen sozialer Dienstleistungen. Aus Sicht der Befragten ist die oben als individuelle Problemlage angesprochene niedrige Bildung auch der Meso-Ebene zuzuschlagen, resultiert sie doch häufig aus strukturellen Zugangshindernissen und Blockaden.[22]

    Auch auf der Meso-Ebene anzusiedeln sind Problematiken des zu hohen bürokratischen Aufwands bei der Beantragung einer BMS-Leistung sowie eine nicht immer ausreichende Informiertheit bei Betroffenen wie bei SachbearbeiterInnen und BeamtInnen in Bezug auf das zweite soziale Netz, mit der Folge, dass Leistungsansprüche nicht (voll) durchgesetzt werden können (in Verbindung mit Scham, Angst vor Stigmatisierung und nicht-wohlwollender behördlicher Behandlung).[23] In diesem Zusammenhang ist die Frage der fremdsprachigen Aufklärung (etwa durch Übersetzung der wichtigsten Informationsblätter in die wichtigsten Fremdsprachen) anzusprechen.

    In den ExpertInnendiskussionen wurde der manchmal sehr belastende hohe externe Druck zur raschen Wieder-Aufnahme von Arbeit (durch das AMS, gegebenenfalls auch durch die Familie oder die Gesellschaft an sich) anhand der beispielhaften Situation einer unter solchem Druck zu rasch erfolgten Re-Integration nach einer „Burnout-Problematik“ hervorgehoben. Wenn die ExpertInnen generell ein sehr umfassendes, vielfältiges Angebot an Beratung und Unterstützung für Hilfesuchende sehen, so ist diese grundsätzlich positive Einschätzung im Hinblick auf die Zielgruppe dieser Untersuchung dennoch zu relativieren: das vorhandene Angebot decke Bedürfnisse der Zielgruppe nicht ausreichend ab. Eine weitere Schwierigkeit liege in der Orientierung innerhalb der Maßnahmenlandschaft, sei diese doch bereits für ExpertInnen selbst nicht immer einfach und setze großes institutionelles Wissen und persönliche Kontakte voraus.

    Auf der Makro-Ebene wurden die Problematik eines unflexiblen, nicht aufnahmefähigen Arbeitsmarktes und weitere gesellschaftliche Rahmenbedingungen angesprochen: keine adäquaten Jobs (zB flexible Beschäftigung), zu hohe, unerreichbare Anforderung an die Betroffenen, zu wenig Informationen und Aufklärung für die Unternehmen, Mangel an leistbaren und adäquaten Kinderbetreuungseinrichtungen sowie die Problematik zu niedriger Gehälter („working poor“) bei gleichzeitig überaus hohen Wohnkosten.

    4.3. Einschätzungen bezüglich der Maßnahmenlandschaft

    Im Sinne einer Evaluierung der ‚Treffsicherheit‘ der bestehenden Maßnahmenlandschaft sehen die ExpertInnen folgende Betroffenen-Gruppen derzeit nicht (ausreichend) erreicht und damit einer massiven Gefahr ausgesetzt, in verstetigter Armut und sozialer Ausgrenzung leben zu müssen: ältere ArbeitnehmerInnen, denen zunehmend der „Ausweg“ in einen PV-Bezug verschlossen wird, einerseits, ebenso wie die große Gruppe der Betroffenen mit eingeschränkter Arbeitsfähigkeit andererseits, die aus ihrer Sicht kaum langfristige Möglichkeiten vorfindet, wobei auch integrative Maßnahmen oft schon zu hohe Anforderungen stellen und bereits zu Überforderung führen. In Konsequenz raten die ExpertInnen zu noch mehr Niederschwelligkeit und Flexibilität (stundenweiser Einstieg usw.) in einzelnen Beschäftigungsangeboten. Eine weitere Gruppe, die derzeit nicht erreicht wird, stellen jene – häufig weiblichen – Personen dar, für die keine Maßnahmen oder keine Beratung über das AMS vorgesehen sind, weil sie keinen Anspruch auf Notstandhilfe oder BMS haben (z.B. aufgrund aufrechter Abhängigkeit vom Partner, wegen des Bezugs von Kinderbetreuungsgeld, etc.). Eine weitere Betroffenengruppe, die derzeit nicht in ausreichendem Maße erreicht wird, sind Personen mit psychiatrischen Auffälligkeiten; sie finden aus Sicht der ExpertInnen kaum zugängliche Angebote zur Behandlung und Therapie vor. Dies gilt in besonderer Weise auch für betroffene Jugendliche. ExpertInnen berichten, dass Betroffene zwanzig und mehr TherapeutInnen kontaktieren müssen (und die entsprechende Ablehnung erfahren müssen), bis sie im Erfolgsfall (!) als KlientInnen angenommen werden. Auf kassenfinanzierten Plätzen bestehen entsprechend lange Wartezeiten von mehreren Monaten. Als weitere Gruppe von Betroffenen, die nur unzureichende Unterstützung findet wurden armutsbetroffene Frauen mit betreuungspflichtigen Kindern genannt.

    Die Maßnahmenlandschaft ist aus Sicht der ExpertInnen durch eine stellenweise sehr gute Zusammenarbeit charakterisiert, die v. a. von informellen Kontakten und Kooperationsformen getragen ist. Eine so organisierte, gleichsam informelle Zusammenarbeit ist in vielen Fällen auch ausschlaggebend zur Erzielung positiver Ergebnisse für die Betroffenen. Ein solcherart funktionierendes und kultiviertes Netz ist aus der Sicht der ExpertInnen eine unerlässliche Voraussetzung für qualitativ hochwertiges, erfolgreiches Case-Management. Dieses ruhe einerseits auf einer empathische Betreuung und Begleitung des Betroffenen auf Basis eines tragfähigen Vertrauensverhältnisses (‚Beziehungsarbeit‘) und den entsprechenden räumlichen und zeitlichen Möglichkeiten und andererseits auf einem hohen Wissen über Möglichkeiten und Ressourcen, um zielorientiert Schritte gemeinsam planen und setzen zu können, Überforderung verhindern und Erfolgserlebnisse schaffen zu können.

    Als derzeitige Stärken der Maßnahmenlandschaft hoben die ExpertInnen die Möglichkeit von Praktika hervor (die etwa dann wegzufallen drohe, wenn Kurse zeitlich gekürzt werden) sowie die Möglichkeiten in Verbindung mit der überbetrieblichen Lehrausbildung. Weitere Stärken sind funktionierende Unterstützungsstrukturen bzw. Stützungssysteme, die helfen, Hürden zu überwinden und weitere biografische Brüche zu vermeiden. Dort, wo sie gegeben ist, sind langfristige Finanzierungen von Einrichtungen eindeutig stärken-bildend.

    Als problematisch wird im Gegenzug die Kurzfristigkeit von Maßnahmen vermerkt, die kaum Möglichkeiten bieten, Betroffene ausreichend kennenzulernen (‚rollende‘, implizite Anamnese) und passend zu unterstützen und die damit gegebene fehlende Kontinuität von Maßnahmen, von Personal, die eigentlichen Träger von wachsenden Ressourcen und kumulierendem Wissen sind. In einem anderen Kontext wurde dies auf die kontraproduktive Problematik prekärer Beschäftigung in den Hilfssystemen zugespitzt. [24] Als Schwäche wurde auch das programmierte Scheitern von Betroffenen in nicht adäquaten Maßnahmen und Kursen diskutiert, die bei beiden Seiten zur weiteren Frustration und Demotivierung führt. Es sei u. U. besser, bestehende und hilfreiche Projekte zu verstetigen und besser untereinander zu vernetzen, als neue zu kreieren.

    4.4. Konsolidierungs- und Verbesserungsmöglichkeiten

    Wünschenswert wäre aus Sicht der ExpertInnen ein ausreichendes Angebot an und ein niederschwelliger Zugang zu Beratungseinrichtungen und geschützten und geförderten Beschäftigungsprojekten, damit Wartezeiten minimiert werden können, flexibler auf die Leistungsfähigkeit der KlientInnen hinsichtlich der zu erbringenden Stunden eingegangen werden könne (beginnend mit begleiteter ‚geringfügiger Beschäftigung‘). Hier sei auch die vermehrte Zusammenarbeit mit privatwirtschaftlichen Betrieben wünschenswert, auch um eine größere Vielfalt in den Möglichkeiten der Arbeitserprobungen zu erreichen.

    Im Hinblick auf niederschwelligen Zugang zu und ein ausreichendes Angebot von Beratungseinrichtungen wäre die Einrichtung von Sozialzentren (etwa als Ausbau von BewohnerInnenservices) wünschenswert, mit einem entsprechenden Freiraum um über allgemeine Beratung zur Bearbeitung spezifischer Problemlagen zu kommen (Aufbau von „stigmafreien“ Kommunikationsstrukturen und Vertrauensverhältnissen).

    Die Problematik des Informationsflusses könnte einerseits durch vermehrte Helferkonferenzen und den systematischeren Einsatz von Case-Managern verringert werden. In diesem Kontext wurde angemerkt, dass Case-ManagerInnen keine Kontrollfunktion haben sollten, sondern im Gegenteil ohne Druck in Anspruch genommen werden können sollten.

    Die Bedeutung des Clearings der Arbeitsfähigkeit (Clearing-Stelle) wurde als wichtig herausgestrichen – auch im Hinblick auf die Etablierung eines adäquateren Konzepts von Arbeitsfähigkeit unter Einschluss psychosozialer und arbeitspsychologischer Dimensionen. Ein solches Clearing wirke entlastend, sei oftmals die erste Zusammenschau und umfassende allgemeinmedizinische Diagnose und sei in der Folge ausgesprochen hilfreich im Setzen realistischer Ziele in der folgenden Hilfeplanung. Notwendig scheint aus der Sicht der ExpertInnen vor allem eine anschließende Begleitung zur Umsetzung der im Gutachten formulierten Vorschläge (im Hinblick auf fachärztliche Behandlung und Therapie) zu sein.

    Konkret forderten die ExpertInnen außerdem robuste Kinderbetreuungsplätze für BMS-BezieherInnen mit Betreuungspflichten oder anderen in Notlagen, die auch verhaltensauffällige Kinder aufnehmen und entsprechend geschult sind, in einem pädagogisch wertvollen Zugang, mit niedrigen Kosten und flexiblen Öffnungszeiten, was vor allem in ländlichen Gemeinden derzeit häufig noch nicht gegeben ist.

    Weiters regen die ExpertInnen an, (Re-)Integration als ‚kurzen‘ Lebensabschnitt zu konzipieren und zu verstehen, als Zeitraum mit Entwicklungsaufgaben unter schwierigsten und prekären Bedingungen. Hier wurde das Bild geprägt von einem zarten Pflänzchen, das manchmal mit einem als brachial erlebten Druck konfrontiert ist und dann nur schwer zum Blühen gebracht werden kann (‚Stärkung von Resilienz‘).

    Wünschenswert sei aus Sicht der ExpertInnen darüber hinaus die öffentliche, behördliche und politische Wertschätzung der geleisteten Arbeit der handelnden AkteurInnen innerhalb der Maßnahmenlandschaft, die sich auch in einem regelmäßigen Einholen von ExpertInnen-Wissen zeigen könnte und in der Einladung zum gemeinsamen Erarbeiten von möglichen passgenauen Lösungen für konkrete Problematiken.



    [20] Bohnsack, Ralf: Gruppendiskussionsverfahren und Milieuforschung. In: Handbuch Qualitative Forschungsmethoden in der Erziehungswissenschaft. Hrsg. v. Barbara Friebertshäuser/Antje Langer/Annedore Prengel. 1. Aufl. Weinheim / München 1997. S. 492–501; Lamnek, Siegfried: Gruppendiskussion: Theorie und Praxis. 2. Aufl. Weinheim / Basel 2005.

    [21] L&R Sozialforschung: Auswirkung der Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung auf die Wiedereingliederung der LeistungsbezieherInnen ins Erwerbsleben. Wien. Internet: http://www.lrsocialresearch.at/files/EB_Evaluierung_BMS_(23).pdf. Zuletzt geprüft am: 10.2.2013.

    [22] Vgl. Butterwegge, Christoph: Bildung – ein Wundermittel gegen die (Kinder-)Armut? Pädagogik kann weder Familien- noch Sozialpolitik ersetzen. In: Kinderarmut und Bildung: Armutslagen in Hamburg. Hrsg. v. Birgit Herz/Ursel Becher/Ingrid Kurz/u. a. 1. Aufl. Wiesbaden 2008. S. 21–39.

    [23] Vgl. dazu den sehr kritischen Bericht der Volksanwaltschaft der noch nicht vorliegt, jedoch in den Medien breit diskutiert wurde.

    [24] internationales forschungszentrum - ifz: Abschlussbericht für „Abschlussveranstaltung des TEP Arbeit für Salzburg über die ESF Strukturfondsperiode 2007 – 2013“ im Rahmen des ESF OP Beschäftigung 2007 – 2013, SP 5 (Beschäftigungspakte). Salzburg 2013..

    5. Dialogprozess und Einbindung der Betroffenen

    Der Dialogprozess gestaltete sich auf unterschiedlichen Ebenen – so fanden strukturierte Dialoge mit betroffenen Personen (‚Dialogforen‘) ebenso statt wie mit unterstützenden Einrichtungen (Workshop), welche mit BezieherInnen von Bedarfsorientierter Mindestsicherung regelmäßig in Kontakt sind. Im Vordergrund stand vor allem die Einschätzung der bestehenden Maßnahmen hinsichtlich ihrer Wirkungen, die Erhebung von ungedeckten Bedarfen sowie von Verbesserungsvorschlägen für zukünftige Maßnahmen. Die Einsichten aus den ExpertInnen-Diskussionen mit MitarbeiterInnen aus unterstützenden Einrichtungen sowie bestehenden Maßnahmen zur (Re-)Integration dienten, ergänzt durch Impulse aus der einschlägigen Debatte in der Fachliteratur, zur Entwicklung konkreter Fragestellungen.

    5.1. Dialogprozesse mit Betroffenen

    Die Ziele der Dialogprozesse mit betroffenen Personen waren, im Sinne eines partizipativen Forschungsansatzes, die Generierung von Wissen unter den Bedingungen der Anerkennung der jeweiligen individuellen Problem- und Lebenslage. Von Interesse war vor allem das Wissen der Betroffenen in Bezug auf die Stärken und Schwächen des bestehenden Maßnahmenangebotes, die individuelle Passgenauigkeit des Angebotes sowie die Identifizierung von ungedeckten Bedarfen und bestehenden Hindernissen für die Reintegration in den Erwerbsarbeitsmarkt. Darüber hinaus sollten regionale Unterschiede zwischen der Stadt und den anderen Salzburger Bezirken herausgearbeitet und erhoben werden.

    Der Fokus lag auf den Betroffenen und deren Fähigkeiten sowie auf der Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen in Bezug auf die Unterstützung bei der Arbeitsplatzfindung aus individueller Perspektive.

    Die Dialogprozesse mit den Betroffenen sollten in der Form von so genannten Dialogenforen in der Stadt Salzburg sowie in den Bezirken Tennengau, Pinzgau, Pongau und Lungau stattfinden, mit einer maximalen TeilnehmerInnenanzahl von jeweils 8 Personen. Im späteren Verlauf des Projektes teilte der Auftraggeber den Wunsch mit, die Zielgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen (18 bis 24 Jahre) zusätzlich etwas genauer zu beleuchten. Die Erhebung des Status quo (vgl. Kap. 3) war zu diesem Zeitpunkt weitgehend abgeschlossen. Es war aber noch möglich, diese Zielgruppe im Rahmen der Dialogprozesse näher zu behandeln. So konnte ein zusätzliches Dialogforum mit Jugendlichen/jungen Erwachsenen in Hallein geplant werden.

    Somit wurden insgesamt vier Dialogforen für BMS-BezieherInnen zwischen 18 und 65 Jahren im gesamten Bundesland Salzburg angeboten und zusätzlich ein Dialogforum für junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren in Hallein (Tenngau).

    5.1.1. Zugang zu den Betroffenen

    Die größte Herausforderung im Hinblick auf die Dialogforen stellte der Zugang zur Zielgruppe dar. Einerseits war strikt auf die Freiwilligkeit und Selbstbestimmung der TeilnehmerInnen zu achten, die Unabhängigkeit der Forschung mit all ihren gewünschten Implikationen für die TeilnehmerInnen deutlich zu machen, andererseits ist der Zugang zur Zielgruppe nicht vollständig außerhalb des ‚Systems‘ der Sozialbehörden und der umfassenden Maßnahmenlandschaft möglich. So wurde ein dreistufiger Zugang konzipiert: Im ersten Schritt kam es zu einem offenen Aushang am Sozialamt der Stadt Salzburg bzw. bei den Bezirkshauptmannschaften, um einen möglichst niederschwelligen und offenen Zugang zu gewährleisten. Diese Form erwies sich in der Stadt Salzburg als teilweise nützlich, in den anderen Bezirken konnten dadurch keine Personen erreicht werden. Im zweiten Schritt wurden die SozialarbeiterInnen des Sozialamtes bzw. der Bezirkshauptmannschaften gebeten, Betroffene direkt anzusprechen und zur Beteiligung zu motivieren. Auch diese Form brachte in allen Bezirken mäßige Ergebnisse. Im dritten und letzten Schritt wurde direkt mit unterstützenden Maßnahmen und Einrichtungen (Kursmaßnahmen, Betreuungsangebote, Beschäftigungsprojekte etc.) Kontakt aufgenommen. Zuständige Personen konnten hier Betroffene direkt ansprechen und motivieren, an dem Dialogprozess mitzuarbeiten. Diese drei Stufen des Zugangs erwiesen sich als nötig, um Betroffene zu erreichen. Die Betroffenen wurden in Kenntnis darüber gesetzt, dass sie für die Teilnahme eine Entschädigung in Höhe von € 50 in Form von Lebensmittelgutscheinen erhalten.

    5.1.2. Umsetzung der Dialogforen mit Betroffenen

    Insgesamt konnten 16 Personen zwischen 20 und 58 Jahren aktiviert werden, an den Dialogprozessen teilzunehmen – sechs Personen in der Stadt Salzburg bei zehn Anmeldungen, sechs Personen im Pinzgau bei vier Anmeldungen, drei Personen im Pongau bei vier Anmeldungen und eine Person im Lungau bei einer Anmeldung. Mit der Person aus dem Lungau wurde aufgrund mangelnder weiterer TeilnehmerInnen ein Einzelinterview geführt. Unter den insgesamt 16 teilnehmenden Personen waren neun Frauen und sieben Männer. Der Altersdurchschnitt der Frauen lag in etwa bei 35 Jahren, jener der Männer bei in etwa 43 Jahren.

    Die Dialogforen wurden in zwei Teilen konzipiert. Ziel des ersten Teils war es, die TeilnehmerInnen zum eigentlichen Thema (Verbesserungsmöglichkeiten, eigene Vorstellungen für die bessere Reintegration, etc.) hinzuführen und sie anzuregen, über die eigene Lebenssituation nachzudenken. Da der Erstkontakt nur über Telefon oder Internet stattgefunden hatte, war es in diesem Teil besonders wichtig eine vertrauensvolle Basis zu schaffen. Im zweiten Teil wurden in Form eines offenen Gesprächs folgende Fragen thematisiert: (i) Was wurde bis jetzt für mich persönlich als unterstützend bei der Arbeitsplatzfindung empfunden? (ii) Was war besonders hinderlich? (iii) Wo wird Bedarf gesehen und welche Wünsche zur Verbesserung gibt es aus individueller Perspektive? Der Fokus der Fragestellungen lag hier vor allem auf dem bestehenden Angebot. Die Auswertung erfolgte durch Verdichten des Audiomaterials auf Basis der Fragen und durch die Zusammenführung der Ergebnisse aus allen Dialogforen.

    Aufgrund der relativ geringen TeilnehmerInnenzahl an den Dialogforen mit Betroffenen, und des methodischen Zuschnitts, sind im Nachfolgenden die Ergebnisse nicht als allgemeingültig für die gesamte Zielgruppe zu betrachten. Sie stellen lediglich eine Ergänzung des theoretischen Teils sowie der Einschätzungen von ExpertInnen dar und sollen in der Entwicklung von Maßnahmenvorschlägen mitgedacht werden. Die Ergebnisse spiegeln ausgewählte Lebenssituationen und Herausforderungen der Zielgruppe wider und dienen der Illustration der Vielgestaltigkeit aber auch existentiellen Tiefe individueller Problemlagen, die in der generellen Darstellung häufig ausgeblendet bleiben.

    5.1.3. Auswertung der Ergebnisse aus den Dialogforen mit Betroffenen

    In den Fragen im ersten Teil des Dialogprozesses ging es darum, sich die eigene Lebenssituation zu vergegenwärtigen (letzte markante positive und negative Erlebnisse). Hervorgehoben wurden dabei vor allem soziale Kontakte und Familienerlebnisse, die positiven Austausch, wertschätzenden Umgang und Rückhalt bieten. Negative Erlebnisse bezogen sich auf Erfahrungen bei Kontakten mit Behörden und Ämtern, bei denen mangelnde Wertschätzung gegenüber individuellen Notlagen, fehlendes Zuhören und verweigerte Hilfe moniert wird.

    Die derzeitigen Lebenslagen der 16 TeilnehmerInnen sind unter anderem geprägt durch Wohnungslosigkeit, Suchterkrankungen (Drogen u. Alkohol), Haftentlassung, physische Erkrankungen, Migration, Betreuungspflichten, familiäre Schwierigkeiten, Langzeitarbeitslosigkeit, Niedriglohnjobs, Analphabetismus, Arbeitslosigkeit trotz abgeschlossenen Ausbildungen sowie finanzielle Engpässe. Wie auch bereits in anderen Studien aufgegriffen, wird hier sehr deutlich, dass es sich bei den Betroffenen um keine homogene Gruppe handelt, sondern die Bandbreite an individuellen Problemlagen dieser Zielgruppe beinahe unerschöpflich ist.[25] Trotz der heterogenen Ausgangslagen zeigen sich ähnliche Erlebnisse und Wünsche sowie Erfahrungen was in Hinblick auf die (Re-) Integration als förderlich bzw. hinderlich erlebt wird und was an Wünschen oder Verbesserungsvorschlägen formuliert wird, wie dies im Folgenden gezeigt wird.

    Im zweiten Teil des Dialogforums wurden dann konkrete Fragen zur derzeitigen Arbeitssituation, den Angeboten und Maßnahmen gestellt. Folgende Ergebnisse lassen sich daraus zusammenfassen:

    Unterstützende Faktoren:

    „Ja, dass wir, dass man sieht, dass man nicht die Einzige ist, dass es noch andere so gibt, weil das einfach in der Gruppe leichter ist“ (Teilnehmerin Dialogforum Pongau)

    Als Ergebnis zeigt sich, dass innerhalb von Kursmaßnahmen eine Ansprechperson vor allem dann unterstützend wirkt, wenn sie sich individuell den Problemlagen der TeilnehmerInnen annimmt und bei Fragen konkrete Antworten hat. Als förderlich wurde auch der Kontakt mit den anderen KursteilnehmerInnen genannt. So bietet sich zum Beispiel die Möglichkeit zum Wissensaustausch über zusätzliche finanzielle Unterstützungen (z.B. Caritas Beratungsstelle) oder andere Angebote (z.B. im Bereich der Anerkennung von ausländischen Ausbildungen). Auch werden positive und negative Erfahrungen mit Einrichtungen besprochen. Darüber hinaus wird es als positiv bewertet, neue Menschen kennenlernen zu können und überhaupt die tägliche Ansprache gewährleistet ist. Zusätzlich kann innerhalb der Gruppe ein Wir-Gefühl entstehen und somit Gefühlen der Ausgrenzung und Isolation entgegenwirken. Dieses Wir-Gefühl hat auch zur Folge, dass sich die Personen verstärkt beteiligen und die Eigenmotivation wächst.

    „[…] ja, einfach, dass man eine Perspektive hat, dass man wieder Leute trifft, dass die Kommunikation passt und dass man einfach, ja wenn man schwer vermittelbar ist, einfach wieder Leidensgenossen trifft, ah da hat wieder einer eine Idee und dort hat wieder einer eine Idee, einfach, dass man etwas tut, ich meine, ich habe so auch immer etwas getan, aber trotzdem ist es netter, wenn man das in der Gruppe oder im Team macht, als wie wenn man da alleine herumschustert.“ (Teilnehmer Dialogforum Pinzgau)

    Ein wesentlicher und wichtiger Punkt sind professionelle Vortragende. Das bedeutet insbesondere, dass TrainerInnen konkrete Beispiele aus der Praxis miteinfließen lassen, Rollenspiele anbieten und Wissen sowie Kenntnisse vermitteln, die am Arbeitsmarkt benötigt werden. Zusätzlich bedeutet es auch, das mit den Teilnehmenden gemeinsame Beleuchten der eigenen Perspektiven und die Arbeit an realistischen Zielen.

    Unterstützend wirkt am Wege der Arbeitsfindung, nach Auskunft der Betroffenen, auch ein langsamer und stufenweiser Einstieg in eine Vollzeitstelle, wie dies zum Beispiel durch Sozialökonomische Beschäftigungsprojekte ermöglicht wird. Darüber hinaus wird die langfristige individuelle Begleitung im Rahmen einer Lehrstelle, zum Beispiel durch „Frau in Arbeit“, als positiv bewertet.

    Hinderliche Faktoren:

    „[…] es kommt die Aussage ‚es ist nicht leicht, es ist schwer‘, also wenn wir etwas machen, kommt immer es ist nicht leicht, was ist heutzutage leicht, sag ich mir mal oft, es ist nix einfach, eigentlich braucht man bei den Frauen, wenn sie so etwas machen, dass sie unterstützt werden, dass wir richtig motiviert werden, weil man hat eh genug schwer […] und eigentlich brauchen wir immer mehr Unterstützung und die Menschen die hinter uns stehen und wenn sie sehen, dass wir verzweifeln oder Schwierigkeiten haben, dass sie uns dafür wieder pushen (Teilnehmerin Dialogforum Pongau)

    Als hinderlich am Wege der Arbeitsfindung bzw. (Re-)Integration wird innerhalb der Kursmaßnahmen häufig die Heterogenität der KursteilnehmerInnen empfunden. Interessant dabei ist, dass die TeilnehmerInnen mehrfach das Gefühl haben, dass sie mehr leisten könnten, aber aufgrund der Orientierung der Kursinhalte an den ‚Schwächsten‘ auf ein deutlich langsameres Tempo zurückgeworfen werden.[26]

    Bezüglich der Kursmaßnahmen konnten keine weiteren hinderlichen Aspekte in der Auswertung identifiziert werden. Auffallend war bei allen vier Dialogforen, dass die TeilnehmerInnen im Gespräch sehr schnell zu den Behörden und Ämtern wechselten, wenn die hinderlichen Rahmenbedingungen diskutiert wurden.

    Bei der Beratung am AMS erleben die Betroffenen häufig, dass ihre individuellen beruflichen Vorstellungen und Wünsche kaum berücksichtigt werden. Es gibt im Beratungsprozess sehr wenige Informationen über das gesamte Kursangebot, was zur Folge hat, dass Kurs-Zuteilung häufig als Zwang empfunden wird – mit negativen Auswirkungen auf die grundsätzliche Motivation zur Kurs-Beteiligung und aktivem Engagement. Lediglich die Tatsache, dass bei Nichtbesuch die finanziellen Leistungen gekürzt werden, motiviert dann die Betroffenen. Vorteilhaft scheint laut Aussagen der TeilnehmerInnen zu sein, wenn der Betroffene bereits vor dem Beratungsgespräch am AMS konkret weiß, welchen Kurs er zu seiner weiteren beruflichen Entwicklung besuchen möchte. Dies setzt allerdings einen Zugang zu diesem sehr spezifischen Wissen über die Kurslandschaft und den Ablauf der Betreuung am AMS voraus. Zusätzlich benötigt es auch Sachmittel, wie Internetzugang und Computer.

    Für Personen mit Migrationshintergrund kommt erschwerend hinzu, dass am AMS keine detaillierten Informationen über die Anerkennung von ausländischen Ausbildungen vorhanden sind und nicht klar ist, welche Stellen hier zuständig oder auch welche Dokumente gegebenenfalls zu übersetzen sind. In der Arbeitsfindung bringt dies häufig zeitliche Verzögerungen und zusätzlich bedeutet es auch einen hohen finanziellen Aufwand, um die nötigen Dokumente übersetzen zu lassen.

    Nicht explizit von den TeilnehmerInnen erwähnt wurde, dass die derzeitigen problematischen Lebenslagen sehr hinderlich für die Arbeitsfindung wirken. In der Auswertung der Aussagen der TeilnehmerInnen wird gerade dieser Aspekt dennoch offensichtlich. Im Bereich individueller Problemlagen wie etwa Wohnungslosigkeit, Suchterkrankungen, finanzielle Schwierigkeiten oder die Suche nach passenden Kinderbetreuungseinrichtungen, um Beruf und Familie vereinbaren zu können, ist viel Energie und Zeitaufwand notwendig, was wenig persönliche Ressourcen für die Arbeitsfindung lässt.

    Zusätzlich entsteht viel Druck und Angst, wenn nach der Beendigung von Maßnahmen keine adäquaten Stellen gefunden werden, somit ein erneuter Abbruch stattfindet und sich das ‚Fenster‘ für neue Perspektiven wieder zu schließen scheint.

    Abschließend ist noch zu erwähnen, dass vor allem im ländlichen Raum die geringe Unterstützung im Bereich der Mobilität diskutiert wurde und häufig als hinderlich in der Arbeitsfindung empfunden wird. Einige haben keinen Führerschein und demzufolge kein eigenes Auto, erhalten aber auch keine finanzielle Unterstützung im Vorhinein für öffentliche Verkehrsmittel, um zum Beispiel Vorstellungsgespräche absolvieren zu können. Grundsätzlich fehlt im ländlichen peripheren Raum eine entsprechende Breite von arbeitsintegrativen Angeboten, aber auch an Arbeits- und Lehrstellen, was die Mobilitätsanforderungen an die Betroffenen wiederum drastisch erhöht.

    5.1.4. Wünsche und Verbesserungsvorschläge

    Die Wünsche der TeilnehmerInnen aus der Stadt Salzburg unterschieden sich auffällig von den Wünschen jener aus den anderen Bezirken. Während in der Stadt mehr der wohlwollende Umgang bei Ämtern oder Unterstützungsstrukturen im Vordergrund stand, diskutierten die TeilnehmerInnen in den anderen Bezirken die Homogenität innerhalb der Kursgruppen sowie die Erhöhung der situationsabhängigen individuellen Förderungen.

    In der Stadt Salzburg wünschten sich die TeilnehmerInnen ein stärkeres allgemeines Zutrauen in ihre Fähigkeiten, ohne ständigen Blick auf den bisherigen, problematischen Lebenslauf. Außerdem wurde der Wunsch nach mehr Mitbestimmungsrecht in Bezug auf Ausbildung und berufliche Tätigkeitgeäußert. Wichtig wäre auch der wohlwollende Umgang mit der eigenen Zielfindung, die im Rahmen von unterstützenden Gesprächen zwischen Betroffenen und Beratern / Sachbearbeitern / Betreuern stattfinden sollte. Darüber hinaus sollte eine verstärkte Nachbetreuung nach Schulungen / Kursen / anderen Maßnahmen angeboten werden, vor allem dann, wenn der Eintritt ins Erwerbsleben nicht gelingt, sondern sich ein neuerliches Scheitern abzeichnet.

    In den anderen Bezirken wurden vor allem Wünsche geäußert, die sich auf individuelle Förderungen beziehen. Hierbei standen einerseits Sachmittel, wie zum Beispiel Brille, Internetanschluss, Leih-PC, Führerschein, Freifahrtscheine für öffentliche Verkehrsmittel etc. in der Diskussion, andererseits wurde die finanzielle Förderung bei der Wiedereingliederung diskutiert. Die Vorstellungen reichten hier von leistbaren Kinderbetreuungsplätzen bis hin zu mehr Unterstützungen für Betriebe, um vermehrt die Möglichkeit zu erhalten, die eigenen Fähigkeiten im Rahmen von Probemonaten unter Beweis stellen zu können.

    Bemerkenswert erschien die Idee einer Überprüfung möglicher struktureller Schwachstellen im gesamten Unterstützungssystem. Konkret wurde hier der Wunsch geäußert, dass neben der laufenden Überprüfung der BMS-BezieherInnen durch die Ämter oder Behörden, auch ein Blick auf die Vorgehensweise dieser Stellen gerichtet werden sollte. Einzelne, stichprobenartig gezogene Fälle sollten einer Analyse unterzogen werden, um das Prozedere in diesem einzelnen Fall zu überprüfen und so mögliche nicht ausgeschöpfte Potentiale zu ermitteln. (Diese Vorstellung ist im Übrigen durch die Kontrolltätigkeit der Volksanwaltschaft im Frühjahr 2014 bereits ansatzweise verwirklicht worden.)

    5.2. Dialogforum mit jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahre

    Der Zugang zu den jungen Erwachsenen gestaltete sich sehr schwierig. Im ersten Schritt wurde hier Kontakt mit einer Einrichtung in Hallein aufgenommen, die im speziellen Jugendliche und junge Erwachsene betreut. Hier kamen trotz aktiver Suche seitens der SozialarbeiterInnen keine Rückmeldungen. Im zweiten Schritt erfolgte ein Aushang an der Bezirkshauptmannschaft Hallein und im dritten und letzten Schritt wurden weitere Einrichtungen, die Jugendliche und/oder junge Erwachsene beraten, begleiten oder betreuen, kontaktiert. Ein wesentlich niederschwelliger Zugang, der junge Erwachsene in ihrem Lebensumfeld „abholt“, wäre hier sicherlich erfolgreicher gewesen. Besonders bei dieser Altersgruppe ist es wichtig, über Bezugspersonen Kontakte herzustellen, um das Vertrauen der Betroffenen gewinnen zu können. Aufgrund der Kurzfristigkeit und knappen personellen Ressourcen konnte dieser Zugang, im Sinne einer aufsuchenden Befragung, nicht durchgeführt werden.

    Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2013 zur Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe der „NEET“-Jugendlichen[27], bietet jedoch einen guten Einblick in die derzeitige Situation von Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen in Bezug auf die Integration in den Erwerbsarbeitsmarkt und beinhaltet auch mögliche Handlungsstrategien und Maßnahmenoptionen speziell für diese Zielgruppe.

    In der Zielgruppe der jungen Erwachsenen konnten drei Personen (zwei Frauen und ein Mann) aktiviert werden, wobei hier Einzelinterviews geführt wurden. Der Altersdurchschnitt der Befragten lag bei knapp unter 22 Jahren.

    Durch die kurzfristig notwendige Veränderung der Methodik aufgrund der geringen TeilnehmerInnenzahl wurden die Fragen aus dem Dialogforum im Rahmen eines Leitfadeninterviews gestellt. Die Auswertung erfolgte durch das Verdichten des Audiomaterials auf Basis der Interviewfragen und durch die Zusammenführung der Ergebnisse aus den drei Interviews.

    5.2.1. Auswertung der Ergebnisse der Einzelinterviews mit jungen Erwachsenen

    Die derzeitigen Lebenslagen der befragten jungen Erwachsenen sind geprägt von Wohnungslosigkeit oder keiner Möglichkeit auf eine eigene Wohnung, weil diese zurzeit nicht finanzierbar ist, sowie von familiären Schwierigkeiten – hier fallen besonders die psychischen Erkrankungen der Eltern ins Gewicht, aber auch, dass keine konkrete Hilfe oder Unterstützung durch die Herkunftsfamilie zu erwarten ist. Dazu kommen Betreuungspflichten gegenüber minderjährigen Geschwistern. Die Befragten haben abgebrochene Ausbildungen aufzuweisen. Darüber hinaus gibt es gesundheitliche Probleme durch die Arbeitslosigkeit, einen Abbruch sozialer Beziehungen und bereits einige Erfahrungen mit unterschiedlichen Institutionen wie Jugendwohlfahrt, Sozialamt oder Arbeitsmarktservice. Diese problematischen Lebenslagen werden ebenfalls in den Gruppendiskussionen mit unterschiedlichen Unterstützungsstrukturen, die mit der Zielgruppe regelmäßig arbeiten, sichtbar. In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass vor allem multiple Problemlagen zu einer längerfristigen NEET-Situation führen. Hierzu gehören unter anderem ein schwieriges familiäres Umfeld, traumatische Erlebnisse, Delinquenz, gesundheitliche Probleme oder auch Wohnungslosigkeit und Suchtproblematiken.[28]

    Bei der Frage nach ihrem schönsten Erlebnis in der letzten Zeit wird deutlich, dass für die befragten jungen Menschen vor allem die Wohnsituation und die sozialen Kontakte im Vordergrund stehen. Auffallend ist auch, dass das ärgerlichste Erlebnis ebenfalls mit diesen beiden Themen in Verbindung gebracht wird. Bei der Formulierung ihrer eigenen Wünsche steht vor allem eine Arbeitsanstellung im Vordergrund; alle drei Befragten können aber kaum persönliche berufliche Visionen formulieren. Sie bleiben an einer gewissen Perspektivlosigkeit haften. Folgendes Zitat bringt dies deutlich zum Ausdruck:

    „Ein Wunsch ist schon, dass ich meine Lehre machen kann, ich hab gesagt, ich mache eine Lehre und wenn ich mit 25 ausgelernt bin, wurscht […] wo ist mir eigentlich ziemlich wurscht […].“ (Interview junge Erwachsene, EI4)

    Unterstützende Faktoren:

    Im Rahmen der Maßnahmen empfinden die Befragten das Bewerbungstraining in Bezug auf das Coaching bei Vorstellungsgesprächen, den Kontakt zu möglichen Praktikumsstellen sowie auch die Vermittlung von neuem Wissen, welches für die Stellenbewerbung benötigt wird, hilfreich. Praktikumsstellen ermöglichen den vertiefenden Einblick in einen Betrieb und erleichtern die berufliche Entscheidung. Das Einzelcoaching wurde ambivalent betrachtet; einerseits wurde angegeben, dass Privates nicht im Rahmen von Kursen besprochen werden soll, andererseits wurde die individuelle Beratung als äußerst hilfreich empfunden, da hier nicht nur die Arbeitsplatz- bzw. Lehrstellensuche im Fokus steht, sondern zum Beispiel auch die Wohnungssuche, Schuldenregulierung und dergleichen.

    Hinderliche Faktoren:

    Besonders hinderlich im Arbeitsfindungsprozess ist die eigene Orientierungslosigkeit der Befragten; berufliche Wünsche ohne Unterstützung zu formulieren fällt ihnen schwer, wodurch keine neuen Perspektiven eröffnet werden können. Diese Zielgruppe findet es nicht förderlich immer wieder Kurse zu absolvieren, die wiederholt gleiche Inhalte und Ziele aufweisen, wie zum Beispiel Bewerbungstrainings. Im Bereich des Arbeitsmarktes gaben die Befragten an, dass es häufig keine passenden Stellen gibt, oder bereits Berufserfahrung vorausgesetzt wird, die jedoch aufgrund des Alters noch nicht gesammelt werden konnte. Ferner demotiviert die häufige Praxis von Betrieben, keine Rückmeldungen auf Bewerbungen zu geben.

    5.2.2. Wünsche und Verbesserungsvorschläge

    Die Befragten wünschen sich mehr Informationen über das Kursangebot, anstelle von scheinbar wahllosen Zuweisungen seitens des AMS zu ähnlichen oder immer gleichen Kursen. Wünschenswert ist hier eine individuelle und intensivere Beratung und Begleitung, um richtige Perspektiven eröffnen zu können. Nicht explizit erwähnt wurde der Wunsch nach mehr Informationen über Finanzierungsmodelle, um eine Lehre absolvieren zu können. In der Befragung der jungen Erwachsenen aber auch in den ExpertInnendiskussionen mit sozialen Einrichtungen stellte sich hier ein Informationsdefizit heraus. Laut Aussagen des AMS gibt es für Personen ab 18 Jahren gute Möglichkeiten einen Lehrabschluss zu erreichen oder nachzuholen ohne große finanzielle Einbußen; dies sollte auf jeden Fall in den Beratungen verstärkt thematisiert werden.

    5.3. Dialogprozesse mit Vereinen und Trägern der ‚Unterstützungsstruktur‘

    Parallel zu den Dialogforen mit BMS-BezieherInnen wurden zwei Dialogforen mit Vereinen und Trägern sozialer Dienstleistungen abgehalten. Während die ExpertInnendiskussionen vor allem auf den IST-Zustand fokussierten, lagen die Ziele der Dialogforen vor allem in der Entwicklung von Vorschlägen zukünftiger Maßnahmen für unterschiedliche Zielgruppen sowie in der verstärkten Vernetzung der unterschiedlichen Einrichtungen. Im Fokus stand der Wissenstransfer aus den bisher gewonnenen Ergebnissen der Studie in Hinblick auf die unterschiedlichen Anforderungen der heterogenen Zielgruppe, der Austausch von Wissen unter den diversen Trägern in Hinblick auf die bestehenden Maßnahmen sowie die Erarbeitung von Vorschlägen für Maßnahmen für unterschiedliche Zielgruppen. Als Akteure der ‚Unterstützungsstruktur‘ wurden dabei jene Einrichtungen in Betracht gezogen, die mit der betroffenen Zielgruppe arbeiten, insbesondere aber Beratungs- und Betreuungseinrichtungen, bestehende AMS-Maßnahmen bzw. Kurs-Maßnahmen und hier vor allem die TrainerInnen, die mit der Zielgruppe arbeiten sowie sozialökonomische Beschäftigungsprojekte (SÖB) von freien Trägern.

    Insgesamt wurden zwei Dialogforen konzipiert, eines für den Bereich Stadt Salzburg und Tennengau, ein weiteres für Pinzgau, Pongau und Lungau. Die TeilnehmerInnenzahl pro Dialogforum sollte auf 16 Personen begrenzt sein.

    5.3.1. Zugang zu den Einrichtungen

    Durch die im Rahmen der ExpertInnendiskussionen zur IST-Stand Erhebung entstandenen Liste über AMS-Kursmaßnahmen, laufende ESF-Projekte, sozioökonomische Beschäftigungsprojekte (SÖB), Beratungs- und Betreuungseinrichtungen usw. im gesamten Bundesand Salzburg konnte bereits auf einen entsprechend breiten Pool zurückgegriffen werden.

    5.3.2. Umsetzung

    Für die Stadt Salzburg und den Tennengau wurden insgesamt 88 Einrichtungen eingeladen, im Pinzgau, Pongau und im Lungau 41. Das Dialogforum der Stadt Salzburg und des Tennengaus fand in Hallein als Workshop mit World-Café Charakter statt, wobei sich hier insgesamt 15 Personen von 13 Einrichtungen beteiligten. Das Dialogforum für die anderen drei Bezirke sollte im Pongau stattfinden. Trotz wiederholter Einladung und Aufforderung an die Einrichtungen, sich an diesem partizipativen Prozess zu beteiligen, konnten lediglich zwei Personen von zwei Einrichtungen aus dem Pongau aktiviert werden. Aufgrund der geringen TeilnehmerInnenzahl wurde hier kein Workshop mit World-Café Charakter durchgeführt, sondern die Fragen im Rahmen eines gemeinsamen Interviews erörtert. Die Fragestellungen wurden an die Interviewsituation angepasst.

    Durch eine erste Auswertung der Ergebnisse aus den ExpertInnendiskussionen konnten konkrete Fragestellungen für den Workshop in Hallein entwickelt werden. Drei Hauptthemen wurden hier identifiziert. Als viertes Thema wurde die Zielgruppe der jungen Erwachsenen aufgegriffen. Im Rahmen des Workshops diskutierten die TeilnehmerInnen somit ihre Ansichten und Vorstellungen zu folgenden Themenblöcken: (i) Welche Anforderungen sollen Projekte/Maßnahmen/Angebote für junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahre erfüllen, um im Arbeitsfindungsprozess unterstützend zu wirken? (ii) Welche Strategien könnten entwickelt werden, um wirtschaftliche Betriebe/ Unternehmen mehr in die Verantwortung zu nehmen? Wie kann das Bild über die Zielgruppe bei Unternehmen/Betrieben und der Öffentlichkeit verändert werden? (iii) Wie sollte eine individuelle Begleitung (in Anlehnung an die koordinierte Hilfeplanung) aufgestellt sein? (iv) Der zweite Arbeitsmarkt – Welche Projekte/Angebote braucht es hier noch in Salzburg, was fehlt und was wäre hier noch wünschenswert?

    Im Pongau lag der Fokus im Interview auf folgenden Fragestellungen (i) Welche Unterstützung benötigt die Zielgruppe beim Arbeitsfindungsprozess speziell im Pongau? (ii) In der Stadt Salzburg sowie im Tennengau lässt sich ein erhöhter Bedarf an individueller Beratung für die Zielgruppe identifizieren. Wird das auch im Pongau so erlebt? (iii) Stellt die Zielgruppe der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren auch im Pongau eine besondere Gruppe dar? Und wenn ja, welche Form von Unterstützung wird hier benötigt? (iv) Welche Projekte/Angebot braucht es im Pongau, vor allem auch im Bereich des zweiten Arbeitsmarktes, was fehlt und was wäre hier noch wünschenswert?

    Die Ergebnisse aus dem Workshop in Hallein wurden vor Ort mittels Flipchart festgehalten und dokumentiert. Das Interview im Pongau wurde aufgezeichnet und transkribiert. Für die Auswertung wurden die Ergebnisse zusammengeführt und können wie folgt dargestellt werden:

    5.3.3. Auswertung der Ergebnisse aus den Dialogprozessen mit Einrichtungen

    Die Fragestellung zur Zielgruppe der jungen Erwachsenen wurde sehr breit diskutiert. Die frühen Hilfen in der Erziehung stellen einen wichtigen Startpunkt darf. Schließlich wird auch der Ermöglichung des Schulabschlusses und einer Basisbildung hohe Relevanz beigemessen, wobei hier auch der Stellenwert der Arbeit bzw. die positive Bewertung von Lernen und Arbeit angesprochen wurde. Im Bereich der Maßnahmen und Angebote ist es wichtig, Raum und vor allem mehr Zeit für die Beziehungsarbeit zu schaffen. Denn gerade mit dieser Zielgruppe können hier eigene Perspektiven, Wünsche und Vorstellungen gemeinsam entwickelt und gestaltet werden. Unterstrichen wurde dabei die Bedeutung der Vermittlung von Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen und Persönlichkeitsstärkung. Um auch nach einer Maßnahme Stabilität und Nachhaltigkeit zu gewährleisten, sollte die Nachbetreuung ausgeweitet werden; dies auch im Sinne einer Reduzierung wiederkehrender Abbrüche.

    Im Rahmen der Beschäftigungsprojekte wäre einerseits ein niederschwelliger Zugang durch stundenweise Arbeit mit direkter Entlohnung ohne Kürzung der anderen Leistungen (BMS, AMS) wünschenswert, andererseits gibt es grundsätzlich Bedarf an zusätzlichen Beschäftigungsmöglichkeiten, um in ein ‚aktives Tun‘ zu kommen.

    Wie Betriebe und Unternehmen besser in die Verantwortung genommen werden können, wurde sehr kontrovers diskutiert. Die TeilnehmerInnen erörterten schädliche Bedingungen krankmachender Arbeit. Vor allem BMS-BezieherInnen kommen häufig von Arbeitsstellen, die schlechte Rahmenbedingungen aufweisen und damit die psychische Gesundheit beeinflussen können. Zusätzlich verfolgen Betriebe eine Profitlogik, die immer weniger Raum für die Bedürfnisse der Menschen lässt, was sich zusätzlich negativ auf die Arbeitsbedingungen auswirkt. Unter solchen Rahmenbedingungen kann keine, nach einhelliger Meinung der TeilnehmerInnen, dauerhafte Integration der Betroffenen in den Arbeitsmarkt gelingen. Hinzu kommt, dass eine erfolgreiche Vermittlung häufig über persönliche Netzwerke zu Betrieben und Unternehmen gelingt – eine Ressource, die selten zur Verfügung steht. Auch werden solche Netzwerke nicht strukturell gefördert. Ein Vorschlag geht dahin, eine Art ‚Soziallabel‘ für Betriebe einzuführen, um die Sichtbarkeit von Engagement zu stärken – vor allem für jene Betriebe, die sich für BMS-BezieherInnen einsetzen und ernsthafte Bemühungen zu ihrer Integration unternehmen. In diesem Rahmen könnte auch eine Imagekampagne initiiert werden, um der allgemein verbreiteten Sichtweise entgegenzutreten, soziale Problemlagen der Betroffenen seien bloßes individuelles Versagen, sondern auch die strukturellen Rahmenbedingungen deutlich zu machen, um somit auch den Druck auf die Betroffenen zu reduzieren. Wesentlich scheint die Möglichkeit des niederschwelligen Einstiegs in den Arbeitsmarkt zu sein, da der Übergang von Maßnahmen in den Arbeitsmarkt häufig eine große Hürde für die Betroffenen darstellt. An dieser Schnittstelle braucht es einerseits eine intensive und längerfristige Betreuung im Sinne von vermehrtem Arbeitscoaching, anderseits die Möglichkeit, stundenweise einzusteigen.

    Im ländlichen Bereich wurde zu dieser Fragestellung in erster Linie über die Kinderbetreuung diskutiert. Pinzgau und Pongau sind vor allem Tourismusgebiete, demzufolge werden die meisten Arbeitsstellen im Bereich der Gastronomie angeboten. Hier herrschen oft Arbeitsbedingungen, die gerade für alleinerziehende Eltern, im Speziellen sind es hier die Mütter, große Hürden darstellen. Die Gastronomiebetriebe wären hier aufgefordert, Dienstpläne zu gestalten, die familienfreundlich sind und sich mit dem Angebot der Kinderbetreuung vereinbaren lassen.

    Im Rahmen der dritten Fragestellung zum Thema individueller Beratung sehen die TeilnehmerInnen vor allem den offenen Zugang als besonders wichtig an. Es muss ein Raum geschaffen werden, in dem es möglich ist, die Gesamtsituation des Betroffenen zu betrachten, anstatt der sofortigen Klassifizierung von Problemen und Problembehandlungen. Auch hier braucht es in vielen Fällen eine längerfristige Begleitung und Betreuung ohne Zeit- oder Erfolgsdruck. Die individuelle Beratung soll dem Betroffenen die Möglichkeit geben, eigene Ziele zu definieren und seine Selbstreflexion zu stärken anstatt von außen herangetragene Ziele realisieren zu müssen, die jede Art von Motivation aufheben, wie zum Beispiel Arbeitsfähigkeit oder Beschäftigungsfähigkeit. Die BeraterInnen müssen je individuell einen empathischen Zugang finden, sensiblen und mit dosiertem Einsatz motivierenden oder mobilisierenden Druck ausüben. Die Vernetzung mit anderen sozialen Einrichtungen und ExpertInnen für unterschiedlichste Problemlagen ist eine weitere Grundvoraussetzung; hier ist darauf zu achten, dass im Rahmen eventueller, so genannter ‚Helferkonferenzen‘ kein paternalistisches Modell verfolgt wird, sondern eine Art offener Dialog unter Einbindung des Betroffenen ermöglicht wird. Ferner geht es im Rahmen dieser Hilfestellung um eine umfassende Aufklärung über Hilfsangebote und Leistungen. Wichtig scheint auch das Ermöglichen, mit Fehlern und Rückschlägen umgehen zu lernen und diese in den persönlichen Entwicklungsprozess mit aufzunehmen. Demgegenüber soll es auch darum gehen, kleine Schritte und Erfolge hervorzuheben und dem Betroffenen rückzuspiegeln. Für den Betroffenen sollte im Sinne einer solchen ‚Fehlerkultur‘ das Recht bestehen, jederzeit ohne finanzielle Konsequenzen diese Hilfestellung zu unterbrechen oder auszusteigen. Insbesondere auch im ländlichen Bereich wird der Bedarf an individueller Begleitung gesehen.

    Die letzte Fragestellung zum Thema zweiter Arbeitsmarkt kann als Ergänzung der ersten drei betrachtet werden. Generell war hier die Aussage der TeilnehmerInnen, dass es einen Ausbau an Plätzen in sozialökonomischen Beschäftigungsprojekten (SÖB) braucht, da sich bei dem derzeitigen Angebot häufig lange Wartezeiten ergeben. Für junge Erwachsene gibt es in diesem Sektor kaum spezifische Angebote vor allem auch nicht in ländlichen Gebieten.

    Im Rahmen der SÖB’s kommen häufig die gesundheitlichen Probleme der Personen zum Vorschein, die parallel zur Arbeit behandelt werden müssten. Dies bedeutet, Angebote zu schaffen, die auch offen für Betroffene mit größeren gesundheitlichen Problemen sind. Ferner benötigt es zeitliche und inhaltliche Flexibilität, sodass Personen auch stundenweise mitarbeiten und nach ihren eigenen Interesse Arbeiten übernehmen. Durch flexible Arbeitszeiten hätten arbeitsmarkferne Personen die Chance, ohne Druck ihre Fähigkeiten zu stärken und langsam eine Haltung der allgemeinen Verbindlichkeit zu entwickeln. Durch das aktive Tun wird Reflexion des eigenen Arbeitsverhaltens möglich. Auch im Rahmen der SÖB’s ist es wichtig, einen unbefristeten Aufenthalt anzubieten und darüber hinaus auch die Tätigkeitsbereiche auszubauen, wie zum Beispiel im Bürobereich, im Bereich sozialer Dienstleistungen, in kreativen und handwerklichen Bereichen etc. Generell wäre es wichtig, das Image des 2. Arbeitsmarktes zu heben und somit Platz für unterschiedliche Arbeitsformen zu schaffen.



    [25] Vgl. u.a. L&R Sozialforschung: Auswirkung der Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung auf die Wiedereingliederung der LeistungsbezieherInnen ins Erwerbsleben [wie Anm. 21], S. 30.

    [26] Im Vergleich dazu wurde die Heterogenität innerhalb der Kursmaßnahmen in den Gruppendiskussionen mit den Einrichtungen aus einer anderen Perspektive diskutiert. Hier lag der Fokus eher auf den individuellen Problemlagen der KursteilnehmerInnen, welche die Vermittlung von Kursinhalten häufig erschweren.

    [27] ISW/IBE/JKU: Studie zur Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe „NEET“. Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) [wie Anm. 11].

    [28] ISW/IBE/JKU: Studie zur Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe „NEET“. Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) [wie Anm. 11], S. 16.

    6. Armutsbekämpfung und Brücken zur Arbeitswelt

    Maßnahmen zur Armutsbekämpfung sind begrenzt und können sogar dazu führen, Armut noch weiter zu konsolidieren. Dieses Risiko ist auch bei Maßnahmen zur Integration von BMS Beziehenden in den Arbeitsmarkt gegeben. Maßnahmen sind in jedem Fall Krisenphänomene, die nicht zur Prävention, sondern zur Schadensbegrenzung eingesetzt werden. Entsprechend liegt eine Grenze von Maßnahmen in den nicht beeinflussbaren Makrofaktoren (gesetzliche Bestimmungen, soziale Vorbehalte, Rahmenbedingungen für die Wahrnehmung von Kinderbetreuungspflichten) oder vor allem auch in der zeitlichen Begrenzung – Armutsbekämpfung ist in der Regel nicht wie die Heilung eines Beinbruchs oder die Reparatur eines Haushaltsgeräts zu verstehen, im Sinne einer Problemlösungsstrategie, die ein Problem ortet und „löst“, d.h. „zum Verschwinden“ bringt.[29]

    Schlimmer noch: Armutsbekämpfungsmaßnahmen können „sorgfältig geplante Frustrationen“ sein, die hohe Erwartungen wecken und gerade deswegen das Potential haben, enorme Frustration zu erzeugen und damit Menschen, die mit dem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und mit dem Vertrauen in Institutionen kämpfen, noch tiefer in die Armutssituation zu stoßen. Das hat auch mit subjektiven Faktoren zu tun – armutsbetroffene Menschen haben „memory banks“ aufgebaut, haben also in ihrem Gedächtnis schlechte Erfahrungen gespeichert, die nicht einfach „gelöscht“ werden können.[30] Hier sind „learning to unlearn“-Strategien zu berücksichtigen und auch in einem mehr oder weniger expliziten Rahmen das zu leisten, was unter das Stichwort „Traumabewältigung“ fällt.[31]

    Der armutskonsolidierende Effekt von armutslindernden Maßnahmen kann auch mit Analogien aus dem medizinethischen Bereich verdeutlicht werden:[32]social discontinuity of care“ (viele, wechselnde Ansprechpartner, die die Basis für den Aufbau vertrauensvoller Beziehungen unterminieren und sogar Misstrauen erzeugen können), „blutige Entlassung“ (frühzeitige Entlassung aus einer Maßnahme, was Frustration auf vielen Seiten und hohen Folgekosten erzeugt im Sinne des „Drehtüreffekts“ – Menschen, die zu früh entlassen werden, kommen sofort wieder in die Behandlung zurück). Dazu kommen reduzierte Lernkurven und ein Verlust von Organisationswissen, da Maßnahmen, die noch dazu klar in Reichweite und zeitlicher Erstreckung begrenzt sind, immer wieder von neuen Trägern durchgeführt werden, die sich know how neu aneignen müssen, was zu einem Verlust an mühsam erarbeiteten Wissen über die Zielgruppe führt.

    Eine wichtige Grenze von Maßnahmen ergibt sich aus der Frage nach der Attraktivität und Plausibilität der Maßnahmenziele: Ist das Ziel (Integration in den Niedriglohnsektor des mehr und mehr durch Druck gekennzeichneten Arbeitsmarkts) plausibel und attraktiv? Die Arbeitsmarktaussichten von Menschen in entsprechenden Maßnahmen sind realistisch gesehen häufig Jobs, die wenig Anerkennung mit sich bringen, limitierte Aufstiegschancen offerieren, finanziell schlecht abgegolten sind und nicht selten auch noch ein hohes Maß an Unsicherheit (mangelnde Arbeitsplatzsicherheit) aufweisen. Aus diesem Grund ist es – auch im politischen und öffentlichen Diskurs – entscheidend, eine realistische Einschätzung der Maßnahmen vorzunehmen (was können Maßnahmen realistischerweise erreichen?) und entsprechendes „Druckmanagement“ zu leisten, d.h. angesichts realistischer Grenzen keinen zu hohen Druck aufzubauen. Arbeitsmarktintegration kann etwa sinnvollerweise nicht immer primäres (wenn auch langfristiges) Ziel sein; hier gilt es, an einer sensiblen Erfolgskultur und tangiblen Hoffnungen und Zielen zu arbeiten.

    Aus diesen Überlegungen ergibt sich die Notwendigkeit, ethische Mindestanforderungen an Maßnahmen zu formulieren – jede Ausschreibung und Konzeption einer Maßnahme sollte ethische Mindeststandards verbindlich definieren und mit entsprechenden Indikatoren versehen: Eine solche Mindestanforderung soll im Anschluss an die Institutionenethik Avishai Margalits die Vermeidung von Demütigung genannt werden; der Gedanke in aller Kürze: Anständige Instituionen („decent institutions“) demütigen Menschen nicht; ein Mensch wird gedemütigt, wenn er einen rationalen Grund hat, sich in seiner Selbstachtung verletzt zu sehen.[33] Das würde bedeuten, dass Maßnahmen sehr sorgfältig darauf achten würden, wo Eintrittsstellen für Demütigung zu finden sind (Beispiel aus einer Studie über Eintrittsstellen für Demütigung in einem Krankenhaus: körperbezogene Scham, mangelnde Intimsphäre, Behandlung wie ein Gegenstand).[34] In Bezug auf Maßnahmen ist es die Reduktion auf wenige Aspekte der Persönlichkeit, die Asymmetrie in der Beziehungsgestaltung oder auch die Behandlung von Menschen, die Rechtsansprüche haben, als wären sie Bittsteller. Man könnte diese Überlegungen mit der Forderung verbinden, nach dem ILO-Verständnis von menschenwürdiger Arbeit („decent employment“) Standards von menschenwürdiger Arbeitslosigkeit („decent unemployment“) zu fordern.[35] Das bedeutet vor allem: Sinn für sozialen Dialog, Sicherheit und rechtliche Absicherung, entsprechende Höhe der materiellen Sicherung. Hier liegt auch noch sozialpolitischer Forschungsbedarf.

    Will man diese ethischen Mindeststandards realisieren, sind zumindest – auch hier besteht Forschungsbedarf – drei Hilfsdisziplinen heranzuziehen: Trust Studies, Traumaforschung, Resilienzforschung. Die Traumaforschung hat gezeigt, dass es bei traumatisierten Menschen vor allem darum geht, Druck wegzunehmen, Räume des Vertrauens aufzubauen und den Zirkel der Retraumatisierung (auch durch die Entwicklung einer neuen Narration) zu brechen; die Resilienzforschung hat die These erhärtet, dass „Richtungssinn“ (in welche Richtung will ich mein Leben weiter entwickeln?), „Kontrollsinn“ (welche Aspekte meines Lebens kann ich nach wie vor, auch in einer schwierigen Situation, kontrollieren?) und „sozialer Sinn“ (interessiere ich mich noch für andere Menschen, zeige ich aktives Interesse an sozialen Kontakten) entscheidend für die Ausbildung von Resilienz sind.[36] Dazu kommt – sicherlich ein Potential für die Entwicklung innovativer Maßnahmen – die Bedeutung der Neurowissenschaft und Hirnforschung, die auf den Zusammenhang von Begeisterung und Lernerfolg verwiesen hat und die Bedeutung, etablierte Verschaltungen neu zu kalibrieren.[37]

    Der entscheidende Faktor für das Gelingen von Maßnahmen aller Art ist das Vertrauen – erstens das interpersonelle Vertrauen zwischen den Menschen, die sich in einer Maßnahme begegnen; zweitens das Vertrauen in Systeme und Institutionen; drittens das Vertrauen, das Menschen (auch Maßnahmenträgern) von den Institutionen entgegen gebracht wird. Langfristigkeit und Verlässlichkeit der Maßnahmen und der Bezugspersonen sind entscheidend für den Aufbau von Vertrauen. Dabei entsteht interpersonelles Vertrauen vor allem durch „Bindungen“, die angeboten und eingegangen werden.[38]

    So entsteht Verlässlichkeit (verbunden mit der Glaubwürdigkeit der handelnden Personen), die auch mit „Familiarität“ (Vertrautheit) verbunden ist. Das Vertrauen in Personen hängt an den Faktoren „Kompetenz“ und „Integrität“, wobei letztere eine noch größere Rolle spielt. Misstrauen entsteht vor allem im Rahmen eines nicht von Vertrauen getragenen Klimas, wobei die Erfahrung von Ohnmacht und Ungleichheit entscheidende Faktoren sind. Hier kann man sich fragen, inwieweit Maßnahmen die subjektive Erfahrung von Ohnmacht überwinden und einen subjektiven Sinn für Fairness wecken können – das hat mit den angesprochenen Standards von menschenwürdiger Arbeitslosigkeit zu tun. Trust Studies (bzw. „trust repair studies“) sagen uns auch, dass verloren gegangenes Vertrauen (wie es „sorgfältig geplante Frustrationen“ mit sich bringen) nicht mit komplizierten Strategien zurückgewonnen werden kann, sondern durch „supererogatorische Werke“, also dadurch, dass man mehr tut, als eigentlich erwartet werden kann. Vertrauen ist dabei einem zarten Pflänzchen gleich, das langsam wächst, regelmäßig gepflegt werden muss und sehr schnell zerstört werden kann.[39]

    Vertrauen ist der Schlüssel für das Gelingen von Maßnahmen, das rückt – wie es auch die einflussreichen Studien zur Bildungsforschung von John Hattie gezeigt haben[40] – die Person des Begleiters/der Begleiterin in den Mittelpunkt. Hier sind vor allem auf „Respekt“ und „Vertrauensklima“ zu achten.

    Im Sinne der Vertrauensbildung und der Vermeidung sorgfältig geplanter Frustrationen ist deswegen viel Zeit in das Erstgespräch und das Clearing zu investieren – hier lohnt es sich, Zeit und Ressourcen zu investieren. Dieser Prozess soll nach Möglichkeit in der Muttersprache erfolgen, einer umfassenden Abklärung (inkl. Aspekte von Gesundheit inkl. psychischer Gesundheit, aber auch Sozialkapital und Grundkompetenzen) dienen. Dadurch soll ein personalisierter Zugang zur Begleitung und eine “passgenaue Unterstützung“ möglich werden. Unbedingt empfohlen ist die Weiterbearbeitung der Ergebnisse, die laufend adaptiert werden sollen. Dabei sind Menschen nicht als isolierte Individuen, sondern als „Personen, verankert in sozialen Systemen“ wahrzunehmen und diese sozialen Systeme entsprechend zu berücksichtigen.

    Besondere Bedeutung kann und soll das Mentoring bekommen, das zwar Case Management oder eine koordinierte Hilfeplanung (i.S. umfassender Begleitung) nicht ersetzen kann, aber gerade im Umgang mit verwundbaren Gruppen besondere Akzente zu setzen vermag. Mentoring ermöglicht, wenn es gut (und entsprechend begleitet!) gemacht wird, den Aufbau innerer Bilder und Rollenvorbilder (sowie ein Verständnis des „psychologischen Arbeitsvertrags“) und den Zugang zu „Gelegenheiten“ und Kontakten durch die Fähigkeiten des Mentors / der Mentorin, Türen zu öffnen und Brücken zu bauen.[41] Es scheint sinnvoll, einen Mentoringpool aufzubauen und bei den Mentoringmaßnahmen auch ältere Menschen nicht zu ignorieren. Entscheidend ist es, die Begleitenden selbst zu begleiten. Wir schlagen überdies vor, die Begleitung zu erweitern – durch den nachweisbar entscheidenden Aspekt der Langfristigkeit[42], durch den Ausbau der Schulsozialarbeit (Präventionsarbeit: Reduktion von drop out), durch Jugendcoaching, Streetwork, durch den Ausbau von Jugendzentren, durch den Aufbau von Zentren für junge Mütter.[43] Dies scheint mit Blick auf langfristige Folgen eine gut begründbare Investition zu sein. Wir schlagen überdies vor, die Begleitung auch in dem Sinne zu erweitern, dass die Begleitung besonders nach Eingehen eines Arbeitsverhältnisses forciert wird.

    Eine wichtige Empfehlung für die Zielgruppe ist die Schaffung von Praktika als „zeitlich befristete, lernzielbasierte angeleitete Arbeitsmöglichkeiten mit Experimentalspielraum“. Sie vermitteln unmittelbaren Einblick, erlauben experimentelles Lernen und die Adaptation der (Selbst)Wahrnehmung auch mit Blick auf eigene Potentiale, sie schaffen echte Möglichkeiten und Chancen. Praktika stärken die Selbstwirksamkeit als eine der wichtigsten Ressourcen für eigenständige Lebensgestaltung.[44] Hier kann neben einer sozialarbeiterischen auch eine ergotherapeutische Begleitung angedacht werden. Wir empfehlen Flexibilität und Vielfalt in der Ausgestaltung, eine Begleitung mit Blick auf klare Lernziele und Qualifikationserwerb und die Schaffung sanfter Übergänge von Schule zu Praktika und von Praktika zu anderen Beschäftigungsformen.[45] Dies kann durch die Schaffung einer Praktikabörse (Überblick über Betriebe, die bereit sind für Personen, die es schwer haben, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, Praktika anzubieten) oder durch systematische Initiativen, Betriebe für Praktika zu gewinnen und Anreize für Praktika zu schaffen (etwa Auszeichnungen, Stärkung regionaler Initiativen, Informationsfluss zwischen Unternehmen) unterstützt werden. Möglicherweise kann auch der öffentliche Sektor für Beschäftigungsmöglichkeiten genutzt werden. Es kann auch nach dem Münchener Vorbild ein „Haus der Eigenarbeit“ angedacht werden, das Clearing, Beratungsangebote und Beschäftigungsmöglichkeiten in einem Haus verbindet, die Möglichkeiten zum Erwerb von Qualifikationen schafft und idealiter einen potentiell unbefristeten Verbleib unter sozialarbeiterischer und ergotherapeutischer Begleitung schafft und dem Stichwort „enabling occupation“ dient.

    Bei der Planung und Durchführung von Maßnahmen kann im Sinne des „Fähigkeitenansatzes“ [46] der Blick auf „Grundfähigkeiten“ entscheidend sein – welche Grundfähigkeiten sind vorrangig auszubilden? Wir schlagen vor: Möglichkeitssinn (realistischer und breiter Sinn für Possibilitäten und Potentialitäten); Selbstdisziplin (inkl. Bedürfnisaufschub), „Laufbahndenken“, Problemlösungskompetenz, Etablierung von „ guten Verhaltensweisen“, „Beziehungsfähigkeit“. Ziel wird es allemal sein, Verfügungsmacht über das eigene Leben zu erlangen und auch die Maßnahme zu stärken[47] - „people cannot be made to do anything“. Die sich aus Vertrauen und Selbstvertrauen entwickelnde Eigenmotivation ist der Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg von Maßnahmen.



    [29] Vgl. Kapitel 5 in: Sedmak, Clemens: Armutsbekämpfung: eine Grundlegung. 1. Aufl. Wien 2013.

    [30] Phillips, Liane/Garrett, Echo Montgomery: Why don’t they just get a job? One couple’s mission to end poverty in their community. 1. Aufl. Highlands, TX 2010.

    [31] Herman, Judith Lewis: Trauma and recovery: The Aftermath of Violence--from Domestic Abuse to Political Terror. 1. Aufl. New York 1992.

    [32] Vgl. Kapitel 1 in: Sedmak, Clemens: Menschen bleiben im Krankenhaus: zwischen Alltag und Ausnahmesituation. 1. Aufl. Wien 2013.

    [33] Margalit, Avishai: Politik der Würde. Über Achtung und Verachtung. 1. Aufl. Berlin 1997.

    [34] Sedmak, Clemens: Menschen bleiben im Krankenhaus [wie Anm. 33], S. 33f.

    [35] Sedmak, Clemens: Menschenwürdige Arbeitslosigkeit. In: Menschenwürdiges Arbeiten. Eine Herausforderung für Gesellschaft, Politik und Wissenschaft. 1. Aufl. Wiesbaden 2009. S. 133–192.

    [36] Cyrulnik, Boris: Resilience: how your inner strength can set you free from the past. 1. Aufl. New York 2011; Sedmak, Clemens: Innerlichkeit und Kraft: Studie über epistemische Resilienz. 1. Aufl. Freiburg im Breisgau 2013.

    [37] Gebauer, Karl/Hüther, Gerald: Kinder brauchen Spielräume: Perspektiven für eine kreative Erziehung. 1. Aufl. Düsseldorf 2003; Prekop, Jirina/Hüther, Gerald: Auf Schatzsuche bei unseren Kindern: ein Entdeckungsbuch für neugierige Eltern und Erzieher. 5. Aufl. München 2006; Hüther, Gerald: Die Macht de inneren Bilder: wie Visionen das Gehirn, den Menschen und die Welt verändern. 1. Aufl. Göttingen 2004.

    [38] Bierhoff, Hans-Werner/Rohmann, Elke: Psychologie des Vertrauens. In: Vertrauen - zwischen sozialem Kitt und der Senkung von Transaktionskosten. Hrsg. v. Matthias Maring. 1. Aufl. Karlsruhe 2010. S. 71– 89.

    [39] Hartmann, Martin: Die Praxis des Vertrauens. 1. Aufl. Berlin 2011

    [40] Hattie, John: Visible learning: a synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement. 1. Aufl. London / New York, NY 2009.

    [41] Fellenberg, Franziska: Nachwuchsförderung durch Mentoring — eine kritische Bestandsaufnahme. In: Gruppendynamik und Organisationsberatung 38/4 (2007). S. 423–438.

    [42] Tonidandel, Scott/Avery, Derek R./Phillips, McKensy G.: Maximizing returns on mentoring: factors affecting subsequent protégé performance. In: Journal of Organizational Behavior 28/1 (2007). S. 89–110.

    [43] Tunnard, Jo/Barnes, Tim/Flood, Stephen: One in ten: key messages from policy, research and practice about young people who are NEET. Darlington 2008; Newburn, Tim/Shiner, Michael: Young People, Mentoring and Social Inclusion. In: Youth Justice 6/1 (2006). S. 23–41; Colley, Helen: Engagement Mentoring for „Disaffected“ Youth: A new model of mentoring for social inclusion. In: British Educational Research Journal 29/4 (2003). S. 521–542; Erickson, Lance D./McDonald, Steve/Elder, Glen H: Informal Mentors and Education: Complementary or Compensatory Resources? In: Sociology of Education 82/4 (2009). S. 344–367.

    [44] Sztandar-Sztanderska, Karolina/Zieleńska, Marianna: The Development of Capabilities of Young People with Low Skills. The Case Study of a Vocational Education Programme in Poland. In: Social Work & Society 10/1 (2012). S. 1-15.

    [45] Haidinger, Bettina/Kasper, Ruth: Learning to Work: Young People’s Social and Labour-Market Integration through Supra-Company Apprenticeship Training in Austria. In: Social Work & Society 10/1 (2012). S. 1–17.

    [46] Landhäußer, Sandra: Über Kompetenzen und Verwirklichungschancen von Adressat/innen Sozialer Arbeit. In: Kompetenz, Performanz, soziale Teilhabe. Hrsg. v. Stefan Faas/Petra Bauer/Rainer Treptow. 1. Aufl. Wiesbaden 2014. Internet: http://link.springer.com/10.1007/978-3-531-19855-2_11 . Zuletzt geprüft am: 24.3.2014. S. 171–181.12). S. 1–15.

    [47] Bartelheimer, Peter/Verd, Joan M./Lehwess-Litzmann, René/u. a.: Unemployment, intervention and capabilities. A comparative study of Germany and Spain. In: Transfer: European Review of Labour and Research 18/1 (2012). S. 31–44.

    7. Maßnahmenvorschläge zur Inklusion der Zielgruppe

    Ausgehend von der Erhebung der Problemlagen und der theoretischen Einbettung in die Überlegungen zur Planung und Gestaltung von Brücken zur Arbeitswelt werden nun konkrete Maßnahmenvorschläge für ausgewählte Teilgruppen der Zielgruppe vorgestellt. Der Fokus liegt dabei auf Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die eine besonders wichtige Zielgruppe darstellen. Hilfe und Unterstützung in dieser sensiblen Lebensphase kann langfristig präventiv wirken. Vier weitere Gruppen wurden identifiziert und ebenfalls genauer untersucht: Ältere Menschen, Menschen mit Betreuungspflichten, Menschen mit gesundheitlichen Problemen und Menschen mit Mängeln in der Grundbildung. Diese Differenzierung ist daran orientiert, welche Gruppen es besonders schwer haben, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, sie ist jedoch keineswegs abschließend oder erschöpfend. Weiters ist davon auszugehen, dass sich zwischen diesen Gruppen zahlreiche Überschneidungen finden, Personen also nicht eindeutig zugeordnet werden können. Der Fokus auf diese fünf Gruppen bringt jedoch auch eine prinzipielle Schwierigkeit zum Ausdruck, die bei der Maßnahmenentwicklung zu beachten ist.

    Diese lässt sich mit den Stichworten Projektlogik, Exklusion/Inklusion und Zielkonflikte beschreiben. Die Projektlogik kommt bei allen Maßnahmen im Rahmen des TEP zum Tragen. Damit ist gemeint, dass Projekte immer nur vorübergehende Einrichtungen sind, die mit relativ klaren Erfolgskriterien ausgestattet sind und nur für bestimmte, vorher bestimmte Zielgruppen sowie auch regional beschränkt umgesetzt werden. Das bietet einerseits die Chance, neue Methoden auszuprobieren (Innovation), andererseits ist damit notwendigerweise verbunden, dass die Maßnahme immer nur temporär ins Leben der Betroffenen eingreift. Ein Projekt ist, sofern es nach der Projektphase nicht weitergeführt wird, eine zeitlich begrenzte Einrichtung, was auf Seiten der Betroffenen, wenn sie einen längerfristigen Hilfebedarf haben, und auf Seiten der ProjektmitarbeiterInnen Stress und Zeitdruck erzeugen kann. Angesichts der multiplen Problemlagen und der langen notwendigen Unterstützungsdauer (Therapien, Qualifizierung, Bearbeitung sozialer Probleme) ist die Gefahr, dass Unterstützungen begonnen aber nicht erfolgreich abgeschlossenen werden können, groß. Projekte können und sollen daher auch nicht den Regelbetrieb ersetzen, sondern nur punktuell wirken und sollten dann vor allem dafür genutzt werden, wirklich innovativ einzugreifen. So sollten neue Methoden und Settings ausprobiert und diese bei Erfolg in den Regelbetrieb übernommen werden. Dem sind natürlich auch finanzielle Grenzen gesetzt, die letztlich auf politischer Ebene zu klären sind und über den Fokus dieser Studie hinaus reichen. Wie viel ist einer Gesellschaft die Integration ihrer schwächsten Mitglieder wert? Ist man bereit, für diejenigen, die bei den geringsten Erfolgsaussichten die meiste Unterstützung und damit Ressourcen benötigen, viel Geld und Zeit zu investieren?

    Mit dem Stichwort Inklusion/Exklusion ist gemeint, dass jede Maßnahme und jedes Projekt immer nur für bestimmte Personen erfolgreich sein kann und um dies zu sein, jene Personen ausschließen muss, die dem Profil nicht entsprechen. In Zeiten begrenzter Mittel führt dies zu oftmals ethisch schwierigen Entscheidungen und im Effekt dazu, dass manchen nicht oder nicht ausreichend geholfen werden kann, um anderen die Unterstützung zukommen zulassen. Weiters ist damit impliziert, dass auch wirklich nur jene Personen in eine Maßnahme aufgenommen werden sollten, die in diese passen und dafür geeignet sind. Diese Passung und Eignung festzustellen ist daher auch der erste und vielleicht wichtigste Schritt bei der Umsetzung einer jeden Maßnahme.

    Es können mehrere Zielkonflikte bei der Gestaltung und Umsetzung von Maßnahmen für die Zielgruppe der BMS-BezieherInnen mit multiplen Vermittlungshindernissen auftreten. Der vielleicht wichtigste ist die grundsätzliche Entscheidung, ob die Wiedereingliederung in den 1. Arbeitsmarkt im Mittelpunkt stehen soll oder ob nicht vielmehr andere Ziele prioritär zu behandeln sind. Nicht alles, was der Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen dient, dient auch deren Integration in den Arbeitsmarkt und umgekehrt. Letztlich ist auch diese Entscheidung auf politischer Ebene zu treffen. Kleine und ebenso bedeutende Zielkonflikte betreffen auch die oftmals unterschiedlichen Vorstellungen der Betroffenen und der MaßnahmenplanerInnen. Betroffene sind mitunter auch widerständig und haben sicherlich ihre eigenen Ziele, Hoffnungen, Wünsche und Vorstellungen davon, wie sie ihr Leben gestalten wollen. Diese müssen auch ernst genommen werden und sollten in die Planung und Umsetzung der Maßnahmen miteinfließen. Sicherlich kann die Hoheit über die Maßnahmenziele nicht alleine oder hauptsächlich bei den Betroffenen liegen, sondern in der Hand der politischen und professionellen ExpertInnen (Medizin, Psychologie, Soziale Arbeit usw.).

    7.1. Zielgruppe: Junge Erwachsene zwischen 16 und 24 Jahren

    Aufgrund der bereits dargestellten Heterogenität der NEET-Jugendlichen und deren multifaktoriellen Ausgangslagen ist in den Angeboten und Maßnahmen darauf zu achten, dass unterschiedliche Ebenen berücksichtigt werden. Speziell sind jene Prozesse zu vermeiden bzw. zu reduzieren, die zu einer NEET-Situation führen. Hier sind vor allem präventive Maßnahmen zur Früherkennung von Problemlagen, spezifische Angebote im Bereich der Beratung und Betreuung am Übergang zwischen Schule und Beruf anzudenken. Auf die Schnittstellenproblematik ist insbesondere zu achten, da gerade bei jungen Menschen ein engmaschiges Netz unabdinglich ist. Das heißt konkret, dass je nach Bedarf auf Langfristigkeit der Angebote zu achten ist, um wenig wiederkehrende Abbrüche mit Bezugspersonen (BetreuerIn/BeraterIn/TrainerIn, etc.) zu produzieren. Die Angebote für den Einstieg in das Berufsleben sollten je nach Bedarf niederschwellig sein, d.h. insbesondere ist hier ein stufenweiser und stundenweiser Einstieg anzudenken.

    Schließlich möchten wir hier noch darauf hinweisen, dass in der Durchführung von Angeboten und Maßnahmen darauf zu achten ist, Entwertung und Individualisierung zu vermeiden.

    „Entwertung geschieht, wenn durch die professionelle Arbeit in nahezu systematischer Weise Kompetenzen, Erfahrungen, Wissen, Wille und die Sicht der Adressaten auf die eigene Situation als nachrangig betrachtet und die professionellen Diagnosekategorien und Interventionen in den Vordergrund kommen.“[48]

    Mit dem Begriff der Individualisierung ist die Lösungssuche auf rein individueller Ebene gemeint. Strukturelle Probleme wie zu hohe Mieten, Kinderbetreuungsplätze, starre Schulstrukturen, etc. können nicht auf individueller Ebene des Einzelnen gelöst werden.

    Abschließend ist noch zu erwähnen, dass im Sinne einer Sozialraumorientierung, die vor allem in der Jugendarbeit eine erhebliche Rolle spielt, der soziale Raum der jungen Erwachsenen in den Angeboten zu berücksichtigen ist. Unter Sozialraum soll hier die Mesoebene zwischen der Mikroebene (Familie, primäre soziale Netzwerke) eines Menschen sowie der Makroebene (Gesellschaft als Gesamtes) gesehen werden; der Sozialraum umfasst demnach das Wohnumfeld der einzelnen Personen.[49] Der Begriff der Sozialraumorientierung kann hierbei an fünf Prinzipien festgemacht werden:

    • Die Interessen und Bedürfnisse der Zielgruppe bzw. der Bevölkerung eines Sozialraums stehen im Vordergrund; die Zielgruppe steuert den Prozess der Erbringung von Hilfe selbst.

    • Die Menschen werden ermutigt sich zu beteiligen und es wird nicht über sie und ihre Lebenslagen hinwegbestimmt.

    • Die Ressourcen und Fähigkeiten des Sozialraumes und der darin lebenden Menschen werden aktiv genutzt; im Sinne von aktivierenden sozialen Netzwerken.

    • Sozialraumorientierung orientiert sich nicht nur an der einzelnen Zielgruppe, sondern bezieht den gesamten Sozialraum mit ein. Dadurch können sich alle Bürger beteiligen.

    • Wesentlich ist die Kooperation und Koordination einzelner Stellen innerhalb eines Sozialraumes, um die Vielfalt an Angeboten überschaubar und nutzbar machen zu können.[50]

    Die nachfolgenden Maßnahmenvorschläge ergeben sich vor allem aus der Literatur, anderen Studien und den durchgeführten Einzelinterviews mit den jungen Erwachsenen und den Sozialbehörden.

    Infolge der Tatsache, dass es für Salzburg kaum konkrete Daten über die Zielgruppe der NEET-Jugendlichen zwischen 16 und 24 Jahren bzw. jener Subgruppe der 18 bis 24jährigen gibt, empfehlen wir als ersten Schritt eine detailliertere Erhebung und Erfassung. Hierbei sollten zumindest soziodemographische Daten, wie Alter, Geschlecht, Einkommen, Bildung und derzeitige berufliche Situation bzw. Ausbildungssituation erhoben werden, um genauere Daten über die Zielgruppe zu erhalten, damit anschließend der etwas konkretere Handlungsbedarf abgesteckt werden kann. Neben den soziodemographischen Daten kann eine Erhebung der psychischen und physischen Erkrankungen dieser Zielgruppe angedacht werden, um die Bedürfnisse in diesem Bereich abklären zu können.

    Im präventiven Bereich (vor dem 18. Lebensjahr) empfehlen wir auf Basis der Literatur und der Studie des ISW / IBE / JKU den Ausbau der Schulsozialarbeit stärker zu fördern und die Position der Schulsozialarbeit zu stärken. Die Schule ist ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche mit vorhandenen gesellschaftlichen Strukturen konfrontiert sind und erleben, wie Chancen und Möglichkeiten für sie selbst verteilt sind. Das Nutzen dieser Chancen und Möglichkeiten stellt Kinder und Jugendliche vor unterschiedliche Anforderungen. Schulsozialarbeit kann

    „… zwar nicht der Garant für Chancengleichheit sein, aber sie kann mit den Mitteln der Sozialen Arbeit maßgeblich dazu beitragen, dass Exklusionsrisiken minimiert und Inklusionschancen gewahrt werden und zwar unter ständigem Rückbezug auf die lebensweltlichen Bedingungen und Ressourcen in denen die Kinder und Jugendlichen aufwachsen.“[51]

    Der Einsatz von Schulsozialarbeit kann die Vernetzung zwischen LehrerInnen, SchulsozialarbeiterInnen, BeratungslehrerInnen, Eltern und anderen Institutionen, wie zum Beispiel Jugendzentren oder StreetworkerInnen im Sozialraum der Jugendlichen steigern und Frühwarnsysteme aufbauen. Diese Art der Prävention arbeitet mit dem einzelnen Fall, mit sozialen Gruppen und fungiert als Vernetzung in den Sozialraum (Sozialraumorientierung).[52] Schulsozialarbeit stellt in erster Linie einen niederschwelligen Zugang für alle SchülerInnen dar, kann aber auch durch aktives Zugehen sozial benachteiligte SchülerInnen mit vielen Fehlstunden erreichen.

    Neben dem Ausbau der Schulsozialarbeit wird im präventiven Bereich das Jugendcoaching benötigt, um Jugendlichen vor dem Austritt aus der Schule Orientierung zu bieten. Laut Statistik Austria (2013) brauchen Personen in Österreich mit lediglich einem Pflichtschulabschluss im Median 340 Tage, um einer ersten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Im Vergleich dazu nahmen Personen mit Lehrabschluss im Median 116 Tage nach ihrem Abschluss eine unselbständige Erwerbstätigkeit auf.[53] Auch in den Ergebnissen der Einzelinterviews mit den Sozialbehörden lässt sich erkennen, dass die Gruppe der Jugendlichen, die bis zum 18. Lebensjahr nicht auffindbar sind (weder in Lehre, Ausbildung oder Arbeit) problematisch ist, weil sie häufig nach dem 18. Lebenjahr plötzlich ohne Ausbildung und Anspruch auf AMS-Leistung im System auftauchen. Das Jugendcoaching sollte demnach als vorrangiges Ziel die nachhaltige Integration in ein weiteres (Aus-) Bildungssystem haben.[54]

    In Anlehnung an die Studie über NEET-Jugendliche, der Literatur und den durchgeführten Interviews mit den jungen Erwachsenen scheint es sinnvoll das Jugendcoaching bereits vor der 9. Schulstufe anzubieten, um mehr SchülerInnen erreichen zu können, die einer Orientierungslosigkeit gegenüber stehen. Ferner sollte sich dieser Ansatz im besten Fall nicht nur auf eine Berufsberatung konzentrieren, sondern vor allem Beratung, Betreuung und Begleitung mit einem Case Management Ansatz anbieten. Die Bekanntmachung des Jugendcoachings bei SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern, AMS oder anderen sozialen Einrichtungen durch die einzelnen Träger (zum Beispiel Pro Mente oder Verein Einstieg) ist eine wesentliche Voraussetzung, um den Zugang möglichst breit zu halten und ein Frühwarnsystem aufbauen zu können.

    Es ist davon auszugehen, dass SchulsozialarbeiterInnen und Jugendcoaches durch kontinuierliche Betreuungsarbeit zu dauerhaften Bezugspersonen werden und somit eine langfristige individuelle Beratung und Begleitung ermöglichen.[55] Wie bei den Erfolgsfaktoren erwähnt, reduzieren dauerhafte Bezugspersonen und intensive sowie individuelle Beratung und Begleitung die NEET-Rate. Die Grundprinzipien von beiden Angeboten sollten Freiwilligkeit, Ressourcenorientierung, Beziehungsarbeit und Ganzheitlichkeit darstellen.

    Wie auch die internationale Literatur zeigt, benötigen Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren aber auch vor allem junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren niederschwellige Anlaufstellen, die ein breites Angebot an Beratung bieten. Jugendzentren und Streetwork gehen durch das Konzept der offenen Jugendarbeit und der aufsuchenden Sozialarbeit auf jene Zielgruppe zu und bieten ein flexibles Angebot. Wir empfehlen im Sinne der Sozialraumorientierung den verstärkten Ausbau an Angeboten auch speziell für junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren, die im Rahmen eines so genannten „One-Stop-Shops“ nicht nur Beratung anbieten. Vor allem für Jugendliche und junge Erwachsene, die länger in einem NEET-Status verweilen, braucht es die nachgehende Sozialarbeit.[56] Das Projekt „spacelab“ aus Wien ist ein Beispiel für ein niederschwelliges arbeitsmarktpolitisches Angebot für Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren. Einerseits bietet dieses Projekt eine Art Jugendtreff, um sich untereinander auszutauschen, anderseits wird aufsuchende Sozialarbeit an jugendtypischen Plätzen betrieben. Darüber hinaus können sich junge Menschen mit einem Perspektivencoach über ihre Zukunft Gedanken machen und parallel dazu direkt im Rahmen von Tagestrainings oder Werkstättentrainings die eigene Arbeitsleistung erproben und dafür Geld erhalten. Die Fähigkeiten der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollen hierbei gefördert werden. Unterstützt und co-finanziert wird dieses Projekt von mehreren Partnern, unter anderem AMS, Stadt Wien, VHS, Volkshilfe, etc.[57] Werden Teile von Orientierungskursen innerhalb solcher Räumlichkeiten angeboten, kann der Sozialraum der jungen Menschen mitgedacht und ein partizipativer Prozess gestartet werden. Die Einbeziehung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Entscheidungsprozesse wird in der Literatur als Erfolgsfaktor zur Reduzierung der NEET-Rate gesehen.[58]

    Innerhalb dieser „One-Stop-Shops“ empfehlen wir für junge Erwachsene mit BMS-Anspruch je nach Bedarf eine individuelle Begleitung im Sinne der koordinierten Hilfeplanung der 18 bis 24 Jährigen. Ein Case-Management Ansatz ist bei dieser Zielgruppe sinnvoll, da hier gemeinsam eine breite Situationsanalyse durchgeführt werden kann, um Ziele formulieren zu können, die die Entwicklung in mehreren Lebensbereichen und nicht nur zum Thema Erwerbsarbeit vorantreiben können. Dieser Bedarf wurde auch im Rahmen der ExpertInnendiskussionen mit den sozialen Einrichtungen aber auch in den Einzelinterviews mit den jungen Erwachsenen ersichtlich. Darüber hinaus geht es vor allem auch um die Vernetzung mit anderen Institutionen, um den Zugang zu solchen aufzuzeigen, zu erleichtern und zu ermöglichen. Die Dauer dieses Angebotes sollte sich an die Bedürfnisse und die Anforderungen des konkreten Falles richten. Manche benötigen lediglich Verweisungswissen oder einen ‚Anstoß‘ etwas zu tun, andere wiederum weisen Problemlagen auf, die innerhalb von 12 Monaten nicht gelöst werden können und bei denen somit an die Integration in den Erwerbsarbeitsmarkt vorerst nicht zu denken ist. Das Projekt „GAP Case Management Berufsbildung“ aus der Schweiz gibt hier ein gutes Beispiel. Ziel bei diesem Projekt ist es, Jugendliche und junge Erwachsene ohne ausreichende Ausbildung mit der Methode des Case Management Ansatzes am Übergang von der Schule in das Berufsleben zu unterstützen und zu begleiten. 14% der TeilnehmerInnen dieses Projektes waren über 20 Jährige. Die Evaluierung des Projektes (2011) ergab, dass durch den Case Management Ansatz und die Langfristigkeit (über zwei Jahre) des Angebotes wesentliche Verbesserungen im Bildungsstatus der TeilnehmerInnen (nicht nur der über 20jährigen) erwirkt wurden.[59]

    Speziell auch für die Gruppe der 18 bis 24 Jährigen sollte das Angebot an individuellen Qualifizierungsmaßnahmen mit finanziellen Anreizen ausgebaut werden; hierbei benötigt es eine fundierte Beratung und Begleitung von jungen Erwachsenen. Sowohl in den ExpertInnendiskussionen und Dialogforen mit ExpertInnen der sozialen Einrichtungen als auch in den Einzelinterviews mit den jungen Erwachsenen kam zum Ausdruck, dass in diesem Bereich ein Informationsdefizit besteht. Die Möglichkeiten einer Lehrausbildung ohne erhebliche finanzielle Einbußen (AMS, BMS) für den Einzelnen auch nach dem 18. Lebensjahr sind nicht hinreichend bekannt. Zusätzlich sollte ein Schwerpunkt auf Ausbildung gelegt werde, um jungen Erwachsenen hier vermehrte Chancen auf Ausbildung zu eröffnen. Es empfiehlt sich dem Alter entsprechend finanzielle Anreize anzubieten bzw. jungen Erwachsenen den Mehrwert an Ausbildung und Qualifizierung direkt erkennbar zu machen.[60] NEET-Jugendliche haben häufig frustrierende schulische Erfahrungen gemacht und sind demnach geringer motiviert einer weiteren Ausbildung nachzugehen. Produktionsschulen, die bereits in vielen österreichischen Bundesländern angeboten werden, erreichen diese Zielgruppe gut, weil sie Qualifizierung mit praktischem Tun verbinden. Das Angebot innerhalb der Produktionsschulen konzentriert sich vor allem auf Berufsorientierung, sozialpädagogische Begleitung, Absolvierung von Praktika und das Aufholen schulischer Grundkenntnisse.[61] Ziele sind das Sammeln von Erfahrungen, die Stärkung des Selbstbewusstseins und die längerfristige (Re-)Integration in den Erwerbsarbeitsmarkt bzw. in eine weiterführende Aus- oder Weiterbildung. Für 18 bis 24 Jährige empfiehlt sich der kombinierte Ansatz des Tätigsein und der weiteren Qualifizierung.

    Neben den Produktionsschulen müssen Angebote gesetzt werden, damit junge Menschen vermehrt in das ‚aktive‘ Tun, das Tätigsein kommen können. Im niederschwelligen Bereich haben hier vor allem sozioökonomische Beschäftigungsprojekte Relevanz. Hier empfehlen wir einen Ausbau in den unterschiedlichen Bereichen, wie zum Beispiel Malerei, Tischlerei, Elektroinstallationen, KFZ-Technik, Kreativwerkstätten, Büro, Garten, Gastronomie, Medien, EDV, Textil, Tourismus, etc. Darauf zu achten ist, dass ein stufenweiser und stundenweiser Einstieg in die Beschäftigung möglich ist, auch in Abstufung mit einer direkten Entlohnung. Junge Erwachsene, die kaum oder noch gar keiner Beschäftigung nachgegangen sind, sind häufig nicht in der Lage von Beginn an die Pflichten einer Vollzeitbeschäftigung zu erfüllen; eine langsame Heranführung und Aneignung der nötigen Fähigkeiten scheint hier sinnvoll. Eine Kombination von herkömmlichen Orientierungs- und Bewerbungstrainings mit aktiver stundenweiser Beschäftigung ist auszuweiten, wie dies zum Beispiel bereits von FAB Salzburg im Rahmen des Projektes ‚Radhaus im Stadtwerk‘ angeboten wird. AMS-Kurse, welche sich rein auf Orientierungs- und Bewerbungstrainings spezialisieren, scheinen für diese Zielgruppe der 18 bis 24 Jährigen wenig erfolgversprechend. Die Aussage eines Mitarbeiters einer Sozialbehörde über Kurse für Jugendliche und junge Erwachsene verdeutlicht die Situation „Aber es ist auch […] die Bereitschaft der Jugendlichen auch diese Kurse anzunehmen, in Anspruch zu nehmen, oft sehr gering. Also ich merke das halt, wenn [gesagt wird], sie müssen die Kurse 3, 4-fach überbuchen, damit sie halbwegs die Teilnehmeranzahl zusammenkriegen.“ (Interview Sozialbehörde EI_5) Vor allem in diesem Bereich scheint es an Möglichkeiten für einen partizipativen Beteiligungsprozesses für die Zielgruppe zu fehlen.

    Eine Subgruppe der NEET-Jugendlichen stellen junge Mütter mit/ohne Migrationshintergrund dar, wie aus der Literatur hervorgeht. Diese Gruppe weist häufig eine niedrige Qualifizierung auf; demnach ist zu empfehlen, genau dort anzusetzen und jungen Müttern die Möglichkeit zu bieten, sich einerseits in der Karenz weiterzubilden, parallel dazu eine passende Kinderbetreuungsmöglichkeit anzubieten und eine Ansprechperson zur Verfügung zu stellen. Als Beispiel dient hier England, wo Zentren für junge Mütter geschaffen werden, mit Fokus auf den Austausch zwischen den jungen Müttern bzw. Eltern. Junge Eltern können Informationen einholen und sich dort von SozialarbeiterInnen berate lassenn. Darüber hinaus bieten diese Zentren unterschiedliche Angebote von Mutter-Kind-Gruppen bis hin zu Weiterbildungskursen in Computer, Rechnen, Lesen, Schreiben, etc.[62] Die Erweiterung der Angebote der derzeitigen Elternberatung oder des Mutter-Kind-Heims wäre ein gangbarer Weg.

    Sowohl aus den Gruppendiskussionen mit ExpertInnen als auch in den Einzelinterviews mit jungen Erwachsenen und den Sozialbehörden geht hervor, dass prekäre Wohnsituationen die situative Lebenslage häufig verschlimmern. Junge Erwachsene leben häufig bei Freunden oder noch zu Hause bei der Familie, in problematischen Verhältnissen. Hier empfiehlt sich eine verstärkte Förderung von so genannten „Starter“- Wohnungen, die es jungen Erwachsenen ermöglichen, ihre Wohnverhältnisse zu verbessern. Folgendes Zitat eines jungen Erwachsenen verdeutlicht die Situation:

    „Also jetzt im Vordergrund stünde sowieso eigentlich die Wohnung bei mir, weil ich eben, also ich kann mich schlecht auf irgendetwas anderes konzentrieren, wenn ich keinen Rückhalt habe. Also wenn ich mir jetzt denke, ja nein ich gehe jetzt arbeiten und wohne derweilen aber bei einem Spetzel. Komme von der Arbeit heim, dann möchte ich mich schon irgendwie selber in meine Wohnung zurückziehen“. (Interview junge Erwachsene, EI1). Ein Beispiel ist unter anderem die Caritas Wien mit dem Projekt „JUCA – Ein Haus für junge Erwachsene“.

    Männer und Frauen zwischen 18 und 30 Jahren erhalten Wohnungen innerhalb von Wohngemeinschaften. Zusätzlich wird Beratung und Unterstützung durch SozialarbeiterInnen für die gesamte Lebenssituation angeboten. Darüber hinaus kann im Rahmen der JU_CAN Kreativwerkstatt einer Beschäftigung nachgegangen werden. Junge Erwachsene erhalten dadurch eine Tagesstruktur und können Selbstvertrauen entwickeln und Selbstbewusstsein stärken.[63]

    Abschließend soll nochmals erwähnt werden, dass die Gruppe der NEET-Jugendlichen sicher auch in Salzburg eine sehr heterogene Gruppe darstellt. Um passende Angebote schaffen zu können, sollten zumindest die quantitativen Daten die Heterogenität der Zielgruppe erfassen. Zusätzlich muss darauf geachtet werden, dass die Angebote für Jugendliche bis 18 Jahren sich nicht zwingend für junge Erwachsene zwischen 19 und 24 Jahre eigenen. Ein verstärkter partizipativer Ansatz ist hier in jedem Fall anzudenken, um die Bedürfnisse dieser Zielgruppe besser zu begreifen und um die Angebote und Maßnahmen deutlicher fokussieren zu können.

    7.2 Zielgruppe Ältere Menschen

    Die Zielgruppe der älteren Menschen gerät durch eine zunehmende Spreizung zwischen tendenziell früher einsetzender Altersarbeitslosigkeit und späterem (politisch forcierten) faktischem Pensionsantritt nachhaltig unter Druck. Ihre Alterskohorte ist durch überdurchschnittlich hohe Langzeitarbeitslosigkeit und überdurchschnittlich häufigem Bezug von BMS-Leistungen konfrontiert. Darüber hinaus machen dieser Altersgruppe auch deutlich bleibende Einschränkungen in der Arbeitsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen zu schaffen. Aktuell macht sich ein erschwerter Zugang zu Berufsunfähigkeits- und Invaliditätspension bemerkbar, parallel zu einem verstärkten Druck zur Wiederaufnahme einer (oftmals individuell gewünschten) Beschäftigung und zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt.

    Grundsätzlich ist bei der Planung von konkreten Maßnahmen bezüglich dieser Zielgruppe auf das grundsätzliche Dilemma zwischen beruflicher (Neu)-Qualifizierung durch Entwicklung von Fähigkeiten und Erlernen von Fertigkeiten und Schulungen einerseits und der zeitlich befristeten Perspektive eines Verbleibs am Arbeitsmarkt im Falle der erfolgreichen Wieder-Eingliederung zu achten. Allerdings, und dieser Umstand wiegt schwer, auch im Hinblick auf drohende Altersarmut, sind erworbene Versicherungszeiten für die Pensionsversicherung ein hohes, individuelles Gut. Vergleichbares gilt auch auf der Ebene des Gewinns von Selbstachtung und Lebenszufriedenheit, die mit einem erfolgreichen Wiedereintritt in Verbindung stehen dürften. Des Weiteren sollten bei der Planung von Maßnahmen das altersbedingte Nachlassen von Leistungsfähigkeit sowie die Zunahme von gesundheitlichen Problemen grundsätzlich in Rechnung gestellt werden – andererseits Zuschreibung von Stereotypen zu warnen und generell sollten gesellschaftlich verbreitete Vorurteile bekämpft werden, bevor sie eine stigmatisierende Wirkung erlangen. In diesem Zusammenhang ist auch auf den, vor allem aber bei weitem nicht nur bei Männern, bekannten engen Zusammenhang zwischen Erwerbstätigkeit und Identität zu verweisen, der im Falle von Arbeitslosigkeit stark unter Druck gerät – ein Arbeitsplatzverlust bedeutet hier eine plötzliche Entwertung eines, u. U. gesamten, langen Arbeitslebens; bei Betroffenen der Zielgruppe ist hier von einer langen, fortgesetzten Geschichte der persönlichen Demütigung, der Missachtung von emotionalen und psychischen wie physischen Bedürfnissen und psychischen Verletzungen auszugehen, die sich tief in die Persönlichkeit eingesenkt und Haltungen verfestigt hat, die einer erfolgreichen Re-Integration in den Arbeitsmarkt große Hürden entgegensetzen können.

    Die angestellten Überlegungen skizzieren die Problematik, dass ältere Betroffene in besonders zugespitzter Weise unter dem Druck zwischen ‚Arbeitsmarktanforderungen‘ und seinen ‚ungeschriebenen Ausschlussregeln‘ einerseits und persönlicher Problematik andererseits auf der Strecke zu bleiben drohen. Vorschläge für diese Personengruppe müssen vor diesem Hintergrund gelesen werden. Zunächst wäre es, auch vor dem Hintergrund einer persönlichen Stabilisierung und des Erwerbs von Versicherungszeiten, wünschenswert älteren Betroffenen vermehrt Zugang zu Beschäftigungsprojekten des 2. und 3. Arbeitsmarktes zu gewähren. Für Betroffene mit größerer Nähe zur Beschäftigungsfähigkeit, z. B. Langzeitarbeitslose mit beruflicher Qualifikation könnte eine individuelle Aktionsplanung zielführend sein, die, basierend auf ressourcenorientiertem capability-assessment eine positive Vermarktung individueller Fähigkeiten sicherstellt. Dazu könnten Möglichkeiten geförderter Beschäftigung als training on the job die entscheidenden Brücken bauen; wenn möglich auch im Rahmen eines offiziellen Programmes zur Förderung von Beschäftigung älterer Menschen – verbunden mit dem Aufbau und der Pflege eines Partnernetzwerks, mit Schritten zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit und der Unternehmerschaft, ergänzt um personenzentrierte Hilfe. Auch könnten hier Mentoring-Projekte angedacht werden. Eine andere Schiene könnten Projekte zur Einbindung älterer Menschen in Stadtteilarbeit gefördert werden, Einbindung in kommunale Arbeit, die Formen des Wissens dieser Betroffenen in eine produktive Ressource wandelt, in die Mit-Organisation von Seniorencafés, von Computerkursen für Ältere – entsprechend einem vorhandenen Pool von Fähigkeiten und Fertigkeiten.

    Auf politischer Ebene wäre die Einführung von Teilpensionierung bzw. Teilkrankenständen bei eingeschränkter Arbeitsfähigkeit eine wünschenswerte Antwort auf viele der Probleme dieser speziellen Zielgruppe, die einerseits Bedarfe und Grenzen akzeptiert, andererseits aber durch eine gewisse Flexibilität Re-Integration in beschränkten Ausmaß fördern könnte.

    7.3 Zielgruppe Menschen mit Betreuungspflichten

    Die Zielgruppe der Menschen mit Betreuungspflichten steht in einer besonders prekären Weise im allgemeinen gesellschaftlichen Spannungsfeld der Vereinbarkeit von Familie und Beschäftigung. Betreuungspflichten bestehen in der überwiegenden Anzahl der Fälle von Müttern gegenüber ihren leiblichen Kindern, jedoch können auch Fälle von Pflege erkrankter und sterbender Angehöriger von der Problematik betroffen sein. Alleinerziehende stellen in allen Armutsstatistiken eine markante Gruppe der von Armut Betroffenen dar, aber auch Mehrkindfamilien stehen generell unter einem höheren Armutsrisiko.[64] In Salzburg beziehen laut Sozialbericht Bedarfsgemeinschaften mit derzeit etwas mehr als 3.500 Kinder Leistungen der Mindestsicherung[65] , das bedeutet bei etwas mehr 98.000 unter 18 jährigen Kindern in Salzburg[66] ein Quote von ca. 3,5 % aller Kinder in Salzburg, die derzeit hart an der Grenze oder in manifester Armut aufwachsen müssen.

    Es liegt auf der Hand, dass hier ein direkter Zusammenhang zwischen der Lebenslage von Betroffenen mit Betreuungspflichten einerseits und Kinderarmut, Notwendigkeit zur frühen Förderung von benachteiligten Kindern andererseits gegeben ist.

    § 8 des Salzburger Mindestsicherungsgesetzes normiert, dass der Einsatz der Arbeitskraft jedenfalls nicht von Hilfesuchenden verlangt werden darf, die Betreuungspflichten gegenüber Kindern haben, welche das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet haben und keiner Beschäftigung nachgehen können, weil geeignete Betreuungsmöglichkeiten fehlen (Abs. 2); die pflegebedürftige Angehörige (§ 123 ASVG), welche ein Pflegegeld ab der Stufe 3 beziehen, überwiegend betreuen (Abs. 3); bzw. die Sterbebegleitung oder Begleitung von schwersterkrankten Kindern (§§ 14a und 14b AVRÄG) leisten (Abs 4). In der Verwaltungspraxis wird nach Auskunft der Abtl. 3/01 Abs. 4 zum Wohl der betreuungspflichtigen Hilfesuchenden ausgelegt und in Fällen, bei denen die Betreuungssituation nicht zufriedenstellend geklärt ist, kein Einsatz der Arbeitskraft verlangt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass von Armut betroffene Kinder im Durchschnitt häufiger krank sind, sich weniger gut entwickeln und daher im Durchschnitt eine intensivere Betreuung benötigen würden.[67] Es darf auch darauf verwiesen werden, dass reformpädagogische Initiativen ursprünglich häufig vor allem auf von Armut betroffene Kinder gerichtet waren – als markantes Beispiel darf hier Maria Montessori gelten.[68] Konträr zu dieser strukturellen Bedingtheit steht allerdings die soziale und gesellschaftliche Realität: flexible, pädagogisch hochwertige und engagiert getragene Betreuungsplätze sind teuer und auch im Hinblick auf soziale und kulturelle Verhältnisse faktisch sozioökonomisch Bessergestellten vorbehalten.

    Aus der Sicht der Zielgruppe sind daher robuste, pädagogisch hochwertige und finanziell geförderte Betreuungsangebote für Kinder von BMS-Bezieher/innen gefordert. Robuste Betreuungsangebote bieten krisensichere Unterbringung der Kinder, sowohl im Hinblick auf Krisen der betroffenen BMS-BezieherInnen, aber auch und v. a. Krisen der zu betreuenden Kinder (z.B. ‚Verhaltensauffälligkeiten‘, chronische Krankheiten). Damit wirken solche Angebote entlastend und stabilisierend beim (Wieder-)Eintritt in Beschäftigung, andererseits im Hinblick auf Unterstützung bei der Betreuung und Pflege schwieriger Kinder. Pädagogisch hochwertig sollten solche Angebote vor allem in Hinblick auf die Förderung von benachteiligten Kindern zum frühestmöglichen Zeitpunkt sein; ein positiver Nebeneffekt wäre dabei die Vermeidung von Stigmatisierungen (keine ‚Sonderbeschulung‘). Hier wäre ein vorsichtiges und sensibles Öffnen von bestehenden reformpädagogischen Einrichtungen durch finanzielle Förderung möglich, bis hin zu einem prioritären Zugang für Kinder von BMS-BezieherInnen, eventuell auch mit Anspruchscharakter. In ähnlicher Weise ist über Maßnahmen der gezielten Bevorzugung von Kindern und Betreuungspersonen mit BMS-Hintergrund denkbar- im Sinne einer ‚affirmative action‘ in Krabbelstuben, Kindergärten und Ganztagsschulen. Aufgabenstellung wäre hier ein behördlich geförderter, unterstützter und gut moderierter Zugang einzelner Kinder von BMS-Bezieher/innen zu Einrichtungen, die de facto Kindern aus vergleichsweise wohlhabenden Haushalten vorbehalten bleiben. Dabei könnte es notwendig sein, einen solchen Öffnungs- und Integrationsprozess durch professionelle Sozialarbeit zu begleiten. Hilfreich und weniger reformorientiert könnten des Weiteren Vorfinanzierungsmodelle für Kinderbetreuung sein.

    Ein weiterer Schwerpunkt der Verbesserung der Situation betreuungspflichtiger Personen der Zielgruppe, die auch allgemein von Vorteil wäre, ist die bessere Vereinbarkeit von Arbeitsintegration und Elternschaft durch Unterstützung und Propagierung familienfreundlicher Betriebe auch unter dem Aspekt der sozialen Integration: so zeigt sich aus bisherigen Erfahrungen, dass die Rücksichtnahme auf familiäre Situation bei Dienstplänen oder Arbeitszeitkonten, etwa in Tourismus-Betrieben, durch die bessere Planbarkeit und Verbindlichkeit für beide Seiten einen positiven Effekt auf das Arbeitsklima hat. Solche Effekte können auch der Wiedereingliederung förderlich sein. In ähnlicher Weise ließe sich auch über betriebsorganisierte Kinderbetreuung mit ‚lebenslagensensiblem‘ Zuschnitt – evtl. auch mit sozialpädagogischer Unterstützung durch das Land – nachdenken. Weiters sollte bedacht werden, dass bestimmte Berufsfelder (z.B. auf Grund unflexibler Arbeitszeiten) weniger familienfreundlich sind als andere.

    7.4. Zielgruppe: Menschen mit gesundheitlichen Schwierigkeiten

    Gesundheitliche Probleme sind erwiesenermaßen eines der größten Hindernisse für die Integration in den Arbeitsmarkt und stellen ein signifikantes Armutsrisiko dar.[69] Weiters hat sich innerhalb der Forschung ein Konsens herausgebildet, dass Arbeitslosigkeit und Armut selbst krank machen und insbesondere psychische Probleme verursachen. Diese Befunde lassen sich auch auf die Zielgruppe der BezieherInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung übertragen, obwohl hier die wissenschaftliche Datenlage im Detail, wie bereits angesprochen, nicht sehr gut ist. Eine tiefergehende Erhebung der gesundheitlichen Probleme und ihrer Ursachen bei Bezieherinnen und Bezieher der BMS wäre gerade auf lokaler Ebene wünschenswert. Die Einrichtung bzw. Weiterführung einer Clearingstelle, an die Personen zumindest bei begründeten Hinweisen vermittelt werden, ist auch aus dieser Sicht zu begrüßen. Die physischen und psychischen Anforderungen, die der Arbeitsmarkt heute stellt, sind dauerhaft nicht zu bewältigen, wenn kein angemessener Gesundheitszustand erreicht und gehalten werden kann. Eine umfassende Gesundheitsversorgung und Gesundheitsförderung kann nicht primäre Aufgabe der Arbeitsmarktintegration und ihrer Institutionen sein, darf in entsprechenden Maßnahmen jedoch keinesfalls ignoriert oder unbeachtet bleiben. Ein ganzheitlicher Blick auf die Gesundheit, wie er seit Jahrzehnten von der Weltgesundheitsorganisation gefordert und eingesetzt wird, verbietet es auch, nur körperliche Probleme und Krankheiten ernstzunehmen.[70] Wie auch die Ergebnisse der Clearingstelle zeigen, sind gerade psychische Störungen in der Zielgruppe ein großes Problem, die in hohem Maße mit Scham verbunden sind und gesellschaftlich noch immer stigmatisiert werden. Das trifft auch auf den Arbeitsmarkt zu. Will man die Arbeitsmarktintegration fördern, dann sind gesundheitliche Probleme mit Priorität anzugehen, festzustellen und den Betroffenen Hilfestellungen anzubieten.

    Gesundheit ist eine Querschnittsmaterie, die neben gesonderten Maßnahmen für spezielle Zielgruppen (Suchtkranke, Menschen mit psychischen Störungen usw.) und dem Ausbau und der Vermittlung von Gesundheitsangeboten (z.B. Therapien), in allen Maßnahmen begleitend und laufend thematisiert werden sollte.[71] Und das nicht nur wenn gesundheitliche Probleme auftreten bzw. bereits vorhanden sind, sondern auch präventiv und gesundheitsfördernd. Es ist analog zu Ergebnissen zur Zielgruppe von Arbeitslosigkeit und Armut betroffener Personen auch für Bezieherinnen und Bezieher der BMS davon auszugehen, dass gesundheitsförderndes Verhalten und Kenntnisse darüber nur beschränkt vorhanden bzw. umsetzbar sind.[72] Für die Stärkung der Gesundheit gibt es auch entsprechende Best Practice Modelle und Vorbilder wie zum Beispiel die deutschen Projekte Fit50+, arbeit & gesundheit oder „Mut tut gut“ – Stärkung der psychischen Gesundheit für erwerbslose Frauen.[73] Im Hintergrund steht der Anspruch, Gesundheitsangebote für die Zielgruppe zu differenzieren; also mehrere Ebenen, Problemlagen und unterschiedliche Zugänge zu berücksichtigen. Im Rahmen von angebotenen Sprechstunden, Untersuchungen oder Selbsthilfe-Settings kann der Gesundheitszustand überhaupt einmal thematisiert und den Betroffenen die Möglichkeit zur Artikulation und Selbstwahrnehmung gegeben werden. Informationen über Gesundheit, Bewegung und Ernährung sollten im Laufe aller Maßnahmen begleitend zur Verfügung gestellt werden, wenn angenommen werden kann, dass Personen mit – auch nur leichteren – gesundheitlichen Problemen teilnehmen. Die Integration von Gesundheitskursen, Gesundheitszirkeln Trainings- oder Entspannungseinheiten, etwa an einem Nachmittag in der Woche, könnte ein entsprechend niederschwelliger Zugang sein. Die Erfahrung aus anderen Projekten legt jedenfalls nahe, dass Gesundheitsangebote, ebenso wie Angebote zur Grundbildung, vor allem dann angenommen werden, wenn sie in eine Maßnahme zur Arbeitsmarktintegration integriert sind. Dafür braucht es Infrastruktur und geschultes Personal aus dem medizinischen, psychologischen, therapeutischen oder trainingswissenschaftlichen Bereich, was sicherlich zusätzliche Kosten verursacht und nicht im Rahmen jeder Maßnahme umsetzbar sein wird.

    7.5. Menschen mit mangelnden Grundkompetenzen

    Mit dem Begriff der Kompetenzen sind einerseits solche Fähigkeiten aus dem Bereich der Grundbildung (Lesen, Schreiben, Rechnen), berufsbezogene Fertigkeiten und Wissen und formale Bildungsabschlüsse gemeint aber auch soziale Fähigkeiten, Umgangsformen und Fähigkeiten, das eigene Leben zu organisieren und den Alltag zu bewältigen. Mängel in diesen Bereichen, insbesondere ein fehlender Bildungsabschluss, sind Hauptgründe für Arbeitslosigkeit in einem ausdifferenzierten und anspruchsvollen Arbeitsmarkt. Es ist somit ein sehr weites Feld an möglichen Einschränkungen beschrieben, wobei besonders der Bereich der als grundlegend angesehen Fähigkeiten, also der Grundbildung und der sozialen Umgangsformen und der Alltagsbewältigung problematisch ist. Solche Mängel sind stark tabuisiert, mit Scham verbunden, führen zu Erlebnissen der Ausgrenzung und werden von den betroffenen Personen daher oftmals verschwiegen, versteckt und nicht eingestanden. Sie sind zentral für jede Armutsbekämpfung in Form der sozialen Inklusion. Weiters sind solche Kompetenzen die Grundlage dafür überhaupt weiterführende Kenntnisse und Fertigkeiten, die am Arbeitsmarkt verlangt weder Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration und stellen auch die Angestellten in der Arbeitsvermittlung vor neue Herausforderungen. Mit der PIACC Studie gibt es erstmals Bemühungen sich dieses Problem – unabhängig vom Fokus auf die Bedarfsorientierte Mindestsicherung – umfassend anzunehmen und es wissenschaftlich zu erheben.[74]

    Für die Zielgruppe können auch hier keine näheren Aussagen darüber gemacht werden, wie viele Personen Schwierigkeiten im Grundbildungsbereich aufweisen und wie viele Personen Schwierigkeiten mit sozialen Umgangsformen, Höflichkeit, Pünktlichkeit oder der alltäglichen Lebensführung (Hygiene, Essen kochen usw.) aufweisen. Die qualitativen Hinweise sowohl aus den Gesprächen im Rahmen dieser Studie als auch aus anderen Studien legen allerdings nahe, dass es in der Zielgruppe eine relativ große Anzahl an betroffenen Personen gibt.[75] Der erste und wichtigste Schritt wäre, solche Mängel überhaupt einmal festzustellen und zu thematisieren. Das ist für Mängel im Bereich der Grundbildung (Lesen, Schreiben und Rechnen) mittels erprobter Screeningsverfahren bereits beim Erstgespräch mit der Person sinnvoll.[76] Eben weil viele Personen ihren Mangel an Grundbildungsfähigkeiten verstecken wollen, kann und sollte man sich nicht darauf verlassen, dass diese unaufgefordert angesprochen werden oder im Rahmen eines Gesprächs aufgedeckt werden. Jedenfalls kann durch eine frühe Abklärung solcher Mängel vermieden werden, dass Personen in Maßnahmen geschickt werden, die sie überfordern, was wiederum nur Frustration auf beiden Seiten erzeugt. Eine weitere Erkenntnis aus der Forschung und der Evaluation entsprechender Projekte ist, dass Grundbildung und Kompetenzen möglichst praxisnahe und arbeitsbezogen vermittelt werden sollten. Das steigert sowohl die Motivation der betroffenen Personen und gibt ihnen gleichzeitig einen Zielhorizont, wofür sie diese Fähigkeiten gebrauchen und nutzen können. Je früher Mängel in diesem Bereich erkannt und behoben werden, desto besser, weshalb auch hier Maßnahmen für diese Zielgruppe besonders gefördert werden sollten.[77]



    [48] Früchtel, Frank/Cyprian, Gudrun/Budde, Wolfgang: Sozialer Raum Und Soziale Arbeit Textbook: Theoretische Grundlagen. 3. Aufl. Wiesbaden 2012. S. 29.

    [49] Vgl. Lukas, Dieter: Sozialraum. In: Wörterbuch Soziale Arbeit: Aufgaben, Praxisfelder, Begriffe und Methoden der Sozialarbeit und Sozialpädagogik. Hrsg. v. Dieter Kreft. 6. Aufl. Weinheim / München 2005. S. 867–868; hier: S. 879.

    [50] Kreft, Dieter/Hinte, Wolfgang: Sozialraumorientierung. In: Wörterbuch Soziale Arbeit: Aufgaben, Praxisfelder, Begriffe und Methoden der Sozialarbeit und Sozialpädagogik. Hrsg. v. Dieter Kreft. 6. Aufl. Weinheim / München 2005. S. 869–872; hier: S. 880; Früchtel, Frank/Cyprian, Gudrun/Budde, Wolfgang: Sozialer Raum Und Soziale Arbeit Textbook [wie Anm. 48], S. 21f.

    [51] Spies, Anke/Pötter, Nicole: Soziale Arbeit an Schulen: Einführung in das Handlungsfeld Schulsozialarbeit. 1. Aufl. Wiesbaden 2011. S. 21.

    [52] Ebd., S. 67.

    [53] STATISTIK AUSTRIA: Bildung in Zahlen 2011/12. Schlüsselindikatoren und Analysen. Wien 2013. Internet: https://www.statistik.at/dynamic/wcmsprod/idcplg?IdcService=GET_NATIVE_FILE&-dID=62349&dDocName=043371. Zuletzt geprüft am: 10.2.2014. S. 112.

    [54] Vgl. ISW/IBE/JKU: Studie zur Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe „NEET“. Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) [wie Anm. 11], S. 444f

    [55] Ebd., S. 443.

    [56] Ebd., S. 32.

    [57] Siehe dazu die Homepage von spacelab unter: http://www.spacelab.cc/, 10.03.14

    [58] ISW/IBE/JKU: Studie zur Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe „NEET“. Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) [wie Anm. 11], S. 445.

    [59] Vgl. Erziehungsdepartement des Kantons Basel-Stadt: Gap, Case Management Berufsbildung Basel-Stadt. Evaluation 2008 – 2011. Basel 2011. Internet: http://gap.edubs.ch/uber-uns/downloads. Zuletzt geprüft am: 7.3.2014. S. 55.

    [60] ISW/IBE/JKU: Studie zur Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe „NEET“. Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) [wie Anm. 11], S. 446.

    [61] Bergmann, Nadja/Schelepa, Susanne: Bestandsaufnahme der österreichischen Produktionsschulen. Endbericht. Im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK). Wien 2011. Internet: http://www.lrsocialresearch.at/sozialforschung/archivsuche-de?submitsearch=1&suche=rubrik&such=1&dl=1. Zuletzt geprüft am: 2.3.2014. S. 24ff.

    [62] Tunnard, Jo/Barnes, Tim/Flood, Stephen: One in ten [wie Anm. 43], S. 69.

    [64] Statistik Austria (2013): Tabellenband EU-SILC 2012. Einkommen, Armut und Lebensbedingungen; www.statistik.at/web_de/statistiken/soziales/armut_und_soziale_eingliederung/index.html

    [65] Land Salzburg: Sozialbericht 2012. Salzburg 2013. Internet: http://www.salzburg.gv.at/sozialbericht_2012_endfassung.pdf. Zuletzt geprüft am: 15.8.2013

    [66] STATISTIK AUSTRIA: Jahresdurchschnittsbevölkerung 2012 nach Alter und Bundesland – Insgesamt. Wien 2012. Internet: http://www.statistik.at/web_de/static/jahresdurchschnittsbevoelkerung_2012_nach_alter_und_bundesland_-_insgesamt_023428.pdf. Zuletzt geprüft am: 3.2.2014.

    [67] Vgl. Holz, Gerda: Armutserfahrungen und ihre Folgen – Kinderarmut im Vorschulalter. In: Kinderarmut: Einführendes Handbuch für Forschung und soziale Praxis. Hrsg. v. Margherita Zander. 2. Aufl. Wiesbaden 2010. S. 88–109.

    [68] Dieter, Anne: Maria Montessori und das Recht der Kinder auf Bildung. Ein Beitrag zum Montessori-Jahr 2007. 1. Aufl. Potsdam 2007.

    [69] Evaluation von Projekten zur Gesundheitsförderung von Arbeitslosen. Hrsg. v. Michael Bellwinkel/Wolf Kirschner. 1. Aufl. Bremerhaven 2011; Arbeitslosigkeit, Gesundheit und Krankheit. Hrsg. v. Alfons Hollederer/ Helmut Brand. 1. Aufl. Bern 2006.

    [70] WHO: The Ottawa Charter for Health Promotion. Geneva 1986. Internet: http://www.who.int/hpr/NPH/docs/ottawa_charter_hp.pdf. Zuletzt geprüft am: 15.9.2011.

    [71] Egger-Subotitsch, Andreas/Fritsch, Clara/Jelenko, Marie/u. a.: Praxishandbuch Betriebliche und arbeitsmarktintegrative Gesundheitsförderung. 1. Aufl. Wien 2007. Internet: http://www.arbeitundalter.at/attachments/110_AMS-Praxishandbuch-Gesundheit-Aeltere-2007.pdf. Zuletzt geprüft am: 20.8.2013.

    [72] Armut und Gesundheit : Theoretische Konzepte, empirische Befunde, politische Herausforderungen. Hrsg. v. Thomas Lampert/Christine Hagen. 1. Aufl. Wiesbaden 2012.

    [73] Im Überblick auf der Seite: www.gesundheitliche-chancengleichheit.de

    [74] Statistik Austria: Schlüsselkompetenzen von Erwachsenen: Erste Ergebnisse der PIAAC–Erhebung 2011/12. Wien 2013. Internet: http://www.statistik.at/dynamic/wcmsprod/idcplg?IdcService=GET_NATIVE_FILE&dID=152086&dDocName=073406 . Zuletzt geprüft am: 19.9.2013.

    [75] Dornmay, Helmut / Lachmayr, Norbert / Rothmülle, Barbara: Integration von formal Geringqualifizierten in den Arbeitsmarkt [wie Anm. 1].

    [76] Rothe, Kathleen / Preisin, Beatrice: Arbeitsorientierte Grundbildung: Funktionale Analphabeten qualifizieren. Bielefeld 2011.

    [77] Landauer, Doris: Frühe BildungsabbrecherInnen in Wien. Wien 2011. Internet: http://www.pakte.at/attach/Bericht_Teil_1_Gesamtpopulationr.pdf. Zuletzt geprüft am: 4.7.2013.

    8. Vorschläge zur Weiterentwicklung der drei bestehenden Begleitmaßnahmen

    Eine Zielsetzung dieser Studie ist die Formulierung von Weiterentwicklungsmöglichkeiten für die drei im Berichtszeitraum bestehenden Maßnahmen „Clearingstelle“, „Koordinierte Hilfeplanung“ und „Step by step“. Diese drei Einrichtungen wurden im Rahmen der vorliegenden Studie nicht eigens evaluiert und die im Folgenden vorgebrachten Empfehlungen resultieren aus der Durchsicht der Projektberichte in Kombination mit den Erkenntnissen, die in den anderen Teilen dieser Studie präsentiert werden. Wie betont, ist eine durchgängige Hilfekette, also die möglichst lückenlose, niederschwellige, aufeinander aufbauende und am Individuum orientierte Verzahnung von Angeboten und Maßnahmen sinnvoll. Die multiplen Problemlagen der Betroffenen können dann am Besten thematisiert und schrittweise aufgelöst werden, wenn diese adäquat erkannt (Clearing) und in einem langfristigen Prozess gemeinsam mit dem Betroffenen (Motivation und Freiwilligkeit) bearbeitet werden. Vertrauen auf Seiten der Betroffenen und die Expertise auf Seite der Betreuenden bzw. der SozialarbeiterInnen sind die beiden Grundvoraussetzungen für diesen Prozess, der nicht gänzlich ohne Druck jedoch möglichst frei von überfordernden Erwartungen und Kurzfristigkeit sein sollte. Das gilt auch für die Ausgestaltung der drei hier diskutierten Maßnahmen (Clearingstelle, Koordinierte Hilfeplanung und Step by step). Sie sind nicht nur isoliert zu betrachten, sondern ihr Erfolg wird wesentlich davon abhängigen, ob es gelingt, sie zu verzahnen und auf einander abzustimmen. Das Clearing ist der erste wichtige Schritt, ihm müssen weitere folgen, die im Rahmen der Koordinierten Hilfeplanung geplant und umgesetzt werden müssen. Der Fokus auf Jugendliche und junge Erwachsene ist angesichts der Bedeutung dieser Lebensphase für den gesamten weiteren Lebenslauf und die „Karriere am Arbeitsmarkt“ sinnvoll. Je früher die Hilfe und Unterstützung ansetzt, desto höher sind die Erfolgsaussichten und desto geringer sind auch deren Kosten. Kosten sollten hier aber nicht nur monetär verstanden werden. Arbeitslosigkeit und Armut erzeugen darüber hinaus hohe Kosten, die sowohl die Allgemeinheit und die öffentlichen Institutionen betreffen wie auch das Individuum. Das sind zum Beispiel physische und psychische Kosten (Krankheit, Depression, Motivationsverlust), soziale Kosten (Isolation, Exklusion), ökonomische Kosten (Transferleistungen und Unterstützung, Verödung der Beschäftigungsfähigkeit). Diese können bei frühzeitiger Intervention gering gehalten werden, wovon sowohl das Individuum als auch die Allgemeinheit profitieren.

    Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Ausgestaltung der drei Maßnahmen mit fähigen MitarbeiterInnen und ExpertInnen und die Schaffung adäquater Arbeitsbedingungen. Wie bereits erwähnt, Vertrauen ist eine der wichtigsten Ressourcen, um der Zielgruppe helfen zu können. Dieses Vertrauen bedarf auch der guten strukturellen Ausgestaltung im Sinne „guter“ Arbeitsplätze für die helfenden Personen.

    8.1. Clearingstelle

    Die Aufgabe der Clearingstelle ist die Abklärung der Arbeitsfähigkeit der BezieherInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Salzburg.[78] Die Personen werden nach Bedarf durch das Magistrat Salzburg, die Gruppe Soziales der BH Salzburg-Umgebung und der BH Hallein zugewiesen mit dem Ziel einer ganzheitlichen Feststellung der Arbeitsfähigkeit durch eine standardisierte Begutachtung mittels arbeitsmedizinischem, arbeitspsychologischem und sozialarbeiterischem Clearing. Bei Bedarf ist auch eine Arbeitserprobung möglich und kann das Clearing vervollständigen. Die Clearingstelle erarbeitet weiters Maßnahmen für die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit, die individuell auf die Bedürfnisse und Probleme der betroffenen Person abgestimmt sind und zumeist einen Verweis in eine andere Maßnahme oder Einrichtung (etwa Projekt „Lebensarbeit“, Arbeitsassistenz oder Schuldnerberatung) empfehlen. Der ganzheitliche Zugang der Clearingstelle ist als ihr großer Vorteil gegenüber einer herkömmlichen und bloß auf die physische Gesundheit ausgerichteten arbeitsmedizinischen Untersuchung anzusehen. Wie auch der Projektbericht der Clearingstelle selbst hervorhebt, leiden viele Betroffenen unter mehreren Problemlagen sowohl gesundheitlicher, psychischer als auch sozialer Art, die eine rasche Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit und Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt nicht realistisch erscheinen lassen. Vielmehr bedarf es für diese Personen einer langsamen Heranführung an den Arbeitsmarkt und die Lösung der vorgelagerten Schwierigkeiten. Eigentlich alle Personen, die der Clearingstelle zugewiesen wurden, hatten gesundheitliche Probleme und besonders die große Anzahl an psychischen Störungen (50%) ist auffällig. Neben der eigentlichen Funktion des Clearings bietet die Clearingstelle so auch einen tieferen Einblick in die Zielgruppe, da sie weitaus umfassenderes Wissen bereitstellt, als über die Zielgruppe sonst verfügbar ist. Dieses Wissen ist sinnvoll und notwendig, um weitere Maßnahmen passend einrichten zu können obwohl natürlich nicht sicher abschätzbar ist, inwieweit diese Erkenntnisse auf den Rest der Zielgruppe übertragbar sind.

    Die Bedeutung eines möglichst umfassenden Clearings für die Konzeption von weiteren Hilfsmaßnahmen wurde in diesem Bericht bereits hervorgehoben und kann hier nur noch einmal betont werden. Je mehr relevante Informationen über eine Person vorhanden sind, desto eher kann eine Maßnahme wirken und werden Reibungsverluste vermieden. Der Weg, mehrere disziplinäre und bewährte Ansätze zu kombinieren ist hier vorbildhaft, da dadurch auch sichergestellt wird, dass die gewonnen Informationen vor dem Hintergrund der individuellen Biographie analysiert und mit den Wünschen und Bedürfnissen der Person verknüpft werden. Dahingehend ist die sozialarbeiterische Kompetenz besonders wichtig. Drei Möglichkeiten der Weiterentwicklung der Clearingstelle sollten angedacht werden.

    Zunächst ist der Bereich der Grundbildung im Clearing bislang unterrepräsentiert. Bildung ist für Arbeitsfähigkeit im medizinischen Sinne nicht relevant, für die Beschäftigungsfähigkeit aber ganz entscheidend. Ausgehend von den beiden Berichten ist im Clearingverfahren kein standardisiertes Testverfahren zur Feststellung von Schwierigkeiten in den Bereichen Lesen, Schreiben und Rechnen vorgesehen. Es zwar durchaus nicht ausgeschlossen, dass solche Schwierigkeiten wie bisher auch im Laufe der Untersuchung und insbesondere im Rahmen des sozialarbeiterischen Clearings entdeckt und thematisiert werden, die Integration bewährter Screeningverfahren, wie sie national und international bereits erfolgreich in der Arbeit mit arbeitslosen und bildungsfernen Personen eingesetzt werden, würde diese Lücke jedoch gesichert schließen.[79] Die große Bedeutung von Fähigkeiten im Grundbildungsbereich sowohl für die Arbeitsmarktintegration aber auch für die soziale Teilhabe im Allgemeinen und die Möglichkeit, ein gutes Leben zu führen, sollte in einem umfassenden Clearing wahrgenommen werden.

    Ein zweite Empfehlung, die auch im Bericht der Clearingstelle selbst erwähnt wird, betrifft die „Nachverfolgung“ der Personen und die wiederholte Überprüfung der Arbeitsfähigkeit. Ein Clearing ist immer (nur) die Feststellung des gegenwärtigen Ist-Zustands mit einer Prognose über künftige Veränderungen, die aber stets an die Umsetzung bestimmter Maßnahmen zur Verbesserung und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit gebunden ist. Ob und inwieweit eine tatsächliche Veränderung, sei es Verbesserung oder Verschlechterung, eintritt, kann nur mit einem nochmaligen Clearing ermittelt werden. Diese Information wäre sowohl für die betroffene Person und die Planung weiterer Hilfsschritte als auch für die politisch-umsetzende Ebene relevant, die dadurch Einsichten in die Persistenz der Armutslage und die Gründe dafür gewinnen würde. Weiters könnten diese Daten für eine Evaluation von in Anspruch genommenen Maßnahmen verwendet werden. Eine solche Nachverfolgung der Personen ist jedoch aufwändig und nicht unproblematisch, da dies als eine zwanghafte regelmäßige Überprüfung der Lebensweise der Betroffenen umgesetzt werden könnte. Ein solcher Automatismus der Kontrolle ist jedenfalls ein ethisch hochsensibles Thema und sollte im Rahmen einer eigenen Studie unter Einbeziehung der Betroffenen abgeklärt werden.

    Die dritte Empfehlung betrifft die Gruppe der Migrantinnen und Migranten, die mit Sprachschwierigkeiten oder fehlenden Deutschkenntnissen ins Clearing kommen. Dieses Problem wird bislang informell gelöst, in dem Verwandte oder andere bekannte Personen zur Übersetzung beigezogen werden. Diese Hilfslösung birgt jedoch einige gewichtige Schwierigkeiten, die in einer zukünftigen Umsetzung der Clearingstelle vermieden werden sollten. Neben dem Problem der Vertrauenswürdigkeit der Übersetzung legen Forschungen aus anderen Bereichen der interkulturellen Kommunikation nahe, dass durch die Anwesenheit von Verwandten oder Bekannten nicht alle Probleme und Sorgen offen ausgesprochen werden und somit Informationen verloren gehen können. Auch internationale Empfehlungen sehen vor, von Verwandten oder Bekannten als Übersetzerinnen und Übersetzer gerade in so einer heiklen Situation wie einem Clearing zur Arbeitsfähigkeit abzusehen und professionelle DolmetscherInnen einzusetzen.[80] Idealerweise verfügen diese auch über sozialarbeiterische, sozialpsychologische oder arbeitsmedizinische Kenntnisse, um die Information neutral aber sachgerecht vermitteln zu können.

    8.2. Koordinierte Hilfeplanung

    Das Modellprojekt „Koordinierte Hilfeplanung“ („SP 3b – Modellprojekt Nr. 4“) zielte darauf ab, ein passgenaues und verbindliches Angebot zur Überwindung der Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit für Vollbezieher/innen der BMS zu generieren.[81] Vgl. dazu im Folgenden: Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung - FAB: Abschlussbericht über Fördermittel aus dem OP Beschäftigung Österreich 2007 - 2013, Schwerpunkt 3b „Integration arbeitsmarktferner Personen“ – Modellprojekt Nr. 4 „Koordinierte Hilfeplanung“. Salzburg 2013.

    Umgesetzt wurde das Modellprojekt durch FAB, Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung - FAB, Niederlassung Salzburg, im Zeitraum von September 2012 bis Ende 2013. FAB stand dabei in Kooperation mit den Sozialeinrichtungen in Salzburg wie der Schuldenberatung, der Caritas, dem Psychosozialen Dienst, perConsult (Volkshilfe), lebensarbeit (esage) und dem AMS. Im Bildungs- und Ausbildungsbereich wurde mit dem BFI, „BiBer“ Bildungsberatung, ProMente (NEBA) und „dieBerater“ zusammen gearbeitet. Die Kooperationen wurden dabei je nach Aufgabenstellung des Einzelfalles gesucht.

    Ziel der Koordinierte Hilfeplanung war im Konkreten die Beseitigung bzw. Überwindung von Beeinträchtigungen der Arbeitsfähigkeit von Menschen, sodass diese wieder ein unabhängiges, selbständiges Leben auf Grundlage eines eigenerwirtschafteten Erwerbseinkommens führen können. Aufgabe war es, auf Basis einer strukturierten Anamnese (individuelle Fähigkeiten und Hemmnisse) sowie eines Überblicks über Hilfsangebote im Gesundheits- und Sozialdienstleistungsbereich (Orientierung über strukturelle Hilfsfaktoren) zu einer koordinierten Hilfeplanung zukommen und deren Umsetzung zu realisieren (Case-Management). Die Koordinierte Hilfeplanung aktivierte und koordinierte Hilfesysteme (Vernetzung), band in der Umsetzung KlientInnen aktiv im Sinne der Eigenverantwortung ein und leistete Motivationsarbeit ohne unmittelbar selbst die entsprechende Hilfe durchzuführen. Primäre Aufgabe der KoHi war also die Planung, Steuerung und Koordination von Hilfe. Die unmittelbare Leistung selbst sollte von den zuständigen Institutionen und Trägern im jeweiligen Bereich erbracht werden. Die Verweildauer der KlientInnen betrug maximal ein Jahr. Von 42 übernommenen Personen konnten sieben Personen in der Zeit der Hilfeplanung an einen Arbeitsplatz wechseln, 20 Hilfen wurden durch den Träger beendet, weitere acht nach Rücksprache mit der zuweisenden Behörde (Fehlzuweisung), ein Abbruch kam durch den Klienten selbst zustande, sechs endeten durch Fristablauf. Eine Bedarfsschätzung durch den Träger geht von ca. 120 arbeitsfähigen BMS-VollbezieherInnen in der Stadt Salzburg aus, die eine derartige Hilfe in Anspruch nehmen könnten.

    Das Modellprojekt endete Ende Dezember 2013. Wir empfehlen eine dauerhafte Einrichtung, nach Möglichkeit in Kombination mit einer vorgeschalteten Clearingstelle zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit (Inklusionskette) – zumal die Koordinierte Hilfeplanung eine im Salzburger Mindestsicherungsgesetz (§ 17) vorgesehene Maßnahme ist. Das Clearing bietet den Vorteil einer passgenauen Zuweisung und einer umfassenden Anamnese und Begutachtung inkl. Handlungsempfehlungen, die im Rahmen der KoHi umgesetzt werden können. Über eine (eventuell befristete) Einrichtung der KoHi auch in den ländlichen Bezirken wäre bei Vorliegen entsprechender, durch Clearings abgestützter ausreichender Anzahl von KlientInnen mit entsprechenden Bedarfen zu entscheiden. Eine Auf-Dauerstellung böte den Vorteil, den Zuwachs an institutionell gebundenen Erfahrungen und Kompetenzen im Sinne der Betroffenen zur Geltung zu bringen – dies gilt im Besonderen in Hinblick auf Vernetzung, strukturelles Wissen über die Spezifizität der Angebote der Maßnahmenlandschaft und der in ihr tätigen Personen und damit verbundene Zugangsmöglichkeiten. Der spezifische Hintergrund für Vernetzungsarbeit liegt im extern bestimmten Angebot unterschiedlicher Betreuungs- und Hilfsangebote. Zu empfehlen ist deshalb generell die behördlich verantwortete Pflege und der Ausbau des Netzwerkes relevanter Anbieter sozialer Dienstleistungen. Der Austausch und die Organisation dieser Anbieter in Form von Plattformen, Initiativkreisen u.ä.m. sollten nach Möglichkeit (auch symbolisch) unterstützt werden. Auch die Bildung und Beschickung von Beiräten könnte erfolgversprechend verfolgt werden.

    Die Zuweisung der KlientInnen erfolgte durch die Behörden im Modellprojekt- Bereich (Salzburg-Stadt sowie Flachgau); dabei wurde ein wirksames Procedere der Fallübergaben entwickelt, das beibehalten werden sollte. Diese Übergaben erfolgte in einer Mehrzahl der Fälle persönlich, d. h. unter Anwesenheit des/der KlientIn, der/des ReferentIn der Gruppe Soziales bzw. der/des SozialarbeiterIn des Magistrats und der/des zuständigen MitarbeiterIn der Koordinierten Hilfeplanung (Allparteien-Konstellation). Diese Konstellation zeigte sich als besonders geeignet, einerseits die Verbindlichkeit der Maßnahme zu verdeutlichen und den KlientInnen andererseits die im Projekt angelegte, grundlegende (‚fallführenden‘) Unterstützung zu signalisieren. Bezüglich der Auswahl der KlientInnen zeigte sich, dass der Zuschnitt des Projektes gewisse Mindestanforderungen an das Profil der Betroffenen im Hinblick auf Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit notwendig machte, das nicht allzu weit unterschritten werden sollte. Eine Alternative wäre die Verbreiterung des Angebots, mit einer Streckung der zeitlichen Frist – im Referenzprojekt war diese mit einem Jahr begrenzt – , die KlientInnen am Projekt teilnehmen können. So zeigt sich etwa für die im Kreis der Betroffenen häufig vorliegenden psychischen Problematiken, dass mit einer nachhaltigen Besserung der Situation erst bei einer Behandlungsdauer von zwei bis drei Jahren zu rechnen ist.

    Hilfreiches ausbauen

    Im Zentrum des Projektes steht der Ansatz der fallführenden Sozialarbeit im Sinne eines Case-Managements (CM) mit dem Ziel den KlientInnen den Zugang zu Unterstützung und Hilfe (integriertes Hilfe- und Unterstützungsnetzwerk) zu eröffnen und sie auf diesem Wege so intensiv wie notwendig zu begleiten. Möglichkeiten der Weiterentwicklung liegen daher vor allem auch in der Stärkung der Rahmenbedingungen für erfolgreiches CM durch die geeignete Dokumentation und Bereitstellung von Informationen bezüglich von Hilfsangeboten im Gesundheits- und Sozialdienstleistungsbereich. Dafür können verschiedene mediale Formen angedacht werden. Entsprechende Informationsmaterialien sollten in einem weiten Sinne ‚barrierefrei‘ angeboten werden, d. h. gegebenenfalls leicht verständlich oder auch in Übersetzungen u.a.m. Ein mögliches Beispiel für eine allgemeine klientInnenzentrierte Information ist etwa der Innsbrucker Sozialroutenplaner.[82] Die Integration von Helferkonferenzen mit Parteistellung der KlientInnen in die Hilfeplanung könnte die Öffnung des Zugangs zu unterstützenden Angeboten noch stärker zur Geltung bringen.

    Eine weitere Möglichkeit der Verbesserung der Rahmenbedingungen ist die Erweiterung und Privilegierung der Zuweisungsmöglichkeiten zu Maßnahmen zur Tagesstrukturierung oder zur Behandlung psychischer Beeinträchtigungen, zum Abbau derzeit massiv gegebener kontraproduktiver und demotivierender längere Wartefristen. In ähnlicher Weise wäre auch die Öffnung des gesamten Angebots an Schulungs- und Kursmaßnahmen des AMS anzudenken, u. U. mit einer Zuweisung in enger Absprache mit eine/r/m AMS-BetreuerIn.

    8.3. STEP by STEP

    Das Projekt ‚Step by Step‘ wurde als Baustein im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik im Schwerpunkt 3b ‚Integration arbeitsmarktferner Personen‘ initiiert und vom 01.01.2012 bis 31.12.2013 durch das BFI Salzburg umgesetzt.[83] Es handelte sich dabei um eine Aktivierungs- und Orientierungsmaßnahme für junge Erwachsene im BMS-Bezug mit multiplen Problemlagen, die arbeitslos und arbeitsfähig sind, aber keine Integrationsperspektiven aufweisen. Die Verweildauer innerhalb der Kursmaßnahme betrug zehn Wochen. Insgesamt wurden im Projektzeitraum sieben Kursstaffeln mit 95 Personen durchgeführt.

    Die Vermittlung der TeilnehmerInnen fand ausschließlich durch das AMS statt; in der Planung war ursprünglich vorgesehen, den Zugang breiter zu streuen, um auch über soziale Einrichtungen an TeilnehmerInnen zu gelangen. Diese Vorgehensweise wurde jedoch aufgrund formaler Anforderungen – das AMS musste vor Kursbeginn den Anspruch auf Leistung klären – nicht umgesetzt. Der Fokus des Projektes lag auf der individuellen Perspektivenplanung und der Vermittlung in den 1. oder 2. Arbeitsmarkt. Im Rahmen des Kurses wurden ein gruppendynamisches Clearing, Persönlichkeitstraining, diagnostische und psychosoziale Abklärungen, individuelle Perspektivenpläne, Vermittlung zu anderen relevanten sozialen Institutionen (Schuldnerberatung, Caritas, Arbeiterkammer, etc.) durchgeführt und erstellt. Die TeilnehmerInnen nahmen an Gruppentagen sowie am Einzelcoaching teil.

    In erster Linie stellt sich bei der Weiterentwicklung dieser Maßnahme die Frage, welche Zielgruppe de facto erreicht werden sollte. Aus dem Abschlussbericht des BFI Salzburg geht hervor, dass Personen im BMS-Bezug ohne Kurserfahrung nicht erreicht werden konnten, sondern vor allem Personen mit Kurserfahrungen teilnahmen. Grundsätzlich wäre dieser Kurs jedoch unter anderem für junge Menschen mit vollem BMS-Bezug vorgesehen gewesen. Um die Zielgruppe der 18 bis 24 Jährigen besser zu erreichen, braucht es einen niederschwelligen Zugang. Wie bereits beschrieben, werden Jugendliche und junge Erwachsene kaum durch starre Strukturen erreicht, sondern es benötigt aufsuchende Aspekte innerhalb des eigenen Sozialraumes. Die Vorgehensweise, die Zuweisungen über das AMS zu tätigen, ermöglichte letztlich einen sehr engen Zugangsrahmen. Im Sinne einer sozialraumorientierten Herangehensweise wäre es sinnvoll, Kontakte über Jugendzentren, Streetwork, Notschlafstellen oder andere soziale Institutionen zu der Zielgruppe herzustellen. Im Rahmen von Informationstagen könnte der Zugang ebenfalls breiter gestreut werden. Hier wäre auch eine Co-Trägerschaft des Projektes anzudenken, die die Niederschwelligkeit stärken könnte.

    Eine Herausforderung für das Projekt war zu Beginn die Abklärung der Lebenslagen und Bedürfnisse der TeilnehmerInnen. Nachdem lediglich 10 bis 15 Minuten Zeit für das Erstgespräch zur Verfügung standen, gestaltete sich eine genaue Anamnese als nicht durchführbar. Da die zuweisenden AMS-BeraterInnen ebenfalls über beschränkte Zeitressourcen in der Beratung verfügen und keine detaillierte Lebensgeschichte der KundenInnen erfassen, empfehlen wir die Ausweitung der Anamnesegespräche im Rahmen des Projektes. Anhand von Erstgesprächen, deren Fokus auf der genauen Erfassung der Lebenssituation liegen, sowie von qualifiziertem Personal durchgeführt werden, können erste Problematiken abgeklärt und wertvolle Einschätzungen für den späteren Verlauf hervorgebracht werden. Enge Zeitvorgaben und Zeitressourcen schmälern den Blick erheblich und ermöglichen lediglich oberflächliche Einschätzungen. Dies führt schließlich zu einer sehr hohen Heterogenität innerhalb des Kurses, was wiederum für die Entwicklung der einzelnen TeilnehmerInnen hinderlich sein kann.

    Zusätzlich könnte verstärkt an Peer-to-Peer Ansätze gedacht werden, die in England und den USA bereits über einen längeren Zeitraum im Bildungs- und Gesundheitsbereich genutzt werden. Peer-Involvement wird in der Literatur in drei Bereiche unterteilt: die Vermittlung unter Gleichaltrigen, das Beraten bei unterschiedlichen Thematiken oder auch das direkte Unterrichten von Gleichaltrigen.[84] Im Verlauf des Kurses könnte demnach ein regelmäßiger Austausch mit jungen Erwachsenen stattfinden, die selbst biographische Krisen erlebt haben, mittlerweile aber bereits in Betrieben arbeiten. Peer-Involvement ermöglicht den Beginn partizipativer Prozesse, die junge Erwachsene unter anderem benötigen, um selbst aktiv zu werden.

    Im Abschlussbericht des BFI Salzburg geht hervor, dass der Werkstattunterricht, aufgrund der Auffälligkeiten der TeilnehmerInnen, nicht durchführbar war. Anzudenken wäre hier dennoch eine Integration von künstlerischen Ansätzen (z.B. Theaterspiel, Bastel- oder Malwerkstatt, etc.), um in ein gemeinsames ‚aktives Tun’ zu kommen. Es ist auch auf die Einbindung von Exkursionen zu diversen Stellen (GKK, Stadtbibliothek, etc.) oder Veranstaltungen (Berufsinformationsmesse, etc.) hinzuweisen, die von den TeilnehmerInnen gut angenommen wurden. Dies sollte auf jeden Fall beibehalten werden. Erfolgreich waren sichtlich die Kontakte zu Betrieben, in denen Praktika durchgeführt werden konnten. Aufgrund der kurzen Laufzeit einer Staffel stellt sich jedoch die Frage, in wie weit es hier tatsächlich auch zu ‚Arbeitserprobungen‘ gekommen ist und eine Begleitung möglich war.

    Wenn im Rahmen dieses Projektes Personen mit multiplen Problemlagen und ohne Kurserfahrung erreicht werden möchten, empfehlen wir schließlich auf jeden Fall eine Verlängerung der Laufzeit der Kursstaffeln. Dies ermöglicht einerseits die multiplen Problemlagen der einzelnen TeilnehmerInnen detaillierter anzusehen und zu bearbeiten sowie andererseits Kursinhalte – Erstellung von biografischen Lebenslaufanalysen, Erstellung von Situationsanalysen, Schärfung von sozialen Kompetenzen, erweiterte Möglichkeiten der Arbeitserprobung, etc. – vertiefend zu behandeln. Wie auch im Rahmen dieser Studie bereits dargestellt, benötigt vor allem die Zielgruppe mit multiplen Problemlagen eine längere Verweildauer. Eine Nachbetreuung, speziell bei regulärer Beendigung der Maßnahme ohne Arbeitsaufnahme, ist ebenfalls empfehlenswert, um wiederholte biografische Abbrüche besser bewältigen zu können.

    Die Verlängerung der Laufzeit würde darüber hinaus die Möglichkeit der Intensivierung des Case-Management Ansatzes bieten. Dies hätte den Vorteil, dass gemeinsam mit TeilnehmerInnen mehr Zeit in die Lösungssuche von Problemen (Schulden, Wohnungslosigkeit, Sucht, etc.) des Alltags investiert werden könnte und nicht nur auf die berufliche (Re-)Integration, die häufig nicht passiert, geachtet wird. Aus dem Abschlussbericht geht deutlich hervor, dass die TeilnehmerInnen vor allem die individuelle Beratung und Begleitung sehr geschätzt und als wertvoll erachtet haben.

    Abschließend ist anzumerken, dass grundsätzlich solche Kurse durch qualifiziertes Personal (SozialarbeiterInnen, PsychologInnen, PädagogInnen, PsychotherapeutInnen, etc.) abzuhalten sind. Es ist von hoher Relevanz hierbei den Blick auf den Einzelnen zu richten, Beteiligung für diesen zu ermöglichen, den Mehrwert zur Selbstgestaltung seines Lebens zu vermitteln, aber auch gruppendynamische Prozesse in Gang zu bringen und wiederum für den Einzelnen nutzbar zu machen.



    [78] Vgl. dazu im Folgenden: Verein zur Förderung von Arbeit und Beschäftigung – FAB / Verein für Arbeitsmedizin und Sicherheitstechnik: Abschlussbericht über Fördermittel aus dem OP Beschäftigung Österreich 2007 - 2013, Schwerpunkt 3b „Integration arbeitsmarktferner Personen“ – Modellprojekt Nr. 2 „CLEARINGSTELLE - Clearing der “Arbeitsfähigkeit„ von BezieherInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung“. Salzburg 2013.

    [79] Projekträger im DLR e.V.: Lernprozesse in Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener: Diagnostik, Vermittlung, Professionalisierung. 1. Aufl. Bielefeld 2011.

    [80] von Glutz, Barbara: Interkulturelles Übersetzen im Sozialbereich: Aktuelle Praxis und Handlungsempfehlungen anhand von Fallbeispielen. Bern 2012. Internet: https://www.bfm.admin.ch//content/dam/data/migration/integration/berichte/studie-interkultur-uebersetzen-sozial-d.pdf . Zuletzt geprüft am: 7.8.2013; Bundesweiter Arbeitskreis Migration und Öffentliche Gesundheit: Gesundheit und Integration: ein Handbuch für Modelle guter Praxis. Berlin 2007. Internet: http://www.bundesregierung.de/Content/Infomaterial/BPA/IB/gesundheit-und-integration.pdf?__blob=publicationFile&v=7. Zuletzt geprüft am: 10.3.2011

    [81] Zur Umsetzung dieser Aufgabe nahm die Koordinierte Hilfeplanung (KoHi) die Funktion einer ‚fallführenden Sozialarbeit‘ ein, deren Aufgabe es ist, die erforderlichen Schritte auch für die KlientInnen verstehbar zu halten und im Zeitablauf für deren schrittweise Umsetzung die notwendige Unterstützung anzubieten.

    [83] Vgl. dazu im Folgenden: BFI Salzburg BildungsGmbH: Abschlussbericht über Fördermittel aus dem OP Beschäftigung Österreich 2007 - 2013, Schwerpunkt 3b „Integration arbeitsmarktferner Personen“ – Modellprojekt Nr. 3 „Step by step“. Salzburg 2013.

    [84] Heyer, Robert: Peer-Education – Ziele, Möglichkeiten und Grenzen. In: Freundschaften, Cliquen und Jugendkulturen: Peer Groups als Bildungs- und Sozialisationsinstanzen. Hrsg. v. Oliver Böhm-Kasper / Marius Harring / Christian Palentien /u. a. 1. Aufl. Wiesbaden 2009. S. 407–422; hier: S. 409.

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    Quelle

    internationalen forschungszentrum für soziale und ethische fragen (ifz) und Zentrum für Ethik und Armutsforschung der Universität Salzburg. Projektteam: Prof. Clemens Sedmak (Leiter), Dr. Helmut P. Gaisbauer. Mag.a Isabell Gstach, Mag.a Michaela Rohrauer und Dr. Gottfried Schweiger. Beauftragt von: Arbeit für Salzburg. Salzburg 2014

    bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

    Stand: 29.6.2016

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