Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in Deutschland [Teil 2]

Ergebnisse der quantitativen Befragung, Endbericht

Themenbereiche: Lebensraum
Textsorte: Textsorte:Bericht
Releaseinfo: Die Studie wurde vom Deutschen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegeben; ausgeführt wurde sie vom Interdisziplinären Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung (IFF) und der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld in Zusammenarbeit mit dem SOKO Institut GmbH Sozialforschung und Kommunikation, Bielefeld, mit der Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Frauen- und Genderforschung e. V. (GSF), Frankfurt, mit dem Sozialwissenschaftlichen FrauenForschungsInstitut Freiburg (SoFFI F.) und dem Institut für Soziales Recht der Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften, Fachhochschule Köln. Die Studie gibt es auch in der Fassung Leichte Sprache: https://www.bmgf.gv.at/cms/home/attachments/7/9/3/CH1555/CMS1476282230348/leichte-sprache-lebenssituation-und-belastungen.pdf
Copyright: © Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2013

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

    4. Ergebnisse der Zusatzbefragungen

    In diesem Kapitel werden alle Ergebnisse der Zusatzbefragung analog zu den Ergebnissen der repräsentativen Hauptbefragung dokumentiert. Zum Vergleich der Untersuchungsgruppen werden einerseits die Daten der Frauenstudie 2004 herangezogen, andererseits auch die Ergebnisse der repräsentativen Haushalts- und Einrichtungsbefragungen der vorliegenden Studie (Kapitel 3). Da die Befragungsgruppen der gehörlosen/schwergradig hörbehinderten, blinden/schwergradig sehbehinderten und körper- /mehrfachbehinderten Frauen weit überwiegend (zu über 90%) aus gehörlosen, blinden und körperbehinderten Frauen bestehen, werden sie im Folgenden der Einfachheit halber unter Benennung dieser Kurzform beschrieben, außer dort, wo dies für den Inhalt und das Verständnis des Textes erforderlich ist. Da es sich bei den Frauen der Zusatzbefragung nicht um eine repräsentative Auswahl handelt und die Fallzahlen zudem auch kleiner sind als in den anderen Befragungsteilen (vgl. Kapitel 2.3), werden Vergleiche vorsichtig interpretiert, und es wurde auf durchgängige Signifikanztests verzichtet. Dort, wo sie für die Erklärung von Unterschieden hoch relevant sind, wurden sie jeweils direkt im Text angegeben.

    4.1 Lebenssituation und soziostrukturelle Merkmale der befragten Frauen

    4.1.1 Altersstruktur der Befragten

    In der Altersstruktur der Befragten zeigt sich zunächst, dass in der vorliegenden Zusatzbefragung, wie auch in den anderen repräsentativen Befragungsteilen der Studie, kaum Frauen im jüngeren Alter von 16 bis 20 Jahren erreicht wurden. Abgesehen davon ist aber die Altersstruktur der gehörlosen Frauen relativ ähnlich mit dem Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004: 46% der gehörlosen Frauen waren 21 bis 40 Jahre alt und, wie in der Frauenstudie 2004, gut die Hälfte (53%) im Alter von 41 bis 65 Jahren. Die Altersstruktur der blinden und der körperbehinderten Frauen ähnelte dagegen mehr der höheren Altersgruppenzusammensetzung der repräsentativen Haushaltsbefragung der Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen: 23–26% der Frauen waren 21 bis 40 Jahre alt und fast drei Viertel (70–73%) in der ältesten Befragungsgruppe von 41 bis Mitte 60.

    Tabelle 89: Altersstruktur der Befragten im Überblick

    Altersgruppen

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte (repräs. ) N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    16 bis 20 Jahre

    7

    2

    0

    (1)

    (1)

    21 bis 40 Jahre

    40

    22

    46

    23

    26

    41 bis 65 Jahre

    53

    76

    53

    73

    70

    Keine Angabe/Weiß nicht

    0

    0

    1

    2

    3

    Gesamt

    100

    100

    100

    100

    100

    Basis: Alle befragten Frauen.

    Der höhere Anteil älterer Frauen bei diesen beiden Gruppen erklärt sich nur zum Teil daraus, dass bei den blinden und körperbehinderten Frauen die Behinderungen häufiger erst im (späteren) Erwachsenenleben eingetreten waren (bei 6% der gehörlosen Frauen, 18% der blinden und 46% der körperbehinderten Frauen vs. 64% der Frauen der Haushaltsbefragung). Möglicherweise haben in der Tendenz auch eher ältere Frauen an der Befragung teilgenommen, weil diese besser durch Multiplikatorinnen und Multiplikatoren erreicht werden konnten und/oder weil ihre Teilnahmebereitschaft höher war.

    4.1.2 Partnerschaft, Kinder und Familienstand

    Im Hinblick auf Partnerschaft, Heirat und Familiengründung weisen ebenfalls die gehörlosen Frauen größere Ähnlichkeiten mit dem weiblichen Bevölkerungsdurchschnitt und mit den Frauen der Haushaltsbefragung dieser Studie auf als die beiden anderen Befragungsgruppen der blinden und körperbehinderten Frauen. So lebten die blinden und körperbehinderten Frauen gegenüber den gehörlosen Frauen seltener aktuell in einer Partnerschaft (58% vs. 69%) und sie waren auch seltener aktuell verheiratet (37–38% vs. 46% der gehörlosen Frauen; repräsentative Haushaltsbefragung: 55%).

    Tabelle 90: Partnerschaft, Kinder und soziale Einbindung

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz- Gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    Bestehen einer aktuellen Partnerschaft

    75

    72

    69

    58

    58

    Bestehen einer früheren Partnerschaft

    52

    64

    77

    60

    70

    Bestehen einer aktuellen und/oder früheren Partnerschaft

    93

    96

    92

    86

    91

    Jemals verheiratet (inkl. geschieden/verwitwet/getrennt lebend)

    73

    78

    70

    58

    55

    Aktuell verheiratet

    57

    55

    46

    38

    37

    Anteil Frauen mit Kindern

    71

    73

    71

    41

    42

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Die Tatsache, dass alle Befragungsgruppen der Zusatzbefragung in etwa gleich häufig schon einmal in einer Paarbeziehung gelebt haben (86–92%) und dass diesbezüglich keine großen Unterschiede zum Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 und zur Haushaltsbefragung der vorliegenden Studie feststellbar sind, lässt darauf schließen, dass die geringeren Anteile der aktuell bestehenden Partnerschaften bei blinden und körperbehinderten Frauen mit ihrer aktuellen Lebenssituation und/oder der Behinderung in einem Zusammenhang stehen. Möglicherweise sind bei diesen Frauen die früheren bestehenden Paarbeziehungen beendet worden und seltener in dauerhafte Paarbeziehungen eingemündet, worauf auch der geringere Anteil der (jemals) verheirateten Frauen in diesen Gruppen verweist.

    Deutlich seltener hatten sowohl die blinden als auch die körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung eigene Kinder (41–42%), während die gehörlosen Frauen diesbezüglich dem Bevölkerungsdurchschnitt (Frauenstudie 2004) entsprachen (71%). Vermutlich hängt der hohe Grad der familiären und partnerschaftlichen Einbindung der gehörlosen Frauen auch mit ihrer oftmals engen Einbindung in die Gemeinschaft der Gehörlosen zusammen, bei denen in Bezug auf die Hörbehinderung keine oder geringere Kommunikationsbarrieren bestehen. Entsprechend lebte auch die Mehrheit der gehörlosen Frauen in aktuell bestehender Partnerschaft mit ebenfalls gehörlosen (64%) oder hörbehinderten (17%) Partnerinnen bzw. Partnern und nur etwa ein Fünftel (19%) mit einer hörenden Partnerin bzw. einem hörenden Partner.[1]

    Warum die befragten blinden und körperbehinderten Frauen seltener eigene Kinder bekommen haben, kann verschiedene Gründe haben. Es könnte zum einen mit dem geringeren Ausmaß an dauerhaften Paarbeziehungen in Zusammenhang stehen, andererseits aber auch mit realen oder antizipierten Einschränkungen durch die Behinderung, die dem Kinderwunsch entgegenstanden. Für einen selbstbestimmten Verzicht auf eigene Kinder spricht der erhöhte Anteil von blinden und körperbehinderten Frauen, die Kontrazeptiva im Lebensverlauf eingenommen haben, und derjenigen, die auf eigenen Wunsch sterilisiert wurden (vgl. auch Kap. 4.5.2). Darüber hinaus könnte aber auch eine Rolle spielen, dass Frauen mit Seh- und Körperbehinderungen in geringerem Maße in der Entscheidung für ein Kind von ihrer Umwelt bestärkt und entsprechend unterstützt werden, was auf gesellschaftliche Diskriminierungen verweist (vgl. auch Kap. 4.5).

    Blinde und körperbehinderte Frauen der Zusatzbefragung hatten deutlich seltener eine aktuelle Partnerschaft, sie waren seltener verheiratet und hatten zu geringeren Anteilen eigene Kinder. Gehörlose Frauen waren in dieser Hinsicht den Frauen der Haushaltsbefragung und dem Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 ähnlicher. Sie hatten fast ebenso häufig einen Partner und eigene Kinder und waren nur etwas seltener aktuell verheiratet. Wenn sie in einer Paarbeziehung lebten, hatten sie weit überwiegend Partner, die ebenfalls gehörlos oder hörbehindert waren

    4.1.3 Aktuelle Wohnsituation

    Die große Mehrheit der Frauen der Zusatzbefragung leben in eigenen Privathaushalten ohne Einrichtungsanbindung (83–89% der Befragten). 12% der befragten gehörlosen Frauen, 6% der blinden Frauen und 16% der körperbehinderten Frauen leben in einer Wohnung mit Einrichtungsanbindung. Nur sehr wenige der Frauen der Zusatzbefragung leben in einem Zimmer oder einer Wohngruppe der Einrichtung (je 1% der gehörlosen und körperbehinderten und 6% der blinden Frauen).

    Tabelle 91: Aktuelle Wohnsituation

    Aktuelle Wohnsituation

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Eigene Wohnung/ohne Einrichtungsanbindung

    86

    89

    83

    Eigene Wohnung/mit Einrichtungsanbindung

    12

    6

    16

    Wohngruppe oder Zimmer in Einrichtung

    (1) 1)

    6

    (1) 1)

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Eingeschränkte Aussagekraft, da Fallzahlen gering.

    Anteilsmäßig doppelt so viele blinde und körperbehinderte (jeweils etwa zwei Fünftel) wie gehörlose Frauen (ein Fünftel) leben allein im Haushalt. Gehörlose Frauen lebten etwas häufiger mit Partnerinnen bzw. Partnern im Haushalt zusammen als die anderen Befragungsgruppen (58% vs. 46%) und deutlich häufiger (zumeist zusätzlich) mit eigenen Kindern (52% vs. 17–18% der blinden/körperbehinderten Frauen). Letzteres kann auf die Altersgruppenzusammensetzung, vor allem aber auf den höheren Anteil Kinderloser bei den blinden und körperbehinderten Frauen zurückzuführen sein.

    Tabelle 92: Zusammenleben im Privathaushalt

    Zusammenleben im Privathaushalt

    Zusatz-gehörlose Frauen N=81

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=121

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=129

    (%)

    Lebt allein im Haushalt

    19

    45

    40

    Mit Partnerin bzw. Partner

    58

    46

    46

    Mit eigenen Kindern

    52

    17

    18

    Mit Eltern und/oder anderen Familienangehörigen/Verwandten

    (4)

    (1)

    9

    In einer Wohngemeinschaft/Mit nicht verwandten Personen

    (1)

    (3)

    5

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    In Wohngemeinschaften, mit den Eltern und/anderen Familienangehörigen lebten nur wenige Befragte der Zusatzbefragung im Haushalt zusammen. Am häufigsten war dies noch bei den körperbehinderten Frauen der Fall (zusammengenommen 14% vs. 4–5% bei den anderen Befragungsgruppen), die zu 9% mit Eltern/Familienangehörigen und zu 5% in Wohngemeinschaften (mit nicht verwandten Personen) lebten.[2]

    Die große Mehrheit der Frauen der Zusatzbefragung lebt in eigenen Privathaushalten ohne Einrichtungsanbindung. Anteilsmäßig doppelt so viele blinde und körperbehinderte wie gehörlose Frauen leben allein im Haushalt. Die befragten gehörlosen Frauen lebten demgegenüber häufiger als blinde und körperbehinderte Frauen mit Partnerin bzw. Partner und/oder Kindern im gemeinsamen Haushalt.

    4.1.4 Bildungs- und Ausbildungsabschlüsse

    In Bezug auf die Bildungs- und Ausbildungsabschlüsse der Frauen der Zusatzbefragung zeigen sich teilweise uneindeutige Tendenzen. Zwar haben die Frauen der Zusatzbefragung nicht häufiger als die Frauen der Haushaltsbefragung und der Frauenstudie 2004 die Schule ohne Abschluss beendet, aber sie haben häufiger Sonder-/Förderschulabschlüsse (insbesondere gehörlose und körperbehinderte Frauen) oder andere als reguläre Schulabschlüsse (insbesondere gehörlose und blinde Frauen). Bei den gehörlosen Frauen war dieser Anteil am höchsten: Zusammengenommen jede Siebte (14%) verfügte über spezifische Abschlüsse (vs. 5% der Frauen der Haushaltsbefragung und 7–8% der blinden und körperbehinderten Frauen). Wie weitere Nachfragen in den DGS-Interviews nahelegen, dürften sich die spezifischen Abschlüsse bei gehörlosen Frauen vor allem auf Abschlüsse in Gehörlosenschulen beziehen. Demnach waren 70% der 76 in DGS befragten Frauen in Förderschulen für Gehörlose untergebracht und nur 7% in Regelschulen mit anderen Hörenden. Der Anteil der gehörlosen Frauen mit Abitur oder Hochschulabschlüssen war in etwa gleich hoch wie bei den Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung und im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004.

    Demgegenüber hatten jedoch insbesondere die blinden und körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung am häufigsten hohe Bildungsabschlüsse gegenüber allen anderen Befragungsgruppen, höher noch als im weiblichen Bevölkerungsdurchschnitt: Zusammengenommen 44% der blinden und 48% der körperbehinderten Frauen verfügten über Abitur, Hochschul- oder Universitätsabschluss im Vergleich zu 25–29% der Frauen der anderen Befragungsgruppen und der Frauenstudie 2004.

    Dies hängt mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zusammen, dass im Rahmen dieser Zusatzbefragung in allen drei Befragungsgruppen eher die höher gebildeten Frauen erreicht wurden, die auch häufiger verbandlich organisiert sind und/oder über entsprechende Medien, Internet und Multiplikatorinnen bzw. Multiplikatoren erreicht werden können.

    Tabelle 93: Schulbildung

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Schule beendet ohne Abschluss

    2

    2

    (2)

    0

    (2)

    Sonder-/Förderschule

    --

    2

    7

    (2)

    5

    Haupt-/Volksschulabschluss

    27

    29

    19

    13

    14

    Mittlere Reife

    40

    38

    37

    35

    29

    Abitur/Fachhochschulreife

    14

    13

    13

    20

    17

    Hochschul-/Universitätsabschluss

    15

    12

    13

    24

    31

    Andere Abschlüsse/Sonstiges

    1

    3

    7

    6

    2

    Basis: Alle befragten Frauen.

    Im Hinblick auf die Berufsausbildung zeigt sich in der vorliegenden Studie, dass die befragten blinden und körperbehinderten Frauen mit 20–24% etwas häufiger keine abgeschlossene Lehre oder Berufsausbildung hatten als Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung (19%) und der Frauenstudie 2004 (17%); dies traf nur auf 13% der gehörlosen Frauen zu.

    Generell lassen sich aus den Daten keine eindeutigen Bildungsdiskriminierungen der befragten Gruppen der Zusatzbefragung ableiten, was aber höchstwahrscheinlich auch mit einer selektierten Auswahl dieser Gruppen im Rahmen der vorliegenden Befragung zusammenhängt.

    Tabelle 94: Berufsausbildung

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Frauen ohne abgeschlossene Lehre/Berufsausbildung (inkl. Angelernter)

    17

    19

    13

    20

    24

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Im Hinblick auf die Schul- und Berufsausbildung sind die Daten der vorliegenden Zusatzbefragung nicht verallgemeinerbar für die in Deutschland lebenden gehörlosen, blinden und körperbehinderten Frauen, da über die Zugänge eher höher gebildete Frauen erreicht werden konnten. Ein relativ hoher Bildungsgrad lässt sich bei den befragten blinden und körperbehinderten Frauen feststellen, die zu 44–48% über Abitur oder Hochschulabschluss verfügten. Sie hatten zugleich aber am häufigsten keine qualifizierte Lehre oder Berufsausbildung, über die die befragten gehörlosen Frauen häufiger verfügten.

    4.1.5 Erwerbsarbeit, berufliche Einbindung und ökonomische Ressourcen

    Auch im Hinblick auf die Erwerbseinbindung zeigen sich bei den befragten Frauen der vorliegenden Zusatzbefragung uneindeutige Tendenzen. Interessanterweise waren die befragten gehörlosen Frauen mit 69% am häufigsten erwerbstätig, deutlich häufiger als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung (49%) und der Frauenstudie 2004 (57%); sie arbeiteten in etwa gleich häufig wie die Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt in Vollzeit (28% vs. 31% der Frauen der Frauenstudie 2004). Die befragten blinden und körperbehinderten Frauen waren dagegen nur zu einem Drittel beruflich eingebunden und arbeiteten nur zu etwas weniger als einem Fünftel in Vollzeit. Jede vierte erwerbstätige Frau mit einer Körperbehinderung war in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen tätig.

    Tabelle 95: Erwerbsarbeit und berufliche Einbindung

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Anteil erwerbstätiger Frauen

    57

    49

    69 (0 in Werkstatt)

    37 (0 in Werkstatt)

    32 (inkl. 8% in Werkstatt)

    Anteil von in Vollzeit erwerbstätigen Frauen

    31

    18

    28

    18

    18 (inkl. 8% Werkstatt)

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Da diese Ergebnisse nicht verallgemeinerbar sind für die in Deutschland lebenden Frauen mit Seh-, Hör- und Körperbehinderungen, wird an dieser Stelle eine Interpretation der Ergebnisse innerhalb der vorliegenden Befragungsgruppen vorgenommen. Auffällig ist zunächst, dass die befragten blinden und körperbehinderten Frauen ihre höhere Bildung nicht in Bezug auf eine höhere Einbindung in den Arbeitsmarkt umsetzen konnten. Im Gegenteil sind sie trotz ihrer, gegenüber den gehörlosen Frauen, deutlich höheren Bildungsressourcen und der geringeren Anteile von Müttern zu etwa zwei Drittel nicht in die Erwerbsarbeit eingebunden. Dies könnte mit dem späteren Eintritt der Behinderung im Lebensverlauf, aber auch mit gesellschaftlichen Diskriminierungen in Zusammenhang stehen (vgl. auch Kap. 4.5).

    Abbildung 1. Diagramm 37: Erwerbsarbeit und berufliche Einbindung

    Balkendiagramm zu Tabelle 95

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Die Einkommenssituation der befragten Frauen der Zusatzbefragung ist sehr schwer vergleichbar mit jener der anderen Befragungsgruppen, da höhere Anteile der Frauen der Zusatzbefragung keine Angaben über das eigene oder das Haushaltsnettoeinkommen gemacht haben. In der Tendenz zeigt sich, dass die gehörlosen Frauen am häufigsten sehr geringe Haushaltseinkommen bis unter 1.500 € angegeben haben, was umso gravierender einzuschätzen ist, als sie häufiger als die anderen Befragungsgruppen der Zusatzbefragung erwerbstätig sind und zudem Kinder im Haushalt zu versorgen haben. Geringe eigene Nettoeinkommen bis unter 400 bzw. 800 € haben alle befragten Frauen der Zusatzbefragung allerdings seltener als die Frauen der Frauenstudie 2004 und als die Frauen mit Behinderungen der repräsentativen Haushaltsbefragung angegeben. Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass sie häufiger staatliche Leistungen in Anspruch nehmen wie zum Beispiel Arbeitslosen- und Sozialhilfe, Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld sowie Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsrenten. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass die erhöhten Ausgaben dieser Zielgruppen aufgrund der Behinderung, etwa für Unterstützung bei Kommunikation, Pflege und Assistenz, auch erheblich höher sind. Insofern ist die Frage relevant, ob das monatlich zur Verfügung stehende Geld von den Befragten als ausreichend oder nicht ausreichend angesehen wird.

    Tabelle 96: Haushalts- und eigenes Nettoeinkommen

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Haushaltseinkommen bis unter 1.200 bzw. 1.500€ (netto)

    17–34 1)

    (1.200€– 1.800€)

    22 1)

    (1.500€)

    36 1)

    (1.500€)

    16 2)

    (1.500€)

    19 2)

    (1.500€)

    Eigenes Einkommen bis unter 400 bzw. 500€ (netto)

    34

    (unter 500) 1)

    17 3)

    (unter 400)

    5 3)

    (unter 400)

    9 1)

    (unter 400)

    7 3)

    (unter 400)

    Eigenes Einkommen bis unter 800 bzw. 900€ (netto)

    55

    (unter 900) 1)

    43 3)

    (unter 800)

    28 3)

    (unter 800)

    27 1)

    (unter 800)

    20 3)

    (unter 800)

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)21–29% keine Angabe.; 2)39–45% keine Angabe.; 3)11–14% keine Angabe.

    Die folgenden Tabellen zeigen auf, dass vor allem die gehörlosen Frauen in hohem Maße nach eigener Einschätzung nicht ausreichende Mittel zum täglichen Leben zur Verfügung haben. So gaben 60% der befragten gehörlosen Frauen an, die Höhe des Einkommens reiche nicht aus für die Dinge, die zum täglichen Leben erforderlich seien (vs. 25% der blinden und 37% der körperbehinderten Frauen sowie 39% der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung). Die befragten gehörlosen Frauen haben demnach, obwohl sie häufiger erwerbstätig sind als die anderen Befragungsgruppen, höhere finanzielle Engpässe in Bezug auf den täglichen Bedarf als alle anderen Befragungsgruppen. Das ist möglicherweise auf schlechtere Arbeitsbedingungen, eingeschränkte Karrieremöglichkeiten und niedrige Lohneinstufung zurückzuführen.

    Tabelle 97: Höhe des Einkommens ausreichend für Dinge, die zum Leben erforderlich sind

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Ausreichend

    -- 1)

    59

    30

    74

    59

    Nicht ausreichend

    -- 1)

    39

    60

    25

    37

    Teils – teils

    -- 1)

    --

    --

    --

    --

    Weiß nicht/Keine Angabe

    -- 1)

    2

    10

    1

    5

    Basis: Alle befragten Frauen. 1)Frage fehlt in Frauenstudie 2004.

    Dass die Höhe des Einkommens nicht ausreiche für die zusätzlichen Ausgaben, die aufgrund der Behinderung anfielen, gaben sehr viele Frauen der Zusatzbefragung an: am häufigsten die körperbehinderten Frauen, die dieses Problem zu zwei Drittel (66%) sahen, gefolgt von 49% der blinden und 46% der gehörlosen Frauen. In der repräsentativen Haushaltsbefragung hatte das ebenfalls rund die Hälfte der Frauen angegeben.

    Tabelle 98: Höhe des Einkommens ausreichend für zusätzliche Ausgaben, die aufgrund Behinderung anfallen

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Ausreichend

    -- 1)

    43

    16

    48

    31

    Nicht ausreichend

    -- 1)

    49

    46

    49

    66

    Keine zusätzlichen Ausgaben

    -- 1)

    5

    24

    0

    1

    Weiß nicht/Keine Angabe

    -- 1)

    4

    14

    2

    2

    Basis: Alle befragten Frauen. 1)Frage fehlt für Untersuchungsgruppe.

    Gehörlose Frauen waren zu zwei Drittel erwerbstätig, blinde und körperbehinderte Frauen trotz ihrer höheren Bildung nur zu etwa einem Drittel. Sehr geringe Haushaltseinkommen waren bei den gehörlosen Frauen am häufigsten anzutreffen, obwohl sie seltener alleinstehend waren und häufiger Kinder zu versorgen hatten. Entsprechend gaben mit 60% etwa doppelt so viele gehörlose Frauen wie in den anderen Befragungsgruppen an, das Einkommen sei nicht ausreichend für die Dinge, die zum täglichen Leben benötigt würden. Für alle Befragungsgruppen stellte sich darüber hinaus das Problem, dass die zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichten für die zusätzlichen Ausgaben, die aufgrund der Behinderung anfielen. Das gaben etwa die Hälfte bis zwei Drittel der Frauen der Zusatzbefragung an; die körperbehinderten Frauen waren hiervon am häufigsten betroffen.

    4.1.6 Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensaspekten

    Auf einer Skala mit Schulnoten von 1–6 wurden die Frauen zu ihrer Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensaspekten befragt und in der Auswertung die Nennungen 1 und 2 zur Aussage sehr zufrieden/zufrieden zusammengefasst. In Bezug auf die generelle Lebenszufriedenheit zeigt sich zunächst im Vergleich der Untersuchungsgruppen, dass die blinden Frauen der Zusatzbefragung auf allgemeiner Ebene deutlich die höchste Lebenszufriedenheit äußerten und sich hierin nicht wesentlich von Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt unterschieden. Gut die Hälfte der blinden Frauen (51%) gab an, sehr zufrieden oder zufrieden mit der derzeitigen Lebenssituation zu sein im Vergleich zu 37–39% der anderen beiden Befragungsgruppen (repräsentative Haushaltsbefragung: 38%; Frauenstudie 2004: 56%).

    Die Analyse der verschiedenen Aspekte der allgemeinen Lebenszufriedenheit zeigt auf, dass die befragten blinden Frauen vermutlich aufgrund der höheren Zufriedenheit mit Freundesbeziehungen mit der Lebenssituation generell zufriedener waren, da sie sich in anderen Bereichen nicht wesentlich von den anderen Befragungsgruppen unterschieden. Das verweist auf die hohe Relevanz von freundschaftlichen Beziehungen für die generelle Lebenszufriedenheit von Menschen.

    Tabelle 99: Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensaspekten

    Sehr zufrieden/zufrieden mit …

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Lebenssituation

    56

    38

    39

    51

    37

    Wohnsituation

    --

    69

    69

    73

    60

    Partnerschaft

    (82) 1)

    60

    54 2)

    51

    54

    Freundinnen/Freunden

    78

    63

    61

    70

    57

    Familie

    --

    63

    53

    59

    57

    Ausbildung/Berufsleben

    57 3)

    50 3)

    47 3)

    51 3)

    48 3)

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Nur Angaben aus schriftlichem Fragebogen und nur zu aktueller Partnerin bzw. aktuellem Partner; nicht direkt vergleichbar. 2)22% keine Angabe (2–5% bei den anderen Befragungsgruppen). 3)Nur an erwerbstätige Frauen gestellt.

    Mit der Wohnsituation waren vor allem die körperbehinderten Frauen weniger zufrieden als die anderen Befragungsgruppen, was vermutlich auch mit der unzureichenden Barrierefreiheit des Wohnumfeldes in Zusammenhang steht (s.u.).

    Im Hinblick auf die Zufriedenheit mit der aktuellen Partnerschafts- und Familiensituation verweisen die Ergebnisse der Studie zunächst auf eine tendenziell geringere Zufriedenheit aller drei Befragungsgruppen der Zusatzbefragung gegenüber den Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung. So gaben 51–54% der Frauen der Zusatzbefragung an, mit der aktuellen Partnerschaftssituation zufrieden zu sein (vs. 60% in der repräsentativen Haushaltsbefragung) und 53–59% äußerten eine Zufriedenheit im Bereich der Familienbeziehungen (vs. 63% der Frauen der Haushaltsbefragung); die Unterschiede sind aber nicht sehr ausgeprägt und nur in Bezug auf die Zufriedenheit mit der Partnerschaft signifikant. Auffällig ist aber der hohe Anteil der gehörlosen Frauen, die bei der Frage zur Partnerschaftszufriedenheit keine Angabe gemacht haben (22%), was, wie wir weiter unten noch aufzeigen werden, auch mit den hohen Gewaltbelastungen und Konflikten in den Partnerschaften dieser Befragungsgruppe in Zusammenhang stehen kann.

    Die Frage zur Zufriedenheit mit Ausbildung und Berufsleben wurde nur den Frauen gestellt, die aktuell erwerbstätig sind. Hier zeigte sich, dass die Frauen der Zusatzbefragung, wie die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung, etwa zur Hälfte mit der Situation zufrieden waren und damit einen etwas geringeren Zufriedenheitsgrad gegenüber den Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 aufweisen.

    Abbildung 2. Diagramm 38: Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensaspekten

    Balkendiagramm zu Tabelle 99

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Bei den Frauen der Zusatzbefragung ließ sich die höchste allgemeine Lebenszufriedenheit bei den blinden Frauen feststellen, was auch mit ihrer höheren Zufriedenheit mit Freundesbeziehungen in Zusammenhang stehen kann. Darüber hinaus hatten die Frauen der Zusatzbefragung in den Bereichen Partnerschaft und Familie eine tendenziell geringere Lebenszufriedenheit als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung und der Frauenstudie 2004, wobei vor allem der hohe Anteil der gehörlosen Frauen, die zur Partnerschaftszufriedenheit keine Angaben gemacht haben, auf Problembereiche schließen lässt. Im Hinblick auf die Zufriedenheit mit Ausbildung und Beruf lässt sich, wie in der repräsentativen Haushaltsbefragung, eine tendenziell, aber nicht ausgeprägt geringere Zufriedenheit gegenüber den Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 feststellen. Mit der aktuellen Wohnsituation waren die befragten körperbehinderten Frauen am wenigsten zufrieden.

    4.1.7 Kindheit und Aufwachsen

    Auf den Migrationshintergrund der Befragten und ihrer Eltern wird hier nicht näher eingegangen, da – wie in der Haushaltsbefragung – nur ein geringer Teil der Befragten keine deutsche Staatsangehörigkeit oder einen Migrationshintergrund hatte und die Fallzahlen für statistische Auswertungen hier zu klein wären.

    Bei der großen Mehrheit der gehörlosen (89%) und blinden (81%) Frauen der Zusatzbefragung besteht die Behinderung seit Geburt, Kindheit oder Jugend; dies traf auf gut die Hälfte (53%) der körperbehinderten Frauen zu (vgl. auch Kap. 4.2.2).

    In der folgenden Tabelle wird ersichtlich, dass die Frauen der Zusatzbefragung, wie auch die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung der vorliegenden Studie, im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt häufiger nur bei einem leiblichen Elternteil und seltener bei beiden leiblichen Elternteilen aufgewachsen waren. Das könnte ein Hinweis auf höher belastete Elternbeziehungen sein, die vielleicht auch einen Zusammenhang mit dem Leben mit einem behinderten Kind aufweisen.

    Vor allem bei den gehörlosen Frauen fällt darüber hinaus auf, dass diese sehr viel häufiger als die anderen Befragungsgruppen teilweise oder überwiegend in Einrichtungen aufgewachsen waren. Das traf auf über ein Drittel der befragten gehörlosen Frauen zu (38%), auf ein Siebtel der blinden Frauen (14%) und nur auf 4% der körperbehinderten Frauen. Es spiegelt zum einen den späteren Zeitpunkt des Eintretens der Behinderung bei vielen körperbehinderten Frauen wider, zum anderen aber auch die Tatsache, dass viele gehörlose Frauen in sogenannten Gehörlosenschulen in Internatsform untergebracht waren. Da es an den Wohnorten der Familien oftmals keine Möglichkeiten einer angemessenen schulischen Förderung und Einbindung gehörloser Menschen gibt, sind viele auf entsprechende Internate in Ballungszentren angewiesen.[3]

    Tabelle 100: Aufwachsen bei Eltern, anderen Personen, in Einrichtungen

    Aufgewachsen bei …

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz- gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    einem leiblichen Elternteil

    11

    21

    24

    20

    16

    beiden leiblichen Elternteilen

    87

    77

    68

    71

    78

    anderen Verwandten/Bekannten

    (2) 1)

    7

    (5)

    (3)

    (3)

    überwiegend in Heim/Einrichtung

    (4) 1)

    1

    23

    6

    (2)

    teilweise in Heim/Einrichtung

    --

    1

    15

    8

    (2)

    Sonstiges

    --

    3

    (4)

    11

    5

    Keine Angabe

    1

    0

    0

    0

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Frage nicht exakt vergleichbar.

    Die Eltern der befragten gehörlosen/stark hörbehinderten Frauen waren nur zu etwa einem Viertel bis einem Fünftel selbst gehörlos oder hörbehindert (22% gehörlos und weitere 6% hörbehindert); 29% der gehörlosen Frauen hatten darüber hinaus gehörlose/hörbehinderte Geschwister. Vermutlich ist dieser Anteil aber insgesamt in der Gemeinschaft der Gehörlosen sehr viel geringer und das Sample der Zusatzbefragung in dieser Hinsicht nicht repräsentativ. Da gehörlose Menschen, die mit gehörlosen Eltern aufgewachsen sind und die in DGS kommunizieren konnten, zudem auch häufiger eine höhere Bildung haben, könnte dies auch den hohen Anteil höher gebildeter gehörloser Frauen in unserem Sample erklären.

    Probleme ergaben sich verstärkt dort, wo gehörlose Frauen nicht mit gehörlosen Eltern und/oder Geschwistern aufgewachsen waren. So kommunizierte nur ein geringer Teil der Eltern gehörloser Frauen (22%) mit ihren Kindern überwiegend in Deutscher Gebärdensprache. 43% der gehörlosen Frauen der Zusatzbefragung kommunizierten mit ihren Eltern überwiegend mit Sprechen und Ablesen des Mundbildes und 28% mit einer Mischung von gesprochener Sprache und Begleitung mit Gebärden (lautsprachenbegleitende Gebärden). 13%, also fast jede siebte gehörlose Frau, gab an, es sei in der Familie überwiegend wenig kommuniziert worden.

    Einige gehörlose Frauen der Zusatzbefragung berichteten in diesem Zusammenhang, dass es ein Problem gewesen sei, dass die Eltern keine Deutsche Gebärdensprache gelernt und/oder die Gehörlosigkeit des Kindes ignoriert oder nach außen hin zu verstecken versucht hätten. Eine Befragte merkte dazu an, die Eltern hätten sich wegen der Gehörlosigkeit des Kindes hilflos gefühlt und wussten nicht damit umzugehen; eine andere berichtete, es hätte keine Angebote für Gebärdensprache für die Eltern gegeben und dies sei auch durch die Gehörlosenschule unterbunden worden. Andere gehörlose Frauen berichteten, sie durften auf Anweisung der Eltern in der Öffentlichkeit nicht sprechen oder gestikulieren, damit niemandem die Behinderung auffiele, oder sie wurden gezwungen, nur mit Hörenden in Gesellschaft zu sein und nicht mit Gehörlosen. Die Frauen berichteten teilweise, sie hätten in Familiengesprächen nicht ausreichend gut kommunizieren können und seien damit einhergehend von den Eltern als „doof“ eingestuft worden. Es wird sichtbar, in welchem Maße gerade diese Befragungsgruppe von früh an aus der Kommunikation und Integration von Gehörlosen mit Hörenden, in der Schule aber auch innerhalb der eigenen Familie, ausgeschlossen ist, was mit zu erheblichen psychischen Belastungen und Gefühlen von Einsamkeit/Isoliertheit innerhalb der Familie beigetragen haben kann (vgl. auch Kap. 4.2.1, psychische Probleme).

    Auch bei den anderen Gruppen der Zusatzbefragung werden bei einem Teil der Befragten Probleme im Umgang der Eltern mit dem behinderten Kind und der Behinderung sichtbar. So gab ein Viertel der blinden und körperbehinderten Frauen an, die Eltern hätten die Behinderung ignoriert oder geleugnet (vs. 15% der gehörlosen Frauen und 26–29% der Frauen der repräsentativen Haushalts- und Einrichtungsbefragung).[4] 22% der körperbehinderten Frauen gaben an, die Eltern hätten versucht, die Behinderung nach außen zu verstecken oder zu verdecken (vs. 13–16% bei den anderen Befragungsgruppen der Zusatz-und der Haushaltsbefragung). Jede dritte bis vierte gehörlose und körperbehinderte Frau fühlte sich von den Eltern zu Behandlungen und Therapien gezwungen, die sie nicht wollte, was auf etwa jede zehnte blinde Frau der Zusatz- und der repräsentativen Haushaltsbefragung zutraf. Als grob und lieblos im Umgang beschrieben etwa ein Fünftel der gehörlosen und körperbehinderten Frauen ihre Eltern, etwa ein Siebtel der blinden Frauen und etwa ein Viertel der Frauen der Haushaltsbefragung. Damit haben im Rahmen der Zusatzbefragung gehörlose und körperbehinderte Frauen ihre Eltern im Umgang mit ihnen in der Tendenz negativer beschrieben als die befragten blinden Frauen. Allerdings wurde den blinden Frauen seltener als den anderen Befragten von den Eltern nach eigenen Angaben das Gefühl vermittelt, ein normales Mädchen zu sein oder eine normale Frau zu werden (65% der blinden vs. 71% der körperbehinderten und 83% der gehörlosen Frauen).

    Tabelle 101: Verhalten der Eltern bei Behinderung in Kindheit und Jugend

    Frauenstudie 2004

    (%)

    Haushalte N=267

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=75 1)

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=92 1)

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=63 1)

    (%)

    Haben mich unterstützt

    -- 2)

    70

    77

    76

    83

    Haben mich besonders gefördert

    --

    35

    60

    48

    60

    Haben Behinderung ignoriert/geleugnet

    --

    29

    15

    25

    25

    Haben versucht, Behinderung nach außen zu verstecken

    --

    15

    13

    16

    22

    Haben mich zu ungewollten Behandlungen/Therapien gedrängt oder gezwungen

    --

    10

    25

    9

    29

    Sind grob und lieblos mit mir umgegangen

    --

    24

    19

    14

    21

    Haben das Gefühl gegeben, ein normales Mädchen/eine normale Frau zu sein/zu werden

    --

    73

    83

    65

    71

    Haben mich unterstützt, ein selbstständiger Mensch zu werden

    --

    71

    79

    70

    75

    Basis: Frauen, die Behinderungen ab Kindheit/Jugend hatten und die bei einem/beiden Elternteilen aufgewachsen waren. Mehrfachnennungen. 1)Bezieht sich bei den gehörlosen Frauen auf alle Befragten, die ganz/teilweise bei den Eltern aufgewachsen sind (ausgenommen 2 schwer Hörbehinderte, die eindeutig erst im Erwachsenenleben behindert wurden), und bei den blinden und körperbehinderten Frauen nur auf jene, die ab Kindheit/Geburt behindert und ganz/teilweise bei den Eltern aufgewachsen sind.; 2)Frage wurde hier nicht gestellt.

    Aber auch Aspekte positiver Förderung durch die Eltern in Kindheit und Jugend wurden bei mehr als drei Viertel der Frauen der Zusatzbefragung sichtbar. So gaben 70–83% der Frauen an, die Eltern hätten sie generell oder darin, ein möglichst selbstständiger Mensch zu werden, unterstützt (vs. 70–71% der Frauen der Haushaltsbefragung). Eine besondere Förderung durch die Eltern erhalten zu haben, gaben mit jeweils 60% gehörlose und körperbehinderte Frauen häufiger an als blinde Frauen (48%) und Frauen der Haushaltsbefragung (35%).

    Die Ergebnisse verweisen insgesamt auf mehr Konflikte, aber auch im Gegenzug mehr Förderung bei den gehörlosen und körperbehinderten Frauen durch die Eltern. Bei jeder vierten bis siebten Befragten der Zusatzbefragung deuten sich Probleme mit den Eltern im Hinblick auf einen lieblosen, die Behinderung leugnenden oder ignorierenden Umgang mit dem Kind an. In den offenen Nennungen beschreiben viele Frauen, dass sie funktionieren mussten und dass in der Familie versucht wurde, die Behinderung zu leugnen, schönzureden und eine „normale Familie“ zu sein. Eine Befragte schildert, die Eltern hätten gerne eine „normale Familie gespielt“ und Fotos mit Rollstuhl vermieden, eine andere gibt an, „die Eltern wollten immer, dass ich normal bin, es schönreden“, und eine weitere, für den Vater sei die Behinderung ein „Nichtthema“ gewesen. Noch gravierender wurde in diesem Zusammenhang eine Mutter beschrieben, die sich wegen der Gehbehinderung des Kindes schämte, „sie beim Kirchgang nicht eingehakt“ und Angst gehabt hätte, „aufzufallen, als die Behinderung schlimmer wurde“. Darüber hinaus wurden aber auch übervorsichtige und überbehütende Eltern beschrieben. Einige der unangenehmen Behandlungen und Therapien wurden von den Befragten im Nachhinein befürwortet oder auch entschuldigt, selbst wenn sie damals sehr belastend waren. So gibt etwa eine Befragte an, die Mutter habe gegen die Meinung der Ärztinnen und Ärzte auf einer Behandlung bestanden und das sei auch richtig gewesen. Eine andere betont, die Mutter habe „nach bestem Wissen und Gewissen entschieden; die Behandlung würde man so heute nicht mehr durchführen“, für sie sei das sehr schlimm gewesen, „vor allem die monatelange Isolation im Kleinkindalter“.

    In den Befragungsergebnissen und ergänzenden Beschreibungen der befragten Frauen deuten sich sowohl Spannungen und Aggressionen als auch Hilflosigkeit und Unsicherheiten bei den Eltern im Umgang mit ihren behinderten Kindern an. Auch der große Wunsch, eine „normale“ Familie mit „normalen“ Kindern zu sein, dürfte für viele der befragten Frauen in Kindheit und Jugend eine zusätzlich Belastung dargestellt haben.

    In der folgenden Tabelle wird sichtbar, dass ein erheblicher Teil der Befragten sich in Kindheit und Jugend weniger stark oder gar nicht von den eigenen Eltern oder der Familie unterstützt und angenommen fühlte. Dies traf mit 39% am stärksten auf die gehörlosen Frauen zu, die hier ähnliche Werte wie die Frauen der Haushaltsbefragung aufwiesen (37%); aber auch jede dritte bis vierte blinde und körperbehinderte Frau (27–28%) fühlte sich in der eigenen Familie wenig oder gar nicht unterstützt und angenommen.

    Tabelle 102: Unterstützung und Angenommensein durch Eltern

    Starke Unterstützung und Angenommensein durch Eltern und Familie?

    Frauenstudie 2004

    (%)

    Haushalte N=267

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=76

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=92

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=63

    (%)

    Sehr stark

    -- 1)

    26

    24

    26

    33

    Stark

    -- 1)

    36

    38

    42

    37

    Weniger

    -- 1)

    26

    28

    21

    19

    Gar nicht

    -- 1)

    11

    11

    11

    8

    Basis: Alle Befragten, die Behinderung in Kindheit und Jugend hatten und bei einem oder beiden Elternteilen aufgewachsen waren. 1)Frage hier nicht gestellt.

    Entsprechend wurde auch die eigene Kindheit und Jugend von fast zwei Fünftel der Befragten aller drei Gruppen der Zusatzbefragung (38%) als eher nicht so glücklich eingeschätzt, was auf etwa gleich hohe Anteile der Frauen der Haushaltsbefragung, aber nur ein Fünftel der Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 (19%) zutrifft

    Auch bei den Frauen der Zusatzbefragung werden, wie in der repräsentativen Haushalts- und der Einrichtungsbefragung, höher belastete Kindheiten sichtbar als im Bevölkerungsdurchschnitt. So sind viele Frauen nur bei einem Elternteil oder im Heim aufgewachsen. Neben positiver Förderung durch die Eltern bei gut drei Viertel der Befragten wurden auch problematische Aspekte beschrieben, etwa, dass die Behinderung geleugnet oder ignoriert bzw. nach außen hin zu verstecken versucht wurde, dass die Frauen zu Therapien und Behandlungen gedrängt oder gezwungen wurden, die sie nicht wollten, oder die Eltern grob und lieblos mit dem behinderten Kind umgegangen seien. Bei den gehörlosen Frauen kamen erhebliche Kommunikationsprobleme innerhalb der eigenen Herkunftsfamilie hinzu. Das Ergebnis, dass zwei Fünftel der gehörlosen Frauen und jede dritte bis vierte blinde oder körperbehinderte Frau sich als Kind in der eigenen Familie weniger stark oder gar nicht angenommen fühlte und dass insgesamt etwa doppelt so hohe Anteile der Frauen der Zusatzbefragung wie im Bevölkerungsdurchschnitt die eigene Kindheit als weniger glücklich oder unglücklich charakterisierten, verweist auf einen erheblichen Unterstützungsbedarf behinderter Kinder und ihrer Eltern.

    4.1.8 Beziehungen, soziale Integration und Freizeit

    Bereits in der repräsentativen Haushalts- und Einrichtungsbefragung der vorliegenden Studie war sichtbar geworden, dass Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in höherem Maße sozial isoliert sind. Vor allem die in Einrichtungen lebenden Frauen nehmen in geringerem Maße an außerhäuslichen Freizeitaktivitäten teil und sind seltener in vertrauensvolle, verlässliche Beziehungen eingebunden. Für die Auswertung der Zusatzbefragung ist nun von Interesse, ob dies auch für die befragten Frauen mit schwereren Sinnes- und Körperbehinderungen zutrifft. Einschränkend ist hier noch einmal zu betonen, dass es sich bei den Frauen der Zusatzbefragung nicht um eine repräsentative Auswahl von Frauen mit der jeweiligen Behinderungsform handelt und dass es möglich ist, dass über die Zugänge dieser Befragung (Lobbys, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, Zeitschriften und Zeitungen) in höherem Maße die sozial stärker integrierten (und höher gebildeten) Frauen erreicht werden konnten. Insofern sind auch die folgenden Ergebnisse nicht zu verallgemeinern und nur sehr vorsichtig vergleichend zu interpretieren.

    Freizeitaktivitäten außer Haus

    In Bezug auf alle außerhäuslichen Freizeitaktivitäten wird bei den Befragten der Zusatzbefragung ein hohes Maß an Aktivität und gesellschaftlicher Teilhabe sichtbar: 70– 85% besuchen häufig oder gelegentlich Verwandte/Bekannte, 59–72% und damit mehr Frauen als im Bevölkerungsdurchschnitt (46%) arbeiten in gesellschaftlichen Organisationen mit. Darüber hinaus besuchen 40–59% häufig oder gelegentlich Kino, Theater oder Kulturveranstaltungen (vs. 48% der Frauen der Frauenstudie 2004) und 64–81% häufig/gelegentlich Cafés oder Restaurants (60% im Bevölkerungsdurchschnitt). Frauen der Zusatzbefragung sind demnach in vieler Hinsicht bei außerhäuslichen Freizeitaktivitäten gleich aktiv oder aktiver als der weibliche Bevölkerungsdurchschnitt. Nur bei Sport und Bewegung außer Haus wird bei den körperbehinderten Frauen ein geringerer Aktivitätsgrad sichtbar, was aber auch auf körperliche Funktionseinschränkungen zurückgeführt werden könnte.

    Tabelle 103: Freizeitaktivitäten außer Haus

    Allgemein (davon häufig/gelegentlich)

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Freundinnen/Freunde, Verwandte, Bekannte besuchen

    99 (87 häufig/gelegentlich)

    98 (81 häufig/gelegentlich)

    99 (78 häufig/gelegentlich)

    99 (85 häufig/gelegentlich)

    92 (70 häufig/gelegentlich)

    Mitarbeit in Organisationen (Kirche, Verein etc.)

    46 (25 häufig/gelegentlich)

    44 (28 häufig/gelegentlich)

    72 (59 häufig/gelegentlich)

    69 (56 häufig/gelegentlich)

    59 (44 häufig/gelegentlich)

    Besuch von Kino, Theater, Kulturveranstaltungen

    85 (48 häufig/gelegentlich)

    80 (41 häufig/gelegentlich)

    87 (40 häufig/gelegentlich)

    91 (59 häufig/gelegentlich)

    85 (55 häufig/gelegentlich)

    Restaurant, Café

    92 (60 häufig/gelegentlich)

    91 (61 häufig/gelegentlich)

    96 (64 häufig/gelegentlich)

    98 (81 häufig/gelegentlich)

    95 (70 häufig/gelegentlich)

    Sport, Bewegung außer Haus

    74 (53 häufig/gelegentlich)

    78 (62 häufig/gelegentlich)

    74 (57 häufig/gelegentlich)

    87 (74 häufig/gelegentlich)

    59 (47 häufig/gelegentlich)

    Andere Freizeitaktivitäten außer Haus

    78 (57 häufig/gelegentlich)

    71 (52 häufig/gelegentlich)

    87 (71 häufig/gelegentlich)

    80 (66 häufig/gelegentlich)

    74 (55 häufig/gelegentlich)

    Andere Freizeitaktivitätenzu Hause

    -- 1)

    89 (72 häufig/gelegentlich)

    96 (72 häufig/gelegentlich)

    95 (91 häufig/gelegentlich)

    92 (81 häufig/gelegentlich)

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Frage hier nicht gestellt.

    Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieser hohe Aktivitätsgrad in Bezug auf außerhäusliche Aktivitäten bei den gehörlosen, blinden und körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung auch auf die spezifische Selektivität dieser Gruppen und ihre Gewinnung über Verbände und Multiplikatorinnen bzw. Multiplikatoren zurückgeführt werden kann. Möglicherweise sind Frauen mit entsprechenden Behinderungen, die über diese Zugänge nicht erreicht wurden, zu einem geringeren Grad in Freizeitaktivitäten außer Haus eingebunden.

    Besuch in der eigenen Wohnung

    Auch der Besuch von Nachbarinnen bzw. Nachbarn und Verwandten in der eigenen Wohnung ist bei den Befragten der Zusatzbefragung nicht generell geringer ausgeprägt als bei den Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 und der repräsentativen Haushaltsbefragung dieser Studie. Nur gehörlose Frauen geben hier eine etwas geringere Frequenz von Besuchen im eigenen Haushalt an, was unter Umständen auch mit ihrer engeren Wohnsituation mit Kindern in Zusammenhang steht.

    Tabelle 104: Besuch von Nachbarinnen bzw. Nachbarn und Verwandten in der eigenen Wohnung

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Häufig

    36

    36

    16

    34

    43

    Gelegentlich

    48

    44

    52

    46

    35

    Selten

    14

    17

    29

    18

    19

    Nie

    1

    2

    4

    2

    3

    Weiß nicht/Keine Angabe

    0

    1

    --

    --

    --

    Basis: Alle befragten Frauen.

    Vertraute Personen, mit denen Probleme besprochen werden können

    Aus der folgenden Tabelle wird ersichtlich, dass vor allem die gehörlosen Frauen der Studie seltener als die anderen Befragungsgruppen und als die Frauen der Frauenstudie 2004 vertraute Personen haben, mit denen persönliche Probleme besprochen werden können. Keine vertraute Person zu haben, mit der Gesundheitsprobleme besprochen werden können, gaben 13% der gehörlosen Frauen an, aber nur 7–9% der Frauen der anderen Befragungsgruppen. Noch höher ist dieser Anteil in Bezug auf Probleme mit der Partnerin bzw. dem Partner oder der Familie: Hier gaben 23% der gehörlosen Frauen (vs. 9–16% in den anderen Befragungsgruppen) an, sich niemandem diesbezüglich anvertrauen zu können. Auch Probleme in der Arbeit (15%), eine ungerechte Behandlung (21%) und erst recht sexuelle Probleme (40%) konnten deutlich mehr gehörlose Frauen mit niemandem besprechen. Dies ist insofern besonders problematisch, als die befragten gehörlosen Frauen, wie weiter unten noch gezeigt wird, in so hohem Maße in der Kindheit und im Erwachsenenleben sexuelle Gewalt erlebt haben und gerade hier eine Unterstützung zur Bewältigung der oft belastenden Situationen erforderlich wäre.

    Tabelle 105: Vertraute Personen, mit denen Probleme besprochen werden können

    Keine nahestehende oder vertraute Person für Besprechung von …

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Gesundheitsproblemen

    9

    7

    13

    8

    9

    Problemen mit Familie/Partnerin bzw. Partner

    15

    11

    23

    9

    16

    Problemen in der Arbeit

    8

    5

    15

    5 1)

    3 1)

    Problemen, wenn sie schlecht behandelt wird

    --

    7

    21

    4

    8

    sexuellen Problemen/Erfahrungen

    26

    21

    40 2)

    13 2)

    22 2)

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Hier gaben allerdings auch 35–51% der Frauen an, dies treffe für sie nicht zu, entweder weil sie nicht erwerbstätig sind oder weil sie keine Probleme in der Arbeit hatten (5% bei den gehörlosen Frauen).; 2)6% der gehörlosen, 9% der blinden und 15% der körperbehinderten Frauen gaben hier an, dies treffe für sie nicht zu.

    Generell wird sichtbar, dass die befragten blinden Frauen, bei denen auch weiter oben bereits eine größere Zufriedenheit mit den eigenen Freundschaftsbeziehungen festgestellt werden konnte, auch in höherem Maße Ansprechpersonen selbst bei intimen und Partnerschaftsproblemen haben als die anderen Befragungsgruppen. Das könnte ebenfalls damit zu tun haben, dass die stärker sozial integrierten Frauen durch die Zugangswege der Befragung besser erreicht werden konnten.

    Einschätzung der bestehenden sozialen Beziehungen

    Die stärkere soziale Isolierung und die geringere Einbindung in enge soziale Beziehungen bei den gehörlosen Frauen wird gerade auch im Hinblick auf deren Aussagen zur Qualität und zum Vorhandensein vertrauensvoller Beziehungen sichtbar. Obwohl die befragten gehörlosen Frauen häufiger in Familien- und Paarbeziehungen eingebunden waren, gaben sie deutlich seltener als die anderen Befragungsgruppen an, es gebe genug Menschen, die ihnen helfen würden, wenn sie Probleme hätten, ihre Freundinnen bzw. Freunde seien für sie da oder es gebe Menschen, auf die sie sich wirklich verlassen könnten. Sie äußerten demgegenüber häufiger als die anderen Gruppen, der Freundeskreis sei zu klein, sie würden eine wirklich enge Beziehung oder eine richtig gute Freundin bzw. einen guten Freund vermissen. Mehr als die Hälfte dieser Frauen gab darüber hinaus an, sie würden Geborgenheit und Wärme vermissen, was auf fast jede dritte blinde und körperbehinderte Frau, aber nur jede siebte Frau der Frauenstudie 2004 zutraf.

    In den Aussagen der Frauen der Zusatzbefragung wird bei den blinden und körperbehinderten Frauen ebenfalls sichtbar, dass diese im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 häufiger enge vertrauensvolle Beziehungen vermissen – die Anteile sind hier mit denen der repräsentativen Haushaltsbefragung bei Frauen mit Behinderungen relativ ähnlich. So gaben mit etwa einem Drittel doppelt so hohe Anteile wie in der Frauenstudie 2004 an, Menschen zu vermissen, bei denen sie sich wohlfühlten, oder ihnen fehle Wärme und Geborgenheit (vs. 13–16% im Bevölkerungsdurchschnitt). Jeder dritten bis vierten blinden oder körperbehinderten Frau fehlt eine gute Freundin bzw. ein guter Freund oder eine wirklich enge Beziehung (vs. 16– 17% im Bevölkerungsdurchschnitt) und jede vierte bis fünfte blinde oder körperbehinderte Frau fühlt sich häufig im Stich gelassen (vs. 10% im Bevölkerungsdurchschnitt).

    Tabelle 106: Einschätzung der eigenen sozialen Beziehungen

    Zustimmung zu folgender Aussage …

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Es gibt immer jemanden in meiner Umgebung, mit dem ich die alltäglichen Probleme besprechen kann.

    92

    86

    77

    90

    79

    Ich vermisse Leute, bei denen ich mich wohlfühle.

    16

    31

    61

    27

    30

    Es gibt genug Menschen, die mir helfen würden, wenn ich Probleme habe.

    90

    85

    66

    84

    82

    Mir fehlt eine richtig gute Freundin bzw. ein richtig guter Freund.

    17

    30

    48

    25

    32

    Ich fühle mich häufig im Stich gelassen.

    10

    23

    24

    19

    23

    Ich kenne viele Menschen, auf die ich mich wirklich verlassen kann.

    82

    72

    55

    74

    72

    Ich vermisse Geborgenheit und Wärme.

    13

    28

    53

    31

    32

    Ich finde, dass mein Freundes- und Bekanntenkreis zu klein ist.

    20

    28

    51

    35

    31

    Es gibt genügend Menschen, mit denen ich mich eng verbunden fühle.

    84

    74

    76

    77

    77

    Wenn ich sie brauche, sind meine Freundinnen bzw. Freunde immer für mich da.

    89

    82

    63

    81

    75

    Ich vermisse eine wirklich enge Beziehung.

    16

    24

    49

    27

    34

    Ich bräuchte mehr Zeit ganz für mich allein.

    -- 1)

    44

    68

    30

    36

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Antwortvorgabe nicht vorhanden.

    Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass, wie in der repräsentativen Haushaltsbefragung, etwa jede dritte blinde und körperbehinderte Frau der Zusatzbefragung ein Defizit im Hinblick auf enge und vertrauensvolle Beziehungen benennt und damit etwa doppelt so häufig wie der weibliche Bevölkerungsdurchschnitt davon betroffen ist. Allerdings liegt der Anteil der gehörlosen Frauen hier mit 50–60% noch einmal deutlich höher. Gerade vor dem Hintergrund, dass mit dieser Zusatzbefragung vermutlich die noch eher stärker sozial eingebundenen Frauen erreicht werden konnten, verweist dieses Ergebnis auf erhebliche Problembereiche im Hinblick auf enge soziale Beziehungen bei den blinden und körperbehinderten, vor allem aber bei den gehörlosen Frauen.

    Dieses Ergebnis ist zumindest im Hinblick auf die gehörlosen Frauen erstaunlich, da in der Literatur und in der sozialen Praxis der Gehörlosenarbeit immer wieder auf eine enge Einbindung vieler Gehörloser in die Gemeinschaft der Gehörlosen verwiesen wird. Offenbar ist diese Einbindung in die Gehörlosengemeinschaft, aber auch in die eigenen Paar- und Freundesbeziehungen bei den Frauen oftmals nicht mit dem Vertrauen und dem Gefühl der Geborgenheit und Verlässlichkeit verbunden, das sie sich wünschen. Hinzu kommt, dass, wie wir weiter unten noch sehen werden, viele gehörlose Frauen in ihren Paarbeziehungen einem erheblichen Maß an körperlicher und sexueller Gewalt ausgesetzt sind und dass dies und zusätzlich die erheblichen sexuellen Missbrauchserfahrungen der Frauen in Kindheit und Jugend ihr Vertrauen in enge soziale Beziehungen im Erwachsenenleben nachhaltig beeinträchtigt haben können. Hinzu kommt, dass eine Kontaktaufnahme und Einbindung in die Welt der Hörenden stark erschwert ist und dadurch alternative Freundes- und Paarbeziehungen auch außerhalb der Gemeinschaft der Gehörlosen nur schwer aufgebaut werden können.[5] Insofern kann gerade auch die enge und alternativlose Einbindung der Frauen in die Gemeinschaft der Gehörlosen eine andere Form der Isolation befördern, die sie auch im Hinblick auf Grenzüberschreitungen und fortgesetzte Gewalt in Beziehungen vulnerabler machen kann.

    Wohnumfeld

    Der letzte Aspekt der sozialen Integration der Frauen bezieht sich auf die Anonymität und die Barrierefreiheit der Wohnumfelder der Frauen.

    Hier zeigt sich in Bezug auf die Anonymität der Wohngegend, dass die Frauen der Zusatzbefragung gegenüber dem Bevölkerungsdurchschnitt (Frauenstudie 2004) nicht häufiger in anonymen Wohngegenden leben und sogar etwas häufiger angeben, die Menschen würden sich kennen und einander helfen. Auch das Gefühl von Sicherheit und Wohlbefinden war bei 81–84% der Frauen der Zusatzbefragung in der eigenen Wohngegend mehrheitlich vorhanden.

    Erwartungsgemäß wurden Defizite vor allem im Hinblick auf die Barrierefreiheit für körperbehinderte Frauen und auf die Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen in der Wohngegend sichtbar. So stimmte etwa ein Fünftel der körperbehinderten Frauen der Aussage nicht zu, sie könnten sich frei in ihrer Wohngegend bewegen, im Vergleich zu etwa 12% der gehörlosen Frauen und 9% der blinden Frauen. Demnach ist ein barrierefreies Wohnumfeld für etwa 10-20% der Frauen der Zusatzbefragung nicht gegeben. Darüber hinaus schilderten diese in höherem Maße als Frauen der Haushaltsbefragung Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen in ihrem Wohnumfeld (21–24% vs. 15% der Frauen der Haushaltsbefragung). Hierin zeigt sich, dass für etwa jede vierte bis fünfte Frau der Zusatzbefragung das Leben im eigenen Wohnumfeld durch mangelnde Barrierefreiheit und/oder Vorurteile gegenüber Behinderten beeinträchtigt ist.

    Tabelle 107: Wohngegend

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Menschen kennen und helfen sich

    55

    77

    53

    59

    65

    Befragte fühlt sich wohl und sicher

    -- 1)

    88

    84

    81

    82

    Befragte kann sich frei bewegen

    -- 1)

    95

    88

    91

    79

    Menschen haben Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen

    -- 1)

    15

    24

    21

    24

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1) Antwortvorgabe nicht vorhanden.

    Abbildung 3. Diagramm 39: Wohngegend

    Balkendiagramm zu Tabelle 107

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennung.

    Die befragten Frauen der Zusatzbefragung waren nicht generell seltener in außerhäusliche Freizeitaktivitäten eingebunden und bekamen auch nicht deutlich seltener in ihren Haushalten Besuch durch Freundinnen bzw. Freunde, Bekannte und Verwandte als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung und der Frauenstudie 2004. Ihre gesellschaftliche Teilhabe war auch im Hinblick auf die Einbindung in Organisationen hoch, was aber auch darauf zurückgeführt werden kann, dass viele der Befragten bevorzugt aus diesem Umfeld gewonnen wurden. Eine höhere soziale Isolation der Frauen der Zusatzbefragung gegenüber dem Bevölkerungsdurchschnitt zeigte sich jedoch in Bezug auf das Fehlen enger, vertrauensvoller und verlässlicher Beziehungen, das etwa ein Drittel der blinden und körperbehinderten Frauen und 50–60% der gehörlosen Frauen äußerten. Möglicherweise entsteht bei vielen gehörlosen Frauen gerade auch durch die oftmals alternativlose Einbindung in die Gemeinschaft der Gehörlosen eine andere Form der sozialen Isolation. Ein weiterer Grund für die mangelnde Einbindung gerade der gehörlosen Frauen in enge vertrauensvolle Beziehungen (trotz ihrer höheren Anteile verheirateter Frauen mit Kindern) könnten Vorerfahrungen mit (sexueller) Gewalt in Kindheit und Jugend und in den aktuellen Paarbeziehungen sein, die ihr Vertrauen in Beziehungen nachhaltig beeinträchtigen können (vgl. Kap. 4.3).In Bezug auf die Wohnumfelder der Befragten zeigen sich vor allem Beeinträchtigungen durch mangelnde Barrierefreiheit bei jeder fünften bis zehnten Frau, wobei hiervon die körperbehinderten Frauen deutlich am stärksten betroffen waren. Darüber hinaus gab jede vierte bis fünfte Frau Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen in der Nachbarschaft an.

    4.1.9 Sicherheitsgefühl und Ängste

    Eingeschränkte Sicherheitsgefühle, mehr Ängste und ein entsprechendes Vermeidungsverhalten in alltäglichen Lebenssituationen ließen sich innerhalb der Gruppen der Zusatzbefragung vor allem bei den blinden und körperbehinderten Frauen, weniger aber bei den gehörlosen Frauen feststellen. Sich dabei sicher oder sehr sicher zu fühlen, spätabends oder nachts allein nach Hause zu gehen, gab etwa die Hälfte der gehörlosen Frauen an (49%), aber weniger als ein Drittel der blinden und körperbehinderten Frauen (30– 31%). Sich dabei überhaupt nicht sicher zu fühlen (Wert 6 auf einer Skala von 1–6) gaben 7% der gehörlosen, aber 16–20% der blinden und körperbehinderten Frauen an. Etwa jede sechste blinde und jede fünfte körperbehinderte Frau mied solche Situationen vollständig. Das Sicherheitsgefühl der Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 war allerdings demgegenüber nur leicht erhöht: 34% fühlten sich in der Situation sicher oder sehr sicher, 10% überhaupt nicht sicher und 13% mieden die Situationen vollständig. Das größere Sicherheitsgefühl der gehörlosen Frauen in Bezug auf den öffentlichen Raum in der Nacht könnte auch mit dem hier höheren Anteil jüngerer Frauen in Zusammenhang stehen.

    Tabelle 108: Sicherheitsgefühl in verschiedenen alltäglichen Lebenssituationen

    … sehr sicher/sicher bei …

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    spätabends oder nachts im Dunkeln allein nach Hause gehen

    34 (13 mache ich nicht)

    39 (4 mache ich nicht)

    49 (0 mache ich nicht)

    30 (16 mache ich nicht)

    31 (21 mache ich nicht)

    abends oder nachts allein in Wohnung/Zimmer sein

    79 (4 mache ich nicht)

    84 (0 mache ich nicht)

    81 (1 mache ich nicht)

    88 (0 mache ich nicht)

    85 (1 mache ich nicht)

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Abends oder nachts allein in der Wohnung fühlten sich 81–88% der Frauen der Zusatzbefragung sicher oder sehr sicher und unterschieden sich damit nicht wesentlich von den Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung und der Frauenstudie 2004.

    Zur Situation, allein mit einer Pflegekraft oder Unterstützungsperson zu sein, machten nur 2 gehörlose, 21 blinde und 43 körperbehinderte Frauen Angaben, auf die dies zutraf. Die große Mehrheit dieser Frauen fühlte sich dabei sehr sicher oder sicher (alle gehörlosen Frauen und 95% der blinden und körperbehinderten Frauen, von denen keine ein Gefühl mangelnder Sicherheit in der Situation – Wert 4–6 – äußerte).

    In Bezug auf Ängste vor körperlichen oder sexuellen Übergriffen wird zunächst sichtbar, dass blinde und körperbehinderte Frauen der Zusatzbefragung seltener als Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 angaben, Ängste vor Übergriffen durch Fremde zu haben, was unter Umständen auch mit der Vermeidung entsprechender Situationen zu tun hat, während sie etwas häufiger Angst vor entsprechenden Übergriffen in Familie und Partnerschaft, teilweise in der Arbeitswelt und im Rahmen der Pflege und Betreuung haben. So gab – ganz ähnlich wie in der Haushaltsbefragung – etwa die Hälfte der blinden und körperbehinderten Frauen Angst vor körperlichen/sexuellen Übergriffen durch fremde Personen an (21–23% häufig oder gelegentlich), während es in der Frauenstudie 2004 mit 68% deutlich mehr waren, die dies befürchteten (33% häufig/gelegentlich).[6]

    Tabelle 109: Angst vor körperlicher und/oder sexueller Gewalt durch verschiedene Personengruppen

    Angst davor, dass…

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    eine Fremde bzw. ein Fremder körperlich oder sexuell angreifen oder verletzen könnte

    68

    (33 häufig/ gelegentlich)

    49

    (22 häufig/ gelegentlich)

    -- 1)

    51

    (21 häufig/ gelegentlich)

    53

    (23 häufig/ gelegentlich)

    jemand aus Bekanntenkreis körperlich oder sexuell angreifen oder verletzen könnte

    7

    (2 häufig/ gelegentlich)

    8

    (3 häufig/ gelegentlich)

    (13) 1)

    (4 häufig/ gelegentlich)

    9

    (2 häufig/ gelegentlich)

    8

    (5 häufig/ gelegentlich)

    jemand aus Familie/Partnerin bzw. Partner körperlich oder sexuell angreifen oder verletzen könnte

    3

    (1 häufig/ gelegentlich)

    6

    (2 häufig/ gelegentlich)

    (5) 1)

    (4 häufig/ gelegentlich)

    9

    (4 häufig/ gelegentich)

    9

    (7 häufig/ gelegentlich)

    jemand aus Arbeit, Schule, Ausbildung körperlich oder sexuell angreifen oder verletzen könnte

    8

    (2 häufig/ gelegentlich)

    82)

    (3 häufig/ gelegentlich)

    (7) 1)

    (4 häufig/ gelegentlich)

    11 2)

    (5 häufig/ gelegentlich)

    (4) 3)

    (2 häufig/ gelegentlich)

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Die Abfrage war hier bei den gehörlosen Frauen etwas anders und bezog sich zunächst generell und täterunabhängig auf die Angst vor solchen Übergriffen. Aufgrund eines Filterfehlers wurde die Folgefrage zu Übergriffen durch Fremde nicht mehr gestellt und die Fragen zu Angst vor Übergriffen durch weitere Täterinnen und Täter nur 37 Frauen gestellt, die eine generelle Angst geäußert haben. Die Angaben der Folgefragen sind nicht vergleichbar und wurden auf alle gehörlosen Frauen prozentuiert; es ist hier eine Untererfassung der realen Ängste zu vermuten; 2)19–27% trifft nicht zu; 3)45% trifft nicht zu.

    Angst vor Übergriffen durch Bekannte äußerten 8–9% der blinden und körperbehinderten Frauen und unterschieden sich hierin nicht wesentlich von den Frauen der Haushaltsbefragung und der Frauenstudie 2004. Die gehörlosen Frauen hatten diese Angst jedoch mit 13% häufiger geäußert.

    Eine Angst vor Übergriffen durch Partnerinnen bzw. Partner oder Familienangehörige gaben mit 9% in erhöhtem Maße die blinden und körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung an (vs. 5% der gehörlosen Frauen, 6% der Frauen der Haushaltsbefragung und 3% der Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt. Die Angst vor Übergriffen in Arbeit, Schule und Ausbildung war bei den blinden Frauen etwas stärker ausgeprägt als bei den anderen Befragungsgruppen dieser und der Frauenstudie 2004 (11% vs. 4–8%), wobei die Vergleichbarkeit hier dadurch stark eingeschränkt ist, dass die Frauen in unterschiedlichem Maße beruflich eingebunden waren.

    Im Hinblick auf Ängste vor körperlichen und sexuellen Übergriffen durch Personen, die für die Unterstützung, Betreuung, Pflege oder gesundheitliche Versorgung zuständig sind, äußerten 7–12% der Frauen der Zusatzbefragung Ängste (vs. 2% bei den Frauen der Haushaltsbefragung).[7]

    Wie bereits bei den Frauen der Haushaltsbefragung nimmt auch bei den Frauen der Zusatzbefragung die Angst vor zunehmender Abhängigkeit von anderen, vor finanzieller Not und Existenzverlust sowie vor negativen Folgen und Entwicklungen im Hinblick auf Behinderung und Erkrankung einen wesentlich größeren Stellenwert ein als die Angst vor körperlichen/sexuellen Übergriffen. Sie ist bei diesen Befragungsgruppen aber noch ausgeprägter als bei den Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung, was vermutlich auch mit der Schwere der Behinderung in einem Zusammenhang steht. So gaben 67–78% der blinden und körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung an, häufig oder gelegentlich Angst vor starker oder zunehmender Abhängigkeit von anderen zu haben, und waren somit etwa doppelt so häufig von dieser Angst betroffen wie die Frauen der Haushaltsbefragung (36%). Eine häufige/gelegentliche Angst vor finanzieller Not und Existenzverlust äußerten 60% der blinden und 67% der körperbehinderten Frauen vs. 55% der Frauen der Frauenstudie 2004. Häufig oder gelegentlich Angst vor den negativen Folgen im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung, Behinderung oder Erkrankung gaben 71–79% der blinden und körperbehinderten Frauen an (vs. 57% der Frauen der Haushaltsbefragung). Aufgrund eines Filterfehlers liegen zu dieser Frage leider keine vergleichbaren Ergebnisse für die gehörlosen Frauen vor. In Kapitel 4.1.5 hatte sich aber bereits gezeigt, dass deren finanzielle Mittel von ihnen selbst mehrheitlich (zu 60%) als nicht ausreichend eingestuft worden waren.

    Tabelle 110: Ängste in Bezug auf die Entwicklung der Erkrankung/Behinderung, zunehmende Abhängigkeiten und die existenzielle Absicherung

    Häufig/gelegentlich Angst vor …

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=44

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    starker oder zunehmender Abhängigkeit von anderen

    -- 1)

    36

    -- 2)

    67

    78

    finanzieller Not und Existenzverlust

    -- 1)

    55

    -- 2)

    60

    67

    negativen Folgen oder Entwicklungen im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung/Behinderung/Erkrankung

    -- 1)

    57

    -- 2)

    71

    79

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Keine entsprechende Frage im Frageboge.; 2)Ergebnisse aufgrund eines Filterfehlers nicht vergleichbar.

    Bei den Frauen der Zusatzbefragung äußerten sich ein geringes Sicherheitsgefühl und erhöhte Ängste zum einen in Bezug auf die Angst vor körperlichen oder sexuellen Übergriffen, wobei hier gegenüber der Haushaltsbefragung und dem Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 tendenziell erhöhte Ängste vor allem in Bezug auf Übergriffe durch Bekannte, Partnerinnen bzw. Partner und Familienangehörige sowie Pflegekräfte/Unterstützungspersonen benannt wurden, von denen etwa jede zehnte Frau der Zusatzbefragung betroffen war. Zum anderen konnte ein vermindertes Sicherheitsgefühl in Alltagssituationen wie „abends/nachts allein im Dunkeln nach Hause gehen“ insbesondere bei den blinden und körperbehinderten Frauen festgestellt werden, die diese Situationen auch deutlich häufiger mieden.Am relevantesten waren aber auch für diese Gruppe die Ängste vor zunehmender Abhängigkeit, finanzieller Not und negativen Entwicklungen/Folgen der Behinderung, von denen mit jeweils 60% bis fast 80% deutlich mehr Frauen der Zusatzbefragung als Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung betroffen waren. Dies dürfte auch mit der Schwere der Behinderung und der damit einhergehenden größeren Abhängigkeit in Zusammenhang stehen, welche durch die prekärere finanzielle Lage vieler Frauen und den höheren Bedarf an Unterstützung und Hilfsmitteln noch verschärft wird. Es verweist auf erhebliche Belastungen der Frauen durch finanzielle Engpässe, Abhängigkeiten und Folgen der Behinderungen.

    4.2 Beeinträchtigungen, Unterstützung und gesundheitliche Versorgung

    4.2.1 Art der Beeinträchtigung der Befragungsgruppen

    Gruppe 1: Gehörlose Frauen

    Hörbehinderungen und körperliche Beeinträchtigungen

    Insgesamt konnten in der vorliegenden Studie 83 schwer hörbehinderte Frauen befragt werden. 72 dieser Frauen waren gänzlich gehörlos, 8 Frauen schwer hörbehindert und 3 machten dazu keine Angaben. Demnach waren fast 90% der befragten Frauen dieser Befragungsgruppe gehörlos und 10% schwer hörbehindert.

    76 Frauen wurden von gehörlosen Interviewerinnen mit einem leicht modifizierten Fragebogen in Deutscher Gebärdensprache befragt (zur Methodik siehe Kap. 2), wobei in 3 Fällen auf andere Befragungswege (z. B. durch Schrift) zurückgegriffen wurde. Sieben Frauen, von denen vier gehörlos waren, wurden auf eigenen Wunsch von hörenden Interviewerinnen befragt, wobei die Befragten bspw. von den Lippen der Interviewerin lasen oder Schrift zu Hilfe nahmen und der allgemeine Fragebogen eingesetzt wurde.

    90% aller 83 befragten gehörlosen oder schwerhörigen Frauen konnten sich in Deutscher Gebärdensprache (DGS) verständigen. 36% der gehörlosen/hörbehinderten Frauen tragen ein Hörgerät und 4% haben ein Cochlea-Implantat.

    Die von gehörlosen Interviewerinnen in DGS befragten Frauen wurden um die Einschätzung ihrer Fähigkeiten bezüglich der gesprochenen Sprache gebeten. Die meisten dieser Frauen konnten die deutsche Schriftsprache nach eigener Einschätzung sehr gut bis gut lesen (fast 70%) und schreiben (fast 65%). Sie weniger gut lesen zu können gaben 24% der gehörlosen Frauen an, sie weniger gut schreiben zu können 30%. Jeweils 3% der Frauen konnten gar nicht schreiben oder lesen. Die deutsche Schriftsprache sprechen konnten nach eigener Einschätzung 42% sehr gut bis gut, 26% weniger gut und weitere 26% gar nicht.

    Tabelle 111: Schriftsprachkompetenzen der gehörlosen Frauen

    Zusatz-gehörlose Frauen N=76

    (%)

    Wie gut können Sie die deutsche Schriftsprache lesen?

    Sehr gut 26

    Gut

    43

    Weniger gut

    24

    Gar nicht

    3

    Unterschiedlich

    4

    Gesamt

    100

    Wie gut können Sie die deutsche Schriftsprache schreiben?

    Sehr gut 18

    Gut

    46

    Weniger gut

    30

    Gar nicht

    3

    Unterschiedlich

    1

    Keine Antwort

    1

    Gesamt

    100

    Wie gut können Sie die deutsche Schriftsprache sprechen?

    Sehr gut 8

    Gut

    34

    Weniger gut

    26

    Gar nicht

    26

    Unterschiedlich

    3

    Keine Antwort

    3

    Gesamt

    100

    Wie gut können Sie von den Lippen lesen?

    Sehr gut 11

    Gut

    28

    Weniger gut

    37

    Gar nicht

    15

    Unterschiedlich

    11

    Gesamt

    100

    Basis: Von gehörlosen Interviewerinnen befragte Frauen.

    Der modifizierte Fragebogen der DGS-Interviewerinnen enthielt auch die Frage, ob 7die Frauen Hörende in Lautsprache ansprechen können. Dies beantworteten 42% der Frauen positiv.

    Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass knapp 90% der befragten gehörlosen/hörbehinderten Frauen gänzlich gehörlos waren und insgesamt auch knapp 90% in DGS befragt wurden und diese beherrschten. Um die 40% der Frauen konnten darüber hinaus von den Lippen lesen und Hörende auch selbst in Lautsprache ansprechen und damit leichter mit Hörenden kommunizieren.

    Um die Länge des modifizierten Fragebogens für gehörlose Frauen im vertretbaren Rahmen zu halten, wurden die Fragen zu weiteren Beeinträchtigungen gekürzt. Daher liegen hier keine Informationen zu zusätzlichen Sehbeeinträchtigungen vor. Auch die Abfragen zu körperlichen Beeinträchtigungen wurden gekürzt in einer offenen Frage gestellt. 23% der gehörlosen Frauen benannten hier körperliche Beeinträchtigungen.[8] In den offenen Angaben dazu nannten einige Frauen Tinnitus und Hörsturz, Rückenprobleme, Herz-Kreislaufprobleme, Gleichgewichtsprobleme sowie Migräne. Einzelne Frauen gaben darüber hinaus unterschiedliche Beschwerden an, zum Beispiel Thrombose, Sodbrennen, halbseitige Körperschmerzen, Akne inversa, Usher-Syndrom, Neurofibromatose, Sehbehinderung, Schlaganfall, Allergie, Rheuma, fehlende Gliedmaßen an der Hand sowie Haarausfall. Gut ein Drittel der gehörlosen Frauen (36%) nahm nach eigenen Angaben regelmäßig ärztlich verschriebene Medikamente ein.

    Gruppe 2: Sehbehinderte Frauen

    Zusammengenommen konnten 128 blinde und schwer sehbehinderte Frauen in der vorliegenden Studie befragt werden. 56% gaben an, vollblind zu sein, 7% haben dazu keine Angaben gemacht, waren aber den Angaben der Interviewerinnen nach weitgehend ebenfalls vollblind. Demnach setzt sich die Befragungsgruppe zu etwa 60% aus vollblinden und zu etwa 40% aus stark sehbehinderten Frauen zusammen. Von den Frauen, die stark sehbehindert, aber nicht (eindeutig) vollblind waren und die weitere Angaben zu ihrer Sehbeeinträchtigung gemacht (N=53) haben, gaben 47% an, Gedrucktes auch mit optischen Hilfsmitteln nicht lesen zu können, für weitere 30% war das nur zu Hause (mit Hilfsmitteln) möglich und nur 15% konnten Gedrucktes auch unterwegs (mit Hilfsmitteln) lesen. Das verweist auf erhebliche Sehbeeinträchtigungen dieser Gruppe. Etwa ein Drittel dieser Frauen (36%) kann sich im Straßenverkehr und in fremder Umgebung nicht orientieren, 51% können dies mit Hilfsmitteln und nur 6% ohne Hilfsmittel. Die überwiegende Mehrheit der stark sehbehinderten Frauen konnte sich in bekannter Umgebung orientieren (87%), wobei etwa zwei Drittel dazu Hilfsmittel benötigen. 53% waren mit Hilfsmitteln auch unterwegs orientiert, 9% können sich nur zu Hause mit Hilfsmitteln orientieren.

    Tabelle 112: Sehfähigkeit der stark sehbehinderten Frauen

    Zusatz-sehbehinderte Frauen N=53

    (%)

    Können Sie Gedrucktes (mit optischen Hilfsmitteln, Brille) flüssig lesen?1)

    Nein 47

    Ja, aber nur zu Hause

    30

    Ja, aber auch unterwegs

    15

    Keine Angabe

    8

    Gesamt

    100

    Können Sie sich im Straßenverkehr und in fremder Umgebung orientieren?

    Nein 36

    Ja, ohne Hilfsmittel

    6

    Ja, mit Hilfsmittel

    51

    Keine Angabe

    8

    Gesamt

    100

    Basis: Sehbehinderte Frauen, die nicht vollblind sind und hier eine Angabe gemacht haben. 1)Z. B. Briefe, Fahrpläne, Beschilderungen.

    Schwierigkeiten beim Sprechen gaben nur 3 Frauen an (Wortfindungsschwierigkeiten). Hörschwierigkeiten hatten 16% (N=21)[9] der sehbehinderten Frauen[10]. 72% aller sehbehinderten Frauen gaben auch körperliche Beeinträchtigungen an. 20% benannten eine Beeinträchtigung, 24% gaben zwei und 28% drei bis sieben körperliche Beeinträchtigungen an. Das verweist darauf, dass die befragten blinden und stark sehbehinderten Frauen in hohem Maße auch mit anderen körperlichen Beeinträchtigungen belastet waren.

    Tabelle 113: Anzahl der genannten körperlichen Beeinträchtigungen

    Anzahl der körperlichen Beeinträchtigungen

    Sehbehinderte Frauen N=128

    (%)

    Keine

    28

    1 Beeinträchtigung

    20

    2 Beeinträchtigungen

    24

    3–7 Beeinträchtigungen

    28

    Gesamt

    100

    Basis: Sehbehinderte Frauen

    Bei den körperlichen Beeinträchtigungen gaben die sehbehinderten Frauen am häufigsten chronische Erkrankungen (33%) und Funktionsbeeinträchtigungen innerer Organe oder Organsysteme (31%) an. 20–27% der Frauen nannten darüber hinaus beeinträchtigende körperliche Auffälligkeiten (20%), Funktionsbeeinträchtigungen der Gliedmaßen (23%) und des Rumpfes (27%) sowie beeinträchtigende Schmerzen (26%). Neurologische Erkrankungen wurden von 12% genannt, hirnorganische Schädigungen oder Störungen von 9%. Die Mehrheit der blinden und stark sehbehinderten Frauen (63%) nahm regelmäßig ärztlich verschriebene Medikamente ein.

    Tabelle 114: Körperliche Beeinträchtigungen

    Zusatz-sehbehinderte Frauen N=128

    (%)

    Fehlen oder Funktionsbeeinträchtigung von Gliedmaßen

    23

    Funktionsbeeinträchtigung des Rumpfes 4)

    27

    Funktionsbeeinträchtigungen innerer Organe oder Organsysteme

    31

    Sonstige, im täglichen Leben stark beeinträchtigende körperliche Auffälligkeiten oder Besonderheiten 1)

    20

    Schmerzen, die im alltäglichen Leben stark beeinträchtigen

    26

    Lähmungen

    6

    Neurologische Erkrankungen 2)

    12

    Chronische Erkrankung

    33

    Hirnorganische Schädigung oder Störung 3)

    9

    Keine körperliche Beeinträchtigung

    28

    Basis: Sehbehinderte Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Z. B. Fehlbildungen, Hautveränderungen, Feuermale, Narben, bleibende Verletzungsfolgen, Verlust einer oder beider Brüste. 2)Z. B. Morbus Parkinson, multiple Sklerose, Epilepsie, Erkrankungen des Rückenmarks. 3)Z. B. durch eine Operation oder Hirnverletzung, eine Hirnhautentzündung oder schwere Gehirnerschütterung. 4)Z. B. Wirbelsäule, Becken, Hüfte, Brustkorb.

    Gruppe 3: Körperbehinderte Frauen

    Die körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung waren überwiegend auf einen Rollstuhl angewiesen. Sie waren zumeist von mehreren unterschiedlichen körperlichen Beeinträchtigungen betroffen. Nur 9% der Frauen gaben eine bis zwei körperliche Beeinträchtigungen an, 27% benannten drei bis vier, 42% fünf bis sechs und 22% sogar sieben bis neun körperliche Beeinträchtigungen.

    Tabelle 115: Anzahl der genannten körperlichen Beeinträchtigungen

    Anzahl der körperlichen Beeinträchtigungen

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    1–2

    9

    3–4

    27

    5–6

    42

    7–9

    22

    Gesamt

    100

    Basis: Körperbehinderte Frauen

    Von den körper-/mehrfachbehinderten Frauen der Zusatzbefragung hatten fast alle (93%) Funktionsbeeinträchtigungen der Gliedmaßen [11]und gut drei Viertel (77%) Funktionsbeeinträchtigungen des Rumpfes (Mehrfachnennungen möglich). 62% der körperbehinderten Frauen und damit ähnlich viele Frauen wie in der repräsentativen Haushaltsbefragung (58%) litten unter Schmerzen, die sie im Alltag stark beeinträchtigten. 63% der Frauen hatten Lähmungen, wobei der größte Teil dieser Frauen die Lähmung einzelner Gliedmaßen angab. Ein kleinerer Teil nannte Querschnittslähmungen, eine Lähmung des ganzen Körpers, Lähmungen ab den Brustwirbeln oder der Taille abwärts sowie halbseitige Lähmungen. Einzelne Frauen brachten die Lähmungen in einen Zusammenhang mit Spastiken, Kinderlähmung, Muskelschwund, HSP-Erkrankung oder Spina bifida. Zwischen 50% und 56% der Frauen nannten chronische und/oder neurologische Erkrankungen und Funktionsbeeinträchtigungen innerer Organe. Die Nennungen zu den chronischen und neurologischen Erkrankungen überschnitten sich teilweise. Circa 30% aller körperbehinderten Frauen gaben multiple Sklerose an. Weitere genannte Erkrankungen waren vor allem Rückenmarks- und Muskelerkrankungen, Diabetes, Nierenleiden, Krebs, Blasenstörung, Asthma, Rheuma, Allergien, Herzleiden, Muskelkrankheit, Probleme mit der Schilddrüse sowie Epilepsie. Andere Erkrankungen wurden nur von einzelnen Frauen genannt.[12] 30% der Frauen nannten sonstige, im täglichen Leben stark beeinträchtigende körperliche Auffälligkeiten oder Besonderheiten (vor allem Narben).[13] Hirnorganische Schädigungen oder Störungen (z. B. Schädelhirntraumata, Hirn(haut)entzündungen oder Hirnblutungen, Spastiken, Schädelbasisbrüche, Aneurisma, Wallenberg-Syndrom) wurden von 21% der Frauen genannt.

    Tabelle 116: Körperliche Beeinträchtigungen

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    Fehlen oder Funktionsbeeinträchtigung von Gliedmaßen

    93

    Funktionsbeeinträchtigung des Rumpfes 4)

    77

    Funktionsbeeinträchtigungen innerer Organe oder Organsysteme

    56

    Sonstige, im täglichen Leben stark beeinträchtigende körperliche Auffälligkeiten oder Besonderheiten 1)

    30

    Schmerzen, die im alltäglichen Leben stark beeinträchtigen

    62

    Lähmungen

    63

    Neurologische Erkrankungen 2)

    52

    Chronische Erkrankung

    50

    Hirnorganische Schädigung oder Störung 3)

    21

    Keine körperliche Beeinträchtigung

    0

    Basis: Körperbehinderte Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Z.B. Fehlbildungen, Hautveränderungen, Feuermale, Narben, bleibende Verletzungsfolgen, Verlust einer oder beider Brüste. 2)Z.B. Morbus Parkinson, multiple Sklerose, Epilepsie, Erkrankungen des Rückenmarks. 3)Z.B. durch eine Operation oder Hirnverletzung, eine Hirnhautentzündung oder schwere Gehirnerschütterung. 4)Z.B. Wirbelsäule, Becken, Hüfte, Brustkorb.

    Die Mehrheit der körperbehinderten Frauen (72%) nahm regelmäßig ärztlich verschriebene Medikamente ein. 32% der körperbehinderten Frauen sind zusätzlich leicht sehbeeinträchtigt.[14] Schwierigkeiten beim Sprechen hatten 20% der Frauen. Diese bezogen sich auf die Deutlichkeit des Sprechens, Wortfindungsschwierigkeiten, verlangsamtes Sprechen, teilweise mangelnde Kraft zum Sprechen. Einzelne Frauen gaben Stottern, Artikulationsstörungen, Stimmbandlähmung, skandierte Sprache und Schwierigkeiten durch Spastiken an. 13% der Frauen hatten darüber hinaus Schwierigkeiten beim Hören, bei knapp der Hälfte dieser Frauen war ein Gespräch mit anderen stark erschwert.

    Die Auswertungen verweisen demnach auch bei den körper-/mehrfachbehinderten Frauen der vorliegenden Studie auf ein hohes Ausmaß an unterschiedlichen Beeinträchtigungen des Körpers und der Sinnesorgane.

    Bei den hörbehinderten Frauen, die zum überwiegenden Teil gänzlich gehörlos waren und in Gebärdensprache befragt wurden, zeigte sich, dass die Hörbehinderung im Vordergrund stand und andere körperliche Beeinträchtigungen seltener genannt wurden. Rund 27% konnten die deutsche Schriftsprache weniger gut oder gar nicht lesen und ein Drittel (33%) diese weniger gut oder gar nicht schreiben. Rund 39% der Frauen konnten gut oder sehr gut von den Lippen lesen und 42% konnten die deutsche Schriftsprache gut oder sehr gut sprechen.

    In der Gruppe der sehbehinderten Frauen waren etwa 60% der Frauen vollblind. Die übrigen Frauen waren schwer sehbehindert, sodass knapp die Hälfte dieser Frauen Gedrucktes auch mit Hilfsmitteln nicht lesen konnte und ein weiteres Drittel dies mit Hilfsmitteln nur zu Hause konnte. Ein Drittel der nicht vollblinden Frauen konnte sich im Straßenverkehr und in fremder Umgebung nicht orientieren, die Hälfte nur mit Hilfsmitteln. Knapp drei Viertel der sehbehinderten Frauen gaben auch körperliche Beeinträchtigungen an, zumeist chronische Erkrankungen und Funktionsbeeinträchtigungen innerer Organe. Während jedoch in der repräsentativen Haushaltsbefragung 70% mehr als zwei körperliche Beeinträchtigungen nannten, waren dies bei den sehbehinderten Frauen nur 28%. Die Einschränkung durch Schmerzen (26%) lag ebenfalls niedriger als in der repräsentativen Haushaltsbefragung (58%).

    Fast alle körperbehinderten Frauen (91%) wiesen mehr als zwei körperliche Beeinträchtigungen auf, wobei fast alle (93%) Funktionsbeeinträchtigungen der Gliedmaßen, häufig in Verbindung mit Lähmungen, angaben. 62%, also in etwa so viele Frauen wie in der repräsentativen Haushaltsbefragung, waren durch Schmerzen eingeschränkt. Etwa jeweils die Hälfte der körperbehinderten Frauen hatte chronische oder neurologische Erkrankungen oder eine Funktionsbeeinträchtigung der inneren Organe. Ein Drittel hatte zusätzlich leichte Sehbeeinträchtigungen, 13% eine Hörbeeinträchtigung. Dies verweist auf multiple Beeinträchtigungen der Frauen der Zusatzbefragung, am stärksten bei den körperbehinderten, in abgeschwächtem Maße aber auch bei den blinden Frauen.

    4.2.2 Behindertenausweis, Eintritt und Ursachen der Behinderung

    Behindertenausweis

    Fast alle Frauen in allen drei Befragungsgruppen haben einen Behindertenausweis. Gesetzliche Betreuungen haben dagegen nur wenige Frauen (1%–2% der hörbehinderten und sehbehinderten Frauen und 9% der körperbehinderten Frauen).

    Tabelle 117: Behindertenausweis und gesetzliche Betreuung

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    Signifikanz

    Behindertenausweis vorhanden

    100

    98 2)

    98 1)

    Gesetzliche Betreuung

    1

    2

    9

    *

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Eine Frau hat keinen Behindertenausweis und eine Frau hat keine Angabe gemacht. 2)Zwei Frauen haben hier keine Angabe gemacht.

    Eintritt der Behinderung

    Während etwa die Hälfte bis zwei Drittel der hörbehinderten und der sehbehinderten Frauen von Geburt an behindert waren (54%–64%), trifft dies nur auf ein knappes Drittel (30%) der körperbehinderten Frauen zu. In Kindheit und Jugend trat die Behinderung bei 23–27% der Frauen der drei Befragungsgruppen ein. Während nur bei 6% der hörbehinderten Frauen die Behinderung erst im Erwachsenenalter eintrat, gilt dies für 18% der sehbehinderten Frauen und für knapp die Hälfte der körperbehinderten Frauen (46%).

    Tabelle 118: Eintreten der Behinderung

    Behinderung 2) besteht seit

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    Geburt

    64

    54

    30

    Kindheit und Jugend

    25

    27

    23

    Erwachsenenleben

    6

    18

    46

    Gesamt

    95 1)

    100

    100

    Signifikanz

    **

    Basis: Alle befragten Frauen. 1)5% keine Angabe. 2)Bei den von gehörlosen Interviewerinnen befragten Frauen lautete die Frage, seit wann ihre Gehörlosigkeit besteht. 1) 5% keine Angabe; 2) Bei den gehörlosen Interviewerinnen befragten Frauen lautete die Frage, seit wann ihre Gehörlosigkeit besteht.

    Abbildung 4. Diagramm 40: Eintreten der Behinderung

    Balkendiagramm zu Tabelle 118

    Basis: Alle befragten Frauen.

    Ursachen der Behinderungen

    Die Frage nach den Ursachen der Behinderungen bezog sich bei den gehörlosen Frauen ausschließlich auf die Ursachen der Gehörlosigkeit, während sie bei den anderen Befragungsgruppen einen Bezug zu allen erhobenen Behinderungen und Beeinträchtigungen haben konnte. Dadurch sind die Aussagen der Befragungsgruppen nicht direkt vergleichbar. Neben den Behinderungen von Geburt an wurden von den Frauen aller Befragungsgruppen am häufigsten (chronische) Erkrankungen als Ursache der Behinderungen genannt (von 25% der hörbehinderten, 35% der sehbehinderten und 47% der körperbehinderten Frauen). Andere Ursachen spielten für die hörbehinderten Frauen keine Rolle. Unfälle als Ursachen nannten 8% der seh- und 16% der körperbehinderten Frauen, Verschleißerscheinungen durch zu schweres Arbeiten und andere Belastungen 13– 18% der seh- und körperbehinderten Frauen. Ein körperlicher oder sexueller Angriff war in 2–5% der Fälle in diesen beiden Befragungsgruppen die Ursache. Zu berücksichtigen ist hier, dass ein großer Teil der Befragten andere Ursachen nannte (25–34%) und ein Teil der Frauen die Ursache der Behinderung nicht kannte oder keine Angabe machte (2–6%).

    Tabelle 119: Ursachen der Behinderungen 3)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    Signifikanz

    Sind angeboren

    52 1)

    34

    22

    **

    Beruhen auf Komplikationen bei der Geburt

    1

    8

    5

    n.s.

    Beruhen auf einer (chronischen) Erkrankung

    25

    35

    47

    **

    Beruhen auf einem Unfall

    0

    8

    16

    **

    Beruhen auf einem Kriegseinsatz oder einer Kriegserfahrung

    0

    0

    0

    n.s.

    Beruhen auf einem körperlichen oder sexuellen Angriff

    0

    2

    5

    n.s.

    Beruhen auf Verschleißerscheinungen durch zu schweres Arbeiten und andere Belastungen

    0

    13

    18

    **

    Andere Ursachen

    25

    34

    32

    Nur „Weiß nicht“ oder „Keine Angabe“ 2)

    6

    8

    2

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)An anderer Stelle haben 64% der gehörlosen Frauen angegeben, die Gehörlosigkeit bestehe seit Geburt. Möglicherweise hat ein Teil dieser Befragten, die dann bei dieser Frage nicht „angeboren“ oder „Komplikationen bei der Geburt“ angaben (10%), hier andere Ursachen benannt oder keine (konkretisierte) Angabe zu den Ursachen gemacht. 2)Vier blinde und eine körperbehinderte Frau, die hier keine Angaben gemacht haben, gaben in der vorangehenden Frage Behinderungen an, die seit Geburt bestehen. 3)Die Angaben der gehörlosen Befragten bezogen sich hier ausschließlich auf die Ursachen der Gehörlosigkeit, während die Angaben der anderen Befragungsgruppen sich auf unterschiedliche Behinderungen und Beeinträchtigungen beziehen konnten. Sie sind deshalb nicht direkt vergleichbar

    In den offenen Nennungen machten 20 hörbehinderte, 45 sehbehinderte und 39 körperbehinderte Frauen Angaben zu weiteren Ursachen. Ein Teil der hörbehinderten Frauen nannte genetische Ursachen. Wenige hörbehinderte Frauen gaben Schwangerschaftsprobleme der Mutter, Virusinfektionen, Impfschäden und Hörstürze an. Einzelne hörbehinderte Frauen nannten als Ursachen Stress, falsche ärztliche Behandlung, Mondini-Dysplasie, Hirnhautentzündung und Leistungssport. Ein Teil der sehbehinderten Frauen nannte als Ursachen Operationsfehler oder Folgen einer Operation, eine genetische Bedingtheit sowie Tumorerkrankungen oder andere Augenerkrankungen bzw. Probleme mit der Netzhaut. Einige sehbehinderte Frauen verwiesen auch auf psychosoziale Ursachen wie traumatische Kindheitserfahrungen, schwierige Lebensbedingungen, Schulwechsel und Leistungsdruck. Einzelne sehbehinderte Frauen gaben Vergiftungen, falsche ärztliche Behandlung, Erkrankungen wie Krebs, Autoimmunerkrankung oder Herzprobleme an. Ein Teil der körperbehinderten Frauen gab als Ursachen Operations- und ärztliche Behandlungsfehler, Virus- und Tumorerkrankungen sowie genetische Ursachen an. Ein kleinerer Teil brachte die Behinderung in Zusammenhang mit psychosozialen Ursachen. Einzelne Frauen nannten als Ursachen in den offenen Nennungen Erkrankungen wie Meningitis, paralytische Polio, restriktive und entzündliche Atemerkrankungen, aber auch neurologische Ursachen, eine Blutvergiftung, Übergewicht, Rauchen und Impfschäden.

    Die Frauen der Zusatzbefragung unterscheiden sich von den Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung unter anderem dadurch, dass fast alle Frauen einen Behindertenausweis haben. Während bei den hör- und den sehbehinderten Frauen die Behinderung zu über 80% seit Geburt bestand oder in Kindheit und Jugend auftrat, waren 46% der körperbehinderten Frauen erst seit dem Erwachsenenleben behindert (vs. 64% der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung). Hinsichtlich der Ursachen späterer Behinderungen wurde von den Frauen der Zusatzbefragung, die nicht ab Geburt behindert waren, wie in der Haushaltsbefragung am häufigsten eine (chronische) Erkrankung angegeben. Während in der repräsentativen Haushaltsbefragung auch Verschleißerscheinungen durch zu schweres Arbeiten und andere Belastungen (38%) eine Rolle spielten, wurden diese von den seh- und körperbehinderten Frauen deutlich seltener (von nur 13% bis 18% der Frauen) angegeben. Unfälle als Ursache wurden von den körperbehinderten Frauen mit 16% etwa gleich häufig angegeben wie in der repräsentativen Haushaltsbefragung, seltener von den sehbehinderten Frauen (8%).

    4.2.3 Psychische und Lernbeeinträchtigungen

    Die Frauen aller drei Gruppen der Zusatzbefragung wurden auf die gleiche Weise zu psychischen Problemen befragt wie die Frauen der Haushalts- und der Einrichtungsbefragung in allgemeiner Sprache (zur Methodik siehe 3.2.3). Die Analyse zeigt, dass – wie in der repräsentativen Haushaltsbefragung – auch die hör-, seh- und körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung in hohem Maße von psychischen Problemen betroffen sind. Am stärksten waren davon die hörbehinderten Frauen betroffen, von denen 75% mindestens ein psychisches Problem genannt haben (vs. 58% der sehbehinderten und 66% der körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung sowie 68% der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung). Im Vergleich aller fünf Befragungsgruppen (allgemeine Sprache) dieser Studie sind die aufgrund einer psychischen Erkrankung in Einrichtungen lebenden Frauen erwartungsgemäß am häufigsten und von der größten Anzahl an Problemen betroffen. Im Vergleich dazu fällt auch die hohe Betroffenheit der gehörlosen Frauen noch einmal besonders auf. Sie waren zwar häufiger als die psychisch erkrankten Frauen in Einrichtungen nicht von psychischen Problemen betroffen (25% vs. 12% der in Einrichtungen in allgemeiner Sprache Befragten), hatten aber insgesamt eine hohe Anzahl psychischer Probleme benannt und folgten auch im Mittelwert der Nennungen den psychisch erkrankten Frauen der Einrichtungsbefragung (Mittelwert 5,7) mit einem Mittelwert von 4,8 Problemen. Es zeigt sich des Weiteren, dass die schwer körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung zu ungefähr gleichen Teilen wie die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung mindestens ein psychisches Problem, durchschnittlich aber eine etwas geringere Anzahl von Problemen genannt haben. Die sehbehinderten Frauen scheinen von psychischen Problemen hingegen weniger stark betroffen zu sein als die anderen Befragungsgruppen.

    Tabelle 120: Anzahl der genannten psychischen Probleme

    Anzahl psych. Probleme

    Haushalte N=800

    (%)

    Einrichtungen/ allgemeine Sprache N=102

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    Kein

    32

    12

    25

    42 1)

    34

    1

    14

    9

    16

    15

    18

    2 bis 4

    25

    28

    22

    24

    23

    5 bis 11

    22

    40

    22

    17

    22

    12 bis 21

    7

    11

    16

    2

    4

    Gesamt

    100

    100

    100

    100

    100

    Mittelwert

    3,3

    5,7

    4,8

    2,2

    2,8

    Signifikanz

    **

    *

    Basis: Alle befragten Frauen. 1)8% der sehbehinderten Frauen haben bei den psychischen Problemen keine Angabe gemacht.

    Tabelle 121: Psychische Probleme

    Haushalte N=800

    (%)

    Einrichtungen/ allgemeine Sprache N=102

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Lang anhaltende oder wiederkehrende Mutlosigkeit, Antriebslosigkeit, niedergedrückte Stimmung oder häufiges Gefühl innerer Leere

    35

    51

    40

    30

    26

    Längerfristig erheblich eingeschränkte Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit

    23

    39

    30

    13

    29

    Orientierungslosigkeit

    4

    11

    12

    6

    4

    Längerfristig häufige Wechsel von sehr guter und sehr schlechter Stimmung

    26

    32

    36

    15

    19

    Längerfristig sehr starke Ängste oder Panikgefühle

    20

    37

    17

    13

    16

    Wiederkehrende zwanghafte Handlungen/Gedanken

    9

    22

    22

    3

    4

    Längerfristig andauernde Schlaflosigkeit oder ständige Albträume

    31

    35

    25

    18

    26

    Selbstmordgedanken, Gefühl nicht leben zu wollen

    13

    32

    16

    4

    13

    Wahrnehmung von Dingen oder Personen, die andere nicht wahrnehmen

    6

    19

    15

    8

    5

    Starke lebensgeschichtliche Erinnerungslücken

    8

    19

    27

    6

    7

    Starke Erinnerungslücken in Bezug auf gerade erfolgte Handlungen

    4

    8

    17

    0

    3

    Essstörungen

    10

    21

    10

    3

    8

    Innerer Druck, sich selbst verletzen zu müssen

    4

    12

    4

    2

    5

    Häufige Kontaktabbrüche

    7

    9

    11

    5

    5

    Das Gefühl, dass die Welt „falsch“ ist, wie im Traum

    9

    16

    18

    4

    4

    Das Gefühl, nicht man selbst zu sein, sich selbst völlig fremd zu sein, nicht mehr im eigenen Körper zu sein

    7

    18

    13

    4

    3

    Längerfristig starke Vermeidung von Kontakt zu anderen Menschen und starker Rückzug

    19

    23

    28

    8

    12

    Extreme Selbstzweifel oder Minderwertigkeitsgefühle

    19

    28

    29

    17

    18

    Immer wiederkehrende Erinnerungsbilder an erlebte extrem belastende Situationen

    24

    35

    39

    23

    19

    Vermeiden von Situationen, Sinneseindrücken oder Orten, die an ein extrem belastendes Ereignis erinnern

    13

    32

    27

    13

    15

    Körperliche Beschwerden oder Schmerzen aufgrund von seelischen Problemen

    22

    22

    31

    16

    12

    Alkoholabhängigkeit

    3

    10

    1

    2

    2

    Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit

    5

    7

    1

    2

    6

    Sonstige psychische Probleme

    11

    31

    15

    12

    14

    Keine Angabe

    2

    1

    4

    8

    2

    Zusammengenommen 40% der hörbehinderten, 30% der sehbehinderten und 26% der körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung benannten depressionstypische Probleme wie lang anhaltende oder wiederkehrende Mutlosigkeit, Antriebslosigkeit, niedergedrückte Stimmung oder häufiges Gefühl innerer Leere (Mehrfachantworten waren möglich). Zu etwa gleichen Teilen benannten die hör- und die körperbehinderten Frauen (30% bzw. 29%) längerfristig erheblich eingeschränkte Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit, welche die sehbehinderten Frauen nur zu 13% angaben. Mit 36% gaben die hörbehinderten Frauen häufiger als die körperbehinderten (19%) und die sehbehinderten Frauen (15%) und sogar häufiger als die zumeist psychisch erkrankten Frauen in Einrichtungen längerfristig häufige Wechsel von sehr guter und sehr schlechter Stimmung an. Ebenso bei den Selbstmordgedanken lagen die hörbehinderten Frauen mit 16% vor den körperbehinderten Frauen (13%) und den sehbehinderten Frauen mit nur 4%.

    Auch im Bereich der psychischen Probleme, die in einem Zusammenhang stehen könnten mit vergangenem traumatischen Erleben bzw. außergewöhnlich hohen Belastungen und der Schwierigkeit, diese zu bewältigen, machten die hörbehinderten Frauen im Vergleich zu den anderen beiden Befragungsgruppen der Zusatzbefragung höhere Angaben: 39% der hörbehinderten Frauen und damit sogar mehr als die psychisch erkrankten Frauen in Einrichtungen nannten immer wiederkehrende Erinnerungsbilder an erlebte, extrem belastende Situationen. Von den seh- und körperbehinderten Frauen wurden diese ebenfalls zu etwa einem Viertel bis einem Fünftel (19%–23%) angegeben, ähnlich häufig wie von den Frauen der Haushaltsbefragung der vorliegenden Studie. Von 27% der hörbehinderten Frauen, 15% der körper- und 13% der sehbehinderten Frauen wurde das Vermeiden von Situationen, Sinneseindrücken oder Orten, die an ein extrem belastendes Ereignis erinnern, benannt. 27% der hörbehinderten Frauen (versus 19% in allgemeiner Sprache in Einrichtungen befragten Frauen) und 6% bis 7% der seh- und der körperbehinderten Frauen gaben starke lebensgeschichtliche Erinnerungslücken an. 17% der hörbehinderten Frauen, aber keine der seh- und nur 3% der körperbehinderten Frauen nannten Erinnerungslücken in Bezug auf zeitlich naheliegende Handlungen, z. B. dass man sich irgendwo befindet und nicht weiß, wie man dorthin gekommen ist.

    Während die hörbehinderten Frauen höhere Angaben bei körperlichen Beschwerden oder Schmerzen aufgrund von seelischen Problemen machten als die Frauen der beiden repräsentativen Befragungsgruppen (31% versus jeweils 22% in der repräsentativen Haushaltsbefragung und der Einrichtungsbefragung in allgemeiner Sprache), nannten die seh- und die körperbehinderten Frauen dies seltener (12% bis 16%).

    Zwangshandlungen oder -gedanken[15] gaben die hörbehinderten Frauen mit 22% genauso häufig an wie die zumeist psychisch erkrankten Frauen in Einrichtungen, die seh- und körperbehinderten Frauen mit 3% bis 4% jedoch seltener als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung. Identitätsprobleme, Depersonalisations- oder Fremdheitsgefühle wie das Gefühl, „nicht man selbst zu sein“, „sich selbst völlig fremd zu sein“, „nicht mehr im eigenen Körper zu sein“, wurden von 13% der hörbehinderten, aber nur von 3% bis 4% der körper- und sehbehinderten Frauen benannt.

    Längerfristig bestehende sehr starke Ängste oder Panikgefühle wurden von 13% bis 17% der hör-, seh- und körperbehinderten Frauen angegeben und damit seltener als von den Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung.

    Mit einer veränderten Realitätswahrnehmung könnten die Angaben zu der Frage nach der Wahrnehmung von Dingen oder Personen, die andere nicht wahrnehmen (15% der hör- und 5% bis 8% der körper- und sehbehinderten Frauen) assoziiert sein. Sie könnten bei den hör- und sehbehinderten Frauen aber auch mit einer sensibilisierten Wahrnehmung aufgrund der Sinnesbehinderung zusammenhängen.

    Mit einer verzerrten Realitätswahrnehmung oder auch mit einer Traumatisierung könnten die folgenden Probleme verbunden sein:

    • Orientierungslosigkeit (plötzlich nicht wissen, wo man ist) gaben mit 12% etwa genauso viele hörbehinderte Frauen wie die Frauen der Einrichtungsbefragung in allgemeiner Sprache und 4% bis 6% der körper- und sehbehinderten Frauen an. Hier bleibt offen, inwiefern dies auch mit der Sinnesbehinderung selbst zusammenhängt.

    • Auch das Gefühl, dass die Welt „falsch“ ist, wie in einem Traum, wurde von den hörbehinderten Frauen (18%) ähnlich oft angegeben wie von den Frauen der Einrichtungsbefragung in allgemeiner Sprache, während nur jeweils 4% der seh- und körperbehinderten Frauen und damit weniger als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung dies benannten.

    Selbstverletzungen (z. B. Ritzen, Schneiden, Verbrennen) wurden von 2% bis 5% der Frauen der Zusatzbefragung angegeben. Häufige Kontaktabbrüche, die bei verschiedenen psychischen Störungen vorkommen können, aber auch eine Folge einer hohen Belastung durch eine Behinderung sein können, benannten 11% der hörbehinderten Frauen und jeweils 5% der seh- und der körperbehinderten Frauen.

    Eine längerfristig starke Vermeidung von Kontakt zu anderen Menschen und starken Rückzug gaben sogar 28% der hörbehinderten Frauen und damit mehr als die psychisch erkrankten Frauen der Einrichtungsbefragung (23%) an, aber nur 8% bis 12% der seh- und hörbehinderten Frauen. Auch extreme Selbstzweifel oder Minderwertigkeitsgefühle, die im täglichen Leben stark einschränken, wurden von den hörbehinderten Frauen (29%) in etwa gleich häufig wie von den psychisch erkrankten Frauen der Einrichtungsbefragung genannt (28%), während die befragten seh- und körperbehinderten Frauen mit 17% bis 18% diese in etwa so häufig nannten wie die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung (19%).

    Starke Schlafstörungen, die mit verschiedenen psychischen Störungen verbunden sein können, aber auch vielfältige andere Ursachen haben können, wurden jedoch von allen drei Gruppen der Zusatzbefragung (18% bis 26%) seltener angegeben als von Frauen der repräsentativen Haushalts- und der Einrichtungsbefragung (31–35%).

    Eine Alkoholabhängigkeit wurde in den Gruppen der Zusatzbefragung eher selten genannt (1% bis 2%). Eine Drogen- oder Medikamentenabhängigkeit scheint für die hör- und sehbehinderten Frauen auch seltener eine Rolle zu spielen (ebenfalls 1% bis 2%), wurde aber von körperbehinderten Frauen zu 6% angegeben. Von den sehbehinderten Frauen wurden auch Essstörungen selten (3%), etwas häufiger jedoch von den hör- und körperbehinderten Frauen (8% bis 10%) genannt.

    Insgesamt wird an den Befragungsergebnissen eine extrem hohe psychische Belastung vor allem der gehörlosen Frauen sichtbar. Über ihre Ursachen kann an dieser Stelle nur spekuliert werden. Die in den Folgekapiteln festgestellte hohe Betroffenheit dieser Frauen durch sexuelle Gewalt in der Kindheit und im Erwachsenenleben, aber auch andere schwierige und belastende Kindheitserfahrungen, die häufig durch innere Isolation und unzureichende Kommunikationsmöglichkeiten auch innerhalb der eigenen Herkunftsfamilie geprägt waren, könnten hier eine relevante Einflussgröße sein und mit zu den erhöhten psychischen Belastungen im Erwachsenenleben beigetragen haben.[16]

    Auf diese Probleme gehörloser Frauen verweisen auch die Kapitel zur Kindheit und zum Aufwachsen sowie zur sozialen Einbindung in der vorliegenden Studie (vgl. 4.1). Möglicherweise wird aber die Rolle der sexuellen Gewalt, die sehr häufig nicht von den Betroffenen angesprochen und offengelegt wird, für die hohen psychischen Belastungen der gehörlosen Frauen noch weit unterschätzt bzw. zu wenig in Betracht gezogen. Bisherige Studien zu den gesundheitlichen sowie psychischen und psychosozialen Folgen von Gewalt verweisen darauf, dass insbesondere sexuelle Gewalt und sich fortsetzende Gewalt im Lebensverlauf in hohem Maße mit psychischen Beschwerden der Betroffenen im Erwachsenenleben einhergehen (vgl. Schröttle/Khelaifat 2008 und mit internationalen Ergebnissen Schröttle/Hornberg et al. 2009).

    Inanspruchnahme von psychotherapeutischer Behandlung und Einnahme von Medikamenten

    63% der von psychischen Problemen betroffenen hörbehinderten, 66% der betroffenen sehbehinderten und 69% der körperbehinderten Frauen haben wegen der psychischen Probleme schon einmal eine psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung in Anspruch genommen. Etwa die Hälfte der hörbehinderten (49%), 29% der sehbehinderten und 44% der körperbehinderten Frauen, die eine psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung in Anspruch genommen hatten, gaben an, dass eine psychische Störung diagnostiziert worden war. In allen Befragungsgruppen wurden am häufigsten affektive Störungen wie Depressionen und bipolare Störungen bzw. manisch-depressive Störungen angegeben. Seltener genannt wurden (posttraumatische) Belastungsstörungen, Anpassungsstörungen, Psychosen, Persönlichkeitsstörungen (z. B. „Borderline“), Angststörungen und dissoziative Störungen. Darüber hinaus wurden Schlafstörungen und Tablettenabhängigkeit genannt.Hinsichtlich der Inanspruchnahme verschiedener Formen von therapeutischen Angeboten zeigen sich im Vergleich der Befragungsgruppen zwar Unterschiede, diese erweisen sich aber nicht als signifikant. Während die hörbehinderten Frauen in höherem Maße (auch) eine stationäre Behandlung angaben (56% vs. 36–41% bei blinden und körperbehinderten Frauen), nahmen die seh- und die körperbehinderten Frauen häufiger eine ambulante Behandlung in Anspruch. Teilstationäre Angebote spielten in den drei Befragungsgruppen der Zusatzbefragung insgesamt eine geringere Rolle (2% bis 9%).

    Tabelle 122: Art der psychotherapeutischen und/oder psychiatrischen Behandlung

    Zusatz-gehörlose Frauen N=39

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=49

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=59

    (%)

    Signifikanz

    Ambulant (z. B. in psychotherapeutischer oder psychiatrischer Praxis oder Ambulanz)

    54

    67

    75

    n.s.

    Teilstationär (z. B. Tagesklinik)

    3

    2

    9

    n.s.

    Stationär (z. B. Krankenhaus, psychosomatische Klinik, Reha-Einrichtung, therapeutische Wohngruppe)

    56

    41

    36

    n.s.

    Basis: Frauen, die eine Form von therapeutischer Unterstützung wegen psychischer Probleme in Anspruch genommen haben. Mehrfachnennungen.

    Abbildung 5. Diagramm 41: Art der psychotherapeutischen und/oder psychiatrischen Behandlung

    Balkendiagramm zu Tabelle 122

    Basis: Frauen, die eine Form von therapeutischer Unterstützung wegen psychischer Probleme in Anspruch genommen haben. Mehrfachnennungen.

    Während in der repräsentativen Haushaltsbefragung die Mehrheit der von psychischen Problemen betroffenen Frauen (58%) wegen der psychischen Probleme schon einmal ärztlich verschriebene Medikamente eingenommen hat, trifft dies nur auf 21% der hörbehinderten, 35% der sehbehinderten und auf 45% der körperbehinderten Frauen zu. Über die Qualität der in Anspruch genommenen psychotherapeutischen Angebote liegen aus der vorliegenden Studie keine weiteren Informationen vor. Es konnte auch nicht eruiert werden, ob und in welchem Maße insbesondere die gehörlosen Frauen der Studie fachlich versierte Angebote in Deutscher Gebärdensprache und mit kultureller Sensibilität für deren spezifische Lebenssituation, Kommunikation und Probleme wahrnehmen konnten.[17]

    Beeinträchtigungen beim Lernen und Begreifen

    34% der hörbehinderten, 13% der sehbehinderten und 25% der körperbehinderten Frauen gaben Lernbeeinträchtigungen an. Die offenen Nennungen zeigen, dass darunter Unterschiedliches verstanden wurde. Die betroffenen hörbehinderten Frauen nannten z. B. zu einem großen Teil Schwierigkeiten, Behördensprache, Fremdwörter oder Politisches zu verstehen, was eher auf Kommunikationsprobleme verweist. Weiterhin wurden Schwierigkeiten beim Lesen und bei der Grammatik der Lautsprache genannt. Einige Frauen nannten hier auch Konzentrationsprobleme oder eine eingeschränkte Merkfähigkeit sowie Schwierigkeiten in der Kommunikation mit Hörenden. Die betroffenen sehbehinderten Frauen gaben vor allem Konzentrationsprobleme an, Einzelne aber auch sehbehinderungsbedingte Schwierigkeiten wie Informationsmangel oder Schwierigkeiten in der Schule sowie Probleme beim Lesen oder mit der Rechtschreibung. Konzentrationsprobleme standen auch bei den körperbehinderten Frauen im Vordergrund. Außerdem wurden seltener Probleme beim Begreifen oder Verstehen mit der Merkfähigkeit oder mit dem Lernen in Verbindung gebracht. Einzelne Frauen haben Probleme durch eine eingeschränkte Sehkraft, Erschöpfung und Müdigkeit, ständige Schmerzen oder stressbedingte Probleme geäußert.

    Die vergleichende Auswertung der psychischen Probleme in den fünf Befragungsgruppen der Studie in allgemeiner Sprache zeigt, dass die hörbehinderten Frauen in hohem Maße von psychischen Problemen betroffen waren. Sie nannten diese noch häufiger, die körperbehinderten Frauen in etwa so häufig und die sehbehinderten Frauen weniger häufig als die ebenfalls psychisch hoch belasteten Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung. Hohe Belastungen zeigen sich vor allem im Bereich der depressionstypischen Probleme und im Bereich der Probleme, die in einem Zusammenhang stehen könnten mit vergangenem traumatischen Erleben bzw. außergewöhnlich hohen Belastungen und der Schwierigkeit, diese zu bewältigen. Bei einzelnen Problemen machten die hörbehinderten Frauen ähnliche und teilweise sogar höhere Angaben als die aufgrund einer psychischen Erkrankung in Einrichtungen lebenden Frauen. Zwar nehmen die Frauen der Zusatzbefragung in etwa genauso häufig eine psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung in Anspruch, sie nehmen aber deutlich seltener ärztlich verschriebene Medikamente deswegen ein. Beeinträchtigungen beim Lernen und Begreifen gaben die körperbehinderten Frauen etwas häufiger und die sehbehinderten Frauen etwas seltener an als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung. Die hörbehinderten Frauen nannten eine solche Beeinträchtigung so häufig wie die Frauen der Einrichtungsbefragung in allgemeiner Sprache. Hier wurden aber sehr viele Schwierigkeiten subsumiert, die mit der Gehörlosigkeit und mit Kommunikationsproblemen in Zusammenhang standen.

    4.2.4 Grade der Einschränkung und Unterstützung im Alltag

    Stärke der Einschränkung

    Die Frauen der Zusatzbefragung wurden wie die repräsentativen Befragungsgruppen der vorliegenden Studie anhand einer Vierer-Skala gefragt, wie stark sie aufgrund der Beeinträchtigung oder Behinderung oder durch Schmerzen in verschiedenen Lebensbereichen eingeschränkt sind (Antwortkategorien: sehr stark, stark, weniger stark, gar nicht). Die folgende Tabelle zeigt, wie viele Frauen in den drei Zusatzbefragungsgruppen starke oder sehr starke Beeinträchtigungen in verschiedenen Lebensbereichen angegeben haben:

    Tabelle 123: Starke oder sehr starke Beeinträchtigung in verschiedenen Lebensbereichen

    Starke oder sehr starke Beeinträchtigung bei …

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körper-behinderte Frauen N=130

    (%)

    Berufs- und Erwerbsleben

    58

    44 4)

    50 7)

    Freizeit und Erholung

    42

    49 2)

    75

    familiären und häuslichen Tätigkeiten

    13

    28 1)

    82

    sozialen Aktivitäten

    60

    39 3)

    54

    im Paarbeziehungsleben

    15 9)

    15 6)

    27 8)

    in Gesprächen mit anderen

    66

    8 5)

    9

    in der Selbstversorgung (z. B. sich waschen und anziehen, einkaufen, selbstständige Bewegung außer Haus, ohne dabei auf fremde Hilfe angewiesen zu sein)

    5

    37

    59

    bei lebensnotwendigen Tätigkeiten wie selbstständig essen, trinken, atmen oder die Toilette benutzen

    1

    2

    25

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)9% „unterschiedlich“, 2% keine Angabe. 2)6% „unterschiedlich“, 3% keine Angabe. 3)5% „unterschiedlich“, 3% keine Angabe. 4)2% „unterschiedlich“, 17% keine Angabe. 5)6% „unterschiedlich“, 4% keine Angabe. 6)9% „unterschiedlich“, 3% keine Angabe. 7)4% „unterschiedlich“, 18% keine Angabe. 8)15% keine Angabe. 9)8% keine Angabe

    Abbildung 6. Diagramm 42: Starke oder sehr starke Beeinträchtigung in verschiedenen Lebensbereichen

    Balkendiagramm zu Tabelle 123

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Zusammengenommen 92% der hörbehinderten, 78% der sehbehinderten und 93% der körperbehinderten Frauen waren in mindestens einem Lebensbereich stark oder sehr stark eingeschränkt. Anders als in der repräsentativen Haushalts- und der Einrichtungsbefragung in allgemeiner Sprache ist hier das Berufs- und Erwerbsleben zwar ein häufig genannter Bereich, aber er steht nicht an erster Stelle der eingeschränkten Lebensbereiche. Er wird von 58% der gehörlosen, von 50% der körperbehinderten und von 44%[18] der sehbehinderten Frauen als ein stark oder sehr stark beeinträchtigter Lebensbereich genannt. Im Vergleich dazu gaben 48% der Frauen der Haushaltsbefragung und 55% der Frauen der Einrichtungsbefragung in allgemeiner Sprache eine starke bzw. sehr starke Beeinträchtigung im Berufs- und Erwerbsleben an.

    Bei den gehörlosen Frauen stand die Einschränkung in Gesprächen mit anderen (66%) im Vordergrund, die von den seh- und körperbehinderten Frauen nur selten genannt wurde (8% bis 9%). Diesem Lebensbereich folgt bei den hörbehinderten Frauen eine subjektiv wahrgenommene starke oder sehr starke Einschränkung in sozialen Aktivitäten (60%) und in Freizeit und Erholung (42%). Diese beiden Bereiche stehen auch bei den sehbehinderten Frauen an zweiter und dritter Stelle (Freizeit und Erholung 49%, soziale Aktivitäten 39%). Von den körperbehinderten Frauen werden sie mit 54% und 75% jedoch noch deutlich häufiger genannt. Am häufigsten gaben die körperbehinderten Frauen eine Einschränkung in familiären und häuslichen Tätigkeiten (82%) an, die nur von 28% der sehbehinderten und von 13% der hörbehinderten Frauen genannt wurde. Mit 59% waren die körperbehinderten Frauen aber auch sehr häufig in der Selbstversorgung eingeschränkt, was zwar auf 37% der sehbehinderten Frauen, aber nur auf 5% der hörbehinderten Frauen zutraf. Ähnlich waren die körperbehinderten Frauen mit 25% auch erheblich häufiger in lebensnotwendigen Tätigkeiten eingeschränkt als die seh- und hörbehinderten Frauen (1% bis 2%). Dies gilt auch mit etwas weniger starker Differenz für das Paarbeziehungsleben, worin jeweils 15% der seh- und der hörbehinderten, aber 27% der körperbehinderten Frauen stark oder sehr stark eingeschränkt waren.

    Betrachtet man die Anzahl der Lebensbereiche, in denen eine Einschränkung vorliegt, so zeigt sich, dass die körperbehinderten Frauen am stärksten in verschiedenen Lebensbereichen beeinträchtigt sind. Sie gaben durchschnittlich drei bis vier eingeschränkte Lebensbereiche an (Mittelwert 3,8), während die hör- und die sehbehinderten Frauen durchschnittlich zwei bis drei Lebensbereiche nannten (Mittelwert 2,6 und 2,2). Nur 7% der körperbehinderten, 8% der hörbehinderten und 22% der sehbehinderten Frauen gaben in keinem der Lebensbereiche an, stark oder sehr stark eingeschränkt zu sein. Eine starke oder sehr starke Beeinträchtigung in ein bis zwei Bereichen gaben rund 22% der körperbehinderten, 39% der sehbehinderten und 45% der hörbehinderten Frauen an. In drei bis acht Bereichen gaben die Mehrheit der körperbehinderten Frauen (rund 71%), knapp die Hälfte der hörbehinderten Frauen (47%) und 39% der sehbehinderten Frauen starke oder sehr starke Beeinträchtigungen an.

    Tabelle 124: Starke und sehr starke Beeinträchtigung in verschiedenen Lebensbereichen

    Anzahl der Lebensbereiche mit starker/sehr starker Beeinträchtigung

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    0

    8

    22

    7

    1

    21

    22

    8

    2

    24

    17

    15

    3

    15

    13

    17

    4

    19

    13

    15

    5

    8

    6

    15

    6

    5

    5

    11

    7

    0

    2

    9

    8

    0

    0

    3

    Mittelwert

    2,6

    2,2

    3,8

    Signifikanz

    **

    Basis: Alle befragten Frauen.

    Für einen Vergleich mit der repräsentativen Haushalts- und Einrichtungsbefragung in allgemeiner Sprache wurde die Stärke der Beeinträchtigung hier auf die gleiche Weise gruppiert.[19] Von einer geringen Beeinträchtigung wird hier gesprochen, wenn die Frauen in keinem der Lebensbereiche eine starke oder sehr starke Beeinträchtigung angaben. Von einer mittleren Beeinträchtigung ist die Rede, wenn die Frauen in ein bis zwei Lebensbereichen eine starke oder sehr starke Beeinträchtigung angaben. Zu einer hohen Beeinträchtigung wurden die Befragten zugeordnet, wenn sie eine starke oder sehr starke Beeinträchtigung in drei bis acht Lebensbereichen benannt hatten. Ein Vergleich ist jedoch nur ansatzweise möglich, da anders als in der repräsentativen Haushaltsbefragung und der Einrichtungsbefragung in allgemeiner Sprache hier in den Gruppen mit mittlerer Beeinträchtigung auch Frauen sind, die in der Selbstversorgung eingeschränkt sind, sodass kaum mehr von „mittlerer“ Beeinträchtigung gesprochen werden kann, auch wenn es sich nur um ein bis zwei Lebensbereiche handelt. Die Ausprägung der Gruppe 2 (mittlere Beeinträchtigung) ist daher in der Zusatzbefragung anders zu bewerten.

    Tabelle 125: Gruppen mit geringer, mittlerer und hoher Beeinträchtigung in verschiedenen Lebensbereichen

    Stärke der Beeinträchtigung (gruppiert)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    Gruppe 1: geringe Beeinträchtigung

    8

    22

    7

    Gruppe 2: mittlere Beeinträchtigung

    45

    39

    22

    Gruppe 3: hohe Beeinträchtigung

    47

    39

    71

    Gesamt

    100

    100

    100

    Basis: Alle befragten Frauen.

    Ein Vergleich mit der Haushalts- und Einrichtungsbefragung in allgemeiner Sprache verweist darauf, dass vor allem die hörbehinderten und die körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung insgesamt stärker beeinträchtigt sind als die Frauen der repräsentativen Befragungsgruppen. Der größte Unterschied zeigt sich bei den körperbehinderten Frauen, von denen doppelt so viele Frauen in der am stärksten beeinträchtigten Gruppe sind wie in der Haushalts- und Einrichtungsbefragung in allgemeiner Sprache.

    Regelmäßige Unterstützung im Alltag

    Die Befragungsgruppen der Zusatzbefragung werden insgesamt deutlich häufiger im Alltag regelmäßig unterstützt als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung der vorliegenden Studie, allen voran die körperbehinderten Frauen. Während mehr als die Hälfte der hörbehinderten (54%) und der sehbehinderten Frauen (57%) aktuell regelmäßig im Alltag unterstützt wird, trifft dies auf 85% der körperbehinderten Frauen zu.

    Tabelle 126: Unterstützung bei Tätigkeiten

    Unterstützte Tätigkeiten

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körper-behinderte Frauen N=130

    (%)

    Signifikanz 1)

    Bett verlassen und/oder sich an- und ausziehen

    0

    2

    46

    **

    Körperpflege (z. B. sich waschen, baden, duschen, Toilette benutzen)

    0

    2

    52

    **

    Mahlzeiten und Getränke zu sich nehmen

    0

    3

    17

    n.s.

    Sich Mahlzeiten zubereiten

    0

    14

    51

    **

    Sich selbstständig in der Wohnung bewegen

    0

    2

    13

    **

    Die Wohnung sauber machen

    0

    40

    79

    **

    Medikamente richten und einnehmen

    0

    10

    22

    n.s

    Telefonieren, Kontaktaufnahme und Verständigung mit anderen Personen

    47

    0

    3

    **

    Finanzielle Angelegenheiten regeln (z. B. Überweisungen ausfüllen)

    11

    34

    20

    **

    Bewegung außer Haus (z. B. Lebensmittel einkaufen, Arztbesuche, öffentliche Verkehrsmittel benutzen, Erreichen von Arbeitsplatz und Einrichtungen)

    29

    43

    68

    **

    Ämter- und Behördenkontakte

    36

    36

    42

    n.s

    Keine Unterstützung

    46

    42

    15

    **

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Signifikanztest für diejenigen, die Unterstützung erhalten.

    Die hörbehinderten Frauen werden erwartungsgemäß vor allem im Bereich der Kommunikation mit anderen (47%) und bei Ämter- und Behördenkontakten (36%) unterstützt. 29% der hörbehinderten Frauen nannten auch eine Unterstützung bei der Bewegung außer Haus und 11% beim Regeln finanzieller Angelegenheiten. Die sehbehinderten Frauen nannten am häufigsten eine Unterstützung bei der Bewegung außer Haus (43%), beim Saubermachen der Wohnung (40%), bei Ämter- und Behördenkontakten (36%) und beim Regeln finanzieller Angelegenheiten (34%). 10% bis 14% der sehbehinderten Frauen erhielten eine Unterstützung beim Vorbereiten und Einnehmen von Medikamenten und beim Zubereiten von Mahlzeiten. In den weiteren Bereichen wurden nur sehr wenige sehbehinderte Frauen (bis 3%) unterstützt. Die körperbehinderten Frauen wurden zu 79% beim Saubermachen der Wohnung und zu 68% bei der Bewegung außer Haus unterstützt. 42–52% nannten auch Tätigkeiten wie Ämter- und Behördenkontakte, das Bettverlassen und/oder das An- oder Ausziehen, das Zubereiten von Mahlzeiten und die Körperpflege. Bei der selbstständigen Bewegung in der Wohnung, beim Zu-sich-Nehmen von Mahlzeiten und Getränken, Regeln finanzieller Angelegenheiten sowie Einnehmen von Medikamenten erhielten 13% bis 22% Unterstützung.

    Betrachtet man die Anzahl der Tätigkeiten, bei denen die Frauen unterstützt werden, zeigt sich, dass die körperbehinderten Frauen bei den meisten genannten Tätigkeiten Hilfe erhalten.

    Tabelle 127: Anzahl der unterstützen Tätigkeiten

    Anzahl der unterstützten Tätigkeiten

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderteFrauen N=130

    (%)

    0

    49

    45

    15

    1

    11

    8

    6

    2

    12

    9

    11

    3

    22

    16

    15

    4

    6

    9

    6

    5

    0

    8

    12

    6

    0

    3

    14

    7

    0

    2

    6

    8

    0

    1

    6

    9

    0

    0

    5

    10

    0

    0

    2

    11

    0

    0

    1

    Gesamt

    100

    100

    100

    Mittelwert

    1,2

    1,9

    4,1

    Signifikanz

    **

    Basis: Alle befragten Frauen.

    Unterstützungskräfte

    Am häufigsten werden die hörbehinderten Frauen in den von ihnen genannten Tätigkeiten, insbesondere der Kommunikation, von Gebärdensprachdolmetscherinnen bzw. Gebärdensprachdolmetschern unterstützt, gefolgt von Partnerinnen bzw. Partnern, Familienangehörigen, Freundinnen bzw. Freunden und Bekannten. Mehr als ein Drittel dergehörlosen Frauen, die durch die Partnerin bzw. den Partner unterstützt werden und hier weitere Angaben gemacht haben, sind weniger oder gar nicht zufrieden mit dieser Unterstützung, ein knappes Drittel ist unzufrieden mit der Hilfe der Familienangehörigen. Die Unterstützung durch Freundinnen bzw. Freunde und/oder Bekannte und Gebärdensprachdolmetscherinnen bzw. Gebärdensprachdolmetscher wurde tendenziell besser bewertet (ein Fünftel der Frauen war mit Letzteren unzufrieden und nur ein Zehntel mit Freundinnen oder Freunden bzw. Bekannten). Als Probleme bei der Unterstützung durch das nahe soziale Umfeld wurden vor allem Kommunikationsprobleme genannt, z. B. dass die Übersetzung nicht vollständig oder korrekt war bzw. dass nicht das weitergegeben wurde, was die Befragte wollte oder ihre Entscheidungen übergangen wurden. In Bezug auf Gebärdensprachdolmetscherinnen bzw. Gebärdensprachdolmetscher wurde die Abhängigkeit der gehörlosen Frauen von der Übersetzung angesprochen, wobei z. B. fehlende Neutralität der Dolmetscherinnen bzw. Dolmetscher, Bevormundungen, lange Wartezeiten, schwierige Suche nach einer Dolmetscherin bzw. einem Dolmetscher, fehlende Finanzierung, unterschiedliche „Sitten“ der Dolmetscherinnen bzw. Dolmetscher problematisiert wurden.

    Auch die sehbehinderten Frauen gaben nur sehr selten eine professionelle Unterstützung, z. B. persönliche Assistenzen, an. Sie äußerten insgesamt jedoch eine größere Zufriedenheit mit der Unterstützung. Die wenigen unzufriedenen Frauen nannten bezüglich ihres nahensozialen Umfeldes Zeitmangel, Unzuverlässigkeit und Bevormundung.

    Die körperbehinderten Frauen nannten neben der Unterstützung durch Personen des nahensozialen Umfeldes auch professionelle Kräfte wie Assistenzen und Pflegekräfte. Auch sie zeigten eine relativ große Zufriedenheit: Weniger als ein Zehntel war weniger oder gar nicht zufrieden mit der Unterstützung, eine geringfügig größere Unzufriedenheit zeigte sich bei Fahrdiensten. Wenn sie Probleme schilderten, bezogen sich diese auch hier auf das nah soziale Umfeld, z. B. dass die Partnerin bzw. der Partner durch die eigene Behinderung in der Unterstützung eingeschränkt sei, die Schwierigkeit, dass aus einer „Liebesbeziehung“ eine „Pflegebeziehung“ wurde oder die Partnerin oder der Partner „keine Lust dazu“ habe. In Bezug auf die Familienangehörigen wurden auch Überforderungen genannt. Probleme mit Fahrdiensten bei seh- und körperbehinderten Frauen waren z. B. mangelnde Flexibilität und Kapazität der Fahrerinnen bzw. Fahrer.

    Ungedeckte Unterstützungsbedarfe

    Zwar wurden die hörbehinderten Frauen im Vergleich der Befragungsgruppen am seltensten unterstützt, aber sie gaben am häufigsten (61%) an, dass sie (mehr oder andere) Unterstützungskräfte benötigen würden. Dies dürfte sich vor allem auf eine unzureichende Unterstützung in der Kommunikation beziehen. Als Gründe, warum sie diese nicht erhalten, nannten die meisten gehörlosen Frauen finanzielle Gründe sowie die mangelnde Verfügbarkeit von Dolmetscherinnen und Dolmetschern, Beratungsstellen und Unterstützungseinrichtungen. Besonders schwierig sei es, spontan Unterstützung zu erhalten. Von einigen wenigen Frauen wurde auch die eigene Unkenntnis über mögliche Unterstützungen sowie die Umständlichkeit („zu viel Bürokratie“) beschrieben. Thematisiert wurde von einzelnen Frauen darüber hinaus, dass Außenstehende oft ein falsches Bild von Gehörlosen hätten und dächten, sie seien dumm oder bräuchten keine Hilfe, oder dass die Partnerin bzw. der Partner eine Unterstützungssuche verhindere.

    Diese Gründe wurden in ähnlicher Weise auch von den seh- und den körperbehinderten Frauen genannt. Von den sehbehinderten Frauen äußerten 41% und von den körperbehinderten Frauen 38% einen ungedeckten Unterstützungsbedarf. Auch sie sprachen vor allem den Kostenfaktor an. Die Frauen benannten darüber hinaus die mangelnden professionellen Angebote, die eigene Unkenntnis, wo und wie entsprechende Anträge gestellt werden könnten oder die Ablehnung von Anträgen, Zeitmangel nahestehender Personen, die Schwierigkeit, die „richtige“ Person zu finden, aber auch eigene Hemmschwellen, Hilfe in Anspruch zu nehmen, bzw. den Versuch, „alles alleine zu machen“. Einzelne Frauen sprachen zudem an, dass die Familie oder die Partnerin bzw. der Partner eine Unterstützung von außen ablehne und verhindere.

    Hilfen und Hilfsmittel

    Die von gehörlosen Interviewerinnen befragten Frauen (N=76) wurden gefragt, ob ihnen das „Recht auf Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen“[20] des Behindertengleichstellungsgesetzes bekannt sei. Dies beantworteten 60% positiv. 64% der gehörlosen Frauen gaben darüber hinaus an, dass sie von diesem Recht Gebrauch machten.[21] Die Frauen, die das Gesetz nutzten, wurden gefragt, wie zufrieden sie damit sind. Die meisten der Frauen, die hier weitere Angaben machten, nutzten dies in Bezug auf Dolmetscherinnen bzw. Dolmetscher und waren zufrieden, andere antworteten „teils, teils“ und gaben als Grund an, dass die Wartezeiten zu lang seien und zu wenig Stunden bewilligt würden.

    Diejenigen Frauen, die davon keinen Gebrauch machten, wurden nach den Gründen gefragt. Diese bestanden zumeist in fehlendem Wissen, teilweise aber auch mangelndem Verständnis der Paragrafeninhalte und der Einschätzung, dass der Antrag zu aufwendig sei. Einzelne Frauen antworteten, sie hätten dies nicht gebraucht, wollten unabhängig sein, die Kostenübernahme sei unklar oder es sei ein großer Aufwand, Dolmetscherinnen bzw. Dolmetscher zu organisieren.

    Fast alle hörbehinderten Frauen nutzten Hilfsmittel (98%), wie z. B. Lichtsignalanlagen (für Wecker, Fax etc.). Ein kleinerer Teil der Frauen nutzte auch Bildtelefone, Fax, Internet bzw. Computer, Handys (SMS) oder Hörgeräte. Einzelne Frauen nannten Telefon-Relay-Dienste, Vibrationssignale, Rauchmelder, Induktions- bzw. Ringschleifen, Untertitel, Bildschirmlesegeräte, Babyfone, Bewegungsmelder oder ein Dreirad zur Kompensation von Gleichgewichtsstörungen. 58% der Frauen würden (weitere) Hilfsmittel benötigen. Hier wurden vor allem Rauchmelder (mit Lichtanlage) und mehr Lichtklingeln bzw. Lichtsignale, Bildtelefone, Telefon-Relay-Dienste und Computer genannt. Einzelne Frauen nannten hier auch eine Videokamera mit Videomonitor, Untertitel, persönliche Assistenzen, Beratungsstellen, Dolmetscherinnen bzw. Dolmetscher, gebärdendes Handy, Psychotherapie und eine Selbsthilfegruppe sowie Hörgeräte.

    Bei den Hilfsmitteln, die 92% der sehbehinderten Frauen nutzten, handelte es sich vor allem um Blindenstöcke. Weniger Frauen gaben darüber hinaus Computer mit Blindenausstattung, Lesegeräte, Lupen und sprechende (Haushalts-)Geräte wie bspw. Handys oder Waagen etc. an. Einzelne Frauen nannten Farberkennungsgeräte, Taschenlampen, Brillen, einen Blindenhund, Ultrabody (signalisiert Hindernisse), Diktiergeräte, Daisy-Spieler, Strichcodeleser, digitale Notizbücher, Hörbücher, Radio, Monokular sowie nicht sehbehindertenspezifische Hilfsmittel wie Beinprothesen, Rollstuhl, Gehwagen und Hörgeräte. 42% der sehbehinderten Frauen gaben an, (weitere) Hilfsmittel zu benötigen.

    Dies waren vor allem Geräte zur Orientierung, blindengerechte Computer und entsprechendes Zubehör, sprechende Geräte, Strichcodescanner, Farberkennungsgeräte, Blindenhunde, Lesegerät und Daisyplayer. Einzelne Frauen benannten eine Lichtschutzbrille, einen Bahnhofslageplan, Stock, Breitdrucker, eine Sprachausgabe, mobile elektronische Lupe, Assistenz, Etikettiergerät, Gerät für Busansagen, Haushaltshelfer sowie Vorlesesystem.

    Fast alle körperbehinderten Frauen (95%) nutzten Hilfsmittel. Dies waren vor allem: Rollstühle und Rollatoren, weniger häufig aber auch Badhilfen, Krücken, Stöcke, Pflegebetten und Lifte. Von einigen wenigen Frauen wurden darüber hinaus weitere Hilfsmittel genannt, etwa Greifarme, Prothesen, Sprachausgaben, Atemgeräte, umgebaute Autos, Hunde, Brillen, Katheter, Windeln, Hörgeräte, Lesegeräte, Corsagen, Orthesen und Rampen. 35% der Frauen gaben an, sie würden (weitere) Hilfsmittel benötigen, wie z. B. Rollstühle, Treppenlifte, Pflegebetten, eine behindertengerechte Wohnausstattung, Rollstuhlzubehör (bspw. für den Winter), Badhilfen. Weitere erforderliche Hilfsmittel wurden in dieser Gruppe nur vereinzelt genannt, wie z. B. ein TENS-Gerät gegen Schmerzen (transkutane elektrische Nervenstimulation), ein Gehstock mit Kralle für den Winter, ein sprechendes Handy, Lesegerät, Spracherkennungsprogramm, Laufstuhl oder eine Rampe. Bei allen Befragungsgruppen waren die Gründe, warum sie diese benötigten Hilfsmittel nicht erhalten, weit überwiegend die Kosten und eine fehlende Übernahme der Kosten durch z. B. die Krankenkasse. Hinzu kamen Probleme mit schwierigen Beantragungen, Ablehnungen und Informationslücken.

    Die körperbehinderten Frauen sind in allen Lebensbereichen stärker eingeschränkt als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung, während die hör- und die sehbehinderten Frauen in manchen Lebensbereichen stärker und in anderen weniger stark eingeschränkt sind als die Frauen der Haushaltsbefragung. Die hörbehinderten Frauen waren vor allem in kommunikativen und sozialen Aktivitäten sowie im Berufsleben eingeschränkt. Mit Ausnahme der Einschränkung in Gesprächen gilt dies auch für die sehbehinderten Frauen. Die körperbehinderten Frauen dagegen nannten hohe Einschränkungen in allen Lebensbereichen, allen voran bei familiären und häuslichen Tätigkeiten, gefolgt von Freizeit und Erholung und Einschränkungen in der Selbstversorgung. Häufig wurden aber auch Einschränkungen im Beruf und bei sozialen Aktivitäten genannt und häufiger auch als bei den anderen Befragungsgruppen im Paarbeziehungsleben und bei lebensnotwendigen Tätigkeiten.

    Die Frauen der Zusatzbefragung nahmen erheblich häufiger als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung Unterstützung in Anspruch. Während mehr als die Hälfte der hörbehinderten (54%) und der sehbehinderten Frauen (57%) aktuell regelmäßig im Alltag unterstützt werden, trifft dies auf 85% der körperbehinderten Frauen zu. Die körperbehinderten Frauen werden auch bei erheblich mehr Tätigkeiten unterstützt. Während die hörbehinderten Frauen vor allem im Bereich der Kommunikation unterstützt werden, stehen bei den körperbehinderten Frauen Tätigkeiten wie Saubermachen der Wohnung, Bewegung außer Haus, aber auch intimere Tätigkeiten wie das Bettverlassen oder die Körperpflege im Vordergrund. Die sehbehinderten Frauen nahmen vor allem eine Unterstützung bei der Bewegung außer Haus, beim Regeln finanzieller Angelegenheiten und bei Ämter- und Behördenkontakten in Anspruch.

    Die Frauen aller drei Befragungsgruppen werden häufig durch Personen des nahen sozialen Umfeldes (Partnerinnen bzw. Partner, Familienangehörige, Freundinnen bzw. Freunde und Bekannte) unterstützt. Bei den hörbehinderten Frauen wurden als professionelle Kräfte vor allem Gebärdensprachdolmetscherinnen bzw. Gebärdensprachdolmetscher und bei den körperbehinderten Frauen auch Assistenzen und Pflegekräfte genannt. Schwierigkeiten schilderten vor allem die hörbehinderten Frauen in Bezug auf Kommunikationsprobleme, insbesondere wenn nichtprofessionelle Kräfte aus dem nahen sozialen Umfeld Unterstützung bei der Kommunikation leisten. 61% der hörbehinderten, 41% der sehbehinderten und 38% der körperbehinderten Frauen gaben an, dass sie (mehr oder andere) Unterstützungskräfte benötigen würden, aber diese zumeist aus Kostengründen nicht erhalten.

    Fast alle Frauen der Zusatzbefragungsgruppen nutzten Hilfsmittel, aber 58% der hörbehinderten, 42% der sehbehinderten und 35% der körperbehinderten Frauen würden (weitere) Hilfsmittel benötigen. Auch hier verhinderten vor allem Kostengründe, dass die Frauen diese Hilfsmittel bekommen.

    4.2.5 Gesundheitliche Versorgung

    Zufriedenheit mit dem aktuellen Gesundheitszustand und der gesundheitlichen Versorgung

    Wie die repräsentativen Befragungsgruppen wurden auch die Frauen der Zusatzbefragung gebeten, ihre Zufriedenheit mit ihrem aktuellen Gesundheitszustand anhand einer Sechser- Skala (von sehr zufrieden bis sehr unzufrieden) einzuschätzen. Die Analyse zeigt, dass etwa der gleiche Anteil (43% versus rund 45%) der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung wie der körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung unzufrieden mit dem Gesundheitszustand sind (Skalenwerte 4-6). Dies trifft nur auf jeweils rund 23–24% der sehbehinderten und der hörbehinderten Frauen zu. Im Gegensatz dazu hatten bei der Frauenstudie 2004 nur 14% der Frauen ihren Gesundheitszustand mit den Werten 4–6 als negativ beschrieben.

    Tabelle 128: Zufriedenheit mit dem Gesundheitszustand

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    (1) sehr zufrieden

    12

    13

    6

    (2)

    30

    36

    18

    (3)

    35

    27

    30

    (4)

    11

    17

    19

    (5)

    10

    6

    18

    (6) sehr unzufrieden

    2

    1

    9

    Gesamt

    100

    100

    100

    Signifikanz

    ** (0,001)

    Basis: Alle befragten Frauen.

    Auch bei der Frage nach der Zufriedenheit mit der gesundheitlichen Versorgung zeigen sich die körperbehinderten Frauen mit rund 24% ähnlich wie die Frauen in der repräsentativen Haushaltsbefragung (20%) am unzufriedensten. Dies traf auf 16% der hörbehinderten sowie 11% der sehbehinderten Frauen der Zusatzbefragung zu.

    Tabelle 129: Zufriedenheit mit der gesundheitlichen Versorgung

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    (1) sehr zufrieden

    8

    23

    15

    (2)

    34

    47

    36

    (3)

    34

    19

    22

    (4)

    7

    6

    15

    (5)

    5

    5

    6

    (6) sehr unzufrieden

    4

    0

    2

    Weiß nicht, habe keine gesundheitliche Versorgung

    8

    1

    2

    Gesamt

    100

    100

    100

    Signifikanz

    ** (0,001)

    Basis: Alle befragten Frauen.

    Die von gehörlosen Interviewerinnen befragten Frauen wurden darüber hinaus gefragt, wie zufrieden sie mit der Qualität und Handhabung der Kommunikation zwischen ihnen und der Ärztin bzw. dem Arzt sind. Hier zeigten sich 37% der Frauen unzufrieden, nur eine Frau war sehr zufrieden, 21% gaben den Skalenwert 2 an, ein Drittel (33%) den Skalenwert 3. Demnach ist gut ein Drittel der gehörlosen Frauen mit der Kommunikation mit der Ärztin oder dem Arzt unzufrieden.

    Verletzungen im Lebensverlauf

    Die sehbehinderten und die körperbehinderten Frauen wurden nach Verletzungen im Lebensverlauf gefragt. Bei den hörbehinderten Frauen wurde diese Frage nicht gestellt, um den modifizierten Fragebogen nicht zu lang werden zu lassen. Die Analyse zeigt, dass die sehbehinderten Frauen leicht häufiger von Verletzungen betroffen sind und beide Zusatzbefragungsgruppen etwas häufiger Verletzungen nannten als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung. Die Verletzungen, die auch nach Eintritt der Behinderung erlebt wurden, sind etwas seltener als in Bezug auf den ganzen Lebensverlauf. Dies liegt vermutlich an der Länge des Zeitraums, seit dem die Frauen behindert waren.

    Betrachtet man die Verletzungen, die auch nach Eintritt der Behinderung erlebt wurden, so sind die Unterschiede zwischen den seh- und den körperbehinderten Frauen nur bezüglich der Verletzungen im Gesicht signifikant. Diese wurden von den sehbehinderten Frauen mehr als doppelt so häufig angegeben wie von den körperbehinderten Frauen (48% versus 23%). Am häufigsten gaben beide Befragungsgruppen Verstauchungen an (60% der sehbehinderten und 47% der körperbehinderten Frauen). Etwa gleich häufig wurden Knochenbrüche (34% versus 35%) und Muskelrisse (jeweils 14%) genannt. Brandwunden gaben 35% der sehbehinderten und 30% der körperbehinderten Frauen an, schwere Stich und Schnittverletzungen 20% der sehbehinderten und 12% der körperbehinderten Frauen. Ausgekugelte Gelenke nannten die körperbehinderten Frauen mit 9% geringfügig häufiger als die sehbehinderten Frauen (5%). Andere schwere Verletzungen wurden von 13% bis 16% der Frauen der beiden Befragungsgruppen genannt.

    Tabelle 130: Verletzungen im Lebensverlauf

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    Signifikanz

    Verletzungen im Lebenslauf

    Verletzung erlebt

    Auch nach Eintritt der Behinderung

    Verletzung erlebt

    Auch nach Eintritt der Behinderung

    Knochenbrüche

    47

    34

    53

    35

    n.s.

    Verstauchungen

    79

    60

    75

    47

    n.s.

    Muskelrisse

    17

    14

    22

    14

    n.s.

    Verletzungen im Gesicht/blaues Auge

    57

    48

    37

    23

    **

    Brandwunden

    51

    35

    39

    30

    n.s.

    Schwere Stich- und Schnittverletzungen

    24

    20

    17

    12

    n.s.

    Ausgekugelte Gelenke

    9

    5

    13

    9

    n.s.

    Andere schwere Verletzungen

    26

    16

    21

    13

    n.s.

    Keine Angaben

    16

    22

    n.s.

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Die Ursachen der Verletzungen konnten hier nicht eruiert werden, sie könnten aber auch mit den Behinderungen und unzureichender Unterstützung bzw. unzureichenden Hilfsmitteln in einem Zusammenhang stehen. Von den körper- und sehbehinderten Frauen, die mindestens eine Verletzung genannt hatten, gaben darüber hinaus 10–12% an, dass dies eine Folge eines körperlichen oder sexuellen Übergriffs gewesen sei.

    Aktuelle Nutzung von Einrichtungen, Diensten oder Angeboten zur Unterstützung von Menschen mit Beeinträchtigungen

    Die Mehrheit der Frauen der Zusatzbefragung nutzt aktuell Einrichtungen, Dienste oder Angebote zur Unterstützung von Menschen mit Beeinträchtigungen. 70% der hörbehinderten und jeweils 84% der sehbehinderten und der körperbehinderten Frauen gaben die aktuelle Nutzung mindestens eines Angebots an.

    Tabelle 131: Anzahl der genutzten Angebote und Dienste für Menschen mit Behinderungen

    Anzahl der aktuell genutzten Angebote und Dienste

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    0

    30

    16

    16

    1

    42

    29

    17

    2–4

    28

    51

    50

    5–7

    0

    5

    16

    Mittelwert

    1,0

    1,8

    2,6

    Signifikanz

    **

    Basis: Alle befragten Frauen

    Die körperbehinderten Frauen gaben mit durchschnittlich 2–3 Angeboten (Mittelwert 2,6) die größte Anzahl genutzter Angebote an. Die hörbehinderten Frauen nutzten durchschnittlich nur ein Angebot, die sehbehinderten Frauen 1–2 Angebote (Mittelwert 1,8). Ein Angebot nutzten 42% der hörbehinderten, 29% der sehbehinderten und 17% der körperbehinderten. Die Hälfte der seh- und der körperbehinderten und 28% der hörbehinderten Frauen nutzten zwei bis vier Angebote. Mehr als vier Angebote nutzte keine der hörbehinderten, nur 5% der sehbehinderten und 16% der körperbehinderten Frauen. Das verweist darauf, dass körperbehinderte Frauen in erhöhtem Maße unterschiedliche Angebote nutzen, was auch mit ihrem breiteren Unterstützungsbedarf zu erklären ist (s.o.). Folgende Angebote wurden von den Frauen der Zusatzbefragung in Anspruch genommen:

    Tabelle 132: Aktuelle Nutzung von Angeboten für Menschen mit Beeinträchtigungen

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    Signifikanz

    Stationäre Angebote (Z. B. Wohnheim)

    0

    0

    2

    n.s.

    Angebote des betreuten Wohnens

    0

    3

    12

    **

    Selbsthilfegruppen

    15

    52

    29

    **

    Beratungsstellen

    23

    24

    18

    *

    Psychiatrische Einrichtungen

    5

    4

    8

    n.s.

    Ambulanter Pflegedienst

    1

    2

    22

    **

    Persönliche Assistenz

    4

    17

    20

    *

    Angebote in der Freizeitgestaltung

    41

    23

    25

    n.s.

    Fahrdienste

    5

    13

    34

    n.s.

    Sonder- und Förderschulen

    2

    3

    0

    n.s.

    Berufsförderungswerke

    0

    6

    11

    n.s.

    Berufsbildungswerke

    0

    0

    0

    n.s.

    Werkstätten für Menschen mit Behinderungen

    0

    0

    5

    n.s.

    Ambulanter Gesundheitsdienste1)

    7

    21

    69

    **

    Andere

    6

    18

    12

    n.s.

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Z. B. Ergotherapie, Logopädie, Krankengymnastik, Reha-Sport etc.

    Am häufigsten nutzten die hörbehinderten Frauen (41%) Angebote zur Freizeitgestaltung für Menschen mit Behinderungen. Am zweithäufigsten wurden Beratungsstellen (23%) und Selbsthilfegruppen (15%) genannt. Ambulante Gesundheitsdienste (7%), psychiatrische Einrichtungen (5%), persönliche Assistenzen (4%), Sonder- und Förderschulen (2%) und ambulante Pflegedienste (1%) wurden von Frauen dieser Befragungsgruppe nur selten in Anspruch genommen.

    Die sehbehinderten Frauen nutzten am häufigsten Selbsthilfegruppen (52%). Fahrdienste, persönliche Assistenzen, ambulante Gesundheitsdienste, Angebote zur Freizeitgestaltung für Menschen mit Behinderungen und Beratungsstellen wurden von 13% bis 24% der sehbehinderten Frauen genannt. Nur 2% bis 6% der Frauen gaben psychiatrische Einrichtungen, ambulante Pflegedienste, Angebote des betreuten Wohnens, Sonder- und Förderschulen und Berufsförderungswerke an.

    Ambulante Gesundheitsdienste wurden mit 69% von den körperbehinderten Frauen am häufigsten genannt. Dem folgten mit 34% Fahrdienste. Zwischen 18% und 29% der Frauen nahmen Beratungsstellen, persönliche Assistenzen, ambulante Pflegedienste, Angebote zur Freizeitgestaltung und Selbsthilfegruppen in Anspruch. 2–12% der Frauen nannten stationäre Angebote, psychiatrische Einrichtungen, Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, Berufsförderungswerke und Angebote des betreuten Wohnens.

    Die von gehörlosen Interviewerinnen befragten Frauen wurden gefragt, ob sie gezielt Einrichtungen, Dienste oder Angebote zur Unterstützung mit DGS-Kompetenz aufsuchten. Dies beantwortete die Hälfte der 76 Frauen (55%) positiv. Es handelte sich vor allem um Beratungsstellen für Gehörlose, Erziehungsberatungsstellen, Ärztinnen bzw. Ärzte, psychotherapeutische Angebote, in wenigen Fällen auch das Arbeitsamt und Jugendamt sowie Selbsthilfegruppen, Fitnessstudios und Sportvereine, Integrationsfachdienste und Schulen. Einzelne Frauen nannten Gehörlosenvereine, -gemeinden und -zentren, Logopädie, Gesundheitsberatung und Krankengymnastik. Von den 42 Frauen, die solche Angebote nutzten, waren 12% mit den Angeboten sehr zufrieden, 24% mittelmäßig zufrieden und 26% weniger zufrieden. 10% gaben an, es sei unterschiedlich, und 29% machten bei der Frage nach der Zufriedenheit mit den Angeboten keine Angabe. Diejenigen Frauen, die solche Angebote nicht nutzten, wurden gefragt, warum sie dies nicht taten. Die meisten Frauen gaben als Grund an, dass es kein entsprechendes Angebot gebe, wenige, dass sie keinen Bedarf hätten.

    Weiterhin wurden alle von gehörlosen Interviewerinnen befragten Frauen gefragt, welche Einrichtungen sie nutzen würden, wenn sie DGS-Kompetenzen hätten. An der Vielfalt der 59 Antworten der Frauen wurde deutlich, dass sich der Bedarf an DGS-Kompetenzen auf alle Lebensbereiche erstreckt.

    Vertrauenspersonen bei Angeboten und Diensten für Menschen mit Behinderungen

    Alle Frauen der Zusatzbefragungsgruppen, die Angebote und Dienste für Menschen mit Beeinträchtigungen nutzten, wurden gefragt, ob es bei einem oder mehreren dieser Angebote eine oder mehrere Personen gibt, mit der sie über persönliche Probleme sprechen können und der sie vertrauen. Dies ist insofern für die vorliegende Studie relevant, als Unterstützungs- und Präventionsangebote am besten dort anzusiedeln wären, wo ein gutes Vertrauensverhältnis bereits besteht.

    53% der gehörlosen, rund 59% der sehbehinderten und 68% der körperbehinderten Frauen, die entsprechende Angebote nutzten, gaben an, bei mindestens einem Angebot mindestens eine solche Vertrauensperson zu haben.

    Tabelle 133: Vertrauenspersonen bei Angeboten und Diensten für Menschen mit Behinderungen

    Zusatz-gehörlose Frauen N=58

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=108

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=109

    (%)

    Ja, eine Person

    31

    16

    23

    Ja, mehrere Personen

    22

    44

    45

    Nein

    45

    35

    28

    Keine Angabe

    2

    6

    4

    Gesamt

    100

    100

    100

    Signifikanz

    *

    Basis: Frauen, die Angebote, Dienste und Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen aktuell nutzen.

    Betrachtet man nun die einzelnen Angebote, bei denen die hörbehinderten Frauen Vertrauenspersonen angaben[22], so zeigt sich, dass sie zwar häufig aktuell Angebote zur Freizeitgestaltung nutzen, aber hier nur sehr selten eine Vertrauensperson benennen (5%). Da die Frauen außer in Bezug auf Beratungsstellen (18%) kaum ein Angebot nennen, bei dem sie zu einem hohen Anteil Vertrauenspersonen finden, könnte im Bereich der Freizeitangebote ein wichtiger Ansatzpunkt für die Prävention und Intervention von Gewalt liegen.

    Sehbehinderte Frauen benennen die meisten Vertrauenspersonen im Bereich der Selbsthilfegruppen (25%). Hier stellt sich die Frage, ob und wie das Gewaltthema noch stärker in die Selbsthilfe integriert werden könnte. Dieser Bereich könnte auch für die körperbehinderten Frauen wichtig sein, die Vertrauenspersonen in Selbsthilfegruppen zu 18% angaben. Bei den körperbehinderten Frauen scheinen aber in diesem Sinne vor allem auch die ambulanten Pflegedienste von Bedeutung, bei denen 32% der Frauen Vertrauenspersonen nannten.

    Tabelle 134: Eine/Mehrere Vertrauenspersonen für Besprechung persönlicher Probleme 1)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körper-behinderte Frauen N=130

    (%)

    Signifikanz

    Stationäre Angebote (Z. B. Wohnheim)

    0

    0

    0

    Angebote des betreuten Wohnens

    0

    0

    5

    **

    Selbsthilfegruppen

    7

    25

    18

    **

    Beratungsstellen

    18

    11

    6

    ns

    Psychiatrische Einrichtungen

    6

    3

    2

    ns

    Ambulanter Pflegedienst

    0

    0

    32

    **

    Persönliche Assistenz

    0

    8

    8

    **

    Angebote in der Freizeitgestaltung

    5

    9

    6

    *

    Fahrdienste

    0

    1

    0

    **

    Sonder- und Förderschulen

    1

    2

    0

    **

    Berufsförderungswerke

    0

    2

    1

    **

    Berufsbildungswerke

    1

    0

    0

    **

    Werkstätten für Menschen mit Behinderungen

    0

    0

    2

    **

    Ambulanter Gesundheitsdienste

    7

    4

    7

    **

    Andere

    7

    4

    *

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Hier haben sich die Befragten möglicherweise auf aktuelle und frühere Nutzung bezogen, daher sind hier teilweise die Angaben höher als in der linken Hälfte der Tabelle.

    Die körperbehinderten Frauen sind unzufriedener mit ihrem Gesundheitszustand und mit der gesundheitlichen Versorgung als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung, die seh- und hörbehinderten Frauen dagegen zufriedener. Von Verletzungen im Lebensverlauf sind die sehbehinderten Frauen leicht häufiger betroffen als die körperbehinderten Frauen und beide Zusatzbefragungsgruppen nannten etwas häufiger Verletzungen als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung. Dass die Verletzung eine Folge eines körperlichen oder sexuellen Übergriffs war, gaben ähnlich viele Frauen wie in der repräsentativen Haushaltsbefragung an (10–12% der von Verletzungen betroffenen Frauen).

    Die Mehrheit der Frauen der Zusatzbefragung nutzte aktuell Einrichtungen, Dienste oder Angebote zur Unterstützung von Menschen mit Beeinträchtigungen. 70% der hörbehinderten und jeweils 84% der sehbehinderten und der körperbehinderten Frauen gaben die aktuelle Nutzung mindestens eines Angebots an, wobei die körperbehinderten die meisten und die hörbehinderten Frauen die wenigsten Angebote (vor allem aufgrund fehlender DGS Kompetenzen bei den Einrichtungen) in Anspruch nahmen.

    4.2.6 Fazit

    Mit der Zusatzbefragung ist es gelungen, drei relevante Gruppen von Frauen mit Behinderungen zu erfassen, die in der repräsentativen Haushaltsbefragung nur ihrem Anteil an der Bevölkerung entsprechend vertreten waren oder dort nicht erreicht werden konnten. Dies waren die gehörlosen Frauen, die in Gebärdensprache befragt wurden, die sehr stark sehbehinderten und vollblinden Frauen sowie die schwerstkörper- und mehrfachbehinderten Frauen mit starken Bewegungseinschränkungen, die häufig Rollstuhlfahrerinnen waren. Neben den entsprechend dem Auswahlkriterium für die Befragung erwartbaren Behinderungen (Hör-, Seh- und Körperbehinderung) zeigte sich, dass in allen Befragungsgruppen die Frauen zusätzlich stark von psychischen Problemen betroffen sind, allen voran die hörbehinderten Frauen.

    Ziel war es, in der Zusatzbefragung im täglichen Leben noch stärker eingeschränkte Frauen mit entsprechenden Unterstützungsbedarfen zu erreichen als in der Haushaltsbefragung. Die Auswertung zeigte, dass nahezu alle Frauen der Zusatzbefragung entsprechende Einschränkungs- und Unterstützungserfahrungen gemacht haben und dass die ungedeckten Unterstützungsbedarfe sowie die Bedarfe an (zusätzlichen) Hilfsmitteln hier wesentlich höher liegen als in der repräsentativen Haushaltsbefragung. Auch nutzte die Mehrheit der Frauen aktuell Angebote, Dienste und Einrichtungen zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen, aber häufig mangelte es an Vertrauenspersonen in den Einrichtungen, die auch die Prävention von Gewalt und für die Unterstützung gewaltbetroffener Frauen hilfreich sein könnten. Zudem fehlten insbesondere Angebote in DGS für die gehörlosen Frauen.

    4.3 Gewalterfahrungen in Kindheit und Erwachsenenleben

    Wenn im Folgenden die Gewalterfahrungen der Frauen der Zusatzbefragung vergleichend ausgewertet werden mit den Gewalterfahrungen der repräsentativen Befragungsteile dieser Studie und den Gewalterfahrungen von Frauen im weiblichen Bevölkerungsdurchschnitt, die in der Frauenstudie 2004 erfasst wurden, ist zu beachten, dass die Ergebnisse zu den gehörlosen, blinden und körperbehinderten Frauen nicht für diese Gruppen verallgemeinert werden können. Bereits in der Auswertung der Sozialstruktur der Befragten der Zusatzbefragung fanden sich Hinweise darauf, dass möglicherweise eher die höher gebildeten, stärker organisierten und auch aktiveren Frauen mit dieser Zusatzbefragung erreicht werden konnten. Sehr stark isolierte Frauen, die nicht verbandlich organisiert sind, keine Medien nutzen und eventuell auch in ihrem Zuhause isoliert werden, konnten auf diesem Wege weniger gut erreicht werden. Es ist zu vermuten, dass die stärker isolierten Frauen in der Tendenz mehr Gewalt erlebt haben; allerdings kann es auch sein, dass Menschen, die selbst schwierige Situationen in ihrem Leben überwunden und bewältigt haben, sich stärker organisieren und engagieren, um andere zu unterstützen. Es könnten demnach gegenläufige Effekte wirksam sein, die sowohl eine geringere Aufdeckung von Gewalt aufgrund der Selektivität der Stichprobe nahelegen als auch den gegenteiligen Effekt einer höheren Gewaltbetroffenheit in der Stichprobe als in der Grundgesamtheit der in Deutschland lebenden gehörlosen, blinden und körperbehinderten Frauen. Allerdings müssten diese Effekte dann bei den drei Gruppen eher in derselben Richtung wirksam sein. Die im Folgenden beschriebenen Ergebnisse sind vor dem Hintergrund dieser Überlegungen als Tendenzen zu sehen und insgesamt vorsichtig zu interpretieren.

    4.3.1 Gewalt in Kindheit und Jugend

    a) Gewalt zwischen den Eltern

    Aus der folgenden Tabelle wird zunächst ersichtlich, dass die in der Zusatzbefragung erreichten blinden und körperbehinderten Frauen in etwa gleich häufig Gewalt zwischen den Eltern (zumeist vom Vater gegen die Mutter) miterlebt haben, dass aber die gehörlosen Frauen davon doppelt so häufig betroffen waren. So hat fast die Hälfte der gehörlosen Frauen (47%) angegeben, dass in ihrer Kindheit und Jugend körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Eltern vorkamen, während dies bei etwa jeder fünften bis sechsten blinden (21%) und körperbehinderten (18%) Frau der Fall war.

    Tabelle 135: Körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Eltern.

    Frauenstudie 2004 N=7.472

    (%)

    Haushalte N=766

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=76

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=115

    (%)

    Zusatz-körper-behinderte Frauen N=121

    (%)

    ja

    18

    20

    47

    21

    18

    nein

    79

    79

    51

    74

    78

    Keine Angabe

    3

    1

    1

    5

    5

    Basis: Alle Befragten, die bei einem/beiden Elternteil(en) aufgewachsen waren.

    Allerdings gaben vergleichsweise viele gehörlose Frauen, die von Auseinandersetzungen zwischen den Eltern berichteten an, dies sei selten oder einmal geschehen (etwa zwei Drittel davon im Vergleich zu 40–50% bei den anderen beiden Gruppen der Zusatzbefragung). Insgesamt 16% der gehörlosen Frauen und 10–11% der blinden und körperbehinderten Frauen berichteten, häufig oder gelegentlich Gewalt zwischen den Eltern miterlebt zu haben.

    Bei den gehörlosen Frauen ließ sich kein Zusammenhang zwischen der Gehörlosigkeit der Eltern und dem Auftreten von Gewalt zwischen den Eltern erkennen. Wodurch diese Unterschiede im Hinblick auf die Höherbetroffenheit durch gewaltbelastete Partnerbeziehungen zwischen den Eltern bei gehörlosen Frauen zurückgeführt werden können, ist unklar.

    b) Körperliche und psychische Gewalt durch die Eltern

    Die Frauen der Zusatzbefragung waren anteilsmäßig nicht signifikant häufiger von körperlicher Gewalt durch Eltern betroffen als die Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 und der Haushaltsbefragung, aber sie haben signifikant häufiger psychische Übergriffe durch Eltern erlebt.

    So hatten 74–83% der Frauen der Zusatzbefragung mindestens einmal körperliche Übergriffe durch Eltern berichtet im Vergleich zu 81% der Frauen der Frauenstudie 2004 und 85% der Frauen der Haushaltsbefragung. Mit 74–77% waren die blinden und körperbehinderten Frauen davon etwas seltener betroffen als die anderen Befragungsgruppen und der Anteil sank hier sogar leicht auf 68–75%, wenn diese bereits ab Kindheit/Jugend eine Behinderung hatten. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass Frauen mit diesen schwereren Behinderungen in der Tendenz eher von den Eltern nicht körperlich bestraft werden. Darüber hinaus wäre es aber auch möglich, dass die Eltern dieser beiden Befragungsgruppen (wie ihre Kinder) höher gebildet sind und entsprechend weniger körperliche Gewalt in der Erziehung angewendet haben.[23]

    Deutlich mehr von psychischen Übergriffen durch die Eltern betroffen als die Frauen der Frauenstudie 2004 waren dagegen alle Gruppen der Zusatzbefragung (52–63% vs. 36% der Frauen der Frauenstudie 2004). Am häufigsten berichteten dies blinde Frauen mit 63%, gefolgt von gehörlosen Frauen (59%) und körperbehinderten Frauen (52%), die dies ähnlich häufig angaben wie Frauen der Haushaltsbefragung der vorliegenden Studie. Interessant ist, dass die Betroffenheit durch psychische Gewalt durch Eltern nur bei den Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung ansteigt, wenn die Befragten bereits in Kindheit und Jugend eine Behinderung hatten. Die erhöhte Betroffenheit durch psychische Übergriffe durch Eltern wie Lächerlichmachen und Demütigen, Anbrüllen und seelisch verletzende Behandlung könnte auch ein Hinweis auf Überforderungen von Eltern mit behinderten Kindern sein, was sich bereits in der Analyse des elterlichen Verhaltens gegenüber den Frauen der Zusatzbefragung in Kap. 4.1.7 angedeutet hatte.

    Tabelle 136: Körperliche und/oder psychische Gewalt durch Eltern – Gesamtbetroffenheit

    Frauenstudie 2004 N=7.472

    (%)

    Haushalte N=766 (N=267)

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=76

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=115 (N=92)

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=121 (N=63)

    (%)

    Körperliche und/oder psychische Übergriffe durch Eltern

    83

    88

    (90)

    90

    (--) 1)

    83

    (80)

    82

    (79)

    Körperliche Übergriffe durch Eltern

    81

    85

    (86)

    83

    (--) 1)

    77

    (75)

    74

    (68)

    Psychische Übergriffe durch Eltern

    36

    53

    (62)

    59

    (--) 1)

    63

    (62)

    52

    Basis: Alle Befragten, die bei einem oder beiden Elternteilen aufgewachsen waren (Angaben in Klammern: nur Befragte, die Behinderung bereits in Kindheit und Jugend hatten). Mehrfachnennungen. 1)Nicht gesondert erfasst, da fast alle gehörlosen Frauen bereits ab Kindheit/Jugend betroffen.

    Abbildung 7. Diagramm 43: Körperliche und/oder psychische Gewalt durch Eltern – Gesamtbetroffenheit

    Balkendiagramm zu Tabelle 136

    Basis: Alle Befragten, die bei einem oder beiden Elternteilen aufgewachsen waren. Mehrfachnennungen.

    Werden die genannten körperlichen und psychischen Übergriffe durch Eltern in Kindheit und Jugend der Befragten im Detail vergleichend betrachtet, ergibt sich folgendes Bild:

    In der Einstiegsfrage gaben zunächst 53–67% der Frauen der Zusatzbefragung an, sie seien von den Eltern mindestens einmal körperlich bestraft oder geschlagen worden, was auf 71% der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung und 64% der Frauen der Frauenstudie 2004 zutraf. Dass dies häufig/gelegentlich geschehen sei, gaben mit 30% etwa gleich hohe Anteile der blinden und körperbehinderten wie Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung an. Gehörlose Frauen hatten dies häufig/gelegentlich zu 19% erlebt und damit deutlich seltener als die anderen Befragungsgruppen und etwa gleich häufig wie die Frauen der Frauenstudie 2004.

    In Bezug auf die Aussagen zu psychischer Gewalt durch Eltern (Items A–C und L) fällt zunächst auf, dass alle Befragungsgruppen der Zusatzbefragung, wie auch die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung, deutlich häufiger entsprechende Übergriffe durch Eltern angaben als Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt (Frauenstudie 2004). Etwa jede zweite bis dritte Befragte der Zusatzbefragung berichtet jeweils, von den Eltern lächerlich gemacht oder gedemütigt worden zu sein, 40–44% wurden nach eigenen Aussagen sobehandelt, dass es seelisch verletzend war, und 33–44% niedergebrüllt; 28–30% gaben darüber hinaus andere seelisch verletzende Behandlungen durch die Eltern an (Item L). Von Lächerlichmachen, Demütigung und anderen seelisch verletzenden Handlungen durch Eltern waren blinde und körperbehinderte Frauen etwas häufiger betroffen als gehörlose Frauen; niedergebrüllt wurden dagegen gehörlose und blinde Frauen häufiger. Da blinde Frauen hierzu häufiger keine Angaben gemacht haben, könnte sich bei diesen noch ein höheres Dunkelfeld hinter den Aussagen verbergen.

    Tabelle 137: Körperliche/Psychische Gewalt durch Eltern

    Frauenstudie 2004 N=7.472

    (%)

    Haushalte N=766 (N=267)

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=76

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=115 (N=92)

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=121 (N=63)

    (%)

    Einstiegsfrage: Durch Eltern geschlagen/körperlich bestraft

    64

    71

    (75)

    53

    67

    (64)

    60

    (54)

    Häufig/gelegentlich geschlagen/körperlich bestraft

    19

    32

    (38)

    19

    28

    (25)

    30

    (24)

    Itemliste: Wurde ...

    A) lächerlich gemacht und gedemütigt (über mich lustig gemacht/heruntergeputzt)

    18

    30

    (36)

    25

    35

    (37)

    30 1)

    (24)

    B) so behandelt, dass es seelisch verletzend war (etwas Schlimmes gesagt, das wehgetan hat/schlecht behandelt)

    23

    39

    (46)

    40

    44

    (48)

    40 1)

    (38)

    C) niedergebrüllt (ganz schlimm angeschrien)

    26

    34

    (43)

    44

    44

    (43)

    33 1)

    (30)

    D) leicht geohrfeigt

    58

    52

    (54)

    62

    53

    (51)

    38 1)

    (38)

    E) bekam eine schallende Ohrfeige mit sichtbaren Striemen (schlimme Ohrfeige)

    12

    18

    (18)

    24

    17

    (14)

    21 1)

    (16)

    F) einen strafenden Klaps auf den Po (leicht auf den Po gehauen)

    61

    53

    (54)

    61

    58

    (61)

    45 1)

    (38)

    G) mit der Hand kräftig den Po versohlt

    28

    32

    (37)

    21 1)

    28

    (26)

    29

    (22)

    H) mit einem Gegenstand auf den Finger geschlagen

    8

    14

    (16)

    14 1)

    10

    (11)

    12 1)

    (11)

    I) mit einem Gegenstand kräftig geschlagen

    14

    21

    (23)

    15 1)

    15

    (14)

    13 1)

    (10)

    J) bekam heftige Prügel (heftig verprügelt)

    10

    16

    (18)

    8

    13

    (11)

    19 1)

    (14)

    K) wurde auf andere Weise körperlich bestraft

    3

    10

    (10)

    12 1)

    6 1)

    (4)

    9 2)

    (13)

    L) wurde auf andere Weise seelisch verletzend behandelt

    --

    23

    (27)

    30 1)

    33 1)

    (34)

    28 2)

    (25)

    1)5–7% keine Angabe. 2)9–10% keine Angabe.

    Aus der vorangegangenen Tabelle wird mit Blick auf körperliche Gewalt durch Eltern sichtbar, dass einige schwerere körperliche Gewalthandlungen von den blinden und körperbehinderten Frauen häufiger genannt wurden als von den gehörlosen Frauen. So gaben 28–29% der blinden und körperbehinderten Frauen an, „mit der Hand kräftig den Po versohlt bekommen“ zu haben (vs. 21% der gehörlosen Frauen, die allerdings hier zu 5% keine Angaben machten); 13–19% berichteten über heftige Prügel durch Eltern (vs. 8% der gehörlosen Frauen, 4% keine Angabe); möglicherweise war hier aber auch die Scham der gehörlosen Frauen größer, über entsprechende körperliche Gewalthandlungen durch Eltern zu berichten. Die Angaben in Klammern zeigen auf, dass körperbehinderte Frauen solche schwereren Körperstrafen durch Eltern etwas seltener erlebt haben, wenn sie in Kindheit und Jugend bereits eine Behinderung hatten.

    c) Körperliche Gewalt durch andere Kinder/Jugendliche

    Körperlicher Gewalt durch andere Kinder und Jugendliche waren mit 46–55% etwa die Hälfte aller Frauen der Zusatzbefragung in Kindheit und Jugend ausgesetzt und wiesen damit ähnlich hohe Betroffenheiten auf wie die Frauen mit Behinderungen der repräsentativen Haushaltsbefragung. Vergleichswerte zum weiblichen Bevölkerungsdurchschnitt existieren hierzu nicht. Gewalt durch andere Kinder und Jugendliche kam bei den blinden und gehörlosen Frauen etwas seltener vor als bei den anderen Befragungsgruppen (46%); allerdings berichteten die befragten blinden Frauen dies – wie die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung – dann häufiger, wenn sie in Kindheit und Jugend bereits behindert waren (61%).

    Tabelle 138: Körperliche Angriffe durch andere Kinder/Jugendliche

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800 (N=279)

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128 (N=104)

    (%)

    Zusatz körperb. Frauen N=130 (N=69)

    (%)

    ja

    --

    57 (60)

    46

    55 (61)

    46 (35)

    nein

    --

    41 (40)

    51

    43 (38)

    51 (65)

    Keine Angabe

    --

    1 (0)

    4

    2 (2)

    3 (0)

    Basis: Alle Befragten (Angaben in Klammern: nur Frauen, die in Kindheit oder Jugend behindert/beeinträchtigt waren).

    d) Körperliche und psychische Übergriffe in Einrichtungen/Heimen Insgesamt 31 der in der Zusatzbefragung erreichten gehörlosen Frauen, 18 blinde Frauen und 6 körperbehinderte Frauen waren in ihrer Kindheit und Jugend überwiegend oder teilweise in Heimen und Einrichtungen untergebracht. Auch wenn diese Fallzahlen zu gering sind für aussagekräftige statistische Auswertungen, so zeigt sich dennoch, dass dort sehr häufig körperliche und auch psychische Gewalt erlebt wurde.

    Von allen Frauen der Zusatzbefragung, die in Kindheit und Jugend im Heim oder einer Einrichtung untergebracht waren (N=55), haben 71% psychische Übergriffe im Heim erlebt, 44% berichteten von körperlichen Übergriffen und drei Viertel (75%) waren dort psychischen und/oder körperlichen Übergriffen ausgesetzt.

    Auffällig ist, dass die blinden Frauen zu etwa einem Drittel keine Angaben zu Übergriffen in Einrichtungen in Kindheit und Jugend gemacht haben. Die Angaben der körperbehinderten Befragten hierzu sind aufgrund der geringen Fallzahlen nicht statistisch auswertbar. 45% der gehörlosen und 39% der blinden Frauen berichteten von körperlicher Gewalt, 74% der gehörlosen und 61% der blinden Frauen von psychischen Übergriffen in Einrichtungen. Die Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen waren hier nicht signifikant.

    Tabelle 139: Körperliche und/oder psychische Gewalt in Einrichtungen – Gesamtbetroffenheit

    Zusatzbefragung gesamt N=55

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=31

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=18

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=6

    (%)

    Körperliche und/oder psychische Übergriffe

    75 1)

    7 2)

    67 3)

    (83)

    Körperliche Übergriffe

    44 1)

    45 2)

    39 3)

    (50) 3)

    Psychische Übergriffe

    71 1)

    74 2)

    61 3)

    (83)

    Basis: Befragte, die ganz oder teilweise in Heimen aufgewachsen sind. 1)13–18% keine Angabe. 2)7% keine Angabe. 3)28–33% keine Angabe.

    Besonders häufig berichteten die betroffenen Frauen, lächerlich gemacht oder gedemütigt worden zu sein (50–61%), von seelisch verletzenden Handlungen (36–61%), niedergebrüllt (28–36%), eingesperrt (23%) oder in Entscheidungen nicht einbezogen worden zu sein (36%), Ohrfeigen (29%) und dem Schlagen mit einem Gegenstand auf die Finger (23%). Gehörlose Frauen waren hier in der Tendenz häufiger als die anderen Befragungsgruppen entsprechenden Aggressionen und Übergriffen ausgesetzt; dies könnte sich aber stark relativieren, wenn in Betracht gezogen wird, dass bis zu einem Drittel der anderen beiden Befragungsgruppen zu den Handlungen keine Angaben gemacht haben.

    Im Einzelnen wurden im Hinblick auf psychische und körperliche Übergriffe in Einrichtungen in Kindheit und Jugend der Befragten die Handlungen in folgender Verteilung genannt:

    Tabelle 140: Körperliche und psychische Übergriffe in Einrichtungen

    Zusatz-gehörlose Frauen N=31

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=18

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=6

    (%)

    Jemand im Heim/Internat …

    1 hat mich lächerlich gemacht und gedemütigt

    61

    50

    (67)

    2 hat mich so behandelt, dass es seelisch verletzend war

    36

    61

    (83)

    3 hat mich schmerzhafte oder demütigende Behandlungen oder Therapien gemacht

    (10)

    (6)

    (33)

    4 hat mich bei Entscheidungen über Leben und Behandlungen nicht gefragt oder einbezogen

    36

    (17)

    (83)

    5 hat mich eingesperrt

    23

    (17)

    (50)

    6 hat mich niedergebrüllt

    36

    28

    (50)

    7 hat mich leicht geohrfeigt

    29

    (17)

    (17)

    8 gab mir eine schallende Ohrfeige mit sichtbaren Striemen

    (13)

    (17)

    (33)

    9 gab mir einen strafenden Klaps

    19

    (17)

    (17)

    10 hat mir mit der Hand kräftig den Po oder einen anderen Körperteil versohlt

    16

    (6)

    (33)

    11 hat mich mit einem Gegenstand auf die Finger geschlagen

    23

    (6)

    (33)

    12 hat mich mit einem Gegenstand kräftig geschlagen

    (10)

    (6)

    (17)

    13 gab mir heftige Prügel

    0

    0

    (33)

    14 hat mich auf andere Weise körperlich bestraft

    (10)

    (11)

    (33)

    15 hat mich auf andere Weise seelisch verletzendbehandelt

    23

    (22)

    (50)

    Keine Angabe

    7–13

    28–33

    17–33

    Basis: Frauen, die überwiegend/teilweise in Einrichtungen/Heimen aufgewachsen waren (Angaben in Klammern wegen geringer Fallzahlen statistisch nicht auswertbar). Mehrfachnennungen.

    e) Sexueller Missbrauch

    Ein äußerst problematisches Ergebnis der Zusatzbefragung ist, dass jede zweite bis dritte gehörlose, blinde und körperbehinderte Frau in Kindheit und Jugend sexuelle Übergriffe durch Erwachsene und/oder Kinder/Jugendliche erlebt hat. Jede Dritte bis Vierte war von sexuellem Missbrauch durch Erwachsene betroffen und jede Dritte bis Siebte von sexuellen Übergriffen durch andere Kinder/Jugendliche. Waren bereits die in der repräsentativen Einrichtungs- und Haushaltsbefragung einbezogenen Frauen mit Behinderungen zwei- bis dreimal häufiger von sexuellem Missbrauch betroffen als Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt (vgl. Kap. 3.3.1), so deutet sich in den Zusatzbefragungen eine mehr als dreifach erhöhte Betroffenheit an, insbesondere bei den gehörlosen und blinden Frauen. So gab von den befragten gehörlosen Frauen mehr als jede Zweite (52%) sexuelle Übergriffe in Kindheit und Jugend an und bei den blinden Frauen waren es 40%. Allein von Übergriffen durch Erwachsene war jede dritte blinde und gehörlose Frau und jede vierte körperbehinderte Frau betroffen. Damit haben blinde und allen voran gehörlose Frauen von allen Befragungsgruppen der Studie am häufigsten sexuellen Missbrauch in Kindheit und Jugend angegeben, mehr noch als die in Einrichtungen lebenden psychisch erkrankten Frauen (36%). Die Tatsache, dass 11–13% der gehörlosen Frauen hier keine Angaben gemacht haben (vs. 1–4% bei den anderen Frauen der Zusatzbefragung), könnte sogar noch höhere Dunkelfelder nahelegen. Auffällig ist auch, dass die gehörlosen Frauen in so hohem Maße sexuellen Übergriffen durch Kinder und Jugendliche ausgesetzt waren, die sie, wie die weitere Auswertung zeigen wird, in nicht unerheblichem Maße in den Gehörlosenschulen und Bildungseinrichtungen erlebt haben dürften (s.u.).

    Tabelle 141: Sexueller Missbrauch in Kindheit und Jugend (durch Erwachsene und/oder Kinder/Jugendliche)

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Mindestens eine Situation durch Kinder, Jugendliche und/oder Erwachsene erlebt

    -- 1)

    30

    52 2)

    40

    34

    Mindestens eine Situation durch Erwachsene erlebt

    10

    24

    34 3)

    34

    25

    Mindestens eine Situation durch Kinder/Jugendliche erlebt

    -- 1)

    11

    36 3)

    17

    14

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Wurde nicht erhoben. 2)5% durchgängig keine Angabe. 3)11–13% keine Angabe.

    Abbildung 8. Diagramm 44: Sexueller Missbrauch in Kindheit und Jugend (durch Erwachsene und Kinder/Jugendliche)

    Balkendiagramm zu Tabelle 141

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Bei den sexuellen Übergriffen in Kindheit und Jugend, die die Frauen berichteten, hat es sich am häufigsten um sexuelle Berührungen an intimen Körperstellen gehandelt, aber auch – gerade bei sexuellem Missbrauch durch Erwachsene – um das Bedrängen, diese an intimen Körperstellen zu berühren, oder das Bedrängen/Erzwingen anderer sexueller Handlungen.

    Tabelle 142: Sexueller Missbrauch in Kindheit und Jugend

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Situation erlebt durch Erwachsene …

    1 sexuell berührt/an intimen Körperstellen angefasst

    9

    21

    28

    30

    23

    2 gedrängt oder gezwungen, die Person an intimen Körperstellen zu berühren

    3

    8

    15

    13

    9

    3 gedrängt oder gezwungen, sich selbst an intimen Körperstellen zu berühren

    1

    2

    (2)

    (2)

    (3)

    4 zu sexuellen Handlungen gezwungen

    2

    6

    7

    10

    8

    5 zu anderen sexuellen Handlungen gedrängt

    2

    6

    13

    12

    9

    Situation erlebt durch Kinder/Jugendliche

    1 sexuell berührt/an intimen Körperstellen angefasst

    -- 1)

    9

    31

    14

    11

    2 gedrängt oder gezwungen, die Person an intimen Körperstellen zu berühren

    -- 1)

    2

    (5)

    6

    4

    3 gedrängt oder gezwungen, sich selbst an intimen Körperstellen zu berühren

    -- 1)

    0

    (2)

    (2)

    4

    4 zu sexuellen Handlungen gezwungen

    -- 1)

    2

    5

    4

    3

    5 zu anderen sexuellen Handlungen gedrängt

    -- 1)

    2

    15

    9

    4

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Sexueller Missbrauch durch Jugendliche/Kinder hier nicht erfasst.

    Von allen Frauen der Zusatzbefragung mit sexuellen Missbrauchserfahrungen in Kindheit und Jugend, die zu den Täterinnen bzw. Tätern Angaben gemacht haben (N=134; 3% keine Angabe), gab die überwiegende Mehrheit an, es habe sich um Personen aus der Familie gehandelt (40%) oder um Personen aus Schule, Ausbildung und Einrichtungen (39%), wobei hier Schulen und Förderschulen eine zentrale Rolle einnehmen (34%).[24] Auch bekannte (22%) und flüchtig bekannte (23%) sowie unbekannte Täterinnen und Täter (13%) wurden häufiger genannt, seltener dagegen Partner bzw. Personen, mit denen Liebesbeziehungen bestanden, Menschen aus der gesundheitlichen Versorgung und andere, nicht näher spezifizierte Personen (jeweils 2–5%).

    Im Vergleich der Untersuchungsgruppen fällt sehr stark auf, dass gehörlose Frauen bei den Täternennungen noch häufiger sexuellen Missbrauch in (Förder-)Schulen angegeben haben als die anderen beiden Befragungsgruppen (57% vs. 22–26%). Dies und auch die konkreten Nennungen von Täterinnen und Tätern lassen darauf schließen, dass alle Frauen der Zusatzbefragung, insbesondere aber die gehörlosen Frauen, in hohem Maße Opfer von sexuellem Missbrauch in Institutionen geworden sind. Dagegen haben blinde und körperbehinderte Frauen anteilsmäßig häufiger Täterinnen und Täter aus der Familie genannt (45–50% vs. 24% bei den Täternennungen gehörloser Frauen). Flüchtig bekannte Personen wurden wiederum von den gehörlosen Frauen anteilsmäßig häufiger als Täter genannt (36% vs. 12-22% bei den anderen beiden Befragungsgruppen der Zusatzbefragung).

    Tabelle 143: Täterinnen bzw. Täter bei sexuellem Missbrauch in Kindheit und Jugend

    Zusatz-befragung gesamt N=134

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=42

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=50

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=42

    (%)

    Jemand Unbekanntes

    13

    12

    10

    17

    Jemand flüchtig Bekanntes

    23

    36

    22

    12

    Partnerin bzw. Partner

    (5) 1)

    10

    (2)

    (2)

    Jemand aus der Familie

    40

    24

    50

    45

    Freundinnen bzw. Freunde/Bekannte/Nachbarschaft

    22

    19

    28

    19

    Jemand aus Schule, Ausbildung, Arbeit, Einrichtung (gesamt)2)

    39

    60

    24

    36

    Schule/Förderschule, Ausbildung (Arbeit)3)

    34

    57

    22

    26

    Gesundheitliche Versorgung

    (4)

    (2)

    (2)

    7

    Personen in Einrichtungen, Angeboten, Diensten der Behindertenhilfe3)

    10

    26

    (2)

    (2)

    Sonstige

    (2)

    (0)

    (4)

    (2)

    Mehrfachnennungen (Mehrfachantworten); Basis: Frauen, die Angaben zu Täterinnen bzw. Tätern bei erlebtem sexuellen Missbrauch gemacht haben. 1)Werte in Klammern: Fallzahlen zu klein für statistische Auswertung; 2)Hier wurden alle Einrichtungen einbezogen (inklusive Schule/Bildungseinrichtungen, Arbeitsstelle, Gesundheitseinrichtungen und Einrichtungen der Behindertenhilfe); 3)Personen aus der Förderschule, die in der repräsentativen Befragung keine Rolle gespielt haben, wurden hier mit einbezogen. Diese wurden besonders von den gehörlosen Frauen häufiger angegeben (24% derjenigen, die Täterinnen bzw. Täter genannt haben). Integriert sind hier auch vereinzelt Fälle, die sich auf Arbeitszusammenhänge und Ausbildung beziehen.

    Wenn die Frauen der Zusatzbefragung Opfer von Personen aus der Schule, Ausbildung und aus Einrichtungen geworden waren, dann handelte es sich fast durchgängig um den Kontext von Schulen/Förderschulen und hier, soweit dies genauer spezifiziert wurde, zu etwa drei Viertel um Übergriffe durch (zumeist männliche) Mitschüler und zu einem Viertel um Übergriffe durch (fast durchgängig männliche) Lehr- und Erziehungspersonen. Wenn Personen aus der Familie genannt und weiter spezifiziert wurden, dann waren das zumeist Eltern (43%, und hier zu etwa 90% der Vater) und (fast durchgängig männliche) Verwandte (44%), seltener Brüder (13%). Wenn Personen aus dem Bereich der gesundheitlichen Versorgung genannt wurden, handelte es sich in vier Fällen um männliche Ärzte in ambulanter Praxis (sowie eine Ärztin) und in 2 Fällen um männliches Personal und einen Arzt im Krankenhaus. Wenn das Geschlecht der Täterinnen bzw. Täter genannt wurde (N=131), dann waren diese zu 89% männlich, zu 2% weiblich und in 10% der Fälle wurden Täter beiderlei Geschlechts angegeben.

    Gut ein Drittel der Frauen der Zusatzbefragung, die in Kindheit und Jugend von sexuellem Missbrauch betroffen waren, hatten dies einmal erlebt, etwa 56% der Betroffenen mehrmals, teilweise mehr als zehnmal (20%), sodass es sich bei einem großen Teil der Fälle um fortgesetzten sexuellen Missbrauch gehandelt hat. 2–6% der Frauen haben dazu keine Angaben gemacht.

    In der Studie wird ein sehr gravierendes Ausmaß an sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend gerade auch bei den Befragten der Zusatzbefragung sichtbar. Waren bereits die Befragten der repräsentativen Haushalts- und Einrichtungsbefragung der vorliegenden Studie zwei- bis dreimal häufiger von sexuellem Missbrauch durch Erwachsene betroffen als die Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt, so traf dies auf die Frauen der Zusatzbefragung noch häufiger zu. Wird sexueller Missbrauch durch Kinder und Jugendliche mit einbezogen, dann hat jede zweite bis dritte gehörlose, blinde und körperbehinderte Frau sexuelle Gewalt in Kindheit und Jugend angegeben, allen voran die gehörlosen Frauen mit einer Betroffenheit von über 50%, gefolgt von den blinden (40%) und körperbehinderten Frauen (34%). Gehörlose Frauen waren besonders häufig von sexuellem Missbrauch in Schulen und Einrichtungen (häufig auch Förderschulen) betroffen, während betroffene blinde und körperbehinderte Frauen vergleichsweise häufiger sexuellen Missbrauch in der Familie, zumeist durch Väter und männliche Verwandte, erlebt haben. Die gehörlosen Frauen haben darüber hinaus in Kindheit und Jugend doppelt so häufig wie die anderen Befragungsgruppen Tätlichkeiten zwischen den Eltern miterlebt. Von körperlicher Gewalt durch Eltern waren die Frauen der Zusatzbefragung anteilsmäßig nicht signifikant häufiger betroffen als die Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 und der repräsentativen Haushaltsbefragung dieser Studie. Sie haben allerdings signifikant häufiger psychische Übergriffe durch Eltern erlebt. Darüber hinaus wurden von etwa drei Viertel der Frauen der Zusatzbefragung, wenn sie in Heimen und Einrichtungen aufgewachsen waren, psychische und/oder körperliche Übergriffe in Einrichtungen in Kindheit und Jugend benannt.

    4.3.2 Gewalt im Erwachsenenleben

    Im Folgenden werden die Ergebnisse der Zusatzbefragung zu Gewalt im Erwachsenenleben der Frauen dokumentiert, die psychische und körperliche Gewalt, sexuelle Belästigung, ungewollte sexuelle Handlungen und erzwungene sexuelle Handlungen umfassen. Dabei wird wiederum ein Vergleich zu den Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 hergestellt, aber auch ein Vergleich zur Gewaltbetroffenheit der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung der vorliegenden Studie.

    4.3.2.1 Psychische Gewalt im Erwachsenenleben

    Im Rahmen der Studie wurden verschiedene Dimensionen psychischer Gewalt abgefragt, die verbale Gewalt (Anschreien, Beschimpfen, Demütigung), Bedrohung, Lächerlichmachen, Unterdrückung und Schikane, Verleumdung, Zwang, Benachteiligung und Ausgrenzung sowie Psychoterror und andere verletzende Handlungen umfassen. Die Fragen waren weitgehend identisch mit den Fragen der Frauenstudie 2004 und nur um die Dimension „Benachteiligungen aufgrund der Behinderung“ erweitert worden.

    Den Auswertungen nach haben die Frauen der Zusatzbefragung fast doppelt so häufig wie Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt mindestens eine Form psychischer Gewalt in ihrem Erwachsenenleben erlebt. 84% der gehörlosen Frauen, 88% der blinden Frauen und 78% der körperbehinderten Frauen gaben an, mindestens eine der Handlungen der Itemliste zu psychischer Gewalt erlebt zu haben (im Vergleich zu 77% der Frauen der repräsentativen Haushaltsstudie). Der Abstand zwischen den Frauen der repräsentativen Haushalts- und der Zusatzbefragung wird noch größer, wenn nur jene Handlungen einbezogen werden, die erst seit Eintreten der Behinderung erlebt wurden. Dann haben blinde Frauen zu 83% psychische Gewalt seit Eintreten der Behinderung erlebt, körperbehinderte Frauen zu 72%, die Frauen der Haushaltsbefragung aber nur zu 56%; bei den gehörlosen Frauen (84%) wurde dies nicht abgefragt, weil sie fast durchgängig bereits in Kindheit und Jugend behindert waren.

    Auch die Prävalenz von psychischer Gewalt in den letzten 12 Monaten verweist darauf, dass die Frauen der Zusatzbefragung deutlich häufiger auch aktuell davon betroffen sind (40– 48%) als die Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt (15%) und auch häufiger als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung (36%).

    Abbildung 9. Diagramm 45: Psychische Gewalt im Erwachsenenleben

    Balkendiagramm zu Tabelle 144

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Tabelle 144: Psychische Gewalt im Erwachsenenleben

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körper-behinderte Frauen N=130

    (%)

    Mindestens eine Situation erlebt (Einstiegsfrage und Itemliste gesamt)

    45

    77

    (56) 1)

    84

    (--) 1)

    88

    (83) 1)

    78

    (72) 1)

    Mindestens eine Situation in den letzten 12 Monaten erlebt

    15

    36

    40

    44

    48

    Situation erlebt – nur nach Einstiegsfrage

    26

    45

    66

    50

    49

    Situation erlebt …

    A) schwer beleidigt, eingeschüchtert oder aggressiv angeschrien

    28

    56

    54

    59

    44

    B) auf verletzende Art und Weise lächerlich gemacht, gehänselt, abgewertet oder gedemütigt

    23

    44

    65

    55

    44

    C) regelmäßig schikaniert oder unterdrückt

    13

    28

    31

    28

    26

    D) benachteiligt oder schlecht behandelt wegen Geschlecht, Alter oder Herkunft

    11

    22

    31

    23

    21

    E) benachteiligt, Fähigkeiten abgesprochen oder schlecht behandelt, weil behindert oder beeinträchtigt

    -- 2)

    15

    60

    69

    57

    F) Schlimmes angedroht oder Angst gemacht

    9

    26

    30

    29

    27

    G) erpresst oder zu etwas gezwungen, was ich nicht wollte

    7

    21

    36

    23

    24

    H) verleumdet oder systematisch bei anderen Schlechtes über mich verbreitet

    15

    32

    48

    33

    30

    I) ausgegrenzt oder versucht, mich aus einer Gruppe auszuschließen

    13

    26

    40

    50

    32

    J) psychisch so stark belastet, dass es als Psychoterror oder seelische Grausamkeit empfunden wurde

    12

    34

    43

    31

    31

    K) Sonstige psychisch verletzenden Handlungen

    -- 2)

    14

    23

    19

    12

    Basis: Alle befragten Frauen (Werte in Klammern: Handlungen seit Eintreten der Behinderung). Mehrfachnennungen. 1)In Klammern angegebene Werte beziehen sich auf Handlungen, die auch nach Eintreten der Behinderungen erlebt wurden. Bei den gehörlosen Frauen wurde dies nicht abgefragt, weil sie weit überwiegend bereits ab Kindheit/Geburt behindert waren.; 2)Frage in der Frauenstudie 2004 nicht vorhanden; signifikante Unterschiede zu den anderen Gruppen bleiben bestehen, wenn diese Items ausgeschlossen werden.

    Aus den genannten Einzelhandlungen wird ersichtlich, dass Frauen der Zusatzbefragung besonders häufig diskriminierende Handlungen aufgrund der Behinderung erfahren haben (57–69% vs. 15% der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung) sowie das Gefühl, ausgegrenzt zu werden (mit 40–50% besonders häufig von den gehörlosen und blinden Frauen genannt vs. von 32% bei körperbehinderten Frauen, 26% bei Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung und 13% der Frauen der Frauenstudie 2004). Darüber hinaus gaben gehörlose Frauen der Zusatzbefragung besonders häufig an, erpresst oder zu ungewollten Handlungen gezwungen worden zu sein (36%), außerdem, dass andere sie verleumdet oder systematisch Schlechtes über sie verbreitet hätten (48%). Auch wurden sie vergleichsweise häufig psychisch so stark belastet, dass sie es als Psychoterror oder seelische Grausamkeit empfunden haben (43%).

    Frauen der Zusatzbefragung haben in allen Lebensbereichen deutlich häufiger psychische Gewalt erlebt als Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung und als Frauen der Frauenstudie 2004. Eine extrem hohe Betroffenheit aller drei Gruppen der Zusatzbefragung fällt zunächst auf in Bezug auf psychische Übergriffe durch unbekannte Personen an öffentlichen Orten, von der etwa die Hälfte der Frauen der Zusatzbefragung betroffen waren (46–56% vs. 18–25% bei der Frauenstudie 2004 und der repräsentativen Haushaltsbefragung) und in Bezug auf psychische Gewalt im Kontext von Arbeit, Ausbildung und Schule, von der 61–62% der gehörlosen und blinden Frauen betroffen waren sowie 45% der körperbehinderten Frauen (gegenüber 30–35% in der Frauenstudie 2004 und der repräsentativen Haushaltsbefragung). Es ist naheliegend, dass es sich hier in hohem Maße um diskriminierungsrelevante psychische Gewalt in der Öffentlichkeit und im Arbeitsleben gehandelt hat.

    Tabelle 145: Tatkontexte bei psychischer Gewalt im Erwachsenenleben.

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Öffentliche Orte/Unbekannte

    Genannt

    18

    25

    46

    56

    49

    häufig/gelegentlich

    5

    11

    19

    30

    29

    Arbeit/Schule/Ausbildung

    Genannt

    30

    35

    61

    62

    45

    häufig/gelegentlich

    16

    23

    40

    41

    32

    Gesundheitliche Versorgung

    Genannt

    --

    23

    36

    41

    40

    häufig/gelegentlich

    --

    13

    23

    23

    25

    Einrichtungen/Dienste

    Genannt

    --

    14

    33

    31

    27

    häufig/gelegentlich

    --

    6

    13

    16 1)

    13

    Behörden/Ämter

    Genannt

    --

    23

    52

    44

    46

    häufig/gelegentlich

    --

    14

    35

    29

    37

    Freundinnen bzw. Freunde/Bekannte/Nachbarschaft

    Genannt

    14

    26

    53

    49

    39

    häufig/gelegentlich

    5

    12

    24

    25

    18

    (Ehe-)Partnerin bzw. (Ehe-)Partner

    Genannt

    13

    25

    45 1)

    33 1)

    28 1)

    häufig/gelegentlich

    8

    18

    25 1)

    19 1)

    15 1)

    Familienangehörige

    Genannt

    13

    30

    54

    49

    42

    häufig/gelegentlich

    7

    20

    33

    34

    29

    Basis: Alle Befragten. Mehrfachnennung. 1)6–8% keine Angabe

    Darüber hinaus haben die Frauen der Zusatzbefragung in sehr hohem Maße psychische Gewalt und psychisch verletzende Handlungen durch Personen in Ämtern und Behörden angegeben (44–52%); sie waren zudem auch im Rahmen der gesundheitlichen Versorgung (36–41%) und im Kontext von Einrichtungen und Diensten (27–33%) deutlich häufiger davon betroffen als Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung. Wenn psychische Gewalt in oder durch Institutionen genannt wurde, gaben die Frauen der Zusatzbefragung besonders häufig Ämter und Behörden sowie Ärztinnen und Ärzte in Krankenhäusern und Praxen an. In den offenen Nennungen zu den Ämtern und Behörden, in denen dies erlebt wurde, gaben die Frauen am häufigsten Arbeitsämter und Sozialämter sowie Krankenkassen an. Die Problematik, dass Frauen mit Behinderungen sich von Arbeitsämtern, Sozialbehörden und Krankenkassen schlecht behandelt fühlen, was bereits in der repräsentativen Haushaltsbefragung einen sehr großen Raum eingenommen hat, setzt sich bei den Frauen der Zusatzbefragung auf noch höherem Niveau fort. Dies wird auch in Kapitel 4.5 in Zusammenhang mit der Diskriminierung von gehörlosen, blinden und körperbehinderten Frauen noch weiter vertieft.

    In Bezug auf psychische Gewalt im sozialen Nahraum fällt auf, dass die Frauen der Zusatzbefragung, insbesondere gehörlose und blinde Frauen, etwa doppelt so häufig wie Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung von psychischer Gewalt durch Freundinnen bzw. Freunde, Bekannte und Nachbarschaft berichten und davon drei- bis viermal häufiger betroffen waren als Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004. Sie sind zudem deutlich häufiger von psychischer Gewalt durch Familienangehörige betroffen (42– 54% vs. 30% der Frauen der Haushaltsbefragung und 13% der Frauen der Frauenstudie 2004).

    Abbildung 10. Diagramm 46: Tatkontexte bei psychischer Gewalt im Erwachsenenleben

    Balkendiagramm zu Tabelle 145

    Basis: Alle Befragten. Mehrfachnennungen

    Psychische Gewalt durch Partnerinnen bzw. Partner gaben Frauen der Zusatzbefragung ebenfalls etwa drei- bis viermal häufiger an als Frauen der Frauenstudie 2004; eine besonders hohe Betroffenheit wird hier bei den gehörlosen Frauen sichtbar (45%), aber auch bei den blinden und körperbehinderten Frauen (28–33%; vs. 13% in der Frauenstudie 2004). Dass sich darunter noch erhebliche Dunkelfelder von nicht berichteter psychischer Gewalt in Paarbeziehungen verbergen können, deutet sich in der erhöhten Anzahl von Frauen an, die hierzu keine Angaben gemacht haben (5–7%). Auch könnte es sein, dass durch die Methode der direkten mündlichen Abfrage gerade bei Partnergewalt die Dunkelfelder nicht so gut aufgedeckt werden konnten, wie dies mit verdeckteren Abfragemethoden möglich gewesen wäre. So konnten in der Frauenstudie 2004 anhand eines verdeckten schriftlichen Fragebogens zu Partnergewalt fast doppelt so hohe Betroffenheiten erfasst werden wie allein über die allgemeine Frage zu psychischer Gewalt im mündlichen Fragebogen (Letztere wurde hier als Vergleichszahl herangezogen; vgl. auch Kap.2 sowie Schröttle/Ansorge 2009). Insofern sind die Angaben zu Partnergewalt der vorliegenden Studie als Mindestwerte zu verstehen.

    Bei den Personen, durch die psychische Übergriffe und psychische Gewalt erlebt wurden, handelte es sich am häufigsten um Täterinnen bzw. Täter beiderlei Geschlechts; ausschließlich männliche Täter wurden von mehr der Befragten angegeben als ausschließlich weibliche Täterinnen.

    Tabelle 146: Geschlecht der Täterinnen bzw. Täter bei psychischer Gewalt im Erwachsenenleben

    Geschlecht

    Frauenstudie 2004 N=3.675

    (%)

    Haushalte N=449

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    Ausschließlich Männer

    33

    17

    11

    9

    5

    Überwiegend Männer

    14

    24

    13

    16

    12

    Gleichermaßen Frauen wie Männer

    32

    36

    45

    48

    41

    Überwiegend Frauen

    10

    12

    7

    7

    7

    Ausschließlich Frauen

    10

    8

    1

    2

    2

    Die Befragten der Zusatzbefragung waren in allen Lebensbereichen in hohem Maße von psychischer Gewalt betroffen und berichteten diese erheblich häufiger als Frauen der Frauenstudie 2004 und als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung der vorliegenden Studie. Etwa 50–60% der Frauen berichteten psychische Gewalt im öffentlichen Raum und im Kontext von Arbeit/Ausbildung/Schule, etwa 40–50% waren von psychischer Gewalt durch Ämter und Behörden betroffen und etwa 30–40% im Rahmen der gesundheitlichen Versorgung und von Einrichtungen. Auch die Betroffenheit durch psychische Gewalt im Rahmen von Freundes-/Bekanntenkreis und Nachbarschaft, Familie und Partnerschaft war mit über 30% bis hin zu etwa 50% sehr hoch. Besonders auffällig ist die hohe Belastung insbesondere der gehörlosen Frauen durch psychische Gewalt durch Partnerinnen bzw. Partner (45% vs. 25–33% bei den anderen Befragungsgruppen dieser Studie und 13% bei der Frauenstudie 2004).

    4.3.2.2 Körperliche Gewalt im Erwachsenenleben

    Körperliche Übergriffe im Erwachsenenleben hat die große Mehrheit der Frauen der Zusatzbefragung erlebt. Mit einem Anteil von 59–75% waren sie – wie die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung – fast doppelt so häufig von körperlicher Gewalt betroffen wie Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 (35%). Besonders auffällig ist auch hier die hohe Betroffenheit der gehörlosen Frauen, von denen 75% körperliche Übergriffe im Erwachsenenleben berichteten im Vergleich zu 66% der blinden und 59% der körperbehinderten Frauen.

    Abbildung 11. Diagramm 47: Körperliche Übergriffe im Erwachsenenleben – gesamt

    Balkendiagramm zu Tabelle 147

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Wird allein auf körperliche Übergriffe in den letzten 12 Monaten fokussiert, dann haben 11– 13% der Frauen der Zusatzbefragung körperliche Übergriffe im Jahr vor der Befragung erlebt (vs. 9% der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung und 6% der Befragten der Frauenstudie 2004).

    Mit Blick auf die genannten Gewalthandlungen zeigt sich, dass fast alle Gewalthandlungen von den Frauen der Zusatzbefragung häufiger genannt wurden als von den Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung. Wie in allen Befragungsgruppen dieser und der Frauenstudie 2004 wurden am häufigsten leichtere körperliche Übergriffe angegeben wie wütendes Wegschubsen und leichte Ohrfeigen, gefolgt von mäßig schweren Übergriffen wie Armumdrehen, An-den-Haaren-Ziehen, Treten, Stoßen, heftiges Wegschleudern und heftige Ohrfeigen. Ein sehr großer Prozentsatz der Frauen der Zusatzbefragung hat Drohungen erlebt: Jede Dritte bis Vierte berichtet, ihr sei angedroht worden, sie körperlich zu verletzen, und jeder Siebten wurde angedroht, sie umzubringen. Hoch ist auch im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt die Betroffenheit durch sehr schwere und lebensbedrohliche Gewalthandlungen wie Schlagen mit Fäusten und Verprügeln, Würgen und der Bedrohung mit einer Waffe. Auch hier deutet sich eine intensivere Gewaltbetroffenheit bei den gehörlosen Frauen, im Hinblick auf Waffengewalt auch bei den körperbehinderten Frauen an.

    Tabelle 147: Körperliche Übergriffe im Erwachsenenleben – gesamt

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Mindestens eine Situation erlebt (Einstiegsfrage/Itemliste/Gesamt)

    35

    62

    75

    66

    59

    Situation erlebt/nur Einstiegsfrage

    23

    43

    52

    40

    42

    Situation erlebt …

    A) wütend weggeschubst

    21

    39

    51

    42

    35

    B) leichte Ohrfeige

    16

    27

    40

    30

    24

    C) gebissen oder gekratzt hat, sodass es wehtat oder ich Angst bekam

    3

    8

    18

    5

    10

    D) Arm umgedreht oder mich an den Haaren gezogen, sodass es wehtat

    10

    18

    29

    19

    15

    E) schmerzhaft getreten, gestoßen oder hart angefasst

    14

    24

    31

    30

    29

    F) heftig weggeschleudert, sodass ich taumelte oder umgefallen bin

    7

    15

    22

    13

    17

    G) mich heftig geohrfeigt oder mit der flachen Hand geschlagen

    9

    18

    28

    13

    20

    H) etwas nach mir geworfen, das mich verletzen könnte

    9

    18

    21

    9

    15

    J) mich mit etwas geschlagen, das mich verletzen könnte

    4

    9

    16

    8

    13

    K) ernsthaft gedroht, mich körperlich anzugreifen oder zu verletzen

    11

    23

    27

    28

    26

    L) ernsthaft gedroht, mich umzubringen

    4

    12

    15

    14

    14

    M) mit den Fäusten auf mich eingeschlagen, sodass es wehtat oder ich Angst bekam

    5

    13

    15

    11

    13

    N) verprügelt oder zusammengeschlagen

    5

    11

    16

    9

    9

    O) gewürgt oder versucht hat, mich zu ersticken

    4

    9

    12

    7

    9

    P) mich absichtlich verbrüht oder mit etwas Heißem gebrannt

    0

    0

    (1) 1)

    (3)

    (2)

    Q) mich mit einer Waffe, zum Beispiel mit einem Messer oder einer Pistole, bedroht

    3

    8

    12

    5

    12

    R) mich mit einer Waffe, zum Beispiel mit einem Messer oder einer Pistole, verletzt

    1

    2

    (2)

    (1)

    (2)

    S) mich im Rahmen einer Pflegetätigkeit/Assistenz unangemessen hart angefasst

    --

    3

    (2)

    (1)

    8

    T) wichtige Hilfsmittel absichtlich zerstört oder beschädigt

    --

    1

    (2)

    7

    4

    U) andere körperliche Schmerzen zugefügt, die mit Behinderung in Zusammenhang stehen

    6

    3

    7

    (2)

    5

    V) mich auf andere Art körperlich angegriffen, die mir Angst machte oder wehtat

    --

    10

    18

    5

    12

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)Daten in Klammern beziehen sich in dieser Tabelle auf statistische Angaben, die wegen geringer Fallzahlen nicht vergleichbar sind.; Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    In der folgenden Tabelle, die sich nur auf die von körperlicher Gewalt betroffenen Frauen bezieht, lässt sich erkennen, dass auch in der Zusatzbefragung die überwiegende Mehrheit der von körperlicher Gewalt betroffenen Frauen schwere bis sehr schwere körperliche Übergriffe erlebt hat (Items C–R und V)[25]. Besonders häufig von schweren bis sehr schweren Gewalthandlungen betroffen waren die gehörlosen und die körperbehinderten Frauen (82–87% der Betroffenen körperlicher Gewalt).

    Tabelle 148: Schwere der Gewalthandlungen

    Frauenstudie 2004 N=2.984 (nur von Gewalt Betroffene)

    (%)

    Haushalte N=498 (nur von Gewalt Betroffene)

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=62 (nur von Gewalt Betroffene)

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=85 (nur von Gewalt Betroffene)

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=76 (nur von Gewalt Betroffene)

    (%)

    leicht bis mäßig

    22

    19

    11

    21

    12

    schwer

    47

    43

    47

    45

    40

    sehr schwer

    28

    36

    40

    29

    42

    nicht zuordenbar

    3

    3

    (2)

    (5)

    7

    Basis: Von körperlicher Gewalt betroffene Frauen. Mehrfachnennungen.

    Verletzungsfolgen wurden von den von körperlicher Gewalt betroffenen blinden und körperbehinderten Frauen allerdings mit einem Anteil von 40–56% vergleichsweise seltener genannt (vs. 64–65% bei den anderen Befragungsgruppen). Dafür erlebten die körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung jedoch die körperlichen Übergriffe als erheblich bedrohlicher: 70% der Betroffenen mit Körperbehinderungen gaben an, sie hätten in mindestens einer Situation Angst vor ernsthafter oder lebensgefährlicher Verletzung gehabt (vs. 42–55% bei den anderen Befragungsgruppen). Blinde und körperbehinderte Frauen, die körperliche Übergriffe erlebt hatten, gaben darüber hinaus deutlich häufiger als die anderen Befragungsgruppen an, sie hätten sich aufgrund der Behinderung nicht oder nur eingeschränkt wehren können. Dies traf auf etwa ein Drittel der gehörlosen Frauen und der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung zu, aber auf über die Hälfte der blinden Frauen und sogar über 80% der körperbehinderten Frauen. Es wird sichtbar, dass bei diesen beiden Befragungsgruppen die Wehrhaftigkeit bei körperlichen Angriffen in besonderem Maße eingeschränkt ist und dies mit einer besonders schwerwiegenden und bedrohlichen Qualität und subjektiven Wahrnehmung von erlebter körperlicher Gewalt einhergeht.

    Tabelle 149: Verletzungsfolgen und Bedrohlichkeit der Gewalthandlungen

    Frauenstudie 2004 N=1.878 (nur von Gewalt Betroffene, die mehr als eine Situation erlebt haben)

    (%)

    Haushalte N=264 (nur von Gewalt Betroffene seit Behinderung)

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=60 (nur von Gewalt Betroffene seit Behinderung)

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=68 (nur von Gewalt Betroffene seit Behinderung)

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=54 (nur von Gewalt Betroffene seit Behinderung)

    (%)

    Verletzungsfolgen

    (65) 1)

    64

    65

    40

    56

    Angst vor ernsthafter oder lebensgefährlicher Verletzung

    (43) 1)

    55

    42

    47

    70

    Mindestens einmal wehrlos aufgrund der Behinderung/ Beeinträchtigung

    --

    37

    32

    52

    83

    Basis: Betroffene Frauen. Mehrfachnennungen.1)Nicht direkt vergleichbar, da andere Fallbasis (nicht auf Gewalt seit Behinderung bezogen)

    Abbildung 12. Diagramm 48: Verletzungsfolgen und Bedrohlichkeit der Gewalthandlungen

    Balkendiagramm zu Tabelle 149

    Basis: Betroffene Frauen. Mehrfachnennung.

    In diesem Zusammenhang geben auch blinde und körperbehinderte Frauen häufiger an, die Situationen körperlicher Gewalt hätten damit zu tun gehabt, dass sie eine Behinderung haben. Dies war bei 38% der blinden Frauen und sogar bei 69% der körperbehinderten Frauen der Fall, aber nur bei 28% der gehörlosen Frauen und bei 21% der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung. Hier werden auch die Diskriminierungslinien sichtbar, die betroffene Frauen selbst mit der erhöhten Vulnerabilität in Bezug auf Behinderung und erlebte Gewalt in Zusammenhang bringen: Bei den Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung, aber auch – abgeschwächt – bei den gehörlosen Frauen überwiegt die Wahrnehmung, dass das Geschlecht die größere Relevanz für die Gewaltsituationen hatte, während die blinden Frauen gleichermaßen Geschlecht und Behinderung mit der erlebten Gewalt in Zusammenhang bringen und die körperbehinderten Frauen die Behinderung deutlich stärker als einen relevanten Faktor für die erlebte Gewalt bewerten als das Frausein. Dies könnte mit Aspekten der Identität und Selbstwahrnehmung zu tun haben, aber auch, wie wir weiter oben gesehen haben, mit der Frage, ob und inwieweit die Behinderung die Gegenwehr einschränkt. Darüber hinaus kann es auch einen Zusammenhang mit den Tatkontexten und den Täter-Opfer-Beziehungen geben, bei der das Geschlecht und die Behinderung in unterschiedlichem Maße eine Rolle spielen.

    Tabelle 150: Gewalt und Diskriminierungskontexte

    Gewalt hatte damit zu tun, dass …

    Frauenstudie 2004 N=1.878

    (%)

    Haushalte N=263

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=60

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=68

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=54

    (%)

    ich eine Frau bin

    46

    56

    37

    43

    46

    Ausländerin bin oder so aussehe

    3

    5

    12

    (2)

    (7)

    eine Behinderung habe

    1

    21

    28

    38

    69

    Basis: Von körperlicher Gewalt nach Eintritt der Behinderung betroffene Frauen. Mehrfachnennungen.

    In den folgenden Tabellen, die sich auf alle Befragten beziehen, wird noch einmal sichtbar, dass alle Frauen mit Behinderungen, auch jene der repräsentativen Haushaltsbefragung, nicht nur im Kontext von Familien- und Paarbeziehungen, sondern auch im öffentlichen Raum stärker gefährdet sind, körperliche Gewalt zu erleben, als Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004. Sie haben mit einem Anteil von 12–19% um ein Vielfaches häufiger körperliche Übergriffe durch Unbekannte erlebt als Frauen der Frauenstudie 2004 (4%), allen voran die blinden und die körperbehinderten Frauen. Aber auch von Gewalt im Arbeitsleben, im Bekanntenkreis und in Familien- und Paarbeziehungen waren Frauen der Zusatzbefragung vielfach deutlich häufiger betroffen.

    Tabelle 151: Täterinnen bzw. Täter bei körperlicher Gewalt

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Unbekannt

    4

    12

    12

    17

    19

    Kaum bekannt

    3

    6

    25

    8

    9

    Arbeit/Schule/Ausbildung

    4

    11

    19

    13

    9

    Partnerin bzw. Partner

    13

    29

    41

    22

    25

    Familienangehörige

    8

    24

    21

    29

    22

    Freundinnen bzw. Freunde/Bekannte/Nachbarschaft

    3

    5

    10

    9

    5

    Gesundheitsbereich

    1

    2

    4

    2

    9

    Einrichtungen/Dienste

    --

    2

    13

    2

    6

    Ämter/Behörden

    --

    1

    0

    1

    1

    Sonstige

    1

    2

    1

    2

    5

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Tabelle 152: Tatorte bei körperlicher Gewalt

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    In eigener Wohnung

    16

    18

    31

    27

    25

    Vor eigener Wohnung

    2

    4

    8

    6

    6

    Wohnung anderer

    4

    6

    17

    11

    6

    Arbeitsstelle

    4

    7

    18

    13

    9

    Öffentliche Orte

    6

    8

    12

    18

    17

    Öffentliche Gebäude

    3

    6

    7

    8

    10

    Öffentliche Verkehrsmittel

    1

    3

    6

    7

    10

    KFZ

    1

    2

    5

    1

    2

    Parkplatz

    1

    1

    1

    1

    3

    Sonstige

    1

    2

    12

    2

    2

    Einrichtungen, Dienste, Unterstützungsangebote

    --

    1

    6

    4

    5

    Krankenhaus, Ärztin bzw. Arzt

    --

    3

    2

    4

    11

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Abbildung 13. Diagramm 49: Täterinnen bzw. Täter bei körperlicher Gewalt

    Balkendiagramm zur Tabelle 151

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Besonders auffällig ist, dass die befragten gehörlosen Frauen zu über 40% – und damit mit Abstand am häufigsten von allen Befragungsgruppen – körperliche Gewalt in Paarbeziehungen erlebt haben. Vieles spricht dafür, dass dies auch mit Vorerfahrungen von Gewalt zwischen den Eltern und mit frühen Grenzverletzungen durch sexuellen Missbrauch in einem Zusammenhang stehen kann (s. Kap. 4.3.1), denn beides erhöht nachweislich das Risiko für spätere Gewalterfahrungen in Paarbeziehungen (vgl. Schröttle/Müller 2004). Es können aber auch andere Gründe eine Rolle spielen, die mit Geschlechterbeziehungen und Gehörlosigkeit bzw. mit sozialen Gegebenheiten der Gehörlosengemeinschaft zu tun haben, an dieser Stelle aber nicht weiter vertieft werden können. In diesem Kontext wäre eine eingehende Untersuchung zu Paarbeziehungen zwischen Gehörlosen und zwischen Gehörlosen und Hörenden erforderlich, die auch das Thema „Gehörlosigkeit, Geschlecht und Männlichkeit(en)“ aufgreift.[26]

    Interessanterweise beschrieben sich die befragten gehörlosen Frauen auch selbst häufiger als gewaltaktiv: 25% der von körperlicher Gewalt betroffenen gehörlosen Frauen gaben an, sie hätten in einer oder mehreren Gewaltsituationen mit dem körperlichen Angriff begonnen, was auf 18% der blinden und 9% der körperbehinderten Frauen zutraf.

    Bei der Auswertung der Täterinnen bzw. Täter und Tatorte körperlicher Gewalt fällt darüber hinaus auf, dass gehörlose (und auch blinde) Frauen deutlich am stärksten gefährdet sind, körperliche Übergriffe in Arbeitsleben, Schule und Ausbildung zu erleben. In den Auswertungen zeigt sich, dass hier Vorgesetzte und Arbeitskolleginnen bzw. Arbeitskollegen, aber auch Lehrerinnen und Lehrer, Ausbilderinnen und Ausbilder sowie Mitschülerinnen und Mitschüler eine Rolle spielen. In Bezug auf die hohe Betroffenheit durch Übergriffe in der Arbeitswelt ist unklar, ob dies besonders prekäre Arbeitsverhältnisse widerspiegelt; auf jeden Fall aber ist von einem unzureichenden Schutz vor Übergriffen in der Arbeitswelt auszugehen, wenn jede sechste bis zehnte Frau mit einer Behinderung körperlichen Übergriffen an der Arbeitsstelle ausgesetzt war oder ist. Das gilt, wie wir weiter oben bereits gesehen haben, auch für den Bereich von Schule und Ausbildung. Der hohe Anteil von gehörlosen Frauen, die in der Befragung angegeben haben, körperliche Übergriffe in Einrichtungen erlebt zu haben, ist der Analyse nach häufig auf Übergriffe in Sonder-/Förderschulen zurückzuführen (vgl. 3.3.1).

    Die Notwendigkeit, stärkere Präventions-, Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen auch auf den Bereich des familiären Umfeldes von Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen zu beziehen, ergibt sich daraus, dass etwa 20–30% der Frauen mit Behinderungen körperliche Übergriffe im Erwachsenenleben durch Familienmitglieder erlebt haben. Sie waren damit etwa dreimal so häufig wie Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt von Gewalt durch Familienmitglieder (oft Eltern, Geschwister und andere Verwandte) betroffen.

    Die Studie verweist auf eine insgesamt hohe Gewaltbetroffenheit bei den Frauen der Zusatzbefragung in allen Lebensbereichen. Etwa 60–75% der Befragten der Zusatzbefragung waren von körperlichen Übergriffen im Erwachsenenleben betroffen und damit doppelt so hohe Anteile wie Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004. Die höchste Gewaltbelastung konnte bei gehörlosen Frauen festgestellt werden, die zu drei Viertel körperliche Gewalt seit dem 16. Lebensjahr erlebt haben.Es handelte sich bei der von den Frauen der Zusatzbefragung angegebenen körperlichen Gewalt weit überwiegend um schwere bis sehr schwere Gewalthandlungen. Während die von körperlicher Gewalt betroffenen blinden und körperbehinderten Frauen etwas seltener als die anderen Befragungsgruppen Verletzungsfolgen nach Gewalt berichteten (40–56% vs. 64–65% der Betroffenen), erlebten sie sich jedoch in den Situationen deutlich häufiger als eingeschränkt wehrhaft; die körperbehinderten Frauen nahmen die Übergriffe am häufigsten als lebensbedrohlich wahr. Entsprechend sahen sie auch in höherem Maße einen Zusammenhang von Gewaltsituation und Behinderung.Frauen mit Behinderungen haben nicht nur ein deutlich höheres Risiko als andere Frauen, körperliche Übergriffe im öffentlichen Raum durch unbekannte Personen zu erleben. Auch im Arbeitsleben, im Freundes-/Bekanntenkreis, in Familien- und Paarbeziehungen sind sie davon um ein Vielfaches häufiger betroffen. Jede sechste bis zehnte Befragte war Übergriffen in der Arbeitsstelle ausgesetzt (vs. 4% in der Frauenstudie 2004), etwa jede dritte bis fünfte hat körperliche Übergriffe durch Familienmitglieder erlebt (vs. 8% in der Frauenstudie 2004) und jede zweite bis vierte war von körperlicher Gewalt durch den (Ex-)Partner betroffen (vs. 13% der Frauen in der Frauenstudie 2004 Diese Angabe bezieht sich auf die Nennungen zu Partnergewalt im mündlichen Teil der Frauenstudie 2004. Durch die schriftliche Befragung mit einem verdeckten Fragebogen konnte dort ein höheres Dunkelfeld aufgedeckt werden. Es ist zu vermuten, dass auch bei den Frauen der vorliegenden Studie noch ein entsprechendes Dunkelfeld nicht berichteter Gewalt besteht. Da in der vorliegenden Studie aus verschiedenen Gründen eine Abfrage mit einem zusätzlichen schriftlichen Fragebogen nicht möglich war, werden zu Vergleichszwecken die Daten aus dem mündlichen Teil der Frauenstudie 2004 herangezogen.). Eine ausgesprochen hohe Betroffenheit durch Partnergewalt konnte mit 41% bei den gehörlosen Frauen festgestellt werden (im Vergleich zu 22–25% bei den anderen Befragungsgruppen der Zusatzbefragung).

    4.3.2.3 Sexuelle Gewalt im Erwachsenenleben

    In Kapitel 4.3.1 war ein sehr gravierendes Ausmaß an Betroffenheit durch sexuellen Missbrauch in Kindheit und Jugend bei den Frauen der Zusatzbefragung sichtbar geworden, das sowohl das Ausmaß der Betroffenheit der weiblichen Durchschnittsbevölkerung als auch das Ausmaß der Betroffenheit in der repräsentativen Haushaltsbefragung erheblich übersteigt. Jede zweite bis dritte gehörlose, blinde und körperbehinderte Frau hat sexuelle Gewalt in Kindheit und Jugend angegeben, allen voran die gehörlosen Frauen mit einer Betroffenheit von über 50%. Aus den folgenden Daten wird ersichtlich, dass sich das hohe Ausmaß sexueller Gewalt und ungewollter sexueller Handlungen bei vielen Frauen der Zusatzbefragung auch im Erwachsenenleben fortsetzt.

    a) Ungewollte sexuelle Handlungen

    Ungewollte sexuelle Handlungen, zu denen die Frauen gedrängt oder psychisch-moralisch unter Druck gesetzt wurden, haben gut ein Drittel der gehörlosen und blinden Frauen (34%) und 28% der körperbehinderten Frauen erlebt. Davon häufig/gelegentlich seit dem Alter von 16 Jahren betroffen war jede sechste bis siebte Frauen der Zusatzbefragung (14–18%). Damit waren die Frauen der Zusatzbefragung etwa gleich häufig von ungewollten sexuellen Handlungen betroffen wie die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung.

    Tabelle 153: Ungewollte sexuelle Handlungen und sexuelle Gewalt im Erwachsenenleben

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Ungewollte sexuelle Handlungen

    16

    31

    34

    34

    28

    häufig/gelegentlich

    4

    14

    18

    16

    14

    Ungewollte sexuelle Handlungen, davon:

    Frauenstudie 2004 N=1.395

    (%)

    Haushalte N=244

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=28

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=43

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=36

    (%)

    Nicht getraut, zu sagen oder zu zeigen, dass ich das nicht wollte

    36

    49

    54

    33

    47

    Deutlich gesagt oder gezeigt, dass ich das nicht wollte

    42

    41

    46

    44

    42

    War unterschiedlich

    11

    7

    0

    21

    8

    Basis: Alle Befragten. Mehrfachnennungen.

    Aus den Daten wird ersichtlich, dass es für gehörlose Frauen deutlich am schwersten war, in solchen Situationen deutlich zu signalisieren, dass sie das nicht wollten. 54% gaben an, sie hätten sich nicht getraut, zu sagen oder zu zeigen, dass sie das nicht wollten, zum Beispiel aus Angst vor negativen Folgen. Das gaben immerhin auch 47% der körperbehinderten Frauen und 49% der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung an, während das auf nur 33% der blinden Frauen zutraf, die aber häufiger angaben, es sei unterschiedlich gewesen (21%).

    Abbildung 14. Diagramm 50: Ungewollte sexuelle Handlungen im Erwachsenenleben

    Balkendiagramm zu Tabelle 153

    Basis: Alle Befragten. Mehrfachnennungen.

    b) Erzwungene sexuelle Handlungen

    Im Rahmen der vorliegenden Studie werden erzwungene sexuelle Handlungen in die engere Definition sexueller Gewalt im Erwachsenenleben einbezogen. In der Einstiegsfrage zu sexueller Gewalt gab gut ein Fünftel der Frauen der Zusatzbefragung (21–23%) an, erzwungene sexuelle Handlungen erlebt zu haben im Sinne von Handlungen, zu denen die Befragte gegen ihren Willen durch körperlichen Zwang oder Drohungen gezwungen wurde. 7–12% der Frauen hatten dies häufig oder gelegentlich erlebt.

    Tabelle 154: Erzwungene sexuelle Gewalt im Erwachsenenleben

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Situation erlebt/nur Einstiegsfrage

    10

    21

    21

    21 1)

    23 2)

    häufig/gelegentlich

    3

    8

    7

    10 1)

    12 2)

    A) mich zum Geschlechtsverkehr gezwungen und ist gegen meinen Willen mit dem Penis oder etwas anderem in meinen Körper eingedrungen.

    6

    14 2)

    16

    15 2)

    20 3)

    B) gegen meinen Willen versucht, mit dem Penis oder etwas anderem in mich einzudringen, es kam dann aber nicht dazu.

    5

    8 2)

    17

    13 2)

    12 3)

    C) mich zu intimen Körperberührungen, Streicheln, Petting und Ähnlichem, gezwungen.

    6

    13 2)

    27

    13 2)

    18 3)

    D) Ich wurde zu anderen sexuellen Handlungen oder Praktiken gezwungen, die ich nicht wollte.

    3

    8 2)

    16

    10 2)

    10 3)

    E) Jemand hat mich gezwungen, pornografische Bilder oder Filme anzusehen und sie nachzuspielen, obwohl sie/er wusste, dass ich das nicht wollte.

    1

    3 2)

    11

    (3) 2)

    5 3)

    F) Sonstige sexuelle Handlungen, die ich nicht wollte und zu denen ich gegen meinen Willen gedrängt oder gezwungen wurde.

    -

    8 2)

    13

    7 3)

    10 3)

    Basis: Alle Befragten. Mehrfachnennungen. 1)5% keine Angabe; 2)7–10% keine Angabe; 3)12–15% keine Angabe

    Die Betroffenheit der Frauen durch die genannten erzwungenen sexuellen Handlungen muss vorsichtig interpretiert werden, da vor allem blinde Frauen und in noch erhöhtem Maße körperbehinderte Frauen hier häufiger keine Angabe gemacht haben (bis zu 15%), was unter Umständen auf erhöhte Dunkelfelder schließen lässt. Eine Vergewaltigung (Item A) haben (mindestens) ein Fünftel der körperbehinderten Frauen und etwa jede sechste bis siebte gehörlose und blinde Frau erlebt (vs. jede 17. Frau der Frauenstudie 2004). Von einer versuchten Vergewaltigung (Item B) waren mindestens 12–17% der Frauen der repräsentativen Zusatzbefragung betroffen. Die meisten Frauen wurden zu intimen körperlichen Berührungen gezwungen: Dies gaben 27% der gehörlosen Frauen und, wie in der repräsentativen Haushaltsbefragung, 13–18% der blinden und körperbehinderten Frauen an (Frauenstudie 2004: 6%). Vergleichsweise häufig wurden gehörlose Frauen zum Nachspielen pornografischer Bilder oder Filme gezwungen, wobei die hohen Anteile der Frauen bei den anderen beiden Befragungsgruppen der Zusatzbefragung, die hier keine Angaben gemacht haben, auf möglicherweise nicht berichtete Situationen bei den blinden und körperbehinderten Frauen schließen lassen.

    Werden alle genannten erzwungenen Handlungen der Einstiegsfrage und der Itemliste zusammengenommen, dann haben mit 43% die gehörlosen Frauen der Zusatzbefragung mit Abstand am häufigsten sexuelle Gewalt im Sinne erzwungener sexueller Handlungen erlebt, während die blinden und körperbehinderten Frauen mit einem Anteil von 29% in etwa gleich häufig wie Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung davon betroffen waren (und somit aber immer noch mehr als doppelt so häufig wie Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt). Werden ungewollte sexuelle Handlungen hier mit dazugenommen, dann steigt der Anteil der betroffenen gehörlosen Frauen auf 48% und der blinden Frauen auf 38%, während die Anteile in den anderen Gruppen bei etwa einem Drittel liegen (Frauenstudie 2004: 18%).

    Abbildung 15. Diagramm 51: Sexuelle Gewalt im Erwachsenenleben

    Balkendiagramm zur Anzahl der Frauen, die mindestens eine erzwungene
                           sexuelle Handlung im Erwachsenenleben erlebt haben.

    Basis: Alle Befragten. Mehrfachnennungen.

    Tabelle 155: Erzwungene und ungewollte sexuelle Handlungen im Erwachsenenleben

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Mindestens eine erzwungene sexuelle Handlung erlebt (Einstiegsfrage + Itemliste gesamt)

    13

    27

    43

    29

    29

    Erzwungene und/oder ungewollte sexuelle Handlungen erlebt

    18

    34

    48

    38

    32

    Basis: Alle Befragten. Mehrfachnennungen.

    Aus der folgenden Tabelle wird ersichtlich, dass die Frauen der Zusatzbefragung, die von sexueller Gewalt (nach Eintreten der Behinderung) betroffen waren, zwar seltener als Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung aus den Situationen sexueller Gewalt Verletzungsfolgen davontrugen (29–50% vs. 61%) und dass sie etwa gleich häufig (zu 41– 55% vs. 49%) Angst vor lebensgefährlichen Verletzungen in den Situationen hatten. Das Gefühl aber, sich aufgrund der Behinderung nicht oder nur eingeschränkt wehren zu können, und die Einschätzung, die Situationen hätten etwas mit der Behinderung zu tun, haben insbesondere die körperbehinderten Frauen deutlich häufiger als die anderen Befragungsgruppen angegeben.

    Tabelle 156: Schwere, Folgen und subjektive Wahrnehmung sexueller Gewalt

    Frauenstudie 2004 N=531 1)

    (%)

    Haushalte N=81 2)

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=34 2)

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=24 2) (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=20 2)

    (%)

    Verletzungsfolgen

    44

    61

    29 3)

    41

    50

    Angst, ernsthaft, lebensgefährlich verletzt werden zu können

    36

    49

    41

    46

    55

    Eingeschränkte Wehrhaftigkeit aufgrund der Behinderung

    --

    38

    32

    38

    70

    Gefühl, dass Situation mit der Behinderung in Zusammenhang stand

    --

    22

    27 3)

    29

    45

    Basis: Frauen, die Situationen sexueller Gewalt im Erwachsenenleben nach Eintreten der Behinderung erlebt haben. Mehrfachnennungen. 1)Frauen, die sexuelle Gewalt im Erwachsenenleben erlebt haben; 2)Frauen, die sexuelle Gewalt im Erwachsenenleben nach Eintreten der Behinderung erlebt haben; 3)6–9% keine Angabe

    Abbildung 16. Diagramm 52: Schwere, Folgen und subjektive Wahrnehmung sexueller Gewalt

    Balkendiagramm zu Tabelle 156

    Basis: Frauen, die Situationen sexueller Gewalt im Erwachsenenleben nach Eintreten der Behinderung erlebt haben. Mehrfachnennungen.

    Täter bei sexueller Gewalt waren bei den Frauen der Zusatzbefragung, wie auch bei allen anderen Befragungsgruppen, am häufigsten Partner oder Ex-Partner. Vergleichbar mit den Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung haben 13–19% der Frauen der Zusatzbefragung sexuelle Gewalt durch Partner erlebt (4% Frauenstudie 2004); allerdings waren auch hiervon die befragten gehörlosen Frauen am häufigsten betroffen. Darüber hinaus wurden aber auch andere Täter aus dem sozialen Nahraum sehr häufig genannt. So haben etwa die gehörlosen Frauen sowohl durch unbekannte und flüchtig bekannte Täter als auch durch Personen aus Arbeit/Ausbildung/Schule sowie durch Personen aus dem Bekanntenkreis sehr häufig sexuelle Gewalt erlebt (zu jeweils 10–16%). Blinde Frauen haben ebenfalls vergleichsweise häufig sexuelle Gewalt durch flüchtig bekannte Personen genannt (10%). Körperbehinderte Frauen haben neben sexueller Gewalt durch Partner in hohem Maße auch Gewalthandlungen durch Personen aus Bekanntenkreis und Nachbarschaft angegeben.

    Wurde von Frauen der Zusatzbefragung bei den Tätern aus Arbeit, Schule und Ausbildung konkretisiert, um wen es sich gehandelt hat, dann wurden hier Kollegen, in einem Fall ein Vorgesetzter, ansonsten aber häufiger auch Lehrpersonal und Mitschüler genannt. 95% aller Täter bei sexueller Gewalt waren männlich. Nur in vier Fällen wurde berichtet, dass (auch) Täterinnen sexuelle Gewalt ausgeübt hatten.

    Tabelle 157: Täterinnen bzw. Täter bei sexueller Gewalt

    Täterinnen bzw. Täter – gruppiert

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Unbekannt

    1

    4

    10

    3

    3

    Kaum bekannt

    1

    0

    13

    10

    7

    Arbeit/Ausbildung/Schule

    1

    3

    12

    5

    5

    Partner

    4

    13

    19

    13

    14

    Familienangehörige

    1

    4

    4

    2

    4

    Freund/Bekannte/Nachbarschaft

    1

    4

    16

    2

    10

    Gesundheitsbereich

    0

    1

    2

    1

    1

    Einrichtungen/Dienste

    --

    0

    2

    1

    2

    Ämter/Behörden

    --

    0

    0

    0

    1

    Sonstige

    0

    0

    2

    1

    0

    Basis: Alle Befragten. Mehrfachnennungen.

    Im Hinblick auf die Tatorte wurde sexuelle Gewalt am häufigsten in der eigenen Wohnung erlebt, aber auch in der Wohnung anderer, an öffentlichen Orten und im Auto. Die hohen Anteile der gehörlosen Frauen, die als Tatort „Sonstige“ angegeben haben, können nicht eindeutig zugeordnet werden. Genannt wurden hier neben Hotelzimmer, Elternhaus und Orten in der Natur häufiger auch Veranstaltungen (Gehörloser) und in einigen Fällen das Internat.

    Tabelle 158: Tatorte bei sexueller Gewalt

    Tatorte

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatzkörperb. Frauen N=130

    (%)

    In eig. Wohnung

    4

    7

    13

    9

    12

    Vor eig. Wohnung

    0

    1

    6

    1

    2

    Wohnung anderer

    2

    4

    16

    8

    5

    Arbeitsstelle

    1

    2

    8

    3

    2

    Öffentliche Orte

    1

    2

    2

    5

    1

    Öffentliche Gebäude

    0

    1

    2

    1

    2

    Öffentliche Verkehrsmittel

    0

    1

    1

    2

    2

    KFZ

    1

    1

    4

    2

    5

    Parkplatz

    0

    1

    2

    0

    2

    Sonstige

    0

    0

    16

    2

    2

    Einrichtungen, Dienste, Unterstützungsangebote

    --

    0

    2

    2

    0

    Krankenhaus, ärztliche Praxis

    --

    1

    1

    1

    1

    Basis: Alle Befragten. Mehrfachnennungen.

    Abbildung 17. Diagramm 53: Tatorte bei sexueller Gewalt

    Balkendiagramm zu Tabelle 158

    Basis: Alle Befragten. Mehrfachnennung.

    Zwischen dem sexuellen Missbrauch in Kindheit und Jugend und späterer Viktimisierung durch sexuelle Gewalt im Erwachsenenleben besteht ein hoch signifikanter Zusammenhang in der Hinsicht, dass Frauen, die in Kindheit und Jugend von sexueller Gewalt betroffen waren, auch im späteren Leben einem erhöhten Risiko sexueller Gewalt ausgesetzt sind (vgl. auch Schröttle/Müller 2004). Das Bestehen einer Behinderung kann dies noch verstärken. Die Frauen der Zusatzbefragung, die in Kindheit und Jugend sexuelle Gewalt erlebt haben, waren im späteren Erwachsenenleben etwa doppelt so häufig von sexueller Gewalt betroffen wie Frauen, die keine sexuelle Gewalt in der Kindheit erlebt hatten (49% vs. 21%). Frauen, die in Kindheit und Jugend psychische und/oder körperliche Gewalt durch Eltern erlebt hatten, wurden etwa dreimal so häufig wie Frauen ohne diese Erfahrung Opfer von sexueller Gewalt im Erwachsenenleben. Andersherum hatten Frauen der Zusatzbefragung, die von sexueller Gewalt im Erwachsenenleben berichteten, zu etwa 60% bereits sexuellen Missbrauch in Kindheit und Jugend erlebt. Sie waren darüber hinaus zu 75% Opfer von elterlicher psychischer Gewalt und zu 91% Opfer elterlicher körperlicher Gewalt geworden. Diese Zusammenhänge von Gewalt und früher Grenzverletzung gilt es zu berücksichtigen, wenn Frauen mit Behinderungen, die Opfer von sexueller Gewalt geworden sind, angemessen und nachhaltig unterstützt und gestärkt werden sollen. Sie verweisen auch auf die Notwendigkeit einer intensivierten Prävention elterlicher Gewalt.

    4.3.2.4 Multiple Gewalterfahrungen im Lebensverlauf

    In welch hohem Ausmaß Frauen der Zusatzbefragung verschiedene Formen von Gewalt in Kindheit/Jugend und zugleich im Erwachsenenleben erlebt haben, wird in der folgenden Tabelle sichtbar. Sie zeigt auf, dass so gut wie keine der Frauen gar keine Form von Gewalt in Kindheit/Jugend und Erwachsenenleben erlebt hat, dass aber jede zweite bis dritte Frau dieser Untersuchungsgruppe sowohl körperliche als auch psychische oder sexuelle Gewalt in der Kindheit und im Erwachsenenleben erlebt hat (Nennung 5–6). Am höchsten belastet waren auch in dieser Hinsicht wieder die gehörlosen Frauen (42%), gefolgt von den blinden und körperbehinderten Frauen (30–33%) und den Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung dieser Studie (27%). Frauen der Frauenstudie 2004 hatten demgegenüber deutlich seltener (zu 7%) eine derartige Kumulation unterschiedlicher Gewalterfahrungen im Lebensverlauf angegeben. Möglicherweise ist ein nicht unbedeutender Teil der hohen psychischen Belastungen der Frauen der Zusatzbefragung auf ebendiese Kumulation von Gewalt im Leben der Frauen zurückzuführen.

    Tabelle 159: Index multipler Gewalterfahrungen in Kindheit/Jugend und Erwachsenenleben

    Anzahl genannter Formen von Gewalt in Kindheit und/oder Erwachsenenleben

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperbehinderte Frauen N=130

    (%)

    0

    14

    5

    0

    3

    5

    1

    27

    12

    6

    8

    15

    2

    23

    14

    16

    10

    19

    3

    17

    21

    12

    22

    16

    4

    12

    22

    24

    24

    16

    5

    5

    17

    27

    20

    16

    6

    2

    10

    16

    13

    14

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Abbildung 18. Diagramm 54: Fortgesetzte und multiple Gewaltbetroffenheit in Kindheit, Jugend und Erwachsenenleben (durch körperliche, sexuelle und psychische Gewalt)

    Balkendiagramm zu Tabelle 159

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Frauen der Zusatzbefragung haben in hohem Maße sexuelle Gewalt, nicht nur in ihrer Kindheit, sondern auch in ihrem Erwachsenenleben erlebt. Am häufigsten waren davon gehörlose Frauen betroffen, die zu 43% sexuelle Gewalt erlebt haben, gefolgt von den blinden und körperbehinderten Frauen, die mit einem Anteil von 29% in etwa gleich häufig von sexueller Gewalt betroffen waren wie behinderte Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung. Der Studie nach haben Frauen der Zusatzbefragung etwa drei- bis viermal häufiger als Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt sexuelle Gewalt erlebt. Häufigster Tatkontext war, wie auch bei den anderen Untersuchungsgruppen, Gewalt durch Partner oder Ex-Partner. Darüber hinaus hatten aber insbesondere gehörlose Frauen deutlich häufiger sexuelle Gewalt auch in anderen Kontexten erlebt, etwa in Arbeit/Schule/Ausbildung, im Freundes- und Bekanntenkreis sowie durch nicht oder kaum bekannte Täter, welche auch bei blinden und körperbehinderten Frauen eine größere Rolle spielten. Vor allem körperbehinderte Frauen gaben darüber hinaus deutlich häufiger als die anderen Befragungsgruppen an, sich aufgrund der Behinderung nur eingeschränkt zur Wehr gesetzt zu haben (70%), und diese sahen auch am häufigsten einen Zusammenhang der Gewaltsituationen mit der eigenen Behinderung.Bei allen Befragungsgruppen erhöhten die frühen Erfahrungen mit Grenzverletzungen, körperlicher, psychischer und sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend ihr Risiko, später Opfer von sexueller Gewalt im Erwachsenenleben zu werden, um das Zwei- bis Dreifache.Ein hoher Anteil der Frauen der Zusatzbefragung hat eine Kumulation unterschiedlicher Formen von Gewalt in der Kindheit und Jugend sowie im Erwachsenenleben erlebt. Die gehörlosen Frauen waren auch hiervon deutlich am häufigsten betroffen. Gegenüber den Frauen der Frauenstudie 2004 haben sowohl die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung dieser Studie als auch die Frauen der Zusatzbefragung um ein Vielfaches häufiger kumulierte und durch multiple Formen geprägte Gewalt im Lebensverlauf erfahren.

    4.3.2.5 Sexuelle Belästigung im Erwachsenenleben

    Mindestens eine Form sexueller Belästigung im Erwachsenenleben haben 61% der Frauen der Frauenstudie 2004 angegeben. Diese Anteile waren bereits in der repräsentativen Haushalts- und Einrichtungsbefragung bei Frauen mit Behinderungen in allgemeiner Sprache mit 70–73% höher. In der Tendenz noch häufiger davon betroffen waren blinde (77%) und allen voran gehörlose Frauen der Zusatzbefragung, die zu 87% sexuelle Belästigungen erlebt haben. Zwar gaben diese in der Einstiegsfrage nicht deutlich häufiger an, sexuelle Belästigung erlebt zu haben als andere Frauen der vorliegenden Studie, sie nannten aber häufiger unterschiedliche Formen sexueller Belästigung, die in der Itemliste aufgeführt sind. Sie gaben häufiger an, exhibitionistische Handlungen erlebt zu haben, wurden häufiger durch obszöne Witze, Pornografie und aufdringliche sexuelle Angebote in Arbeit und Ausbildung belästigt und es wurde ihnen häufiger nahegelegt, es könne für sie nachteilig sein, sich nicht auf sexuelle Handlungen einzulassen. Blinde und körperbehinderte Frauen wurden dagegen häufiger als gehörlose Frauen über Telefon, E-Mail oder Briefe sexuell belästigt, was eventuell eine Folge unterschiedlicher Kommunikationswege ist, über die die Befragten erreicht werden können. Alle Frauen der Zusatzbefragung nannten sehr häufig sexuelle Belästigung durch unnötige Annäherungen (40–44%) und sexualisierte Kommentare und Anspielungen (28–38%). Gehörlose und blinde Frauen wurden vergleichsweise häufiger sexuell belästigt durch körperliches Betatschen und den Versuch, die Befragte gegen ihren Willen zu küssen (40–46%), sowie durch mehrmalige Aufforderungen, einem Treffen zuzustimmen (38–45%).

    Tabelle 160: Sexuelle Belästigung im Erwachsenenleben

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Mindestens eine Situation erlebt (Einstiegsfrage/Itemliste gesamt)

    61

    73

    87

    77

    68

    Einleitungsfrage

    40

    50

    51

    58

    43 1)

    häufig/gelegentlich

    12

    20

    25

    20

    22 1)

    A) über Telefon, E-Mail oder Brief mit unanständigen oder bedrohlichen Dingen belästigt

    33

    33 1)

    21

    40 1)

    42 2)

    B) sich vor mir entblößt, um mich zu belästigen oder zu erschrecken

    18

    17 1)

    35

    11 1)

    11 2)

    C) durch Nachpfeifen, schmutzige Bemerkungen oder (sexuell interessiertes) Angestarrtwerden belästigt worden

    35

    37 1)

    34

    25 1)

    25 2)

    D) durch sexualisierte Kommentare über meinen Körper, mein Privatleben oder sexuelle Anspielungen ein ungutes Gefühl gegeben

    22

    23 1)

    35

    38 1)

    28 2)

    E) ein ungutes Gefühl gegeben, indem sie/er mich mehrere Male gefragt hat, ob wir uns treffen könnten

    21

    30 1)

    45

    38 1)

    25 2)

    F) mir unnötig nahegekommen, sich z. B. zu nah über mich gebeugt oder mich auf eine aufdringliche Weise in eine Ecke gedrängt

    22

    29 1)

    43

    44 1)

    40 2)

    G) mir obszöne Witze erzählt und mit mir auf eine Art und Weise gesprochen, die ich als sexuell bedrängend empfand

    14

    20 1)

    40

    27 1)

    21 2)

    H) mich körperlich betatscht oder gegen meinen Willen zu küssen versucht

    20

    29 1)

    46

    40 1)

    30 2)

    I) mir nachgegangen, mich verfolgt oder bedrängt, sodass ich es mit der Angst zu tun bekam

    15

    18 1)

    27

    24 1)

    22 2)

    J) mir gegenüber in unpassenden Situationen, z. B. auch in Arbeit, Ausbildung oder bei Unterstützung und Betreuung, aufdringliche sexuelle Angebote gemacht

    9

    14 1)

    21

    10 1)

    13 2)

    K) mir zu verstehen gegeben, dass es nachteilig für mich oder meine Zukunft (oder mein berufliches Fortkommen) sein könnte, wenn ich mich sexuell nicht auf sie/ihn einließe

    3

    5 1)

    13

    8 1)

    8 2)

    L) mir in unpassenden Situationen pornografische Bilder oder Nacktbilder gezeigt

    3

    7 1)

    18

    6 1)

    6 2)

    M) mir im Rahmen von Pflege/Assistenz ein ungutes Gefühl gegeben, indem sie/er mich sexuell berührt hat

    -

    2 2)

    (1)

    (2) 1)

    (1) 2)

    N) Andere Situationen von sexueller Belästigung

    5

    7 1)

    23

    14 1)

    9 2)

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)6–10% keine Angabe; 2)11–15% keine Angabe

    Abbildung 19. Diagramm 55: Sexuelle Belästigung im Erwachsenenleben

    Balkendiagramm zu Tabelle 160

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennung.

    Wie bei körperlicher und sexueller Gewalt fühlten sich bei Situationen sexueller Belästigung vor allem körperbehinderte Frauen, aber auch blinde Frauen häufiger wehrlos oder bedroht und hatten größere Angst um die persönliche Sicherheit. Davon nicht betroffen waren 43% der von sexueller Belästigung betroffenen gehörlosen und 23–27% der blinden und körperbehinderten Frauen (vs. 36% der Frauen der Haushaltsbefragung und 49% der Frauen der Frauenstudie 2004). Dies häufig oder gelegentlich als bedrohlich erlebt zu haben, gaben 29% der von sexueller Belästigung betroffenen körperbehinderten Frauen, 25% der blinden Frauen und 22% der gehörlosen Frauen an (aber auch 34% der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung; vs. 14% in der Frauenstudie 2004). Die hohen Anteile der blinden und körperbehinderten Frauen, die hierzu keine Angabe gemacht haben (21– 28%), legen nahe, dass es sich hier eventuell noch häufiger um sehr belastende Situationen gehandelt haben kann als bei den anderen Befragungsgruppen. Die Analyse zeigt insgesamt auf, dass gehörlose Frauen zwar häufiger unterschiedliche Formen sexueller Belästigung erlebt haben, dass aber blinde und körperbehinderte Frauen häufiger bedrohlichen Situationen ausgesetzt waren, bei denen sie sich schwieriger zur Wehr setzen konnten.

    Tabelle 161: Ernsthafte Bedrohung, Wehrlosigkeit und Angst um persönliche Sicherheit in Situationen sexueller Belästigung

    Frauenstudie 2004 N=5113 1)

    (%)

    Haushalte N=349 2)

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=72 2)

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=99 2)

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=88 2)

    (%)

    Häufig

    5

    18

    11

    9

    14

    Gelegentlich

    9

    16

    11

    16

    15

    Selten

    20

    15

    14

    18

    8

    Einmal

    17

    11

    11

    8

    13

    Nie

    49

    36

    43

    27

    23

    Keine Angabe

    1

    5

    10

    21

    28

    Basis: Frauen, die Situationen sexueller Belästigung im Erwachsenenleben nach Eintreten der Behinderung erlebt haben. Mehrfachnennungen. 1)Frauen, die sexuelle Gewalt im Erwachsenenleben erlebt haben; 2)Frauen, die sexuelle Gewalt nach Eintreten der Behinderung erlebt haben

    Frauen der Zusatzbefragung erlebten sexuelle Belästigung am häufigsten, wie auch die anderen Befragungsgruppen, an öffentlichen Orten durch unbekannte Personen, aber auch im Kontext von Arbeit, Ausbildung und Schule. 32–41% der Frauen der Zusatzbefragung gaben an, sexuelle Belästigung an öffentlichen Orten durch wenig oder gar nicht bekannte Personen erlebt zu haben; davon waren Frauen der Frauenstudie 2004 vergleichsweise häufiger und Frauen mit Behinderungen der repräsentativen Haushaltsbefragung seltener betroffen. 13–39% der Frauen der Zusatzbefragung berichteten sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz; hiervon waren gehörlose Frauen mit fast 40% am häufigsten betroffen.

    In deutlich erhöhtem Maße als andere Befragungsgruppen berichteten gehörlose und blinde Frauen von sexueller Belästigung durch Freunde, Bekannte und Nachbarn (23–35% vs. 14–16% bei den anderen Befragungsgruppen); auch waren sie häufiger sexueller Belästigung durch Partner ausgesetzt (14–16% vs. 6–10%). Am häufigsten von sexueller Belästigung durch Familienangehörige betroffen waren dagegen blinde Frauen (14% vs. 6–8%).

    Die Frauen der Zusatzbefragung berichteten darüber hinaus in erhöhtem Maße von sexueller Belästigung im Rahmen der gesundheitlichen Versorgung, insbesondere in ärztlichen Praxen und Krankenhäusern, wovon vor allem blinde und körperbehinderte Frauen häufiger betroffen waren (7–12% vs. 4%), sowie von sexueller Belästigung im Rahmen von Einrichtungen und Angeboten für Menschen mit Behinderungen, welche die gehörlosen und blinden Frauen im Vergleich häufiger erlebt haben (8–12% vs. 3–5%). Bei den Einrichtungen und Angeboten, in denen sexuelle Gewalt durch Frauen der Zusatzbefragung erlebt wurde, hatte der Ausbildungsbereich von Förderschulen und Berufsbildungs-/Berufsförderungswerken eine besondere Relevanz, aber auch Angebote zur Freizeitgestaltung für Menschen mit Behinderungen, Fahrdienste, Beratungsstellen, Wohnheime und psychiatrische Einrichtungen wurden hier genannt. Die Täterinnen bzw. Täter bei sexueller Belästigung waren weit überwiegend (zu 85%) männlichen Geschlechts und nur sehr selten (zu 5%) weiblich oder beiderlei Geschlechts; 10% der Frauen machten dazu keine Angabe.

    Tabelle 162: Tatorte und Täterinnen bzw. Täter bei sexueller Belästigung

    Frauenstudie 2004 N=8.445

    (%)

    Haushalte N=800

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=130

    (%)

    Öffentliche Orte/Unbekannte

    Genannt

    50

    28

    37

    41

    32 1)

    häufig/gelegentlich

    15

    10

    8

    10

    6 1)

    Arbeit/Schule/Ausbildung

    Genannt

    25

    21

    39 2)

    29

    13 1)

    häufig/gelegentlich

    8

    6

    13 2)

    7

    5 1)

    Gesundheitliche Versorgung

    Genannt

    4

    (5) 2)

    7

    12

    häufig/gelegentlich

    1

    0 2)

    (1)

    2

    Einrichtungen/Dienste

    Genannt

    3

    12 2)

    8

    5 1)

    häufig/gelegentlich

    1

    (4) 2)

    (2)

    (2) 1)

    Behörden/Ämter

    Genannt

    1

    0 2)

    0

    (2) 1)

    häufig/gelegentlich

    1

    0 2)

    0

    (1) 1)

    Freundinnen bzw. Freunde/Bekannte/Nachbarschaft

    Genannt

    16

    14

    35 3)

    23

    16

    häufig/gelegentlich

    4

    5

    15 3)

    6

    6

    Partner/Ehepartner

    Genannt

    6

    10

    16 3)

    14

    10

    häufig/gelegentlich

    3

    6

    11 3)

    9

    7

    Familienangehörige

    Genannt

    6

    6

    6 2)

    14

    8

    häufig/gelegentlich

    2

    3

    1 2)

    7

    6

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen. 1)5–6% keine Angabe. 2)15–17% keine Angabe. 3) 21–22% keine Angabe

    Frauen der Zusatzbefragung haben in hohem Maße sexuelle Belästigung im Erwachsenenleben erlebt (zu 68–87%). Besonders häufig gaben dies gehörlose Frauen an. Jede vierte bis fünfte Frau der Zusatzbefragung, aber auch der repräsentativen Haushaltsbefragung berichtete, häufig oder gelegentlich sexuelle Belästigung im Erwachsenenleben erlebt zu haben. Die Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen waren damit etwa doppelt so oft von häufiger oder gelegentlich auftretender sexueller Belästigung betroffen wie Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004. Die Lebensbereiche, in denen sexuelle Belästigung erlebt wurde, waren vielfältig. Hier spielte Belästigung im öffentlichen Raum und im Kontext von Arbeit/Ausbildung/Schule – wie bei allen anderen Befragungsgruppen dieser und der Frauenstudie 2004 – eine besondere Rolle. Darüber hinaus wurde aber auch sexuelle Belästigung in anderen Lebensbereichen wie Freundes-/Bekanntenkreis, Partnerschaft und Familie häufiger genannt. Auch im Rahmen der gesundheitlichen Versorgung und der Angebote und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen wurde von sexueller Belästigung von Frauen der Zusatzbefragung berichtet.Darüber hinaus wird in Bezug auf die Bedrohlichkeit erlebter Situationen sexueller Belästigung vor allem von körperbehinderten Frauen, aber auch von blinden Frauen vergleichsweise häufiger angegeben, sie hätten sich in den Situationen sexueller Belästigung wehrlos oder bedroht gefühlt und Angst um die persönliche Sicherheit gehabt.

    4.3.3 Zusammenfassung: Gewalt im Leben der Frauen mit Behinderungen der Zusatzbefragung

    Waren bereits die Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen der repräsentativen Haushalts- und der Einrichtungsbefragung in deutlich erhöhtem Maße gegenüber den Frauen des Bevölkerungsdurchschnitts von psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt im Erwachsenenleben betroffen, so zeigte sich bei der Zusatzbefragung ein noch größeres Ausmaß an Gewalt im Erwachsenenleben der gehörlosen, blinden und körperbehinderten Frauen. Die befragten Frauen waren in allen Lebensbereichen in hohem Maße psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt ausgesetzt. 78–84% der Frauen berichteten psychische Gewalt und psychisch verletzende Handlungen im Erwachsenenleben, 69–75% körperliche Übergriffe und 29–43% sexuelle Gewalt. Darüber hinaus waren 68–87% der Frauen der Zusatzbefragung von sexueller Belästigung in unterschiedlichen Lebensbereichen betroffen. Gehörlose Frauen wiesen in fast allen Formen von Gewalt die höchste Betroffenheit auf: Jeweils drei Viertel der gehörlosen Frauen haben körperliche, 43% sexuelle Gewalt und 87% sexuelle Belästigung erlebt. Damit waren sie die am höchsten von Gewalt im Erwachsenenleben betroffene Gruppe der vorliegenden Studie. Sie haben zudem auch häufiger sexuelle Gewalt in der Kindheit und Jugend berichtet. Unter Umständen haben die Erfahrungen früher, gerade auch sexueller Grenzverletzungen in Kindheit und Jugend deren Risiko, im späteren Leben Opfer von Gewalt zu werden, erhöht. Es könnten aber auch andere Faktoren eine Rolle spielen, die für diese Befragungsgruppe das Risiko für Gewalt im Erwachsenenleben erhöht und die unter Umständen auch mit Geschlechterbeziehungen und Gewaltverhältnissen innerhalb der Gemeinschaft der Gehörlosen in einem Zusammenhang stehen. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass gehörlose Frauen sich bei Angriffen von Hörenden schwieriger abgrenzen und zur Wehr setzen und außerdem schwieriger Hilfe und Unterstützung finden können.

    In Bezug auf die Bedrohlichkeit der Situationen von Gewalt und das Gefühl, sich unzureichend dagegen wehren zu können, erleben sich die körperbehinderten, aber auch die blinden Frauen deutlich stärker als eingeschränkt als andere Befragungsgruppen und sind damit ebenfalls als eine hoch vulnerable Bevölkerungsgruppe einzustufen. Sie erlebten sich selbst in Situationen körperlicher und/oder sexueller Gewalt häufiger als andere Befragungsgruppen in der Wehrhaftigkeit eingeschränkt und nahmen die Situationen häufiger als bedrohlich oder lebensbedrohlich wahr. Entsprechend sahen sie auch in höherem Maße einen Zusammenhang zwischen der Gewaltsituation und der eigenen Behinderung.

    Im Hinblick auf die Täter-Opfer-Kontexte von Gewalt im Erwachsenenleben fällt auf, dass zwar auch die Frauen der Zusatzbefragung, wie die anderen Befragungsgruppen, am häufigsten körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch Partner oder Ex-Partner erlebt haben, dass aber für diese Frauen erhöhte Risiken von Gewalt auch in allen andere Lebensbereichen bestehen, zum Beispiel an öffentlichen Orten durch unbekannte oder kaum bekannte Täter, im eigenen Freundes- und Bekanntenkreis, in den Familienbeziehungen und in hohem Maße auch im Kontext von Arbeitsleben, Ausbildung und Schule. Unterstützungs-, Schutz- und Präventionsmaßnahmen für gewaltbetroffene Frauen mit Behinderungen haben diese unterschiedlichen Lebenskontexte, in denen die Frauen Opfer von Gewalt werden können, künftig noch stärker als bisher zu berücksichtigen.

    Im Hinblick auf psychische Gewalt im Erwachsenenleben der Frauen der Zusatzbefragung spielt darüber hinaus – wie auch bei den Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung – das Gefühl, durch Ämter und Behörden sowie im Rahmen der gesundheitlichen Versorgung schlecht behandelt, psychisch verletzt oder diskriminiert zu werden, eine besondere Rolle. So berichteten mehr als 40–50% der Frauen der Zusatzbefragung von psychisch verletzenden Handlungen und psychischer Gewalt durch Personen in Ämtern und Behörden und gut 30–40% benannten dies im Rahmen der gesundheitlichen Versorgung. Hier anzusetzen, wäre auch im Rahmen einer aktiven Antidiskriminierungspolitik erforderlich, die eine aktive Auseinandersetzung von Sozialpolitik, Sozialverwaltung und Gesundheitswesen mit den konkreten Bedürfnissen und Bedarfen von Menschen mit Behinderungen, aber auch mit einem angemessen respektvollen und solidarischen Umgang mit den Betroffenen einzuschließen hätte.

    Ein hoher Anteil der Frauen der Zusatzbefragung hat eine Kumulation unterschiedlicher Formen von Gewalt in der Kindheit/Jugend und im Erwachsenenleben erlebt. Gegenüber den Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt haben sowohl die Frauen mit Behinderungen der repräsentativen Haushaltsbefragung als auch die Frauen der Zusatzbefragung um ein Vielfaches häufiger kumulierte und durch multiple Formen geprägte Gewalt im Lebensverlauf erfahren. Etwa jede zweite bis dritte Frau der Zusatzbefragung hat sowohl in der Kindheit als auch im Erwachsenenleben psychische, körperliche und sexuelle Gewalt erlebt, was auf jede dritte bis vierte Frau der repräsentativen Haushaltsbefragung zutrifft, aber nur auf jede 14. Frau der Frauenstudie 2004. Auch hiervon waren die gehörlosen Frauen deutlich am häufigsten betroffen. In welchem Maße diese multiplen und kumulierten Gewalterfahrungen im Lebensverlauf – zusätzlich zu den Einschränkungen der Behinderungen – die Vulnerabilität für Gewalt im Erwachsenenleben erhöhen und die Möglichkeit der Grenzsetzung und Gegenwehr beeinträchtigen, müsste an anderer Stelle noch weiter vertieft werden. Es ist davon auszugehen, dass sie in hohem Maße zu psychischen Problemen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen beiträgt und das Risiko für fortgesetzte Gewalt im Erwachsenenleben deutlich erhöht (vgl. GiG-net 2008, Schröttle/Khelaifat 2008, Schröttle/Ansorge 2009, Schröttle/Hornberg et al. 2009). Sowohl die Einschränkungen aufgrund der vielfältigen Behinderungen als auch die Einschränkungen und Beeinträchtigungen durch die Folgen fortgesetzter Gewalt im Lebensverlauf sind wichtige Aspekte, die die quantitative Studie gerade auch bei den behinderten Frauen der Zusatzbefragung sichtbar machen konnte. Sie werden in ihrer hohen Relevanz im Hinblick auf die Bewältigung von Gewalterfahrungen und eine wirkungsvolle und angemessene Unterstützung gewaltbetroffener Frauen und Prävention von Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen auch im Rahmen der qualitativen Studie weiter vertieft (vgl. Teil II, Qualitative Befragung).

    4.4 Inanspruchnahme institutioneller Hilfe und Intervention

    Wie in der repräsentativen Haushalts- und Einrichtungsbefragung wurden auch die Frauen der Zusatzbefragung nach der Inanspruchnahme institutioneller Hilfe und Intervention infolge von körperlicher und sexueller Gewalt befragt. Dabei wurde bei Opfern körperlicher und sexueller Gewalt getrennt nach Gewaltform erfasst, ob medizinische Hilfe in Anspruch genommen worden war, die Polizei eingeschaltet und eine Anzeige erstattet worden war. Darüber hinaus wurde erfasst, ob und welche Erfahrungen im Rahmen eines Gerichtsverfahrens gemacht worden waren. Aufgrund der geringen Fallzahlen sind hier jedoch vergleichende statistische Auswertungen kaum möglich.

    In Bezug auf die Inanspruchnahme medizinischer Hilfen zeigten sich bei den drei Befragungsgruppen keine signifikanten Unterschiede. Nach körperlicher Gewalt nahmen 16% bis 24% der Befragten medizinische Hilfen in Anspruch, nach sexueller Gewalt 15% bis 21%. Dies entspricht in etwa den Anteilen bei den anderen Befragungsgruppen.

    Wenige Frauen gaben an, eine Person in einer Einrichtung, in der sie leben oder betreut werden, kontaktiert zu haben. Nach körperlicher Gewalt nannten dies 6–7% der blinden und körperbehinderten und 10% der gehörlosen von Gewalt betroffenen Frauen. Nach sexueller Gewalt gaben weniger gehörlose und körperbehinderte Frauen (5–6%), aber mehr blinde Frauen (17%) an, eine entsprechende Person in einer betreuenden Einrichtung kontaktiert zu haben. Um welche Art von Einrichtung es sich hier gehandelt hat, bleibt offen. Es kann sich auch um Schulen oder Berufsbildungswerke gehandelt haben, da einige Gewalterfahrungen möglicherweise länger zurückliegen.

    Tabelle 163a: Unterstützung und Intervention nach körperlicher/sexueller Gewalt

    Infolge körperlicher Übergriffe wurde…

    Frauenstudie (2004) N=1.878

    (%)

    Haushalte N=263

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=60

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=64

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=54

    (%)

    medizinische Hilfe in Anspruch genommen

    21

    27

    22 1)

    16 2)

    24 1)

    Person aus einer Einrichtung informiert, in der die Befragte lebt oder betreut wird

    --

    (8)

    10 1)

    (6)

    (7)

    eine Person aus einer Unterstützungseinrichtung aufgesucht

    --

    18

    12 1)

    15 3)

    22 2)

    die Polizei eingeschaltet

    17

    28

    22 1)

    21 2)

    24 1)

    eine Anzeige erstattet

    13

    21

    18 1)

    16 2)

    24 1)

    Basis: Betroffene körperlicher Gewalt. 1)5–8% keine Angabe; 2)9–13% keine Angabe; 3)15–17% keine Angabe;

    Tabelle 163b: Unterstützung und Intervention nach körperlicher/sexueller Gewalt

    Infolge körperlicher Übergriffe wurde…

    Frauenstudie (2004) N=513

    (%)

    Haushalte N=80

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=34

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=24

    (%)

    Zusatz-körperb. Frauen N=20

    (%)

    medizinische Hilfe in Anspruch genommen

    13

    31

    (21)

    (21)

    (15) 1)

    Person aus einer Einrichtung informiert, in der die Befragte lebt oder betreut wird

    --

    (8)

    (6) 1)

    (17) 1)

    (5)

    eine Person aus einer Unterstützungseinrichtung aufgesucht

    9

    13

    0 1)

    29 1)

    (20)

    die Polizei eingeschaltet

    8

    21

    (9) 1)

    29

    (20)

    eine Anzeige erstattet

    13

    16

    (6) 1)

    29

    (15)

    Basis: Betroffene sexueller Gewalt. 1)5–8% keine Angabe; 2)9–13% keine Angabe; 3)15–17% keine Angabe;

    Eine Person aus einer Unterstützungseinrichtung aufgesucht haben 12% der gehörlosen, 15% der blinden und 22% der körperbehinderten Frauen nach körperlicher Gewalt, wobei die Unterschiede jedoch nicht signifikant sind und sich auch von den Angaben der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung nicht wesentlich unterscheiden. Nach sexueller Gewalt jedoch kontaktierte keine der gehörlosen Frauen eine Person aus einer Unterstützungseinrichtung, aber immerhin 29% der sehbehinderten und 20% der körperbehinderten Frauen. Die Unterschiede sind hier signifikant. Frauen aus der repräsentativen Haushaltsbefragung haben nach sexueller Gewalt zu 13% Unterstützungseinrichtungen aufgesucht.

    Nach sexueller Gewalt haben die befragten gehörlosen Frauen ebenfalls seltener die Polizei eingeschaltet (9%) und eine Anzeige erstattet (6%) als die blinden (Polizei und Anzeige jeweils 29%) und körperbehinderten Frauen (20% Polizei; 15% Anzeige).

    Nach körperlicher Gewalt wurde von 21% bis 24% der Frauen in den drei Befragungsgruppen die Polizei eingeschaltet und in 16% bis 24% der Fälle eine Anzeige erstattet. Die Unterschiede sind in Bezug auf Polizei und Anzeige jedoch nicht signifikant.

    Diejenigen Frauen, die die Polizei nach sexueller und körperlicher Gewalt eingeschaltet und/oder eine Anzeige erstattet haben, wurden nach dem weiteren Verlauf der polizeilichen Ermittlungen und des Gerichtsprozesses gefragt. Hier wird die Fallzahl der Frauen in allen Befragungsgruppen jedoch zu klein für weitere statistische Auswertungen (jeweils 15 der hör-, seh- und der körperbehinderten Frauen nach körperlicher Gewalt und vier hör-, sieben seh- und vier körperbehinderte Frauen nach sexueller Gewalt). Deshalb werden im Folgenden nur die Fälle beschrieben:

    • Nach der Anzeige körperlicher Gewalt haben sich sieben der 15 gehörlosen, zwei der 15 sehbehinderten und fünf der 15 körperbehinderten Frauen von einem Anwalt oder einer Anwältin beraten lassen.

    • Neun der gehörlosen, 11 der sehbehinderten und zehn der körperbehinderten Frauen wurden von der Polizei vernommen.

    • Sechs gehörlose, zwei sehbehinderte und drei körperbehinderte Frauen haben bei Gericht beantragt, dass die gewalttätige Person nicht mehr mit ihnen in Kontakt treten darf.

    • Eine gehörlose, zwei sehbehinderte und vier körperbehinderte Frauen wurden nochmals befragt.

    • Bei drei gehörlosen, zwei sehbehinderten und vier körperbehinderten Frauen kam der Fall vor Gericht.

    • Bei zwei gehörlosen, fünf sehbehinderten und drei körperbehinderten Frauen wurde das Verfahren eingestellt.

    • Nur bei einer hörbehinderten, bei keiner sehbehinderten Frau und bei drei körperbehinderten Frauen kam es zu einer Verurteilung der Täterin bzw. des Täters.

    • Nach sexueller Gewalt gaben keine der hör- und der sehbehinderten und nur zwei körperbehinderte Frauen eine Verurteilung an.

    Für eine vertiefende Analyse der Fälle ist das Wissen um die konkreten Gewalthandlungen und die Täter-Opfer-Kontexte der Gewalthandlungen, die polizeilich angezeigt wurden, zu gering. Generell deutet sich aber in den Ergebnissen an, dass vor allem gehörlose Frauen Fälle von sexueller Gewalt seltener zur Anzeige und vor Gericht bringen und dass insgesamt sehr wenige Fälle von Gewalt, die von den Frauen zur Anzeige gebracht werden, in eine Verurteilung der Täterinnen bzw. Täter münden. Die geringe Quote der Strafverfolgung und Verurteilung von sexueller und körperlicher Gewalt gegen Frauen war auch bereits in der Frauenstudie 2004 für den weiblichen Bevölkerungsdurchschnitt festgestellt worden (vgl. Schröttle/Müller 2004). Ob sich diese bei den gehörlosen, blinden und körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung unterscheidet, kann aufgrund der geringen Fallzahlen nicht beurteilt werden.

    4.5 Diskriminierung und strukturelle Gewalt

    Auch die gehörlosen, die schwer sehbehinderten und blinden sowie die schwerstkörper- und mehrfachbehinderten Frauen der Zusatzbefragung wurden nach ihren Erfahrungen von Diskriminierung befragt. Ihre offenen Antworten enthalten subjektive Deutungsmuster von Erfahrungen, die sie als benachteiligend oder diskriminierend erlebt haben.[27] Weil die Frauen überwiegend über Aufrufe in Zeitungen und Zeitschriften sowie mithilfe der Öffentlichkeitsarbeit von Lobbyverbänden gewonnen wurden, war zu vermuten, dass sie Diskriminierung und Benachteiligung behinderter Menschen eher sensibler wahrnehmen und beschreiben können als die anderen Frauen. Da die überwiegende Mehrheit der Frauen der Zusatzbefragung in Privathaushalten lebt, werden als Vergleichsgruppe die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung herangezogen, um die Ergebnisse besser einordnen zu können.

    4.5.1 Subjektiv wahrgenommene Formen der Benachteiligung und Diskriminierung

    In der folgenden Tabelle sind die Gruppen der Frauen der Haushaltsbefragung und der Zusatzbefragung aufgeführt, die den jeweiligen Antwortvorgaben zu subjektiv wahrgenommener Diskriminierung zugestimmt haben. Danach haben fast alle gehörlosen und körperbehinderten Frauen (99%) und ebenso 95% der schwer sehbehinderten und blinden Frauen mindestens eine Situation von Diskriminierung erlebt; sie waren davon noch häufiger betroffen als die Frauen der Haushaltsbefragung (81%). Während sich z. B. 50% der Frauen der Haushaltsbefragung nicht ernst genommen fühlten – die Erfahrung, die sie am häufigsten genannt haben –, trifft das auf jeweils 70–82% der gehörlosen, körper-/mehrfachbehinderten und blinden Frauen zu. Insgesamt ist die Zustimmungsquote der Frauen der Zusatzbefragung bei den einzelnen der insgesamt 12 Antwortvorgaben jeweils erheblich größer als die der Frauen der Haushaltsbefragung. So haben die Frauen der Haushaltsbefragung durchschnittlich vier der insgesamt 12 Antwortvorgaben zugestimmt, die schwer sehbehinderten und blinden Frauen durchschnittlich neun, die körper-/mehrfachbehinderten Frauen durchschnittlich acht und die gehörlosen Frauen durchschnittlich sieben Antwortvorgaben. Die Frauen der Zusatzbefragung haben demnach insgesamt deutlich mehr und ein weiteres Spektrum an Erfahrungen von Benachteiligung und Diskriminierung erlebt als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung. Sie waren mehr als doppelt so häufig wie die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung von Benachteiligungen durch Institutionen oder Personen betroffen, fühlten sich doppelt so häufig durch Regeln oder Bedingungen in ihrer Freiheit eingeschränkt und gaben sehr viel häufiger an, ihnen sei Hilfe vorenthalten oder ein Zuviel an Hilfe entgegengebracht worden. Sie nannten darüber hinaus signifikant häufiger diskriminierende Verhaltensweisen im Alltag wie angestarrt, ungefragt geduzt oder nicht ernst genommen zu werden; sie wurden zudem häufiger ungewollt angefasst, beschimpft oder durch andere unangenehme Erfahrungen belästigt oder diskriminiert.

    Gehörlose Frauen haben am häufigsten Erfahrungen von Benachteiligung und Diskriminierung durch andere Menschen oder Institutionen im Zusammenhang mit der Behinderung genannt (86%). Körper-/mehrfachbehinderte Frauen haben am häufigsten angegeben, angestarrt zu werden. Für schwer sehbehinderte und blinde Frauen war die Erfahrung am häufigsten, dass ihnen Hilfe vorenthalten wurde oder sie zu viel an Hilfe erhalten haben; sie wurden darüber hinaus auch häufiger als andere Befragungsgruppen ungefragt oder unangenehm angefasst.

    Sehr ähnlich sind sich die Frauen der Zusatzbefragung in Bezug auf ihre Wahrnehmung von Bedingungen, die sich einschränkend auf Freiheit und Entscheidungen auswirken (etwa drei Viertel aller Frauen benannten dies), und hinsichtlich belästigender, bevormundender oder benachteiligender Verhaltensweisen anderer Menschen oder Institutionen, von denen fast zwei Drittel aller Frauen der Zusatzbefragung betroffen waren.

    Tabelle 164: Subjektive Wahrnehmung von Diskriminierung

    Haushalte N=777 1)

    (%)

    Zusatz-gehörlose Frauen N=83

    (%)

    Zusatz-blinde Frauen N=128

    (%)

    Zusatz-körper-behinderte Frauen N=130

    (%)

    Mindestens eine Situation erlebt

    81

    99

    95

    99

    Situation erlebt …

    Bedingungen/Regeln, durch die sie in Freiheit oder in Entscheidung eingeschränkt wurde

    28

    72

    71

    77

    Hilfe vorenthalten oder zu viel an Hilfe

    33

    48

    83

    77

    Sonstige Verhaltensweisen, durch die belästigt, bevormundet oder benachteiligt wurde

    31

    65

    64

    64

    Benachteiligungen oder Diskriminierungen durch andere Menschen oder Institutionen

    34

    86

    80

    72

    Angestarrt werden

    31

    71

    70

    87

    Ungefragt geduzt werden

    29

    35

    55

    56

    Ignoriert werden

    36

    75

    71

    55

    Ungefragt angefasst werden

    19

    39

    71

    55

    Unangenehm angefasst werden

    19

    39

    62

    46

    beschimpft werden

    19

    60

    47

    37

    andere unangenehme Erfahrungen

    33

    57

    44

    45

    Basis: Alle Befragten. 1)Nur Frauen, die Behinderungen, Beeinträchtigungen genannt haben.

    Gehörlose und schwer sehbehinderte/blinde Frauen haben nach der Häufigkeit ihrer Nennungen vergleichbar oft die Erfahrung gemacht, ignoriert (75% bzw. 71%) oder angestarrt zu werden (70–71%); Letzteres traf mit 87% auf noch mehr körperbehinderte Frauen zu. Schwer sehbehinderte/blinde und schwerstkörperbehinderte/mehrfachbehinderte Frauen sind sich nach der Häufigkeit ihrer Nennungen ähnlich in ihrer Wahrnehmung, ungefragt geduzt zu werden (55–56%) und nicht ernst genommen zu werden (70% bzw. 74%), und haben ähnlich häufig andere unangenehme Erfahrungen im Zusammenhang mit der Behinderung genannt (45% bzw. 44%). Die drei Gruppen der Zusatzbefragung unterscheiden sich in Bezug auf die Erfahrungen, ungefragt oder unangenehm angefasst zu werden, was gehörlose Frauen seltener angaben (39%) als körperbehinderte (55% bzw. 46%) und blinde (71 bzw. 62%) Frauen. Beschimpft im Zusammenhang mit der Behinderung wurden dagegen nach eigenen Angaben häufiger gehörlose (60%) als blinde (47%) und körperbehinderte Frauen (37%).

    Auch in der Zusatzbefragung wurden die Frauen gebeten, im Hinblick auf Nennungen bei den strukturiert abgefragten diskriminierenden Erfahrungen (siehe vorangegangene Tabelle) konkreter zu beschreiben, was sie erlebt hatten bzw. um welche Situationen es sich gehandelt hat.[28] Diese Möglichkeit haben alle Frauen der Zusatzbefragung durchschnittlich häufiger genutzt als die Frauen der Haushaltsbefragung, was ebenfalls auf eine hohe Relevanz von Erfahrungen mit Diskriminierung und einen hohen diesbezüglichen Mitteilungsbedarf verweist.

    72% der gehörlosen Frauen haben in der strukturierten Frage Erfahrungen zur Einschränkung von Freiheit und Entscheidungsspielraum benannt. In ihren offenen Beschreibungen thematisierten sie hier mehrheitlich Kommunikationsprobleme in verschiedenen Lebensbereichen, z. B. im Arbeitsleben, bei Betriebsausflügen oder der Weihnachtsfeier mit Kolleginnen bzw. Kollegen. Andere beschrieben Probleme, Gebärdensprachdolmetscherinnen bzw. Gebärdensprachdolmetscher zu bekommen, die oft nicht vorhanden seien oder nicht so schnell wie benötigt zur Verfügung stünden oder die sie selbst bezahlen müssten. Daneben wurden auch Einschränkungen in Bildung und Ausbildung angesprochen, z. B. die eingeschränkten Möglichkeiten, an Veranstaltungen mit Hörenden teilzunehmen, Kommunikationsprobleme bei Behörden sowie Einschränkungen im Alltag aufgrund der Kommunikationsbarrieren und aufgrund von fehlenden unterstützenden Angeboten.

    Von den stark sehbehinderten und blinden Frauen haben 71% vielfältige Probleme im Zusammenhang mit einschränkenden Bedingungen genannt, wobei die Befragten jeweils unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt haben. Ihre Themen sind Barrieren in verschiedenen Lebensbereichen, häufig verknüpft mit der Forderung nach Barrierefreiheit. Es handelt sich unter anderem um Barrieren im öffentlichen Raum und in öffentlichen Gebäuden, z. B. keine Orientierungspunkte auf großen Plätzen oder keine Blindenampeln, Barrieren im persönlichen Leben, z. B. sich nicht spontan für etwas entscheiden zu können oder ausgeschlossen zu werden, Barrieren in der Kommunikation, z. B. durch den fehlenden Blickkontakt mit anderen, sowie Barrieren bei der Alltagsbewältigung, z. B. die Abhängigkeit von einer Begleitung oder Probleme mit dem Blindenhund in Lebensmittelgeschäften. Außerdem haben einige Frauen das rücksichtslose Verhalten von Menschen angesprochen, z. B. die Belegung von Behindertenparkplätzen.

    Für die 77% der schwerstkörperbehinderten/mehrfachbehinderten Frauen, die Erfahrungen mit einschränkenden Bedingungen berichtet haben, standen räumliche Barrieren im Vordergrund, z. B. Treppen, Aufzüge mit zu engen Türen oder Häuser, die nicht rollstuhlgerecht sind. Einige haben auf die mittelbaren Einschränkungen der Entscheidungsfreiheit durch räumliche Barrieren hingewiesen, z. B. dass sie dadurch keine freie Arztwahl hätten oder dass Rollstuhlfahrerinnen bzw. Rollstuhlfahrer aus Freizeitparks ausgeschlossen seien. Festgehalten wurde weiter das Fehlen unterstützender Angebote, z. B. Rampen, öffentliche Behindertentoiletten in der Stadt, abgesenkte Bordsteinkanten oder behindertengerechte Geschäfte und Restaurants. Als Hindernis wurde auch die Haltung anderer Menschen gegenüber der Behinderung gesehen, z. B. die Unsicherheit vieler Menschen, Barrieren in den Köpfen der Menschen oder die Annahme, Körperbehinderte seien auch geistig behindert.

    Die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung hatten in ihren Erläuterungen zu einschränkenden Bedingungen ebenfalls am häufigsten räumliche Einschränkungen genannt (vgl. Kap. 3.5).

    48% der gehörlosen Frauen gaben Erfahrungen an, bei denen ihnen Hilfe vorenthalten wurde oder sie ein Zuviel an Hilfe erfuhren. Wenn sie Erfahrungen von vorenthaltener Hilfe schilderten, was bei etwa einem Drittel der Fall war, wiesen sie wiederum auf Probleme im Zusammenhang mit der Kommunikation hin, die den Hintergrund dafür bildeten, dass ihnen Hilfe vorenthalten wurde, insbesondere in Institutionen wie Schulen, Behörden oder in öffentlichen Verkehrsmitteln. Einige Frauen haben auch hier wieder fehlende oder nicht bezahlbare Gebärdensprachdolmetscherinnen bzw. Gebärdensprachdolmetscher angesprochen. Bei den gehörlosen Frauen, die ein Zuviel an Hilfe kommentiert haben (gut ein Viertel der Befragten), überwog das Gefühl, dass Eltern oder das soziale Umfeld wie Partnerinnen bzw. Partner, Freundinnen bzw. Freunde oder Dolmetscherinnen bzw. Dolmetscher zu besorgt seien bzw. sie überbehüteten oder wie ein Kind behandelten; beispielsweise würden Dolmetscherinnen bzw. Dolmetscher zum Teil davon ausgehen, alles für sie erledigen zu müssen.

    83% der stark sehbehinderten/blinden Frauen beschrieben Erfahrungen mit vorenthaltener oder einem Zuviel an Hilfe. Bei vorenthaltener Hilfe, die 70% der Befragten spezifizierten, wurde der Schwerpunkt in den Antworten auf die Haltung von Menschen gegenüber Behinderten gelegt. Nach den Erfahrungen der befragten blinden Frauen hätten Menschen des sozialen Umfelds Berührungsängste, Kommunikationsbarrieren, seien gedankenlos oder hielten eine Blinde für eine Simulantin, weil die Sehbeeinträchtigung nicht zu sehen sei. Einige berichteten von Aggressionen ihnen gegenüber und von Spott, dem sie ausgesetzt waren. Außerdem wurde angegeben, dass sie zu wenig Hilfe bei der Orientierung im öffentlichen Raum erhielten, auch weil die Menschen wegschauten oder auf Anfrage nach Hilfe nicht reagierten. Gut drei Viertel der stark sehbehinderten und blinden Frauen beschrieben Situationen, in denen ein Zuviel an Hilfe gegeben war, unter anderem durch die ungebetene Hilfe fremder Menschen, die – wie häufig angegeben wurde – auch aufgrund einer großen Verhaltensunsicherheit gegenüber Blinden geleistet würde. So beschrieben sie Situationen, in denen sie beispielsweise ungefragt mit über die Straße genommen wurden, obwohl das von der Behinderten nicht gewollt sei, oder es wurde ihnen ungebeten die Geldbörse abgenommen und das Geld beim Einkauf herausgenommen. Hilfe wurde von den befragten blinden Frauen außerdem häufig als Bevormundung, Bemutterung oder Entmündigung wahrgenommen. Zwei Frauen beschrieben in diesem Zusammenhang, dass ihnen Passantinnen bzw. Passanten auf der Straße Geld zugesteckt hätten.

    Die Haltung anderer Menschen steht auch im Mittelpunkt der Antworten von gut 60% der schwerstkörperbehinderten/mehrfachbehinderten Frauen, die sich zu unterlassener Hilfeleistung äußerten.[29] Es wurde z. B. beschrieben, dass Busfahrerinnen bzw. Busfahrer sie an der Haltestelle stehen ließen, weil sie die Rampe nicht ausfahren wollten, oder dass das Bahnhofspersonal nicht helfe. Beschrieben wurden Situationen der Gleichgültigkeit in Alltagssituationen, z. B. wenn die Tür nicht geöffnet oder Gegenstände nicht aus dem oberen Regal heruntergereicht würden. Die Menschen seien zu ängstlich, Hilfe zu leisten, schreckten zurück aus Angst, etwas falsch zu machen. Außerdem berichteten einige Befragte, dass ihnen Hilfe vorenthalten worden sei von Behörden und der Krankenkasse. Themen waren die Durchsetzung der Rechte bei Behörden, z. B. Kämpfe um angemessene Hilfe, die Bewilligung von Elternassistenz, unzureichende Gewährleistung von gesetzlich festgelegten Rechten sowie die Verweigerung von Hilfsmitteln. Circa 60% der schwerstkörperbehinderten/mehrfachbehinderten Frauen haben, ähnlich wie die blinden Frauen, als Zuviel an Hilfe die ungebetene Hilfe von Menschen im Alltag beschrieben, z. B. ungefragt mit dem Rollstuhl geschoben zu werden, an Stellen hingeschoben zu werden, an die sie nicht wollten, ein übereifriges und eigenmächtiges Handeln der Assistentin bzw. des Assistenten sowie im Bus einfach ungefragt angefasst zu werden. Dabei kann es nach Erfahrungen der Frauen auch zu gefährdenden Situationen kommen, wenn z. B. eine Tür erst aufgehalten wird, um sie dann schwungvoll zufallen zu lassen, sodass sie der Behinderten in den Rücken fällt.

    Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung haben im Vergleich bei unterlassener Hilfe am häufigsten angegeben, dass ihnen Hilfe von Ärztinnen bzw. Ärzten, Therapeutinnen bzw. Therapeuten oder in Einrichtungen des Gesundheitswesens vorenthalten worden sei, aber auch von Behörden, Gerichten, Krankenkassen oder der Rentenversicherung. Auch von anderen Menschen sei ihnen zum Teil nicht ausreichend geholfen worden. Ein Zuviel an Hilfe haben sie am häufigsten erlebt durch Familienangehörige oder Partnerinnen bzw. Partner. Die Erfahrungen der Frauen der Haushaltsbefragung sind insofern denen der schwerstkörper-/mehrfachbehinderten Frauen ähnlicher (vgl. auch Kap. 3.5).

    64–65% aller Frauen der Zusatzbefragung hatten sonstige Verhaltensweisen von Personen oder Institutionen angegeben, durch die sie sich belästigt, bevormundet oder benachteiligt fühlten. Gehörlose Frauen, die diese spezifizierten, erläuterten in diesem Zusammenhang häufig Grenzverletzungen und Bevormundungen in Ämtern und Behörden oder in der pflegerischen und medizinischen Versorgung. Mehrheitlich wurden Behörden wie Jobcenter oder Arbeitsamt genannt, manchmal mit einer Erklärung, z. B. dass Behörden keine Erfahrung oder kein Hintergrundwissen hätten. Grenzverletzungen im Gesundheitswesen wurden weitgehend Ärztinnen und Ärzten zugerechnet, die z. B. das Aufdrängen des CochleaImplantats oder das nicht ausreichende bzw. das Nichterklären von Behandlungen umfassten. Als diskriminierend erlebt wurde auch, dass wegen eines möglichen Gendefektes Sterilisation oder eine humangenetische Untersuchung bei Schwangerschaft empfohlen wurden. Berichtet wurde außerdem von Grenzverletzungen im Arbeitsleben, z. B. das Vorenthalten von Informationen oder das Fehlen von Karrierechancen.

    Wenn blinde Frauen entsprechend differenziert von ihren Erfahrungen von Grenzverletzungen und Bevormundung berichteten, standen ebenfalls häufig Ämter und Behörden im Mittelpunkt. Kritisiert wurden fehlende Hilfsmittel, z. B. Blindenschrift auf Anzeigen und Formularen, vorenthaltene Leistungen oder die fehlende Berücksichtigung der Behinderung, z. B. indem davon ausgegangen werde, dass blinde Frauen immer eine Unterstützung hätten. Fast gleich häufig wurde die Erfahrung angesprochen, allgemein im Alltag ignoriert zu werden, nicht nur bezogen auf Ämter und Behörden oder die pflegerische oder medizinische Versorgung. Ein Beispiel dafür war, dass mit der Begleitung in der dritten Person von der Behinderten gesprochen werde oder dass in Geschäften, bei der Ärztin oder beim Arzt oder in anderen Situationen die Begleitung und nicht die Behinderte selbst angesprochen werde.

    Gut 60% der schwerstkörperbehinderten/mehrfachbehinderten Frauen spezifizierten ihre Erfahrungen von Grenzverletzungen und Bevormundung. Auch bei ihnen ging es mehrheitlich um Ämter und Behörden, z. B. beschrieben sie ihre Ohnmacht, die sie gegenüber Behördenstrukturen empfänden, oder wechselnde Gegenüber und lange Bearbeitungszeiten. Thematisiert wurden die vielen Kämpfe mit Behörden, bis eine Leistung bewilligt werde, oder der Mangel an Informationen. Nach ihren Erfahrungen sei es schwer, mit Ämtern und Behörden zu kommunizieren, vor allem die Schwere des Falles zu schildern. Ähnlich wie die stark sehbehinderten und blinden Frauen haben auch die schwerstkörperbehinderten/mehrfachbehinderten Frauen Erfahrungen von Bevormundung thematisiert, in denen z. B. prinzipiell die Begleitperson in Gegenwart der Behinderten angesprochen werde. Darüber hinaus nannten sie Bevormundungen durch Freundinnen bzw. Freunde oder gut gemeinte Ratschläge, die das Gefühl vermittelten, nicht vollwertig zu sein.

    Die in Haushalten befragten Frauen hatten hier am häufigsten negative Erfahrungen mit Behörden, Versicherungen oder Gerichten genannt, z. B. die langsame Bearbeitung von Anträgen (Bürokratie) oder eine unsachgemäße Vermittlung von Arbeitsstellen durch die Agentur für Arbeit. Fast ebenso häufig wurden negative Erfahrungen mit Ärztinnen bzw. Ärzten, Therapeutinnen bzw. Therapeuten oder Einrichtungen des Gesundheitswesens oder Pflegeeinrichtungen genannt. Weiter wurden Probleme von Diskriminierung im Erwerbsleben angegeben, z. B. dass eine Schwerhörigkeit an der Arbeitsstelle ignoriert werde.

    72–86% der Frauen der Zusatzbefragung haben Benachteiligung oder Diskriminierung durch andere Menschen oder Institutionen im Zusammenhang mit ihrer Beeinträchtigung, Behinderung oder chronischen Erkrankung angegeben. Wenn die gehörlosen Frauen, die dies am häufigsten angaben, ihre Erfahrungen dazu differenziert beschrieben, bezogen sich alle Aussagen auf die Kommunikationsprobleme, die sie als Grundlage der Diskriminierung wahrnehmen. Beschrieben wurden beispielhafte Situationen, dass sich z. B. Hörende oft unterhielten, ohne die Gehörlose ins Gespräch einzubeziehen, die dann nur einen Teil oder nichts mitbekomme. Als Bereiche, in denen diese Erfahrungen häufig erlebt werden, wurden z. B. öffentliche Verkehrsmittel, Geschäfte, Behörden, Museen, die Volkshochschule oder Weiterbildungseinrichtungen genannt. Einige der Frauen haben auch die Probleme, die Hörende mit Gehörlosen haben, angesprochen, z. B. dass Hörende nicht verstehen würden, warum sie als Gehörlose Probleme hätten. Hörende würden häufig vergessen, dass Gehörlose anwesend seien.

    Den Schwerpunkt der Aussagen von blinden Frauen in Bezug auf beschriebene Benachteiligung und Diskriminierung aufgrund der Behinderung (80% waren davon betroffen und knapp 70% spezifizierten entsprechende Situationen) lag beim Verhalten anderer Menschen gegenüber blinden Frauen, z. B. weil sie, vor allem Kinder, schauen und tuscheln. Eine Schwierigkeit lag für sie auch darin, dass sie wegen der Erblindung „nicht für voll genommen werden“. Benachteiligungen in Institutionen wurden sowohl als persönliche Erfahrung thematisiert, z. B. seien von der Ärztin oder vom Arzt bei der Hilfsmittelbeantragung eigenmächtig Hilfsmittel gestrichen worden, als auch als strukturelles Problem beschrieben, z. B. die Barrieren in den Behörden.

    Die schwerstkörperbehinderten/mehrfachbehinderten Frauen, die bereits die vorangegangenen Fragen weitgehend in Bezug auf Benachteiligungen und Diskriminierungen aufgrund der Behinderung beantwortet haben, gaben in der konkreten Frage zu 72% an, davon betroffen zu sein. Die offenen Antworten von 64% der Frauen, die zur Frage der Diskriminierung aufgrund der Behinderung erläuternde Angaben machten, enthielten kaum neue Aspekte. Es ging ihnen um den Mangel an Akzeptanz der Umwelt und die fehlende Berücksichtigung der Behinderung vor dem Hintergrund einer eher ablehnenden gesellschaftlichen Haltung gegenüber Behinderten. Weiter wurden der Kampf um Leistungen bei Behörden und Krankenkasse genannt sowie der Ausschluss von Leistungen bei der gesundheitlichen Versorgung, z. B. dass eine Mammografie im Rollstuhl nicht möglich sei aufgrund von für diese Zielgruppe nicht geeigneten bzw. nicht vorhandenen Geräten. Auch wurden hier wiederum Erfahrungen von Bevormundung angesprochen, z. B. nicht ernst genommen oder für dumm gehalten zu werden. Einige nannten ein Gefühl von Unfreiheit und eingeschränkter Selbstbestimmung.

    Dieser letzte Aspekt stand auch im Mittelpunkt der diesbezüglichen Aussagen der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung: für dumm gehalten, nicht ernst genommen oder lächerlich gemacht zu werden. Einige Frauen der Haushaltsbefragung hatten auch berichtet, dass viele Menschen den Kontakt zu ihnen scheuten bzw. die Krankheit nicht anerkannt werde, da sie für andere Menschen nicht sichtbar sei.

    Abschließend wurden die Frauen der Zusatzbefragung nach anderen unangenehmen Erfahrungen mit Menschen im Zusammenhang mit der Behinderung gefragt. 44–57% der Frauen hatten diese angegeben und zumeist spezifiziert (zu etwa 40–53%). In den Berichten der gehörlosen, blinden und körper-/mehrfachbehinderten Frauen, die diese unangenehmen Erfahrungen beschrieben haben, überwiegt die Kritik an der Haltung anderer Menschen gegenüber Behinderten. Für die gehörlosen Frauen ging es um die fehlende Akzeptanz, Berührungsängste und dass sich Hörende über sie lustig machten, z. B. indem sie schmutzige Witze erzählten oder die Gehörlosen für dumm hielten. Stark sehbehinderte/ blinde Frauen haben das ähnlich beschrieben, z. B. dumme Bemerkungen, wie „Kauf eine Brille“, oder „zugelabert“, ausgefragt oder belästigt zu werden sowie eine allgemein Rücksichtslosigkeit und arrogantes Verhalten. Die befragten körper-/mehrfachbehinderten Frauen fühlten sich als Behinderte abgelehnt, nahmen eine „Kälte“ bei den Mitmenschen wahr und fühlten sich gemieden oder übersehen. Daneben gebe es Neugierde, Distanzlosigkeit oder auch Mitleid, z. B. neugierig ausgefragt zu werden oder ungefragt Lebensgeschichten erzählt zu bekommen, die mit Behinderung verknüpft seien. Einige fühlten sich als Mensch entwertet, abgeschrieben oder wurden als nicht tauglich angesehen, z. B. wenn ihnen im Beruf die Kompetenz abgesprochen werde, weil sie Rollstuhlfahrerinnen sind.

    Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung berichteten in ihren Erläuterungen zur entsprechenden Frage ähnliche Erfahrungen, am häufigsten die einer respektlosen, unhöflichen und unfreundlichen Behandlung, „blöde“ Sprüche, Beschimpfungen, Entmündigung und Bevormundungen. An zweiter Stelle wurde allgemein die negative gesellschaftliche Haltung gegenüber Krankheit, Beeinträchtigung oder Behinderung thematisiert (vgl. Kap. 3.5). Die Größenordnung der Betroffenheit durch diese Probleme war allerdings bei den Befragten der Zusatzbefragung, wie bereits dokumentiert, sehr viel höher.

    Auch in den Fragen zu psychischer Gewalt waren zwei Aussagen zur Diskriminierung aufgrund von Alter, Geschlecht und Herkunft sowie Behinderung enthalten. Das folgende Diagramm zeigt sehr deutlich, dass die Frauen der Zusatzbefragung in erheblich höherem Ausmaß als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung zusätzlich zur Benachteiligung aufgrund des Geschlechts, des Alters oder der Herkunft eine Benachteiligung aufgrund der Behinderung wahrnahmen. So stimmten 57% bis 69% der Frauen der Zusatzbefragung, aber nur 15% der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung der Aussage zu, sie seien benachteiligt oder schlecht behandelt worden oder ihnen seien Fähigkeiten abgesprochen worden, weil sie behindert oder beeinträchtigt sind. Die Diskriminierung aufgrund der Behinderung spielte für Frauen der Zusatzbefragung – anders als für Frauen der Haushaltsbefragung – eine wesentlich größere Rolle als die Diskriminierung aufgrund von Geschlecht und anderen Merkmalen. Gehörlose Frauen gaben Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht, Alter und Herkunft mit 31% am häufigsten an, gefolgt von blinden und körperbehinderten Frauen (21 bzw. 23%), die sich davon etwa gleich häufig wie Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung (22%) betroffen sahen.

    Abbildung 20. Diagramm 56: Hinweis auf Diskriminierung aus der Abfrageliste zu psychischer Gewalt

    Balkendiagramm zum vorangehenden Textabschnitt.

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Die Erfahrungen von Diskriminierung der Gruppen der Zusatzbefragung sind zum einen geprägt von der Art ihrer Behinderung. Für alle waren jedoch gesellschaftliche Barrieren zentral, deren unterschiedliche Aspekte immer wieder thematisiert wurden. Vor allem haben die Frauen die Haltung der Menschen gegenüber Behinderten („Barrieren in den Köpfen“) immer wieder angesprochen. Das reichte von „Eiseskälte“ und Achtlosigkeit im Alltag, über Bevormundung, Spott und Hänselei bis bin zu den Defiziten in der Gestaltung einer barrierefreien Umwelt, mit denen Menschen mit Beeinträchtigungen, z. B. beim Hören, Sehen oder der körperlichen Mobilität, besser in die Gesellschaft einbezogen werden könnten, auch durch entsprechende Veränderungen öffentlicher Räume und dem Zur-Verfügung-Stellen angemessener Hilfsmittel. Die Problematik der fehlenden oder unzureichend verfügbaren Gebärdensprachdolmetscherinnen bzw. Gebärdensprachdolmetscher durchzieht wie ein roter Faden die Interviews mit den gehörlosen Frauen, z. B. wenn sie ihre Unzufriedenheit mit der Kommunikation mit der Ärztin oder dem Arzt in der gesundheitlichen Versorgung benennen oder die unzureichende Unterstützung durch Dolmetscherinnen und Dolmetscher in anderen Lebensbereichen, wobei Dolmetscherleistungen häufig als nicht gedeckter Unterstützungsbedarf genannt wurden. Hierzu zählen auch ihre Wünsche nach Freizeitangeboten, die sie gerne aufsuchen würden, wenn es dort Dolmetscherinnen bzw. Dolmetscher gäbe.

    Die Frauen der Zusatzbefragung haben die Fragen nach ihren subjektiven Erfahrungen von Diskriminierung insgesamt ausführlicher und differenzierter beantwortet als die Frauen der Haushaltsbefragung. Die Frage, inwieweit das auch ihrer häufigeren Zugehörigkeit z. B. zu Lobbygruppen geschuldet ist, sie also insgesamt stärker in der Behindertenpolitik engagiert sind und daher eine deutlichere und sensiblere Wahrnehmung von Diskriminierung haben, kann hier nicht beantwortet werden. Auch wenn dies ein möglicher Hintergrund für die vielfältigere Wahrnehmung und Beschreibung von Diskriminierung in der Zusatzbefragung sein kann, so spiegeln die Aussagen der Befragten zu diesem Thema zugleich auch einen realen Ausschnitt alltäglicher Erfahrungen von Frauen mit Behinderungen und ihre subjektive Bewertung und Deutung von Diskriminierung wider, von der die Frauen der Zusatzbefragung in deutlich erhöhtem Maße betroffen und belastet sind.

    4.5.2 Hinweise auf Formen von Benachteiligung und Diskriminierung aus der Analyse soziostruktureller Unterschiede

    Im Folgenden werden, wie auch bei der Analyse der repräsentativen Haushalts- und Einrichtungsbefragung, einige zentrale soziostrukturelle Aspekte herausgegriffen, die Hinweise auf strukturelle Diskriminierungen enthalten. Allerdings muss vorab betont werden, dass die Gewinnung der Frauen der Zusatzbefragung aus verschiedenen Gründen nicht den Bedingungen einer repräsentativen Zufallsauswahl von Befragten folgen konnte und dadurch die Sozialstruktur der Frauen der Zusatzbefragung nicht verallgemeinert werden kann für die in Deutschland lebenden Frauen mit entsprechenden Behinderungen. Vielmehr hat sich bereits im Kapitel zur Sozialstruktur (4.1) gezeigt, dass davon auszugehen ist, dass mit der vorliegenden Zusatzbefragung in der Tendenz eher die höher gebildeten und auch stärker verbandlich organisierten Frauen, die in höherem Maße gesellschaftlich integriert sind, erreicht werden konnten.

    Partner- und Familienbeziehungen

    Schwer sehbehinderte und blinde sowie schwerstkörper-/mehrfachbehinderte Frauen der Zusatzbefragung sind, wie das folgende Diagramm aufzeigt, aktuell weniger häufig verheiratet (38% vs. 37%) als gehörlose Frauen (46%; repräsentative Haushaltsbefragung: 55%). In der vorliegenden Studie waren allerdings Frauen, die in Einrichtungen befragt wurden, deutlich am seltensten aktuell verheiratet (4% der in allgemeiner Sprache und 5% der in vereinfachter Sprache Befragten der Einrichtungsbefragung).

    Abbildung 21. Diagramm 57: Partnerschaft und Kinder (Vergleich von Frauen der Zusatzbefragung mit Frauen der Frauenstudie 2004)

    Balkendiagramm zum vorangehenden Textabschnitt.

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Abbildung 22. Diagramm 58: Partnerschaft und Kinder (Frauen der repräsentativen Haushalts- und Einrichtungsbefragung)

    Balkendiagramm zum vorangehenden Textabschnitt.

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennung.

    Schwer sehbehinderte und blinde sowie schwerstkörper-/mehrfachbehinderte Frauen der Zusatzbefragung waren darüber hinaus seltener als die Frauen der Haushaltsbefragung und die gehörlosen Frauen jemals verheiratet, sie lebten seltener eine aktuelle Partnerschaft und hatten seltener Kinder. Dies verweist darauf, dass Frauen mit entsprechenden Behinderungen sowohl Einschränkungen in der Partnerschaftssuche als auch im Hinblick auf die Familiengründung erfahren. Diese können zum Teil mit Diskriminierungen und unzureichender Unterstützung, etwa bei Elternschaft und Familiengründung, zusammenhängen. So gaben Frauen, die seit Bestehen der Behinderung ein Kind bekamen, häufig an, von ihrer Umwelt in ihrer Entscheidung für ein Kind nicht bestärkt worden zu sein (26–42% der blinden und körperbehinderten Frauen und 12% der gehörlosen Frauen), und keine spezifische Unterstützung vor und nach der Geburt des Kindes erfahren zu haben, obwohl sie diese benötigt hätten (74–89% der blinden und körperbehinderten Frauen und 66–71% der gehörlosen Frauen, die eigene Kinder nach Eintreten der Behinderung geboren haben).[30]

    Abbildung 23. Diagramm 59: Sexualität und Reproduktion

    Balkendiagramm zum vorangehenden Textabschnitt.

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Wie das vorangegangene Diagramm zeigt, haben alle Frauen der Zusatzbefragung ähnlich häufig wie die Frauen in Haushalten sexuelle Erfahrungen gemacht. Kontrazeptiva (Verhütungsmittel) wurden von den gehörlosen Frauen deutlich seltener eingenommen (66%) als von den blinden und körperbehinderten Frauen (80%), die hier ähnliche Werte aufweisen wie die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung. Im Vergleich haben die befragten gehörlosen Frauen deutlich häufiger eine Schwangerschaft abgebrochen (25% vs. 17% der Frauen der Haushaltsbefragung und 11% bzw. 14% der blinden und körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung). Es ist unklar, ob die geringere Inanspruchnahme von schwangerschaftsverhütenden Methoden und die zugleich höhere Quote an Schwangerschaftsabbrüchen bei den gehörlosen Frauen ein Indiz für eine spezifische Diskriminierung gehörloser Frauen sein könnte. So könnte vermutet werden, dass keine ihrer Behinderung angemessene Beratung zu Fragen von Sexualität und Partnerschaft, Schwangerschaft und Familienplanung zur Verfügung steht. Allerdings haben gehörlose Frauen im Rahmen der vorliegenden Zusatzbefragung zu drei Viertel und damit gleich häufig wie die anderen Befragungsgruppen angegeben, sexuell aufgeklärt worden zu sein (häufiger durch Lehrerinnen oder Lehrer und seltener durch die Eltern), und sie waren mit dieser Aufklärung nicht weniger zufrieden als die anderen Befragungsgruppen.

    Im Vergleich der Untersuchungsgruppen fällt darüber hinaus das hohe Ausmaß an Sterilisationen bei den blinden und körperbehinderten Frauen auf (25–26%), das bei den gehörlosen Frauen, auch im Vergleich mit der repräsentativen Haushaltsbefragung (18%), am geringsten ist (10%). Der größte Teil der blinden und körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung (82–88%) gab hierzu jedoch an, dass es sich um eine eigene Entscheidung gehandelt habe (etwa einem Viertel wurde dies von einer professionellen Person, z. B. Ärztin oder Arzt, Betreuerin oder Betreuer, nahegelegt; bei den gehörlosen Frauen sind hier die Fallzahlen zu gering für statistische Auswertungen). Auch die Einnahme von Kontrazeptiva scheint bei allen Befragungsgruppen der Zusatzbefragung weit überwiegend auf einer eigenen Entscheidung zu beruhen (78–84%); 13–14% gaben an, dies auf professionellen Rat hin getan zu haben und nur sehr wenige Frauen fühlten sich hierzu gedrängt oder gezwungen (keine der blinden und körperbehinderten und nur drei der gehörlosen Befragten). Gerade vor dem Hintergrund der mangelnden Unterstützung von Familiengründung und Elternschaft bei Frauen mit Behinderungen (s.o.) dürfte aber die Entscheidung, keine Kinder zu bekommen, maßgeblich auch mitbestimmt sein durch die unzureichenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.

    Bildung und Ausbildung

    Nach den Ergebnissen der Auswertung des Mikrozensus 2005 ist das durchschnittliche schulische Bildungsniveau von Frauen mit Behinderungen niedriger als das von Frauen ohne Behinderungen. Gemessen daran ist das schulische Bildungsniveau der Frauen der vorliegenden Zusatzbefragung überdurchschnittlich hoch. Insbesondere die Gruppe der schwer sehbehinderten/blinden und die der schwerstkörper-/mehrfachbehinderten Frauen mit Fachhochschul- oder Hochschulreife ist mit 44% bzw. 48% weitaus größer als die der Frauen mit Behinderung des Mikrozensus 2005 mit 14%.[31] Auch wenn in der Zusatzbefragung häufiger Frauen mit einem hohen schulischen Bildungsabschluss erreicht wurden, kann jedoch aufgrund der Mikrozensusdaten davon ausgegangen werden, dass gehörlose, schwer sehbehinderte/blinde und schwerstkörper-/mehrfachbehinderte Frauen in ihrer schulischen Bildung häufiger benachteiligt sind.

    Abbildung 24. Diagramm 60: Ausbildung

    Balkendiagramm zum vorangehenden Textabschnitt.

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen

    Die in der Zusatzbefragung erreichten schwer sehbehinderte/blinden und schwerstkörper-/ mehrfachbehinderten Frauen unterscheiden sich nach ihrem Ausbildungsstatus deutlich von den gehörlosen Frauen und den Frauen der Frauenstudie 2004. So haben beide Gruppen sowohl häufiger als gehörlose Frauen und die Befragten der Frauenstudie 2004 keine Lehre oder Berufsausbildung abgeschlossen; sie hatten allerdings im Gegenzug häufiger (die körper-/mehrfachbehinderten Frauen sogar doppelt so häufig) einen Hochschulabschluss. Offensichtlich haben sich auf die Aufrufe hin, sich an der Studie zu beteiligen, häufiger Frauen dieser Gruppen mit Hochschulabschluss gemeldet. Auch wenn gehörlose Frauen häufiger eine Berufsausbildung abgeschlossen haben als alle übrigen Gruppen und fast ebenso häufig einen Hochschulabschluss haben wie die Frauen der Frauenstudie 2004, muss nach den Ergebnissen des Mikrozensus 2005 auch für diese Gruppe von einer behindertenspezifischen Benachteiligung im Bereich der beruflichen Bildung ausgegangen werden und wurde auch in der Literatur über die Situation Gehörloser häufiger beschrieben.

    Hinzu kommt, dass gehörlose Menschen oft nicht in Regelschulen integriert werden und die Bildung in Förderschulen ebenfalls zu gesellschaftlichen Ausgrenzungen und geringeren Bildungschancen mit beitragen kann.

    Erwerbsarbeit und Einkommen

    Abbildung 25. Diagramm 61: Erwerbstätigkeit und Einkommen im Vergleich

    Balkendiagramm zum anschließenden Textabschnitt.

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Der Anteil der erwerbstätigen Frauen an allen Frauen im Alter von 15 bis 64 Jahren im Jahr 2009 betrug nach offiziellen Statistiken in Deutschland 66%[32], der Anteil der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen in Teilzeit lag im Jahr 2010 bei 35%[33]. Demnach, und auch im Vergleich mit den Daten der Frauenstudie 2004, sind die gehörlosen Frauen der Zusatzbefragung überdurchschnittlich häufig erwerbstätig (69%), allerdings auch überdurchschnittlich häufig gegenüber den anderen Befragungsgruppen der Zusatzbefragung in einer Vollzeitbeschäftigung (28%). Die schwer sehbehinderten/blinden und schwerstkörper-/mehrfachbehinderten Frauen sind demgegenüber deutlich seltener erwerbstätig (37% bzw. 32%) und darüber hinaus auch seltener in Vollzeit beschäftigt (18%) als die gehörlosen Frauen (28%) und der Durchschnitt der weiblichen Bevölkerung (31%). Das Beschäftigungsniveau der schwer sehbehinderten/blinden Frauen der Zusatzbefragung (37%) entspricht in etwa dem der Frauen mit Behinderung in der Auswertung des Mikrozensus 2005 (38%), während die schwerstkörper-/mehrfachbehinderten Frauen mit 32% etwas seltener erwerbstätig sind. In der Auswertung des Mikrozensus 2005 wurde das als eine geschlechts- und behindertenspezifische Diskriminierung von Frauen mit Behinderung am Arbeitsmarkt ausgewiesen. Dies lässt sich auch für die schwer sehbehinderten/blinden und die schwerstkörper-/mehrfachbehinderten Frauen der Zusatzbefragung feststellen, was umso problematischer ist, als diese eine überdurchschnittlich hohe Bildung und überdurchschnittlich häufig einen Hochschulabschluss haben.

    Aufgrund der Beschäftigungssituation der Frauen der Zusatzbefragung könnte vermutet werden, dass deren Einkommenssituation teilweise prekär und häufiger durch sehr geringe Einkommen geprägt ist. Weil aber bis zu 45% der Frauen der Zusatzbefragung ihr Einkommen nicht angegeben haben, kann eine mögliche wirtschaftliche Diskriminierung aufgrund eines Vergleichs der Daten z. B. mit den Ergebnissen des Mikrozensus 2005 oder der Frauenstudie 2004 nicht geprüft werden. Nach der subjektiven Einschätzung von 60% der gehörlosen, 25% der blinden und 37% der schwerstkörper-/mehrfachbehinderten Befragten reicht das persönliche Einkommen nicht aus für den Lebensunterhalt (siehe auch Kapitel 4.1.5). Zwei Drittel der schwerstkörper-/mehrfachbehinderten, fast die Hälfte der schwer sehbehinderten/blinden (49%) und der gehörlosen Frauen (46%) bestätigen außerdem, dass sie mit ihrem Einkommen die zusätzlichen Ausgaben, die sie aufgrund ihrer Behinderung haben, nicht decken können. Darüber hinaus hatten 60% der schwer sehbehinderten/blinden und 67% der schwerstkörper-/mehrfachbehinderten Frauen Angst vor finanzieller Not und Existenzverlust. Vor allem diese subjektiven Einschätzungen der wirtschaftlichen Lebensgrundlagen der Mehrheit der Frauen der Zusatzbefragung können als Hinweise auf eine gesellschaftliche Diskriminierung und einen Verstoß gegen die in der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschriebenen Rechte auf ausreichende finanzielle Sicherung gewertet werden.

    Die Frauen der Zusatzbefragung hatten außerdem deutlich häufiger Angst vor zunehmender Abhängigkeit als die Frauen der Haushaltsbefragung. Das traf auch auf ihre Angst vor einer Verschlechterung der Gesundheit zu.[34]

    Abbildung 26. Diagramm 62: Existenzängste wegen….

    Balkendiagramm zum vorangehenden Textabschnitt.

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Soziale Beziehungen und Integration

    Die Frauen der Zusatzbefragung sind in ihrer Freizeit ähnlich häufig aktiv wie die Frauen der Haushaltsbefragung und der Frauenstudie 2004. In bestimmten Bereichen sind sie sogar aktiver, z. B. bei der Mitarbeit in Organisationen (vgl. Kap. 4.1.8), vermutlich weil sie über diese als Interviewpartnerinnen gewonnen wurden. Vor diesem Hintergrund scheinen die beiden Gruppen der Einrichtungsbefragung, die seltener in ihrer Freizeit aktiv sind, die in ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben am stärksten benachteiligten Gruppen zu sein. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Ergebnisse der Zusatzbefragung nicht repräsentativ sind für gehörlose, schwer sehbehinderte/blinde und schwerstkörper-/mehrfachbehinderte Frauen.

    Gravierend ist jedoch gerade vor dem Hintergrund, dass mit der Zusatzbefragung tendenziell stärker organisierte und weniger isolierte Frauen erreicht wurden, das Ergebnis, dass auch diese im Hinblick auf die Beurteilung ihrer sozialen Beziehungen erhebliche Probleme benennen. So vermissen sie etwa doppelt so häufig wie Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt enge vertrauensvolle Beziehungen; etwa jede dritte blinde und körperbehinderte Frau der Zusatzbefragung und mehr als jede zweite gehörlose Frau benennt hier Defizite in Bezug auf das Vorhandensein und die Qualität vertrauter Beziehungen (vgl. Kap. 4.1.8). Dies kann bei den beiden erstgenannten Gruppen mit dem geringeren Anteil von partnerschaftlichen und familiären Bindungen zu tun haben, dürfte aber insgesamt und darüber hinaus auch mit gesellschaftlichen Ausgrenzungsmechanismen in Zusammenhang stehen, die die Frauen an anderer Stelle ausführlich beschrieben haben (vgl. Kap. 4.5.1). Zudem können auch die vielfach erlebten negativen und gewaltbelasteten Beziehungserfahrungen im Leben der Frauen mit dazu beigetragen haben, dass das Vertrauen in enge soziale Beziehungen nachhaltig beeinträchtigt ist.

    Aber auch die Wohnumfelder wurden von den Frauen der Zusatzbefragung häufiger als problematisch beschrieben. Etwa 20–30% berichteten, diese seien nicht barrierefrei und es bestünden in der Wohngegend Vorurteile gegenüber Behinderten (vgl. auch Kap. 4.1.8).

    Dies sind Hinweise auf Formen struktureller Diskriminierung, die die Frauen der Zusatzbefragung auch in ihrer subjektiven Einschätzung und Beschreibung von Menschen im sozialen Nahraum im Hinblick auf erlebte Diskriminierungen deutlich in den Mittelpunkt gestellt haben.

    Kindheit und Jugend

    Entsprechend den Ergebnissen der Zusatzbefragung waren die befragten Frauen ähnlich wie die der Haushalts- und Einrichtungsbefragung in ihrer Kindheit häufiger belastet als die Frauen der Frauenstudie 2004 (vgl. Kap. 4.1).

    Abbildung 27. Diagramm 63: Aufgewachsen bei …

    Balkendiagramm zu den Orten der Kindheit.

    Basis: Alle befragten Frauen. Mehrfachnennungen.

    Als ein Hinweis auf eine strukturelle Diskriminierung kann die Größe der Gruppe der gehörlosen und die ebenfalls noch große Gruppe der schwer sehbehinderten/blinden Frauen gesehen werden, die teilweise oder überwiegend im Heim aufgewachsen waren. Dies beruht vermutlich darauf, dass sie die für ihre Form der Behinderung spezifischen Schulen besuchen mussten (Blindenschule oder Gehörlosenschule), die in der Regel einen überregionalen Einzugsbereich haben, sodass sie während des Schulbesuches in Internaten leben mussten. Eine Form der strukturellen Diskriminierung im Sinne der UN-BRK ist der Mangel an wohnortnahen inklusiven schulischen Bildungsangeboten für alle Kinder. Darüber hinaus war bei der Auswertung der Gewalterfahrungen sichtbar geworden, dass viele Frauen in Kindheit und Jugend hier psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt ausgesetzt und nicht ausreichend vor Übergriffen geschützt waren.

    Hinzu kommen diskriminierende Verhaltensweisen durch Eltern, die in Kapitel 4.1.7 ausführlich beschrieben wurden und die mit einer Entwertung, Demütigung und psychischen Verletzung bereits in Kindheit und Jugend der Befragten einhergingen. Sie verweisen auch auf Überlastungen und eine unzureichende Unterstützung der Eltern behinderter Kinder als einen weiteren Aspekt, der Menschen mit Behinderungen nachhaltig beeinträchtigt (siehe auch die Ergebnisse der qualitativen Studie in Teil II).

    Besondere psychische Belastung gehörloser Frauen

    Nach den Ergebnissen der vorliegenden Befragung sind auch die Frauen der Zusatzbefragung, wie die anderen Befragungsgruppen der repräsentativen Studie, psychisch besonders schwer belastet, allen voran die gehörlosen Frauen, von denen 75% mindestens ein psychisches Problem genannt haben (sowie 58% der sehbehinderten und 66% der körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung; repräsentative Haushaltsbefragung: 68%, s. Kap. 4.2.3). Als ein Grund dafür können stressgeprägte und diskriminierende Lebensumstände angenommen werden, die mit einer erhöhten Vulnerabilität für Depressionen einhergehen. Eine weitere Ursache können die Erfahrungen sexueller, psychischer und körperlicher Gewalt in Kindheit und Jugend und eine sich fortsetzende Gewalt im Lebensverlauf sein. Diese hohen psychischen Belastungen können insofern auch als ein Ausdruck der strukturellen Diskriminierung von behinderten Frauen in allen Lebensbereichen gewertet werden. Zudem verweisen sie auf Defizite in der medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung von Frauen mit Behinderungen.

    Betroffenheit von und mangelnder Schutz vor Gewalt

    Gerade in der hohen Betroffenheit aller Befragungsgruppen der Zusatzbefragung durch psychische, körperliche und sexuelle Gewalt in der Kindheit und im Erwachsenenleben (vgl. Kap. 4.3) und der auch von ihnen selbst wahrgenommenen erhöhten Vulnerabilität und geringeren Wehrhaftigkeit aufgrund der Behinderung zeigt sich eine hoch relevante Form der strukturellen Diskriminierung von Frauen mit Behinderungen. Die Frauen sind in allen Lebensbereichen einem erhöhten Risiko ausgesetzt, Opfer von Gewalt zu werden, und es wird bislang nicht in ausreichendem Maße dafür Sorge getragen, dass Frauen mit Behinderungen sicher und frei von Gewalt und Ausbeutung leben können. So haben beispielsweise gerade die in so hohem Ausmaß von sexueller Gewalt in der Kindheit und im Erwachsenenleben betroffenen gehörlosen Frauen auch aufgrund der strukturellen Rahmenbedingungen deutlich häufiger als andere Frauen sexuelle Gewalt in Bildungsinstitutionen resp. Schulen/Internaten erfahren. Darüber hinaus scheint ein unzureichender Schutz für Frauen mit Behinderungen im Arbeitsleben gegeben zu sein. Infrastrukturelle Bedingungen tragen außerdem dazu bei, dass Frauen mit schwereren Behinderungen auch an öffentlichen Orten unzureichend geschützt sind und am gesellschaftlichen Leben weniger teilhaben können. Kommunikationsbarrieren und andere Beschränkungen können mit dazu beitragen, dass von Gewalt betroffene Frauen sich nicht an die Polizei, an Gerichte oder das Unterstützungssystem für von Gewalt betroffene Frauen wenden, das bislang auch in keiner Weise barrierefrei ausgebaut ist.

    Gerade bei den stärker behinderten Frauen der Zusatzbefragung zeigt sich, wie auch bei den Frauen der Einrichtungsbefragung, besonders gravierend, dass das in Artikel 16 der UN-BRK festgeschriebene Recht der „Freiheit von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch (…) innerhalb und außerhalb der Wohnung (…) einschließlich ihrer geschlechtsspezifischen Aspekte“ für große Teile der Frauen mit Behinderungen in Deutschland nicht umgesetzt ist.

    Die Frauen der Zusatzbefragung haben insgesamt deutlich mehr und ein weiteres Spektrum an Erfahrungen von Benachteiligung und Diskriminierung erlebt als die Frauen der Haushaltsbefragung. Sie waren mehr als doppelt so häufig wie die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung von Benachteiligungen durch Institutionen oder Personen betroffen. Subjektiv wahrgenommene und durch strukturelle Rahmenbedingungen beförderte Diskriminierungen spielten bei den Frauen der Zusatzbefragung eine besonders große Rolle. Die Frauen der Zusatzbefragung beschrieben deutlich häufiger als die Frauen der Haushaltsbefragung benachteiligende und diskriminierende Erfahrungen in Institutionen und durch Menschen in ihrem sozialen Umfeld und in der Öffentlichkeit. Sie waren zudem einem breiteren Spektrum einschränkender Benachteiligungen und diskriminierender Situationen ausgesetzt. Sie fühlten sich mehr als doppelt so häufig durch Regeln oder Bedingungen in ihrer Freiheit eingeschränkt, gaben sehr viel häufiger an, ihnen sei Hilfe vorenthalten oder ein Zuviel an Hilfe entgegengebracht worden und sie nannten darüber hinaus signifikant häufiger diskriminierende Verhaltensweisen ihnen gegenüber im Alltag. Das Fehlen barrierefreier Umwelten, sei es aufgrund der unzureichenden räumlichen und infrastrukturellen Bedingungen, sei es aufgrund mangelnder Unterstützung durch Hilfsmittel und Gebärdensprachdolmetscherinnen bzw. Gebärdensprachdolmetscher zur Gewährleistung der Kommunikation mit Hörenden, sei es aber auch aufgrund der strukturellen Rücksichtslosigkeit von Ämtern und Behörden im Umgang mit und der Förderung von Menschen mit Behinderungen, war ein großes Thema in der Befragung gehörloser, blinder und körperbehinderter Frauen der Zusatzbefragung. Darüber hinaus ist ein ausreichender Schutz vor Gewalt auch aufgrund der strukturellen Rahmenbedingungen für Frauen mit Behinderungen bislang nicht gegeben.

    4.6 Zusammenfassung zentraler Ergebnisse der Zusatzbefragung

    Im Folgenden werden die zentralen Ergebnisse der Zusatzbefragung in Kurzfassung zusammengeführt. Weitere Maßnahmen und Empfehlungen, die sich aus den Studienergebnissen ableiten lassen, werden in der Zusammenschau mit den Ergebnissen der qualitativen Studie am Ende von Teil II aufgeführt.

    Mit der Befragung von gehörlosen, blinden/stark sehbehinderten und körper- /mehrfachbehinderten Frauen im Rahmen der vorliegenden Zusatzbefragung konnte die Studie um die Erfahrungen wichtiger Zielgruppen bereichert werden die im Rahmen der repräsentativen Einrichtungsbefragung nicht oder nicht in ausreichender Fallzahl hätten erreicht werden können.

    Die vorliegende Zusatzbefragung bei stark seh-, hör- und körper-/mehrfachbehinderten Frauen stellt eine wichtige Ergänzung zur repräsentativen Haushalts- und Einrichtungsbefragung dar, da sie die Lebenssituation und die Gewalterfahrungen von Frauen einbezieht, die über die repräsentativen Zugänge der Studie nicht oder nicht in ausreichender Fallzahl erreicht werden können. Sie umfasst Interviews mit 83 Frauen, die überwiegend gehörlos sind, mit 128 blinden und stark sehbehinderten Frauen und mit 130 Frauen, die schwerstkörper- und teilweise mehrfachbehindert sind und überwiegend einen Rollstuhl nutzen. Die Frauen sind aufgrund der Funktionsbeeinträchtigungen von Sinnesorganen und Bewegungsapparat spezifischen Barrieren ausgesetzt. Die Befragung von gehörlosen Frauen in Deutscher Gebärdensprache (DGS) durch ein kleines Team ausschließlich gehörloser Frauen, koordiniert und geschult von selbst gehörlosen Wissenschaftlerinnen, stellt ein Novum in der deutschen Forschungslandschaft dar. Dadurch konnten gehörlose Frauen ihre Erfahrungen in ihrer eigenen Sprache zum Ausdruck bringen, was, auch aufgrund der sehr sensiblen und fachlich versierten Herangehensweise der Interviewerinnen und der aufwendigen Übersetzung des Fragebogens in DGS, eine Öffnung der Frauen zur Folge hatte, über eigene Probleme und Gewalterfahrungen zu berichten, welche auch innerhalb der Gemeinschaft der Gehörlosen vielfach nicht kommuniziert werden. Auch die befragten blinden/stark sehbehinderten und die schwerstkörper- /mehrfachbehinderten Frauen gaben vertiefende Einblicke in ihre Lebenssituation sowie diskriminierende und Gewalterfahrungen, mit denen sie konfrontiert wurden. Die Interviews der Zusatzbefragung sind aufgrund der notwendig gewordenen spezifischen Zugänge zu den Frauen über Medien, Multiplikatorinnen bzw. Multiplikatoren und Lobbyverbände nicht repräsentativ und auch wegen der geringen Fallzahlen nicht verallgemeinerbar. Sie spiegeln aber wichtige Tendenzen und Erfahrungen dieser Teilgruppen wider, die für die weitere Forschung, Praxis und Politik bedeutsam sind.

    In der soziostrukturellen Zusammensetzung der Befragungsgruppen unterschieden sich die Frauen der Zusatzbefragung. Während gehörlose Frauen im Durchschnitt jünger waren und auch im Hinblick auf Erwerbsarbeit, Partnerschaft und familiäre Einbindung stärkere Ähnlichkeiten mit dem Bevölkerungsdurchschnitt aufwiesen, waren die befragten blinden/stark sehbehinderten und die körper-/mehrfachbehinderten Frauen häufiger älter, nicht in die Erwerbsarbeit eingebunden, unverheiratet und kinderlos. Sie hatten zugleich ein überdurchschnittlich hohes Bildungsniveau. Allerdings war das Einkommensniveau der Frauen vielfach nicht ausreichend, um das eigene Leben und die zusätzlichen Mittel zu bestreiten, die aufgrund der Behinderung anfielen.

    Die befragten gehörlosen Frauen waren in der Altersgruppenzusammensetzung, aber auch hinsichtlich der partnerschaftlichen und familiären Einbindung dem Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 relativ ähnlich. Blinde und körperbehinderte Frauen der Zusatzbefragung waren im Schnitt älter und, wie die Frauen der Haushaltsbefragung, überwiegend (zu etwa 70%) über 40 Jahre alt. Sie hatten deutlich seltener eine aktuelle Partnerschaft, waren seltener verheiratet und hatten zu geringeren Anteilen eigene Kinder. Gehörlose Frauen hatten fast ebenso häufig wie Frauen der Haushaltsbefragung und der Frauenstudie 2004 eine Partnerin oder einen Partner und eigene Kinder und waren nur etwas seltener aktuell verheiratet. Wenn sie in einer Paarbeziehung lebten, hatten sie weit überwiegend Partnerinnen bzw. Partner, die ebenfalls gehörlos oder hörbehindert waren. Die große Mehrheit der Frauen der Zusatzbefragung lebt in eigenen Privathaushalten ohne Einrichtungsanbindung. Anteilsmäßig doppelt so viele blinde und körperbehinderte wie gehörlose Frauen leben allein im Haushalt.

    Im Hinblick auf die Schul- und Berufsausbildung sind die Daten der vorliegenden Zusatzbefragung nicht verallgemeinerbar für die in Deutschland lebenden gehörlosen, blinden und körperbehinderten Frauen, da über die Zugänge unter Umständen eher höher gebildete Frauen der Zielgruppen erreicht werden konnten. Ein relativ hoher Bildungsgrad ließ sich bei den befragten blinden und körperbehinderten Frauen feststellen, die fast zur Hälfte über Abitur oder Hochschulabschluss verfügten. Sie hatten zugleich am häufigsten keine qualifizierte Lehre oder Berufsausbildung, über die die befragten gehörlosen Frauen häufiger verfügten. Gehörlose Frauen waren in hohem Maße (zu zwei Drittel) erwerbstätig, während die blinden und körperbehinderten Frauen – trotz ihrer höheren Bildung – nur zu etwa einem Drittel beruflich eingebunden waren. Sehr geringe Haushaltseinkommen waren bei den gehörlosen Frauen am häufigsten anzutreffen, obwohl sie häufiger erwerbstätig und seltener alleinstehend waren und zudem häufiger Kinder zu versorgen hatten. Entsprechend gaben mit 60% anteilsmäßig etwa doppelt so viele gehörlose Frauen wie Frauen der anderen Befragungsgruppen an, das Einkommen sei nicht ausreichend für die Dinge, die zum täglichen Leben benötigt würden. Für alle Befragungsgruppen stellte sich darüber hinaus das Problem, dass die zur Verfügung stehenden Mittel nicht ausreichten für die zusätzlichen Ausgaben, die aufgrund der Behinderung anfielen. Das gaben etwa die Hälfte bis zwei Drittel der Frauen der Zusatzbefragung an; die körperbehinderten Frauen waren hiervon am häufigsten betroffen.

    Die Frauen der Zusatzbefragung waren relativ stark außerhäuslich aktiv und gesellschaftlich eingebunden, was sicherlich auch auf Selektivitäten in der Auswahl und Gewinnung der Befragten über Lobbyorganisationen, Medien und Multiplikatorinnen bzw. Multiplikatoren zurückzuführen ist. Dennoch vermissten viele eine Einbindung in enge, vertrauensvolle soziale Beziehungen und wiesen ein gegenüber anderen Befragungsgruppen deutlich erhöhtes Maß an innerer Isolation auf, was in besonderem Maße auf die gehörlosen Frauen zutraf. Die sozialen und wohnlichen Umfelder waren vielfach durch mangelnde Barrierefreiheit und Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen geprägt.

    Die befragten Frauen der Zusatzbefragung waren nicht generell seltener in außerhäusliche Freizeitaktivitäten eingebunden und sie bekamen auch nicht deutlich seltener in ihren Haushalten Besuch durch Freundinnen und Freunde, Bekannte und Verwandte als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung und der Frauenstudie 2004. Ihre gesellschaftliche Teilhabe war auch im Hinblick auf die Einbindung in Organisationen hoch, was aber auch darauf zurückgeführt werden kann, dass viele der Befragten bevorzugt aus diesem Umfeld gewonnen wurden. Eine höhere soziale Isolation der Frauen der Zusatzbefragung gegenüber dem Bevölkerungsdurchschnitt zeigte sich jedoch in Bezug auf das Fehlen enger, vertrauensvoller und verlässlicher Beziehungen, das etwa ein Drittel der blinden und körperbehinderten Frauen und 50–60% der gehörlosen Frauen äußerten.

    Obwohl die befragten gehörlosen Frauen häufiger in Familien- und Paarbeziehungen eingebunden waren, gaben sie deutlich seltener als die anderen Befragungsgruppen an, es gebe genug Menschen, die ihnen helfen würden, wenn sie Probleme hätten, ihre Freundinnen bzw. Freunde seien für sie da oder es gebe Menschen, auf die sie sich wirklich verlassen könnten. Sie äußerten demgegenüber häufiger als die anderen Gruppen, der Freundeskreis sei zu klein, sie würden eine wirklich enge Beziehung oder eine richtig gute Freundin bzw. einen guten Freund vermissen. Mehr als die Hälfte dieser Frauen gab darüber hinaus an, sie würden Geborgenheit und Wärme vermissen, was auf fast jede dritte blinde und körperbehinderte Frau, aber nur jede siebte Befragte im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 zutraf. In den Aussagen der blinden und körperbehinderten Frauen kommt ebenfalls zum Ausdruck, dass diese im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt häufiger enge vertrauensvolle Beziehungen vermissen – die Anteile sind hier mit denen der repräsentativen Haushaltsbefragung vergleichbar. In der Studie werden erhebliche Probleme in der sozialen Einbindung und Isolation von Frauen mit Behinderungen sichtbar, die auch durch gesellschaftlich-strukturelle Faktoren mit bedingt sein können.

    In Bezug auf die Wohnumfelder der Befragten zeigen sich vor allem Beeinträchtigungen durch mangelnde Barrierefreiheit bei jeder fünften bis zehnten Frau der Zusatzbefragung, wobei die körperbehinderten Frauen davon deutlich am stärksten betroffen waren. Darüber hinaus gab jede vierte bis fünfte Frau Vorurteile gegenüber Menschen mit Behinderungen in der unmittelbaren Nachbarschaft an.

    Kindheit und Jugend vieler Frauen der Zusatzbefragung sind deutlich höher belastet als bei Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt und bei Frauen der Haushaltsbefragung. Viele wachsen nur bei einem Elternteil auf, vor allem blinde und gehörlose Frauen sind ganz oder teilweise in Einrichtungen (Förderschulen/Internaten) außerhalb der Familie untergebracht und es werden zum Teil diskriminierende, ausschließende und grenzverletzende Erfahrungen, auch durch die Eltern und in der eigenen Herkunftsfamilie genannt.

    Bei der Mehrheit der Frauen der Zusatzbefragung besteht die Behinderung seit Geburt, Kindheit oder Jugend. Bei den Frauen der Zusatzbefragung werden, wie in der repräsentativen Haushalts- und der Einrichtungsbefragung, höher belastete Kindheiten sichtbar als im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004. So waren viele Frauen nur bei einem Elternteil aufgewachsen. Vor allem bei den gehörlosen Frauen fällt darüber hinaus auf, dass diese sehr viel häufiger als die anderen Befragungsgruppen teilweise oder überwiegend in Einrichtungen aufgewachsen waren. Das traf auf über ein Drittel der gehörlosen Frauen zu (38%), auf ein Siebtel der blinden Frauen (14%) und nur auf 5% der körperbehinderten Frauen (Haushaltsbefragung und Frauenstudie 2004: 0–1%).

    Neben positiver Förderung durch die Eltern bei gut drei Viertel der Befragten wurden auch problematische Aspekte beschrieben, etwa dass die Behinderung durch die Eltern geleugnet oder ignoriert bzw. nach außen hin zu verstecken versucht wurde, dass die Frauen zu Therapien und Behandlungen gedrängt oder gezwungen wurden, die sie nicht wollten, oder die Eltern grob und lieblos mit dem behinderten Kind umgegangen seien. Bei den gehörlosen Frauen kamen erhebliche Kommunikationsprobleme innerhalb der eigenen Herkunftsfamilie hinzu. Das Ergebnis, dass zwei Fünftel der gehörlosen Frauen (39%) und jede dritte bis vierte blinde oder körperbehinderte Frau sich als Kind in der eigenen Familie weniger stark oder gar nicht angenommen fühlten und dass insgesamt etwa doppelt so hohe Anteile der Frauen der Zusatzbefragung wie im Bevölkerungsdurchschnitt die eigene Kindheit als weniger glücklich oder unglücklich charakterisierten (38% vs. 19%), verweist auf einen erheblichen Unterstützungsbedarf behinderter Kinder und ihrer Eltern.

    Wie bei den Frauen der Haushalts- und der Einrichtungsbefragung, allerdings auf zum Teil deutlich höherem Niveau, ist das Sicherheitsgefühl der Frauen der Zusatzbefragung in Bezug auf körperliche Unversehrtheit im sozialen Umfeld, Sicherheit im öffentlichen Raum und finanzielle Absicherung eingeschränkt.

    Bei den Frauen der Zusatzbefragung äußerten sich ein geringes Sicherheitsgefühl und erhöhte Ängste zum einen in Bezug auf die Angst vor körperlichen oder sexuellen Übergriffen, wobei hier gegenüber der Haushaltsbefragung und der Frauenstudie 2004 tendenziell erhöhte Ängste vor allem in Bezug auf Übergriffe durch Bekannte, Partnerinnen bzw. Partner und Familienangehörige sowie Pflegekräfte/Unterstützungspersonen benannt wurden, von denen etwa jede zehnte Frau der Zusatzbefragung betroffen war. Zum anderen konnte ein vermindertes Sicherheitsgefühl in Alltagssituationen im öffentlichen Raum insbesondere bei den blinden und körperbehinderten Frauen festgestellt werden, die diese Situationen auch deutlich häufiger mieden. Sich dabei sicher oder sehr sicher zu fühlen, spätabends oder nachts allein nach Hause zu gehen, gab etwa die Hälfte der gehörlosen Frauen an (49%), aber weniger als ein Drittel der blinden und körperbehinderten Frauen (30–31%). Etwa jede sechste blinde und jede fünfte körperbehinderte Frau vermied solche Situationen vollständig.

    In Bezug auf Ängste vor körperlichen oder sexuellen Übergriffen hatten vor allem blinde und körperbehinderte Frauen häufiger als andere Befragungsgruppen Angst vor Übergriffen in Familie und Partnerschaft, in der Arbeitswelt und im Rahmen von Pflege und Betreuung.

    Am relevantesten waren für die Frauen der Zusatzbefragung aber existenzielle Ängste vor zunehmender Abhängigkeit, finanzieller Not und negativen Entwicklungen/Folgen der Behinderung, von denen mit etwa 60% bis 80% deutlich mehr Frauen der Zusatzbefragung als Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung betroffen waren. Dies dürfte auch mit der Schwere der Behinderung und den damit häufig verbundenen größeren Abhängigkeiten in Zusammenhang stehen, welche durch die prekäre finanzielle Lage vieler Frauen und den höheren Bedarf an Unterstützung und Hilfsmitteln noch verschärft werden. Die Zusatzbefragung verweist auf erhebliche Belastungen der Frauen durch finanzielle Engpässe, Abhängigkeiten und Folgen der Behinderungen. So äußerten etwa 60–67% der Frauen eine häufige/gelegentliche Angst vor finanzieller Not und Existenzverlust oder dass die finanziellen Mittel zum Leben nicht ausreichten und waren damit noch stärker von materiellen Ängsten betroffen als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung.

    Das Ausmaß der multiplen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der psychischen Probleme ist bei den Frauen der Zusatzbefragung hoch und bei einigen Befragungsgruppen deutlich stärker ausgeprägt als bei den Frauen der repräsentativen Haushalts- und Einrichtungsbefragung. Auffällig hoch ist zum einen die Betroffenheit der körperbehinderten Frauen durch multiple gesundheitliche Beeinträchtigungen und zum anderen das Ausmaß psychischer Probleme bei den befragten gehörlosen Frauen.

    In der vergleichenden Auswertung der Befragungsgruppen wurde sichtbar, dass die blinden und die körper-/mehrfachbehinderten Frauen zusätzlich zu ihren erheblichen Einschränkungen der Sinneswahrnehmung und der Bewegungsfunktionen in hohem Maße auch von anderen körperlichen Beschwerden und multiplen gesundheitlichen Beeinträchtigungen betroffen sind. So gaben knapp drei Viertel der sehbehinderten Frauen auch zusätzliche körperliche Beeinträchtigungen an, zumeist chronische Erkrankungen und Funktionsbeeinträchtigungen innerer Organe, aber auch Einschränkungen durch Schmerzen. Fast alle körperbehinderten Frauen wiesen mehr als zwei körperliche Beeinträchtigungen auf, wobei über 90% Funktionsbeeinträchtigungen der Gliedmaßen, häufig in Verbindung mit Lähmungen, angaben. Über 60% waren darüber hinaus durch Schmerzen eingeschränkt und etwa die Hälfte der körperbehinderten Frauen hatte jeweils chronische und/oder neurologische Erkrankungen und/oder eine Funktionsbeeinträchtigung der inneren Organe. Ein Drittel hatte zusätzlich Sehbeeinträchtigungen und fast jede Siebte eine zusätzliche Hörbeeinträchtigung. Dies verweist auf ein hohes Maß an multiplen Beeinträchtigungen der Frauen der Zusatzbefragung, am stärksten bei den körperbehinderten, in abgeschwächtem Maße aber auch bei den blinden Frauen. Bei den gehörlosen Frauen wurden diese gesundheitlichen Beschwerden aus Gründen der notwendigen Fragebogenkürzung nicht abgefragt.

    Die vergleichende Auswertung der psychischen Probleme in den Befragungsgruppen der Studie zeigt auf, dass alle Befragungsgruppen der Zusatzbefragung in hohem Maße von psychischen Problemen betroffen sind. Am stärksten haben dies aber die hörbehinderten Frauen angegeben, von denen 75% mindestens ein psychisches Problem genannt haben (vs. 58% der sehbehinderten und 66% der körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung sowie 68% der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung). Gehörlose Frauen hatten nicht nur häufiger, sondern insgesamt auch eine höhere Anzahl psychischer Probleme benannt, die sich im Mittelwert der Nennungen jenem der psychisch erkrankten Frauen der Einrichtungsbefragung annäherte.

    Hohe Belastungen zeigen sich vor allem im Bereich der depressionstypischen Probleme und im Bereich der Probleme, die in einem Zusammenhang stehen können mit vergangenem traumatischen Erleben bzw. außergewöhnlich hohen Belastungen und der Schwierigkeit, diese zu bewältigen. Auch Zwangshandlungen und -gedanken, längerfristig starke Vermeidung von Kontakt zu anderen Menschen und starken Rückzug, Identitätsprobleme und Fremdheitsgefühle sowie extreme Selbstzweifel oder Minderwertigkeitsgefühle, die im täglichen Leben stark einschränken, nannten die befragten gehörlosen Frauen deutlich häufiger als die anderen Befragungsgruppen. Von Suizidgedanken waren 16% der gehörlosen Frauen und 13% der körperbehinderten Frauen betroffen und damit gleich hohe Anteile wie bei der repräsentativen Haushaltsbefragung, die hier ebenfalls erhöhte Werte gegenüber der weiblichen Durchschnittsbevölkerung aufwiesen.

    Insgesamt zeigt sich, dass die schwer körperbehinderten Frauen der Zusatzbefragung zu ungefähr gleichen Anteilen wie die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung psychische Probleme genannt haben, die befragten sehbehinderten Frauen davon etwas weniger betroffen waren als die anderen Befragungsgruppen, die gehörlosen Frauen aber die mit am höchsten psychisch belastete Gruppe der gesamten vorliegenden Studie darstellen.

    Über die Ursachen der extrem hohen psychischen Belastungen vor allem der gehörlosen Frauen kann an dieser Stelle nur spekuliert werden. Die in der Studie festgestellte hohe Betroffenheit dieser Frauen durch sexuelle und andere Formen von Gewalt in der Kindheit und im Erwachsenenleben, aber auch schwierige und belastende Kindheitserfahrungen, die häufig durch innere Isolation und unzureichende Kommunikationsmöglichkeiten auch innerhalb der eigenen Herkunftsfamilie geprägt waren, könnten hier einen Erklärungsansatz bieten.

    Generell verweist die Studie im Zusammenhang mit den hohen psychischen Belastungen dieser und der anderen Untersuchungsgruppen auf einen erheblichen Unterstützungs- und Präventionsbedarf und die Notwendigkeit der Bereitstellung barrierefreier Therapiemöglichkeiten für alle Befragungsgruppen, gerade aber auch bei den gehörlosen Frauen.

    Subjektiv wahrgenommene und durch strukturelle Rahmenbedingungen beförderte Diskriminierungen spielen bei den Frauen der Zusatzbefragung eine besonders große Rolle. Sie waren davon noch deutlich häufiger und auch anders betroffen als die Frauen der repräsentativen Haushalts- und Einrichtungsbefragung.

    Die Frauen der Zusatzbefragung beschrieben deutlich häufiger als die Frauen der Haushaltsbefragung benachteiligende und diskriminierende Erfahrungen in Institutionen und durch Menschen in ihrem sozialen Umfeld, im Berufsleben und in der Öffentlichkeit. Sie waren zudem einem breiteren Spektrum einschränkender Benachteiligungen und diskriminierender Situationen ausgesetzt. Sie fühlten sich doppelt so häufig durch Regeln oder Bedingungen in ihrer Freiheit eingeschränkt, gaben sehr viel häufiger an, ihnen sei Hilfe vorenthalten oder ein Zuviel an Hilfe entgegengebracht worden, und sie nannten darüber hinaus signifikant häufiger diskriminierende Verhaltensweisen im Alltag wie angestarrt, ungefragt geduzt oder nicht ernst genommen zu werden. Darüber hinaus wurden sie häufiger ungewollt angefasst, erfuhren in erhöhtem Maße verbale Aggressionen oder wurden aufgrund der Behinderung in ihren Umfeldern sowohl durch nahestehende Personen als auch durch wenig oder kaum bekannte Menschen belästigt, lächerlich gemacht oder diskriminiert. In erheblich höherem Ausmaß als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung nahmen sie – zusätzlich zur Benachteiligung aufgrund des Geschlechts – eine Benachteiligung aufgrund der Behinderung wahr. So stimmten 57–69% der Frauen der Zusatzbefragung, aber nur 15% der Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung der Aussage zu, sie seien benachteiligt oder schlecht behandelt worden oder ihnen seien Fähigkeiten abgesprochen worden, weil sie behindert oder beeinträchtigt sind.

    Das Fehlen barrierefreier Umwelten, sei es aufgrund der unzureichenden räumlichen und infrastrukturellen Bedingungen, sei es aufgrund mangelnder Unterstützung durch Hilfsmittel und Gebärdensprachdolmetscherinnen bzw. Gebärdensprachdolmetscher zur Gewährleistung der Kommunikation mit Hörenden, sei es aber auch aufgrund der strukturellen Rücksichtslosigkeit von Ämtern und Behörden im Umgang mit und der Förderung von Menschen mit Behinderungen, war ein großes Thema in der Befragung gehörloser, blinder und körperbehinderter Frauen. Viele Frauen beschrieben diskriminierende Verhaltensweisen, Grenzverletzungen, unzureichende Unterstützung sowie Bevormundung vonseiten der Ämter und Behörden oder im Bereich der pflegerischen und medizinischen Versorgung. Darüber hinaus wurden fehlende Akzeptanz, Berührungsängste, mangelnder Respekt und mangelnde Rücksichtnahme sowie ein ausschließendes und distanziertes, teilweise aber auch distanzloses Verhalten durch Menschen aus dem sozialen Umfeld und im öffentlichen Raum beschrieben. Einige Befragte fühlten sich als Behinderte abgelehnt und entwertet, gemieden oder übersehen. Auch Benachteiligungen im beruflichen Bereich und das Absprechen von Kompetenzen aufgrund der Behinderung wurden in den Interviews thematisiert. Weitere Formen struktureller Gewalt und Diskriminierung wurden in der geringeren beruflichen Einbindung von Frauen selbst bei hohen Bildungsgraden und in den erheblichen existenziellen Ängsten vor finanzieller Not und zunehmender Abhängigkeit von anderen sichtbar. Aufgrund der stärkeren Beeinträchtigungen und des höheren Unterstützungsbedarfs, aber auch aufgrund der zum Teil noch geringeren beruflichen Einbindung waren die Frauen der Zusatzbefragung davon noch gravierender betroffen als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung.

    Die Frauen der Zusatzbefragung waren in hohem Maße psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt in Kindheit und im Erwachsenenleben ausgesetzt und davon deutlich stärker belastet als der weibliche Bevölkerungsdurchschnitt und als die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung. Besonders auffällig ist die extrem hohe Betroffenheit der gehörlosen Frauen durch sexuelle Gewalt in Kindheit, Jugend und Erwachsenenleben.

    Waren bereits die Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen der repräsentativen Haushalts- und der Einrichtungsbefragung in deutlich erhöhtem Maße gegenüber den Frauen des Bevölkerungsdurchschnitts von psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt in Kindheit und im Erwachsenenleben betroffen, so zeigte sich bei der Zusatzbefragung in vieler Hinsicht ein noch größeres Ausmaß an Gewalt im Leben der gehörlosen, blinden und körperbehinderten Frauen.

    In der Studie wird ein sehr gravierendes Ausmaß an sexueller Gewalt in Kindheit und Jugend bei den Befragten der Zusatzbefragung sichtbar. Waren die Befragten der repräsentativen Haushalts- und Einrichtungsbefragung der vorliegenden Studie zwei- bis dreimal häufiger von sexuellem Missbrauch durch Erwachsene in Kindheit und Jugend betroffen als die Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt, so traf dies auf die Frauen der Zusatzbefragung noch häufiger zu. Wird sexueller Missbrauch durch Kinder und Jugendliche mit einbezogen, dann hatte jede zweite bis dritte gehörlose, blinde und körperbehinderte Frau sexuelle Gewalt in Kindheit und Jugend angegeben, allen voran die gehörlosen Frauen mit einer Betroffenheit von über 50%. Gehörlose Frauen waren besonders häufig von sexuellem Missbrauch in Schulen und Einrichtungen (Gehörlosenschulen) betroffen, während blinde und körperbehinderte Frauen häufiger sexuellen Missbrauch in der Familie, zumeist durch Väter und männliche Verwandte, erlebt haben. Die gehörlosen Frauen haben darüber hinaus doppelt so häufig wie die anderen Befragungsgruppen Tätlichkeiten zwischen den Eltern miterlebt. Von körperlicher Gewalt durch Eltern waren die Frauen der Zusatzbefragung anteilsmäßig nicht signifikant häufiger betroffen als die Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt der Frauenstudie 2004 und der repräsentativen Haushaltsbefragung dieser Studie. Sie haben allerdings signifikant häufiger psychische Gewalt durch Eltern erlebt. Darüber hinaus wurden von etwa drei Viertel der Frauen der Zusatzbefragung psychische und/oder körperliche Übergriffe in Einrichtungen benannt, in denen sie in Kindheit und Jugend untergebracht waren.

    Die Frauen der Zusatzbefragung waren auch im Erwachsenenleben in allen Lebensbereichen in hohem Maße psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt ausgesetzt. 78–88% der Frauen berichteten von psychischer Gewalt und psychisch verletzenden Handlungen, 59–75% von körperlichen Übergriffen und 29–43% von sexueller Gewalt. Darüber hinaus waren 68–87% der Frauen der Zusatzbefragung von sexueller Belästigung in unterschiedlichen Lebensbereichen betroffen. Gehörlose Frauen wiesen in allen Formen von Gewalt die höchste Betroffenheit auf: Drei Viertel der gehörlosen Frauen (75%) hatten körperliche und 84% psychische Gewalt seit dem 16. Lebensjahr erlebt, 43% sexuelle Gewalt und 87% sexuelle Belästigung. Damit waren sie die am höchsten von Gewalt im Erwachsenenleben betroffene Gruppe der vorliegenden Studie. Unter Umständen haben die Erfahrungen früher, gerade auch sexueller Grenzverletzungen in Kindheit und Jugend deren Risiko, im späteren Leben Opfer von Gewalt zu werden, erhöht. Ihre mit über 40% sehr hohe Betroffenheit durch Partnergewalt, bezogen auf aktuelle und/oder frühere Beziehungspartner, kann auch einen Zusammenhang mit Geschlechterbeziehungen und Gewaltverhältnissen innerhalb der Gemeinschaft der Gehörlosen aufweisen sowie mit der Isolation gegenüber Hörenden und den aufgrund der Kommunikationsbarrieren eingeschränkten Unterstützungsmöglichkeiten der Frauen im Falle von Gewalt zu tun haben.

    In Bezug auf die Bedrohlichkeit der Situationen von Gewalt und das Gefühl, sich unzureichend dagegen wehren zu können, erleben sich die körperbehinderten, aber auch die blinden Frauen deutlich stärker eingeschränkt als andere Befragungsgruppen. Entsprechend sahen sie auch in höherem Maße einen Zusammenhang zwischen der Gewaltsituation und der eigenen Behinderung.

    Im Hinblick auf die Täter-Opfer-Kontexte von Gewalt im Erwachsenenleben fällt auf, dass zwar auch die Frauen der Zusatzbefragung, wie die anderen Befragungsgruppen, am häufigsten körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch Partner oder Ex-Partner erlebt haben, dass aber für diese Frauen erhöhte Risiken von Gewalt auch in allen anderen Lebensbereichen bestehen, zum Beispiel an öffentlichen Orten durch unbekannte oder kaum bekannte Täter, im eigenen Freundes- und Bekanntenkreis, in den Familienbeziehungen und in hohem Maße auch im Kontext von Arbeitsleben, Ausbildung und Schule. Unterstützungs-, Schutz-und Präventionsmaßnahmen für von Gewalt betroffene Frauen mit Behinderungen haben die unterschiedlichen Lebenskontexte, in denen die Frauen Opfer von Gewalt werden können, stärker zu berücksichtigen.

    Im Hinblick auf psychische Gewalt im Erwachsenenleben der Frauen der Zusatzbefragung spielt darüber hinaus – wie auch bei den Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung – das Gefühl, durch Ämter und Behörden sowie im Rahmen der gesundheitlichen Versorgung schlecht behandelt, psychisch verletzt oder diskriminiert zu werden, eine besondere Rolle. So berichteten etwa 40–50% der Frauen der Zusatzbefragung von psychisch verletzenden Handlungen und psychischer Gewalt durch Personen in Ämtern und Behörden und etwa 30–40% benannten dies im Rahmen der gesundheitlichen Versorgung, insbesondere durch Ärztinnen oder Ärzte.

    Hier im Rahmen von aktiven Antidiskriminierungsbemühungen anzusetzen, ist dringend geboten. Dies hätte eine intensivierte Auseinandersetzung von Sozialpolitik, Sozialverwaltung und Gesundheitswesen mit den konkreten Bedürfnissen, Unterstützungs-und (Sicherheits-)Bedarfen von Frauen mit Behinderungen einzuschließen, welche das Recht auf Förderung und volle gesellschaftliche Teilhabe sowie körperliche und seelische Unversehrtheit betont, sich zugleich aber auch ganz konkret in einem respektvollen und solidarischen Umgang mit Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen umsetzt.

    Psychische, körperliche und sexuelle Gewalt stellen im Leben vieler Frauen mit Behinderungen, wie die Ergebnisse der vorliegenden Studie aufzeigen, ein Kontinuum fortgesetzter Gewalt in unterschiedlichen Lebensbereichen dar. Ein hoher Anteil der Frauen der Zusatzbefragung hat eine Kumulation unterschiedlicher Formen von Gewalt in der Kindheit/Jugend und im Erwachsenenleben erlebt. Gegenüber den Frauen der Frauenstudie 2004 waren sowohl die Frauen der repräsentativen Haushaltsbefragung dieser Studie als auch die Frauen der Zusatzbefragung um ein Vielfaches häufiger von kumulierter und durch multiple Formen geprägter Gewalt im Lebensverlauf betroffen. Etwa jede zweite bis dritte Frau der Zusatzbefragung hat sowohl in der Kindheit als auch im Erwachsenenleben psychische, körperliche und sexuelle Gewalt erlebt, was auf jede dritte bis vierte Frau der repräsentativen Haushaltsbefragung zutrifft, aber nur auf jede 14. Frau der Frauenstudie 2004. Die Einschränkungen aufgrund der vielfältigen Behinderungen, wie auch die Einschränkungen und Beeinträchtigungen durch die Folgen fortgesetzter Gewalt im Lebensverlauf, sind wichtige Aspekte, die die quantitative Studie gerade auch bei den Frauen der Zusatzbefragung in der Breite sichtbar machen konnte. Sie werden in ihrer Relevanz für die Bewältigung und Beendigung von Gewalt und für eine künftig wirkungsvollere Unterstützung von Betroffenen und Prävention von Gewalt gegen Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen im Rahmen der qualitativen Studie noch weiter vertieft (Teil II der Dokumentation).



    [1] Die männliche Form wurde hier verwendet, weil nur eine gehörlose Frau angab, in aktueller Paarbeziehung mit einer Frau zu leben; bei den blinden und körperbehinderten Frauen waren es jeweils 3–4 Frauen.

    [2] Es handelte sich dabei nicht überwiegend um sehr junge Befragte, sondern um Frauen im Alter von 21 bis 47 Jahren.

    [3] 64% der gehörlosen/stark hörbehinderten Frauen waren in einer Förderschule für Gehörlose und 29% in einer Förderschule für Schwerhörige untergebracht (weit überwiegend ab der ersten Klasse bis zum Ende der Schulzeit und seltener erst ab der 2.–5. Klasse).

    [4] Diese Aussagen beziehen sich auf Frauen, die ab Kindheit/Jugend behindert waren und die bei einem oder beiden leiblichen Elternteilen aufgewachsen sind.

    [5] Nur etwa jede sechste der gehörlosen Frauen der vorliegenden Studie gab an, aktuell in einer Paarbeziehung mit einer hörenden Partnerin bzw. einem hörenden Partner zu leben, und knapp ein Drittel hatte jemals eine Beziehung mit einer hörenden Partnerin bzw. einem hörenden Partner gehabt. Die aktuellen Freundeskreise der Frauen setzen sich weit überwiegend aus gehörlosen und schwerhörigen Menschen zusammen. 16% der befragten gehörlosen Frauen gaben an, keine hörenden Menschen im eigenen Freundeskreis zu haben, und weitere 54% höchstens ein Viertel hörender Freundinnen bzw. Freunde, sodass bei insgesamt zwei Drittel der gehörlosen Frauen sich der Freundeskreis weit überwiegend (zu 75%) oder ausschließlich aus gehörlosen und schwerhörigen Menschen zusammensetzt. Dies vereinfacht die Kommunikation, da in der gemeinsamen Gebärdensprache kommuniziert werden kann. Es kann aber auch einen Gefährdungsfaktor im Hinblick auf Isolation und Gewalt in Paarbeziehungen darstellen. Im Hinblick auf Paarbeziehungen und häusliche Gemeinschaften zwischen Gehörlosen und Hörenden deutet sich allerdings auch in den letzten Jahren ein Wandel hin zu mehr gemischtem Zusammenleben in Wohngemeinschaften und Familien an, auch weil Hörende zunehmend bereit sind, sich der Deutschen Gebärdensprache zu öffnen (interne Information, Expertinneninformation).

    [6] Für die gehörlosen Frauen liegen dazu aufgrund eines Filterfehlers keine Vergleichsdaten vor. Generelle Angst vor Übergriffen äußerten 45% der gehörlosen Frauen, 24% häufig/gelegentlich.

    [7] 26 gehörlose, 76 blinde und 104 körperbehinderte Frauen hatten sich dazu geäußert. Aufgrund der geringen Fallzahlen und der anderen Fallbasis werden die Zahlen hierzu nicht in der Überblickstabelle ausgewiesen.

    [8] Die Frauen wurden gefragt, ob sie sonstige Behinderungen oder schwere Erkrankungen im körperlichen Bereich haben, und bei positiver Antwort um Konkretisierung gebeten.

    [9] 5% machten hier keine Angabe.

    [10] 10 dieser 21 Frauen waren schwerhörig, 7 fehlhörig, bei 5 Frauen war die Hörfähigkeit derart eingeschränkt, dass ein Gespräch mit anderen sehr stark erschwert war, und bei 12 Frauen war dadurch die Orientierung im Straßenverkehr eingeschränkt. Fünf Frauen trugen ein Hörgerät.

    [11] Ein Fehlen von Gliedmaßen wurde nur in 10 Fällen angegeben.

    [12] Z. B. Syrinx, Reizdarm, Plasmozytom, Kreislaufschwierigkeiten, Hypertonie, Osteoporose, Arthrose, Lupus erythematodes, Cerebralparese, Hashimoto-Enzephalopatie, Migräne, Restless-Legs-Syndrom, Sarkoidose, Arteriosklerose, Post-Polio-Syndrom, hereditäre spastische Spinalparalyse, Arterienverengung, Hashimoto-Thyreoiditis-Gleichgewichtsstörung, Polio, Pseudotumor cerebrie, akute disseminierte Enzephalomyelitis, Raynaud-Syndrom, fetales Alkoholsyndrom.

    [13] Einzelne Frauen nannten z. B. krumme Beine, häufige Abszesse/Knoten, künstliche Hüfte, gynäkologische Totaloperation, gelähmte Hand, Fehlbildungen, Sehnerv: akutes Basaliom, Inkontinenz, eingeschränktes Sehvermögen, Halswirbel stabilisiert, Perücke, Blutergüsse durch Cortison, künstlichen Darmausgang, Rückenverkrümmung, Arthrose, chronische Schmerzen, eine fehlende Brust, Deformation an den Händen, Füße verkleinert.

    [14] Nur bei 2 Frauen ist die Sehbeeinträchtigung stark.

    [15] Antwortvorgabe: „wiederkehrende zwanghafte Handlungen oder Gedanken, d.h. Handlungen oder Gedanken, die man nicht gut selbst steuern kann und deren Unterlassen Angst auslöst“.

    [16] Die an dieser Studie beteiligte Wissenschaftlerin Sabine Fries verweist in diesem Zusammenhang auf eine Untersuchung von Regina Leven, die eine Untersuchung über gehörlose und schwerhörige Menschen mit psychischen Störungen durchgeführt (Leven 2003) hat. Als Kind gehörloser Eltern und ausgebildete Psychologin gehört sie zu den wenigen deutschen Expertinnen auf diesem Gebiet. Sie stellte fest, dass es bei Gehörlosen entgegen anderweitigen und veralteten Annahmen kein „typisches Profil von psychischen Störungen gibt“ (ebd.:133). Vielmehr ziehe „Gehörlosigkeit bzw. Schwerhörigkeit aufgrund stressgeprägter Lebensumstände eine erhöhte Vulnerabilität für Depression nach sich“ (ebd.: 134). Leven schlussfolgert weiterhin in ihrer Untersuchung, dass Persönlichkeitsstörungen ihre Ursache vor allem in den Sozialisationsbedingungen haben, „die schon eine frühe kommunikative Störung mit der Folge von Informationsrückständen und sozialen Defiziten beinhalten“ (134).

    [17] Sabine Fries hat mit Verweis auf Levens Studie (2003) darauf aufmerksam gemacht, dass erhebliche Defizite in der psychotherapeutischen Versorgung gehörloser Menschen bestehen, vor allem im Hinblick auf ein gehörlosenkultursensibles Therapieangebot, das die kommunikativen und sozialen Bedingungen Gehörloser berücksichtige. Leven (2003) betont, dass es zwar Therapeutinnen bzw. Therapeuten und Einrichtungen gebe, an die gehörlose Betroffene sich wenden könnten, dass aber die meisten keine ausreichende sprachliche und vor allem, interkulturelle Kompetenz‘ hätten, um erfolgreich zu therapieren. Leven spricht hier von einem „Pseudoversorgungsangebot“ (ebd.: 135). „Es darf angenommen werden, dass der auffällig hohe Anteil an chronifizierten Störungen mit Beginn in der Kindheit oder im frühen Erwachsenenalter auch den Mangel an adäquaten ambulanten psychotherapeutischen Angeboten für Schwerhörige und besonders für Gehörlose widerspiegelt“ (ebd.: 135).

    [18] Allerdings haben 17% der sehbehinderten und 18% der hörbehinderten Frauen keine Angabe gemacht.

    [19] Um den Bereich der Partnerschaft/Sexualleben im Verhältnis zu den anderen Bereichen nicht stärker zu gewichten, wurde in der Gruppierung ausschließlich der Bereich „Partnerschaft“ berücksichtigt, nicht aber die Antwortmöglichkeiten „bei der Partnersuche“ und „im Sexualleben“.

    [20] Paragraf 9 des Behindertengleichstellungsgesetzes sieht vor, dass gehörlose Menschen auf Wunsch im notwendigen Umfang die Übersetzung durch Gebärdensprachdolmetscherinnen bzw. Gebärdensprachdolmetscher oder Verständigung mit anderen geeigneten Kommunikationshilfen erhalten und finanziert bekommen, [online] URL: http://www.gesetze-im-internet.de/bgg/BJNR146800002.html (Stand: 09.11.2012).

    [21] Hier haben auch einige Frauen, die zuvor verneint haben, dass sie dieses Gesetz kennen, angegeben, dass sie es nutzen. Diese Überschneidung könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Frauen unter der Frage nach der Kenntnis des Gesetzes verstanden haben, ob sie es gelesen haben und genau kennen, was für die Anwendung des Gesetzes ja nicht notwendig ist.

    [22] Diese beziehen sich auf aktuell oder früher genutzte Angebote.

    [23] Ein Zusammenhang zwischen Körperstrafen durch Eltern und Bildung ist in der Forschung belegt. Vgl. u. a. Bussmann 2005.

    [24] In der repräsentativen Haushalts- und Einrichtungsbefragung wurden anteilsmäßig deutlich seltener Täterinnen bzw. Täter aus Institutionen und Schulen angegeben (zusammengenommen ca. 10–15%).

    [25] Diese Schweregradeinteilung wurde aus der Studie Schröttle/Ansorge 2009 übernommen, bei dem die Schweregrade und Muster von Gewalt in Paarbeziehungen systematisch, auch mit Blick auf Gewaltfolgen, untersucht wurden.

    [26] Weiter vertiefende Auswertungen der Gehörlosenbefragung sind für 2013/2014 geplant.

    [27] Die Aussagen sind allerdings keine Zitate der interviewten Frauen, sondern Mitschriften der Interviewerinnen.

    [28] Die spezifizierten Aussagen wurden für die Auswertung kategorisiert; unterschiedliche Argumente in einer Aussage gelten als Mehrfachnennungen.

    [29] Zusammengenommen 77% haben unterlassene Hilfe und/oder ein Zuviel an Hilfe angegeben.

    [30] Weitere vergleichende und vertiefende Auswertungen hierzu sollen in sekundäranalytischen Folgestudien durchgeführt werden.

    [31] Der Vergleich mit den Daten des Mikrozensus 2005 ist deswegen hier sehr aussagekräftig, weil fast alle Frauen der Zusatzbefragung einen Schwerbehindertenausweis hatten und daher der Zielgruppe des Mikrozensus entsprachen.

    [34] Gehörlose Frauen bekamen diese Frage aufgrund eines Filterfehlers nicht gestellt, sodass für diese hierzu keine vergleichbaren Daten vorliegen.

    Information zu Kapitel 1., 2. und 3. [Anmerkung der bidok-Redaktion]

    Der erste Teil dieser Studie mit einem Vorwort der Autor*innen und den Kapiteln 1.–3. sind unter bidok.uibk.ac.at/library/schroettle-lebenssituation.html abrufbar, Anmerkung der bidok-Redaktion.

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    Anhang

    Anmerkung der bidok-Redaktion: Der Anhang kann unter folgendem Link abgerufen werden: http://bidok.uibk.ac.at/download/schroettle-lebenssituation-teil-2-anhang.pdf

    Impressum

    Dieses PDF ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung; es wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt.

    Herausgeber: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Referat Öffentlichkeitsarbeit, 11018 Berlin, www.bmfsfj.de

    Autorinnen und Autoren der vorliegenden Dokumentation:

    • Monika Schröttle, Interdisziplinäres Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung (IFF) der Universität Bielefeld

    • Sandra Glammeier, Interdisziplinäres Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung (IFF) der Universität Bielefeld

    • Brigitte Sellach, Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Frauen- und Genderforschung e. V. (GSF)

    • Claudia Hornberg, Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld

    • Barbara Kavemann, Sozialwissenschaftliches FrauenForschungsInstitut Freiburg (SoFFI F., Büro Berlin)

    • Henry Puhe, SOKO Institut GmbH Sozialforschung und Kommunikation

    • Julia Zinsmeister, Fachhochschule Köln, Fakultät für Angewandte Sozialwissenschaften, Institut für Soziales Recht

    Leitung/Koordination: Monika Schröttle/Claudia Hornberg

    Für weitere Fragen nutzen Sie unser Servicetelefon: 030 20179130, Montag–Donnerstag 9–18 Uhr, Fax: 030 18555-4400, E-Mail: info@bmfsfjservice.bund.de,

    Einheitliche Behördennummer: 115*

    Zugang zum 115-Gebärdentelefon: 115@gebaerdentelefon.d115.de

    Stand: Juni 2013

    Gestaltung: www.avitamin.de

    * Für allgemeine Fragen an alle Ämter und Behörden steht Ihnen auch die einheitliche Behördenrufnummer 115 von Montag bis Freitag zwischen 8.00 und 18.00 Uhr zur Verfügung. Diese erreichen Sie zurzeit in ausgesuchten Modellregionen wie Berlin, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen u. a.. Weitere Informationen dazu finden Sie unter www.115.de.

    Quelle

    Monika Schröttle, Sandra Glammeier, Brigitte Sellach, Claudia Hornberg, Barbara Kavemann, Henry Puhe, Julia Zinsmeister: Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in Deutschland. Ergebnisse der quantitativen Befragung. Endbericht. Erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2013. Original verfügbar unter: http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/publikationen,did=199822.html

    bidok-Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

    Stand: .3.2018

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