Barrieren für Menschen mit Lernschwierigkeiten

Schlagwörter: Unterstützung, Barrierefreiheit
Textsorte: Artikel
Copyright: © Jasmin Scheiblauer und Julia Kofler, Wibs 2009

Barrieren für Menschen mit Lernschwierigkeiten

Herzlich Willkommen zu unserem Vortrag

Der Vortrag heißt: "Barrieren für Menschen mit Lernschwierigkeiten"

Mein Name ist Jasmin Scheiblauer.

Ich arbeite seit 7 Jahren beim Projekt Wibs.

Wibs ist eine Beratungstelle für Menschen mit Lernschwierigkeiten.

Wibs ist die Abkürzung für:

Wir informieren, beraten und bestimmen selbst.

Jetzt stellt sich meine Unterstützerin noch vor.

Mein Name ist Julia Kofler.

Ich arbeite seit 3 Jahren bei Wibs.

Unser Trägerverein ist Selbstbestimmt Leben Innsbruck.

Dort bin ich als Unterstützerin angestellt.

Programmübersicht

  • Wer sind Menschen mit Lernschwierigkeiten

  • Was heißt Barrieren für Menschen mit Lernschwierigkeiten?

  • Was ist leichte Sprache?

  • Für wen ist leichte Sprache?

  • Wie geht leichte Sprache?

  • Wie übersetzen wir bei Wibs in leichte Sprache?

  • Was gibt es schon in leichter Sprache?

  • Übung

Wer sind Menschen mit Lernschwierigkeiten

Wenn wir von Menschen mit Lernschwierigkeiten sprechen,

dann meinen wir damit alle Menschen,

die früher als Menschen mit geistiger Behinderung bezeichnet wurden.

Wir mögen das Wort geistige Behinderung nicht.

Es wird oft als Schimpfwort verwendet.

Deshalb fordern die Leute von Mensch zuerst und wir,

dass man uns Menschen mit Lernschwierigkeiten nennt.

Mensch zuerst ist eine Bewegung uns kein Verein.

Mensch zuerst will,

dass man zuerst den Menschen und dann erst die Behinderung sieht.

Der gelbe Einser ist das Erkennungszeichen.

Was heißt Barrieren für Menschen mit Lernschwierigkeiten?

Eine Barriere ist etwas, das im Weg steht.

Das kann zum Beispiel ein Stein sein oder eine Mauer.

Menschen mit Behinderung treffen immer wieder auf Hindernisse.

RollstuhlfahrerInnen treffen auf Stufen.

Dann können sie nicht weiter.

Blinde Menschen treffen auf Bücher und Schilder,

die sie nicht lesen können.

Gehörlose Menschen treffen auf Ansagen,

die sie nicht hören können.

Zum Beispiel Ansagen am Bahnhof.

Wir Menschen mit Lernschwierigkeiten treffen auf schwierige Sprache.

Schwere Sprache ist ein riesiges Hindernis.

Wir können nicht mitreden, wenn die anderen Leute mit schwieriger Sprache sprechen.

Wir können auch nicht selbst bestimmen,

wenn wir nicht verstehen, was die anderen sagen.

Wir brauchen Informationen in leichter Sprache.

Was ist leichte Sprache?

Leichte Sprache kann jeder verstehen.

Sie paßt für alle Menschen.

Leichte Sprache ist keine Sprache für Kinder.

Sie ist für erwachsene Menschen.

Für leichte Sprache gibt es Regeln.

Für wen ist leichte Sprache?

Leichte Sprache ist nicht nur für Menschen mit Lernschwierigkeiten gut.

Sie hilft allen Menschen.

  • älteren Menschen

  • Menschen die hier Urlaub machen

  • Menschen aus anderen Ländern,

  • die unsere Sprache lernen wollen

Haben Sie gewusst, dass...

...nur die Hälfte aller Touristen in Österreich Deutsch als Muttersprache spricht?

...der ORF schätzt, dass mehr als 300 000 Erwachsene in Österreich nicht lesen und schreiben können?

...Menschen mit Behinderung das Internet fast doppelt so häufig benutzen wie Menschen ohne Behinderung?

...die durchschnittliche Verweildauer auf einer Internetseite 40 Sekunden beträgt, aber in wenigen Sekunden entschieden wird, ob auf einer Seite überhaupt verweilt wird?

...in der EU 40 Millionen Menschen eine Behinderung haben?

Leichte Sprache macht vieles besser benutzbar:

  • Konsumenteninformationen

  • Gebrauchsanleitungen

  • Informationen über Rechte, Gesetze und Verträge

  • Formulare und Anträge von Dienstleistungen

  • Prospekte für Touristen

  • Fahrpläne und Informationen über öffentliche Verkehrsmittel

  • Nachrichten

Regeln für leichte Sprache

(vgl. neues Wörterbuch für leichte Sprache.

Herausgegeben von: Mensch zuerst - Netzwerk People First Deutschland e.v.)

Leichte Sprache sieht einfach aus.

Aber manchmal ist sie schwer.

Das kommt daher, weil viele Menschen nicht genau wissen, was leichte Sprache ist.

Außerdem fällt es vielen Menschen schwer in leichter Sprache zu sprechen oder zu schreiben.

Sie sind es nicht gewohnt.

Darauf müssen sie bei leichter Sprache achten:

  • Wörter

  • Zahlen und Zeichen

  • Sätze

  • Texte

  • Gestaltung

Wörter

Benutzen sie kurze Wörter.

Zum Beispiel: Bus und nicht Omnibus

Benutzen sie einfache Wörter.

Trennen sie lange Wörter mit einem Bindestrich.

Zum Beispiel:

Bundes - Behinderten - Gleichstellungs - Gesetz

So kann man die Wörter besser lesen.

Verzichten sie auf Fachwörter.

Verzichten sie auf Abkürzungen.

Zum Beispiel:

schlecht: d.h.

gut: das heißt

Erklären sie schwere Wörter mit Beispielen.

Benutzen sie Verben.

Verben sind Tun-Wörter.

Benutzen sie aktive Wörter

Benutzen sie positive Sprache.

Zum Beispiel:

- das war nicht schlecht

+ das ist gut

Zahlen und Fakten

Benutzen sie arabische Zahlen.

8,9...

Vermeiden sie Sonderzeichen.

Wenn sie Sonderzeichen benutzen, dann erklären sie das Zeichen.

Zum Beispiel:

Ein Paragraf ist ein Teil in einem Gesetz.

Das Zeichen für Paragraf ist §.

Jeder Paragraf hat eine Nummer.

Sätze

Machen sie in jedem Satz nur eine Aussage.

Trennen sie lange Sätze.

Schreiben sie viele kurze Sätze.

Am Anfang vom Satz dürfen auch diese Worte stehen:

oder

wenn

weil

und

Texte

Sprechen sie die Leserinnen und Leser persönlich an.

Beispiel:

Schlecht: Morgen ist die Wahl

Gut: Sie können morgen wählen.

Benutzen sie immer die Anrede Sie.

Du nur bei Kindern.

Oder wenn sie die Person gut kennen.

Vermeiden sie Fragen im Text.

Manche Menschen denken dann, sie müssen drauf antworten.

Fragen als Überschrift sind aber manchmal gut.

Sie dürfen einen Text beim Schreiben in leichte Sprache verändern.

Inhalt und Sinn müssen aber stimmen.

Beispiel:

Sie dürfen die Reihenfolge ändern

Sie dürfen Beispiele schreiben

Sie dürfen alle Teile vom Text weglassen, die für die Leserinnen und Leser nicht wichtig sind.

Gestaltung

Schreiben sie jeden Satz in eine neue Zeile.

Schlecht:

Der Vortrag ist in den Rathausgalarien und geht von 9.00 Uhr bis um 13.00 Uhr. Die Ausstellung geht bis 15.00 Uhr

Gut:

Der Vortrag beginnt um 9.00 Uhr.

Er geht bis 13.00 Uhr.

Der Vortrag ist in den Rathausgalarien.

Die Ausstellung geht bis 15.00 Uhr.

Trennen sie keine Wörter am Ende einer Zeile.

Machen sie viele Absätze.

Benutzen sie große Schrift.

Lassen sie genung Abstand zwischen den Zeilen.

Benutzen sie eine einfache Schrift.

Am besten ARIAL

Schreiben sie linksbündig.

Benutzen sie Bilder.

Wie übersetzen wir bei Wibs Texte in leichte Sprache

1. Die/der UnterstützerIn bekommt einen Text.

2. Sie versucht zu verstehen, was das Wichtige im Text ist.

3. Dann schreibt sie den Text in leichter Sprache nieder.

Sie verwendet die Regeln von oben.

Wenn Sie eine Regel nicht einhalten kann, fragt sie uns, ob wir den Satz trotzdem verstehen.

4. Wenn sie nicht weiter weiß, erklärt sie uns den schwierigen Text.

Wir machen dann gemeinsam einfache Sätze.

5. Wenn Sie nicht weiß, ob ein Wort leichte Sprache ist oder nicht, fragt sie uns.

6. Wenn sie fertig ist, gibt sie uns den Text.

Wir lesen uns den leichten Text durch.

Wir sagen dann, was nicht so leichte Sprache ist.

Wir schreiben dann gemeinsam neue Sätze.

Oder wir erklären Wörter.

Oder wir schreiben Beispiele dazu.

7. Dann sucht der/die UnterstützerIn Bilder heraus.

8. Wenn Sie alles ausgebessert hat und die Bilder dabei sind, schauen wir, ob die Bilder passen.

9. Dann bekommt der Autor/ die Autorin den leicht lesen Text.

Er oder sie muss kontrollieren, ob wir alles richtig verstanden

haben.

Er oder sie muss kontrollieren, ob wir etwas Wichtiges ausgelassen haben.

Tipps der UnterstützerIn:

Vereinfachungen machen manches genauer.

Manchmal braucht es Mut, Dinge einfach auszudrücken.

Greifen Sie auf bekannte Wörter oder Beispiele zurück.

Versuchen Sie sich vorzustellen, wie Sie den Text mündlich erklären würden.

Das kann Ihnen einen Leitfaden dafür geben,

wie viele Beispiele sie einfügen müssen,

auf welche Situationen im Leben der LeserInnen sie zurückgreifen können.

Fragen Sie sich,

was der Autor/die Autorin mit einem Satz/ Absatz sagen will.

Es geht darum die Botschaft den LeserInnen zu vermitteln und Überflüssiges wegzulassen.

Fragen Sie sich, welche Bedeutung eine Aussage für die LeserInnen hat?

Auf welche Lebenssituation der LeserInnen trifft dieser Satz / Absatz?

Fragen Sie sich, ob etwas für die LeserInnen wichtig ist,

oder ob es weggelassen werden kann.

Was gibt es schon in leichter Sprache

Es gibt schon einige Bücher in leichter Sprache.

Von den Büchern gibt eine Bücherliste.

Die können Sie bei unserem Stand anschauen.

Die Liste finden Sie auch im Internet auf dieser Seite:

www.people1.de

In Österreich gibt es schon Gesetze in LL.

Zum Beispiel: das Sachwalterschafts Gesetz und das

Behinderten-Gleichstellungs-Gesetz.

Eiskarten, Wetterbericht, Schilder

Fragen

Ich hoffe unser Vortrag hat Ihnen gefallen.

Wenn Sie Fragen haben, dann können Sie die jetzt stellen.

Oder Sie rufen uns an:

0512/ 57 34 48

Sie können uns auch eine E-Mail schreiben:

wibs@selbstbestimmt-leben.at

Vielen Dank für Ihr Interesse!

Quelle:

Jasmin Scheiblauer, Julia Kofler: Barrieren für Menschen mit Lernschwierigkeiten

© Jasmin Scheiblauer und Julia Kofler, Wibs 2009

bidok - Internetvolltextbibliothek. Wiederveröffentlichung im Internet.

Stand: 24.05.2011

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