Meta-Analyse zu rezenten Studien im Bereich "AMP-Maßnahmen für Jugendliche"

Betrachtungen mit dem Schwerpunkt "Berufsausbildung"

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Bericht
Releaseinfo: AMS report 109, Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: Arbeitsmarktservice Österreich, Abt. Arbeitsmarktforschung und Berufsinformation, Sabine Putz, René Sturm, http://www.forschungsnetzwerk.at/downloadpub/AMS_report_109.pdf, ISBN 978-3-85495-585-5
Copyright: © Arbeitsmarktservice Österreich 2015

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Jugendliche stellen seit Jahren eine wesentliche Zielgruppe der österreichischen Arbeitsmarktpolitik dar. Denn die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit und die Verhinderung des Ausstieges aus dem Ausbildungs- bzw. Beschäftigungssystem helfen dabei, nachhaltige individuelle und volkswirtschaftliche Folgekosten zu vermeiden. Auch im Regierungsprogramm 2013 bis 2018 sind ausdrücklich die Aufwertung der Lehrausbildung und die Implementation einer Ausbildungspflicht für Jugendliche bis 18 Jahre festgehalten. Vor diesem Hintergrund hat das AMS Österreich, Abteilung Arbeitsmarkt- und Berufsinformation (ABI), das Österreichische Institut für Berufsbildungsforschung mit der Durchführung einer Analyse der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche auf der Grundlage von rezenten Studien beauftragt. Die Ergebnisse dieser im Jahr 2014 realisierten Studie liegen nunmehr in Form des AMS report 109 vor.[1]

Wir hoffen, mit diesem AMS report einen Beitrag zu einer fundierten Diskussion im Hinblick auf die Gestaltung und Weiterentwicklung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen für Jugendliche leisten zu können. Im Besonderen möchten wir uns auch bei den TeilnehmerInnen der ExpertInnen-Diskussionen im Rahmen dieser Studie bedanken, die durch ihre engagierten Input dem Projektteam wesentliche inhaltliche Anregungen vermitteln konnten.

Sabine Putz, René Sturm

AMS / ABI

Veronika Litschel, Roland Löffler

AutorInnen, öibf

Norbert Lachmayr

Projektleitung, öibf



[1] Hinweis: Im Dezember 2014 wurde der AMS report 107/108 mit dem Titel „Jugendliche und junge Erwachsene im Fokus von aktiver Arbeitsmarktpolitik und Berufsorientierung. Eine Projektschau der Abt. Arbeitsmarktforschung und Berufsinformation des AMS Österreich anlässlich des 20-jährigen AMS-Bestandsjubiläums 2014“ publiziert, der in enger thematischer Anbindung an den nunmehrigen AMS report 109 eine Übersicht über die einschlägigen Projekte des AMS gibt und unter www.ams-forschungsnetzwerk.at im Menüpunkt "E-Library" downgeloadet werden kann.

1 Zusammenfassung

1.1 Einleitung

Gerade die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit und die Verhinderung des Ausstieges aus dem Ausbildungs- bzw. Beschäftigungssystem helfen dabei, nachhaltige individuelle und volkswirtschaftliche Folgekosten zu vermeiden. Auch im österreichischen Regierungsprogramm 2013 bis 2018 sind ausdrücklich die Aufwertung der Lehrausbildung und die Implementation einer Ausbildungspflicht für Jugendliche bis 18 Jahre festgehalten. Vor diesem Hintergrund hat das AMS Österreich, Abteilung Arbeitsmarkt- und Berufsinformation, das Österreichische Institut für Berufsbildungsforschung (öibf) mit der Durchführung einer Analyse der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche auf der Grundlage von rezenten Studien beauftragt.

Der nunmehr vorliegende Bericht fasst die Ergebnisse einer repräsentativen Auswahl rezenter Evaluationen und Studien der Arbeitsmarkt- und Jugendforschung aus Österreich zusammen und untersucht verschiedene Zielgruppenbetrachtungen in Bezug auf Jugendliche, und zwar mit dem Ziel, neue Ansätze in der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche mit dem Schwerpunkt der Integration in das duale Ausbildungssystem zu identifizieren und darzustellen. Dabei war es nicht möglich, sämtliche und oft sehr maßnahmen-, regionen- oder zielgruppenspezifisch angelegte Untersuchungen in die Meta-Analyse mit aufzunehmen. Daher erhebt dieser Bericht zwar keinen Anspruch auf Vollständigkeit der zu untersuchenden Studien, in Abstimmung mit dem Auftraggeber haben die AutorInnen jedoch versucht, eine repräsentative und damit eine für die österreichweite Behandlung der Themenstellung relevante Auswahl zu treffen. Zusätzlich enthält der Bericht im Anhang (Kapitel 15.2) auch eine Liste weiterführender Berichte und Analysen zum behandelten Themenkreis.

1.2 Arbeitsmarktpolitische Schwerpunkte für Jugendliche

Die aktive Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche mit dem Schwerpunkt "Berufsausbildung" setzt ihren Fokus in die Umsetzung der Ausbildungsgarantie sowie in vorbereitende flankierende Maßnahmen zur Nachqualifizierung und Stabilisierung. Unterschieden wird dabei zwischen der überbetrieblichen Lehrausbildung (ÜBA), die ein Lehrverhältnis mit der Trägereinrichtung begründet, und der Begleitung und Betreuung.

Einleitend ist festzuhalten, dass die bestehenden Maßnahmen und Ansätze hohe Erfolgsquoten aufweisen und insgesamt die aktive Arbeitsmarktpolitik für einen Großteil der betroffenen Jugendlichen ein erfolgreiches Instrument der Intervention bietet. Ziel der Meta-Analyse ist neben der Darstellung von Ergebnissen rezenter Studien auch das Identifizieren von Optimierungspotenzial in Bezug auf bestehende Maßnahmen und die Entwicklung von neuen Ansätzen für jene jungen Menschen, die einen Betreuungsbedarf aufweisen, der über den bestehenden (teilweise weit) hinausgeht.

Die Meta-Analyse möchte die bestehende Situation aufzeigen und Vorschläge für Entwicklungen darstellen. Keinesfalls geht es um eine Bewertung der Qualität von rezenten Studien oder Zuschreibungen von Verantwortlichkeiten. In vollem Bewusstsein, dass im Rahmen der Analyse entlang der Fragestellung nur ein Ausschnitt des Feldes gezeigt werden kann, also auch andere Anspruchsgruppen, wie etwa Betriebe und Schulen, ihren Einfluss auf die Entwicklung Jugendlicher haben und auch Jugendliche mit abgeschlossener Ausbildung eine arbeitsmarktpolitische Zielgruppe sein können, wird hier auf die Fragestellung der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für Jugendliche mit dem Schwerpunkt auf die Berufsausbildung fokussiert.

1.3 Methodisches Vorgehen

Im Zuge der Meta-Analyse wurden rezente Studien zur Maßnahmenevaluierung, zu berufspädagogischen und didaktischen Ansätzen sowie Zielgruppenuntersuchungen unter der Fragestellung der Entwicklung neuer Ansätze für eine zeitgemäße aktive Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche betrachtet. Ergänzend sind sekundärstatistische Analysen vorgenommen worden.

Aus den entwickelten Ansätzen wurden zwölf Hypothesen gebildet und in zwei ExpertInnen- Diskussionen mit VertreterInnen des AMS, von Trägereinrichtungen, der Offenen Jugendarbeit sowie von Sozialforschungseinrichtungen kritisch debattiert. Die Ergebnisse sind in die Schlussfolgerungen und Empfehlungen eingegangen.

Aus diesen Untersuchungsschritten werden, ergänzt durch weitere Literatur, Ansätze und Vorschläge im Sinne der Fragestellung erarbeitet und Lücken in der Maßnahmengestaltung und dem Maßnahmenangebot, aber auch in der Forschung thematisiert.

1.4 Überbetriebliche Lehrausbildung und Produktionsschulen

Die überbetriebliche Lehrausbildung (ÜBA) weist hohe Erfolgsquoten auf und leistet einen wichtigen Beitrag zur Ausbildungsgarantie. Die ursprüngliche Ausrichtung, in der die ÜBA 1 Jugendliche mit größerem Unterstützungsbedarf als Zielgruppe ausgewiesen hat und in der die ÜBA 2 ein Auffangnetz für Jugendliche, die ohne größere Vermittlungshemmnisse keine betriebliche Lehrstelle finden konnten, darstellte, hat sich auf Grund der unterschiedlichen Angebotslandschaft in den jeweiligen Bundesländern etwas „verschoben“. Ein Ausbau der ÜBA 2 und eine Fokussierung der ÜBA 1 auf den Produktionsbereich könnte diese Tendenz aufhalten und die ursprüngliche Intention wieder deutlicher in den Vordergrund rücken.

Produktionsschulen sind als niederschwelliges Angebot zum (Wieder-)Erlernen einer Tagesstruktur und zur Erhöhung des Selbstwertgefühles ein wichtiges ergänzendes Angebot. Durch die sehr unterschiedlichen Konzeptionen ist ein Vergleich zwischen den einzelnen Produktionsschulen in Österreich schwierig. Die Zusammensetzung der Teilnehmenden in den Produktionsschulen hat sich ab dem Jahr 2012 stark verändert. Der Anteil weiblicher Teilnehmenden geht deutlich zurück, der Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund steigt stark an.

1.5 Vorbereitungs- und Vorschaltmaßnahmen

Alle Untersuchungen dieses Maßnahmentyps kommen zu dem Ergebnis, dass ein Ausbau der Modularisierung der Qualifizierungs- und Stabilisierungsangebote als erfolgskritisch angesehen werden muss. Die Zusammensetzung der bestehenden Lerngruppen ist sehr inhomogen, und es kommt sowohl zu einer Über- als auch zu einer Unterforderung. Das hat (tendenziell negative) Auswirkungen auf die Motivation der Teilnehmenden.

90 Prozent der Teilnehmenden hoffen durch den Maßnahmenbesuch auf eine Vermittlung in ein betriebliches Lehrverhältnis, dies ist jedoch in der Regel nicht realisierbar. Den Bezugspersonen kommt eine ebenso erfolgskritische Position zu, da sie mitunter für die Jugendlichen erstmals eine Ansprechperson für ihre Herausforderungen / Probleme darstellen und als „Elternersatz „ fungieren. Damit ist dieser Maßnahmentyp mit einer wesentlich umfangreicheren Aufgabenpalette konfrontiert, als dies die Benennung und die Konzeption vermuten lassen würde.

1.6 Flankierende Maßnahmen

Flankierende Maßnahmen zur Begleitung und Betreuung sind in einer konzeptionellen Vielzahl mit sehr differenzierten Zielgruppen anzutreffen. Ein Schritt zur Zusammenführung kann in der Einführung des Instrumentes „Jugendcoaching“ gesehen werden, welches gefährdete Jugendliche bereits in der Pflichtschule anspricht und begleitende Angebote zur Verfügung stellt.

Herausforderungen stellen sich beim Übergang in andere Maßnahmetypen oder bei einem Zuständigkeitswechsel in Bezug auf den Förder- und / oder Auftraggeber, da dies auch Auswirkungen für die einzelnen flankierenden Instrumente hat, die oftmals dadurch eine Unterbrechung bzw. eine Beendigung erfahren (inkl. des oftmals von den Jugendlichen als gravierend empfundenen „Verlustes“ der Bezugsperson). Diesen technisch-administrativen Friktionen steht der Befund aus den rezenten Studien gegenüber, dass eine durchgehende Begleitung durch eine Bezugsperson bzw. durch eine Bezugseinrichtung für den Erfolg eines Jugendlichen im Hinblick auf die Integration in den Ausbildungs- und / oder Arbeitsmarkt sehr wohl entscheidend sein kann.

1.7 Zielgruppenbetrachtungen

An die Frage der Beschreibung von Zielgruppen wird in den analysierten Studien unterschiedlich herangegangen. Einige Untersuchungen arbeiten mit Benachteiligungsfaktoren. Dieser Zugang hat den Vorteil, dass nicht die Jugendlichen und ihre vermeintlichen Defizite, sondern die von ihnen nicht allein beeinflussbaren Umfeldfaktoren in den Fokus der Betrachtung rücken. Angesichts der ausgeprägten Defizitorientierung der Evaluierungen von Maßnahmen und von Zielgruppendefinitionen ist dieser Ansatz erfreulich.

Andere Studien beschreiben Zielgruppen anhand ihrer soziokulturellen Verortung, wobei hier implizit mit der Abweichung von der Norm bzw. der Abweichung vom „Gelungenen Weg“ als Einordungsmerkmal gearbeitet wird. Ergänzend dazu sind Betrachtungen entlang der Lebensphasen oder auch entlang des Bildungs- bzw. des Arbeitsmarktstatus zu sehen.

Es wird im Rahmen der Meta-Analyse keine Bewertung von Betrachtungsweisen vorgenommen, sicherlich hat jede ihre Berechtigung. Allerdings muss daran erinnert werden, dass es eine inhaltliche Entscheidung ist, mit welcher Betrachtungsweise in die öffentliche Debatte gegangen wird, denn gerade diese öffentlichen Debatten können große Auswirkungen auf die Zielgruppe selbst haben. Defizitorientierte Einordnungskriterien tendieren dazu, auf die Zielgruppe und deren Selbstdefinition abzufärben, und im schlechtesten Fall entsteht eine Identifizierung entlang den Defiziten und erschwert damit den Ausstieg aus der Zielgruppe, der im Endeffekt das übergeordnete Ziel der Maßnahmen und Unterstützungsangebote ist.

1.8 Neue Ansätze in der Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche, aber auch in der unterstützenden Familienpolitik

Im Rahmen der Recherchen und Analysen für die vorliegende Studie wurden auch Lücken sichtbar. So ist die Forschungslage mit der Phase der Adoleszenz in Bezug auf die Herausforderungen beim Übergang zwischen Schule und Beruf bzw. Berufsausbildung nicht besonders stark ausgeprägt. Strukturelle Untersuchungen über die Rahmenbedingungen der TrainerInnen und des pädagogisch betreuenden Personals fehlen, obwohl in allen Evaluierungen von Maßnahmen im Zuge von TrainerInnen-Befragungen ein dahingehendes Optimierungspotenzial erkannt werden kann.

Ein großes, unerforschtes Feld ist die Elternarbeit. Verstärkt wird der Bedarf an weiteren Untersuchungen in diesem Bereich dadurch, dass alle Teilnehmenden der ExpertInnen-Diskussionen die bisherigen Konzepte als gescheitert ansehen. Es gibt wenig Wissen über Ausbildungssysteme in bestimmten Herkunftsländern, deren spezifische Ausgestaltungen Einfluss auf Bildungswegentscheidungen für Jugendliche mit Migrationshintergrund aufweisen. Das Erreichen von Eltern, die mit dem Lukrieren eines ausreichenden Erwerbseinkommens und der Betreuung der Familie mehr als ausgelastet sind, stellt eine große Herausforderung dar. Der Lebensphase der Adoleszenz haftet ein gewisses Konfliktpotenzial zwischen Eltern und Kindern an, und auch das Streben nach Autonomie der Jugendlichen zeigt Eltern bzw. Erziehungsberechtigten die Grenzen ihrer Interventionsmöglichkeiten auf. Gerade hier wären auch neue Instrumente der Familienpolitik gefordert, um das Übergangsmanagement in Kooperation mit Eltern bzw. Erziehungsberechtigten gut zu bewerkstelligen.

2 Ausgangssituation und Kontext der Meta-Analyse

Vor dem Hintergrund der im Regierungsprogramm 2013 bis 2018 festgehaltenen Aufwertung der Lehrausbildung und der Implementation einer Ausbildungspflicht für Jugendliche bis 18 Jahre[2] wurde im Auftrag des AMS Österreich, Abteilung Arbeitsmarkt- und Berufsinformation, vom Österreichischen Institut für Berufsbildungsforschung (öibf) im Jahr 2014 eine Analyse der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche auf der Grundlage von rezenten Studien durchgeführt. In einem weiteren Schritt wurden verschiedene Zielgruppenbetrachtungen in Bezug auf Jugendliche in ausgewählten Studien der Arbeitsmarkt- und Jugendforschung untersucht. Ziel der Meta-Analyse ist es, neue Ansätze in der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche mit dem Schwerpunkt der Integration in das duale Ausbildungssystem zu identifizieren und darzustellen.

2.1 Bisherige Schwerpunkte der aktiven Arbeitsmarktpolitik für

Jugendliche in Ausbildungseinrichtungen von 2008–2013 Im Rahmen der Lehrstellenförderung können Maßnahmegruppen mit folgenden Zielgruppen und der Zielsetzung der Integration in das duale System und in den Arbeitsmarkt gebildet werden:

  • Förderung von Mädchen in Lehrberufen mit geringem Frauenanteil;

  • Förderung von benachteiligten Lehrstellensuchenden;

  • Förderung von Erwachsenen (über 18 Jahre), deren Beschäftigungsproblem aufgrund von Qualifikationsmängeln durch eine Lehrausbildung gelöst werden kann.

Die in der Folge dargestellten Maßnahmen sind nicht nur auf den unmittelbaren Zuständigkeitsbereich des AMS bezogen, da die Intention verfolgt wird, auch das Umfeld darzustellen. In den Maßnahmegruppen kann zwischen Maßnahmen in Ausbildungseinrichtungen und flankierenden Maßnahmen unterschieden werden.

2.1.1 Flankierende Maßnahmen

Die flankierenden Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche sind vielfältig ausgestaltet und umfassen von Berufsorientierung über Coaching bis hin zu Begleitung und Assistenz ein breites Spektrum an sozialpädagogischer Intervention, Stabilisierung und Orientierung von Lehrstellensuchenden.

Zu einem frühen Zeitpunkt des Ausbildungsverlaufes setzt das „Jugendcoaching“ an, indem es Jugendliche bereits vor Ende ihrer Schulpflicht direkt an der Schule anspricht. Zielgruppen sind SchülerInnen ab dem 9. Schulbesuchsjahr sowie außerschulische Jugendliche unter 19 Jahren und Jugendliche mit einem (ehemaligen) sonderpädagogischen Förderbedarf bzw. einer Behinderung bis zum vollendeten 24. Geburtstag.[3] Die Teilnahme am Jugendcoaching ist freiwillig, es basiert auf einem Dreistufenmodell, unterteilt in die Bereiche „Erstgespräch“, „Beratung mit Case-Management-Ansatz“ und „Begleitung im Sinne eines Case Managements“. In enger Zusammenarbeit mit den Schulen und der Offenen Jugendarbeit werden potenzielle Teilnehmende identifiziert und mit dem Angebot vertrautgemacht. Im Jahr 2013 nahmen 27.546 Jugendliche diese Unterstützung in Anspruch. Umgesetzt wird das Jugendcoaching von verschiedenen Trägern, die institutionelle Verankerung ist im Sozialministeriumservice (ehemals Bundessozialamt) gegeben.

Ein weiteres Angebot ist das Programm „Coaching und Beratung für Lehrlinge und Lehrbetriebe“. Es richtet sich gleichermaßen an Lehrlinge und Lehrbetriebe, und zwar mit der Zielsetzung einer Vermeidung von Dropout. Der Aufbau für Lehrlinge ist gleich dem Jugendcoaching, allerdings müssen sie sich selbst für das Lehrlingscoaching anmelden. Die Beratung von Lehrbetrieben wird von den jeweiligen Lehrlingsstellen im Rahmen der Betriebsberatung durchgeführt. Im Falle von größeren Herausforderungen im Zusammenhang mit der Lehrausbildung kann ein Coaching im Ausmaß von acht Stunden angefordert werden.[4] Bisher wurde dieses Angebot in Form eines Pilotprojektes in den Bundesländern Oberösterreich, Steiermark, Tirol und Wien durchgeführt, eine bundesweite Ausdehnung ist für das Jahr 2015 geplant.

Dazu kommt eine Reihe an Maßnahmen für Jugendliche und junge Erwachsene zur Stabilisierung, Nachqualifizierung und Orientierung, die teilweise aus Mitteln oder mit Ko- Finanzierung des jeweiligen Bundeslandes finanziert werden. Gebündelt werden diese Angebote im Rahmen von „AusbildungsFit“ (Nachreifung) und der „Aktion Zukunft“ (junge Erwachsene von 19 bis 24 Jahren). Gemeinsames Ziel dieser Maßnahmen ist die Vorbereitung benachteiligter Jugendlicher und junger Erwachsener auf die Integration in das duale Ausbildungssystem oder in den Arbeitsmarkt. Dabei kann es in verschiedenen Maßnahmen zu unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen in den Zielgruppen kommen. Beispielhaft genannt seien hier Maßnahmen für Jugendliche mit Migrationshintergrund, für junge Frauen mit Interesse an technischen Lehrberufen oder auch für junge Flüchtlinge.



[2] Vgl. Regierungsprogramm für die XXV. Gesetzgebungsperiode 2013–2018, 2013, Seite 10.

[3] Vgl. Bundessozialamt 2013, Seite 9.

[4] Vgl. Wieser / Litschel / Löffler 2014.

3 Analyse ausgewählter Studien zu Maßnahmen in Ausbildungseinrichtungen

Inhalt dieses Kapitels ist die Betrachtung von ausgewählten Evaluierungen der überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen im Zeitraum von 2008 bis 2011. Dabei werden Einzelbetrachtungen vorgenommen, anschließend wird über alle ausgewählten Studien eine gemeinsame Analyse der identifizierten Stärken und Schwächen der überbetrieblichen Lehrausbildung durchgeführt.

3.1 Evaluierung der überbetrieblichen Lehrausbildung (ÜBA) in Österreich – Betrachtungszeitraum 2008 bis Frühjahr 2011

In dieser Evaluierung wurden Strukturdaten aller ÜBA-Teilnehmenden, inklusive IBA-Teilnehmenden, in überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen für die Jahre 2008/2009 und 2009/2010 erhoben und ausgewertet sowie durch Befragungen der Trägereinrichtungen (Vollerhebung mittels Telefonbefragung) und Unternehmens- und ExpertInnenbefragungen ergänzt (Frühjahr 2011). Zur Zeit der Abfassung dieses Berichtes (Spätherbst 2014) lag keine umfangreichere Studie, gemessen an der Grundgesamtheit der Teilnehmenden, vor.

Für die Teilnahme an einer überbetrieblichen Lehrausbildung wird ein Lehrverhältnis abgeschlossen, die Lehrlinge nehmen am regulären Berufsschulunterricht teil. Ziele der Maßnahme sind ein möglichst schneller Übertritt in ein betriebliches Lehrverhältnis und das erfolgreiche Ablegen der Lehrabschlussprüfung (LAP).

Die StudienautorInnen folgern daraus, dass die ÜBA trotz der expliziten Anforderung, schwächere Jugendliche zu fördern, ein höherschwelliges Angebot unter den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für Jugendliche darstellt. Dies wird vor allem an der Zielsetzung der möglichst raschen Vermittlung in ein betriebliches Lehrverhältnis und am Fokus auf eine erfolgreiche Lehrabschlussprüfung festgemacht. Diese Schwerpunktsetzung unterscheidet die überbetriebliche Lehrausbildung von der Vorläufermaßnahme im Rahmen des Jugendausbildungsgesetzes (JASG-Lehrgänge), die sich darauf konzentrierten, benachteiligten Jugendlichen Chancen zu eröffnen.[5]

Die Zusammensetzung der Ausbildungsgänge in der ÜBA wird insofern als Herausforderung gesehen, da Jugendliche mit unterschiedlichen Vorkenntnissen und Lerntempi zusammengefasst werden. Ein ähnlicher Schluss wird für die integrative Lehrausbildung (IBA) gezogen: „Die IBA wird zwar von vielen als Alternative zur ÜBA für schwächere Jugendliche genannt, aber auch diese Ausbildungsform ist nicht für alle Jugendlichen geeignet. Die hohe Dropout-Quote lässt den Schluss zu, dass grobe schulische, soziale und persönliche Defizite im Rahmen der ÜBA / IBA ebenso wenig nachgeholt werden können, wie fehlende Lehrstellenreife kompensiert oder eine unzureichende Berufsorientierung wettgemacht werden kann.“[6]

Im Rahmen der Studie wurden telefonische Interviews mit LeiterInnen von ÜBA-Maßnahmen (Vollerhebung) durchgeführt. In dieser Befragung wurden fehlendes Durchhaltevermögen / Disziplin, Einfluss des sozialen Umfeldes und fehlende / mangelnde Motivation als die drei häufigsten Gründe zum Abbruch der Maßnahme bzw. für einen Dropout genannt.

Die ÜBA 2 weist im Betrachtungszeitraum mit 28 Prozent den geringsten Anteil an Maßnahmeabbrüchen auf, wohingegen in der ÜBA 1 und in der IBA mit 47 Prozent bzw. 43 Prozent die Anteile wesentlich höher ausfallen. Ein Maßnahmenaustritt ist nicht mit einem Dropout gleichzusetzen, da auch der Wechsel in ein betriebliches Lehrverhältnis als Austritt gezählt wird. Es zeigt sich jedoch, dass insbesondere die frühzeitigen Austritte (innerhalb des ersten Jahres) aus der ÜBA 1 (64 Prozent) und aus der IBA (71 Prozent) überwiegend als Dropout angesehen werden müssen. Im Vergleich dazu münden in der ÜBA 2 70 Prozent der Maßnahmenaustritte im ersten Jahr in ein betriebliches Lehrverhältnis, bei einer ein- bis zweijährigen Teilnahme können 84 Prozent der Austretenden in ein betriebliches Lehrverhältnis übertreten.[7]

Die Betrachtung der Arbeitsmarktstatistik bzw. der Nachkarrieren im ersten Halbjahr nach der Maßnahmenteilnahme zeigt große Unterschiede zwischen den Maßnahmen ÜBA 1 und IBA im Vergleich zur ÜBA 2. Der Anteil der ÜBA-2-Teilnehmenden, die entweder arbeitslos oder „Out of Labour Force“ (OLF) sind, ist mit 14 Prozent bzw. 15 Prozent deutlich niedriger als jener in der ÜBA 1 (27 Prozent bzw. 26 Prozent) und der IBA (29 Prozent bzw. 19 Prozent). Insgesamt über alle Maßnahmen betrachtet bleibt der Anteil von Teilnehmenden, die nach der Maßnahmenteilnahme den Status „Out of Labour Force“ aufweisen, mit 22 Prozent im Betrachtungszeitraum eher unverändert, die Arbeitslosigkeit sinkt von 33 Prozent im ersten Monat auf 17 Prozent nach zwölf Monaten des Maßnahmenabschlusses.[8]

3.2 Überbetriebliche Lehrausbildung in Tirol, Evaluierung des Maßnahmenzeitraumes – Betrachtungszeitraum 2009/2010

In der Studie gelangten sowohl quantitative als auch qualitative Forschungsmethoden und entsprechende Instrumente zu Anwendung. Es wurden sekundärstatistische Analysen und Auswertungen anonymisierter Individualdaten durchgeführt. Schriftliche und telefonische Befragungen bei Teilnehmenden und Trägereinrichtungen, Online-Befragungen bei bestehenden und potenziellen Praktikumsbetrieben sowie Interviews mit arbeitsmarktpolitischen ExpertInnen, ausgewählten Trägereinrichtungen, TrainerInnen und Praktikums- und Lehrbetrieben ergänzen auf qualitativer Ebene die quantitativen Aussagen.

Tirol nimmt im Betrachtungszeitraum 2009/2010 eine Sonderstellung in Bezug auf die ÜBA ein, da dieses Bundesland für beide Jahre einen Lehrstellenüberhang aufweist und damit die ÜBA keinen Lehrstellenmangel kompensieren muss. Im Jahr 2009 stehen 457 Lehrstellensuchende 519 Lehrstellen gegenüber und im Jahr 2010 ist die Verteilung 413 Lehrstellensuchende auf 610 Lehrstellen.[9]

Im Bundesland wird im Rahmen der überbetrieblichen Lehrausbildung eine Teilqualifizierung (ÜBA 2) mit der regulären Maßnahmendauer von einem Jahr zur Erlangung der Ausbildungsreife zur Vermittlung in ein betriebliches Lehrverhältnis angeboten. Die praktischen Ausbildungsinhalte werden über Betriebspraktika vermittelt, die ebenso unterstützend bei der Vermittlung in ein betriebliches Lehrverhältnis wirken sollen.

Der Bildungsstand der Teilnehmenden entspricht vorwiegend der Leistungsgruppe 3 in den Hauptschulen und weist starke Niveauunterschiede auf).[10] In diesem Zusammenhang wird in der Evaluierung betont, dass die nicht ausreichenden schulischen, persönlichen oder sozialen Kompetenzen, die verhindern, dass die Jugendlichen eine betriebliche Lehrstelle erlangen, in der ÜBA nur teilweise ausgeglichen werden können.

Als ausgewähltes Ergebnis einer Befragung von 46 Dropout-Jugendlichen kann festgehalten werden, dass trotz des Abbruches der Maßnahme die Motivation bei den Befragten zur Teilnahme an Ausbildung und Arbeitsplatz hoch ist. Der Ausstieg aus der Maßnahme wird mit mangelnder Passgenauigkeit der Angebote der ÜBA 2 in Bezug auf die Berufs- und Ausbildungswünsche der Teilnehmenden begründet.[11]

Gegenstand der Betrachtung waren auch die Vorschaltmaßnahmen, die vor dem Beginn der ÜBA 2 absolviert werden. Diese dauern in der Regel sechs bis acht Wochen und legen die Schwerpunkte auf Berufsorientierung und die Feststellung bzw. Bearbeitung von Defiziten im schulischen und / oder sozialen Bereich. Deutlich wird in diesem Zusammenhang, dass Jugendliche mitunter in Bezug auf ihre berufliche Zukunft orientierungslos sind und die Vorstellungen über den Lehrberuf und Arbeitsalltag teilweise nicht mit der Realität übereinstimmen. Gleichzeitig treten in dieser Phase auch die Unterschiede in den Voraussetzungen der Jugendlichen und die damit verbundenen Herausforderungen zu Tage. In den Gruppen der Vorschaltmaßnahmen kommt es dadurch parallel zu Unter- und Überforderung von Teilnehmenden.[12]

Die praktischen Ausbildungsteile werden in der ÜBA 2 mittels Betriebspraktika am 1. Arbeitsmarkt absolviert. Ziel ist sowohl der Erwerb von Kenntnissen im Ausbildungsberuf als auch die Vermittlung in Betriebe, da diese die Möglichkeit haben, potenzielle Lehrlinge für ihren Betrieb kennenzulernen und gegebenenfalls in ein betriebliches Lehrverhältnis zu übernehmen.

Im Rahmen der Evaluierung wurde eine Online-Befragung in Betrieben durchgeführt, 43 Fragebögen konnten ausgewertet werden. 75 Prozent jener befragten Betriebe, die im Rahmen der ÜBA 2 Betriebspraktika betreut haben, geben an, PraktikantInnen in reguläre betriebliche Lehrverhältnisse übernommen zu haben. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang das Ergebnis des direkten Vergleiches zwischen PraktikantInnen im Rahmen der ÜBA 2 und betrieblichen Lehrlingen. Die positive Einschätzung der ÜBA-2-Lehrlinge im Bereich der schulischen Grundkompetenzen und der Einsetzbarkeit im betrieblichen Alltag ist, so die StudienautorInnen, nicht im Vorfeld erwartet worden.[13]

3.3 Jugendliche in der überbetrieblichen Lehrausbildung in Wien – Betrachtungszeitraum 2009 /2010

In dieser begleitenden Evaluierung wurden u. a. Jugendliche zu unterschiedlichen Ausbildungszeitpunkten befragt. Im Rahmen der Meta-Analyse konzentriert sich die Auseinandersetzung mit der begleitenden Evaluierung zu Jugendlichen in überbetrieblichen Lehrausbildungen auf die Befragungsergebnisse in der Berufsorientierungs- und Coachingphase (BOCO), da diese in den anderen rezenten Studien nicht in dieser Tiefe Bestandteil der Betrachtung sind. Gleichzeitig sind die weiteren Ergebnisse in Bezug auf die ÜBA der begleitenden Evaluierung nahe an jenen Studien, die in der Meta-Analyse dargestellt werden.

3.3.1 BOCO – Befragung der Teilnehmenden, n = 409

BOCO ist eine Berufsorientierungs- und Coachingphase, die als Vorschaltmaßnahme vor dem Beginn der überbetrieblichen Lehrausbildung mit einer Dauer von acht Wochen zu je 15 Unterrichtseinheiten durchgeführt wird. Auf die Frage der Auswirkungen der Maßnahme geben 71 Prozent der Befragten an, dass ihr Befinden seit Maßnahmenbeginn sehr viel besser bzw. etwas besser geworden ist. Als häufigster Grund dafür werden die TrainerInnen und ihre Unterstützung genannt. Insgesamt sind 93 Prozent der Befragten mit dem BOCO-Kurs sehr bzw. eher zufrieden.[14]

90 Prozent der befragten Teilnehmenden geben an, dass sie sich von der BOCO-Maßnahme den Zugang zu einer betrieblichen Lehrstelle erhoffen. Weitere entscheidende Gründe für den Besuch eines BOCO-Kurses sind mehr Klarheit über die Berufswahl (89 Prozent), der Kurs als Voraussetzung für eine überbetriebliche Lehrausbildung (73 Prozent) und der Mangel an Alternativen (63 Prozent). Auch der Aspekt, neue FreundInnen kennenzulernen, wird von 45 Prozent als Motivation für die Teilnahme genannt.[15]

Das Selbstvertrauen der befragten Teilnehmenden ist hoch; 96 Prozent geben an, dass sie in ihre Fähigkeiten vertrauen und 88 Prozent, dass sie für jedes Problem eine Lösung finden können.

Von den ursprünglich 1.200 Teilnehmenden haben 304 (25 Prozent) die Maßnahme vorzeitig beendet: 70 Personen konnten während der Maßnahme auf eine betriebliche Lehrstelle vermittelt werden, 234 Personen (19,5 Prozent) haben die Maßnahme aus anderen Gründen verlassen.

Innerhalb der ersten vier Wochen erfolgte mehr als die Hälfte der Abbrüche. Dies ist darauf zurückzuführen, dass gegen Mitte des achtwöchigen Maßnahmenbesuches bereits erste Zuordnungen der Teilnehmenden auf die zur Verfügung stehenden (überbetrieblichen) Ausbildungsplätze besprochen werden. Jugendliche, die nicht ihren Wunschberuf finden, sehen sich mitunter veranlasst, die Maßnahme zu verlassen.[16]

3.3.2 BOCO – Befragung der Trägereinrichtungen und der TrainerInnen

Als besondere Herausforderung sehen die befragten TrainerInnen bei Jugendlichen Orientierungslosigkeit und mangelnde Information sowie falsche Vorstellungen über den Beruf und den Ausbildungsweg. Dazu kommen teilweise massive schulische Defizite in den Bereichen sinnerfassendes Lesen, Schreiben und Rechnen. Der Umstieg von der Schule in die Arbeitswelt ist mit Schwierigkeiten verbunden, die mitunter als fehlende soziale Kompetenz aufgefasst werden. Nach Ansicht der TrainerInnen sind rund 20 Prozent der Teilnehmenden aufgrund von psychosozialen Problemstellungen nicht ausbildbar: „Es wäre daher notwendig, die sozialpädagogische Betreuung viel stärker organisatorisch in die BOCO einzubinden (und nicht als paralleles Angebot zu sehen). Auch die Beobachtung durch die sozialpädagogisch betreuenden Personen während der BOCO-Arbeit kann problematisch sein. Erstens, weil Jugendliche, die von der beobachtenden Person aus der regulären Kursstunde zu einem Einzelgespräch gerufen werden, leicht als ›Psycho‹ stigmatisiert werden, zweitens, weil durch die Beobachtung die wahren Probleme der Jugendlichen oft nicht erkannt werden können. Viel vernünftiger wäre es, für alle BOCO-Teilnehmenden verpflichtend Einzelgespräche zu etablieren, wobei eine intensivere Nutzung der sozialpädagogischen Einzelgespräche erhalten bleiben müsste.“ (Person 8)[17]

Im Zuge der Befragung von Trägereinrichtungen und TrainerInnen wird bemängelt, dass es zu wenige Plätze für BOCO-Teilnehmende in der ÜBA gibt und damit das Anschlussangebot fehlt. Daher geben die Befragten an, dass es zu einem „Creaming“ durch die TrainerInnen kommt,[18] das heißt, es würden jene Jugendlichen ausgewählt, bei denen mit weniger Herausforderungen und Problemen während der überbetrieblichen Lehrausbildung zu rechnen ist.

Als weiterer wichtiger Punkt wird die Instabilität der Gruppe durch die hohe Fluktuation sowohl der Teilnehmenden als auch der TrainerInnen genannt. Die wechselnde Zusammensetzung der Teilnehmenden hat nach Angaben der Befragten Auswirkungen auf das Gruppenklima und die Vertrauensbildung untereinander. Der Austausch von TrainerInnen ist insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Bewertung selbiger im Zusammenhang mit der Zufriedenheit der Teilnehmenden problematisch. Dieser Wechsel hat nicht nur Auswirkungen auf die Qualität der Maßnahme, vor allem dadurch, dass Erfahrungswissen verlorengeht, sondern auch direkt auf die Teilnehmenden und den Aufbau des Vertrauensverhältnisses zwischen diesen und den TrainerInnen. Es wird von den Befragten vermutet, dass einen Mangel an qualifizierten und geeigneten TrainerInnen gibt und die hohen Anforderungen des Auftraggebers bei kurzfristigem Wechsel des Personals nicht eingehalten werden können. Dieser Umstand führt nach Aussage der Interviewten zu Frustration des TrainerInnen-Teams und erschwert die Zusammenstellung und Erhaltung gemischtgeschlechtlicher Teams.[19]

In dieser begleitenden Evaluierung wird ein ähnlicher Befund aus weiteren, im Rahmen der Meta-Analyse skizzierten Studien in Bezug auf die Vorschaltmaßnahmen dargestellt und eine flexiblere und längere Dauer der BOCO-Maßnahmen angeregt. Die Lehrstellensuche und ein Bewerbungstraining sollten ein zentraler Bestandteil der Maßnahme sein.

3.4 Begleitende Evaluation der überbetrieblichen Berufsausbildung in Wien – Betrachtungszeitraum 2011

Diese Studie[20] ist eine vergleichende Analyse der ÜBA-Februarlehrgänge 2011 (differenziert nach ÜBA-Modellen) und umfasst ÜBA 2, ÜBA 1 und ÜBA 1 mit c’monAPP-Begleitung in Wien. Hintergrund ist, dass im Februar 2011 die ÜBA 2 in Wien als Pilotlehrgang in den Berufsfeldern „Büro / Handel“ und „Gastgewerbe / Hotellerie / Tourismus“ begann, davor wurde in diesem Bundesland nur die ÜBA 1 angeboten. Methodisch kam ein qualitativer Forschungsansatz zur Anwendung, insgesamt wurden Interviews mit ÜBA-2-Trägerorganisationen und ExpertInnen geführt. In einer Telefonbefragung konnten Teilnehmende und Dropout-Jugendliche aus den Februarlehrgängen 2011 erreicht werden, BetriebsvertreterInnen aus den Kooperationsbetrieben der ÜBA in den drei untersuchten Ausgestaltungen der Maßnahmen wurden ebenfalls telefonisch befragt.

Im Rahmen der Evaluierung konnte festgestellt werden, dass sich der Starttermin Februar 2011 der ÜBA-2-Lehrgänge als Herausforderung für die Pilotierung herausstellte. Die ProjektvertreterInnen gaben in diesem Zusammenhang an, dass zu diesem Zeitpunkt in einem Ausbildungsjahr die Teilnehmenden „(…) bereits eine längere Zeit erfolglos eine Lehrstelle gesucht hätten“. Bei Vorliegen eines Ausbildungsabbruches „(…) waren oftmals persönliche Probleme vorherrschend, die eine Berufsausbildung erschweren“.[21]

Als ebenso herausfordernd stellte sich der Quereinstieg in die Berufsschule dar. Die Lehrlinge treten im folgenden September bereits in die 2. Klasse der Berufsschule über, es fehlt ihnen jedoch der Lehrstoff des ersten Semesters der 1. Klasse. Dies führte mitunter zur Überforderung und zum Abbruch der Maßnahme.

Deutlich wird im Bericht darauf hingewiesen, dass der Vorauswahl der Teilnehmenden mehr Augenmerk geschenkt werden sollte.[22] Insbesondere die Entscheidung der Zuweisung in die ÜBA 2 oder in die ÜBA 1, die eher „einen geschützten Rahmen einer Lehrwerkstätte“ bietet, bedarf einer intensiven Phase der Vorauswahl, vor allem um Ausbildungsabbrüche zu verhindern und einem Dropout vorzubeugen.

Als positiv wird die Möglichkeit dargestellt, im Rahmen der ÜBA 2 unterschiedliche Betriebspraktika innerhalb einer Berufsobergruppe zu absolvieren und somit verschiedene Berufe und Praxisbetriebe in verwandten Lehrberufen kennenzulernen. In diesem Zusammenhang wird allerdings betont, dass die Praxisbetriebe „gut ausgewählt und kontinuierlich betreut“ werden müssen.[23] Eine enge Kommunikation zwischen Jugendlichen, Projektvertretung und Betrieb ist notwendig, um eine reibungslose Übernahme in ein betriebliches Lehrverhältnis zu erreichen. Auch eine Nachbetreuung der Lehrlinge zumindest während der Probezeit von drei Monaten wird als wichtiges Erfolgskriterium zur nachhaltigen Integration in ein betriebliches Lehrverhältnis und die Regelberufsschule gesehen.[24]

3.4.1 Vergleichende Analyse der ÜBA-2-Pilotierung mit den Februarlehrgängen der ÜBA 1 im Jahr 2011

Die Erkenntnisse der Teilnehmenden-Befragung[25] zu den Maßnahmen ÜBA 1, ÜBA 1 mit c’monAPP[26] und den Pilotlehrgängen in der ÜBA 2 wurden vergleichend analysiert.

In der ÜBA 1 unterscheiden sich die Voraussetzungen für die Teilnehmenden in den Februarlehrgängen von jenen, die im September mit der ÜBA starten. Ähnlich wie im Falle der ÜBA 2 beschrieben, haben die Jugendlichen oftmals einige Monate der erfolglosen Lehrstellensuche erlebt oder bereits eine Ausbildung abgebrochen. Die Ausgangslage

der Jugendlichen wird im Vergleich in den Februarlehrgängen als schwieriger eingestuft.[27]

Die Wahl des Ausbildungsberufes und die Nähe der Ausbildung zum Wunschberuf stellen nach Ergebnissen der Teilnehmenden-Befragung über alle ÜBA-Formen hinweg ein wichtiges Kriterium zum Ausbildungserfolg dar. Über 80 Prozent der befragten Jugendlichen in der ÜBA bzw. nach dem Übertritt in ein betriebliches Lehrverhältnis geben an, dass ihr Lehrberuf dem Wunschberuf entspricht, wohingegen nur 40 Prozent der Dropout-Jugendlichen angeben, in ihrem Wunschberuf ein Ausbildungsverhältnis abgebrochen zu haben. Das heißt, dass 60 Prozent der Lehrlinge, die ihre Ausbildung abbrechen, nicht in ihrem Wunschberuf ausgebildet wurden. Der hohe Anteil der Mädchen, die im Rahmen der ÜBA nicht in ihrem Wunschberuf ausgebildet werden (69 Prozent), ist auffällig. Die Studienautorinnen begründen dies mit dem Umstand, dass in der ÜBA „deutlich mehr Lehrberufe in männlich dominierten Berufsfeldern „ angeboten werden.[28]

Auch in dieser begleitenden Evaluierung zeigen die Ergebnisse der Befragungen, dass bei Jugendlichen teilweise eine Orientierungslosigkeit im Hinblick auf die Berufswahl festzustellen ist. Jugendliche wissen nicht, welcher Beruf ihr Wunschberuf ist bzw. haben falsche oder unvollständige Vorstellungen über die Arbeitsrealität im gewünschten Beruf. In diesem Zusammenhang wird sowohl von Teilnehmenden als auch von ProjektvertreterInnen, den befragten Sozialpartnern, dem AMS sowie den Berufsschulen auf die entscheidende Bedeutung der Berufsorientierung hingewiesen.

Wie bereits in anderen betrachteten Studien der ÜBA dargelegt, wird auch hier seitens befragter AkteurInnen empfohlen, dass Nachqualifizierungsphasen die Möglichkeit einer individuell angepassten Dauer aufweisen sollten.

3.5 Bestandsaufnahme der österreichischen Produktionsschulen – Betrachtungszeitraum 2006–2010

Von November bis Dezember 2010 wurde eine Vollerhebung an den zu dieser Zeit 16 Produktionsschulen in Österreich vorgenommen.[29] Im Rahmen dieser Vollerhebung wurden Interviews mit EinrichtungsleiterInnen und jeweils einer GruppenleiterIn pro Produktionsschule geführt. In Ergänzung dazu ist die Betrachtung der Bildungskarrieren nach Abschluss der Maßnahme auf Basis einer quantitativen Datenanalyse zu sehen.

Obwohl keine allgemein gültige Definition vorliegt, welche Ansätze und Konzepte in Produktionsschulen umgesetzt werden, und die Zielsetzung der Maßnahme eher breit formuliert wurde, erarbeiten die Studienautorinnen eine Leitidee aus den Befragungen heraus: „(…) mit praktischem Tun wird Qualifizierung und Lernen verknüpft (…)“.[30] Als wesentliches Element jeder Produktionsschule wird die produktive Arbeit in Werkstätten angesehen, um den Jugendlichen eine arbeitsmarktorientierte Beschäftigung zu ermöglichen, wobei eines der definierten Ziele der Anstoß zu einer weiteren Aus- und Weiterbildung ist.[31]

Generell lassen sich die österreichischen Produktionsschulen als niederschwelliges Angebot anhand von zwei Ansätzen und Zielsetzungen unterteilen:

  1. eine stabilisierende bzw. aktivierende Maßnahme für Jugendliche;

  2. als direktes Bindeglied zum Einstieg in eine Lehrstelle bzw. in den Arbeitsmarkt.

Für eine Teilnahme an dieser Maßnahme bedarf es in der Regel einer Zuweisung des AMS, in der Folge entscheiden die Einrichtungen anhand von jeweils unterschiedlichen Auswahlverfahren über die Aufnahme. Bei Bedarf erhalten die Teilnehmenden eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes (DLU).[32]

Ein wichtiges Element von Produktionsschulen ist die marktorientierte Produktion entlang von Aufträgen und KundInnenwünschen. In jenen Einrichtungen, die dieses Element in ihren Konzepten umsetzen, durchlaufen die Teilnehmenden in den Maßnahmen die gesamte Produktionskette in der Werkstatt, also von der Auftragsbesprechung, der Materialberechnung und Materialbestellung über die Produktion bis hin zur Auslieferung. In diesem Rahmen werden auch schulische Grundkenntnisse praxisbezogen nachgeholt und gefestigt.

Die Zielgruppe der Produktionsschulen setzt sich aus Jugendlichen ohne abgeschlossene bzw. mit abgebrochener Schul- und Lehrausbildung, arbeitsuchenden Jugendlichen und Jugendlichen mit sozialen Benachteiligungen zusammen. In drei Produktionsschulen werden die Schwerpunkte explizit auf Jugendliche mit psychischen Beeinträchtigungen (Mattighofen), ehemalige SonderschülerInnnen (Klagenfurt) sowie Haftentlassene und ehemalige Drogenabhängige (Steyr) gelegt. Zwei Einrichtungen sind ausschließlich für Mädchen und junge Frauen zugänglich.[33]

Nicht nur aufgrund der Schwerpunktsetzung, sondern auch wegen der sehr unterschiedlichen maximalen Verweildauern ist ein Vergleich der Einrichtungen untereinander schwierig. Im Hinblick auf die gegenständliche Fragestellung sollen jedoch zwei Ergebnisse aus der Betrachtung zu den Nachkarrieren festgehalten werden. Zum einen zeigt sich im Zeitverlauf, dass jene Teilnehmenden in Bezug auf die Nachkarrieren am meisten profitieren, welche die längste Verweildauer in der Maßnahme aufweisen.[34] Zum anderen wird auf Basis der geführten Interviews festgehalten, dass das Interesse von Mädchen und jungen Frauen am Zugang zu nicht-traditionellen Berufen nur in jenen Produktionsschulen, die ausschließlich weibliche Maßnahmeteilnehmer aufnehmen, in Bezug auf alle Lehrlinge größer ist, obwohl in allen Produktionsschulen aktiv auf Erhöhung des Anteiles von Frauen in nicht-traditionellen Berufen hingearbeitet wird, indem sie Mädchen und junge Frauen ermutigen, eine Berufswahl in diesen Sparten zu treffen. Die Wunsch- und ergriffenen Berufe bzw. Sparten spiegeln jedoch die klassische Geschlechterverteilung wider.[35]

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Produktionsschulen ein niederschwelliges, praxisorientiertes Angebot für Jugendliche am Umstieg von Schule und Beruf darstellen. Sie wirken stabilisierend, dieser Effekt erhöht sich mit der Maßnahmen-Verweildauer. Kritisch anzumerken ist, dass nur in drei Produktionsschulen eine Nachbetreuung nach Maßnahmen-Ausstieg angeboten wird, wobei diese nur in einer Einrichtung (Salzkammergut) aufsuchend und unabhängig vom Bedarfsfall besteht.[36]



[5] Vgl. Bergmann u. a. 2011, Seite 114.

[6] Bergmann u. a. 2011, Seite 144.

[7] Vgl. Bergmann u. a. 2011, Seite 105ff.

[8] Vgl. Bergmann u. a. 2011, Seite 108.

[9] Quelle: BALIWeb, freie Abfrage, Lehrstellensuchende und offene Lehrstellen, Bestand 2009/2010, sofortige Verfügbarkeit.

[10] Vgl. Löffler / Helling 2011, Seite 47.

[11] Vgl. Löffler / Helling 2011, Seite 71.

[12] Vgl. Löffler / Helling 2011, Seite 95.

[13] Vgl. Löffler / Helling 2011, Seite 78.

[14] Vgl. Lenger / Löffler / Dornmayr 2010, Seite 69f.

[15] Vgl. Lenger u. a. 2010, Seite 68.

[16] Vgl. Lenger u. a. 2010, Seite 79ff.

[17] Lenger u. a. 2010, Seite 88.

[18] Vgl. Lenger u. a. 2010, Seite 91.

[19] Vgl. Lenger u. a. 2010, Seite 89.

[20] Vgl. Friedl-Schafferhans / Hausegger 2013.

[21] Friedl-Schafferhans / Hausegger 2013, Seite 36.

[22] Vgl. Friedl-Schafferhans / Hausegger 2013, Seite 37.

[23] Vgl. Friedl-Schafferhans / Hausegger 2013, Seite 38.

[24] Vgl. Friedl-Schafferhans / Hausegger 2013, Seite 40.

[25] Befragt wurden 217 Jugendliche, wovon 133 Lehrlinge entweder in einer ÜBA-Ausbildungsorganisation waren (n=106) oder bereits in ein betriebliches Lehrverhältnis übergetreten waren (n=27). 84 Befragte waren Dropouts, diese Jugendlichen haben also ihre Ausbildung abgebrochen und absolvierten zum Befragungszeitraum keine anderweitige Ausbildung.

[26] C’monAPP ist ein begleitendes und vertiefendes Case Management im Rahmen der ÜBA 1, welches zusätzlich zur sozialpädagogischen Unterstützung angeboten wurde.

[27] Vgl. Friedl-Schafferhans / Hausegger 2013, Seite 49.

[28] So werden bei den Burschen alle Top-3-Wunschberufe angeboten, bei den Mädchen nur zwei, für den Ausbildungsbereich „FriseurIn / PerückenmacherIn“ gab es keine überbetriebliche Lehrausbildung in Wien im Rahmen der Februarlehrgänge 2011; vgl. Friedl-Schafferhans / Hausegger 2013, Seite 57.

[29] Vgl. Bergmann / Schelepa 2011.

[30] Bergmann / Schelepa 2011, Seite 4.

[31] Vgl. Bergmann / Schelepa 2011, Seite 24.

[32] Vgl. Bergmann / Schelepa 2011, Seite 23.

[33] Vgl. Bergmann / Schelepa 2011, Seite 24.

[34] Vgl. Bergmann / Schelepa 2011, Seite 44.

[35] Vgl. Bergmann / Schelepa 2011, Seite 30.

[36] Vgl. Bergmann / Schelepa 2011, Seite 37.

4 Analyse ausgewählter Studien zu flankierenden Maßnahmen

4.1 Evaluation arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen für Jugendliche in Wien – Betrachtungszeitraum 2011

Im Rahmen der Evaluation arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen für Jugendliche in Wien[37] wurden im Zeitraum von März bis Dezember 2011 insgesamt 2.872 Teilnahmen in sieben Wiener Projekten zur Unterstützung der Arbeitsmarktintegration von Jugendlichen (c’mon 14, m.o.v.e on, spacelab, c’mon 17, Jugendwerkstatt, Jugend College, Meine Chance 2010) hinsichtlich der erzielten Ergebnisse untersucht. Für die Aufbereitung im Rahmen der Meta- Analyse wird in der Folge vor allem auf einen in der Evaluation entwickelten Cluster von Interventionsbedarfen eingegangen. Aus Befragungen der Teilnehmenden und TrainerInnen und der Analyse der Projektkonzepte sowie der Beobachtung der Projektumsetzung haben die StudienautorInnen drei Maßnahmetypen in Bezug auf arbeitsmarktpolitische Maßnahmen außerhalb von Ausbildungseinrichtungen und Produktionsschulen gebildet.

Insgesamt wird der Interventionsbedarf als sehr heterogen beschrieben, was zu einer Annäherung mittels Clusterbildung führte. Dabei ist festzuhalten, dass sich die Interventionsbedarfe weniger hinsichtlich ihrer inhaltlichen Fragestellung als viel mehr in Bezug auf die Intensität differenzieren lassen. Folgende Interventionsbedarfe werden unterschieden:

Interventionsbedarfe – Cluster
Singulärer Interventionsbedarf

22% der Teilnehmenden

Ein Thema oder eine Herausforderung, gut abgegrenzt, gute Chancen auf (Re-)Integration

Abgegrenzter Interventionsbedarf, der sich auf zwei Themenfelder konzentriert

35% der Teilnehmenden

Zwei dominante Hürden, vielfach im Bereich des Berufswunsches und des Kompetenzniveaus im Bereich Kulturtechniken*

Diffundierender Interventionsbedarf mit Schwerpunkt Empowerment

14% der Teilnehmenden

Stärkung des Selbstbewusstseins, überdurchschnittlich oft mangelnde soziale Integration

Interventionsbedarf Case Management

16% der Teilnehmenden

Breiter Interventionsbedarf über unmittelbaren Ausbildungs- und Arbeitsmarktbezug hinaus

Interventionsbedarf Case Management mit gezielter Förderung von Social Skills

13% der Teilnehmenden

Intensivster Interventionsbedarf, bestehende Mehrfachbelastungen, gezielte Unterstützung zum Erwerb von sozialen Kompetenzen und für den Umgang mit Autoritäten

Quelle: Reidl u. a. 2012 (unveröffentlicht), Seite 21; eigene Darstellung (öibf)

* Unter „Kulturtechniken“ werden im Rahmen der Evaluation sowohl schulische Grundkompetenzen verstanden, wie auch die Fähigkeit, den Bewerbungsprozess eigenständig zu absolvieren, und Kompetenzen wie Ausdrucksfähigkeit und Ähnliches subsumiert.

Diese Darstellung zeigt, dass etwas über die Hälfte der Teilnehmenden eine oder zwei Hürden, die unmittelbar auf die Ausbildung und die Integration in den Arbeitsmarkt bezogen sind, aufweisen. In der Mehrzahl handelt es sich bei den Hürden um Fragen der Berufsorientierung, des Matchings von Berufswunsch, Interesse und Eignung sowie abgegrenzte Herausforderungen im Bereich schulischer und kultureller Kompetenzen. Rund 43 Prozent der Teilnehmenden weisen einen höheren Interventionsbedarf auf, der in unterschiedlichen Intensitäten über den unmittelbaren Ausbildungs- und Arbeitsmarktbezug hinausgeht und auf der Ebene der Persönlichkeitsentwicklung bis hin zur Krisenintervention angesiedelt ist.

Insgesamt wird die Zielgruppe als heterogen mit sehr divergierenden Interventionsbedarfen beschrieben. Die einzelnen untersuchten Projekte wenden demnach auch unterschiedliche Methoden der Intervention mit differenzierter Schwerpunktsetzung an.

Ein auffälliges Ergebnis der Evaluation der arbeitsmarktpolitischen Projekte in Wien ist, dass sowohl rund zwei Drittel der Teilnehmenden, die die Maßnahme beendet haben, als auch jene, die sie nicht beendet haben, die eigene Projektzufriedenheit mit „sehr gut“ oder „gut“ angeben. Als Gründe für den Abbruch einer Maßnahme werden vor allem gesundheitliche Einschränkungen, familiäre Verpflichtungen und psychische Probleme angegeben.

Die gebildeten Maßnahmetypen ergeben drei Interventionsschwerpunkte, die in mehreren Maßnahmen angeboten werden. Dies ergibt sich aus den unterschiedlichen Zielgruppen der Projekte.[38]

Die erste Gruppe sind schulbegleitende oder im engen Zusammenhang mit der Schule stehende Beratungsangebote. Zielgruppe sind SchülerInnen, die aufgrund ihrer schulischen Leistung vor Herausforderungen beim Übergang in das duale Ausbildungssystem oder dem Einstieg in den Arbeitsmarkt stehen werden.

Projekte mit Schwerpunkt auf Beratung und Orientierung für ausgrenzungsbedrohte und oft schon erfolglos langzeitbetreute Jugendliche bilden die zweite Gruppe. Hier liegen oft multiple Problemlagen vor, die nicht zwingend einen direkten Ausbildungs- und Arbeitsmarktbezug aufweisen müssen.

Eine dritte Gruppe wurde aus Maßnahmen mit Kurscharakter gebildet. In den Kursen werden berufliche Qualifikation, der Abschluss der Hauptschule bis hin zur Berufsorientierung in Werkstätten oder der Erwerb von Sprachkenntnissen angeboten. Die Teilnehmenden werden begleitend unterstützt und erhalten eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes (DLU).

4.2 Evaluierung des Jugendcoachings – Betrachtungszeitraum 2012

Auf Basis qualitativer Interviews, quantitativer Trägerbefragung und Analyse des Monitorings wurde die Pilotphase evaluiert und durch eine Wirkungsanalyse ergänzt. Ein wichtiger Befund ist, das „eine gute Zusammenarbeit zwischen Jugendlichen und Schulen eine wesentliche Grundlage für das Gelingen des Jugendcoaching“ darstellt.[39] Als Basis der Kooperation werden Transparenz und das Vertrauen in die Professionalität der Jugendcoaches angesehen.

Insgesamt wird das Jugendcoaching gut angenommen, eine geringe Abbruchsquote von 6,7 Prozent und die Tatsache, dass keine nennenswerten Unterschiede im Hinblick auf soziale Gruppen oder Geschlecht festgemacht werden konnten, weisen darauf hin, dass keine sozialen Ungleichheiten in der Maßnahme auftreten und die Jugendlichen das Coaching bis zum Ende besuchen.[40] In der Wirkungsanalyse wird eine Misserfolgsquote von 15,4 Prozent ermittelt, diese ergibt sich aus den Abbrüchen und jenen 8,7 Prozent Teilnehmenden, die nach Beendigung der Maßnahme kein klares Entwicklungsziel herausarbeiten konnten.

Die Zielgruppe wurde in der Pilotphase gut erreicht; dies ist auch in der Kooperation mit den Schulen begründet, obwohl das Frühmeldesystem in breiten Teilen der Schulen nicht in der vorgesehenen Form verwendet wurde. Gleichzeitig kommt die Evaluierung zu dem Ergebnis, dass Schulen noch besser informiert werden sollten,[41] teilweise aus Gründen der Transparenz, teilweise um ein besseres Verständnis für die Konzeption zu erlangen.

Während der Pilotphase wurden Adaptierungen, die den niederschwelligen Zugang zum Coaching verbesserten, umgesetzt. Eine durchgeführte Bedarfsabschätzung auf Grundlage sekundärstatistischer Daten kommt zu dem Ergebnis, dass die untere Grenze an benötigten Betreuungsplätzen bei rund 22.800 Jugendcoachingfällen liegt.[42]

4.3 Begleitende Evaluierung des Pilotprojektes „Coaching für Lehrlinge und Lehrbetriebe“ – Betrachtungszeitraum 2012/2013

Von Mitte Oktober 2012 bis Ende Dezember 2013 wurde in den Bundesländern Oberösterreich, Steiermark, Tirol und Wien das Pilotprojekt „Coaching für Lehrlinge und Lehrbetriebe“ durchgeführt, die begleitende Evaluierung berücksichtigt Daten bis Ende Oktober 2013. Angelehnt an das Jugendcoaching ist das Coaching von Lehrlingen in betrieblichen Lehrverhältnissen in drei Phasen (Erstgespräch, Begleitung mit Case-Management-Ansatz und Case Management) aufgebaut, das maximale Stundenkontingent während der Lehrausbildung beträgt 41 Coachingstunden. Lehrbetriebe können bis zu elf Coachingstunden in Anspruch nehmen. Ziel der Maßnahme ist, dass Lehrlinge, die gefährdet sind ihre Ausbildung abzubrechen, durch persönliche und soziale Stabilisierung des Lehrlings und Klärung der inner- und außerbetrieblichen Problemfelder, im Ausbildungsverhältnis verbleiben können, sowie die Erhöhung der positiven Lehrabschlüsse.

Die begleitende Evaluierung[43] umfasste die Implementation der Maßnahme in den Pilot- Bundesländern sowie quantitative und qualitative Erhebungen des Coachingprozesses. Für die qualitative Betrachtung des Coachings wurden standardisierte schriftliche Verlaufsbeschreibungen des Coachings und Feedback-Bögen der Teilnehmenden ausgewertet sowie Interviews mit Coaches und Teilnehmenden geführt.

Die Gründe für die Inanspruchnahme des Coachings durch Lehrlinge sind vielfältig und reichen von Konflikten im Lehrbetrieb über schulische Probleme und Defizite sowie familiäre Konstellationen und psychosoziale Probleme bis hin zu Unsicherheiten und Ängsten im Zusammenhang mit der Lehrabschlussprüfung.[44] Der Coachingansatz als Methode war den meisten Jugendlichen im Vorfeld nicht bekannt, die Auswertung der Feedback-Bögen und die Interviews mit Teilnehmenden zeigen jedoch eine hohe Zufriedenheit mit dem Angebot. Ähnlich wie bereits im Zuge der Vorschaltmaßnahmen dargestellt, hängt diese Zufriedenheit mit den Coaches, also den Betreuungspersonen, zusammen. In den Interviews mit Teilnehmenden wurden das persönliche Gespräch auf Augenhöhe und „das auf einen Schauen“ als wichtige Parameter der Zufriedenheit genannt.[45]

Im Lehrbetriebscoaching wurde in den Interviews mit den Teilnehmenden ähnliche Gründe für die hohe Zufriedenheit genannt: Der Umstand, dass ein Coach in den Betrieb kommt, die herausfordernde Situation mit allen Beteiligten durchspricht und weiter als AnsprechpartnerIn zu Verfügung steht, wurde von den befragten Betrieben als sehr hilfreich, lösungsorientiert und entlastend beschrieben.[46]

Im Herbst 2014 wird die Konzeption des Programmes „Coaching und Beratung für Lehrlinge und Lehrbetriebe“ überarbeitet und die bundesweite Implementierung im Sommer 2015 vorbereitet.

4.4 Schnittstellen zwischen den einzelnen Maßnahmen

Zwischen den bestehenden Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche können Schnittstellen zum Zeitpunkt der Beendigung bzw. des Überganges in eine weiterführende Maßnahme, beim Wechsel von einer Maßnahmenform zu anderen und in der Abbruchprävention festgemacht werden.

4.4.1 Beendigung einer Maßnahme

Im Zusammenhang mit den Beendigungen von Maßnahmen ergeben sich zwei Herausforderungen. Zum einen stellt sich für jene Teilnehmenden, die die Maßnahme erfolgreich abgeschlossen haben und in die duale Ausbildung bzw. das Bildungssystem integriert werden können, die Frage nach der Nachhaltigkeit des Maßnahmenerfolges. In den Maßnahmenevaluierungen konnten keine Aussagen über weitere Beobachtung der ehemaligen Teilnehmenden ausgemacht werden, dies ist in der Regel auch nicht Teil des Projektkonzeptes. Es bleibt in der Verantwortung der Betreuungspersonen, Jugendliche auf weitere Begleitangebote aufmerksam zu machen. Eine Ausnahme bildet die ÜBA 2, die den Übertritt von Teilnehmenden in ein betriebliches Lehrverhältnis bis zu drei Monate begleiten kann. Eine Evaluierung dieser Begleitphase liegt nicht vor.

Zum anderen ergeben sich Herausforderungen bei jenen, die eine Maßnahme beenden und in eine weiterführende Maßnahme vermittelt werden sollen. Im Fall der Vorschaltmaßnahmen in der ÜBA (z. B. BOCO) und dem direkten Eintritt in eine überbetriebliche Lehrausbildung ist der Übergang institutionalisiert. Anders ist es in Fällen, bei denen der weitere Ausbildungsweg nicht eindeutig erscheint. Insbesondere für Jugendliche mit so genannten „Maßnahmekarrieren „ gilt, dass zu wenig Abstimmung und Übergabe mit der vorhergehenden Maßnahme erfolgt und keine oder nur rudimentäre Bezüge zwischen den Angeboten ausgemacht werden können. Hier wird eine vermeintliche Schnittstelle zu einem Bruch und statt einer durchgehenden, aufeinander aufbauenden Begleitung der Jugendlichen kommt es zu Redundanzen und Widersprüchlichkeiten.

4.4.2 Wechsel von Maßnahmearten

Diese Schnittstelle ergibt sich vor allem in der ÜBA im Falle eines Wechsels zwischen ÜBA 1 und ÜBA 2 sowie der IBA im Rahmen der überbetrieblichen Lehrausbildung. Innerhalb einer Trägereinrichtung kann dieser Übergang in Bezug auf die Betreuungskontinuität fließend und in Abstimmung zwischen den Betreuungspersonen vollzogen werden. Die Herausforderung entsteht, wenn die Trägereinrichtung gewechselt wird. Ein standardisiertes Übergangsmanagement wurde bislang nicht eingerichtet und Konzepte können vor allem im Hinblick auf die sozialpädagogische Betreuung voneinander abweichen.

4.4.3 Maßnahmen der Abbruchprävention

In diesem Fall konnte mit der Einführung des Jugend- und Lehrlingscoaching ein auf ähnlichen Grundlagen basierendes Begleitungskonzept entwickelt werden. Im Jugendcoaching ist vorgesehen, dass Teilnehmende bis zu drei Monate nach Beendigung weiter begleitet werden können. Ein Übertritt ins Lehrlingscoaching ist theoretisch direkt im Anschluss möglich und durch die konzeptionelle Vergleichbarkeit finden sich die Jugendlichen in einem ihnen bekannten Setting wieder. Derzeit wird diese Schnittstelle noch wenig genutzt; dieser Umstand kann mit dem Stand der Implementierung insbesondere der Lehrlingscoachings erklärt werden.



[37] Diese Studie (Reidl u. a. 2012) im Auftrag des AMS Wien ist nicht veröffentlicht und wurde seitens des Auftraggebers zum Zweck der Einarbeitung in die Meta-Analyse zur Verfügung gestellt.

[38] Vgl. Reidl u. a. 2012 (unveröffentlicht), Seite 237f.

[39] Vgl. Steiner / Pessl / Wagner / Karaszek 2013, Seite 143.

[40] Vgl. Steiner u. a. 2013, Seite 165.

[41] Vgl. Steiner u. a. 2013, Seite 171.

[42] Vgl. Steiner u. a. 2013, Seite 77.

[43] Ein Kurzbericht der begleitenden Evaluierung wurde veröffentlicht; vgl. Wieser / Litschel / Löffler 2014.

[44] Vgl. Wieser / Litschel / Löffler 2014, Seite 61.

[45] Vgl. Wieser / Litschel / Löffler 2014, Seite 123f.

[46] Vgl. Wieser / Litschel / Löffler 2014, Seite 125.

5 Zugänge zu den Zielgruppen einer aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche

Um in der Arbeitsmarktforschung und in der aktiven Arbeitsmarktpolitik unterschiedliche Zielgruppenzugänge zu finden – mit Ausnahme der Betrachtungen von Zielgruppen nach der NEET-Definition und dem Bericht über die Jugendbeschäftigung –,[47] wird ein Großteil der Zielgruppen entlang von Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche bzw. entlang von Arbeitsmarktstatistik gebildet. Dieser Umstand erklärt sich u. a. daraus, dass einzelne Maßnahmen Zielgruppen ansprechen und der Schwerpunkt der Forschung in diesem Bereich auf der Evaluierung von Maßnahmen liegt. In der Folge werden potenzielle Zielgruppen entlang von Lebenslagen und Ausbildungszeitpunkten betrachtet, um anschließend die vermutete Korrelation mit den Jugendlichen mit NEET-Definition zu untersuchen. Verbunden wird die Zielgruppenbetrachtung mit Ergebnissen zu Untersuchungen von Wirkungsfaktoren.

5.1 Jugendliche in der dualen Ausbildung mit Abbruchsgefährdung

Im Schuljahr 2011/2012 sind insgesamt 40.720 SchülerInnen in die erste Klasse Berufsschule eingestiegen. Davon kommen 50,6 Prozent aus der Hauptschule oder der Polytechnischen Schule.[48] 17,1 Prozent haben als Vorbildung eine Berufsbildende Mittlere Schule (BMS). Es liegt nahe, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil dieser SchülerInnen den Besuch einer Berufsbildenden Mittleren Schule als Alternative zur Polytechnischen Schule bzw. als Überbrückung während der Lehrstellensuche nützt. Dies ergibt sich aus den Verlustquoten der BMS im ersten Jahr, die im Betrachtungszeitraum bei 33,1 Prozent liegen.[49]

Im Hinblick auf die Identifizierung von arbeitsmarktpolitischen Zielgruppen unter Jugendlichen ist der Anteil der vorzeitigen Auflösungen von Lehrverträgen insbesondere zu Beginn der Lehrzeit ein wichtiger Indikator. Im Jahr 2012 wurden insgesamt 22.014 Lehrverhältnisse (17,6 Prozent) vorzeitig aufgelöst. Davon sind 39 Prozent in den ersten drei Monaten (in der Probezeit) und 27 Prozent innerhalb von drei bis zwölf Monaten beendet worden. Diese können jedoch nicht gänzlich mit Dropouts gleichgesetzt werden. Dornmayr und Nowak gehen für das Jahr 2011 von einem Anteil von 16,6 Prozent an allen beendeten Lehrverhältnissen, die bis Ende 2012 keine Lehrabschlussprüfung abgelegt haben, aus. Der Zeitpunkt des Abbruches wird allerdings nicht ausgewiesen.

In der Untersuchung der Lehrabbrüche im Rahmen der begleitenden Evaluierung des Pilotprojektes „Coaching und Beratung für Lehrlinge und Lehrbetriebe“ wird herausgearbeitet, dass in dem Betrachtungszeitraum 2.613 Lehrlinge innerhalb der ersten drei Monate und 1.800 Lehrlinge nach drei bis zwölf Monaten ihr Lehrverhältnis beendet haben, ohne bis Ende 2012 ein neues Lehrverhältnis abgeschlossen zu haben.[50] Demnach haben rund 14.500 Lehrlinge ihr Lehrverhältnis innerhalb des ersten Jahres beendet, wovon rund 4.400 als Dropout- Jugendliche zu werten sind. Bei den restlichen rund 10.000 Lehrlingen handelt es sich um Lehrstellenwechsel und zu einem geringen Anteil um eine Revidierung der Bildungsentscheidung, der ein Besuch einer Schule der Sekundarstufe II folgt.

Im Jahr 2011 haben österreichweit 42.624 Lehrlinge in Ausbildungsverhältnissen[51] ihr Lehrverhältnis beendet, ohne im erweiterten Betrachtungszeitraum bis Ende 2012 einen Lehrvertrag abzuschließen. Etwa ein Sechstel davon (15,9 Prozent bzw. 6.767 Personen) hat die Lehrausbildung abgebrochen, also das Lehrverhältnis vor Ende der Lehrzeit beendet. Von jenen 35.857 Personen, die ihre Lehrzeit abgeschlossen haben, sind 94 Prozent bis zum Ende des Folgejahres zur Lehrabschlussprüfung angetreten, sechs Prozent dagegen nicht. 4,9 Prozent der 35.857 Personen, die ihre Lehrzeit abgeschlossen haben, sind mindestens einmal zur Lehrabschlussprüfung angetreten, haben diese aber bis Ende 2012 nicht bestanden. Insgesamt 10,9 Prozent haben somit ihre Lehrzeit nicht mit einer positiv abgelegten Lehrabschlussprüfung beendet.

Innerhalb der ersten drei Monate eines Lehrverhältnisses (Probezeit) besteht die größte Gefahr eines Lehrabbruches, ohne dass die duale Ausbildung in einem anderen Lehrverhältnis bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres fortgesetzt bzw. erneut begonnen wird. Die Jugendlichen finden sich zum größten Teil auch nicht als AusbildungswechslerInnen in Berufsbildenden Mittleren und Höheren Schulen wieder und können somit als Dropout-Jugendliche aus der Sekundarstufe II angesehen werden.

Über alle Bundesländer hinweg verlassen weibliche Lehrlinge häufiger vorzeitig die Ausbildung im dualen System als ihre männlichen Kollegen, insbesondere zu Beginn der Lehrzeit. Nach vollständig absolvierter Lehrzeit treten dagegen ihre männlichen Kollegen seltener bei einer Lehrabschlussprüfung an bzw. bestehen diese häufiger nicht.

Abbildung 1. Lehrabbrüche, nach Lehrzeitdauer und Geschlecht, 2011/(2012) (ohne ÜBA)

Darstellung der Lehrabrüche nach Staatsbürger_innenschaft anhand eines
                     Balkendiagramms. Näheres im Text.
Quelle: WKO 2013, Spezialauswertung 2011 (2012); eigene Berechnungen / Grafik (öibf)

Lehrlinge mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft[52] (7,5 Prozent aller Lehrlinge mit Stichtag 31.12.2011 bzw. 9.821 Personen) weisen eine deutlich höhere Gefährdung als Lehrlinge mit österreichischer Staatsbürgerschaft auf, die Lehrausbildung vorzeitig zu verlassen, nach abgeschlossener Lehre nicht zur Lehrabschlussprüfung (LAP) anzutreten bzw. diese nicht erfolgreich zu absolvieren.

Abbildung 2. Lehrabbrüche und Lehrabschlussprüfungen, nach Staatsbürgerschaft, 2011/(2012) (Einzellehren, ohne ÜBA)

Darstellung der Lehrabrüche nach Staatsbürger_innenschaft anhand eines
                     Balkendiagramms. Näheres im Text.
Quelle: WKO 2013, Spezialauswertung 2011/(2012); eigene Berechnungen / Grafik (öibf)

5.2 Arbeitslose Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren im Jahr 2013

5.2.1 Arbeitslose Jugendliche und Lehrstellensuchende bundesweit 2013

Die Betrachtung der arbeitslosen Jugendlichen in der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren zeigt, dass 20- bis 24-Jährige öfter mit Arbeitslosigkeit konfrontiert sind als die 15- bis 19-Jährigen. Dies kann u. a. auch damit begründet werden, dass der formale Bildungsweg in der Regel in dieser Altersgruppe bereits abgeschlossen ist. Sowohl die Lehr- als auch die Schulausbildung endet in der Regel zwischen der Erreichung des 19. und 20. Lebensjahres.

Arbeitslose Jugendliche, 2013 (Jahresdurchschnitt)
Frauen Männer

Bis 19 Jahre

3.838

4.390

20 bis 24 Jahre

14.115

20.401

Jugendliche gesamt

17.953

24.791

Quelle: AMDB, Datenwürfel amb_pst_07-lfd; Datenstand 2.10.2014, eigene Berechnungen (öibf)

Junge Frauen sind mit einem Anteil von 42 Prozent an allen jugendlichen Arbeitslosen deutlich weniger von Arbeitslosigkeit betroffen als junge Männer. Dabei ist zu bedenken, dass Mädchen bis 19 Jahre häufiger einen Schulbesuch vorweisen als Burschen, trotzdem erreichen sie mit 47 Prozent an den Arbeitslosen in dieser Altersgruppe einen vergleichsweise hohen Anteil. In der Altersgruppe der 20- bis 24-Jährigen kann die deutlich niedrigere Arbeitslosigkeit bei jungen Frauen (41 Prozent an allen Arbeitslosen in der Altersgruppe) einerseits auf einen gelungenen Einstieg in den Arbeitsmarkt verweisen, zum anderen ist ein gewisser Anteil der jungen Frauen aufgrund von Betreuungspflichten nicht arbeitsmarktaktiv.

Lehrstellensuchende, 2013 (Jahresdurchschnitt, ohne Einstellungszusage, sofort verfügbar)
Frauen Männer Gesamt

Bis 19 Jahre

2.290

2.964

5.254

20 bis 24 Jahre

189

264

453

Jugendliche gesamt

2.479

3.228

5.707

Quelle: AMDB, Datenwürfel amb_pst_07-lfd, Datenstand 2.10.2014; eigene Berechnungen (öibf)

Um Jugendliche, die während des Schul- oder Maßnahmenbesuches lehrstellensuchend gemeldet sind, auszuschließen, werden hier Lehrstellensuchende die den Status „sofort verfügbar, ohne Einstellungszusage“ aufweisen, dargestellt.

Bei den lehrstellensuchenden Jugendlichen verändert sich das Bild in Bezug auf die Grundgesamtheit der Lehrlinge. In Anbetracht dessen, dass rund 34 Prozent der Lehrlinge junge Frauen sind, ist hier die Betroffenheit mit 44 Prozent relativ höher, und zwar über beide Altersgruppen.

Arbeitslose Jugendliche plus Lehrstellensuchende, 2013 (Jahresdurchschnitt, ohne Einstellungszusage, sofort verfügbar)
Frauen Männer Gesamt

Bis 19 Jahre

6.128

7.354

13.482

20 bis 24 Jahre

14.304

20.665

34.969

Jugendliche gesamt

20.432

28.019

48.451

Quelle: AMDB, Datenwürfel amb_pst_07-lfd, Datenstand 2.10.2014; eigene Berechnungen (öibf)

Die gemeinsame Betrachtung von arbeitslosen Jugendlichen und Lehrstellensuchenden in der definierten Altersgruppe ist in den Ergebnissen nah an der Betrachtung der arbeitslosen Jugendlichen, Frauen erreichen einen Anteil von 42 Prozent an der Gesamtmenge. Dies ergibt sich statistisch aus dem Umstand, dass die Gesamtmenge von arbeitslosen Jugendlichen deutlich höher ist als von Lehrstellensuchenden.

Arbeitslose Jugendliche, 2013, nach durchschnittlicher Verweildauer in Tagen
Verweildauer Abgang

Bis 19 Jahre

57 Tage

50.009

20 bis 24 Jahre

72 Tage

190.424

Jugendliche gesamt

69 Tage

240.433

Quelle: AMDB, Datenwürfel amb_pst_07-lfd, Datenstand 2.10.2014, eigene Berechnungen (öibf)

Die Verweildauer der Jugendlichen in Arbeitslosigkeit liegt in beiden Altersgruppen unter drei Monaten. Es ist kein signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern feststellbar. Dieser Befund spricht für eine zeitnahe Vermittlung der Jugendlichen in betriebliche Lehrverhältnisse oder in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen einerseits und in den Arbeitsmarkt andererseits.

Lehrstellensuchende, 2013, nach durchschnittlicher Verweildauer in Tagen (ohne Einstellungszusage, sofort verfügbar)
Frauen Männer Gesamt

Bis 19 Jahre

35

36

36

20 bis 24 Jahre

41

43

42

Jugendliche gesamt

36

36

36

Quelle: AMDB, Datenwürfel amb_pst_07-lfd, Datenstand 2.10.2014; eigene Berechnungen (öibf)

Bei Lehrstellensuchenden bis 19 Jahre liegt die Verweildauer bei knapp über einem Monat, bei 20- bis 24-Jährigen leicht höher. Auch hier kann kein signifikanter Unterschied zwischen den Geschlechtern festgestellt werden. Die vergleichsweise kurze Verweildauer deutet auf rasche Vermittlung in eine betriebliche Lehrstelle oder eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme hin; dies ist positiv zu bewerten, da Jugendliche den Umstand, keine Lehrstelle zu erhalten bzw. bei Bewerbungsgesprächen abgelehnt zu werden, häufig auf persönliche Defizite zurückführen.

Arbeitslose plus Lehrstellensuchende, 2013, nach durchschnittlicher Verweildauer in Tagen (sofort verfügbar, ohne Einstellungszusage)
Gesamt

Bis 19 Jahre

56

20 bis 24 Jahre

72

Jugendliche gesamt

68

Quelle: AMDB, Datenwürfel amb_pst_07-lfd, Datenstand 2.10.2014; eigene Berechnungen (öibf)

Wie bereits bei der Betrachtung der arbeitslosen Jugendlichen und Lehrstellensuchenden in Bezug auf Größenordnungen erläutert, verändert die gemeinsame Betrachtung wenig im Vergleich zu der Betrachtung der arbeitslosen Jugendlichen. Auch hier liegt die Begründung auf der statistisch ungleichen Verteilung zwischen arbeitslosen Jugendlichen und Lehrstellensuchenden.

5.2.2 Schulungsteilnehmende zwischen 15 und 24 Jahren

Diese Gruppe ist ein Teil der aktiven Arbeitsmarktpolitik und bezieht sich auf jene Jugendlichen, die in Schulungen des AMS verortet sind. Dabei werden in einem ersten Schritt die Schulungsteilnehmenden gesamt betrachtet und in der Folge die Maßnahmen ÜBA, IBA und Produktionsschulen mengenmäßig in Bezug gesetzt.

Schulungsteilnehmende, 2013 (Jahresdurchschnitt)
Frauen Männer Gesamt

Bis 19 Jahre

6.030

8.060

14.090

20 bis 24 Jahre

6.018

6.428

12.446

Jugendliche gesamt

12.048

14.488

26.536

Quelle: AMDB, Datenwürfel amb_pst_07-lfd, Datenstand 2.10.2014; eigene Berechnungen (öibf)

Der Jahresdurchschnitt an Schulungsteilnehmenden liegt im Betrachtungszeitraum bei 26.536 Jugendlichen in der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren. 29 Prozent davon besuchen die ÜBA; innerhalb der ÜBA absolvieren 26 Prozent eine integrative Lehrausbildung, die entweder in Form einer Teillehre oder mit einer verlängerten Lehrzeit durchgeführt wird und von der Berufsausbildungsassistenz begleitet wird.

Schulungsteilnehmende, 2013, nach durchschnittlicher Verweildauer in Tagen
Frauen Männer Gesamt Abgänge unter Durchschnittswert Abgänge unter 30 Tagen

Bis 19 Jahre

114

128

122

77 %

32 %

20 bis 24 Jahre

91

84

87

82 %

29 %

Jugendliche gesamt

100

102

101

77 %

30 %

Quelle: AMDB, Datenwürfel amb_pst_07-lfd, Datenstand 2.10.2014; eigene Berechnungen (öibf)

Der überwiegende Teil der Abgänge aus Schulungen liegt unter der durchschnittlichen Verweildauer von rund vier Monaten. Schulungen mit mehrjähriger Laufzeit wie z. B. die ÜBA wirken hier verzerrend auf die Verweildauer. Die Anzahl der Abgänge setzt sich aus Beendigung, Abbruch oder Wechsel einer Maßnahme zusammen. Als Abbrüche gelten auch Fälle, in denen in ein betriebliches Lehrverhältnis vermittelt wurde. Von den betrachtenden Schulungsteilnehmenden waren 7.806 in einer überbetrieblichen Ausbildungsmaßnahme und 2.900 in einer Produktionsschule. Demnach besuchten 15.822 andere Schulungsmaßnahmen wie beispielsweise Nachqualifizierungen und Berufsorientierung sowie Berufsvorbereitungskurse.

5.2.3 Maßnahmen in Ausbildungseinrichtungen

In den Ausbildungseinrichtungen wird zum einen die Ausbildungsgarantie in Form der überbetrieblichen (ÜBA) und der integrativen (IBA) Lehrausbildung umgesetzt und zum zweiten in den Produktionsschulen, als Einrichtungen zur Erreichung der Ausbildungsreife, ein niederschwelliges Heranführen an den Arbeitsmarkt angeboten. Zielgruppen der Ausbildungsgarantie sind:

  • ÜBA: Jugendliche, die trotz intensiver Vermittlungstätigkeit keine Lehrstelle gefunden haben.

  • IBA: Jugendliche mit abgeschlossener Pflichtschule, mit sonderpädagogischem Förderbedarf oder ohne Hauptschulabschluss, Behinderte im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes und Personen, von denen anzunehmen ist, dass in absehbarer Zeit keine Lehrstelle gefunden werden kann.

In beiden Maßnahmen im Rahmen der Ausbildungsgarantie ist die Vermittlung in ein betriebliches Lehrverhältnis während der Maßnahmendauer Ziel. Die überbetriebliche Ausbildung begründet ein Lehrverhältnis in der Ausbildungseinrichtung und wird in zwei Formen (ÜBA 1 und ÜBA 2) angeboten. Die ÜBA 1 ist darauf ausgelegt, dass die gesamte Ausbildung in der überbetrieblichen Ausbildungseinrichtung absolviert wird, wobei die Zielsetzung der Vermittlung in ein betriebliches Ausbildungsverhältnis aufrecht bleibt. In der ÜBA 2 werden Teile der Lehrausbildung absolviert, der berufspraktische Teil wird in Form von Praktika in Kooperationsbetrieben, verbunden mit sozialpädagogischer Betreuung und Angeboten zum Ausgleich von schulischen Defiziten, durchgeführt. Vor Beginn der konkreten Ausbildung in der jeweiligen Einrichtung wird eine so genannte „Vorschaltmaßnahme“ besucht, die sowohl zur Berufsorientierung als auch zum Aufholen von schulischen Defiziten und / oder zur Stabilisierung der Jugendlichen genutzt wird.

Die integrative Lehrausbildung (IBA) erfolgt entweder im Rahmen einer überbetrieblichen Lehrausbildung oder im Rahmen eines betrieblichen Lehrverhältnisses. Sie ist verbunden mit einer Verlängerung der Lehrzeit (in der Regel ein Jahr) und der durchgehenden Begleitung durch die Berufsausbildungsassistenz, einer intensivierten sozialpädagogischen Betreuung, die im Bedarfsfall auch ein Case Management umfasst. Institutionell verortet ist die IBA im Sozialministeriumservice (ehemals Bundessozialamt). Eine weitere Form der IBA ist eine Teilqualifizierung, die ein Ausbildungsverhältnis für ein eingeschränktes Berufsbild begründet.

Jugendliche in überbetrieblicher Lehrausbildung (ÜBA) und integrativer Lehrausbildung (IBA) im Rahmen der ÜBA (Stichtag: 31.12.2013)
Frauen Männer Gesamt
Bis 19 Jahre § 30

0

5

5
ÜBA 1

819

2.023

2.842
ÜBA 2

1.275

1.099

2.374
IBA 1

293

621

915
IBA 2

204

193

397
Summe

2.590

3.942

6.532
20 bis 24 Jahre § 30 0

0

0
ÜBA 1

178

438

615
ÜBA 2

198

169

367
IBA 1

91

153

244
IBA 2

28

20

48
Summe

494

780

1.274
Jugendliche gesamt § 30 0

5

5
ÜBA 1

996

2.461

3.457
ÜBA 2

1.473

1.268

2.741
IBA 1

384

775

1.159
IBA 2

231

213

445
Summe

3.084

4.722

7.806

Quelle: AMS-DWH-Datenwürfel fdg_jasg_mit_atf, Datenstand: 4.10.2014; eigene Berechnungen (öibf)

In der ÜBA 1 war der Anteil der männlichen Teilnehmenden (71 Prozent) 2013 höher als der Anteil der weiblichen (29 Prozent). An einer Maßnahme der ÜBA 2 nahmen mehr weibliche Personen (54 Prozent) als männliche (46 Prozent) teil, wobei hier die Verteilung zwischen den Geschlechtern ausgeglichener ist als bei der ÜBA 1.

Personen (ohne Alterseinschränkung) in überbetrieblicher Lehrausbildung (ÜBA) und integrativer Lehrausbildung (IBA) im Rahmen der ÜBA, nach Bundesländern (Stichtag: 31.12.2013)
§ 30 BAG ÜBA 1 ÜBA 2 IBA 1 IBA 2 Summe

Burgenland

5

170

176

11

56

418

Kärnten

0

181

170

0

0

351

Niederösterreich

0

425

993

8

7

1.433

Oberösterreich

0

336

466

1

376

1.179

Salzburg

0

0

82

0

0

82

Steiermark

0

273

498

237

0

1.008

Tirol

0

34

105

65

0

203

Vorarlberg

0

120

32

0

0

152

Wien

0

1.904

222

839

6

2.970

Gesamt

5

3.463

2.743

1.161

445

7.816

Quelle: AMS-DWH-Datenwürfel fdg_jasg_mit_atf, Datenstand: 4.10.2014; eigene Berechnungen (öibf)

In Tabelle 10 können die Unterschiede in der Maßnahmenlandschaft in Bezug auf die überbetriebliche Ausbildung abgelesen werden. In den Bundesländern Kärnten, Salzburg und Vorarlberg sind keine integrativen Lehrverhältnisse in der ÜBA ausgewiesen. Die Teilqualifizierung der IBA 2 wird im Rahmen der überbetrieblichen Lehrausbildung in den Bundesländern Burgenland, Oberösterreich, Niederösterreich und Wien angeboten. In Salzburg wird die ÜBA 2 umgesetzt, es werden keine weiteren Maßnahmen im Rahmen der Ausbildungsmaßnahmen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik angeboten. Dies gilt auch für Produktionsschulen (vgl. Tabelle 11). In Wien ist die ÜBA 1 stärker ausgebaut als die ÜBA 2. Allerdings hat die ÜBA 1 in Wien auch eine längere Tradition.

Personen (ohne Alterseinschränkung) in Produktionsschulen, nach Bundesländern (Stichtag: 31.12.2013)
TeilnehmerInnen

Kärnten

176

Oberösterreich

831

Steiermark

323

Tirol

172

Vorarlberg

185

Wien

1.213

Gesamt

2.900

Quelle: AMS-DWH-Datenwürfel fdg_jasg_mit_atf, Datenstand: 4.10.2014; eigene Berechnungen (öibf)

Produktionsschulen sehen ihre Zielsetzung in der Stabilisierung, Motivationssteigerung, Vermittlung von fachlichen Kenntnissen und einer Basisqualifizierung für benachteiligte Jugendliche. Sie sind ein Unterstützungsangebot, um an das Lernen und das Arbeiten langsam herangeführt zu werden und münden idealerweise in die (Re-)Integration in den Arbeitsmarkt durch (Wieder-)Aufnahme einer Lehrausbildung.

Diese niederschwellige Maßnahme richtet sich hauptsächlich an Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren, steht aber auch jungen Erwachsenen bis 25 Jahre offen. Die Feststellung eines Erfolges ist individuell unterschiedlich und kann zum Beispiel in der Wiederaufnahme der Schulausbildung oder Stabilisierung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie in dem Wecken des Interesses für einen bestimmten Beruf bestehen.

5.3 Bildungsverläufe von Jugendlichen

Entlang der Bildungsverläufe können als Zielgruppen Jugendliche, die keinen Umstieg von der Sekundarstufe I in die Sekundarstufe II vollziehen, Jugendliche, die ihre schulische Laufbahn in der Sekundarstufe II abbrechen, und Jugendliche, die ihre Lehrausbildung abbrechen, identifiziert werden. Laut der Evaluierung des Jugendcoachings haben von 96.125 SchülerInnen, die 2008/2009 in ihrem letzten Jahr der Schulpflicht waren, 6.926 ihre Bildungslaufbahn im Folgejahr (2009/2010) nicht fortgesetzt. Von insgesamt 74.943 SchülerInnen, die in die Sekundarstufe II mit dem Besuch einer AHS-Oberstufe, einer BHS oder einer BMS eingetreten sind, haben 14.441 SchülerInnen dies im Folgejahr nicht fortgesetzt.[53]

Im Jahr 2007/2008 sind insgesamt 69.354 SchülerInnen in die Schultypen AHS-Oberstufe, BMS und BHS[54] neu eingestiegen, wovon 9.963 diesen Ausbildungsweg im Folgejahr 2008/2009 verlassen haben. Dabei sind 6.178 SchülerInnen von den genannten Schultypen in die Berufsschule gewechselt, wovon 53 Prozent aus der BMS und 35 Prozent aus der BHS wechselten.[55] Der Wechsel in eine Berufsschule legt die Annahme eines aufrechten Lehrverhältnisses nahe.

Im Schuljahr 2012/2013 haben 3.566 SchülerInnen der Polytechnischen Schule und 4.126 SchülerInnen aller anderen Schultypen keinen Übergang in der Sekundarstufe vollzogen und keine andere Ausbildung begonnen.

Gleichzeitig wird für das Jahr 2011 die Zahl der 15- bis 19-Jährigen, die einen NEET-Status aufweisen, mit 25.162 Personen angegeben.[56]

Im Jahr 2013 wurden 21.260 Lehrverhältnisse vorzeitig gelöst.[57] Im Jahr 2012 beendeten 42.613 Lehrlinge ihr Lehrverhältnis ohne einen darauffolgenden Lehrvertrag abzuschließen, wobei 14,5 Prozent (rund 6.178 Personen) die Lehrzeit nicht abgeschlossen und keine LAP abgelegt haben.

Indirekt können aus den verschiedenen Betrachtungen in unterschiedlichen Betrachtungszeiträumen folgende grobe Größenabschätzungen getroffen werden:

  • Rund 8.000 Jugendliche pro Jahr setzen ihre (Aus-)Bildungslaufbahn nach dem Ende der Schulpflicht nicht unmittelbar fort.

  • Rund 5.000 Jugendliche pro Jahr brechen eine AHS-Oberstufe, eine BMS oder BHS ab, ohne eine weitere schulische Laufbahn (inklusive Berufsschule) im Folgejahr einzuschlagen.

  • Rund 6.500 Jugendliche pro Jahr brechen eine Lehrausbildung ab, ohne im Folgejahr einen neuen Lehrvertrag abzuschließen.

5.4 Typologisierung ausgrenzungsgefährdeter Jugendlicher entlang von Benachteiligungsfaktoren

Nach Enggruber können sieben Typen benachteiligter Jugendlicher am Übergang von der Schule in die (duale) Berufsausbildung festgemacht werden:[58]

  1. Marktbenachteiligung: Jugendliche mit einer erfolgreichen Schulkarriere und einem missglückten Übergang in die Berufsausbildung.

  2. Schulische Überforderung: Jugendliche, die eine negative Schulkarriere aufgrund von Lernschwächen aufweisen und Gefahr laufen, aus dem Bildungssystem auszusteigen.

  3. Außerschulische Überforderung und Lebensprobleme: Jugendliche mit multiplen sozialen und / oder familiären Problemlagen, die eine positive Schul- oder Ausbildungskarriere verhindern.

  4. Sinn- und Identitätssuche: Jugendliche mit Konflikten und / oder Ablösung vom Herkunftsmilieu auf der Suche nach einer milieubezogenen Verortung.

  5. Multiproblematische Herkunftsfamilien mit Gewalterfahrungen: Jugendliche, in deren familiären Umfeld nicht nur keine Unterstützung, sondern im Gegenteil eher eine Verhinderung der Entwicklung durch eine konfliktäre und gewaltsame Situation im unmittelbaren Umfeld, vorliegt.

  6. Protest- und Autonomiebewegte: Jugendliche, die bewusst Angebote und Ausbildungskarrieren verweigern und die bestehenden Systeme und Strukturen ablehnen.

  7. Migrationshintergrund: Jugendliche der 1. Generation oder der 2. Generation, die einen wahrnehmbaren Migrationshintergrund (aufgrund von Aussehen, Sprache, Namen etc.) aufweisen.

Ergänzend zu diesen Benachteiligungsfaktoren sind jene Faktoren, die in den dargestellten Evaluierungen genannt werden, zu betrachten:

  • Jugendliche ohne oder mit kontraproduktiver Unterstützung aus dem Elternhaus;

  • Jugendliche auf der Suche nach (Berufs-)Orientierung;

  • Jugendliche auf der Suche nach sozialer Stabilität;

  • Jugendliche mit Krankheitsbildern und Drogenerfahrungen;

  • Jugendliche mit psychischen Problemen.

Der Benachteiligungsfaktor „Migrationshintergrund“ ist ohne Zweifel gegeben und tritt mitunter bereits in der gesamten Bildungslaufbahn zu Tage.[59] Daraus darf aber nicht der Schluss gezogen werden, dass dieser Benachteiligungsfaktor mit der Definition einer Zielgruppe gleichgesetzt werden kann. Vielmehr gilt in der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche des AMS Österreich bereits der bestehende Ansatz, Jugendliche mit Migrationshintergrund in die jeweiligen Zielgruppen zu integrieren. Nur in Teilbereichen können Zielgruppen, die auch über den Migrationshintergrund bestimmt werden, ausgemacht werden; dies gilt bei jugendlichen Migrantinnen mit Betreuungspflichten und Jugendlichen der 1. Generation, die ihre Schulbildung außerhalb von Österreich absolviert haben. In den weiteren Betrachtungen der Zielgruppen wird der Umstand des Migrationshintergrundes daher auch nur für diese beiden genannten Gruppen erwähnt.



[47] Vgl. Dornmayr / Löffler 2014.

[48] Vgl. Dornmayr / Nowak 2013, Seite 138.

[49] Vgl. Dornmayr / Nowak 2013, Seite 57.

[50] Vgl. Wieser / Litschel / Löffler 2014, Seite 22ff.

[51] Ohne Lehrlinge in überbetrieblicher Lehrausbildung.

[52] In der Lehrlingsstatistik wird die Staatsbürgerschaft ausgewiesen, nicht aber der Migrationshintergrund.

[53] Vgl. Steiner u. a. 2013, Seite 71.

[54] Inklusive Lehrerbildende Höhere Schulen.

[55] Vgl. Statistik Austria 2014.

[56] Vgl. Steiner u. a. 2013, Seite 72ff.

[57] Vgl. Dornmayr / Löffler 2014, Seite 125.

[58] Vgl. Enggruber 2003.

[59] Diesen Befund festigen u. a. die Ergebnisse zu Lehrabbrüchen, Nicht-Antritten zur LAP und negativen Lehrabschlussprüfungen (siehe Kapitel 5.1)

6 Jugendliche mit NEET-Definition

Jugendliche, die nicht in Ausbildung stehen oder eine berufsbezogene Schulung besuchen, nach dem Labour-Force-Konzept nicht erwerbstätig sind oder nicht im Bildungssystem integriert sind, werden unter dem Begriff NEET (Not in Education, Employment or Training) zusammengefasst. Die Begrifflichkeit hat in den letzten Jahren sowohl in der Arbeitsmarktforschung als auch in der politischen und öffentlichen Debatte an Bedeutung gewonnen.

Für die Betrachtung dieser sehr heterogenen Zielgruppe wird die Studie „Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe NEETs“ herangezogen, insbesondere der Teilbericht 1[60] und der Teilbericht 2[61] dieser Studie, die Cluster auf Basis von qualitativen Daten bilden und eine Typologisierung mittels qualitativer Untersuchungen auf der Grundlage von Interviews vornehmen.

Jugendliche mit dem Status „Arbeitslos“ können unter die Definition NEET fallen, der NEET-Status ist aber nicht gleichzusetzen mit der Jugendarbeitslosigkeit. Rund 43 Prozent jener Jugendlichen, die einen NEET-Status aufweisen, sind im Sinne der AMS-Definition arbeitslos gemeldet.

Für quantitative Aussagen (Teilbericht 1) wurden im Zeitraum von 2006 bis 2011 in fünf Quartalen Daten zu Jugendlichen ausgewertet. Im Durchschnitt ergibt sich damit eine Größenordnung von 78.000 Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren, die unter die NEET-Definition fallen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass nicht alle NEETs zu Risikogruppen, die Ziel von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sein können, zählen. 9,7 Prozent der NEETs befinden sich in einer Warteposition nach einer abgeschlossenen Ausbildung, sie haben entweder eine Jobzusage oder warten auf den Beginn des Zivil- bzw. Präsenzdienstes bzw. auf den Studienbeginn.[62]

6.1 Ergebnisse der Cluster-Analyse entlang von sozialkulturellen Variablen

Wie schon erwähnt wurde, ist die Gruppe der NEETs sehr heterogen. Um quantitative Aussagen auch im Hinblick auf arbeitsmarktpolitische Maßnahmen treffen zu können, ist es notwendig, die Grundgesamtheit zu unterteilen. In der quantitativen Analyse wurden entlang von sozialkulturellen Variablen, die Bestandteil des Mikrozensus sind, insgesamt sieben Cluster gebildet.

Cluster-Analyse entlang von sozialkulturellen Variablen
Cluster Anteil Dominierende sozialkulturelle Merkmale

Cluster 1

21,0 %

Männliche Jugendliche aus dem städtischen* Bereich mit maximal Pflichtschulabschluss; aktiv arbeitsuchend; frühe SchulabbrecherInnen** mit hoher Motivation den NEET-Status zu beenden

Cluster 2

20,3 %

Lehr- bzw. BMS-Abschluss, geringer Anteil Migrationshintergrund***, ländlicher Raum, aktiv arbeitsuchend

Cluster 3

18,1 %

Älter, hoher Anteil an Migrationshintergrund, städtischer Raum, aktiv arbeitsuchend

Cluster 4

15,4 %

Älter, weiblich mit Migrationshintergrund, Betreuungspflichten für Kleinkinder, inaktiv in Bezug auf Arbeitssuche

Cluster 5

9,7 %

Männlich, Maturaabschluss, in Warteposition

Cluster 6

8,7 %

Erkrankung, eingeschränkter Gesundheitszustand, eingeschränkte Leistungsfähigkeit, frühe SchulabbrecherInnen, passives Verhalten

Cluster 7

6,8 %

Junge Mütter, ohne Migrationshintergrund, Betreuungspflichten, keine aktive Arbeitssuche, kein Arbeitswunsch

Quelle: Bacher / Tamesberger / Leitgöb 2013, Seite 116; eigene Darstellung (öibf)

* Als städtischer Bereich werden Wohnorte mit über 30.000 EinwohnerInnen definiert

** Als frühe SchulabbrecherInnen werden jene Jugendliche gezählt, deren Schulkarriere nicht über den Abschluss einer ersten Klasse BMS hinausgeht, also nach Beendigung der 9. Schulstufe beendet ist.

*** Der Migrationshintergrund bezieht sich in diesem Fall auf die 1. Generation, eine weitere Unterteilung nach 1. und 2. Generation ist aufgrund der Datenlage erst ab dem Jahr 2009 möglich.

6.1.1 Ausstieg und Verbleib im NEET-Status

Im Betrachtungszeitraum 2006 bis 2011 werden insgesamt 56,5 Prozent männliche und 38,5 Prozent weibliche NEET-AbgängerInnen gezählt, sie weisen eine Verbleibdauer von maximal drei Quartalen im NEET-Status auf. Dem gegenüber zählen 27 Prozent der männlichen und 47,7 Prozent der weiblichen NEETs zu jenen mit einem dauerhaften Verbleib, das heißt, sie weisen einen NEET-Status in vier bis fünf Quartalen des Betrachtungszeitraumes auf.[63]

Gemessen an den Einflussfaktoren bezüglich eines dauerhaften Ausstieges aus dem NEET-Status ist die aktive Arbeitssuche bei weiblichen NEETs als ein Faktor, der mit einer hohen Ausstiegswahrscheinlichkeit einhergeht, anzusehen. Für männliche NEETs gilt dies jedoch nicht. Für beide Geschlechter ist ein früher Schulabbruch als wichtiger Faktor für den dauerhaften Verbleib anzusehen. Für weibliche NEETs sind des Weiteren Kinder unter drei Jahren ausschlaggebend, bei männlichen NEETs identifizieren die Studienautoren eine Erkrankung bzw. einen eingeschränkten Gesundheitszustand, verbunden mit einer eingeschränkten Leistungsfähigkeit, als zentralen Einflussfaktor.[64]

Die Betrachtung des Bildungsabbruches nach soziodemographischen Merkmalen ergibt, dass SchülerInnen, deren Eltern einen niedrigen Bildungsgrad aufweisen, oder SchülerInnen, die MigrantInnen der 1. Generation sind, einem siebenfach höheren Risiko des vorzeitigen Bildungsabbruches ausgesetzt sind. Die PISA-Studie 2009 zeigt, dass 64 Prozent aller MigrantInnen der 1. Generation und 43 Prozent der 2. Generation nicht sinnerfassend lesen können.[65]

Aussagen über ausgrenzungsgefährdete und erwerbsferne Jugendliche auf Basis des Mikrozensus 2. Quartal 2009 werden aus einer Untersuchung der Grundgesamtheit aller Jugendlichen im Alter von 15 bis 24 Jahren ableitbar.[66] Diese ergab einen Anteil von rund zehn Prozent erwerbsferner Jugendlicher (100.900 Personen), wobei 5,8 Prozent (58.500 Personen) als arbeitslos und 4,2 Prozent (42.400 Personen) als ohne Bezug zu Bildungssystem und Arbeitsmarkt bezeichnet werden. Auch hier werden Migrationshintergrund und Bildungsabschluss als entscheidende Risikofaktoren identifiziert.

Ergänzend dazu ist die Untersuchung über Ausbildungsarmut in Österreich zu sehen.[67] Darin werden Betrachtungen zu Bildungsabbruch (Early School Leaving[68]) und PISA-Ergebnissen zusammengeführt. Nach dieser Untersuchung liegt der Anteil der BildungsabbrecherInnen mit 7,9 Prozent für das Jahr 2012 deutlich unter dem EU-Durchschnitt mit 13 Prozent. Wird dieser zertifikatsbasierten Definition von Bildungsarmut ein kompetenzbezogener Zugang gegenüber gestellt, zeigt sich, dass die Bildungsarmut wesentlich ausgeprägter ist. Die PISA-Studie 2009 ergab einen Anteil von 27,5 Prozent RisikoschülerInnen im Alter von 15 Jahren im Kompetenzfeld „Lesen“. Dabei handelt es sich um SchülerInnen, die nicht sinnerfassend lesen können.[69]

6.1.2 NEET-Typologie entlang qualitativer Erhebungsergebnisse

Die quantitative Betrachtung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe „NEET“ ist in einem zweiten Teilbericht[70] um eine qualitative Untersuchung auf der Grundlage von Interviews erweitert worden. Aus den insgesamt 60 Interviews[71] wurde eine Typologie in Bezug auf Jugendliche in NEET-Status entwickelt. Wie bereits die Ergebnisse der quantitativen Cluster zeigten, sind nicht alle Jugendlichen, die einen NEET-Status aufweisen, gleichzusetzen mit einer arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe im engeren Sinn bzw. mit dem Ziel der nachhaltigen Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Entlang den ausgewerteten Interviews wurden fünf Typen mit jeweils ähnlichen sozialkulturellen Merkmalen von NEETs gebildet. Dabei wurde wie folgt differenziert:

Typ 1a: Aktive Arbeitsuchende mit variierenden Chancenstrukturen, Jugendliche mit diversen Stigmata;

Typ 1b: Aktive Arbeitsuchende mit variierenden Chancenstrukturen, „klassische“ Jugendarbeitslosigkeit;

Typ 2: Jenseits der Leistungsnorm;

Typ 3: Betreuungspflichten;

Typ 4: Suche nach beruflicher Orientierung und Identität;

Typ 5a: Arbeitsmarktinaktive, abweichendes Verhalten;

Typ 5b: Warteposition.

6.1.3 Korrelation der dargestellten Zielgruppen und Herausforderungen mit der Zielgruppe NEET

Eine Fragestellung in der Meta-Analyse bezieht sich auf den Zusammenhang und die Überschneidung der verschiedenen Zielgruppenbetrachtungen. Hintergrund dazu ist die Entwicklung eines gemeinsamen Bildes in einem komplexen Zielgruppen-Diskurs.

Zusammenfassend können aus den bisherigen Darstellungen folgende potenzielle Zielgruppen der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche mit dem Schwerpunkt auf die Integration in das duale Ausbildungssystem festgehalten werden:

  • Jugendliche am Übergang zwischen Schule und Beruf mit Benachteiligungsfaktoren;

  • Bildungsferne Jugendliche;

  • Jugendliche mit mangelnder Orientierung im Berufsleben und auf der Suche nach Identität;

  • Lehrstellensuchende;

  • BildungsabbrecherInnen in unterschiedlichen Schulstufen;

  • Lehrlinge, die ihre Lehre abgebrochen haben;

  • Lehrlinge, die gefährdet sind, ihre Lehre abzubrechen oder entweder nicht zur Lehrabschlussprüfung anzutreten oder ein negatives Ergebnis zu erzielen.

Bis auf die Zielgruppe der gefährdeten Lehrlinge finden sich alle in der NEET-Definition wieder. Wobei in diesem Zusammenhang nochmals darauf hingewiesen werden muss, dass nicht alle NEETs mit arbeitsmarktpolitischen Zielgruppen gleichzusetzen sind, da sich beispielsweise 9,7 Prozent der NEETs nach einem Maturaabschluss in einer Warteposition in Bezug auf den Studienbeginn bzw. den Präsenz-/Zivildienst befinden.



[60] Vgl. Bacher / Tamesberger / Leitgöb / Lankmayr 2013.

[61] Vgl. Stadlmayr / Lankmayr / Dlabaja / Burtscher-Mathis 2013.

[62] Vgl. Bacher / Tamesberger / Leitgöb 2013, Seite 116.

[63] Vgl. Bacher / Tamesberger / Leitgöb 2013, Seite 123.

[64] Vgl. Bacher / Tamesberger / Leitgöb 2013, Seite 123ff.

[65] Dabei ist zu bedenken, dass die PISA-Studie nicht die Lesekompetenz generell, sondern jene in der deutschen Sprache erhebt.

[66] Vgl. Blum / Kein / Paul / Wittinger 2010, Seite 15ff.

[67] Vgl. Steiner 2013.

[68] Dabei handelt es sich in einer europaweit geteilten Definition um Jugendliche zwischen 18 und 24 Jahren, die höchstens einen Pflichtschulabschluss vorzuweisen haben (ISCED 3c) und sich aktuell nicht in Ausbildung befinden.

[69] Ein direkter Vergleich beider Betrachtungen ist nicht möglich, da es sich um unterschiedliche Betrachtungszeiträume und nicht vergleichbare Daten handelt. So wird der Bildungsabbruch bei Jugendlichen zwischen 18 und 24 Jahren erhoben, die PISA-Studie bei SchülerInnen im Alter von 15 Jahren durchgeführt.

[70] Vgl. Stadlmayr u. a. 2013.

[71] Es wurden 60 teilstandardisierte Interviews mit narrativem Charakter in Oberösterreich, Vorarlberg und Wien geführt. Der Teilbericht enthält neben den Ergebnissen auch umfangreiche Fallbeschreibungen.

7 Stärken und Schwächen von Maßnahmen entlang von Zielgruppen

Um Aussagen über Stärken und Schwächen von Maßnahmen im Hinblick auf zentrale Herausforderungen an eine zeitgemäße Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche mit dem Schwerpunkt auf die duale Ausbildung und die Fachkräfteausbildung treffen zu können, werden Ergebnisse von rezenten Studien mit identifizierten Zielgruppen verbunden. Für die folgenden Betrachtungen wird die Zielgruppentypologie der qualitativen Erhebungsergebnisse der NEETs[72] herangezogen und im Bedarfsfall durch weitere dargestellte Betrachtungsansätze ergänzt.

Eingangs ist festzuhalten, dass alle dargestellten Maßnahmen im Rahmen der Evaluierungen positiv bewertet wurden. Im Zusammenhang mit der Maßnahmenbewertung ist zu beachten, dass Aussagen über Abbruchsquoten für sich genommen keine Bewertungsgrundlage darstellen, diese müssen immer in Verbindung mit der Zielsetzung und der Konzeption einer Maßnahme gesehen werden.[73] Daher wurde in der Darstellung der Evaluierungsergebnisse nicht im Detail auf die Frage nach Abbrüchen eingegangen.

7.1 Überbetriebliche Lehrausbildung mit Vorschaltmaßnahmen

Die überbetriebliche Lehrausbildung verfolgt zwei Ziele. Im Rahmen der Ausbildungsgarantie trägt sie ihren Teil zum Schließen der Lehrstellenlücke bei, gleichzeitig erleichtert sie benachteiligten Jugendlichen den Einstieg ins Berufsleben. Damit spricht sie auch unterschiedliche Zielgruppen an.

Die ÜBA 2 eignet sich konzeptionell für Jugendliche mit Marktbeteiligung, die nach einem erfolgreichen Schulabschluss einen missglückten Einstieg ins Berufsleben vorweisen.[74] In der NEET-Typologie entspricht dies dem Typ 1b, der „klassischen“ Jugendarbeitslosigkeit. Durch die sechs- bis achtwöchigen Vorschaltmaßnahmen können etwaige geringe Defizite im schulischen oder sozialen Bereich ausgeglichen und die Orientierung in Bezug auf den Berufswunsch verfestigt werden. Die einjährige Begleitung der Teilnehmenden und der Kontakt der Betreuungspersonen zu Praktika-Betrieben und dem Outplacement tragen zur Überwindung der negativen Erlebnisse im Rahmen der selbständigen Lehrstellensuche bei. Unter diesen Voraussetzungen ist die ÜBA 2 als erfolgreich zu bewerten, wenn die Vermittlung in eine betriebliche Lehrstelle gelingt.

Die Zielgruppe der ÜBA 1 sind Jugendliche mit einem erhöhten Betreuungsbedarf. Durch die Ausbildung in Lehrwerkstätten können schulische und soziale Defizite im Rahmen der sozialpädagogischen Betreuung bearbeitet werden. Die Anleitung sowohl in der praktischen wie auch in der theoretischen Ausbildung ist im Vergleich zu einem betrieblichen Lehrverhältnis intensiviert und individuell auf den / die Teilnehmende/n bezogen.

Voraussetzung für beide Maßnahmen ist die Ausbildungsreife. Es sollten keine schwerwiegenden Beeinträchtigungen vorliegen, da u. a. die Vorschaltmaßnahmen eine relativ kurze Laufzeit aufweisen und in heterogenen Gruppen stattfinden. Damit zeigt sich eine Schwäche im Zusammenhang dieser Maßnahmen. Beide Formen sind hochschwellig[75] und an die betriebliche Ausbildung angelehnt. Der Besuch der regulären Berufsschulklassen trägt zu den hohen Anforderungen bei. Besonderes Augenmerk muss daher der Auswahl der Teilnehmenden geschenkt werden, die Ausbildungsreife muss beurteilt werden. Dies scheint nach den Ergebnissen der Evaluierungen nicht immer gleich gut zu gelingen.

Das zeigen auch die Befragungen der TrainerInnen. Hier werden als Abbruchsgründe die Überforderung von Teilnehmenden aufgrund von schwerwiegenderen Defiziten und mangelnder Ausbildungsreife genannt.

Deutlich wird, dass die ÜBA ihrer Zielsetzung in Bezug auf den Ausgleich der Lehrstellenlücke erfolgreich nachkommen kann. Gleichzeitig verschwimmen die Zielsetzungen zwischen der ÜBA 1 und der ÜBA 2 vor allem in jenen Bundesländern, in denen nicht beide ÜBA-Formen angeboten werden.

Der ÜBA wird ein erhebliches Selbstfinanzierungspotenzial zugeschrieben. Nicht nur dass Jugendarbeitslosigkeit und damit verbundene Kosten verhindert werden, ist auch ein fiskalischer Effekt auszumachen.[76]

7.2 Produktionsschulen

Die Anzahl der Teilnehmenden in Produktionsschulen ist zwischen 2006 und 2012 stark angestiegen. In den Jahren 2006/2007 wurde diese arbeitsmarktpolitische Maßnahme nur in Oberösterreich angeboten, 2008 folgte Tirol mit der Besonderheit, dass dort eine Produktionsschule ausschließlich für weibliche Teilnehmende eingeführt wurde, erst 2012 wurde das Angebot für männliche Teilnehmer erweitert. Seit 2009 sind in den Bundesländern Oberösterreich, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien (Kärnten seit 2010) Produktionsschulen Teil des arbeitsmarktpolitischen Angebotes für Jugendliche. 2013 lag der Anteil von 15- bis 29-jährigen Schulungsteilnehmenden in Produktionsschulen an allen Schulungsteilnehmenden in dieser Alterskategorie bei 21 Prozent, 2010 betrug dieser Anteil 1,7 Prozent. Wien weist ab 2010 mit Abstand die meisten Teilnehmenden (rund 43 Prozent) in Produktionsschulen auf, gefolgt von Oberösterreich mit rund 28 Prozent. Diese Verteilung ist auch vor dem Hintergrund, dass in Wien rund 15 Prozent und in Oberösterreich rund 21 Prozent der Lehrlinge verortet sind, interessant. Obwohl Wien einen niedrigeren Anteil an Lehrlingen hat, erreicht es bei Teilnehmenden in Produktionsschulen den höchsten Anteil. Zwar hat Wien im Vergleich mit den anderen Bundesländern einen hohen Anteil an 15- bis 29-jährigen Schulungsteilnehmenden (36 Prozent), die Verteilung bei den Produktionsschulen sticht aber speziell heraus.

Abbildung 3. Entwicklung der Produktionsschulen 2006–2013

Darstellung der Entwicklung der Produktionsschulen anhand eines
                     Balkendiagramms. Näheres im Text.

Quelle: BMASK, Sonderauswertung AMP-Datenbank, eigene Berechnungen (öibf)

Auffällig ist bei der Betrachtung, dass bis 2012 der Anteil an weiblichen Teilnehmenden höher lag als an männlichen. Eine Begründung für diese Entwicklung ist aus den Daten nicht ablesbar, sollte aber im Rahmen einer Evaluierung gesucht werden, auch um die Verdrängung von Mädchen zu verhindern. Ebenso ist festzuhalten, dass der Anteil an Teilnehmenden mit Migrationshintergrund stetig gestiegen ist und seit 2010 höher als 50 Prozent liegt. Eine weitere zu untersuchende Fragestellung in diesem Zusammenhang ist daher, warum der Anteil an MigrantInnen derart stark gestiegen ist und ob Rückschlüsse auf Zuweisungen zu dieser Maßnahme gezogen werden können. Die Ausprägung von Gender und Diversity, sowohl in den Konzepten als auch in der Umsetzung in den Produktionsschulen, sind wichtige Indikatoren.

Durch die projektorientierten Konzepte, die sich je nach Träger und Bundesland unterscheiden, sind generelle Aussagen über die arbeitsmarktpolitische Maßnahme schwierig. Im Hinblick auf die Zielgruppe von bildungsfernen Jugendlichen sollte der Anspruch an den Ausgleich von schulischen Defiziten und dem Erlangen eines formalen Schulabschlusses überdacht werden. Entscheidend ist, dass diese Angebote im Rahmen der Produktionsschule einen freiwilligen Charakter und innovative didaktische Konzepte aufweisen, um negative Schulerfahrungen nicht weiter zu verfestigen.

Obwohl regionale Gegebenheiten unbedingt berücksichtigt werden müssen, fehlt ein bundesweites Rahmenkonzept zu Produktionsschulen. In diesem Rahmenkonzept ist die Einbettung und die Kooperation mit anderen Betreuungsmaßnahmen, Formen der Vor- und Nachbetreuung, Ausgestaltung des technischen und inhaltlichen Angebotes, generelle Zielsetzungen, Ausgestaltung von Lerneinheiten und vieles mehr festzulegen.

Eine wichtige Zielsetzung der Produktionsschulen ist die möglichst rasche Vermittlung in den Arbeitsmarkt bzw. in eine Lehrstelle. Dieser Ansatz ist grundsätzlich positiv, es sollte aber besonderes Augenmerk auf das individuelle Tempo der Jugendlichen gelegt werden. Verbunden mit dieser Zielsetzung ist ein enger Bezug zu Arbeitsmarktpolitik und AMS, was aus Sicht der Zielgruppe insofern als sinnvoll zu bewerten ist, da bildungsfernen Jugendlichen der Zugang zu Ausbildung und Arbeitsmarkt über praktische Erprobung und Learning on the Job ermöglicht werden soll.

7.3 Jugendcoaching

Da das Jugendcoaching nach der Evaluierung der Pilotphase in seiner Konzeption überarbeitet wurde, wird hier nochmals darauf eingegangen.

Eine Stärke des Jugendcoachings ist ohne Frage die enge Anbindung an die Schulen. Dadurch kann direkt und schnell ein Unterstützungsangebot an die Jugendlichen herangetragen werden. Sowohl die Evaluierung als auch Erfahrungen von Betreuungspersonen für Jugendliche zeigen, dass die Begleitung durch Coaching eine stabilisierende Wirkung auf die Teilnehmenden hat.

Das Jugendcoaching soll eine „flächendeckende und nahtstellenübergreifende Beratung, Begleitung und Betreuung vom Ende der Pflichtschulzeit nach Möglichkeit bis zur nachhaltigen Integration in ein weiterführendes (Aus-)Bildungssystem“ sicherstellen.[77] Darin liegt bezogen auf die Zielgruppen seine Stärke, gleichzeitig ist die Begrenzung auf die Lebensphase vor der Ausbildung eine Schwäche, da Jugendliche vielfach auch während der Ausbildung Beratung, Begleitung und Betreuung benötigen. Eine Übergabe in eine Folgemaßnahme oder eine andere Form der Begleitung wird in der Konzeption, inklusive der Umsetzungsregelungen allerdings nicht festgeschrieben und liegt somit in den Händen der jeweiligen AkteurInnen.

Erfreulich ist die systematische Festschreibung des Zuganges von außerschulischen Jugendlichen und das Einbeziehen des Bundesweiten Netzwerkes Offener Jugendarbeit (boJa).[78] Dies erweitert nicht nur die Anspruchsgruppe, sondern setzt auch konzeptionell neue Akzente.



[72] Vgl. Stadlmayr u. a. 2013.

[73] Ein Vergleich von Abbruchsquoten in Bezug auf unterschiedliche Maßnahmearten ist nicht zulässig. So kann beispielsweise eine Produktionsschule eine Abbruchsquote von 50 Prozent aufweisen und aufgrund des niederschwelligen Zuganges als erfolgreich eingestuft werden. Im Fall einer solchen Quote bei der Maßnahmenart ÜBA wäre dieser Umstand anders zu bewerten, tatsächlich liegen die Abbruchsquoten in dieser Maßnahmenart deutlich niedriger.

[74] Vgl. Enggruber 2003.

[75] Vgl. Bergmann u. a. 2011, Seite 211.

[76] Vgl. Hofbauer / Kugi-Mazza / Sinowatz 2014, Seite 61ff.

[77] Vgl. Bundessozialamt 2013, Seite 5.

[78] Vgl. Bundessozialamt 2013, Seite 21.

8 Berufspädagogische und didaktische Ansätze

In der Literatur und in Evaluierungen von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen sind zwei Betrachtungsweisen auffällig, die im Bildungsdiskurs als nicht zeitgemäß angesehen werden können:

  • Die Betrachtung von Jugendlichen mit Schwierigkeiten in Bezug auf den Einstieg in das duale System ist defizitorientiert.

  • Jugendliche mit Migrationshintergrund werden als Gruppe mit homogenen Voraussetzungen dargestellt.

8.1 Jugendliche und Peer Groups

Stark unterrepräsentiert sind Untersuchungen von arbeitsmarktpolitischen Jugendlichen- Zielgruppen im Zusammenhang mit der Adoleszenz und der damit in Verbindung stehenden Einflussfaktoren. Unbestritten ist, dass Jugendliche häufig Problemlagen auf mehreren Ebenen, die über den schulischen Bereich hinausgehen, aufweisen. Insbesondere in den qualitativen Betrachtungen zu Zielgruppen wird dies herausgearbeitet.[79] Zu wenig wird jedoch die Rolle der Peer Groups in Verbindung mit den tiefgreifenden persönlichen Veränderungen, die altersbedingt in der Adoleszenz stattfinden, und der Suche nach Identität berücksichtigt. Diese Betrachtungsweise muss mit Geschlechterreflexion verbunden werden. Gerade bei Jugendlichen, die mehrere Benachteiligungsfaktoren aufweisen und von Dropout bedroht bzw. bereits als solcher anzusehen sind, spielen diese Faktoren eine große Rolle in der Entwicklung des Individuums. Peer Groups bilden dabei die „Soziale Arena“, in der sich junge Männer und junge Frauen beweisen wollen; die Zugehörigkeit und Anerkennung durch die Gruppe ist identitätsstiftend, es sind aber große Unterschiede in der Herangehens- und Verarbeitungsweise zwischen den Geschlechtern festzustellen.[80] Im Kern geht es in dieser Lebensphase um die Entdeckung und Anerkennung von Männlichkeit und Weiblichkeit. Bemerkenswert ist, dass junge Männer die Anerkennung der Männlichkeit aus der gleichgeschlechtlichen Peer Group erhalten, junge Frauen jedoch nicht. Auch die Weiblichkeit wird durch das männliche Geschlecht anerkannt, weibliche Peer Groups haben diese Macht nicht.[81] In der kollektiven Verarbeitung von Benachteiligung lehnen junge Männer Bildung ab, auch wenn individuell Bildung angestrebt wird.[82] Die kollektive Ebene hat starke Auswirkungen auf Motivation und Erreichbarkeit von Jugendlichen. Jugendliche in bildungsfernen Schichten bleiben in der klassischen Rollentrennung verhaftet. Burschen und junge Männer sehen sich in der Zukunft als Versorger und Ernährer der Familie. Damit werden sie in etwas höherem Alter wieder ansprechbar für Bildungsangebote. Mädchen und junge Frauen haben als Zukunftsperspektive die Betreuungsrolle in der Familie mit Zuverdienstmöglichkeit. Beide Geschlechter sind sich ihrer Aussichten mit schlechtem oder gar keinem Schulabschluss bewusst. Obwohl Mädchen vielfach in Bezug auf Bildungschancen Vorteile gegenüber den Burschen haben, stellt die Orientierung an tradierten Rollenbildern sowie der Wunsch nach Verbleib in der sozialen Gruppe ein Hemmnis dar, diese auch zu nutzen.[83]

8.2 Monoedukation

Aufgrund des starken Einflusses der Peer Groups und der Verhaftung in traditionellen Rollenbildern gerade bei bildungsfernen Jugendlichen sollten monoedukative Elemente in der pädagogischen Betreuung verstärkt werden. Im Bereich „Frauen in Technik“ werden schon längere Zeit monoedukative Ansätze angewendet. In der Phase der Berufsorientierung, Berufsvorbereitung und persönlicher Stabilisierung der Jugendlichen führt ein Einsatz dieser Elemente zu einer neuen Perspektive für beide Geschlechter. Monoedukation ist in diesem Zusammenhang nicht bloß als geschlechtergetrennter Unterricht, wie er etwa im Fach „Sport“ in den Schulen praktiziert wird, zu verstehen. Im Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung mit individuellen Zukunftsplanungen, mit der unmittelbaren Lebenswelt und den identitätsstiftenden Faktoren der Jugendlichen. Die Zielsetzung sollte nicht davon geleitet werden, Lehrlinge in für ihr Geschlecht untypische Berufe zu vermitteln, obwohl dies ein mittelbares Ziel darstellen kann. Generell muss die Erweiterung des Möglichkeitenhorizontes in den Vordergrund gerückt werden. Ganz gezielt sollten Rollenbilder hinterfragt und Strategien zur Überwindung dieser gesucht werden. Dabei ist die Betrachtung von z. B. Einkommensunterschieden hilfreich, aber nicht ausreichend.

8.2.1 Monoedukation bei Burschen und jungen Männern

Durch den Einsatz monoedukativer Elemente kann bei Burschen und jungen Männern eine Erweiterung des Männlichkeitsbildes bewirkt werden. Ebenso werden gleichgeschlechtliche Betreuungspersonen zur Verfügung gestellt. Vor allem bildungsferne Burschen und junge Männer sehen ihr Zukunftsbild als Familienernährer und die Phase vor der Familiengründung als „Zeit des Austobens“. Aus dieser Sicht entsteht der Umstand, dass sie in Peer Groups Bildung ablehnen, zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sich Zweierbeziehungen verfestigen, für Bildung aber wieder ansprechbar sind. Gleichzeitig vermittelt die männliche pädagogische Betreuungsperson ein ungewohntes Rollenbild. Die Frage nach dem Einkommen beschäftigt diese

Jugendlichen; verbunden mit der Ablehnung von Bildung wird der Verdienst nicht unmittelbar mit dem Berufsleben in Verbindung gebracht, es werden eher unrealistische Zukunftsbilder und Bereiche des Systemausstieges assoziiert.

8.2.2 Monoedukation bei Mädchen und jungen Frauen

Die Verhaftung in tradierten Rollenbildern hat Auswirkungen auf die Berufswahlentscheidung. Sie sehen sich in einer untergeordneten Rolle und definieren sich über die männliche Anerkennung. Das Zukunftsbild ist geprägt von der Versorgung der Familie mit Zuverdienst zum Haushaltseinkommen. Damit kann die Ausbildung aus dem unmittelbaren Fokus der weiblichen Jugendlichen rücken bzw. werden Einkommensfragen nicht in erster Linie aus dem Blickwinkel der Existenzsicherung und der Eigen- bzw. Familienversorgung betrachtet. Die Rollenverteilung wirkt der langfristigen Erwerbsarbeit entgegen, Erwerbsarbeit wird zur Episode in der Zukunftsorientierung.

In monoedukativen Gruppen können weibliche Jugendliche diese Rollenbilder reflektieren und die Zukunftsplanung aus ihrer individuellen Sicht, ohne die identitätsstiftende männliche Anerkennung, beginnen. Ein Effekt kann die Erweiterung der Perspektive über die drei meistgewählten Lehrberufe hinaus sein. Auch die Frage der Selbsteinschätzung und Selbstanerkennung wird durch diese Gruppenzusammensetzung unterstützt. Nicht zuletzt kann dadurch dazu beigetragen werden, dass weibliche Jugendliche den Vorteil, den sie aus besseren Schulabschlüssen ziehen, langfristig nutzen können.

8.3 Defizit versus Kompetenz

Die Bildungsforschung und die schulische Bildung haben in den letzten Jahren einen Perspektivenwechsel von der Kompensation von Defiziten hin zur Kompetenzorientierung vollzogen, der sich immer stärker auf Bildungsangebote und den schulischen Alltag auswirkt. Vor diesem Hintergrund ist auffällig, dass in der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche, insbesondere im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Erreichung der Ausbildungsreife und Vorschaltmaßnahmen, Defizitbetrachtungen nach wie vor im Vordergrund stehen. Dies gilt eingeschränkt ebenso für Produktionsschulen, die zwar im produzierenden Bereich auf das Wahrnehmen von eigenen Fähigkeiten bei Jugendlichen fokussieren, gleichzeitig jedoch die explizite Zielsetzung haben, vorhandene Defizite im schulischen, sozialen und persönlichen Bereich auszugleichen.

Jugendliche, die aus den unterschiedlichsten Gründen einen negativen Erfolg beim Übergang von der Schule in den Beruf im Hinblick auf die Integration in das duale Ausbildungssystem erlebt haben, haben bereits defizitorientierte Erfahrungen vorzuweisen. Allein die Tatsache des Erhaltes von negativen bzw. keinen Antworten auf Bewerbungsschreiben kann zu einer defizitären Betrachtung der eigenen Person führen. Diese Sicht gilt es zu verändern, um die Motivation zu weiterer Qualifizierung auszubauen bzw. zu verfestigen. Kompetenzorientierung fußt auf der Entscheidung, Jugendliche in ihrer Heterogenität zu betrachten und die Fähigkeiten, die die / der Einzelne mitbringt, für den Bildungsbereich zu nutzen.[84]

Kompetenzorientierung führt damit zur Veränderung der Sicht von Betreuungspersonen auf Jugendliche. Teilweise aus der Not geboren, zeigt eine reflexive Untersuchung mit berufspädagogischer Tätigkeit[85] diese Ergebnisse: Die deutlich sinkenden Chancen von Jugendlichen in berufsvorbereitenden Maßnahmen auf Integration in das betriebliche Ausbildungswesen oder in den Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland Ende der 1990er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts brachte, ein Legitimationsproblem der pädagogisch Tätigen im Hinblick auf die Defizitkompensation mit sich. Jugendliche konnten auch nach diesen Kompensationen nicht integriert werden. Damit rückte der Fokus des pädagogischen Bemühens zur Aufgabe der „Bewältigung von Leben in unsicheren Perspektiven“ und der Stärkung von Resilienzen und Bewältigungsstrategien. Die Vermittlung von (berufs-)fachlichen Fähigkeiten wurde um den Kompetenzansatz erweitert, und zwar sowohl um das Selbstwertgefühl zu stärken als auch soziale, kognitive und persönliche Kompetenzen deutlich sichtbar zu machen. Ein Ergebnis ist die Veränderung der Einschätzung von beruflichen Belastungsfaktoren der pädagogisch Tätigen durch die „neue“ Sicht auf die Jugendlichen. Wurden vorher „defizitäre Jugendliche“ als stärkster Belastungsfaktor in der täglichen Arbeit definiert, wechselte „die Arbeit mit Jugendlichen „ zum stärksten Gefallensfaktor.

8.4 Jugendliche mit Migrationshintergrund

In einer Reihe von Untersuchungen und Konzepten werden Jugendliche mit Migrationshintergrund aufgrund bestimmter Benachteiligungsfaktoren als Zielgruppen für die aktive Arbeitsmarktpolitik verstanden. In dieser Generalisierung liegt eine Problematik, die bereits erfahrene Benachteiligungen verfestigt. Mit der Definition „Migrationshintergrund“ allein kann und sollte noch keine (Ziel-)Gruppe gebildet werden, dazu ist die Gesamtheit der in Frage kommenden Personen viel zu heterogen. Einzelne Benachteiligungsfaktoren, wie z. B. die mangelnde Beherrschung der deutschen Sprache oder junge Frauen mit familiären Betreuungspflichten in traditionellen türkischen Familienstrukturen, können allerdings zielgruppenspezifisch identifiziert werden, um einen Interventionsbedarf abzuleiten.

Um erfahrene Diskriminierungen und Benachteiligungen, wie sie in der österreichischen Gesellschaft und auch im Schulsystem auftreten, auszugleichen, ist es notwendig, den Migrationshintergrund als Bestimmungsfaktor auszuschließen und zu erkennen, dass dieser immer mit einer negativen Prognose verbunden ist,[86] Jugendliche auf ihre Herkunft reduziert und ihnen gleichzeitig Defizite unterstellt. Ein diversity-orientierter, interkultureller Ansatz in der aktiven Arbeitsmarktpolitik bedeutet auch den Ausbau der Diversity-Kompetenz aller relevanten AkteurInnen, nicht zuletzt in den Betrieben. Das AMS geht in seiner Förderpolitik bereits den Weg, nur unter bestimmten Voraussetzungen eigene Kurse für Jugendliche mit Migrationshintergrund anzubieten. Dies ist als positiv zu sehen.



[79] Vgl. Enggruber 2003; Bissuti u. a. 2013; Stadlmayr u. a. 2013; Wieser / Litschel / Löffler 2014.

[80] Vgl. Helffrich u. a. 2009, Seite 18.

[81] Vgl. Helffrich u. a. 2009, Seite 109.

[82] Vgl. Helffrich u. a. 2009, Seite 122.

[83] Vgl. Helffrich u. a. 2009, Seite 200.

[84] Vgl. Enggruber 2003, Seite 25.

[85] Vgl. Reutter 2003.

[86] Vgl. Terkessidis 2012.

9 Ansätze für eine zeitgemäße Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche

Als zentrale Herausforderungen für eine zeitgemäße Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche mit dem Schwerpunkt auf die duale Ausbildung sind die Übergänge zwischen Schule und betrieblicher Ausbildung (Übergangsmanagement) und jener Teil der Jugendlichen, die als nicht ausbildungsreif gelten und nicht erfolgreich in bestehende Maßnahmen aufgrund ihrer Hochschwelligkeit integriert werden können, anzusehen. Zeitgemäße Elemente einer aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche sind die Einführung von Kompetenzorientierung, Diversity und Interkulturalität, auch über den Steuerungsrahmen des AMS hinaus.

Die Erläuterung der Ansätze wird mit Zielgruppen aus der NEET-Typologie verbunden und somit einer Form der qualitativen Zielgruppenbetrachtung gegenübergestellt. Die gewählte Typologie hat den Vorteil, dass sie systematische Eingangsfaktoren, soziale Einbettung sowie Chancen und Motivation der Betroffenen darstellt.

9.1 Übergangsmanagement

Die Zielgruppe des Übergangsmanagements sind Jugendliche, die einen fehlgeschlagenen Übergang von Schule zu Beruf, bedingt durch eine falsche Berufswahl, mangelnde Berufsorientierung, konjunkturelle oder regionale Gegebenheiten, aufweisen. Es tritt ein leichter bis mittlerer Betreuungsbedarf (vor allem Coaching) auf, die Arbeitsmarktchancen sind jedoch als vergleichsweise besser zu bewerten. Sie entsprechen dem NEET-Typ 1a – klassische „Jugendarbeitslosigkeit „ und der Zielgruppe der Maßnahme ÜBA 2.

Die Phase des Überganges von der Schule in die duale Ausbildung fällt bei Jugendlichen in der Regel in die Altersgruppe der 15- bis 16-Jährigen. Nach dem Besuch einer Haupt-, neuen Mittel- oder Kooperativen Mittelschule und der Absolvierung einer Polytechnischen Schule oder dem ersten Jahrgang einer Berufsbildenden Schule erfolgt die Lehrstellensuche. Dies ist gleichzeitig die für Jugendliche schwierige Phase der Adoleszenz.

Rund um diese Lebensphase gibt es in Österreich eine Reihe von Maßnahmen der Berufsorientierung, Berufsvorbereitung und Stabilisierung für Jugendliche, teilweise wirkt das Angebot ob seiner Fülle und aufgrund von verschiedenen konzeptionellen Projektansätzen wenig überschaubar. Die Maßnahmenlandschaft unterliegt einer stetigen Veränderung. Stärkere Koordination wird mit dem Programm „AusbildungsFit“ angestrebt. Dennoch stellt die gewachsene Maßnahmenlandschaft hohe Anforderungen an die Jugendlichen. Auswertungen von Teilnehmenden-Befragungen zeigen deutlich, dass die Bezugs- bzw. Betreuungspersonen der Jugendlichen einen Gelingensfaktor mit hohem Stellenwert darstellen. Es geht dabei in erster Linie um den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses. Ein Wechsel in eine weiterführende Maßnahme beendet die Beziehung zur Betreuungsperson, eine neue muss aufgebaut werden. Es ist in diesem Zusammenhang nicht sichergestellt, ob der / die Jugendliche in einer ihm / ihr vertrauten pädagogischen Konzeption betreut wird oder sich unter Umständen auf neue Werthaltungen der Betreuungspersonen einstellen muss.

Um dem entgegenzutreten sollten nicht nur Vernetzungsaktivitäten, sondern vor allem Kooperationen zwischen den Maßnahmen gestärkt werden. Eine begleitete Übergabe durch vertraute Betreuungspersonen und eine gewisse Nachbetreuung bis zum Aufbau einer neuen Betreuungsbeziehung sollten in einem ersten Schritt ermöglicht werden. Der inhaltliche Anschluss an die vorhergehende Maßnahme, wie z. B. Entwicklungspläne aus einem Coaching, muss in seiner Differenziertheit trotz Wechsel der Betreuungsperson gewährleistet werden, so etwa beim Einstieg in eine Vorschaltmaßnahme. Gleichzeitig müssen Bruchstellen zwischen den Fördergebern bzw. zuständigen Institutionen überwunden werden.

Nicht nur außerschulische Maßnahmen bestimmen das Gelingen des Überganges, auch der Schule kommt in diesem Zusammenhang eine wichtige Aufgabe zu. Um Jugendliche bereits während der Schulzeit zu unterstützen, wurde das Jugendcoaching eingeführt. Um Übergangsproblematiken zu entschärfen, ist eine Nachbetreuung von bis zu drei Monaten möglich. In diesem Zusammenhang sollte sichergestellt werden, dass Ergebnisse aus Coachingprozessen und anderen besuchten Maßnahmen weiterführend genutzt werden. Beispielsweise werden im Coaching gemeinsam von Coachee und Coach Entwicklungspläne für die Zeit nach dem Abschluss erarbeitet. Die Umsetzung sollte in Folgemaßnahmen möglich sein.

Zumindest regional bedarf es einer Vereinheitlichung der Benennung von Maßnahmen und Transparenz bei den Projektkonzepten, damit im Rahmen des Case Management ein Überblick über Bestehendes erreicht werden kann. Als Unterstützung sollten Koordinationsstellen, ähnlich der Wiener Koordinationsstelle, aufgebaut werden, die Kooperations- und Vernetzungstätigkeiten übernehmen, den Kontakt zu Schulen, Institutionen sowie Auftrag- und Fördergebern halten und einen Überblick über das Angebot an Maßnahmen gewährleisten. Alternativ dazu könnte eine Bundeskoordinationsstelle, die auch überregionalen Austausch ermöglicht, als Organisationsform sinnvoll sein.

9.2 Jugendliche an der Grenze zum Dropout

Die Gründe für Dropout sind neben psychosozialen Problemlagen die Überforderung und Frustration in Bezug auf Lernleistung und Berufsleben (NEET-Typ 1a – „Jugendliche mit diversen Stigmata“). Insbesondere für weibliche Jugendliche mit Betreuungspflichten kommen die Faktoren der fehlenden Infrastruktur und die mangelnde Passung des zeitlichen Rahmens von Angeboten sowie die Abwägung von Betreuungskosten und erzielbaren Einkommen dazu (NEET-Typ 3 – „Betreuungspflichten“). Die bestehenden Maßnahmen wie ÜBA / IBA sind teilweise zu inflexibel und überfordernd, obwohl längerfristig gesehen die Zielsetzung der Vermittlung in eine (über-)betriebliche Ausbildung bestehen bleiben sollte.

Für Jugendliche, die die Grenze zum Dropout bereits überschritten haben und unter dem NEET-Typ 2 – „Jenseits der Leistungsnorm“ subsumiert werden können, sind sehr niederschwellige Zugänge und Angebote zu entwickeln.

Ohne auf die jeweiligen Gründe einzugehen, wird hier eine Maßnahmenlücke verortet. Einige Ansätze für diese Zielgruppen konnten im Rahmen der Meta-Analyse entwickelt werden.

9.2.1 Flexibilisierung der Vorschalt- bzw. Vorbereitungsmaßnahmen

Eine zentrale Empfehlung der dargestellten Evaluierungen der ÜBA ist die Erhöhung der möglichen Dauer und die Flexibilisierung dieser Maßnahmen. Bestätigt wird dies durch weitere Studien.[87] Diese Empfehlungen werden um den Vorschlag „Modularisierungsmodelle“ in Bezug auf die Vorbereitungsmaßnahmen ergänzt. Die Reihenfolge der Ablegung der Module ist dabei wählbar und richtet sich nach der Situation der / des Jugendlichen. So können im Bedarfsfall Schwerpunkte auf Stabilisierung gesetzt und zu einem späteren Zeitpunkt Fragen der Berufsorientierung oder des Ausbildungseinstieges bearbeitet werden. Die Jugendlichen bleiben im System integriert. Für die Zielgruppe der weiblichen Jugendlichen mit Betreuungspflichten kann die Weiterbildung und Betreuung in Modulen mit zeitlicher Flexibilisierung einhergehen. Die genaue Ausgestaltung einer derartigen Modularisierung ist zu untersuchen.

9.2.2 Niederschwellige Produktionsschulen mit Tagesentlohnung

Derzeit ist das Konzept der Produktionsschulen mit Lernelementen und Berufsorientierung verbunden. Für manche Jugendliche, insbesondere BildungsverliererInnen, die ein Problembewusstsein für ihre eigene Situation zeigen, dem jedoch ohnmächtig gegenüber stehen (NEET-Typ 2 – „Jenseits der Leistungsnorm“) bietet die Maßnahme damit nicht das passende Angebot. Um Jugendliche, die bereits aus dem Ausbildungssystem ausgestiegen sind und ein Heranführen an eine Tagesstruktur benötigen, zu erreichen, sollte das Konzept der Produktionsschulen um eine sehr niederschwellige Form ohne (formale) Lerneinheiten erweitert werden.

Eine tageweise Anwesenheit mit Tagesentlohnung stellt der geleisteten Arbeit einen direkt spürbaren Wert gegenüber. Die Eingliederung von Jugendlichen über 19 Jahre in die Struktur der sozialökonomischen Betriebe und gemeinnützigen Beschäftigungsprojekte kann positive Effekte für alle Teilnehmenden erzielen. Die jungen Erwachsenen fühlen sich als solche angenommen, gegenseitige Lerneffekte und sinnstiftende Unterstützung, wie z. B. Mentoring durch Ältere oder Vermittlung von Online-Nutzungs-Kenntnissen von Jüngeren, stellen einen mittelbaren Weiterbildungseffekt dar.

Für 15- bis 19-Jährige werden eigene Strukturen empfohlen, da die Lebenswelten von erwachsenen Arbeitslosen und Jugendlichen in dieser Altersgruppe als zu differenziert angesehen werden. Für beide Altersgruppen gilt, dass durch marktorientierte Produktionsweise die Teilnehmenden eine Erhöhung des Selbstwertgefühles durch die Verwertung ihrer Leistung am Markt erfahren. Dies ist eine wichtige Grundlage für einen späteren (Wieder-) Einstieg ins Ausbildungssystem, auch vor dem Hintergrund, dass der Sinn und Mehrwert von Ausbildung mitunter erst zu einem späteren Zeitpunkt für die Jugendlichen deutlich zu Tage tritt.

9.2.3 Niederschwellige Angebote zum Einstieg in den 1. Arbeitsmarkt

Ein Paradigmenwechsel in der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche wären Maßnahmen zur Unterstützung der Eingliederung in den 1. Arbeitsmarkt. Die Vermittlung in Hilfsarbeit mittels Eingliederungsbeihilfe könnte dazu beitragen, dass Jugendliche zwar aus dem Ausbildungs-, aber nicht aus dem Erwerbssystem aussteigen. Durch die zunehmende Modularisierung der Lehrausbildung und die Ermöglichung der außerordentlichen Lehrabschlussprüfung bleibt die Option eines Ausbildungsabschlusses bestehen. Dieser Ansatz steht der Intention der Ausbildungspflicht unter Umständen entgegen, andererseits können Jugendliche, die aufgrund schlechter Erfahrungen in so genannten „Maßnahmekarrieren“ (NEET-Typ 4 – „Suche nach beruflicher Orientierung und Identität“) als Zielsetzung „irgendeine Arbeit“ nennen, eine Alternative zum gänzlichen Systemausstieg angeboten bekommen und in einer längerfristigen Perspektive bildungsinteressiert bleiben, so etwa im Hinblick auf einen Vorbereitungskurs zur außerordentlichen Lehrabschlussprüfung.

Einfacharbeit gewinnt im Dienstleistungssektor an Bedeutung, auch wenn der Bereich in der öffentlichen Debatte kaum noch eine Rolle spielt.[88] Entwicklungen der lernförderlichen Gestaltung von Anlern- und Hilfsarbeit sollten bei der Betrachtung dieses Arbeitsmarktzuganges fokussiert werden.

Der Zugang in den Arbeitsmarkt sollte mit freiwilligen Coachingangeboten verbunden werden. Zum einem bietet dies die Möglichkeit, außerberufliche Herausforderungen zu bearbeiten, zum anderen können dadurch Jugendliche, die aus eigener Kraft nicht in der Lage sind, ihre Situation zu verändern (NEET-Typ 5a – Arbeitsmarktinaktive mit abweichendem Verhalten), unterstützt und ihre Ausgangslagen nachhaltig verbessert werden.

9.3 Kompetenzorientierte Ausbildungsdokumentation

Es wird von einem erweiterten Begriff der Ausbildungsdokumentation ausgegangen, der auch die außerbetrieblichen Maßnahmen und Aktivitäten im Bereich der Berufsvorbereitung umfasst.

Unabhängig von den detailliert ausgestalteten Zielgruppen ist ein wichtiger Faktor der Motivation von Jugendlichen an sich zu arbeiten, dass sie Ergebnisse, die für sie persönlich verwertbar sind, während der Maßnahme und der (über-)betrieblichen Ausbildung abrufen können. Damit einhergehend sind eine Stärkung des Selbstwertgefühles und gegebenenfalls eine Verwertung im Zuge von Einstiegen in Maßnahmen bzw. in Bewerbungsverfahren.

Zwar muss festgestellt werden, dass Betriebe ihre Bewertung von BewerberInnen noch fast ausschließlich an Zeugnissen orientieren, doch ist die Kenntnis von Kompetenzen und erfolgreich absolvierten Entwicklungsschritten eine wichtige Unterstützung für die Selbstdarstellung der KandidatInnen im Zuge des Bewerbungsverfahrens.

Grundsätzlich stellen Ausbildungsdokumentationen, auch nicht kompetenzorientierte, ein Instrument zur Selbst- und Fremdeinschätzung im Zuge der Ausbildung dar. Die Voraussetzung dafür ist, dass nicht die dauerhafte Kontrolle, sondern das wechselseitige Abgleichen der erreichten und fehlenden Ausbildungsinhalte den Fokus der Dokumentation bildet. Kompetenzorientierung verringert die Gefahr, dass aus diesem Instrument Nachteile für Teilnehmende an Maßnahmen und Lehrlinge entstehen. Überdies ermöglicht dies die verbesserte Integration von informeller und nicht-formaler (Weiter-)Bildung.

9.4 Nutzung des Online-Verhaltens von Jugendlichen

Erste Schritte der Sensibilisierung in Bezug auf einen etwaigen Handlungsbedarf von Jugendlichen können über eine Online-Coaching-Plattform, integriert in eine zentrale Website mit unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten, gegangen werden. Derzeit bieten verschiedene Einrichtungen auf ihren jeweiligen Websites Online-Beratung an. Eine Verbindung mit Tools der Online-Berufsorientierung, wie sie auf der AMS-Website „Berufsinfo und Weiterbildung“ verortet ist, kann zukünftig die Zugangsmöglichkeiten erweitern.

In diesem Rahmen ist zu untersuchen, in welcher Form und Zugangsweise die Zielgruppen erweitert und beispielsweise Dropout-Jugendliche angesprochen werden können. Die Fragestellungen in diesem Zusammenhang erstrecken sich über den niederschwelligen Zugang, den Aufbau, die Sprache und das Design bis hin zur Überprüfung der Grenzen des Online- Coachings und der Weiterleitung zu Maßnahmeangeboten.

9.5 Untersuchung der Rahmenbedingungen und Arbeitsweisen von TrainerInnen

Thematisiert wird in den Evaluierungen die hohe Fluktuation von betreuenden Personen im Rahmen von Ausbildungseinrichtungen und Vorschaltmaßnahmen.[89] Der Vielfalt an Untersuchungen zu Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche unter dem Blickwinkel der Zielerreichung steht eine Lücke an Betrachtungen der Rahmenbedingungen von TrainerInnen sowie konzeptionellen und berufspädagogischen Ansätze der Maßnahmen gegenüber. Im Zuge der Meta-Analyse wird deutlich, dass diese Punkte entscheidend für den Erfolg und die Zufriedenheit der Jugendlichen sind. Gleichzeitig ist das Wissen über die konzeptionellen und berufspädagogischen Schwerpunkte für die Vermittlung in eine weiterführende Maßnahme und das Case Management ein erfolgsrelevanter Faktor. Es entsteht der Eindruck, dass die Erlangung dieses Wissens vom persönlichen Engagement der betreuenden und trainierenden Personen abhängt. Eine weitere Herausforderung ist, dass Maßnahmen vielfach als Projekte mit einer begrenzten Laufzeit organisiert sind.

Zumindest auf regionaler Ebene sollte ein detailliertes Zielgruppengerüst seitens der Auftrag- bzw. Fördergeber entwickelt werden, das in konzeptioneller und berufspädagogischer Hinsicht den Lückenschluss, die Transparenz und den möglichst reibungslosen Übergang sicherstellt.

9.6 Kontinuierliche Betreuung der Jugendlichen

In Erweiterung des unter Kapitel 9.1 beschriebenen Kooperationsansatzes ist die institutionenübergreifende Betreuung der Jugendlichen durch eine unabhängig von der Stabilisierungs- und Ausbildungsphase gleichbleibenden Person eine Möglichkeit, um die Nachhaltigkeit des Maßnahmenerfolges zu sichern. Dieser Vorschlag zielt darauf ab, ausgrenzungsgefährdete Jugendliche durchgehend, ohne Stundenkontingent, mittels losen Kontakt und Interventionsmöglichkeit im Bedarfsfall, zu begleiten.

9.7 Neue Konzepte zur Beteiligung der Eltern und Erziehungsberechtigten

Eine Problematik bei ausgrenzungsgefährdeten Jugendlichen ist die mangelnde Unterstützung durch Eltern und Erziehungsberechtigte. Die Bildungsforschung ist sich einig, dass sowohl der Bildungsstatus als auch die Ausgrenzungsgefährdung in Österreich vererbt werden. Das österreichische Bildungssystem ist nicht darauf ausgelegt, Bildungsbenachteiligungen zu kompensieren.

Gleichzeitig kann in der Frage der Elternbeteiligung eine gewisse Ratlosigkeit festgehalten werden. Verstärkt wird dieser Befund dadurch, dass sich Ausbildung von Jugendlichen in einer Lebensphase der Abgrenzung von den Eltern verortet. Die Fragestellung in diesem Zusammenhang ist die Erreichbarkeit der Eltern und Erziehungsberechtigten bei gleichzeitiger Anerkennung der Situation und Respekt. In diesem Bereich ist die Diversity-Forschung gefragt. Die Ansprache beispielsweise von Eltern, die aus Regionen kommen, in denen die Erziehung von Jugendlichen dem öffentlichen Bildungs- und Ausbildungssystem überantwortet wird, ist eine andere, als die Ansprache jener aus Regionen, in denen dies stark an die Familie gebunden ist. Auch die Tatsachen, dass Eltern selbst oft ratlos ihren Jugendlichen gegenüberstehen, durch Institutionen überfordert sind, die den Lehrstoff nicht optimal vermitteln können, müssen in diesen neuen Konzepten berücksichtigt werden.



[87] Vgl. Löffler 2012; Vogtenhuber / Lassnigg / Gottwald 2010.

[88] Vgl. Krenn / Papouschek / Gächter 2014, Seite 119.

[89] Vgl. Lenger u. a. 2010.

10 ExpertInnen-Diskussion

Die auf Basis der Meta-Analyse gewonnenen Erkenntnisse und die in der Folge entwickelten neuen Ansätze in Bezug auf die Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche mit dem Schwerpunkt Berufsausbildung wurden in zwei ExpertInnen-Gruppen mit InstitutionenvertreterInnen, SozialforscherInnen, VertreterInnen von Einrichtungen und VertreterInnen der Offenen Jugendarbeit diskutiert. In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse der Diskussion thematisch zugeordnet dargestellt.

Für die Diskussionen wurden drei thematische Blöcke (mit Hypothesen) entwickelt:

  1. Zentrale Zielgruppen der Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche

  2. Herausforderung Ausbildungspflicht

  3. Neue Ansätze in der Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche

Übereinstimmend wurde festgestellt, dass es große Herausforderungen in der Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche gibt und die Gefahr besteht, ganze Gruppen von Jugendlichen zu verlieren. Über den Fokus der Themenstellung hinausgehend wurde betont, dass eine weitere Zielgruppe, nämlich junge Menschen nach der Ausbildung mit misslungenem Einstieg in den 1. Arbeitsmarkt, nicht aus der Aufmerksamkeit der handelnden Personen und Fördergeber verschwinden darf. Gleichzeitig wurde eingeschätzt, dass diese Gruppe in naher Zukunft größer wird und ebenso die Herausforderungen für diese vielfältiger werden.

10.1 Zentrale Zielgruppen der Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche

10.1.1 Hypothese 1

Zielgruppen sind wesentlich diverser, als es die bestehenden Maßnahmen annehmen lassen.

Dieser Eindruck wird bestätigt und zu einem gewissen Grad auf Sachzwänge zurückgeführt. Die Fördergeber, insbesondere das AMS, unterscheiden in der Zielgruppenbetrachtung zwischen ÜBA und IBA. Die Grundidee war, dass die ÜBA 1 schwächere Lehrlinge auffangen kann.

In diesem Zusammenhang wurde vor allem von VertreterInnen der Träger die ÜBA 1 und 2 kontrovers diskutiert. Im Endeffekt hinge es vom Jugendlichen und seiner / ihrer individuellen Lebenssituation ab, welcher Zugang der richtige sei. Dabei sei zu bedenken, dass zumindest in Wien der Besuch der ÜBA 1 mit Stigmatisierung verbunden ist; dies würde durch eigene Maßnahmenklassen in der Berufsschule, für die mitunter längere Pausen und ein eingeschränkter Lernstoff vorgesehen sei, verstärkt. Auch in Bezug auf die Lehrabschlussprüfung wurde die Frage der Gleichwertigkeit zwischen ÜBA 1 und betrieblicher Lehre gestellt:

„(…) wenn man voraussetzt, dass die LAP für ÜBA und betriebliche Lehre die gleichen sind, dann muss man die Lehrzeit in der ÜBA 1 flexibilisieren, wenn es Teilnehmer gibt, die lange überzeugt werden müssen, was der Sinn der ÜBA 1 ist.“

Person 8 (TRÄGEREINRICHTUNG)

Des Weiteren wird angemerkt, dass die ÜBA 1 die betriebliche Situation, vor allem im Hinblick auf den bestehenden Zeitdruck, nicht simulieren könne und damit Teilnehmende zu einem späteren Zeitpunkt die zeitlichen Vorgaben in Betrieben nicht bewältigen könnten.

Gleichzeitig wird die wichtige Brückenfunktion der ÜBA 1 anerkannt. Die ÜBA 2 wird weniger kontrovers und als durchaus erfolgreich für Jugendliche mit geringen, unmittelbar ausbildungsbezogenen Problemlagen eingeschätzt.

Aus Sicht der VertreterInnen von Trägern wird der Diversität der Zielgruppe in den bestehenden Maßnahmen Rechnung getragen, wobei dies auf Projektebene verortet ist.

10.1.2 Hypothese 2

Die Zielgruppendefinition entlang von Defiziten führt zu einer unterschwelligen Bewertung einzelner Jugendlicher.

Diese Hypothese wurde bestätigt und in die Richtung verstärkt, dass die defizitorientierte Zielgruppendefinition auch Auswirkungen auf Selbstzuschreibungen der Jugendlichen hätte:

„Die Jugendlichen werden ins AusbildungsFIT geschickt. Das wird von ihnen damit verbunden, dass sie nicht ausbildungsfit sind und zu blöd für eine Lehrstelle.“

Person 10 (TRÄGEREINRICHTUNG)

Dabei würde es nicht allein von den Jugendlichen abhängen, ob sie eine Lehrstelle finden, Grund kann auch eine Lehrstellenlücke bzw. der Mangel an Lehrstellen im Wunschberuf sein.

Es besteht die Gefahr, dass die Zielgruppendefinition an den Jugendlichen hängen bleibt, obwohl das eigentliche Ziel ist, sie aus dieser Zielgruppe hinauszuführen.

10.1.3 Hypothese 3

Es werden in der Debatte Zielgruppen definiert, die keine sind, so z. B. MigrantInnen, junge Frauen .

Hier wurde der Tenor der Meta-Analyse geteilt, dass Zielgruppen und Benachteiligungsfaktoren auseinander gehalten werden müssen. Bestimmte Faktoren der Benachteiligung treffen auf fast alle MigrantInnen (und auch auf Teile von Autochthonen) zu, daraus könne jedoch keine Zielgruppe gebildet werden, da die Personen zu inhomogen sind.

10.1.4 Hypothese 4

Kompetenzorientierung und Diversity sind selbstwirksam und nachhaltig, auch in der Arbeitsmarktpolitik .

Diese Hypothese wurde speziell von InstitutionenvertreterInnen und SozialforscherInnen diskutiert. In Bezug auf die Kompetenzorientierung wird festgehalten, dass die Grundsätze in den Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik integriert sind und mehr oder weniger umgesetzt werden, wobei betont wird, dass die Entwicklung noch am Anfang stehe.

Gleichzeitig wird betont, dass das vorgelagerte Schulsystem in diesen Fragen einen Aufholbedarf hätte:

„Die komplette Bildung ist ausschließlich defizitorientiert, es ist nicht möglich, nach der Schule den Hebel komplett umzulegen, es gibt keine Lehrer und Ausbilder dafür. Ohne Veränderungen im Bildungssystem kann die Arbeitsmarktpolitik das nicht leisten.“

Person 2 (INSTITUTIONEN)

Diese in der Tendenz pessimistische Einschätzung wird nicht von allen geteilt. Die VertreterInnen von Trägereinrichtungen sehen die Kompetenzorientierung in der Form, dass individuell bei den Fähigkeiten der Jugendlichen angesetzt wird und die Frage „Was kannst Du?“ im Vordergrund steht. Dies werde vor allem von der mittleren und jüngeren Generation der Betreuungspersonen auch umgesetzt und als der richtige Weg im Umgang miteinander angesehen.

Die InstitutionenvertreterInnen sind der Ansicht, dass die Kompetenzorientierung wesentlich stärker Top-down vorgegeben werden sollte.

In der Frage der Diversity wird angemerkt, dass dieser Ansatz in der Arbeitsmarktpolitik noch zu wenig berücksichtigt wird und ein Prozess gerade erst gestartet wurde, auch wenn die AMS-Geschäftsstelle „AMS Jugendliche Wien“ bereits einiges ausprobiert und umgesetzt hätte.

Die Trägereinrichtungen betonen, dass die einzelnen Maßnahmen Diversity innerhalb ihrer Rahmenbedingungen umsetzen würden und individuell mit den Jugendlichen arbeiten; dies gehe von der Gruppenzusammensetzung bis hin zur Betreuung über die unmittelbare Ausbildung hinaus.

10.2 Herausforderung Ausbildungspflicht

10.2.1 Hypothese 5

Für die Umsetzung der Ausbildungspflicht muss ausreichend Angebot zur Verfügung gestellt werden.

Die Pflicht muss auch mit dem Recht auf Ausbildung in Verbindung gebracht werden. Mit Ausnahme der ÜBA wird die Meinung vertreten, dass eine Vielfalt von Maßnahmen durchaus gegeben ist und eine gewisse Unübersichtlichkeit besteht. Die Herausforderung sei nicht die Anzahl der Maßnahmen, sondern die Durchlässigkeit bzw. Anschlussmöglichkeit zwischen und nach den Maßnahmen. Gleichzeitig wird zum Ausdruck gebracht, dass in Bezug auf die Ausbildungspflicht noch viele Fragen offen seien.

10.2.2 Hypothese 6

Die Umsetzung der Ausbildungspflicht braucht neue Maßnahmen und Konzepte, um „Maßnahmekarrieren“ zu verhindern.

Auch hier wird betont, dass nicht die Anzahl, sondern eher die Ausgestaltung und Durchlässigkeit Fragestellungen in Bezug auf die Hypothese sein müssten. Dabei werden zwei Aspekte in den Vordergrund gestellt:

  • Bei der ÜBA und IBA fehle teilweise das Angebot für einen erfolgreichen Wechsel zwischen den beiden Maßnahmetypen.

  • Jeder Maßnahmenwechsel beginnt mit einem neuerlichen Clearing, es fehle die Information zwischen den Maßnahmen und jeder Träger fänge von Neuem an, mit den Jugendlichen zu arbeiten, ohne auf bereits erfolgte Interventionen aufbauen zu können.

Vor diesem Hintergrund wird in beiden ExpertInnen-Gruppen ausführlich über das Jugendcoaching diskutiert. Dabei fällt auf, dass einige VertreterInnen von Trägereinrichtungen unzureichende oder falsche Informationen über das Angebot haben. Die Fokussierung auf das Jugendcoaching kann dabei als stellvertretend für eine externe Maßnahme der Beratung, Begleitung und Betreuung angesehen werden. Alle Teilnehmenden beider ExpertInnen-Gruppen waren der Ansicht, dass diese Angebote maßnahmen- und fördergeberübergreifend gestaltet sein und den Zeitraum vom Ende der Pflichtschule bis zum Eintritt in den 1. Arbeitsmarkt nach Beendigung der Ausbildung umfassen sollten. Des Weiteren wurde die Begrenzung von Stundenkontingenten kritisch hinterfragt und die Notwendigkeit der Integration von aufsuchenden Elementen betont:

„(…) es ist ein Unterschied, ob ich immer wieder in eine Maßnahme zurückgehen kann oder ob ich sie erst gar nicht verlasse.“

Person 6 (TRÄGEREINRICHTUNG)

Deutlich wurde in der Diskussion, dass es unterschiedliche Ansichten in Bezug auf die Ausbildung in den Trägern von ÜBA und IBA gibt. VertreterInnen der ÜBA und Einrichtungen zur Unterstützung von Lehrlingen sehen die Ausbildung als das zu formulierende Ziel, wohingegen die VertreterInnen der IBA und der Offenen Jugendarbeit diesem Anspruch kritisch gegenüber stehen:

„Von dem Ausbildungsgedanken müssen wir uns ein Stück weit verabschieden, denn Jugendliche zwischen siebzehn und fünfundzwanzig Jahren, die aus der Schule kommen und nicht lesen und schreiben können, kann auch die Arbeitsmarktpolitik das nicht beibringen. Jemanden, der mit zweiundzwanzig zu uns kommt und seinen Namen nicht schreiben kann, den werde ich nicht dazu bringen, seinen Namen schreiben zu können, der hat schon so viele Maßnahmen durchlaufen.“

Person 9 (TRÄGEREINRICHTUNG)

Diese Aussagen sind keinesfalls resignativ zu verstehen, sondern sollen verdeutlichen, dass es eine Gruppe gibt, die mit dem Fokus auf Ausbildung, wie er in der Arbeitsmarktpolitik formuliert ist, überfordert ist. Es wird eingeschätzt, dass die durchgehende Begleitung mit einer Strukturbereinigung verbunden wäre und zur Entlastung der einzelnen Maßnahmen führen würde, da diese nicht mehr Aufgaben übernehmen müssten, die nicht unmittelbar ihrem Auftrag entsprechen. Ebenso wird eine entlastende Wirkung auf das AMS erwartet, da sowohl ein „Fahrplan“ für die Jugendlichen entwickelt als auch Schnittstellenproblematiken entschärft würden.

10.2.3 Hypothese 7

Neue Konzepte zur Einbeziehung der Eltern / Erziehungsberechtigten müssen entwickelt werden.

Dieser Ansatz wird in beiden ExpertInnen-Diskussionen eindeutig bejaht. Gleichzeitig herrscht eine gewisse Ratlosigkeit. Es sei bereits viel ausprobiert worden, die bisherigen Konzepte hätten jedoch nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Als Herausforderungen werden die Überforderung der Eltern, insbesondere in Ein-Eltern-Haushalten mit mehreren Kindern, in denen mitunter die Jugendlichen einen Teil zum Haushaltseinkommen beitragen müssen, und eine gewisse Hilflosigkeit gegenüber den Jugendlichen in der Adoleszenz genannt. Des Weiteren werden traditionelle Familien, die ihren Töchtern die Teilnahme an Maßnahmen untersagen, als problematisch angesehen.

Ein wichtiger Punkt ist die Fehleinschätzung der Fähigkeiten der Jugendlichen durch die Eltern, dies gilt für die Über- genauso wie für die Unterschätzung. Dazu kommt mangelndes Wissen über das österreichische (Aus-)Bildungssystem und die einschlägigen Angebote der aktiven Arbeitsmarktpolitik.

Einhellig wird befürwortet, neue Wege zu erforschen, die auch den Eltern gegenüber einen kompetenzorientierten Ansatz verfolgen und interkulturell und divers der inhomogenen Zielgruppe Rechnung tragen.

Sanktionsmaßnahmen im Rahmen der Ausbildungspflicht für Eltern werden abgelehnt. Zum einen haben Eltern wenig Handhabe Jugendliche zu einer Teilnahme an einer Maßnahme zu zwingen, zum anderen besteht aufgrund der sozioökonomischen Schichtung die Gefahr, jene Eltern zu treffen, die ohnehin über ein sehr niedriges Haushaltseinkommen verfügen.

10.2.4 Hypothese 8

Die Rahmenbedingungen für pädagogisches und trainierendes Personal müssen überdacht werden.

Nach Aussage der ExpertInnen scheinen die Rahmenbedingungen von den Fördergebern abzuhängen. Während Maßnahmen, die vom Sozialministeriumservice (ehemals Bundessozialamt) in Auftrag gegeben wurden, gut ausgestattet sein sollen und Angebote wie Supervision und Weiterbildung für das Personal in der Finanzierung des Projektes berücksichtigen Mittel dafür bereitstellen, verfolgt das AMS ein anderes Konzept und finanziert direkte Kurskosten bzw. Plätze für Teilnehmende.

Die Fluktuation in den AMS-Maßnahmen wird als hoch beschrieben. Wie bereits in Kapitel 3 dargestellt, entsteht der Eindruck, dass nach einer gewissen Laufzeit der Maßnahme das Personal nicht mehr der Ausgangslage entspricht.

Als problematisch wird die Laufzeit der Maßnahmen gesehen, die zu prekärer Beschäftigung führen, da nicht sichergestellt werden kann, dass ein neues Projekt im gleichen Feld einen Zuschlag bei einer Ausschreibung bekommt. Damit sei es schwer, qualifiziertes Personal in der Einrichtung zu halten. Insgesamt wird die gesamte Ausschreibungspraxis als herausfordernd angesehen, dies hätte die prekäre Situation der Einrichtungen verschärft.

Es wird die Frage der institutionellen Verankerung der durchgehenden Begleitung diskutiert, wobei Übereinstimmung herrscht, dass diese maßnahmenextern verortet sein muss, jedoch in der aktiven Arbeitsmarktpolitik angesiedelt sein sollte. Verschiedene Varianten werden angedacht, Skepsis besteht gegenüber einer Ansiedelung bei den Ländern, wie dies für das Übergangsmanagement in der Schweiz und in Deutschland gilt, da die Gefahr besteht, zu unterschiedliche Länderumsetzungen als Ergebnis zu erhalten.

Eine wichtige Frage für die teilnehmenden ExpertInnen ist die Rolle der Schule im Rahmen der Ausbildungspflicht. Dazu gibt es divergierende Meinungen, die sich nur teilweise und auf den ersten Blick widersprechen. Zum einen wird argumentiert, dass die Schule bei Nichterbringung der Leistung SchülerInnen von der Schule verweisen kann und damit ein Creaming-Effekt entsteht sowie die Verantwortung für die Ausbildung von Jugendlichen nicht übernommen wird. Zum anderen stellt sich die Frage, wie mit Schul- bzw. Lernverweigerung umgegangen werden soll. Jugendliche, die in der Schule überfordert sind, sollten nicht noch länger im System gehalten werden. Es sollte möglich bleiben, eine Schulkarriere auch ohne Abschluss zu beenden.

10.3 Neue Ansätze in der Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche

10.3.1 Hypothese 9

Die Herausforderungen und die Identitätsfindungsprozesse Jugendlicher in der Adoleszenz müssen in der konzeptionellen Arbeit stärker berücksichtigt werden .

Es wird die Auffassung geteilt, dass Jugendliche während der Adoleszenz eine sichere Umgebung brauchen, in der sie sich „ausprobieren“ können. Damit einhergehend ist auch eine hohe Toleranzschwelle in den Maßnahmen erforderlich. Dieser Befund steht einer Praxis gegenüber, in der Teilnehmende aus Maßnahmen ausgeschlossen werden, wenn sie eine gewisse Schwelle übertreten. In diesem Zusammenhang wird von einem Modell in Antwerpen berichtet: Jugendliche können dort nicht aus einer Maßnahme „herausfallen“, die Qualifizierung ist modularisiert und es ist möglich Auszeiten zu nehmen, wenn die Notwendigkeit einer Stabilisierung des Jugendlichen in den Vordergrund rückt.

Die Notwendigkeit von Stabilisierung tritt bei Jugendlichen nicht unbedingt nur zum Zeitpunkt des Besuches von Maßnahmen mit stabilisierendem Charakter auf, sondern kann auch im weiteren Ausbildungsweg hervortreten:

„Im Endeffekt geht es um eine Form von Krisenkarenzierung, das ist sicher sehr wichtig. Allerdings setzt das auch eine stärkere Steuerung durch die Institutionen voraus.“

Person 7 (OFFENE JUGENDARBEIT)

Angebote, die im Konzept solche Elemente beinhalten, müssen laut den ExpertInnen modular im Hinblick auf die Dauer und die Tagesstruktur ausgerichtet sein. In diesem Zusammenhang wird als weiterer Ansatz eine Teilzeitausbildung mit verlängerter Dauer des Lehrverhältnisses thematisiert.

10.3.2 Hypothese 10

Geschlechtersensible Zugänge (Ansätze der Monoedukation) sind in der Phase der Adoleszenz wichtig.

Diese Frage wird in beiden ExpertInnen-Gruppen kontrovers diskutiert. Deutlich wird, dass es nur um Elemente der Monoedukation gehen kann. Es stehen sich zwei pädagogische Grundsätze gegenüber. Ein Teil der ExpertInnen befürwortet die zeitweise Trennung der Geschlechter vor allem im Bereich der Berufsorientierung, wobei hier betont wird, dass das Ziel nicht allein darin liegen könne, mehr Frauen in technische Berufe zu vermitteln. Das andere Konzept geht von einer gemeinsamen Geschlechtersensibilisierung in gemischten Gruppen aus.

Die dargelegte Problematik der Identitätsstiftung in Peer Groups (vgl. Kapitel 8.1) wird geteilt. Ebenfalls Einigkeit herrscht über den Mangel an geschlechtersensiblen Zugängen und dementsprechend ausgebildetem Personal. Wobei hier wiederum kritisch angemerkt wird, dass das AMS zwar diesbezüglich Weiterbildung von TrainerInnen verlangt und diese auch im Rahmen von Ausschreibungen als Bewertungskriterium vorsieht, die Finanzierung jedoch für beauftragte Einrichtungen schwierig sei.

Die Entwicklung von Konzepten zur Geschlechtersensibilität ist nach Einschätzung der ExpertInnen im Bereich Arbeitsmarktpolitik mit einem Forschungsaufwand verbunden, denn anders als in der Offenen Jugendarbeit, in der monoedukative Konzepte bereits erfolgreich umgesetzt werden, bestehen andere Rahmenbedingungen, insbesondere in Fragen der Freiwilligkeit der Teilnahme.

10.3.3 Hypothese 11

Angebote ohne Lerneinheiten (SÖBs, GBPs) sind entscheidende Brückenangebote für Jugendliche .

In beiden ExpertInnendiskussionen wurde eine Präzisierung der Hypothese an den Anfang der Diskussion gestellt. Statt „ohne Lerneinheiten“ sollte „ohne formale Lerneinheiten“ als Grundlage der Betrachtung dienen, wobei nochmals differenziert in Angebote mit non-formalem und informellem Lernen wurde.

Die Trennlinie liegt dabei in der Unterscheidung, ob ein Lernziel definiert wird (non-formales Lernen) oder die Vermittlung des Wissens während der praktischen Tätigkeit „einfach passiert“ (informelles Lernen). Beide Angebote werden als wichtig eingestuft.

Das derzeitige Angebot an Maßnahmen mit Beschäftigungsanteil wird als eng eingestuft, da der Fokus immer auf einem Lehrberuf liegt und Kompetenzen, die z. B. in partizipativen Beschäftigungsprojekten mit hohem Anteil an informellem Lernen in der Offenen Jugendarbeit entwickelt werden, keinen Anschluss an die aktive Arbeitsmarktpolitik finden, da sie nicht mit einem Berufsbild verbunden sind. Hier könnte eine Lücke mit dem Ansatz von SÖBs und GBPs geschlossen werden:

„Es gibt einen Zielkonflikt zwischen der Offenen Jugendarbeit und der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Offene Jugendarbeit will nicht unbedingt Beschäftigungsfähigkeit herstellen. Der Partizipationsgedanke ist ein weiterer Zielkonflikt, es muss jedoch eine Zusammenarbeit geben, und es müssen weitere Systemkomponenten mitgedacht werden, also in beide Richtungen denken. Zielkonflikte gibt es, es wird nicht strukturell damit umgegangen.“

Person 4 (SOZIALFORSCHUNG)

Angebote ohne formale Lerneinheiten sind laut den befragten ExpertInnen eine sinnvolle Möglichkeit, Jugendliche mit schlechten Schulerfahrungen im System zu halten; aus der Praxis wird berichtet, dass innerhalb dieser Maßnahmen durchaus auch die Nachfrage nach Weiterbildung und Lerneinheiten bei manchen Jugendlichen steigt. In diesem Fall müsste ein flexibles und schnell verfügbares Angebot sichergestellt werden.

Aus Sicht der aktiven Arbeitsmarktpolitik sollte in der Konzeption auf eine zu entwickelnde Trennschärfe zwischen Produktionsschulen mit sehr niederschwelligem Zugang und SÖBs und GPs für Jugendliche geachtet werden.

10.3.4 Hypothese 12

„Kompetenzorientierung“ muss das Leitbild für die Stabilisierung von Jugendlichen sein.

Dem wird nicht widersprochen, jedoch wird von allen Seiten angemerkt, dass diese Ausrichtung der aktiven Arbeitsmarktpolitik noch sehr am Anfang steht. Als Herausforderungen in der Umsetzung werden die Ausbildungsordnungen und das Berufsausbildungsgesetz (BAG) gesehen, welche sehr eng an validierbare Kenntnisse in Bezug auf den Lehrberuf formuliert sind. Ein weiterer Aspekt ist, dass der Kompetenzorientierung auch die Gefahr anhaftet, sich in vorgegeben Kompetenzen zu bewegen, und damit die Bewertungsmöglichkeiten wiederum verknappt statt erweitert werden:

„(…) gleichzeitig wird die Bewertung von Jugendlichen eingeschränkt, wie zum Beispiel bei der Zentralmatura, und orientiert sich daran, was vorgegeben ist, und nicht an der individuellen Kompetenz.“

Person 9 (TRÄGEREINRICHTUNG)

11 Schlussfolgerungen

Es wurden mittels sekundärstatistischer Analysen, der Analyse rezenter Evaluierungen und Studien und ExpertInnen-Diskussionen Ansätze für eine zeitgemäße Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche mit dem Schwerpunkt Berufsausbildung entwickelt.

Sowohl die Maßnahmenevaluierung und die Analyse von Arbeitsmarktdaten zeigen, dass die aktive Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche durchaus erfolgreich ist. Die durchschnittliche Verweildauer in Arbeitslosigkeit von Jugendlichen liegt deutlich unter drei Monaten. 77 Prozent der Schulungsteilnehmenden beenden die Maßnahme unter der durchschnittlichen Verweildauer von 122 Tagen, 32 Prozent unter einer Verweildauer von 30 Tagen. Das AMS reagiert schnell und kann auf ein vielfältiges Maßnahmenangebot zur Unterstützung von Jugendlichen zurückgreifen. Es bestehen Unterstützungsangebote für Jugendliche im Bereich der Lehrausbildung, der Nachqualifizierung, der Ablegung eines Pflichtschulabschlusses, der Begleitung und Stabilisierung und des Case Management; ein Großteil der Jugendlichen mit Unterstützungsbedarf wird erreicht. Teilnehmenden-Befragungen zeigen eine hohe Zufriedenheit mit den Angeboten.

Gleichzeitig wird in den betrachteten Evaluierungen Weiterentwicklungsbedarf in Bezug auf die Maßnahmen aufgezeigt, wobei alle rezenten Studien zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Die Herausforderung besteht in der Passung der / des Jugendlichen und seiner / ihrer individuellen Lebenssituation mit dem vorgesehenen Ablauf von und dem Aufbau auf Maßnahmen. Gerade Jugendlichen fällt es schwer, ihre spezifischen Herausforderungen und Problemlagen den allgemein vorgesehenen Abläufen und (Aus-)Bildungsplanungen anzupassen. Daher wird in allen Evaluierungen eine höhere Flexibilität in Bezug auf Laufzeit und die zeitliche Verankerung von Arbeitseinheiten, insbesondere in den Vorschalt- und Vorbereitungsmaßnahmen zur (über-)betrieblichen Lehrausbildung, empfohlen. In der Konsequenz führt die Empfehlung zu einer zunehmend modular angebotenen Maßnahmenlandschaft.

Die überbetriebliche Lehrausbildung wird in beiden Formen (ÜBA 1 und ÜBA 2) als Erfolgsmodell angesehen, zu bemerken sind allerdings die unterschiedliche Ausgestaltung in den Bundesländern und die Fokussierung auf wenige Berufe in der ÜBA 1, die bei frauentypischen Berufen noch stärker ausgeprägt ist. Auch wenn die ÜBA 2 mit der starken Verbindung zur betrieblichen Ausbildung leicht höhere Erfolgsquoten aufweist als die ÜBA 1, hat auch diese ihre Berechtigung. Der ursprünglichen Zielsetzung, schwächeren Jugendlichen in der ÜBA 1 einen geschützten Ausbildungsbereich zur Verfügung zu stellen und stärkere Jugendliche mit der ÜBA 2 als Vermittlungs- und Auffangnetz im Zusammenhang mit der betrieblichen Lehrausbildung zu unterstützen, kann die überbetriebliche Ausbildung nur zum Teil nachkommen, da nicht in allen Bundesländern beide Formen angeboten werden.

Auch Produktionsschulen sind als wichtiges niederschwelliges Instrument zur Stabilisierung und Integration von Jugendlichen anzusehen. Gemessen an den Zielgruppen sind die Erfolgsquoten hoch. Die sehr unterschiedlichen Konzepte machen einen Vergleich der Maßnahmen untereinander schwierig. Kritisch anzumerken ist, dass dieses Angebot nur in fünf Bundesländern besteht (Betrachtungszeitraum 2013).

Rund 16.000 Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren waren 2013 in Schulungsmaßnahmen des AMS, die weder der ÜBA noch den Produktionsschulen zuzurechnen sind. Ein beträchtlicher Teil davon befindet sich in Schulungen zur Berufsorientierung und -vorbereitung. Evaluierungen dieser Maßnahmen zeigen, dass die Zusammensetzung der Gruppen, die miteinander lernen, sehr inhomogen ist und es sowohl zu Über- wie auch Unterforderung kommt. Die Abbruchquoten sind vor allem in den ersten vier Wochen hoch. Dieser Befund würde dafür sprechen, die Zuteilung zu konkreten Maßnahmen passgenauer vorzunehmen. In diesem Zusammenhang ist über die Etablierung eines Clearinggespräches für jene Jugendlichen, die zum ersten Mal in AMS-Betreuung kommen, innerhalb der Strukturen des AMS nachzudenken.

Eine große Herausforderung, bei der aufgrund der Meta-Analyse Handlungsbedarf gesehen wird, ist die Durchlässigkeit der bestehenden Maßnahmen. Gerade Jugendliche in Orientierungsphasen treffen mitunter Fehlentscheidungen, die sich im Rahmen der Umsetzung und Ausbildung zeigen. Oder es tauchen Episoden auf, in denen der / die Jugendliche einen größeren Bedarf an Unterstützung benötigt. Teilweise scheitert die Durchlässigkeit am Angebot, dies trifft vor allem bei einem Wechsel von der ÜBA 2 in die ÜBA 1 zu, da die Auswahl der Lehrberufe in der ÜBA 1 naturgemäß eingeschränkt ist. Problematisch erscheint, dass die IBA 1 im Rahmen der ÜBA in drei Bundesländern nicht angeboten wird und die IBA 2 in sechs Bundesländern nicht zur Verfügung steht. Ein Ansatz zur Entschärfung des Problemes liegt in einer Ausweitung der Modularisierung der überbetrieblichen Lehrausbildung, deren Möglichkeiten und Grenzen jedoch noch ausgelotet werden müssen. Ein weiterer Ansatz, den es auf Machbarkeit zu überprüfen gilt, ist die Einführung von Gruppenlehrberufen in der ÜBA 1.

Teilweise fehlen Anschlussangebote; so ist es beispielsweise nicht immer sichergestellt, dass nach Beendigung einer Vorschaltmaßnahme im Rahmen der ÜBA der Übertritt in das konkrete Ausbildungsverhältnis gelingt. Dieser Umstand führt zu einem Creaming und erschwert gewissen Jugendlichen den Weg zu einer Ausbildung.

Auffällig ist, dass die Untersuchungen von Maßnahmen und die Betrachtung von Zielgruppen sehr defizitorientiert sind. Zu einem gewissen Grad liegt das in der Natur der Sache, problematisch wird es ab dem Moment, in dem die defizitorientierte Zielgruppenbeschreibung Auswirkungen auf die Selbstdefinition der Jugendlichen hat. Aber nicht nur die Bezeichnung, auch die konzeptionelle Umsetzung bietet noch viel Spielraum für kompetenzorientierte Leitbilder und Ansätze. Auf Ebene der konkreten Maßnahme wird Kompetenzorientierung abhängig vom individuellen Engagement des betreuenden und trainierenden Personals mehr oder weniger umgesetzt. Ein auf Ausschreibungs- und Projektebene verankerter Schwerpunkt der Kompetenzorientierung kann diese individuellen Ansätze unterstützen und zielführend etablieren.

Die Einführung von kompetenzorientierten Ausbildungsdokumentationen in den jeweiligen Maßnahmen ist ein erster Schritt zur Etablierung kompetenzorientierter Umsetzung von Qualifizierung. Ein weiterer Effekt ist, dass Jugendliche etwas Wertschätzendes in der Hand haben und ihre Stärken kennen. Längerfristig könnte ein neuer Anlauf zur Ausbildungsdokumentation in der betrieblichen Lehrausbildung unternommen werden.

Wenig untersucht sind die Rahmenbedingungen des betreuenden und trainierenden Personals. Im Zuge von Trägerbefragungen wird das Thema der hohen Personalfluktuation und der prekären Beschäftigungsverhältnisse in allen Studien als problematisch hervorgehoben. Um Alternativen entwickeln zu können, ist ein Mehr an Information und eine strukturierte Bestandsaufnahme notwendig. Ein weiteres, wenig untersuchtes Feld ist die Lebensphase der Adoleszenz, in der sich zumindest die 15- bis 19-Jährigen der Zielgruppe befinden, im konkreten Zusammenhang mit den Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik.

Zwar wird die Zielgruppe beschrieben, aber beispielsweise Bildungsverweigerung, die vor allem bei Burschen in der Adoleszenz in allen Bildungsschichten häufig auftritt und in der Gehirnforschung inzwischen auf die Neubildung von Synapsen im Gehirn zurückgeführt wird, nicht unter diesem Blickwinkel betrachtet. In den ExpertInnen-Diskussionen wurde die Meinung geteilt, dass Jugendliche in dieser Lebensphase besonders viel Sicherheit und Toleranz benötigen. Ihrer Meinung nach, wird diesem Umstand in der Schule und auch in den Maßnahmen teilweise nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt; die Tatsache, dass Jugendliche aus der Schule und aus Maßnahmen ausgeschlossen werden können, ist in diesem Zusammenhang problematisch.

Wie ein roter Faden zieht sich der Befund durch die rezenten Studien und weiterführenden Betrachtungen sowie die ExpertInnen-Diskussionen, dass Jugendliche eine durchgehende Begleitperson vom Ende der Schulzeit bis zur Integration in den Arbeitsmarkt nach absolvierter Ausbildung benötigen. Derzeit führt jede Maßnahme ihr eigenes Clearing durch und Jugendliche müssen sich immer neue Vertrauenspersonen suchen. Das Jugendcoaching wird grundsätzlich als eine sehr positive Maßnahme angesehen, doch sollte die Laufzeit ausgeweitet werden und eine Begleitung bis zum Ende der Ausbildung fördergeberübergreifend ermöglicht werden. Es wird als erfolgskritischer Unterschied eingeschätzt, ob Jugendliche in eine Maßnahme zurückkommen können oder diese nicht endet und der Coach immer wieder Kontakt aufnimmt und nachfragt.

In diesem Zusammenhang wurde während der Untersuchung deutlich, dass nur sehr allgemeine Definitionen zu Case Management festgeschrieben sind. Viele Maßnahmen haben eigene Case-Management-Ansätze, daher können Fragen in Bezug auf Zuständigkeiten, pädagogische Ausrichtungen und Leitlinien und vieles mehr entstehen. Für die betroffenen Jugendlichen ist dies verwirrend. Eine tiefergehende konzeptionelle Untersuchung des Case Management mit den notwendigen Abgrenzungen und übergreifenden Betreuungsschwerpunkten kann eine Weiterentwicklung befördern.

Trotz der Vielzahl der erfolgreichen Maßnahmen wird ein Teil der Jugendlichen nicht erreicht oder wird zum Dropout. Für diesen Teil sind alle bestehenden Maßnahmen zu hochschwellig. Die Gründe dafür sind vielfältig und durch die Betroffenen nicht allein lösbar. Hier fehlt es noch an Angeboten und Unterstützungen, die zielgerichtet und sehr individuell sein müssen. Im Hinblick auf die Integration dieser sehr inhomogenen Gruppe in das duale Ausbildungssystem sind Entwicklungsarbeiten zu Konzepten und Umsetzungen von sehr niederschwelligen Angeboten, die auch für funktionale AnalphabetInnen, psychisch stark belastete Personen sowie Jugendliche mit (vorübergehender) Bildungsverweigerung kompetenzorientiert die Möglichkeit der individuellen Qualifizierung sicherstellen, notwendig. Dabei kann auch eine Integration in Hilfsarbeit im 1. Arbeitsmarkt als Brückenfunktion einen Zugang darstellen. Mit der stärkeren Inanspruchnahme der außerordentlichen LAP wird damit das Ziel des Lehrabschlusses über Umwege erreicht.

Bildungsferne Jugendliche, Stigmatisierte und Dropouts zu erreichen, ist eine Herausforderung, weil sie sich nicht an zentralen Orten aufhalten, an denen sie ansprechbar sind. In der aufsuchenden Jugendsozialarbeit wurden bereits Konzepte für diese Zielgruppen entwickelt; ein bisher wenig genutztes Instrument ist das Internet. Die Nutzung des Online-Verhaltens von Jugendlichen, die teilweise den ganzen Tag in sozialen Netzwerken und im Internet „unterwegs „ sind, kann den Erfolg in Bezug auf die Erreichung von Jugendlichen erhöhen, nicht nur in den genannten Gruppen. Im Vorfeld der konzeptionellen Entwicklung, z. B. einer Online- Coaching-Plattform, müssen die Möglichkeiten und Grenzen des Zuganges zu Jugendlichen über das Internet ausgelotet werden. Aktuell besteht wenig Wissen über und Erfahrung mit derartigen Angeboten. Online-Beratungsangebote aus der Bildungs- und Berufsberatung können aber erste Einblicke geben. Des Weiteren sollten der Aufbau und die Ausgestaltung partizipativ umgesetzt werden.

Großer Entwicklungsbedarf wird im Bereich der Elternarbeit geortet. Das Einbeziehen von Eltern und Erziehungsberechtigten ist aus sehr unterschiedlichen Gründen schwierig. Im Rahmen der Meta-Analyse konnte festgestellt werden, dass auf allen Ebenen der aktiven Arbeitsmarktpolitik und in allen Anspruchsgruppen eine gewisse Ratlosigkeit in dieser Frage vorherrscht. Einigkeit besteht in dem Befund, dass die bisherigen Konzepte nicht gefruchtet haben. Das Themenfeld ist mit einer großen Komplexität behaftet, die Beteiligung der Eltern an der Ausbildung der Jugendlichen gilt jedoch allgemein als starker Erfolgsindikator. Hier besteht Forschungsbedarf.

Als Fazit kann festgehalten werden, dass bestehende Maßnahmen einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung der Ausbildungsgarantie und gegen die Jugendarbeitslosigkeit leisten. Im Rahmen der Meta-Analyse konnten in Bezug auf die bestehenden Maßnahmen Verbesserungspotenzial dargestellt und neue Ansätze für bisher wenig erreichte Zielgruppen entwickelt werden. In einigen Bereichen, die sich hauptsächlich mit Zugängen zu bestimmten Anspruchsgruppen und Herausforderungen in Lebensphasen beziehen, wurde ein Forschungsbedarf, der der Entwicklung neuer Konzepte vorgeschaltet sein sollte, geortet.

12 Empfehlungen

Folgende Empfehlungen für die Weiterentwicklung der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche mit Schwerpunkt Berufsausbildung können aus den Ergebnissen der Meta-Analyse abgeleitet werden:

  • Ausbau der überbetrieblichen Lehrausbildung in allen Bundesländern: Das Auffangnetz für Jugendliche, die keine Lehrstelle finden und nur wenige Hürden aufweisen, sollte in der ÜBA 2 verankert werden. Dies würde gleichzeitig einen Ausbau der ÜBA 2 bedeuten.

  • Ausbau der Produktionsschulen: Neben einer Erhöhung der Plätze in den Produktionsschulen sollte das Angebot um noch niederschwelligere Zugänge in Beschäftigung ausgeweitet werden.

  • Erhöhung der Durchlässigkeit in den bestehenden Maßnahmen: Der Wechsel zwischen Maßnahmetypen sollte erleichtert werden.

  • Kompetenzorientierung stärken: Strukturelle Ansätze in der gesamten Ausrichtung der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche müssen entwickelt werden, da Kompetenzorientierung starke Auswirkungen auf Lernmotivation und Selbstwertgefühl hat.

  • Durchgängige Begleitung bis zum Ausbildungsende: Überprüfung der Möglichkeiten von fördergeberübergreifenden Unterstützungsangeboten zur Begleitung von Jugendlichen vom letzten Jahr in der Schule bis zum Ende der Ausbildung und der Integration in den Arbeitsmarkt.

  • Jugendliche halten: Überprüfung der Möglichkeiten zur Umsetzung von Angeboten, aus denen Jugendliche weder aus disziplinären noch aus leistungsbezogenen Gründen ausgeschlossen werden dürfen, insbesondere für 15- bis 19-Jährige in der Adoleszenz.

  • Erhöhung der Flexibilität in den Vorbereitungsmaßnahmen: Der modulare Aufbau der Nachqualifizierung und Stabilisierung von Jugendlichen sollte verstärkt werden, um individuelle Entwicklungsschritte berücksichtigen zu können.

  • Kooperation: Um Anschlusslücken zu vermeiden, sollte an der strukturellen Kooperation zwischen der Offenen Jugendarbeit und der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche angesetzt werden. Auch wenn Zielkonflikte zwischen den beiden bestehen, muss dies eine Kooperation nicht verhindern.

Forschungs- und Entwicklungsbedarf

Neben den auf Maßnahmen bezogenen Empfehlungen wurden in der vorliegenden Studie Wissenslücken identifiziert. In folgenden Bereichen wird ein Forschungsbedarf gesehen, der einer konzeptionellen Entwicklung neuer Maßnahmen und Angebote vorgeschaltet werden sollte:

  • Elternarbeit: In dieser Frage ist Grundlagenforschung im Bereich des Umfeldes von Eltern, aber auch z. B. von Bildungssystemen in Herkunftsländern, im Bereich Diversity und wertschätzende Grundhaltungen und Trainings für sozialpädagogisches Personal und vieles mehr notwendig. Es wird eingeschätzt, dass neue Konzepte diese Grundlagenerkenntnisse voraussetzen, um erfolgreich und zielorientiert im Feld der Elternarbeit agieren zu können.

  • Adoleszenz in Verbindung mit Geschlechtersensibilität: Ziel dieses Forschungsvorhabens sollte die Erweiterung von Kenntnissen über Jugendliche in Adoleszenz verbunden mit der Entwicklung von Konzepten, die sowohl mono- als auch koedukative Elemente beinhalten, sein.

  • Entwicklung eines Rahmens für Case Management: In dieser Forschungsfrage ist vor allem dem Zusammenspiel, der Abgrenzung und der Verortung nachzugehen, um eine gemeinsame Definition von Case Management, die auch im Zuge von Ausschreibungen und Beauftragungen das Angebot handlungsanweisend umschreibt, zu entwickeln und zu etablieren.

  • Evaluierung der Rahmenbedingungen des pädagogischen und trainierenden Personals in Trägereinrichtungen: In Maßnahmeevaluierungen wird diese Frage am Rand gestreift, eine systematische Aufarbeitung der Rahmenbedingungen liegt aktuell nicht vor. Der Eindruck, der aus Studien und Interviews gewonnen wurde, ist, dass dem individuellen Engagement, welches über die konkrete Aufgabenbeschreibung hinausgeht, ein hoher Stellenwert in der Bewertung des Erfolges einer Maßnahme eingeräumt werden muss. Diese Hypothese gilt es zu überprüfen.

  • Erneute Evaluierungen der Produktionsschulen: Auffällig ist, dass sich seit dem Jahr 2012 die Zusammensetzung der Teilnehmenden an dieser Maßnahme verschoben hat. Der Anteil der Frauen geht zurück, der Anteil der Teilnehmenden mit Migrationshintergrund steigt erheblich. Diese Entwicklung zu hinterfragen und der Zielsetzung gegenüberzustellen, gegebenenfalls Instrumente der Steuerung für Auftrag- und Fördergeber zu entwickeln, könnte der Fokus einer solchen Untersuchung sein.

  • Modularisierung der Ausbildung: Chancen und Grenzen der Ausweitung von Modularisierung im gesamten Verlauf der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Jugendliche mit Schwerpunkt auf der dualen Ausbildung sind noch nicht untersucht. Die Forderung nach zunehmender Flexibilisierung und modularem Aufbau sowie der Berücksichtigung individueller Herausforderungen und Qualifizierungszugänge wird jedoch von SozialforscherInnen und VertreterInnen der Trägereinrichtungen erhoben.

13 Verwendete Literatur

Hinweis: Die meisten der nachstehend angeführten Studien können unter www.ams-forschungsnetzwerk.at im Menüpunkt „E-Libray“ im Volltext downgeloadet werden.

Bacher, Johann / Tamesberger, Dennis / Leitgöb, Heinz (2013): Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe „NEET“ – Teilbericht 1: Quantitative Analyse. Linz. Seite 46–165.

Bacher, Johann / Tamesberger, Dennis / Leitgöb, Heinz / Lankmayr, Thomas (2013): NEET-Jugendliche: eine neue arbeitsmarktpolitische Zielgruppe in Österreich. WISO – Wirtschafts- und sozialpolitische Zeitschrift des Instituts für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Ausgabe 4/2013. Seite 103–131.

Bergmann, Nadja / Lechner, Ferdinand / Matt, Ina / Riesenfelder, Andreas / Schelepa, Susanne / Willsberger, Barbara (2011): Evaluierung der überbetrieblichen Lehrausbildung (ÜBA) in Österreich. Wien.

Bergmann, Nadja / Schelepa, Susanne (2011): Bestandsaufnahme der österreichischen Produktionsschulen. L&R Social Research. Wien.

Bissuti, Romeo / Scambor, Elli / Scambor, Christian / Siegel, Eberhard / Pljevaljcic, Predrag / Zingerle, Markus (2013): Bedarfsanalyse unterstützender Maßnahmen von sozial benachteiligten männlichen Jugendlichen an der Schnittstelle Ausbildung und Erwerbsarbeit. Wien.

Blum, Johanna / Kien, Christina / Paul, Verena / Wittinger, Daniela (2010): Bedarfsorientiertes Maßnahmenangebot zur Förderung der beruflichen Integration von ausgrenzungsgefährdeten und erwebsfernen Jugendlichen in Österreich.

Bundessozialamt (2013): Jugendcoaching: Konzept inklusive Umsetzungsregelungen.

Dornmayr, Helmut / Löffler, Roland (2014): Bericht zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2012–2013. Wien.

Dornmayr, Helmut / Nowak, Sabine (2013): Lehrlingsausbildung im Überblick 2013. Strukturdaten, Trends und Perspektiven. Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw). Wien.

Enggruber, Ruth (2003): Zur Heterogenität Jugendlicher mit Berufsstartschwierigkeiten – ein Systematisierungsversuch. In: A. Busian / B. Klein / W. Kruse / G. Kühnlein / M. Lang / G. Pätzold / J. Wingels (Hg.): Dortmunder Forschertag Berufliche Bildung NRW: Jugendliche mit Berufsstartschwierigkeiten – Wirksame Unterstützung vor Ort? Beiträge aus der Forschung, Band 139. Sozialforschungsstelle Dortmund. Dortmund. Seite 9–27.

Friedl-Schafferhans, Michaela / Hausegger, Trude (2013): Begleitende Evaluation der überbetrieblichen Berufsausbildung in Wien. Vergleichende Analyse der ÜBA-Februarlehrgänge 2011 differenziert nach ÜBA-Modell (ÜBA 2, ÜBA 1, ÜBA 1 mit c’monAPP Begleitung). Wien.

Helffrich, Cornelia / Burda, Silke / Baßler, Bianca, Pfeiffer, Petra / Rißler, Georg / Wagner, Rainer (2009): „Das ist stark – was kann ich, was will ich, was werde ich“ – Bildungschancen und Geschlechterverständnis von Mädchen und Jungen mit eingeschränktem Bildungshintergrund (Forschungsbericht). Sozialwissenschaftliches FrauenForschungsinstitut im Forschungs- und Innovationsverbund an der Evangelischen Hochschule Freiburg e.V. (FIVE). Freiburg.

Hofbauer, Silvia / Kugi-Mazza, Edith / Sinowatz, Lisa (2014): Erfolgsmodell überbetriebliche Ausbildung: Eine Analyse der Auswirkung auf betroffene Jugendliche und öffentliche Haushalte in Österreich (No. Band 16). Wien.

Krenn, Manfred / Papouschek, Ulrike / Gächter, August (2014): Die Verbesserung der Erwerbschancen gering Qualifizierter durch lernförderliche Gestaltung einfacher Arbeit. Wien.

Lenger, Birgit / Löffler, Roland / Dornmayr, Helmut (2010): Jugendliche in der überbetrieblichen Lehrausbildung. Wien.

Löffler, Roland (2012): Evaluierung der Maßnahmen des Auffangnetzes / der Ausbildungsgarantie für Jugendliche (JASG / BAG) im Burgenland 2004–2010. Wien.

Löffler, Roland / Helling, Kathrin (2011): Überbetriebliche Lehrausbildung in Tirol. Wien.

Regierungsprogramm für die XXV. Gesetzgebungsperiode 2013–2018 (2013).

Reidl, Christine / Hausegger, Trude / Hager, Isabella / Friedl-Schafferhans, Michaela / Maierhofer, Katrin / Saurug, Max / Stoppacher, Peter (2012): Evaluation arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen für Jugendliche in Wien. Unveröffentlichte Studie im Auftrag des AMS Wien. Wien.

Reutter, Gerhard (2003): „Wer lange mit Verlierern arbeitet …“ Zum Selbstverständnis des pädadogischen Personals in berufsvorbereitenden Maßnahmen. In: A. Busian / B. Klein / W. Kruse / G. Kühnlein / M. Lang / G. Pätzold / J. Wingels (Hg.): Dortmunder Forschertag Berufliche Bildung NRW: Jugendliche mit Berufsstartschwierigkeiten – Wirksame Unterstützung vor Ort? Beiträge aus der Forschung, Band 139. Sozialforschungsstelle Dortmund. Dortmund. Seite 88–97.

Stadlmayr, Martina / Lankmayr, Thomas / Dlabaja, Cornelia / Burtscher-Mathis, Simon (2013): Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe „NEET“ – Teilbericht 2: Qualitative Analyse. Linz. Seite 169–437.

Statistik Austria (Hg.) (2014): Bildung in Zahlen. Tabellenband 2012/2013. Wien.

Steiner, Mario (2013): AMS info 250/251: „… und raus bist Du!“ Ausbildungsarmut Jugendlicher und ihre soziale Ungleichverteilung im österreichischen Bildungssystem. Wien.

Steiner, Mario / Pessl, Gabriele / Wagner, Elfriede / Karaszek, Johannes (2013): Evaluierung Jugendcoaching. Endbericht. Wien.

Terkessidis, Mark (2012): Mit Interkultur gegen Rassismuss (2/2012). Seite 63–71.

Vogtenhuber, Stefan / Lassnigg, Lorenz / Gottwald, Regina (2010): Evaluierung von Beschäftigungsmaßnahmen für Jugendliche in Oberösterreich. Wien.

Wieser, Regine / Litschel, Veronika / Löffler, Roland (2014): Begleitende Evaluierung des Pilotprojektes „Coaching und Beratung für Lehrlinge und Lehrbetriebe“. öibf. Wien.

15 Anhang

15.1 Überblick der näher analysierten und dargestellten Studien

AutorInnen

Studientitel und Download-Information

Betrachtungszeitraum

Nadja Bergmann, Ferdinand Lechner, Ina Matt, Andreas Riesenfelder, Susanne Schelepa, Barbara Willsberger

„Evaluierung der überbetrieblichen Lehrausbildung (ÜBA) in Österreich“Download unter www.ams-forschungsnetzwerk.at im Menüpunkt „E-Library

2008–2011

Roland Löffler, Kathrin Helling

„Überbetriebliche Lehrausbildung in Tirol. Evaluierung des Maßnahmenzeitraums 2009/2010“Download unter www.ams-forschungsnetzwerk.at im Menüpunkt „E-Library

2009/2010

Birgit Lenger, Roland Löffler, Helmut Dornmayr

„Jugendliche in der überbetrieblichen Lehrausbildung in Wien“Download unter www.ams-forschungsnetzwerk.at im Menüpunkt „E-Library

2009/2010

Michaela Friedl-Schafferhans, Trude Hausegger

„Begleitende Evaluation der überbetrieblichen Lehrausbildung in Wien. Vergleichende Analyse der ÜBA-Februarlehrgänge 2011 differenziert nach ÜBA-Modell (ÜBA 2, ÜBA 1, ÜBA 1 mit c’monAPP-Begleitung)“Download unter www.ams-forschungsnetzwerk.at im Menüpunkt „E-Library

2011

Nadja Bergmann, Susanne Schelepa

„Bestandsaufnahme der österreichischen Produktionsschulen“Download unter www.ams-forschungsnetzwerk.at im Menüpunkt „E-Library

2006–2010

Christine Reidl, Trude Hausegger, Isabella Hager, Michaela Friedl-Schafferhans, Katrin Maierhofer, Max Saurug, Peter Stoppacher

„Evaluation arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen für Jugendliche in Wien“ (unveröffentlicht)

2012

Mario Steiner, Gabriele Pessl, Elfriede Wagner, Johannes Karaszek

„Evaluierung des Jugendcoachings“Download unter www.ams-forschungsnetzwerk.at im Menüpunkt „E-Library

2012

Regine Wieser, Veronika Litschel, Roland Löffler

„Begleitende Evaluierung des Pilotprojektes "Coaching für Lehrlinge und Lehrbetriebe" – Kurzbericht“ Download unter www.ams-forschungsnetzwerk.at im Menüpunkt „E-Library

2012/2013

15.2 Überblick über weitere Studien zum Thema

Hinweis: Die meisten der nachstehend angeführten Studien können unter www.ams-forschungsnetzwerk.at im Menüpunkt „E-Libray“ im Volltext downgeloadet werden.

Bacher, Johann / Tamesberger, Dennis / Leitgöb, Heinz (2013): Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe „NEET“ – Teilbericht 1: Quantitative Analyse. Linz. Seite 46–165.

Bacher, Johann / Tamesberger, Dennis / Leitgöb, Heinz / Lankmayr, Thomas (2013): NEET- Jugendliche: eine neue arbeitsmarktpolitische Zielgruppe in Österreich. WISO – Wirtschafts- und sozialpolitische Zeitschrift des Instituts für Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Ausgabe 4/2013. Seite 103–131.

Bergmann, Nadja / Schelepa, Susanne (2011): Bestandsaufnahme der österreichischen Produktionsschulen. L&R Sozialforschung. Wien.

Biffl, Gudrun / Steinmayr, Andreas / Wächter, Natalia (2009): Lebens- und Erwerbssituation arbeitsmarktferner Jugendlicher mit Migrationshintergrund in Tirol. Im Auftrag des Beschäftigungspaktes Tirol. Krems.

Bissuti, Romeo / Scambor, Elli / Scambor, Christian / Siegel, Eberhard / Pljevaljcic, Predrag / Zingerle, Markus (2013): Bedarfsanalyse unterstützender Maßnahmen von sozial benachteiligten männlichen Jugendlichen an der Schnittstelle Ausbildung und Erwerbsarbeit. Wien.

Blum, Johanna / Kien, Christina / Paul, Verena / Wittinger, Daniela (2010): Bedarfsorientiertes Maßnahmenangebot zur Förderung der beruflichen Integration von ausgrenzungsgefährdeten und erwerbsfernen Jugendlichen in Österreich. Wien.

Brandenburg, Georg / Matt, Ina / Schelepa, Susanne / Wetzel, Petra (2012): Evaluierung von c’mon 14 Steiermark. Übergangsmanagement für 14- bis 17-jährige Jugendliche. Wien.

Dornmayr, Helmut / Löffler, Roland (2014): Bericht zur Situation der Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung in Österreich 2012–2013. Wien.

Dornmayr, Helmut / Nowak, Sabine (2013): Lehrlingsausbildung im Überblick 2013. Strukturdaten, Trends und Perspektiven. Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw). Wien.

Dornmayr, Helmut (2012): Berufseinmündungen von AbsolventInnen der Integrativen Berufsausbildung. Wien.

Gregoritsch, Petra / Gude, Stefanie / Timar, Paul / Wagner-Pinter, Michael (2011): Nach der Pflichtschule: Die Bildungs-/Ausbildungswege von Jugendlichen einzelner Geburtsjahrgänge. Wien.

Gregoritsch, Petra / Kamleitner, Daniel / Kernbeiß, Günter / Lammy, Renate / Timar, Paul / Wagner-Pinter, Michael (2009): Jugendliche mit akutem Qualifikationsbedarf 2008–2018. Wien

Gude, Stefanie / Kernbeiß, Günter / Timar, Paul / Wagner-Pinter, Michael (2012): Unzureichend am Arbeitsmarktgeschehen beteiligt: Arbeitsmarktferne Erwerbspersonen in Tirol 2001–2010. Wien.

Heckl, Eva / Dorr, Andrea / Dörflinger, Céline / Enichlmair, Christina (2012): AMS report 79: Arbeitsmarktintegration jugendlicher Problemgruppen – Internationale Good-Practice- Beispiele. Wien.

Helffrich, Cornelia / Burda, Silke / Baßler, Bianca / Pfeiffer, Petra / Rißler, Georg / Wagner, Rainer (2009): „Das ist stark – was kann ich, was will ich, was werd“ ich – Bildungschancen und Geschlechterverständnis von Mädchen und Jungen mit eingeschränktem Bildungshintergrund (Forschungsbericht). Sozialwissenschaftliches FrauenForschungsinstitut Freiburg.

Hofbauer, Silvia / Kugi-Mazza, Edith / Sinowatz, Lisa (2014): Erfolgsmodell überbetriebliche Ausbildung: Eine Analyse der Auswirkung auf betroffene Jugendliche und öffentliche Haushalte in Österreich (No. Band 16). Wien.

Kerler, Monira (2014): AMS info 274: Jugendliche und junge Erwachsene am Übergang von der Ausbildung zum Beruf. Ausgangslage und Rahmenbedingungen in Österreich. Wien.

Krenn, Manfred / Papouschek, Ulrike / Gächter, August (2014): Die Verbesserung der Erwerbschancen gering Qualifizierter durch lernförderliche Gestaltung einfacher Arbeit. Wien.

Lachmayr, Norbert / Löffler, Roland (2012): Arbeitsmarktintegration von AbsolventInnen der integrativen Berufsausbildung in Tirol. Im Auftrag der AK Tirol. Unter Mitarbeit von Marcel Bilgili und Maria Goldberger.

Landauer, Doris (2012): AMS info 214: Frühe SchulabbrecherInnen. Struktur, Analyse, Handlungsbedarf. Wien

Lechner, Ferdinand / Riesenfelder, Andreas / Wetzel, Gottfried / Wetzel, Petra / Willsberger, Barbara (2006): Evaluierung CLEARING. Wien.

Lechner, Ferdinand / Nemecek, Nicole / Riesenfelder, Andreas / Willsberger, Barbara / Michenthaler, Georg / Brandenburg, Gina (2004): Begleitende Bewertung der NAP-Maßnahmen für Jugendliche. Wien.

Leitner, Andrea / Pessl, Gabriele (2011): Evaluierung „Tiroler Produktionsschulen VIA und LEA“. Im Auftrag des Beschäftigungspaktes Tirol. Wien.

Lentner, Marlene (2011): Berufsorientierung und Berufsberatung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Am Beispiel Oberösterreich. Linz.

Löffler, Roland / Dornmayer, Helmut (2014): AMS report 101: Die Rolle von Betriebspraktika im Rahmen von Qualifizierungsmaßnahmen. Wien.

Löffler, Roland (2012): Evaluierung der Maßnahmen des Auffangnetzes / der Ausbildungsgarantie für Jugendliche (JASG / BAG) im Burgenland 2004–2010. Wien.

Löffler, Roland / Wieser, Regine (2012): Entwicklung eines Prozesshandbuches für ein optimales Beratungs- und Betreuungssystem im Burgenland. Wien.

Nehfort, Robert / Zeiler, Christiane (2009): Projekt: Jugendliche mit Vermittlungshemmnissen im Bezirk Oberpullendorf. Bedürfnisse, Hindernisse, notwendige Hilfen. Abschlussbericht im Auftrag des Burgenländischen Beschäftigungspaktes. Eisenstadt.

Platzer, Anita (2014): AMS info 275: Die bfi-Produktionsschule Steyr. Wien.

Putz, Sabine / Sturm, René (Hg.) (2014): AMS report 107/108: Jugendliche und junge Erwachsene im Fokus von aktiver Arbeitsmarktpolitik und Berufsorientierung. Eine Projektschau der Abt. Arbeitsmarktforschung und Berufsinformation des AMS Österreich anlässlich des 20-jährigen AMS-Bestandsjubiläums 2014. Wien.

Schmid, Kurt / Dornmayr, Helmut / Gruber, Benjamin (2014): Schul- und Ausbildungsabbrüche in der Sekundarstufe II in Oberösterreich. Wien.

SOFFI Innsbruck (2006): Evaluierung „Lehrlingscoaching“. Innsbruck.

Stadlmayr, Martina / Lankmayr, Thomas / Dlabaja, Cornelia / Burtscher-Mathis, Simon (2013): Unterstützung der arbeitsmarktpolitischen Zielgruppe „NEET“ – Teilbericht 2: Qualitative Analyse. Linz. Seite 169–437.

Stadlmayr, Martina / Sepp, Renate / Osterkorn, Maria u. a. (2011): Beruflicher Werdegang von jungen MigrantInnen. Wien.

Steiner, Karin / Poschalko, Andrea (2013): Begleitende Evaluierung der Maßnahme „beat&win“ für Jugendliche. Wien.

Steiner, Karin / Kerler, Monira / Schneeweiß, Sandra (2013): AMS report 88: Berufs- und Arbeitsmarktorientierung für Jugendliche. Wien.

Steiner, Mario / Pessl, Gabriele / Wagner, Elfriede / Karaszek, Johannes (2013): Evaluierung Jugendcoaching Endbericht. Wien.

Steiner, Mario / Kuschej, Hermann / Vogtenhuber, Stefan (2013): Bildungs- und arbeitsmarktferne Jugendliche in Tirol. Studie im Auftrag des Beschäftigungspaktes Tirol. Wien.

Steiner, Mario (2005): Disadvantaged Youth: Austria. Nationaler Bericht über benachteiligte Jugendliche und politische Strategien im europäischen Vergleich. Wien.

Sting, Stephan / Leitner, Sylvia (2013): AMS info 239: Innovative Schulungen mit Jugendlichen in schwierigen Lebenssituationen. Zentrale Ergebnisse einer Evaluationsstudie des AMS Kärnten. Wien.

Vogtenhuber, Stefan / Lassnigg, Lorenz / Gottwald, Regina (2010): Evaluierung von Beschäftigungsmaßnahmen für Jugendliche in Oberösterreich. Wien.

Vogtenhuber, Stefan / Gottwald, Regina / Leitner, Andrea / Pessl, Gabriele (2010): Evaluierung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen und Förderungen für Jugendliche in Tirol. Im Auftrag des Beschäftigungspaktes Tirol. Wien.

Wächter, Natalia (2009): Erwartungen und Erfahrungen von Jugendlichen zur beruflichen Ausbildung. Endbericht der Lehrlingsbefragung im Auftrag der Österreichischen Gewerkschaftsjugend. Wien.

Wieser, Regine / Löffler, Roland (2011): Ergänzende Maßnahmen im Bereich Bildungs- und Berufsorientierung (BBO) in der Steiermark. Im Auftrag des Landes Steiermark. Wien.

15.3 NEET-Typologie nach soziokulturellen Variablen

Typ Eingangsfaktoren Soziale Einbettung Chance / Motivation
Typ 1 Aktive Arbeitsuchende mit variierenden Chancenstrukturen Typ 1a Jugendliche mit diversen Stigmata

Fehlgeschlagener Übergang von Schule zu Beruf

Beendigung oder Verlust-Beschäftigung

Dequalifizierung

Migrationshintergrund, 1. Generation

Bindung ans Elternhaus eher gering

Tendenziell kleiner Freundeskreis aufgrund des NEET-Status

Problembewusstsein

Entmutigung

Bildungsfern

Arbeitsmarktfern

Eingeschränkte

Arbeitsmarktchancen

Typ 1b „Klassische“ Jugendarbeitslosigkeit

Beschäftigungsverlust konjunkturell bedingt

Beendigung – falsche Berufswahl, Arbeitsklima, Diskriminierung

Fehlgeschlagener Übergang von Schule zu Beruf

Migrationshintergrund, 2. Generation

Bindung ans Elternhaus eher eng

Freundeskreis kaum Veränderungen durch NEET-Status

Zuversichtlich

Mittel ausgeprägte Bildungsferne durch niedrigen Bildungsstatus der Eltern

Eher bessere / gute Arbeitsmarktchancen

Typ 2 Jenseits der Leistungsnorm

Gesundheitliche / psychosoziale Einschränkungen, traumatische Erlebnisse

Abweichendes Verhalten

Drogensucht

Kein Migrationshintergrund

Verhältnis zu Eltern gut bis hoch problematisch, wenig Unterstützung

Freundeskreis milieutypisch oder sehr klein

Sozioökonomischer Status der Eltern mittel bis hoch

in Maßnahmen betreut

Problembewusstsein

Ohnmacht der eigenen Situation gegenüber

Wenige und negative Erfahrungen mit AMS

Typ 3 Betreuungspflicht

Mangelnde Zeitressourcen aufgrund von Betreuungspflichten

Fehlende Infrastruktur

Kosten / Nutzenabwägung in Bezug auf Betreuungskosten und erzielbaren Einkommen

Diskriminierung durch Arbeitgeber aufgrund von Betreuungspflichten

Verhältnis zu Eltern gut

Zuversichtlich

Mittlere Bildungsferne

Bildungs- und Berufswunsch im sozialen und betreuenden Bereich

Typ 4 Suche nach beruflicher Orientierung und Identität

Problemhafte Sozialisation / familiäre Probleme

Fehlgeschlagener Übergang von Schule zu Beruf

Beendigung / Kündigung einer Beschäftigung

Frühzeitige Beendigung einer Maßnahme

Schlechte Schulleistungen

Wenig bis keine Unterstützung von den Eltern

Erfahrung mit Maßnahmen wie Berufsorientierung / Bewerbungstraining bis hin zu „Maßnahmekarrieren“Demotiviert aufgrund schlechter Erfahrungen

Tendenziell negative Haltung zum AMS

Mittel bis stark bildungsfernZiel: „irgendeine“ Arbeit

Typ 5 Arbeitsmarktinaktive Typ 5a Abweichendes Verhalten

Problemhafte Sozialisation, instabile Familienverhältnisse

Psychische Probleme

Kein Schulabschluss

Kein Migrationshintergrund

Leben außerhalb des Normsystems

Milieu „Straße als Zufluchtsort“

Alternative Lebensentwürfe

Nachweisbarer Wunsch nach geregeltem, normalen Leben, unterschiedlich stark ausgeprägt

Wunsch nach Wohnen und Selbstversorgung – leistbar

Keine Möglichkeit aus eigener Kraft, Lage zu verändern

Typ 5b Warteposition

Warteposition auf Ausbildung, Studium, Präsenz- oder Zivildienst

Gute Ausbildung bzw. höherer Schulabschluss

Unterstützung und Versorgung durch die Eltern

Hohe Motivation für weitere Ausbildung bzw. Einstieg in den Arbeitsmarkt

Hohe Arbeitsmarktchancen

Quelle: Stadlmayr, Martina / Lankmayr, Thomas / Dlabaja, Cornelia / Burtscher-Mathis, Simon 2013; eigene Darstellung (öibf)

Quelle

Veronika Litschel, Roland Löffler: Meta-Analyse zu rezenten Studien im Bereich "AMP-Maßnahmen für Jugendliche" – Betrachtungen mit dem Schwerpunkt "Berufsausbildung", Herausgeber: Arbeitsmarktservice Österreich, Abt. Arbeitsmarktforschung und Berufsinformation, 2015. http://www.forschungsnetzwerk.at/downloadpub/AMS_report_109.pdf

bidok-Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 06.04.2018

zum Textanfang | zum Seitenanfang | zur Navigation