Unterstützungsangebote bei Schwangerschaft und Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten in Wien

Autor:in - Linda Kassoume
Themenbereiche: Recht, Selbstbestimmt Leben
Textsorte: Diplomarbeit
Releaseinfo: Diplomarbeit zur Erreichung des akademischen Grades Magistra (FH) für sozialwissenschaftliche Berufe. Eingereicht am: 23. Juni 2006
Copyright: © Linda Kassoume 2006

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

"In unserer Gesellschaft wird nach wie vor von nichtbehinderten Menschen darüber bestimmt, unter welchen Bedingungen geistig behinderte Menschen leben, welches Maß an Selbstbestimmung sie haben dürfen, in welchen Zusammenhängen sie glücklich zu sein haben, welche Lebensqualität für sie ausreichend ist, wieviel an Freiheit man/frau ihnen zugesteht oder einschränkt." (LAUSCHMANN 1994, 93).

Die folgende Arbeit widmet sich dem Thema Schwangerschaft und Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten in Wien. Zum besseren Verständnis sollen gleich vorab zwei Aspekte erläutert werden:

Erstens werden in dieser Arbeit Menschen, die allgemein als "geistig behindert" gelten, als "Menschen mit Lernschwierigkeiten" beschrieben; die Gründe für diese Begriffswahl werden in Kapitel 2. eingehend beleuchtet.

Zweitens möchte ich mich nicht mit der Frage auseinandersetzen, ob Menschen mit Lernschwierigkeiten ein Recht darauf haben, Kinder zu bekommen. Nach Artikel 1 der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (1948) ist davon auszugehen, dass jeder Mensch dieses Recht besitzt: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren."[1], heißt es dort. Weiters wird in Artikel 16 betont: "Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat."[2] Dass diese Grundrechte für jeden, also auch für Menschen mit Lernschwierigkeiten gelten, wird somit vorausgesetzt und soll deshalb nicht zur Diskussion stehen. Eher soll eine Auseinandersetzung damit stattfinden, inwieweit die besagten Rechte im Einklang mit der realen Situation, beziehungsweise mit den Erfahrungen und Empfindungen der Betroffenen in Wien stehen.

Meine bisherigen beruflichen Erfahrungen in der Arbeit mit Menschen mit Lernschwierigkeiten bewiesen mir, dass Sexualität und Partnerschaft und vor allem Elternschaft immer noch Tabuthemen sind. Die Praxis hat mir gezeigt, dass Menschen, die von Einrichtungen betreut werden, heute noch häufig als "geschlechtslose Wesen" betrachtet werden, beziehungsweise als Menschen, die zu partnerschaftlichen Beziehungen nicht fähig sind - von der Fähigkeit und Berechtigung Familien zu gründen ganz zu schweigen.

Als sich ein Mann und eine Frau in der Wohngruppe, in der ich meine ersten Praxiserfahrungen gesammelt habe, näher zu kommen schienen, mussten sich die beiden vor der Gruppe dazu verpflichten, keinerlei sexuelle Kontakte zu pflegen, da dies einer inzestuösen Beziehung gleichzusetzen wäre. Dies wurde damit begründet, dass alle in der Einrichtung lebenden und arbeitenden Personen "wie Brüder und Schwestern" seien - so die Argumentation der pädagogischen Leiterin.

In der folgenden Arbeit soll dargestellt werden, dass es auch andere Möglichkeiten im Umgang mit diesem Thema gibt und wie sich diese gestalten.



[1] Art.1, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948

[2] Art. 16 (3), Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Resolution 217 A (III) vom 10.12.1948

1. EINLEITUNG

"In einer sehr allgemeinen Definition kann die Aufgabe von Wissenschaften darin gesehen werden, Abläufe in der uns umgebenden sozialen, aber auch materialen Wirklichkeit zu erkennen und zu erklären, um daraus Möglichkeiten für praktisches Handeln abzuleiten und die Basis für eine Bewältigung und Veränderung dieser Wirklichkeit zu schaffen." (STIGLER 2001, 1)

Menschen mit Lernschwierigkeiten sehen sich auch heute noch mit zahlreichen Einschränkungen ihrer Menschenrechte konfrontiert. Besonders deutlich zeigt sich dies im Bereich der Familiengründung. Während im Normalfall einer Frau zu ihrer Schwangerschaft gratuliert wird, löst die Schwangerschaft einer Frau, die als "geistig behindert" klassifiziert wird, in der Regel eher eine ablehnende Haltung aus. PIXA¬KETTNER, die im deutschsprachigen Raum als Expertin auf dem Gebiet der Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten gilt[3], betrachtet diese ablehnende Haltung als normale Folge davon, dass in der Öffentlichkeit wenig bis gar nichts über die Betroffenen bekannt ist. Der häufig aufkommenden Meinung, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten nicht in der Lage wären, in adäquater Weise für das Wohl von Kindern zu sorgen, widerspricht sie und meint, es gelte "[...] als international gesicherte Erkenntnis [...], dass es einen einfachen, linearen Zusammenhang zwischen elterlichen Kompetenzen und intellektuellen Fähigkeiten nicht gibt." (PIXA-KETTNER 2004)

Die aus der Umgebung der Betroffenen tendenziell negative Einstellung gegenüber der Elternschaft widerspricht Orientierungsbegriffen wie Normalisierung, Selbstbestimmung und Integration. Aus diesem Grund wird in Kapitel 3. das Normalisierungsprinzip als Grundlage der folgenden Arbeit genauer erörtert. Es wird darauf eingegangen, wie sich die Situation im Zuge der Normalisierungsbestrebungen und der damit erfolgten Ausgliederung aus den großen institutionellen Behinderteneinrichtungen und psychiatrischen Anstalten für Menschen mit Lernschwierigkeiten in den letzten Jahrzehnten verändert hat und welchen Einfluss dies auf die Bereiche Sexualität, Partnerschaft, Kinderwunsch und Elternschaft der Betroffenen hat.

In den Kapiteln 4. bis 6. findet eine allgemeine entwicklungspsychologische Auseinandersetzung mit den Bereichen Erwachsensein, Kinderwunsch, Schwangerschaft und Elternschaft statt. Diese Bereiche werden anschließend jeweils in Bezug zur Lebenswelt von Menschen mit Lernschwierigkeiten gesetzt betrachtet.

In Kapitel 7. soll aufgezeigt werden, dass sich bei der Bedeutung des Konstrukts "Familie" in den letzten Jahrzehnten ein bedeutender Wandel vollzogen hat. Als markantes Merkmal dieses Wandels gilt die Zunahme an gesellschaftlicher Verantwortung in Bezug auf die Gewährung des Wohles von Kindern. Dies ist für (werdende) Eltern mit Lernschwierigkeiten insofern von Bedeutung, als bei ihnen ein erhöhtes Maß an sozialer Abhängigkeit besteht, sie also auf die Bereitstellung adäquater Unterstützungsangebote angewiesen sind (vgl. HAHN 2005, 16).

In Kapitel 8. wird auf juristische Aspekte hingewiesen, die in Zusammenhang mit Sexualität und Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten zum Tragen kommen.

In Kapitel 9. werden drei unterschiedliche Konzepte der Betreuung und Begleitung bei Schwangerschaft und Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten vorgestellt, die auf internationaler Ebene entwickelt und bereits auf praktischer Ebene erprobt wurden. Es wird dabei zwischen lerntheoretisch orientierten, alltagsorientierten und empowerment-orientierten Ansätzen unterschieden (vgl. PIXA-KETTNER 1999).

Die Begleitung von Familien, in denen ein oder beide Elternteil/e als "geistig behindert" gelten, kann sich auf verschiedene soziale Professionen erstrecken. Aus diesem Grund wurden für den empirischen Teil dieser Arbeit (Kapitel 10.) ExpertInneninterviews mit VertreterInnen unterschiedlicher Arbeitsfelder durchgeführt: Es wurden drei Mitarbeiterinnen von Einrichtungen zur Betreuung und Begleitung von Menschen mit Lernschwierigkeiten, der pädagogische Leiter einer solchen Einrichtung, zwei Sozialarbeiterinnen des Amtes für Jugend und Familie und eine Sozialarbeiterin des Vereins für Sachwalterschaft bezüglich ihrer Einstellungen und Erfahrungen befragt. Allen ExpertInnen ist gemeinsam, dass sie im Zuge ihrer Tätigkeit bereits mit der Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten konfrontiert wurden. Das Hauptziel der Befragungen liegt darin aufzuzeigen, welche Unterstützungsmaßnahmen in Wien angeboten werden, ob und nach welchen Konzeptionen vorgegangen wird und wie die Unterstützungsangebote von den ExpertInnen beurteilt werden.

Der zweite Schwerpunkt der empirischen Untersuchungen wurde auf die Befragung von Menschen mit Lernschwierigkeiten gelegt, die bereits ein oder mehrere Kinder haben. Durch die Auswertung der halbstrukturierten, problemzentrierten Interviews mit zwei betroffenen Frauen wird exemplarisch in Erfahrung gebracht, wie diese die angebotenen Unterstützungsmaßnahmen bewerten und welche Vorschläge zur Verbesserung sie formulieren.

Die Befragung von betroffenen Müttern soll verdeutlichen, dass es bei der Entwicklung von adäquaten Unterstützungsangeboten als unerlässlich gelten sollte, auch die Bedürfnisse, Ideen und Wünsche der Betroffenen anzuhören und in die Gestaltung mit einzubeziehen. Denn nur allzu oft unterliegen theoretisch-wissenschaftliche Bestrebungen auch im Sozialbereich dem Schicksal, dass sie aufgrund der dadurch entstandenen Praxisferne den Bedürfnissen der NutzerInnen nicht entsprechen oder sogar widersprechen (vgl. MAYRING 2002, 20, HAGEN 2002, 293). Dem soll in dieser Arbeit ein Stück weit entgegengewirkt werden: es soll mit dieser Form der qualitativen Forschung dem Empowerment-Gedanken Folge geleistet werden, der den Betroffenen ermöglichen soll, "durch direkte Mitsprache, Mitgestaltung und Kontrolle auf ihre unmittelbaren Lebensumstände Einfluss zu nehmen" (THEUNISSEN 2000, 100).

WALTON-ALLEN und FELDMAN (1991) kamen in einer Studie, die sich mit den Bedürfnissen von Müttern mit Lernschwierigkeiten befasste, zu dem Ergebnis, dass die jeweils zuständigen SozialarbeiterInnen und die sonst in der Betreuung involvierten Personen, vorwiegend andere Auffassungen darüber hatten, was die betroffenen Mütter an Unterstützung brauchen könnten, als eben die Betroffenen selbst:

"[...] there was a significant difference in the perceptions of the mothers and their workers. The mothers and workers disagreed on 83% of the skill categories."

(WALTON-ALLEN, FELDMAN 1991, 137).

Die folgende Arbeit basiert, wie bereits erwähnt, auf der Konzeption des Normalisierungsprinzips nach Bengt NIRJE, welches unter anderem das Recht auf Leben in einer zweigeschlechtlichen Welt als integralen Bestandteil betrachtet. Die Fragestellung baut auf der Hypothese auf, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten während der Schwangerschaft beziehungsweise bei der Erziehung ihres Kindes spezielle Unterstützungsangebote benötigen. Wer stellt ihnen diese zur Verfügung und wie sehen sie aus? Sind Veränderungen und Verbesserungen in der Unterstützung nötig und gibt es Beispiele aus anderen Ländern, die sich mit der Familienplanung und -betreuung von Menschen mit Lernschwierigkeiten auseinandersetzen?

Hypothese:

Menschen mit Lernschwierigkeiten benötigen im Falle einer Elternschaft spezifische Angebote der Unterstützung und Begleitung um zu ermöglichen, dass eine gelungene Familienstruktur in dem Sinne hergestellt werden kann, sodass das Kind bei der Mutter/den Eltern aufwachsen kann, ohne die Entwicklung und das Wohl des Kindes, aber auch ohne das Wohl der Eltern zu gefährden.

Forschungsfrage I:

Auf welche Unterstützungsangebote können Menschen mit Lernschwierigkeiten in Wien zurückgreifen, die ein Kind erwarten beziehungsweise die bereits Eltern sind?

Forschungsfrage II:

Können aus den gewonnenen Daten der ExpertInneninterviews und der Befragung Betroffener, sowie aus Vergleichen mit Konzeptionen anderer Länder begründete Verbesserungsvorschläge formuliert werden?



[3] Zwischen 1993 und 1995 führte Prof.Dr.PIXA-KETTNER gemeinsam mit Stefanie BARGFREDE und Ingrid BLANKEN eine Studie mit dem Titel " "...Dann waren sie sauer auf mich, dass ich das Kind haben wollte..." - Eine Untersuchung zur Lebenssituation geistig behinderter Menschen mit Kindern in der BRD" durch. Die Studie wurde finanziert von Bundesministerium für Gesundheit und von der Bundesvereinigung Lebenshilfe. Zahlreiche Veröffentlichungen über die Thematik Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten.

2. BEGRIFFSERLÄUTERUNGEN

2.1. Begründung der Begriffswahl "Menschen mit Lernschwierigkeiten"

In der folgenden Arbeit wird von "Menschen mit Lernschwierigkeiten" die Rede sein. Da dieser Begriff bis jetzt weder in der Fachliteratur noch gesamtgesellschaftlich über einen hohen Bekanntheitsgrad verfügt, soll er in den folgenden Zeilen erläutert, sowie die Wahl des Begriffs begründet werden. In Kapitel 2.2. werden Definitionen herangezogen, die den Begriff "Geistige Behinderung" umschreiben. Dieser ist in der folgenden Arbeit definitorisch dem der Lernschwierigkeit gleichzusetzen.

Sowohl in der Fachliteratur - vor allem im medizinischen und im heilpädagogischen Bereich - als auch in der breiten Öffentlichkeit, wurden und werden verschiedenste Begriffe zur Bestimmung der betroffenen Personen herangezogen. Dies verdeutlicht einerseits, dass es sich bei diesen Menschen keineswegs um eine homogene Gruppe handelt, andererseits veranschaulicht die Wahl der Begriffe häufig die defekt-orientierte Haltung, die hinter diesen Wortbedeutungen steckt. Diese an den Defiziten orientierte Sichtweise, die über lange Zeit im Umgang mit den Betroffenen vorherrschte, zeigt sich etwa bei den bis in die 1980er Jahre verwendeten Begriffen: "Schwachsinn"/ "Oligophrenie", "Idiotie", "Verblödung" oder "Debilität"[4] (vgl. NEUHÄUSER 2000, 31). Dass die Wahl dieser Benennungen einem Integrationsgedanken nicht entspricht, ist nahe liegend. Die "Schwachsinnigen" wurden als "bedauernswerte Menschen" (ebd., 29) beschrieben, deren Eltern "Trost in ihrer Verlassenheit" (WUNDERLICH 1970, zitiert nach THIMM 1994, 9) brauchen. Es ging im Umgang mehr um Verwahrung denn um Förderung. Unter der lange vorherrschenden reifungstheoretischen Überzeugung konnten sich Überlegungen bezüglich der Förderung der Betroffenen nicht entwickeln. Menschen mit Lernschwierigkeiten wurden als in ihrer Entwicklung stehen geblieben, als "bildungsunfähig" (THEUNISSEN 2000, 40) betrachtet. STEINEBACH bringt die damaligen Zustände auf den Punkt: "So bleibt nur die Diagnostik, die Information und schließlich die Zuweisung und Verwahrung." (STEINEBACH 2000, 42) Mit dieser Einstellung gegenüber den Betroffenen erklärt sich, warum die Bereiche Sexualität, Partnerschaft und Elternschaft bis heute kaum Thema der öffentlichen Diskussion darstellen. Erst in den letzten Jahrzehnten setzte sich im pädagogischen, aber auch im medizinischen Bereich die Ansicht durch, dass der als geistig behindert klassifizierte Mensch lern- und entwicklungsfähig ist (vgl. SUHRWEIER 1999, 15). Somit fand ein Wandel von einer defektologischen hin zu einer dialogischen Haltung in der Betreuung der Betroffenen statt (vgl. SUHRWEIER 1999, 20). Im weiteren Verlauf begann man sich nicht zuletzt auch kritisch mit den bisher verwendeten Begrifflichkeiten auseinanderzusetzen.

Die heute immer noch geläufigste Bezeichnung im deutschsprachigen Raum ist der Terminus "Geistige Behinderung", obgleich dieser Begriff in der Fachwelt oftmals kritisch hinterfragt wurde und wird[5]. Warum es in dieser Arbeit als wichtig erachtet wird, den Begriff "Geistige Behinderung" durch jenen der "Lernschwierigkeit" zu ersetzen, soll nun näher erläutert werden:

- Stigmatisierung

Die Bezeichnung "Geistige Behinderung" wird sowohl von den Betroffenen als auch von nicht Betroffenen mit eher negativen Attributen in Verbindung gebracht: Der Begriff ist problematisch, "weil er als stigmatisierend, pauschalierend und etikettierend empfunden wird." (STRAßMEIER 2000, 52) Vor allem in Selbstvertretungs¬Vereinigungen[6], die sich auf internationaler Ebene seit den 1970er Jahren formieren, wird der Wunsch nach Abschaffung des Begriffs "Geistige Behinderung" geäußert, da die VertreterInnen der Vereine ihn "[...] als stigmatisierend und mit einer bestimmten Vergangenheit und Unterdrückung verbinden." (THEUNISSEN, HOFFMANN, PLAUTE 2000, 126).

"We have learning difficulties. In the past we used to be called labels like mentally handicapped, mentally retarded, intellectually handicapped, or mentally subnormal. We didn`t like these labels as they kept us down." Learning disabilities "is a label which doesn`t hurt us as much as those above." (Central England People First)

- Problematik des Begriffs "Geist"

Es ist bei genauerer Betrachtung des Begriffs "Geist" nicht möglich, eine einheitliche wissenschaftliche Definition zu manifestieren, was eine weitere Problematik dieser Begriffswahl verdeutlicht (vgl. FEUSER 2000, 148). Dass die Vagheit des Begriffs Geist und somit auch jenem der geistigen Behinderung ein ganzes Spektrum an Bedeutungsvarianten zulässt, stellt KOBI in seinem Aufsatz "Geisteswissenschaftliche und kritisch-pragmatische Perspektiven" (2000) kritisch fest. So könnten mögliche Interpretationen des Begriffs "Geistige Behinderung" dahin gehen, die Betroffenen als Menschen zu betrachten, "die nicht teilhaben am göttlichen Geist und daher keine sind", oder als Personen "die weder passiv noch aktiv Anteil haben, am objektivierten Geist der Kulturgüter und daher kulturhindernd sind" (KOBI 2000, 68). Nach KOBI verleitet der Begriff dazu, die Betroffenen nicht nur punktuell, sondern "in sämtlichen Sphären" (a.a.O., 68) als behindert zu betrachten. Fehlinterpretationen wie diese sollen mit der Wahl des Begriffes "Lernschwierigkeit" vermieden werden.

- Personenzentriertheit

Da sich die folgende Arbeit einem Lebensbereich von Menschen widmet, der individuell äußerst unterschiedlich erlebt und wahrgenommen wird - nämlich der Schwangerschaft und Elternschaft -, wird großes Augenmerk auf die Meinung der betroffenen Personen gerichtet. Um Veränderungen in eine zufrieden stellende Richtung für alle (soziales Umfeld und Betroffene) anzustreben, ist es von wesentlicher Bedeutung, die Betroffenen und deren Sicht der Dinge in den Mittelpunkt der Betrachtungen zu stellen.

Josef Blaha, Obmann des Vereins People First Wien (Verein für Selbstvertretung und Barrierefreiheit) betonte bei einem Treffen im Dezember 2005, dass nicht jede Behinderung gleich wäre, und weiters, dass der Begriff "Geistige Behinderung" veraltet sei und nunmehr durch den der "Lernschwierigkeit" zu ersetzen wäre. Gerade in der ersten Aussage, nämlich in der Betonung, dass nicht jede Behinderung gleich ist, liegt ein wichtiger Aspekt, der bei der Auseinandersetzung mit der Thematik nicht übersehen werden darf. Es ist die Rede von unterschiedlichen Menschen, mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Defiziten, einer unterschiedlichen Geschichte, Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Der Versuch, all diese Personen unter einer Begriffsdefinition zusammenzufassen, ist demzufolge im Grunde unmöglich.

- Fazit

Um jedoch für Menschen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf ein adäquates Versorgungssystem zu schaffen, das sich an den Bedürfnissen der Betroffenen orientiert, ist eine Kategorisierung - sofern diese zu positiven Zwecken genutzt wird - als hilfreich und unerlässlich anzusehen.

- Kritik

Die Kontroversen rund um die verschiedenen Begriffsdefinitionen werden von PÖRTNER kritisch betrachtet: Ändern müssen sich nicht die Begriffe selbst, sondern die (abschätzige) Haltung der Gesellschaft gegenüber diesen Begriffen, um einer Diskriminierung entgegenwirken zu können (vgl. PÖRTNER 2003, 9). Auch BUSCHLINGER vertritt die These, dass vor allem die falschen Vorstellungen der Gesellschaft gegenüber den Betroffenen beseitigt werden müssen, um eine nachhaltige Integration bewirken zu können (vgl. BUSCHLINGER 2000). Unter diesem Aspekt betrachtet mag es zwar gerechtfertigt sein, weiter von "Geistiger Behinderung" zu sprechen. Ein Umdenken und eine Veränderung im Bewusstsein einer Gesellschaft sind jedoch als langsame Prozesse zu betrachten, die eventuell beschleunigt werden können, indem eine bewusste Auseinandersetzung mit verschiedenen Begriffen forciert wird und man sich in Folge dessen auf die Suche nach alternativen, zutreffenderen und weniger diskriminierenden Begriffen macht (vgl. FEUSER 2000, 141).

Betrachtet man die Kontroversen im konkreten Fall des Kinderwunsches beziehungsweise der Elternschaft von Menschen mit erhöhtem Unterstützungsbedarf, ist es als gerechtfertigt anzusehen, einen Terminus zu wählen, welcher die Betroffenen als Menschen beschreibt, die punktuell aber nicht in ihrer Gesamtheit als Menschen Schwächen aufweisen. Der Begriff "Geistige Behinderung" kommt dem nicht nach.

"Auch die Wissenschaft muss sich daran gewöhnen, die Empfindlichkeiten ihrer Schutzbefohlenen und deren Umfeld ernst zu nehmen" (BACH 2001, 19).

2.2. Geistige Behinderung - Definitionen aus unterschiedlichen Perspektiven

Obwohl jeder Mensch in seiner Persönlichkeit, seinem Charakter, seiner Intelligenz einzigartig ist, ist es dennoch unerlässlich, eine definitorische Annäherung der betroffenen Personengruppe vorzunehmen. Es ist dabei wichtig zu erwähnen, dass die Ursachen von Lernschwierigkeiten mannigfaltig sein können; in den meisten Fällen ist von multifaktoriellen Ursachen auszugehen. Die Ätiologie von Lernschwierigkeiten bezieht medizinische, psychologische und soziale Faktoren in die Betrachtung mit ein (vgl. THIMM 1999, 10).

2.2.1. Geistige Behinderung aus rechtlicher Perspektive

Auf legislativer Ebene gibt es keine einheitliche Definition von Menschen mit Behinderungen. Dies ergibt sich daraus, dass es eine Reihe von Gesetzen gibt, die für Betroffene relevant sind, jedoch unterschiedliche Bereiche umfassen und verschiedene Zielsetzungen verfolgen[7]. Im Artikel 7 der österreichischen Bundesverfassung ist seit 1997 eine Nicht-Diskriminierungsbestimmung enthalten, die besagt: "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten." (Art. 7, BV-G)

Zwei Definitionen sollen nun näher erörtert werden: Zum einen jene des Wiener Behindertengesetzes (WBHG), da sich die Arbeit auf Unterstützungsmodelle und ¬konzepte, die im Raum Wien angeboten werden, konzentriert. Andererseits wird das - erst Anfang 2006 in Kraft getretene - Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) näher erörtert, da es auf bundesweiter Ebene die Zielsetzung verfolgt, gemäß den Normalisierungsbestrebungen eine rechtliche Grundlage zu schaffen, welche die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen gewährleisten soll.

- Das Wiener Behindertengesetz (WBHG)

Im Wiener Behindertengesetz wird "Behinderung" wie folgt definiert:

"§ 1a. (1) Als Behinderte im Sinne dieses Gesetzes gelten Personen, die infolge eines Leidens oder Gebrechens in ihrer Fähigkeit, eine angemessene Erziehung und Schulbildung zu erhalten oder einen Erwerb zu erlangen oder beizubehalten, dauernd wesentlich beeinträchtigt sind." (WBHG)

Bei dieser Definition fällt auf, dass zwar die Bereiche Erziehung, Schulbildung und Erwerbstätigkeit angeführt werden; die Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben außerhalb des Erwerbsprozesses wird jedoch in der Beschreibung ausgespart.

- Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG)

Im Artikel 1 des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen ist eine differenziertere Betrachtung des Begriffs "Behinderung" erkennbar:

"§ 3 Behinderung

Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten." (BGStG)

Die Gemeinsamkeiten der beiden rechtlichen Definitionen von "Behinderung" liegen darin, dass die Behinderung eine gewisse Schwere aufweist und dass sie über einen längeren Zeitraum andauern muss (vgl. BMSG). Das Kriterium des "längeren Zeitraums" wird bewusst angeführt, um eine Behinderung von einer Krankheit abzugrenzen. Im BGStG werden - im Gegensatz zum Wiener Behindertengesetz - die gesellschaftlichen Dimensionen ohne Eingrenzungen auf Teilbereiche in die Betrachtung mit einbezogen.

2.2.2. Auf internationaler Ebene

Dem österreichischen BGStG geht eine langjährige Entwicklung auf internationaler Ebene voraus, die in die Richtung geht, Diskriminierungen aufgrund von Behinderungen jeglicher Art entgegenzuwirken. Wie bereits im Vorwort zitiert, wurden 1948, im Artikel 1 der internationalen Erklärung der Menschenrechte, die gleiche Würde und die gleichen Rechte aller Menschen deklariert. Im Jahr 1975 wurden die Bemühungen um die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen durch die folgende - für alle UN-Mitglieder verbindliche - Resolution konkretisiert:

"Behinderte Personen haben das naturgegebene Recht auf Achtung ihrer menschlichen Würde. Behinderte Personen haben ungeachtet des Ursprungs, der Natur und der Schwere ihrer Behinderung die gleichen Grundrechte wie ihre Mitbürger gleichen Alters, was allem voran das Recht einschließt, ein angemessenes Leben so normal und uneingeschränkt wie möglich zu führen." [8]

Im Art.13 des Vertrags von Amsterdam, der im Juni 1998 ratifiziert und am 1.Mai 1999 in Kraft getreten ist, wurden auf der Ebene der Europäischen Union erstmalig auch Menschen mit Behinderungen in den Bestimmungen gegen Diskriminierung erwähnt:

"Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen dieses Vertrages kann der Rat im Rahmen der durch den Vertrag auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig geeignete Vorkehrungen treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder derWeltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen." (Vertrag von Amsterdam, Art. 13)

Auch hier geht es um die Sicherstellung der Möglichkeit von Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für jeden. SRB meint jedoch, dass der Artikel 13 des Amsterdamer Vertrages zwar erstmals Menschen mit Behinderungen auf EU-Ebene wahrnimmt und erwähnt, dass er jedoch "[...] keine direkten Auswirkungen haben wird [...]", da er den Mitgliedstaaten "[...] lediglich gestattet, Maßnahmen gegen Diskriminierungen zu ergreifen." (SRB 1998) Ob die Staaten Maßnahmen ergreifen bleibt also ihnen überlassen und sei somit dahingestellt. Das österreichische BGStG soll diesem Tatbestand nun entgegenwirken.

2.2.3. Geistige Behinderung aus medizinischer Perspektive

Erst im Laufe des vorigen Jahrhunderts begann sich auch die medizinische Fachwelt mit der Thematik der geistigen Behinderung explizit auseinanderzusetzen (vgl. WALTER 1980, 25, NEUHÄUSER 2000, 32). Dass die defizit-orientierte Sichtweise der Erforschung von Ursachen mit dem Ziel einer "Heilung" bei geistiger Behinderung nicht praktikabel ist, wurde bald festgestellt: Geistige Behinderung ist keine Krankheit und eben deshalb auch nicht "heilbar" (vgl. NEUHÄUSER 2000, 32).

Mittlerweile ist ein Trend zu beobachten, geistige Behinderung nicht mehr nur anhand von Intelligenzmessungsverfahren zu bestimmen, sondern die gesamte Lebenswelt der Betroffenen zu erfassen und in die Diagnostik mit einzubeziehen.

Dieser bio-psycho-soziale Ansatz zeigt sich in der im Jahr 2001 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verabschiedeten "International Classification of Functioning, Disability and Health" (ICF), übersetzt "Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit" (vgl. WHO 2004, 4). Diese Klassifikation wurde als Ergänzung zur "International Classification of Diseases" (ICD¬10) entwickelt.

In der ICF werden im Vergleich zum ICD-10 die defizit-orientierten Begriffe

  • Beeinträchtigung

  • Behinderung und

  • Handikap (vgl. WHO 2000, 23)

durch die Bezeichnungen

  • Schädigung (Funktionsstörung, Strukturschaden),

  • Beeinträchtigung der Aktivität und

  • Beeinträchtigung der Partizipation (vgl. WHO 2004, 5)

ersetzt, beziehungsweise ergänzt.

Die Umweltfaktoren werden im Gegensatz zum ICD-10 berücksichtigt und als "integraler Bestandteil des Konzepts" (WHO 2004, 5) gewertet. Mit dem "Konzept der funktionalen Gesundheit" (a.a.O.) stellt die ICF eine Erweiterung zur bloßen "Diagnose" von Behinderungen der ICD-10 dar (vgl. WHO 2004, 10). Die rein medizinische Betrachtungsweise wird also mit einem sozialen Modell vereint (vgl. FIRLINGER 2003, 121).

Die Einteilung einer Behinderung in unterschiedliche Schweregrade nach der Messung von Intelligenzkriterien ist heute immer noch üblich, wird jedoch als alleiniges Kriterium zur Diagnostik als "[...] völlig ungeeignet [...]" betrachtet (THIMM 1999, 12).

2.2.4. Geistige Behinderung aus sonder- und heilpädagogischer Perspektive

In der Sonder- und Heilpädagogik wird geistige Behinderung nicht nur als individuelles Merkmal eines Menschen aufgefasst, sondern als mehrdimensionales und relationales Phänomen.

Über die Wichtigkeit einer definitorischen Annäherung an eine Personengruppe, die in bestimmten Bereichen ähnliche Merkmale aufweist, ist man sich in der pädagogischen Fachwelt weitgehend einig (die Begriffe variieren jedoch auch hier). Der Versuch, eine Personengruppe definitorisch zu erfassen, wird damit begründbar, dass angemessene Unterstützungsangebote dadurch erarbeitet und ständig weiterentwickelt werden können. Eine Weiterentwicklung aufbauend auf Erfahrungswerten gestaltet sich - im Gegensatz zu einer strikt individuellen Betrachtung "von Fall zu Fall" - als praktischer und zielführender (vgl. BACH 2001, 2).

Bei der Erörterung des Begriffs der geistigen Behinderung rät BACH zur Betrachtung dreier wesentlicher Elemente:

  • der individuellen Disposition und deren Schäden,

  • der Verhaltens-und Erlebensbedingungen und entsprechenden Benachteiligungen,

  • der Umfeldanforderungen und entsprechenden Belastungen (vgl. BACH 2001, 19).

Die obgleich schon ältere, aber dennoch viel zitierte Begriffsdefinition (vgl. TREIBER 2004) von BLEIDICK, veranschaulicht diesen ganzheitlichen Ansatz:

"Als behindert gelten Personen, die infolge einer Schädigung ihrer körperlichen, geistigen oder seelischen Funktionen soweit beeinträchtigt sind, dass ihre unmittelbaren Lebensverrichtungen oder ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft erschwert werden" (BLEIDICK 1981, 9).

Diese Elemente verdeutlichen die elementare Rolle der gesellschaftlichen Komponente bei der Befassung mit Menschen mit Lernschwierigkeiten. Ein Mensch ist nicht allein verantwortlich zu machen für seine Behinderung und die damit zusammenhängenden Benachteiligungen und Erschwernisse. Es sind die Erwartungshaltungen seiner Umwelt, die einen bedeutenden Einfluss auf das Individuum mit einer Behinderung ausüben (vgl. SUHRWEIER 1999, 23f). SUHRWEIER nennt dies den "komplex-dynamischen Behinderungsbegriff" (SUHRWEIER 1999, 24), der sich aus einem voneinander abhängigen Verhältnis "zwischen allgemeinen Verhaltenserwartungen, individuellen Verhaltensdispositionen und Verhaltensbedingungen" zusammensetzt (a.a.O., 24).

In Kapitel 6. wird die Problematik der Divergenz zwischen Erwartungen und Vorstellungen der Gesellschaft und dem Bereich der Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten noch ausführlicher thematisiert. Zunächst soll jedoch auf den Begriff der "Normalisierung" eingegangen werden. Betrachtet man den Begriff "Normalität" genauer, wird schnell deutlich, dass auch hier keine einheitliche Definition formuliert werden kann. Damit einhergehend soll dargestellt werden, dass auch das "Normalisierungsprinzip" nach NIRJE keine kongruente Konstante zum Umgang mit Menschen mit Lernschwierigkeiten darstellt. Eher stellt das Prinzip Verhaltensmaximen auf, an denen sich sowohl das direkte Umfeld als auch die Gesamtbevölkerung gegenüber Menschen mit Lernschwierigkeiten orientieren soll.



[4] z.B. VETTER 1980, 27

[5] z.B. Greving, H., Gröschke, D. (Hrsg.): Geistige Behinderung. Reflexion zu einem Phantom. Ein interdisziplinärer Diskurs um einen Problembegriff. Klinkhardt, Bad Heilbrunn 2000 BACH, Heinz: Pädagogik bei mentaler Beeinträchtigung - so genannter geistiger Behinderung. Revision der Geistigbehindertenpädagogik. Haupt - Verlag, Bern, Stuttgart, Wien 2001

[6] z.B. People First

[7] z.B.: BEinstG (Art. 2 § 14), BPGG (BG, Art. 2 § 1), EStG (§ 35), ASVG, HeimAufG, u.v.m.

[8] Resolution 3447 (XXX) vom 9.12.1975 der UN Generalversammlung

3. DAS NORMALISIERUNGSPRINZIP

3.1. Geschichte und Ziele des Normalisierungsprinzips

"Normalisierung bedeutet: den geistig Behinderten ein so normales Leben wie möglich zu gestatten." (BANK-MIKKELSEN, Dänisches Fürsorgegesetz 1959)

Der Begriff "Normalisierung" wurde erstmals vom Juristen Niels-Erik BANK¬MIKKELSEN in Dänemark erwähnt, um Alternativen zur bisher traditionellen Behindertenarbeit den Weg zu ebnen. Der Schwede Bengt NIRJE griff den Terminus in den 60er Jahren in der Fachliteratur auf und entwickelte ihn weiter (vgl. THIMM 1994, 18). Als ein "sozialpolitisch-pädagogisches Reformkonzept" (THIMM 1999, 15), das "[...]allen Menschen mit geistiger Behinderung Lebensmuster und Alltagsbedingungen [...]" zugänglich machen solle, "[...] die den üblichen Bedingungen und Lebensarten so weit als möglich entsprechen [...]" (NIRJE 1999, 4), beschrieb er 1977 acht "Elemente der Normalisierung" - der Fokus auf die praktische Umsetzung wird in der Formulierung dieser Elemente deutlich (vgl. THIMM 1994, 20):

  • "A normal rhythm of the day.

  • A normal rhythm of the week.

  • A normal rhythm of the year.

  • Normal experiences of the life circle.

  • Normal respect.

  • Normal life in a heterosexual world.

  • Normal economic standards.

  • Normal environmental standards." (THIMM 1994, 21)

3.1.1. Normalisierung heißt nicht Anpassung

Um dem Missverständnis vorzubeugen, dass Normalisierung bedeutet, Menschen mit Lernschwierigkeiten zu "normalisieren", sie an die Normalgesellschaft anzupassen, sei folgende Aussage von NIRJE zitiert:

"Normalisierung bedeutet die Annahme vom Menschen samt seiner Behinderung in der normalen Gesellschaft, mit den gleichen Rechten, der gleichen Verantwortung und den gleichen Möglichkeiten, wie sie anderen zugestanden wird" (NIRJE, PERRIN 1999, 29).

Ziel und Zweck der Normalisierung ist es also, Menschen mit Behinderungen Chancen und Möglichkeiten zu bieten, ein Leben zu führen, das dem der anderen Mitglieder der Gesellschaft so weit als möglich gleicht (vgl. SCHMIDT 1993, 31).

Die Behinderung soll hierbei jedoch nicht übersehen oder ignoriert werden, im Gegenteil: Sowohl die Defizite der Betroffenen als auch deren Ressourcen müssen in die Betrachtung miteinbezogen werden, um ein adäquates Unterstützungssystem zu entwickeln, damit Menschen mit Lernschwierigkeiten die Möglichkeit haben, ein "normales" Leben zu führen. Sieht man über die individuellen Einschränkungen der Betroffenen hinweg, ist eine Überforderung und Entmutigung als Folge sehr wahrscheinlich und demnach nicht erstrebenswert. Die Auffassung, dass die Defizite der Betroffenen nicht übersehen werden sollen, bestätigt die Hypothese dieser Arbeit, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten über ein konzipiertes Unterstützungsnetzwerk verfügen müssen, das die Defizite der Betroffenen zu kompensieren vermag.

Normalisierung darf also nicht mit Anpassung verwechselt werden, sondern soll allen Menschen die Möglichkeit geben, sich nach ihrem Willen zu entfalten. Das Zugeständnis an Menschen mit Lernschwierigkeiten, normale Erfahrungen im Lebenszyklus (normal experiences of the life circle) sammeln zu können, impliziert eine Auseinandersetzung mit Sexualität, Partnerschaft, Kinderwunsch und Elternschaft. Diese Auseinandersetzung war unter den lange Zeit vorherrschenden Lebensumständen für Menschen mit Lernschwierigkeiten nicht denkbar und ist auch heute nicht als selbstverständlich, sondern immer noch als problematisch zu betrachten (vgl. WALTER 2005, PIXA-KETTNER 1999, BOOTH&BOOTH 1994).

3.1.2. Ziel: Aufhebung der "aufgepfropften" Behinderung

Wie SUHRWEIER bei dem komplex-dynamischen Behinderungsbegriff unterscheidet NIRJE bei der Betrachtung von geistiger Behinderung drei Formen, die verdeutlichen sollen, dass nicht nur die Behinderung an sich ausschlaggebend für die Lebensgestaltung der Betroffenen ist, sondern dass die jeweilige Umwelt einen großen Einfluss auf die Behinderung beziehungsweise auf die damit verbundenen Einschränkungen der Menschen ausübt. Diese "dreifache Behinderung" (NIRJE, PERRIN 1999, 3) wird unterteilt:

  • in die geistige Behinderung des Individuums,

  • in die aufgepfropfte oder erworbene geistige Behinderung, sowie

  • in das Bewusstsein, behindert zu sein (vgl. NIRJE, PERRIN 1999, 3f).

Das Ziel der Normalisierungsbestrebungen ist die Aufhebung der aufgepfropften oder "sekundären sozialen geistigen Behinderung" (WALTER 2005, 31). Die bereits erwähnte, über lange Zeit vorherrschende, defekt-orientierte Grundhaltung gegenüber Menschen mit Lernschwierigkeiten und die damit verbundenen Vorurteile und Ängste, hatten lange Zeit zur Folge, dass die Betroffenen zumeist unter einengenden, wenig fordernden Bedingungen lebten. Diese Rahmenbedingungen ließen ihnen kaum Möglichkeiten, ihre Persönlichkeit in grundlegenden Bereichen zu entfalten. So war das Leben in Großheimen und psychiatrischen Anstalten gekennzeichnet durch ein Abgeschnittensein vom "Rest der Welt", durch einen strikt geregelten Tagesablauf und durch ein Regelsystem, das wenig individuell, sondern eher an der Funktionalität und an möglichst reibungslosen Abläufen in der Organisation orientiert war. Der Entfaltung individueller Bedürfnisse (nicht zuletzt auch in Bezug auf Sexualität und Partnerschaft) wurde wenig Beachtung geschenkt[9].

WALTER ist mit NIRJE der gleichen Ansicht, wenn er meint, dass diese aufgepfropfte Behinderung das Wohlbefinden der Betroffenen weitaus mehr beeinflusst als das Handikap an sich (vgl. WALTER 2005, 31). So bezeichnet er auch die negativen Folgen und die häufig auftretenden Störungen des Verhaltens als "reaktive

Milieuschäden", die mit dem Fehlen von normalen Lebensmustern und Rahmenbedingungen einhergehen (vgl. WALTER, HOYLER-HERRMANN 1987, 127).

3.2. Normalisierung der Wohnsituation von Menschen mit Lernschwierigkeiten

Um der Zielsetzung nachkommen zu können, Menschen mit Lernschwierigkeiten zu einem Leben "so normal wie möglich" zu verhelfen, war es also in erster Linie nötig, die Wohnsituation von Menschen mit Lernschwierigkeiten zu verändern, die ihr Dasein bis dahin oft in großen stationären Anstalten der Behindertenhilfe, oder in psychiatrischen Anstalten verbrachten. Eine große Zahl der Menschen mit Lernschwierigkeiten lebte und lebt auch heute noch bei Eltern oder anderen Angehörigen, was natürlich nicht mit dem Leben in einem Großheim oder in einer psychiatrischen Anstalt gleichzusetzen ist. Aber auch hierzu wurden kritische Stimmen von VertreterInnen des Normalisierungsprinzips laut: Neben der Tatsache, dass Eltern von Menschen mit Lernschwierigkeiten älter werden und deshalb früher oder später Betreuung und Pflege ihrer Kinder nicht mehr erbringen können, wurde ein Leben bei Eltern oder Angehörigen zunehmend als fehlender Abnabelungsprozess betrachtet. Die physische und psychische schrittweise Abgrenzung von der Kernfamilie und der damit zusammenhängende Eintritt in die Selbständigkeit, sind als essentielle Bestandteile des "normalen" Lebens zu erachten. Eine fehlende Entwicklung in Richtung Selbständigkeit wird als Einschnitt in die Persönlichkeitsentwicklung betrachtet, dem es gilt, mittels Angeboten von alternativen, adäquaten Wohnformen entgegenzuwirken (vgl. WALTER 1987, 72). WALTER nennt als konkretes Beispiel fehlender Normalisierung eine mangelhafte "emotionale Lockerung und Ablösung vom Elternhaus" (WALTER, HOYLER-HERRMANN 1987, 127). Vor allem in Anbetracht der Persönlichkeitsentwicklung in Richtung Erwachsensein erscheint es fragwürdig, ob ein Leben bei den Eltern ab einem gewissen Alter als angemessen gelten kann. Auf die Frage, welche Aspekte das Erwachsensein beinhaltet, wird in Kapitel 4. noch genauer eingegangen.

3.2.1. Umsetzung des Normalisierungsprinzips in Österreich

Als im deutschsprachigen Raum maßgebend an den Reformprozessen beteiligt ist die Vereinigung Lebenshilfe zu nennen. Die Elterninitiative - anfangs "Lebenshilfe für das geistig behinderte Kind" genannt - wurde 1958 in Deutschland gegründet, der Dachverband Lebenshilfe Österreich entstand 1967. Von Beginn an wurde die Zielsetzung verfolgt, für die Rechte von Menschen mit Lernschwierigkeiten in der Öffentlichkeit einzutreten, sowie diese zu verbessern und zu erweitern. Kritik an den damaligen Zuständen wurde laut. Denn waren Menschen mit Lernschwierigkeiten nicht ohnehin den Euthanasieprogrammen des Dritten Reiches zum Opfer gefallen, so waren sie nun zum Großteil in großen Pflegeanstalten oder psychiatrischen Anstalten, fernab von der "Normalbevölkerung" untergebracht. Die Eltern von Menschen mit Lernschwierigkeiten, die sich in der Vereinigung Lebenshilfe zusammenschlossen, sahen des weiteren einen Veränderungsbedarf an der Lebenssituation ihrer Kinder, die sie bis dahin oft "aus Hilflosigkeit und Scham zu Hause versteckt" (Geschichte der Lebenshilfe) hielten, meist ohne ihnen externe Bildungs- oder Förderungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen zu können.

So wurde erst ab den 1960er Jahren auch der Öffentlichkeit die für die Betroffenen vorherrschenden Missstände aufgezeigt und bewusst gemacht. Integrierte Wohnmodelle, die sich am skandinavischen Normalisierungsprinzip orientierten, wurden jedoch erst in den folgenden Jahrzehnten entwickelt und errichtet. Mitte der 80er Jahre wurde die ARGE Wohnplätze (Arbeitsgemeinschaft Wohnplätze für behinderte Menschen) gegründet[10] (vgl. SCHMIDT 1993, 79). Die Trägerorganisationen unterzeichneten einen Vertrag zur Adaptierung und Umsetzung des vom Institut für soziales Design entwickelten Prinzipmodells zum Wohnen geistig behinderter Menschen (vgl. BERNARD, HOVORKA 1991, 15). Dieses Modell orientierte sich am Normalisierungsprinzip und den damit zusammenhängenden Entwicklungen im Norden Europas und hatte die physische, funktionale und soziale Integration (vgl. NIRJE 1999, 26) der Betroffenen zum Ziel. Zwischen 1986 und 1995 sollten laut Beschluss des Wiener Gemeinderates 1000 gemeinwesenintegrierte Wohnplätze geschaffen werden (vgl. LEBENSHILFE)[11]

3.3. Die Wiener Psychiatriereform

In Wien kam es Ende der 70er Jahre im Zuge der Psychiatriereform zu ersten Umdenk- und in Folge dessen zu Umstrukturierungsprozessen im psychiatrischen Bereich. Obwohl sich die Wiener Psychiatriereform vor allem an Veränderungen und Verbesserungen der Lebenssituation von Menschen mit psychischen Erkrankungen orientierte, profitierten auch Menschen mit Lernschwierigkeiten von den Reformen - eine nicht geringe Anzahl war bis dahin in psychiatrischen Anstalten untergebracht (vgl. NEUBAUER, THEUNISSEN 1999, 14).

1979 beschloss der Wiener Gemeinderat einen Zielplan, der die schrittweise Auflösung und Ausgliederung der Menschen mit Lernschwierigkeiten aus der Psychiatrie vorsah. Stattdessen sollten die Betroffenen in "gemeindenahen, teilstationären" (SCHMIDT 1993, 72) Einrichtungen untergebracht werden, beziehungsweise nur noch ambulante Betreuung erhalten.

Durch das 1991 in Kraft getretene Unterbringungsgesetz (UbG)[12] wurde die Unterbringung von Menschen mit Lernschwierigkeiten in psychiatrischen Krankenhäusern zu einem rechtswidrigen Tatbestand - es sei denn, es besteht zusätzlich zur geistigen Behinderung eine psychische Erkrankung. NEUBAUER und THEUNISSEN bezeichnen den Zeitpunkt des Inkrafttretens des UBG als "Eckdatum für die Enthospitalisierung in Österreich" (NEUBAUER, THEUNISSEN 1999, 15), wobei anzumerken ist, dass sich die Entwicklung in den verschiedenen Bundesländern Österreichs sehr unterschiedlich gestaltet (vgl. NEUBAUER, THEUNISSEN 1999).

3.4. Neue Wege Richtung Autonomie und Integration - auch in Bezug auf Partnerschaft und Sexualität?

Das Leben in einer zweigeschlechtlichen Welt (Normal life in a heterosexual world) wurde im Normalisierungskonzept als wesentlicher Faktor erkannt, die strikte Trennung der Geschlechter, wie sie in der institutionellen Behindertenhilfe bis dahin praktiziert wurde, ist in den neuen Wohnformen im Zuge der Reformprozesse aufgehoben worden (vgl. GAEDT 1999).

In Folge dieser Veränderungen kam es erstmals dazu, dass das Thema Sexualität von Menschen mit Lernschwierigkeiten auch in der Öffentlichkeit diskutiert wurde. Behandelten in den 70er Jahren noch Fachleute die Frage, ob Menschen mit Lernschwierigkeiten das Recht dazu haben, ihre sexuellen Bedürfnisse auszuleben, in Partnerschaften zu leben, etc.[13], ist mittlerweile das Bewusstsein über die Priorität der Umsetzung der Normalisierungsprinzipien im theoretischen Konzept der Trägereinrichtungen in Wien verankert.

Die VertreterInnen des Normalisierungskonzepts verpflichteten sich dem Paradigma der Individualität, der bestmöglichen Selbstbestimmung sowie der Ermöglichung angemessener Lebensqualität. Die sich im Zuge der Liberalisierungsprozesse entwickelte Anerkennung der Menschen mit Lernschwierigkeiten als Menschen mit sexuellen Bedürfnissen, die Aufhebung der Geschlechtertrennung in den Wohneinrichtungen und ein zunehmendes Zugeständnis des Rechts auf Privatsphäre hatten bedeutende Veränderungen zur Folge: So konnten beispielsweise Bedürfnisse und Wünsche bezüglich Partnerschaft und Sexualität erstmals offen von den Betroffenen geäußert werden.

Als wichtiger Teilaspekt der Normalisierung entwickelte sich ein zunehmendes Bewusstsein über die grundlegende Bedeutung der bestmöglichen Wahrung der Privatsphäre der Betroffenen: da die Abhängigkeit von Menschen mit Lernschwierigkeiten auch häufig den Bereich der Pflege- und Hygienemaßnahmen betrifft, ist ein behutsamer und respektvoller Umgang auf diesem Gebiet besonders bedeutend. WALTER betrachtet die Entwicklung in Richtung Wahrung der Privat- und Intimsphäre als essentiellen Faktor der Normalisierung:

"der Gradmesser jeder Normalisierung [...]" ist "[...] immer auch der fehlende oder vorhandene Freiraum im individuellen Intimbereich." (WALTER 2005, 30)

Dies ist für diese Arbeit insofern von Bedeutung, als die Entwicklung elterlicher Kompetenzen auch mit der allgemeinen psychosexuellen Entwicklung in Verbindung zu setzen ist. Auf die Problemstellungen bezüglich dieses Bereichs der Persönlichkeitsentwicklung wird auf Kapitel 4.3. verwiesen.

In den vergangenen Jahrzehnten fanden also einige bedeutende Veränderungen im Umgang mit Menschen mit Lernschwierigkeiten statt. Dennoch ist auch heute noch nicht davon auszugehen, dass eine gesamtgesellschaftliche Annahme oder positive Einstellung gegenüber der Ausübung einer aktiven Sexualität von Menschen mit Lernschwierigkeiten gegeben ist.

"Die Problematik liegt weniger in der Sexualität geistigbehinderter Menschen, sie liegt weit mehr in den Konsequenzen, die Betreuer und Erzieher aus sexuellen Äußerungen und Wünschen dieser Menschen ziehen, welchen Stellenwert sie deren Sexualität zugestehen." (WALTER 2005, 29)

Die "sekundäre geistige Behinderung" kann also gerade im Bereich der Sexualität immer noch als aktuelle Problematik betrachtet werden. Umso problematischer ist folglich in diesem Zusammenhang der Bereich der Elternschaft zu sehen. Selbst WALTER, der auf dem Gebiet der Erforschung und Normalisierung der Sexualität von Menschen mit Lernschwierigkeiten im deutschsprachigen Raum als Pionier gilt, äußert sich bezüglich des Kinderwunsches von Menschen mit Lernschwierigkeiten folgendermaßen:

"Es hängt [...] sehr viel vom pädagogischen Geschick der Eltern und Betreuer ab, behinderte Menschen behutsam im Prozess der Akzeptanz der eigenen Behinderung zu unterstützen. Ohne diese vorangehende Identitätsklärung wird es nur sehr schwer möglich sein, den nächsten Entwicklungsschritt zu bewältigen und die Lebensperspektive eines Erwachsenenohne Elternschaft bejahen zu lernen." (WALTER 2005, 295)

Er betrachtet die Hauptaufgabe des Umfeldes von Menschen mit Lernschwierigkeiten bezüglich eines Kinderwunsches also darin, diese soweit zu unterstützen, dass sie einem Leben ohne Nachkommen positiv entgegenblicken können. In den folgenden Kapiteln wird dargestellt, wie die Thematik des Kinderwunsches beziehungsweise der Schwangerschaft aus psychologischer Sicht betrachtet wird und in weiterer Folge, inwieweit diese allgemeine Auseinandersetzung auf Menschen mit Lernschwierigkeiten umlegbar ist.



[9] THEUNISSEN (1999) stellt fest, dass über lange Zeit wenig Unterschiede in der Versorgung und Betreuung in den verschiedenen Anstaltstypen (Psychiatrie und Behinderteneinrichtungen) erkennbar waren (vgl. THEUNISSEN 1999, 25f)

[10] Gründungsvereine: Balance, Gesellschaft österreichischer Kinderdörfer, Jugend am Werk, Wiener Sozialdienste, Kuratorium für Psychosoziale Dienste, Lebenshilfe Wien (vgl. lebenshilfe.at)

[11] http://www.dielebenshilfe.at/Thema/index.html?/DBPages/00/01/35/77.html, 7.5.06

[12] § 3. (155. Bundesgesetz: Unterbringungsgesetz - UbG): "In einer Anstalt darf nur untergebracht werden, wer 1. an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und 2. nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer Anstalt, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann."

[13] z.B. KLUGE, SPARTY 1977: Sollen, können, dürfen Behinderte heiraten? oder Fachtagung der LEBENSHILFE, Marburg 1987: Schwangerschaftsverhütung bei Menschen mit geistiger Behinderung - notwendig, möglich, erlaubt?

4. ERWACHSENWERDEN, ERWACHSENSEIN

4.1. Entwicklungspsychologische Betrachtung

Setzt man sich damit auseinander, was nun eigentlich - abgesehen von dem Erreichen eines gewissen Alters - als erwachsen sein oder erwachsen werden zu verstehen ist, wie man sich zu verhalten, wie man zu leben oder gar zu fühlen hat, eröffnet sich ein breites Spektrum unterschiedlicher Betrachtungen. FREUD geht in seinem Phasenmodell davon aus, dass die Entwicklung der Persönlichkeit eines Menschen mit dem Durchlaufen der Pubertät als abgeschlossen gelten kann (vgl. FLAMMER 1996, 76f), wobei Erfahrungen und (möglicherweise traumatische) Erlebnisse in der Kindheit das restliche Leben des Menschen prägen (vgl. a.a.O.). Verschiedene EntwicklungspsychologInnen griffen diese Theorien auf und entwickelten sie weiter. So geht ERIKSON in seinen theoretischen Überlegungen davon aus, dass die Entwicklung nicht, wie FREUD annimmt, mit dem Durchlaufen der Pubertät abgeschlossen ist, sondern dass diese erst mit dem Tod des Menschen endet. Er gliedert die Entwicklung des Menschen in acht Phasen[14]. Die Phase des Erwachsenenalters bringt er mit dem Element des "Schöpferischen" in Verbindung (vgl. ERIKSON 1988, 91), das sich im Optimalfall nach der Phase der "adoleszenten Suche nach einem Identitätsgefühl" (ERIKSON 1988, 92) in der Persönlichkeit manifestiert.

4.2. Vom "ewigen Kind" zum mündigen Erwachsenen

Das Erwachsenenalter von Menschen mit Lernschwierigkeiten wurde über lange Zeit sowohl in der Pädagogik als auch gesamtgesellschaftlich nur marginal behandelt (vgl. WALTER 1987, 82f). Die spärlich erschienen Veröffentlichungen zu dieser Thematik

"[...] waren stark geprägt von der Vorstellung des infantilen geistigbehinderten Erwachsenen [...]" (a.a.O., 83), der in seiner Entwicklung stehen geblieben und so als "ewiges Kind" zu betrachten und behandeln sei. Erwachsenen Menschen mit Lernschwierigkeiten wurde (und wird auch heute noch) häufig ein ihnen - ihrem Verhalten, ihrer Intelligenz - "entsprechendes" Alter zugeschrieben, welches den Entwicklungsstand der Betroffenen umschreiben soll. So wird beispielsweise einer 35jährigen Frau mit Lernschwierigkeiten der Entwicklungsstand eines 10jährigen Kindes errechnet.

Erst ab den 1970er Jahren entstand ein zunehmendes Interesse an der Thematik des adäquaten Umgangs mit erwachsenen Menschen mit Lernschwierigkeiten. WOHLHÜTER (2005) beschreibt fünf Aspekte des Erwachsenseins beziehungsweise werdens und stellt in seinen Erläuterungen dazu einen Bezug zur gegenwärtigen Lebenswelt von Menschen mit Lernschwierigkeiten her:

  • "Zunahme einer persönlichen Bewusstheit"

  • "Zunahme von Individualität"

  • "die Möglichkeit des Sich-Entscheidens"

  • "Zunahme von Selbständigkeit"

  • "Ausbalancieren von individuellen Wünschen und Bedürfnissen einerseits und der äußeren Realität andererseits" (WOHLHÜTER 2005, 188ff)

Betrachtet man diese Merkmale hinsichtlich der Lebensrealität von Menschen mit Lernschwierigkeiten, wird deutlich, dass die Betroffenen in allen genannten Kategorien über lange Zeit (sowie auch heute noch) im Vergleich zur "Normalbevölkerung" eingeschränkt wurden und werden. Der wohl bedeutendste Unterschied liegt in der Diskrepanz zwischen dem Freiraum, der erwachsenen Menschen im Normalfall zugestanden wird und jenem, über den die Betroffenen verfügen (dürfen).

HAHN nennt als Grund für diese Problematik ein "Wahrnehmungsproblem" (HAHN 2005, 113) gegenüber Menschen mit Lernschwierigkeiten. Er geht davon aus, dass Wahrnehmungsleistungen immer auch an Interpretationsleistungen geknüpft sind. "Wahrnehmbare Sachverhalte, die im Zusammenhang mit einer Behinderung stehen" (a.a.O., 114), werden dieser also untrennbar zugeordnet: Eine andersartige Wohnsituation, Ehelosigkeit beziehungsweise ein lebenslanges Singledasein und ähnliches scheinen dadurch gerechtfertigt zu sein, dass diese Menschen eben andersartig oder behindert sind (vgl. a.a.O., 114). Nur die Entkoppelung der vermeintlichen Einheit: Behinderung und selbstverständliche Desintegration "lässt uns plötzlich den Menschen erkennen, der an der Gemeinschaft anderer teilhaben möchte" (a.a.O., 115), der das Bedürfnis hat, ein Leben so normal wie möglich zu leben.

Indem also immer größere Freiräume geschaffen werden, in denen die Betroffenen "sich selbst ausprobieren" (WOHLHÜTER 2005, 190) können, kann der Prozess in Richtung Erwachsensein gefördert werden (vgl. a.a.O., 190).

Fakt ist jedoch wiederum, dass bei Menschen mit Lernschwierigkeiten "ein extremes Mehr an sozialer Abhängigkeit" (HAHN 2005, 116) im Gegensatz zu nichtbehinderten Menschen existiert. Diese erhöhte soziale Abhängigkeit kann sich auf alle Lebensbereiche - also auch auf den der Sexualität und Partnerschaft - ausdehnen. Ziel soll und muss es also sein, die Verantwortung im Umgang mit den Betroffenen zu erkennen und ein entsprechendes Handlungskonzept zu entwickeln: "Notwendige Abhängigkeitsverhältnisse sollen erkannt, angestrebt, eingegangen und erhalten werden" (a.a.O., 123), nicht notwendige Abhängigkeitsverhältnisse sollen erkannt, vermieden und gelöst werden (vgl. a.a.O., 123).

4.3. Mann/Frau sein mit Lernschwierigkeiten - Entwicklung der Geschlechtsidentität

Lange Zeit ging man davon aus, den Menschen mit Lernschwierigkeiten entweder als "polymorph-perversen Triebtäter" (REUTHER-DOMMER 1999, 5) oder als "ewiges Kind" und somit als "geschlechtsloses Wesen" zu betrachten (vgl. HUBER 2005, MÖSLER, KESSEL 2002). Zahlreiche Ängste, Unsicherheiten und Vorurteile der Eltern, des Betreuungspersonals und der sonstigen involvierten Personen führten dazu, Menschen mit Lernschwierigkeiten gar nicht mit ihrer Geschlechtsidentität zu konfrontieren. Die Vermeidung einer Auseinandersetzung mit der Sexualität von Menschen mit Lernschwierigkeiten wurde folgendermaßen gerechtfertigt: Würde man die "schlafenden Hunde" erst gar nicht wecken, würde sich das "Problem" von selbst lösen, indem es verschwinde oder gar nicht auftauche (vgl. WALTER 2005, 32). Hierzu meint ZEMP während einer Fachtagung des Vereins NINLIL (November 2005):

"Jeder Hund der schläft, wacht irgendwann auf. Sonst ist er tot."

Mit der veränderten Ansicht, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten altersadäquate Lebenserfahrungen sammeln sollen und können, geht die Auseinandersetzung mit der psychosexuellen Entwicklung der Betroffenen einher. Die Problematik bezüglich des Umgangs mit Sexualität und somit die Auseinandersetzung mit dem Mann- bzw. Frau-Sein von Menschen mit Lernschwierigkeiten wird seit den 1970er Jahren sowohl auf theoretischer als auch auf praktischer Ebene thematisiert.

4.3.1. Sexualität als Bestandteil von Identität

Die bewusste Auseinandersetzung mit Sexualität ist als integraler Bestandteil der Entwicklung aller Menschen zu betrachten. Es gilt als unbestritten, dass es sich bei der Sexualität um einen "zentralen und fundamentalen Lebensbereich" (MÖSLER 2002, 37) handelt. Menschen mit Lernschwierigkeiten sollten bezüglich dieser Ansicht nicht ausgeklammert werden, dies wird von den Betreuungseinrichtungen in Wien immer mehr zur Kenntnis genommen.

Eine wichtige Aufgabe des Umfeldes besteht also in einer zielgruppengerechten "Sexualerziehung" (Sexualpädagogik, Sexualandragogik[15]), die möglichst viele Aspekte der Sexualität integrieren und behandeln soll. HAHN vertritt die These, dass Sexualerziehung wesentlich zur Integration von Menschen mit Lernschwierigkeiten beiträgt. Dies begründet er damit, dass Integration von der Ermöglichung von Identität abhängig ist und Sexualität eben einen wesentlichen Bereich der Identität aller Menschen darstellt (vgl. HAHN 2005, 125). Die über lange Zeit ausgeübte Verdrängung oder Leugnung der Sexualität von Menschen mit Lernschwierigkeiten steht also im krassen Gegensatz zu den Integrationsbestrebungen der letzten Jahrzehnte. Trotz der Vielzahl an positiven Entwicklungen und neuen Denkansätzen bleibt die Frage offen, ob und wie diese in der Realität umgesetzt werden. WALTER stellt fest, dass die "Anstaltsrealität auch heute noch vielerorts anders" (WALTER 2005, 36) aussieht, obgleich sich die Toleranz des Umfelds gegenüber der Sexualität von Menschen mit Lernschwierigkeiten in den letzten Jahren erhöht hat.

4.3.2. Problematik der fehlenden Aufklärung

Die sexualbiologische Entwicklung von Menschen mit Lernschwierigkeiten läuft in den meisten Fällen altersgemäß und unabhängig von der Intelligenzminderung ab (vgl. WALTER 2005, 32, KANDEL, MÜLLER-ERICHSEN 1999, 17). Eine verzögerte psycho-sexuelle Entwicklung resultiert jedoch häufig daraus, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten grundlegende Erfahrungen verwehrt werden, die als essentielle Bestandteile der Entwicklung betrachtet werden. So ist auch heute noch eine große Zahl der erwachsenen Menschen mit Lernschwierigkeiten über grundlegende Fragestellungen bezüglich Sexualität nicht ausreichend aufgeklärt. Laut ZEMP ist davon auszugehen, dass mehr als die Hälfte der Frauen mit Lernschwierigkeiten kaum bis gar nicht über Sexualität aufgeklärt sind.[16]

Der Unterschied oder die Schwierigkeit bei der Aufklärung von Menschen mit Lernschwierigkeiten liegt oft darin, dass diese in ihrer Kindheit (infolge einer verzögerten kognitiven und sprachlichen Entwicklung) nicht wie ihre Altersgenossen in der Lage sind, sich Informationen über Nachfragen einzuholen. Wenn Kinder mit Lernschwierigkeiten Fragen zur Sexualität stellen, dann häufig in einer sehr direkten Art und Weise, die von den Erwachsenen als unangenehm und peinlich empfunden wird. Dass die Betroffenen auf klare, einfache und anschauliche Informationsvermittlungen angewiesen sind, führt bei Eltern oder BetreuerInnen, die mit Fragen über Sexualität konfrontiert werden, häufig dazu, diesen Fragen auszuweichen (vgl. WALTER, 1999, 59f). Dies verdeutlicht wiederum die bereits erwähnte, besonders hohe soziale Abhängigkeit der Betroffenen, die ein adäquates Handlungskonzept zur Erreichung einer Identitätsbalance unabdingbar macht.



[14] Säuglingsalter, Kleinkindalter, Spielalter, Schulalter, Adoleszenz, Frühes Erwachsenenalter, Erwachsenenalter, Alter (ERIKSON 1988, 36f)

[15] Andragogik, die: Wissenschaft von der Erwachsenenbildung (DUDEN)

[16] Fachtagung des Vereins NINLIL am 15.11.2005: Liebe, Sex und Betreuung? Wie kann gute Sexualbegleitung für Menschen mit Lernschwierigkeiten aussehen?

5. KINDERWUNSCH, SCHWANGERSCHAFT, ELTERNSCHAFT

5.1. Kinderwunsch

FREUD betrachtet in seiner Triebtheorie den Sexualtrieb ab dem Einsetzen der Pubertät als Trieb zur Fortpflanzungsfunktion (vgl. FREUD 1905, 53). Mit diesem Trieb zur Fortpflanzung wird in seiner als mechanistisch (Mechanismus im Sinne von Ursachen- und Wirkungszusammenhang) bezeichneten Denkweise die Arterhaltung sichergestellt (vgl. FLAMMER 1996, 76f). FREUD sieht die Entwicklung des Menschen in dieser Phase - wie bereits erläutert - als abgeschlossen an. ERIKSON geht in seiner Lebenszyklustheorie davon aus, dass jeder Mensch im Laufe seines Lebens den Wunsch nach Nachkommen entfaltet (vgl. ERIKSON 1988, 86ff). Er spricht von einem "psychobiologischen Zeugungsbedürfnis", das sich in der Phase des Erwachsenenalters äußert und dessen Nichterfüllung negative Auswirkungen auf die weitere Persönlichkeitsentwicklung haben kann:

"Wo ein fruchtbares Wachsen und Werden in seinen verschiedenen Formen völlig misslingt, kann es zu einer Regression zu früheren Phasen kommen, und zwar in Form eines zwanghaften Bedürfnisses nach Pseudo-Intimität, oder in einer zwanghaften Form der Beschäftigung mit Selbst-Vorstellungen - jeweils durchdrungen von dem Gefühl der Stagnation." (ERIKSON 1988, 87f)

Im darauf folgenden Satz konkretisiert er seine Überlegungen, indem er den Terminus der "Zeugungsfrustration" beschreibt. Diese bleibt "[...] entsprechend dem vorherrschenden technischen Ethos der Geburtenkontrolle leicht unerkannt" (a.a.O., 88).

Die Lebensrealität von Menschen mit Lernschwierigkeiten ist dadurch gekennzeichnet, dass Kinderwünsche oder Elternschaften weitgehend Ablehnung erfahren und die Betroffenen somit zumeist kinderlos bleiben. Dies lässt den Rückschluss darauf zu, dass diese Personen in besonderem Maß von einer "Zeugungsfrustration", wie ERIKSON sie beschreibt, betroffen sind.

5.2. Schwangerschaft

Sowohl die Zeitspanne der Schwangerschaft als auch die Monate nach der Geburt sind durch biologische, psychische und soziale Veränderungen gekennzeichnet (vgl. UNGER, RAMMSAYER 1996, 154). Diese Phase wird für Mutter und Kind - in neueren Studien wird auch die psychische Konstitution des Vaters in die Betrachtung miteinbezogen[17] - als kritisches Lebensereignis beschrieben, das mit "erhöhter Vulnerabilität" (a.a.O., 153) der Betroffenen einhergeht. Die wissenschaftlichtheoretische Erforschung dieser Lebensphase nahm ihren Anfang, als sich die Erkenntnis durchsetzte, dass die Entwicklung des Menschen nicht mit dem Abschluss der Pubertät (FREUD) zu Ende ist, sondern die gesamte Lebensspanne umfasst. "Der Beginn der Elternschaft wird dabei als einer der bedeutsamsten Übergänge im Erwachsenenalter angesehen." (vgl. NECKERMANN, FELDER 1996, 213). Nach GLOGER-TIPPELT (1988) lässt sich die Zeit der Schwangerschaft in vier Phasen einteilen (GLOGER-TIPPELT, zitiert nach NECKERMANN, FELDER 1996, 213f):

  • Verunsicherungsphase

  • Anpassungsphase

  • Konkretisierungsphase

  • Antizipation und Vorbereitung

In jeder dieser Phasen können verschiedenste Ängste zum Vorschein kommen, die je nach bio-psycho-sozialem Inventar der Betroffenen unterschiedlich stark zum Ausdruck kommen.

5.3. Elternschaft

In Kapitel 7. wird noch genauer auf die Bedeutung des Konstrukts Familie eingegangen, die eine Elternschaft impliziert. So ist die Familie "die am häufigsten auftretende Form sozialer Gruppen und die einzige Gruppe, in der zwei Generationen vertreten sein müssen." (Sociolexikon)

Dass die Anforderungen und Erwartungshaltungen an Eltern in Bezug auf eine adäquate Versorgung ihrer Nachkommen immer größer werden, kann als allgemeiner Gesellschaftstrend betrachtet werden. So spricht MEYER von einem Trend zur "Professionalisierten Elternschaft". Damit meint er den zunehmenden Einfluss von pädagogisiertem und psychologisiertem Wissen so genannter Erziehungsexperten (vgl. MEYER 2002), denen sich Eltern gegenwärtig kaum noch entziehen können. Im Zusammenhang mit der Zunahme an gesellschaftlicher Verantwortung für das allgemeine Wohlergehen der Kinder, das über die familiären Grenzen hinweg einen immer wichtigeren Stellenwert einnimmt, wächst der Druck auf Eltern und Kinder. In besonderem Ausmaß ist dies wohl bei Familien zu beobachten, in denen die Eltern (oder ein Elternteil) als "behindert" klassifiziert werden. So stellt PIXA-KETTNER fest:

"Die Gruppe sog. geistig behinderter Mütter und Väter scheint die am strengsten kontrollierte und überwachte Elterngruppe in unserer Gesellschaft zu sein, an die bisweilen sogar höhere Maßstäbe angelegt werden als an andere, sog. nichtbehinderte Eltern." (PIXA-KETTNER 2003, 18).



[17] z.B. Der Übergang zur Vaterschaft. Entwicklungsaufgabe, Krise und Reifungsschritt. Anmerkungen zum Couvade-Syndrom. In: Brähler, E., Unger, U. (Hrsg.): Schwangerschaft, Geburt und der Übergang zur Elternschaft: empirische Studien. Westdeutscher Verlag, Opladen 1996. 71-89

6. KINDERWUNSCH UND ELTERNSCHAFT BEI MENSCHEN MIT LERNSCHWIERIGKEITEN

6.1. Grenzen der Normalisierung?

Folgt man den dargestellten Theorien zu Kinderwunsch und Schwangerschaft (die ja vom Menschen überhaupt und nicht von einer bestimmten Gruppe von Menschen sprechen), ist anzunehmen, dass auch Menschen mit Lernschwierigkeiten aus den jeweiligen Entwicklungs- oder Lebenszyklusphasen nicht auszunehmen sind (vgl. WALTER 2005, 295). Das bedeutet einerseits, dass sich der Kinderwunsch bei den Betroffenen als normale Phase der Entwicklung einstellt. Dass er sich anders und unter Umständen weniger verbal als durch subtilere Verhaltensweisen äußern kann, ist anzunehmen (vgl. WOHLHÜTER 2005, 191). Trotzdem gilt es, in Bezugnahme auf entwicklungstheoretische Überlegungen, die Betroffenen in dieser Phase ernst zu nehmen und zu unterstützen.

Bezüglich der Schwangerschaft wird deutlich, dass diese Phase für die Betroffenen als besonders konfliktreich empfunden werden kann. So sollte von Seiten des Umfelds auf ein erhöhtes Maß an Sensibilität und Empathie geachtet werden. Die häufig ablehnende Haltung des Umfeldes gegenüber der Schwangerschaft von Frauen mit Lernschwierigkeiten, zwingt diese dazu, eine defensive Haltung einzunehmen, die gerade in dieser Phase der erhöhten Vulnerabilität als äußerst belastend empfunden wird (vgl. PIXA-KETTNER 2003, 18). In der Hypothese dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten bei der Übernahme von elterlichen Aufgaben spezielle Unterstützungsmaßnahmen benötigen. Diese müssen auf die individuellen Stärken und Schwächen der Betroffenen hin entwickelt und konzipiert werden, vor allem um das Wohl des Kindes zu gewährleisten, aber auch um für die Betroffenen einen zufrieden stellenden Verlauf in dieser Lebensphase zu ermöglichen. Theoretische Überlegungen zu Kinderwunsch und Elternschaft müssen also an die spezifische Situation von Menschen mit Lernschwierigkeiten angepasst und erweitert werden. EGGER meint hierzu jedoch, dass "die grundsätzlichen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die behinderten Eltern ein Leben mit ihrem Kind erst ermöglichen" (EGGER 1999) in Österreich nicht existent sind.

6.2. Sterilisation zur Gewährung von Lebensqualität?

Dass die "prophylaktische Sterilisation" (WUNDER 2005, 396) von Menschen mit Lernschwierigkeiten über einen langen Zeitraum Usus war und ihren Höhepunkt zur Zeit der Naziherrschaft fand, wird als bekannt vorausgesetzt. Aber auch nach Beginn der Umsetzung der Normalisierungskonzepte wurde diese Praxis fortgesetzt (vgl. WALTER 2005, 365): Um den Betroffenen die Möglichkeit zu gewähren, ihre sexuellen Bedürfnisse auszuleben, wurde aus Angst vor einer Schwangerschaft häufig auf Sterilisation zur Vermeidung einer solchen zurückgegriffen. Diese "scheinliberale Praxis" (PIXA-KETTNER 1999, 63) wurde in vielen Fällen ohne das Wissen der Betroffenen durchgeführt. Die gesetzlichen Bestimmungen in Österreich regeln diesen Tatbestand nach Meinung der ExpertInnen nicht ausreichend, um Menschen mit Lernschwierigkeiten vor einer Sterilisation ohne Zustimmung zu schützen (vgl. etwa TROMPISCH 1998):

"§ 90 Einwilligung des Verletzten

[...] 2) Die von einem Arzt an einer Person mit deren Einwilligung vorgenommene Sterilisation ist nicht rechtswidrig, wenn entweder die Person bereits das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat oder der Eingriff aus anderen Gründen nicht gegen die guten Sitten verstößt." (StGB)

Dieser äußerst allgemein gehaltene Paragraph lässt es den jeweils Zuständigen beziehungsweise dem momentan herrschenden Zeitgeist (vgl. TROMPISCH 1998) offen, was als gute Sitte oder als Verstoß gegen eine solche zu betrachten ist.

Im Rahmen des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes, das im Juli 2001 in Kraft trat, kam es zu einer Regelung, die ein Verbot der Sterilisation Minderjähriger vorsieht.

Diese Neuregelung ist für die Arbeit insofern von hoher Relevanz, als dass die Sterilisation Minderjähriger vor allem Menschen mit Behinderungen betrifft.

"§146d ABGB

Weder ein minderjähriges Kind noch die Eltern können in eine medizinische Maßnahme, die eine dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit des minderjährigen Kindes zum Ziel hat, einwilligen." (ABGB)

In der aktuellen Fassung des Sachwalterrechts im ABGB ist eine Zustimmung zur Sterilisation seitens der Sachwalter nur noch unter folgenden Bedingungen möglich:

"§282:

(3) Der Sachwalter kann einer medizinischen Maßnahme, die eine dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit der behinderten Person zum Ziel hat, nicht zustimmen, es sei denn, dass sonst wegen eines dauerhaften körperlichen Leidens eine ernste Gefahr für das Leben oder einer schweren Schädigung der Gesundheit der behinderten Person besteht. [...] Die Zustimmung bedarf in jedem Fall einer gerichtlichen Genehmigung." (ABGB)

Eine Bewusstmachung hinsichtlich der schwerwiegenden Auswirkungen einer Sterilisation auf die betroffenen Personen (es sind fast immer Frauen), wird von Betreuungseinrichtungen und Beratungsstellen als wichtige Zielsetzung der Behindertenarbeit angestrebt. Für den Raum Wien sind hierbei die Vereine NINLIL[18], BIZEPS und D.U.A.S.B.[19] zu nennen.

Dass sowohl die Unterdrückung der Sexualität als auch die Sterilisation zum "Schutz" der Betroffenen keine adäquaten Lösungen der "Problemstellung" einer möglichen Schwangerschaft von Klientinnen sein können, ist auch heute noch nicht allgemein anerkannt. Die Tabuisierung beziehungsweise das Absprechen des Rechts auf Sexualität ist jedoch als tief greifender Eingriff in die Grundrechte der Menschen zu betrachten. Hierbei wirken sich die "ethisch-moralischen Widerstände und Vorurteile derUmgebung" als "soziale Barrieren" (WALTER 1980, 35) aus, die die Implementierung eines Unterstützungssystems behindern oder verhindern. Dasselbe gilt natürlich für die Sterilisation von Menschen mit Lernschwierigkeiten, sofern ein solcher Eingriff nicht ausdrücklich von der betroffenen Person gewünscht wird.

Dass auch Menschen mit Lernschwierigkeiten den Wunsch nach Fortpflanzung entwickeln, wurde bis in die kürzeste Vergangenheit kaum thematisiert. Dies geht mit der bereits beschriebenen lange vorherrschenden Annahme einher, dass die Betroffenen als "in ihrer Entwicklung stehen geblieben" betrachtet wurden und so in den Augen der meisten nie in die Phase des Erwachsenseins eintreten konnten.

6.3. Rechtfertigung für Kinderwunsch?

Der Aspekt des Kinderwunsches ist für Menschen mit Lernschwierigkeiten auch heute noch als problematisch zu betrachten. Denn obwohl eine Auseinandersetzung mit der Thematik der Sexualität der Betroffenen in vollem Gange ist, ist hierzulande wenig über den Bereich der Elternschaft zu hören. Dies bestätigt sich durch die praktische Inexistenz an österreichischen Publikationen und Untersuchungen zum Thema:

"Da es für Menschen mit höherem Assistenzbedarf in Österreich noch immer keine adäquaten Lösungen zur Finanzierung des tatsächlich benötigten Zeitaufwandes gibt, schränkt auch dieser Aspekt die Möglichkeiten bewusster Mutterschaft ein." (FERRARES 2001)

Wenn man aber - im Sinne der zunehmenden Normalisierung - Menschen mit Lernschwierigkeiten das Recht auf Partnerschaft und Sexualität zuspricht, muss man eben auch damit rechnen, dass die Betroffenen den Wunsch nach Nachkommen äußern oder ungeplant schwanger werden.

"Parenthood may be seen as both a choice and a consequence of ordinary living. With the continuing spread of `ordinary life` principles [...] the number of parents can be expected to rise." (BOOTH&BOOTH 1994, 8)

Äußerungen hinsichtlich eines Kinderwunsches werden vom persönlichen Umfeld der Betroffenen oft nicht ernst genommen. Häufig wird die Meinung vertreten, dass diese den Wunsch haben ein Kind zu bekommen, um sich aus ihrer Rolle des behinderten Menschen zu emanzipieren und, um von ihrer Umwelt als normaler Mensch anerkannt zu werden. Weitere Motive werden in dem Wunsch nach Anerkennung des Erwachsen-Seins oder dem Bedürfnis nach jemandem zum "Liebhaben" angenommen (vgl. PIXA¬KETTNER 1999, 64). Die möglichen psychischen Auswirkungen, die mit der Unterdrückung eines Kinderwunsches einhergehen können, wurden bereits in Kapitel

5. aufgezeigt.

Es stellt sich nun die Frage, ob die genannten Motive - die keinesfalls als pauschal für alle Menschen mit Lernschwierigkeiten zutreffend betrachtet werden sollten - sich so stark von jenen vieler nichtbehinderter Personen unterscheiden.

Der größte Unterschied liegt wohl darin, dass von Menschen mit Lernschwierigkeiten Rechenschaft für einen Kinderwunsch erwartet wird, was von nichtbehinderten Menschen in der Regel nicht gefordert wird (vgl. PIXA-KETTNER 1999, 64).

6.4. Elterliche Kompetenzen

Elternsein ist nicht mehr nur natürliche Aufgabe des Menschen, sondern wird mit bestimmten Kompetenzen in Verbindung gebracht, nach denen es gilt zu handeln. So entstanden in den vergangenen Jahren, neben der Erfüllung von Grundversorgungspflichten (Sicherheit, Gesundheit, Pflege, etc.) (vgl. FELDMAN 1994, 300), erhöhte Anforderungen an (werdende) Eltern:

"Eine gelungene Kindheit, so das allgemein propagierte und in den Medien verbreitete Bild, ist nicht nur an die Abwesenheit von Gewalt, Unterdrückung und Missachtung im familiären Milieu geknüpft, sondern auch an die Übernahme einer aktiven, kompetenten und verantwortlichen Erziehungsrolle durch die Eltern." (LEVOLD 2002, 1)

Die elterlichen Kompetenzen umfassen mehrere Bereiche und können wie folgt differenziert werden:

  • Alltagskompetenz

  • Pädagogische Kompetenz

  • Soziale Kompetenz

  • Kognitive und fachliche Kompetenzen

  • Bewältigungskompetenz

  • Bewertungs- und Veränderungskompetenz (vgl. LEVOLD 2002, 3)

Diese Kompetenzen sollen jedoch nicht als statische Werte betrachtet werden, über die Eltern immer und zu jeder Zeit verfügen müssen, da dies der Realität nicht sehr nahe kommen würde.

Bei den in Kapitel 9. vorgestellten Konzeptionen zur Unterstützung für Eltern mit Lernschwierigkeiten wird darauf geachtet, alle genannten Bereiche in der Arbeit zu integrieren und zu fördern. Die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen werden bei der Beschreibung der Konzepte verdeutlicht. Die verschiedenartig orientierten Ansätze spiegeln so die Variationen an Meinungen wider, welche elterlichen Kompetenzen als am Wichtigsten zu erachten sind. Es besteht also keineswegs Einigkeit darüber, über welche Kompetenzen Eltern verfügen müssen, um "gute Eltern" zu sein, was aber eher als positiv denn als negativ bewertet werden sollte (vgl. LEVOLD 2002, 4). Als für Eltern mit Lernschwierigkeiten wichtigen Aspekt gilt es des weiteren zu hervorzuheben, dass sich elterliche Kompetenz nicht nur auf die Existenz von bestimmten Fähigkeiten und Fertigkeiten reduzieren lässt, sondern dass ein wichtiger Faktor in der Motivation der Eltern liegt, ihre Fähigkeiten und Ressourcen einzusetzen und zu nutzen (vgl. a.a.O., 5). PIXA-KETTNER kommt, angelehnt an die von ihr durchgeführte Studie über Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten, zu dem Schluss, "[...] dass aus einer geistigen Behinderung nicht automatisch die Unfähigkeit zur Elternschaft resultiert." (PIXA-KETTNER 2003, 17)

6.5. Vorurteile, mit denen Mütter und Väter mit Lernschwierigkeiten konfrontiert werden

1.Menschen mit Lernschwierigkeiten sollen keine Kinder bekommen, da die Behinderung sonst an das Kind vererbt wird

Den Höhepunkt der Auswirkungen dieses Vorurteils stellt die systematische Zwangssterilisation von als behindert klassifizierten Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus dar. Ausgehend vom damals stark eugenisch geprägten Denken, wurde in Deutschland ab 1934 - basierend auf dem "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" - die Zwangssterilisation von etwa 400 000 "entarteten Individuen"[20] (KANKELEIT 1929, zitiert nach HERMES 2004, 30) durchgeführt.

Aber auch nach 1945 wurde die Fremdbestimmung in Bezug auf Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten fortgesetzt (vgl. HERMES 2004, 30f). Gründe dafür wurden bereits in Kapitel 6.2. erläutert.

Dass ein kausaler Zusammenhang zwischen einer Behinderung der Mutter oder des Vaters und jener der Kinder besteht, wurde mittlerweile durch zahlreiche Studien widerlegt. PIXA-KETTNER fasst zusammen,

"[...] dass keinesfalls linear aus der Behinderung der Eltern auf eine Beeinträchtigung der Kinder geschlossen werden kann, sondern dass die jeweiligen Bedingungen, unter denen die Kinder aufgewachsen sind, von entscheidender Bedeutung sind." (PIXA¬KETTNER 2003, 19).

Es kann jedoch immer noch nicht davon ausgegangen werden, dass diese Tatsache als allgemein anerkannt gelten kann[21].

2. Menschen mit Lernschwierigkeiten sollen keine Kinder bekommen, da sie ja selbst wie "Kinder" sind

Bereits in Kapitel 4.3. wurde thematisiert, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten über lange Zeit hinweg (und oft auch heute noch) als "ewige Kinder" betrachtet und auch dementsprechend behandelt wurden. Ein Element des Normalisierungsprinzips nach NIRJE, "normal experiences of the life circle" - also die Gewährleistung eines normalen Lebenszyklus -, widerspricht dieser Annahme. Will man den Forderungen dieses Prinzips nachkommen, sollte man Menschen mit Lernschwierigkeiten also zugestehen, sich ihrem Alter entsprechend verhalten zu können, sowie dementsprechend behandelt zu werden und die ihnen zustehenden Rechte und Pflichten ausüben zu dürfen.

3. Menschen mit Lernschwierigkeiten sollen keine Kinder bekommen, da ihnen elterliche Kompetenzen fehlen

Im vorigen Kapitel wurde aufgezeigt, dass keine einheitliche Meinung darüber existiert, über welche elterlichen Kompetenzen eine "gute" Mutter oder ein "guter" Vater verfügen sollte. In den in Kapitel 9. beschriebenen Konzepten der Begleitung von Eltern mit Lernschwierigkeiten wird veranschaulicht, dass die Betroffenen - sofern sie über ein angemessenes Unterstützungsnetzwerk verfügen - häufig in der Lage sind, sich fehlende Fähigkeiten anzueignen, die es braucht, um in adäquater Weise für das Wohl des Kindes zu sorgen. Um des Weiteren dem Vorurteil zu widersprechen, dass Mütter und Väter mit Lernschwierigkeiten nicht über die intuitiven elterlichen Kompetenzen[22] verfügen, die sich bereits in der Schwangerschaft einstellen, meint PIXA KETTNER:

"Bisherige Forschungen haben ergeben, dass intuitive elterliche Kompetenzen weder von der Kultur, noch vom Geschlecht, noch vom Intellekt noch vom Bildungsgrad einer Person abhängig sind." (PIXA-KETTNER 2003, 19).

Es gibt folglich keine Hinweise darauf, dass Eltern mit Lernschwierigkeiten nicht über diese intuitiven elterlichen Kompetenzen verfügen.

Zusammenfassend ist anzumerken, dass anhand einer Diagnose (geistige Behinderung/Lernschwierigkeit) nicht unmittelbar erkennbar ist, über welche elterlichen Kompetenzen die Betroffenen verfügen und wo bei ihnen die Defizite zu finden sind. Pauschale behinderungsspezifische Probleme sind im Zusammenhang mit der Elternschaft nicht feststellbar. Wie bei anderen Familien auch, ist ein erfolgreicher Verlauf für Eltern und Kinder von einer Vielzahl von äußeren sowie von individuellen Faktoren abhängig (soziales Umfeld, Schulbildung, Beruf, psychische Befindlichkeit, etc.). Dies sollte stets in die Betrachtungen miteinbezogen werden (vgl. PIXA¬KETTNER 2004, 3)

6.6. Ohne Hilfe geht es nicht...

Obwohl die Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten mit zahlreichen Hürden, Erschwernissen und Vorurteilen verbunden ist und den Betroffenen der Besitz oder Erwerb oben genannter elterlicher Kompetenzen weitgehend abgesprochen wird, steigt die Zahl der Geburten an.

"Most researchers agree, however, that their [Eltern mit Lernschwierigkeiten] number is steadily growing as a result of deinstitutionalization, decreased segregation, changing attitudes towards sexuality and wider opportunities for independent living and participation in the community." (BOOTH&BOOTH 1994, 7)

So ist durch die bereits erwähnte Studie zur Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten von PIXA-KETTNER, BARGFREDE und BLANKEN (Mitte der 1990er Jahre) verdeutlicht worden, dass es sich "längst nicht mehr um wenige Einzelfälle" (EHRIG 1998, 59) handelt. Schaut man über die österreichischen Grenzen, ist in vielen Ländern bereits seit längerer Zeit ein Trend weg von der automatischen Fremdplatzierung zu erkennen, das heißt, dass immer mehr Kinder von Eltern mit Lernschwierigkeiten auch bei ihren Eltern aufwachsen können (PIXA-KETTNER 1999, 65). Dies wird einerseits durch die zunehmenden Liberalisierungs-und Normalisierungstendenzen in Gesellschaft und Gesetzgebung begründet, andererseits dadurch, dass gezielte Projekte und Unterstützungsmaßnahmen für Betroffenen initiiert wurden, die eine wirksame Unterstützungsstruktur ermöglichen. Im Rahmen der International Association for the Scientific Study of Intellectual Disabilities (IASSID), eine auf internationaler Ebene vernetzte Organisation zur Forschung über intellektuelle Beeinträchtigungen wurde 1996 der Arbeitskreis Special Interest Research Group on Parenting and Intellectual Disability (SIRG/PID) gegründet. Diese Gruppe verfolgt folgende Zielsetzungen:

  • "To encourage, promote and facilitate the development of research into parenting by people with intellectual disability.

  • To extend understanding of the barriers and obstacles that impact on the parenting capacities of people with intellectual disability.

  • To use reason and research to combat and challenge discrimination and prejudice against parents with intellectual disability." (IASSID)

In Österreich hat diese Entwicklung offenbar noch nicht eingesetzt. Diese Annahme resultiert daraus, dass empirische Untersuchungen über die Anzahl von Eltern mit Lernschwierigkeiten oder über deren Bedürfnisse sowie konzipierte Unterstützungsangebote in Österreich bis jetzt nicht existieren. Die Bildung eines Bewusstseins über die Thematik dürfte also noch nicht wirklich in Gang gekommen sein (vgl. FERRARES 2001).



[18] Verein gegen sexuelle Gewalt an Frauen mit Lernschwierigkeiten oder Mehrfachbehinderung

[19] Der Unabhängige Arbeitskreis für Sexualpädagogische Begleitung

[20] So galten Menschen als "entartet", wenn sie "von den im Gesetz definierten Erbkrankheiten" wie etwa "angeborener Schwachsinn", [...] "zirkuläres Irresein" [...] "erbliche Blindheit" (HERMES 2004, 30) betroffen waren.

[21] Nicht selten kam es im Zuge von Gesprächen mit Freunden und Bekannten, denen ich vom Thema dieser Arbeit erzählte, dazu, dass diese mich fragten, ob die Behinderung der Eltern nicht an die Kinder vererbt würde.

[22] PIXA-KETTNER führt folgende Beispiele intuitiver elterlicher Kompetenzen an: Hochnehmen, Sprechen in beruhigender Stimmlage, Streicheln, Herstellung des Blickkontakts mit dem Baby (vgl. PIXA-KETTNER 2003, 19)

7. DIE BEDEUTUNG DER FAMILIE IM WANDEL DER ZEIT

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Bild der Familie in unserer Gesellschaft einem grundlegenden Wandel unterzogen. PETZOLD zählt eine Reihe unterschiedlicher Familienstrukturen auf, wobei sich ein großer Teil dieser verschiedenen Formen vor allem in den letzten 30 Jahren entwickelt hat; so zum Beispiel die Ein-Eltern-Familie, Living-apart-together[23], nichteheliche Lebensgemeinschaften, die Patchwork-Familie, u.v.m. (vgl. PETZOLD 2002). Die Familie wird - obwohl sie durch zahlreiche Veränderungen gekennzeichnet ist - auch heute noch als die primäre soziale Lebensform in allen Gesellschaften betrachtet (vgl. Sociolexikon). Neben den markanten Entwicklungen:

  • massiver Anstieg an Scheidungen und Trennungen

  • grundlegender Wandel der klassischen Rollenverteilung der Geschlechter (vgl. HERMES 2004, 19ff),

hat sich auch das Verhältnis zwischen Eltern und ihren Kindern maßgeblich verändert. LEVOLD spricht von einem Wandel von einer Eltern- oder Erwachsenenzentriertheit hin zu einer "Zentrierung auf die Bedürfnisse und das Wohl des Kindes" (LEVOLD 2002, 2), der in den vergangenen Jahrzehnten stattgefunden hat. Das Konstrukt Familie war über Jahrtausende hinweg ein natürliches Gefüge, bei dem vor allem der materielle und statusbezogene Hintergrund der Familie über die Zukunft der Kinder als entscheidender Faktor galt (vgl. a.a.O., 2). Mittlerweile ist "die Herstellung des Kindeswohls zu einer Aufgabe, einer Aufgabe der Familie einerseits, der Gesellschaft andererseits" geworden (a.a.O., 2). Mit der Übernahme an Verantwortung seitens der Gesellschaft, das Wohl der Kinder zu gewährleisten, geht folglich einher, dass Eltern, die einen erhöhten Unterstützungsbedarf benötigen, adäquate Angebote zur Verfügung gestellt werden.

"Wie allen anderen Eltern müssen ihnen [Eltern mit Lernschwierigkeiten] Hilfen zur Verfügung gestellt werden, wenn sie mit den Betreuungs- und Erziehungsaufgaben nicht zurecht kommen. Und wie allen anderen Eltern können ihnen ihre Kinder weggenommen werden, wenn sie - trotz angebotener Hilfen - nicht in der Lage oder bereit sind, Mindeststandards für Lebensbedingungen ihrer Kinder zu erfüllen." (PIXA¬KETTNER 2003, 17)



[23] Paare mit Kindern, die in getrennten Haushalten leben

8. JURISTISCHE ASPEKTE ZU SEXUALITÄT UND ELTERNSCHAFT VON MENSCHEN MIT LERNSCHWIERIGKEITEN[24]

Sowohl um den Schutz der Menschen mit Lernschwierigkeiten im Bereich der Sexualität zu gewährleisten als auch zur Absicherung des jeweiligen Umfeldes der Betroffenen kommen einige relevante rechtliche Grundlagen zum Tragen. Diese sollen nun zusammengefasst dargestellt werden.

  • Bei Minderjährigkeit von Personen mit Lernschwierigkeiten

Nach §286 StGB macht sich der/die BetreuerIn des Deliktes der Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung schuldig, wenn minderjährige Betreute sexuelle Kontakte untereinander oder mit Volljährigen pflegen. Der/die BetreuerIn trägt hierbei also die volle Verantwortung.

Kommt es zu einer Schwangerschaft einer minderjährigen Frau mit Lernschwierigkeiten, so ist für die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch ein fachärztliches Gutachten sowie die Zustimmung von Eltern, Sachwalter und Pflegschaftsgericht erforderlich. Es ist nicht auszuschließen, dass der/die BetreuerIn in diesem Fall, wegen Unterlassung der Verhinderung einer Schwangerschaft als Mitschuldiger zur Verantwortung gezogen wird. Zur Zahlung von Alimenten wird das Betreuungspersonal jedoch in der Regel nicht herangezogen.

  • Bei Volljährigkeit von Menschen mit Lernschwierigkeiten

In diesem Fall trägt der/die BetreuerIn keinerlei Verantwortung, auch Sachwalter haben bezüglich sexualpädagogischer Fragen keine Verpflichtungen, beziehungsweise Mitspracherechte.

Aus rechtlicher Sicht bestehen keine besonderen Regelungen bezüglich der Mutterschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten, es ist also, juristisch gesehen, keine ablehnende Haltung erkennbar.

Problematisch kann der Aufbau einer sexuellen Beziehung zwischen nichtbehinderten Menschen und Menschen mit Lernschwierigkeiten werden, obwohl dies nicht generell verboten ist. Bei fehlender Einsichtsfähigkeit über Ausmaß und mögliche Folgen geschlechtlicher Handlungen macht sich der nichtbehinderte Partner der Schändung (§205 StGB) schuldig.

Eine weitere Problematik ist in der aktiven Sexualhilfe nach dem österreichischen Strafrecht zu erkennen. Der/die BetreuerIn kann sich der Anstiftung zur Schändung (§205 StGB) schuldig machen, wenn er/sie nicht einsichtsfähige Menschen mit Lernschwierigkeiten zum Geschlechtsverkehr oder anderen unzüchtigen Handlungen veranlasst. Sind jedoch beide Personen einsichtsfähig, volljährig und ist der Wunsch nach Sexualkontakten von beiden gegeben, ist eine Hilfestellung bei sexuellen Handlungen nicht strafbar.

Menschen mit Lernschwierigkeiten können, wenn sie ein Delikt im Rahmen des Sexualstrafrechts begehen, zwar mangels Zurechnungsfähigkeit nicht verurteilt werden, die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher (Maßnahmenvollzug) kann jedoch drohen.



[24] Vgl. TROMPISCH 1998

9. KONZEPTE DER UNTERSTÜTZUNG BEI SCHWANGERSCHAFT UND ELTERNSCHAFT VON MENSCHEN MIT LERNSCHWIERIGKEITEN

Wie in Kapitel 2. erläutert ist es wichtig, jeden Menschen als Individuum mit unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmalen, Stärken und Schwächen, Vorlieben und Eigenheiten zu betrachten und eine Kategorisierung aufgrund von defizitären Merkmalen so weit als möglich zu vermeiden. Für die Entwicklung angemessener Unterstützungskonzeptionen ist eine Kategorisierung jedoch insofern von Nutzen, als diese auf bestimmten Erfahrungswerten aufgebaut und stetig weiterentwickelt werden können. So entstanden auf internationaler Ebene bereits in den 1980er Jahren Konzepte, die speziell auf Unterstützung und Betreuung von Eltern (vor allem Müttern) mit Lernschwierigkeiten ausgerichtet sind. PIXA-KETTNER betont die Wichtigkeit von einem "auf die Bedürfnisse der betroffenen Eltern bzw. Mütter" zugeschnittenem Unterstützungsnetzwerk, das "elterliche Kompetenzen zu stärken vermag und den Elternschaftsverlauf günstig beeinflusst." (PIXA-KETTNER et al. 1996, 152)

In den folgenden Kapiteln werden drei verschiedene Konzepte der Unterstützung vorgestellt, die ihre Wurzeln vor allem in den USA, in Kanada, Australien, Großbritannien und Dänemark haben. Auch in der BRD rückt die Frage nach adäquaten Unterstützungskonzepten immer mehr in den Vordergrund und löst somit die Frage ab, ob Menschen mit Lernschwierigkeiten überhaupt über elterliche Kompetenzen verfügen (vgl. PIXA-KETTNER 1999, 65).

Die nun vorgestellten Konzepte basieren auf unterschiedlichen Methoden und Ansätzen. In der Praxis kommen jedoch alle drei der vorgestellten Modelle der Unterstützung und Begleitung miteinander vermischt zur Anwendung (vgl. a.a.O., 65), sie sind also nicht strikt voneinander zu trennen. Das Ziel der verschiedenen Konzepte ist das gleiche: Eltern mit Lernschwierigkeiten dabei zu unterstützen, ihre Kinder adäquat zu versorgen, und so der lange Zeit ausgeübten Praxis der automatischen Fremdunterbringung als einzige Möglichkeit zum Schutz des Kindes und der Eltern Alternativen aufzuzeigen.

"To serve these parents and their children effectively, social workers should make a commitment to learning as much as possible about working with this population." (Practice notes 2004, 3)

9.1. Lerntheoretisch orientierte Konzepte

"The research evidence shows that, like other parents, mothers and fathers with learning difficulties have the potential to develop new skills and their parenting abilities can be improved by training." (BOOTH&BOOTH 1994, 16)

Als Begründer und Vertreter lerntheoretischer Konzepte der Betreuung von Eltern mit Lernschwierigkeiten sind TYMCHUCK (USA) und FELDMAN (Kanada) zu nennen. Die lerntheoretisch ausgerichteten Konzepte basieren auf den Techniken der Verhaltenstherapie. Ziel ist es, durch konkretes Training fehlende Kompetenzen und Fertigkeiten zu entwickeln und anzulernen. Vertreter dieser Konzepte gehen davon aus, dass auch Menschen mit Lernschwierigkeiten die Fähigkeit besitzen, unter entsprechender Anleitung Kompetenzen zu erlernen und erwerben, die für die Erziehung und Betreuung von Kindern notwendig sind. So sollen die Gründe für eine Fremdunterbringung nicht mehr alleine in den fehlenden Kompetenzen der Eltern mit Lernschwierigkeiten gesucht werden:

"The tremendous needs of these parents are partly responsible, but insufficient training of child welfare workers, a lack of appropriate services, and outright discrimination can also be to blame." (Mac MAHON 2004, 1)

Erste Studien über die Wirksamkeit von verhaltenstherapeutischen Maßnahmen in Bezug auf das Erlernen von Kompetenzen zur Kindererziehung wurden im englischsprachigen Raum ab den 1980er Jahren durchgeführt. FELDMAN kommt 1994 nach der Auswertung zahlreicher Studien zu folgendem Schluss:

"These interventions offer case workers and the courts viable alternatives to removing the child from the home. " (FELDMAN 1994, 329).

9.1.1. Self-directed learning

FELDMAN entwickelte in den 1990er Jahren Materialien zum Selbstlernen für Eltern mit Lernschwierigkeiten und prägte so den Begriff des self-directed learnig. Mit einfach gestalteten Illustrationen und bei Bedarf mit Erklärungen per Tonband werden die wichtigsten Faktoren der Betreuung von Kindern zum Selbstlernen dargestellt. Studien ergaben, dass bei den Probanden fast alle Fertigkeiten durch selbst-gesteuertes Lernen mit den dafür entwickelten Materialien dauerhaft erreicht werden konnten:

"The parents quickly learned how to use the pictorial manuals and accompanying audiocassette." (FELDMAN 2004, 17)

Die Wirksamkeit dieser Lernmaterialien wurde in zahlreichen Studien bestätigt:

"Controlled field studies with 33 parents with ID[25] (30 mothers, 3 fathers) found that 96% of the self-trained skills rapidly reached the same level seen in competent parents and maintained as long as 3.5 years." (a.a.O.)

Auch die IFLA[26] merkt an, dass Illustrationen als Hilfe "zum besseren Verständnis" (TRONBAKE 1999, 13) für Menschen mit Lernschwierigkeiten beitragen können.

PIXA-KETTNER stellt in Bezug auf die lerntheoretisch ausgerichteten Konzepte kritisch fest, dass bei diesen der Fokus auf "oberflächlich-technischen" (PIXA¬KETTNER 1999, 68) Beobachtungen der Eltern-Kind-Beziehung zu sehr in den Vordergrund der Beurteilung rücken kann. Die Maßnahmen orientieren sich außerdem stark an der jeweiligen Diagnose der Betroffenen Mütter und Väter, was eine defektologische Haltung verdeutlicht. Das Modell ist jedoch - wenn auch eher eindimensional - sehr praxisnah formuliert. Dies begründet auch die hohe Erfolgsquote bei den durchgeführten Studien.

9.2. Alltagsorientierte Konzepte

Die Konzepte, die als alltagsorientiert beschrieben werden, wurden vor allem von McGAW (GB) und LLEWLLYN (Australien) entwickelt.

Die Unterstützung der folgenden Konzepte ist, wie der Name schon sagt, individuell auf den Alltag der jeweiligen Betroffenen angepasst. Es geht vordergründig nicht nur darum, einzelne Teilkompetenzen zu erlernen, wie dies in den rein lerntheoretisch ausgerichteten Theorien eher der Fall ist. Alltagsorientierte Konzepte arbeiten zwar vorwiegend mit lerntheoretischen Mitteln, jedoch wird das gesamte soziale System der Betroffenen in die Betrachtung miteinbezogen. Durch die Einbeziehung des Umfelds und den möglicherweise dort angesiedelten Ressourcen oder Problematiken kann man also von einem Konzept sprechen, das auf einem bio-psycho-sozialen Ansatz basiert. Nicht nur die Betrachtung der Eltern-Kind-Beziehung, sondern auch die des gesamten sozialen Umfelds, des finanziellen und gesellschaftlichen Hintergrunds, etc., wird bei der Entwicklung der Unterstützungsangebote integriert.

In diesem methodischen Ansatz werden nicht nur die elterlichen Fähigkeiten in die Betrachtung miteinbezogen. "Lebenspraktische" (PIXA-KETTNER 1999, 69) Kompetenzen, wie das Beherrschen von Sprache, die Fähigkeit, selbständig einen Haushalt zu führen, einen Beruf auszuüben, u.v.m., die nicht unbedingt in Zusammenhang mit einer Elternschaft stehen müssen, werden als parents life skills umschrieben (vgl. a.a.O., 69). Um die Versorgung und Unterstützung an die jeweilige individuelle Situation der Familien anzupassen, geht dem Prozess eine intensive "Kennenlern-Phase" voraus - unter dem Gesichtspunkt der Betrachtung aller vorhandenen und fehlenden Fertigkeiten der Betroffenen. Anhand dieser Beobachtungen wird ein individuelles Unterstützungssystem entwickelt. Auch McGAW hat Materialien in Form von Bildern entwickelt, die den Eltern als Hilfe dienen sollen.

Abb. 1 The Parental Skill Model = Modell elterlicher Kompetenzen; McGaw, S. Strumery, P., Assessing Parents with Learning Disabilities: The Parental Skills Model, in: PIXA-KETTNER, Ursula: Konzepte der Begleitung für Mütter und Väter mit geistiger Behinderung. Ein Beitrag aus der englischsprachigen Literatur, in: Psychosozial Nr.77. Schwerpunktthema: Liebe und Sexualität bei geistiger Behinderung. Hrsg. v. C. Reuther-Dommer, Psychosozial Verlag, Gießen 1999

9.3. Empowerment - Konzepte

Konzeptionen, die sich verstärkt dem Empowerment-Gedanken (im Sinne von Befähigung und Hilfe zur Selbsthilfe) verschreiben, haben ihre Wurzeln vor allem in Dänemark. Bekannteste Vertreterin ist die Dänin FAUREHOLM, die bereits in den 80er Jahren eine Arbeitsgruppe initiierte, die sich sowohl aus Fachkräften als auch aus betroffenen Eltern zusammensetzte (vgl. PIXA-KETTNER 1999, 71). Als Grund für die "Einführung einer alternativen Form der Unterstützung" (FAUREHOLM 1995, 88) konstatiert sie, dass die dänischen Sozialdienste mit diesen Familien vor große Probleme gestoßen werden. Das von ihr formulierte Ziel liegt in einem Entgegenwirken der "allgemein verbreiteten Auffassung, lernbehinderte Eltern seien nicht in der Lage, richtig für ihre Kinder zu sorgen" (a.a.O., 88).

Die Arbeitsgruppe ermöglichte einen interdisziplinären Austausch aller involvierten Personen. Wichtig dabei war insbesondere die Möglichkeit für die Eltern, Kritik gegenüber den professionellen Fachkräften zur Sprache zu bringen und dabei ernst genommen zu werden. Im Zuge dieses Arbeitskreises kam es auf Wunsch der involvierten Eltern zur Entstehung einer Elterngruppe, die nach dem Prinzip von peer support wirksam sein sollte: Regelmäßige Treffen in selbst organisierter Form, in denen Erfahrungsaustausch, Aufbau von sozialen Kontakten und gegenseitige Hilfe im Mittelpunkt stehen, sollen vor allem zur Stärkung des Selbstbewusstseins der Betroffenen dienen (vgl. a.a.O., 88). FAUREHOLM vertritt die Ansicht, dass das Selbstbewusstsein bei Menschen mit Lernschwierigkeiten häufig nicht oder nicht genügend ausgeprägt ist. Dies führt sie auf sozialisationsbedingte negative Erfahrungen zurück, die damit im Zusammenhang stehen, dass den Betroffenen vom Umfeld ein defizit-orientiertes Selbstbild vermittelt wurde. Dies kann wiederum dazu führen, dass sich die Betroffenen erst gar nicht vorstellen können, gute Eltern in dem Sinn zu sein, dass sie ausreichend für das Wohl ihres Kindes Sorge tragen könnten. Wird jedoch das Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen der Menschen gestärkt, können sich eine Reihe von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Stärken besser entfalten. Als wichtiges Merkmal dieser Konzeption gilt es herauszustreichen, dass die Betroffenen von den Fachleuten nicht als KlientInnen, sondern als ExpertInnen wahrgenommen werden. Nicht Schwächen und Defizite, sondern Stärken und Fähigkeiten der Menschen werden in den Vordergrund gerückt.

Die Ergebnisse der Literaturrecherche zeigen auf, dass auf internationaler Ebene bereits zahlreiche Untersuchungen zum Thema Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten durchgeführt wurden. Aufbauend auf diesen Untersuchungen wurden unterschiedliche Konzepte der Unterstützung entwickelt und erprobt. Für den Raum Wien - auf den sich der nun folgende empirische Teil dieser Arbeit konzentriert - konnten jedoch keine Untersuchungen ausfindig gemacht werden. Dem soll nun ein Stück weit entgegengewirkt werden.

Es wird dabei auf die formulierte Hypothese und die darauf aufbauenden Forschungsfragen zurückgegriffen. Bei der Auswertung und Interpretation des gewonnenen Informationsmaterials wird eine Verbindung mit den theoretischen Erkenntnissen hergestellt. Die Forschungsfragen lauten:

Forschungsfrage I:

Auf welche Unterstützungsangebote können Menschen mit Lernschwierigkeiten in Wien zurückgreifen, die ein Kind erwarten beziehungsweise die bereits Eltern sind?

Forschungsfrage II:

Können aus den gewonnenen Daten der ExpertInneninterviews und der Befragung Betroffener, sowie aus Vergleichen mit Konzeptionen anderer Länder begründete Verbesserungsvorschläge formuliert werden?



[25] ID = Intellectual Disability, gleichzusetzen mit der DSM-IV Definition von "mental retardation" der American Psychiatric Association, 1994 (vgl. FELDMAN 2004, 17): "Geistige Behinderung bezieht sich auf substanzielle Einschränkungen der situativen Handlungsfähigkeit. Die intellektuellen Fähigkeiten sind signifikant unterdurchschnittlich; gleichzeitig liegen damit zusammenhängende Erschwernisse in zwei oder mehreren der nachfolgend genannten Bereiche des täglichen Lebens vor: Kommunikation, Selbstversorgung, Wohnen, Sozialverhalten, Benutzung der Infrastruktur, Selbstbestimmung, Gesundheit und Sicherheit, Lebensbedeutsame Schulbildung, Arbeit und Freizeit" (AAMR: Mental Retardation: Definition, classification, and systems of supports. Washington, DC: AAMR 1992, 1)

[26] International Federation of Library Associations and Institutions (Internationaler Verband der bibliothekarischen Vereine und Insitutionen)

10. EMPIRISCHER TEIL

10.1. Einleitung und Begründung der Methodenwahl

Um die in Wien zur Verfügung gestellten Unterstützungsangebote für (werdende) Eltern mit Lernschwierigkeiten exemplarisch zu erfassen, stellt die Wahl von qualitativen Interviews die wohl adäquateste Form der empirischen Forschung dar. Aufgrund der geringen Anzahl der durchgeführten Interviews kann der Anspruch auf Repräsentanz nicht erhoben werden; es soll jedoch ein kleiner Einblick in ein in Wien noch wenig erforschtes Gebiet vermittelt werden.

Die Wahl einer qualitativen Forschungsmethode ist damit begründbar, dass die Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten bis dato ein "Randthema" ist. Die telefonisch durchgeführten Vorerhebungen in Betreuungseinrichtungen zeigten, dass nur über Einzelfälle von Elternschaften berichtet werden kann. Der Leiter einer der österreichweit größten Betreuungseinrichtungen konnte gar nur über einen Fall einer Mutterschaft berichten, der bereits an die 15 Jahre zurückliegt. Es wäre interessant herauszufinden, warum es in Wien nur so wenige Elternschaften von Menschen mit Lernschwierigkeiten gibt - über die Gründe können hier nur Spekulationen angestellt werden. Eine genauere Betrachtung würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen[27]. Nicht nur die geringe Anzahl an Fällen legt nahe, dass die qualitative Methodenwahl in dieser Arbeit der quantitativen vorzuziehen ist:

MAYRING konstatiert in seiner Einführung in die qualitative Sozialforschung, dass diese "keine beliebig einsetzbare Technik ist, sondern eine Grundhaltung, ein Denkstil, der auch in einem anderen Gegenstandsverständnis fußt, der immer streng amGegenstand orientiert ist." (MAYRING 2002, 8) Als wichtigste Merkmale qualitativer Forschung beschreibt er

  • die Subjektbezogenheit,

  • die Deskription,

  • die Interpretation,

  • die Alltagsnähe und

  • den Verallgemeinerungsprozess (vgl. a.a.O., 19).

Mit eben diesen Grundpfeilern soll eine Alternative beziehungsweise eine zusätzliche Handhabe zu den in den Sozialwissenschaften lange Zeit vorherrschenden quantitativen Forschungsmethoden (Skalen, Tests, Fragebögen, etc.) geboten werden, die sich auch zunehmender Beliebtheit erfreut - so spricht MAYRING auch von einer qualitativen Wende im Bereich der Sozialforschung, die im Laufe des vorigen Jahrhunderts eingesetzt hat (vgl. a.a.O., 9). Qualitative Interviews bilden nun immer öfter die Datenbasis wissenschaftlicher Arbeiten (vgl. Werner Stangls Arbeitsblätter).

Als für diese Arbeit relevanteste Begründung der qualitativen Methodenwahl gilt die Subjektbezogenheit, der - wie bereits am Beginn dieser Arbeit erwähnt - in der Forschung oft zu wenig Beachtung geschenkt wurde und wird. Da die Arbeit den Anspruch erhebt, einerseits einen Einblick in den Status quo der Situation in Wien zu ermitteln und zu beschreiben und andererseits dazu dienen soll, Verbesserungsvorschläge zu formulieren, soll bei der Begründung der Vorschläge - zusätzlich zu den theoretisch erarbeiteten Erkenntnissen - die Meinung der Betroffenen fokussiert werden. Als Betroffene sind in diesem Fall sowohl die Mütter und Väter mit Lernschwierigkeiten zu verstehen als auch jene Personen, die unmittelbar mit Unterstützungsaufgaben dieser Menschen betraut sind.

Als zweite wichtige Begründung der Wahl einer qualitativen Forschungsmethode gilt die Alltagsnähe. Die Durchführung der Befragungen im "natürlichen, alltäglichen Umfeld" (a.a.O., 22) soll ermöglichen, Verzerrungen zu minimieren (vgl. a.a.O., 22f). In einer für die Interviewten bekannten und vertrauten Umgebung kann eine möglichst große Vertrauensbasis zwischen Forscherin und Befragtem zustande kommen. Da es sich einerseits bei der Thematik "Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten" in der Fachwelt um ein Tabuthema handelt (vgl. GRIMM 2005, 299) und andererseits diese für die Betroffenen oftmals mit negativen und schmerzlichen Erfahrungen in Verbindung gebracht wird, ist das Risiko von Verzerrungen bei Nichteinhaltung dieses Kriteriums erhöht.

Des Weiteren verschreibt sich das qualitative Interview dem Paradigma der Offenheit. Die Offenheit bezieht sich dabei sowohl auf Forschungsfrage und -ablauf, als auch auf die Untersuchungssituation und darauf folgende Interpretation (vgl. FROSCHAUER, LUEGER 1998, 17). Damit ist gemeint, dass der Forscher sowohl auf theoretischer als auch auf methodischer Ebene dazu bereit sein muss, Änderungen und Ergänzungen vorzunehmen, wenn sich diese im Laufe des Forschungsprozesses als notwendig erweisen (vgl. MAYRING 2002, 28).

10.2. Erhebungsverfahren

Die Entscheidung, sowohl ExpertInnen als auch betroffene Eltern zu befragen, lässt sich folgendermaßen begründen:

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, kam FELDMAN bei der Gegenüberstellung der Aussagen von Eltern mit Lernschwierigkeiten mit jenen der zuständigen SozialarbeiterInnen zu dem Ergebnis, dass diese in den meisten Fällen eine unterschiedliche Auffassung von und Beurteilung der Unterstützungsleistungen formulierten. Zwar stellten beide befragten Gruppen fest, dass Lücken in der Betreuung bestehen, jedoch wurden unterschiedliche Bereiche genannt, in denen sich diese Mängel an Unterstützung manifestieren (vgl. FELDMAN 1991, 144f). Um also ein für alle Beteiligten zufrieden stellendes Netzwerk an Unterstützungsangeboten konzipieren zu können, ist eine Gegenüberstellung der Aussagen der involvierten Personen und Institutionen als unabdingbar zu erachten (vgl. FELDMAN 1991, 138). Zur Wichtigkeit der Befragung von Menschen mit Lernschwierigkeiten bei der Entwicklung von Unterstützungsangeboten wird auf Kapitel 10.2.3. verwiesen.

10.2.1. ExpertInneninterviews

Welche Personen allgemein als ExpertInnen für qualitative Interviews in Betracht kommen, soll gleich vorab dargelegt werden. BOGNER et al. bezeichnen jene Person als ExpertIn, die "in irgendeiner Weise Verantwortung trägt für den Entwurf, die Implementierung oder die Kontrolle einer Problemlösung", beziehungsweise jene Person, die "über einen privilegierten Zugang zu Informationen über Personengruppen oder Entscheidungsprozesse verfügt." (BOGNER et al. 2005, 73)

Mit dieser Definition soll eine klare Abgrenzung zum "voluntaristischen Expertenbegriff" (a.a.O., 40) hergestellt werden. Dieser besagt, dass jeder Mensch als Experte, und zwar als Experte seines eigenen Lebens (vgl. a.a.O., 40) gelten kann. Die Demarkation soll dazu dienen, die Interviews mit ExpertInnen von jenen mit betroffenen Eltern abzugrenzen. Es erscheint passender, die ExpertInnen unter dem Blickwinkel der "konstruktivistischen Definition" (a.a.O., 40) zu betrachten, in welcher der Experte als "Konstrukt" des Forschungsinteresses zu sehen ist (sozialrepräsentionaler Ansatz). Unter methodisch-relationaler Betrachtung (vgl. a.a.O., 40) ergibt sich nach dieser Definition die Möglichkeit, "dass sich innerhalb von Organisationen auch auf niederen Hierarchieebenen erfolgreich nach Experten suchen lässt." (a.a.O., 40) Es wird sogar die Meinung vertreten, dass VertreterInnen der Leitungsebenen eher selten als optimale InterviewpartnerInnen für qualitative ExpertInneninterviews in Betracht kommen (vgl. a.a.O., 40). Dies könnte auch für diese Untersuchung gelten, da keine Betreuungseinrichtung in Wien über offizielle Stellungnahmen zum Bereich der Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten verfügt. Das Wissen über die Erschließung adäquater Hilfsmittel und über fehlende Ressourcen ist also am ehesten bei jenen Personen vorzufinden, die in direktem Kontakt mit den Betroffenen stehen. Die Wahl der ExpertInnen "muss also immer in Relation zum konkreten Handlungsfeld, in dem der Experte agiert, und in Hinsicht auf das Untersuchungsspektrum der empirischen Erhebung" (BOGNER et al., 46) getroffen werden.

Resultierend aus diesen Erkenntnissen wurden die ExpertInneninterviews einerseits mit drei Mitarbeiterinnen aus Einrichtungen zur Beutreuung von Menschen mit Lernschwierigkeiten, mit zwei beim Amt für Jugend und Familie tätigen Sozialarbeiterinnen und mit einer Sozialarbeiterin des Vereins für Sachwalterschaft durchgeführt. Entgegen der Theorie des "besseren Experten" auf unteren Hierarchieebenen fand ein weiteres Interview mit dem pädagogischen Leiter einer Betreuungseinrichtung statt, der im Laufe seiner Arbeit bereits mehrmals mit dem Thema Elternschaft konfrontiert wurde. Die Befragung eines Vertreters der Leitungsebene wurde im Sinne der Vollständigkeit durchgeführt, damit möglichst viele verschiedene Blickwinkel der Betrachtung aufgezeigt werden können.

Für die Durchführung der Interviews wurde ein Interviewleitfaden erstellt, es wurde jedoch stets betont, das Gespräch so offen wie möglich zu halten. Über Aufbau und Entwicklung des Leitfadens wird in Kapitel 10.3.2. Aufschluss gegeben. Fünf der sieben ExpertInneninterviews fanden in den jeweiligen Büroräumen der Befragten statt. Sie wurden auf Tonband aufgenommen und anschließend - unter Beachtung der Regeln der Interviewtranskription nach FROSCHAUER (1998, 88) - transkribiert. Die zwei weiteren ExpertInnen wurden telefonisch befragt, die Informationen wurden mittels Gesprächsprotokoll aufgezeichnet. Die Dauer der Interviews betrug jeweils etwa eine Stunde.

10.2.2. Problemzentrierte Interviews mit Betroffenen

"Das problemzentrierte Interview (PZI) ist ein theoriegenerierendes Verfahren, das den vermeintlichen Gegensatz zwischen Theoriegeleitetheit und Offenheit dadurch aufzuheben versucht, dass der Anwender seinen Erkenntnisgewinn als induktivdeduktives Wechselspiel organisiert." (WITZEL 2000, 1) Man versteht darunter alle Formen der offenen, halbstrukturierten Befragung (vgl. MAYRING 2002, 67). Wichtiges Merkmal des PZI ist - wie der Name sagt - die Fokussierung auf einen bestimmten Problembereich. In diesem Fall ist dies die Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Ein weiteres Merkmal besteht in der Offenheit des Gesprächsverlaufs. Der Befragte soll möglichst frei zu Wort kommen (vgl. a.a.O., 67), obgleich - wie beim ExpertInneninterview - ein Leitfaden als "Gedächtnisstütze und Orientierungsrahmen" (WITZEL 2002, 4) verwendet werden soll. Die Herstellung einer Vertrauenssituation zwischen Frager und Befragtem bei der Durchführung von PZI soll speziell bei der Befragung von Menschen mit Lernschwierigkeiten noch einmal

als wichtiges Kriterium hervorgehoben werden und wird im folgenden Kapitel auch

eingehend thematisiert.

Planung und Ablauf der Interviews orientierten sich an folgendem Modell:

Abb. 2 Ablaufmodell des Problemzentrierten Interviews (MAYRING 2002, 71)

Die Interviews fanden in den jeweiligen Büros der Betreuungseinrichtungen der Befragten statt. Die Dauer der Befragungen betrug etwa 45 Minuten.

10.2.3. Die Befragung von Menschen mit Lernschwierigkeiten

Auch heute bleiben Menschen mit Lernschwierigkeiten im Forschungsprozess und bei der Entwicklung von Unterstützungsangeboten zumeist aus dem Evaluationsprozess ausgespart. Dies betrifft auch den Bereich der Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten:

"The research literature in this field has disregarded the perspective of parents." (BOOTH&BOOTH 1994, 5)

Die Tatsache, dass die Betroffenen zumeist als nicht adäquate AnsprechpartnerInnen betrachtet werden, wird von HAGEN als "untragbare Situation" (HAGEN 2002, 293) bezeichnet. Sie vertritt folgende Ansicht:

"Um wirksame, für die Hilfsadressat(inn)en als sinnvoll erlebbare Unterstützungsleistungen entwickeln zu können, ist ein echter Dialog mit den Betroffenen unverzichtbar." (a.a.O., 293)

Bei der Befragung von Menschen mit Lernschwierigkeiten muss jedoch mit Problemen gerechnet werden, die zwar allgemein als Fehlerquellen in der Befragung gelten, bei den Betroffenen aber mitunter in erhöhtem Maß auftreten können:

  • "Ja - sage - Tendenz"

HAGEN erklärt die erhöhte "Neigung zur Zustimmung" (a.a.O., 294) in Befragungssituationen bei Menschen mit Lernschwierigkeiten damit, dass diese Tendenz allgemein bei Menschen mit geringerem Bildungsniveau auftrete. Diese Antwortstrategie wird angewandt, um "Unwissen zu kaschieren, Anstrengung durch Nachdenken für die Antwort zu vermeiden, soziale Anerkennung für die Antwort zu erhalten" (a.a.O., 294). Die Tendenz, soziale Anerkennung für die Antwort erhalten zu wollen, nennt man auch

  • soziale Erwünschtheit

Diese Problematik - die ebenfalls keineswegs nur auf die Befragung von Menschen mit Lernschwierigkeiten zutrifft - liegt bei den Betroffenen häufig daran, dass sie über keinerlei Erfahrung im Bereich der Befragung verfügen (vgl. a.a.O., 295). Weiters haben die Lebensumstände der Betroffenen großen Einfluss auf Validität und Reliabilität der Aussagen. So sind - bezüglich sozialer Erwünschtheit - große Unterschiede zwischen Betroffenen beobachtet worden, die innerhalb beziehungsweise außerhalb von Institutionen untergebracht sind. Bei der Befragung von Menschen mit Lernschwierigkeiten, die unter normalisierten Bedingungen leben (d.h. die in keiner Großinstitution untergebracht sind), und die des Weiteren über eine gewisse Routine in Befragungssituationen verfügen, bestehen kaum Unterschiede in Validität und Reliabilität der Aussagen im Vergleich zur "Normalbevölkerung" (vgl. a.a.O., 295f). Mit der Aneignung einer gewissen Routine in Befragungssituationen einerseits und mit Bedacht auf die jeweiligen Lebensbedingungen andererseits kann also gesagt werden, "dass kein signifikanter Zusammenhang zwischen einer Zustimmungstendenz und dem Grad geistiger Behinderung nachweisbar" ist. (HAGEN 2002, 296) Ein weiterer wichtiger Faktor wird in den

  • Kontextbedingungen

in denen die Befragung stattfindet, gesehen (vgl. a.a.O., 296).

So ist es bei der betroffenen Personengruppe wichtig, die Freiwilligkeit der Teilnahme an einer Befragung zu betonen. Viele Menschen mit Lernschwierigkeiten kennen Befragungssituationen nur als "medizinische Tests zur Diagnostizierung ihrer geistigen Behinderung" (a.a.O., 296). Diese Erfahrungen können zur Entwicklung der Ansicht führen, bei Befragungen handle es sich um Tests, in denen man sich bewähren müsse (vgl. a.a.O., 296). Um zu aussagefähigen Ergebnissen zu kommen, soll darum auf das Prinzip der Freiwilligkeit aufmerksam gemacht werden. Es ist wichtig zu betonen, dass keinerlei Sanktionierung aufgrund der gegebenen Informationen zu befürchten ist (vgl. DIEKMANN 2000, 375).

Weiters ist auf das jeweilige Setting des Interviews zu achten: Befragungen, die in einem dem Befragten bekannten Umfeld stattfinden, sind eher durch Validität gekennzeichnet (vgl. a.a.O., 296) Außerdem wurde vor Beginn der Interviews mehrmals betont, dass das Informationsmaterial unter Beachtung von Datenschutz und Anonymität verwertet wird. Um die Anonymität der interviewten Mütter gewährleisten zu können, werden auch die befragten ExpertInnen weder namentlich genannt, noch wird erläutert in welcher Einrichtung sie tätig sind.

Die Befragungen von betroffenen Müttern fanden jeweils in den Büroräumlichkeiten der betreuenden Einrichtung für Menschen mit Lernschwierigkeiten statt. Ein Interview wurde auf Tonband aufgenommen und anschließend transkribiert, das zweite Interview wurde - auf Wunsch der befragten Person - nur mittels Gesprächsprotokoll festgehalten.

10.3. Planung

10.3.1. Literaturstudium und Einarbeiten in die Thematik

Der erste Schritt des Forschungsprozesses bestand im Vertrautmachen mit dem zu erforschenden Gebiet (vgl. MIEG 2001, 9). Hierzu war es nötig, sich intensiv mit der Fachliteratur und den damit in Zusammenhang stehenden Disziplinen, sowie mit dem derzeitigen Forschungsstand auseinanderzusetzen. Im Zuge dessen entstand eine zunehmende Klarheit darüber, wie das Erkenntnisinteresse und die genaue Fragestellung formuliert werden kann. Im Anschluss daran konnte ein konkreter Interviewleitfaden ausgearbeitet werden (vgl. a.a.O., 9).

10.3.2. Entwicklung des Leitfadens [28]

Bei der Entwicklung des Leitfadens wurde bei beiden Befragungsgruppen (ExpertInnen, Betroffene) darauf geachtet - im Sinne des Prinzips der Offenheit - nur die wichtigsten Punkte festzuhalten. Der Leitfaden wurde erstellt, um während des Interviews als Gedächtnisstütze (vgl. a.a.O., 13) zu dienen, um keinen wichtigen Punkt zu vergessen und um eine gewisse Struktur während der Befragung aufrechterhalten zu können.

Die Gliederung des Leitfadens wurde - angelehnt an FROSCHAUER (1998) - folgendermaßen vorgenommen:

  • Gesprächseinstieg

Die Einstiegsfragen sollen als "Mundöffner" (LEGEWIE) dienen, also dazu, eine angenehme Gesprächsatmosphäre zu schaffen. MAYRING (2002) bezeichnet diese Phase des Gesprächs auch als Phase der Sondierungsfragen (siehe S.65).

  • Haupterzählung

In dieser Phase sollen die wichtigsten Themenaspekte abgehandelt werden, also jene Fragen, die im Leitfaden enthalten sind und die als Schlüsselfragen gelten. Die Hauptfragen oder Schlüsselfragen werden bewusst zu Beginn dieser Phase gestellt, um "auf der sicheren Seite" (MIEG 2001, 13) zu sein, das heißt um sicherzugehen, dass diese Fragen auch wirklich beantwortet werden. Zur Ergänzung werden so genannte "Eventualfragen" (a.a.O., 13) formuliert, die von weniger großer Bedeutung sind, jedoch zum besseren Verständnis der jeweiligen Kontextbedingungen beitragen können (vgl. a.a.O., 13)

  • Zusammenfassung und Ausstieg

In dieser Phase soll versucht werden, die wichtigsten Aspekte der Informationen noch einmal zusammenzufassen und Zukunftsaussichten und Perspektiven zu formulieren.

10.3.3. Frageformulierung unter besonderer Beachtung von Easy-Reader Regeln bei der Befragung von Menschen mit Lernschwierigkeiten

Seit 1993 ist die Entwicklung von so genanntem Easy-Reader Material durch das UNO-Dokument "The Standard Rules on the Equilization of Opportunities for Persons with Disabilities" zu einem Ziel geworden, damit das demokratische "Grundrecht, Zugang zu Kultur, Literatur und Information zu haben", für alle Bürger gewährleistet werden kann (TRONBACKE 1999, 2). Unter Easy-Reader Material wird die "sprachliche Abänderung eines Textes verstanden, so dass der Text leichter zu lesen ist, die Komplexität des Inhalts aber nicht verändert wird; andererseits kann es eine Vereinfachung des Textes sowohl auf sprachlicher als auch auf inhaltlicher Ebene bedeuten." (a.a.O., 2) Eine der Hauptzielgruppen dieser Materialien stellen Menschen mit Lernschwierigkeiten dar.

So wurden Richtlinien erarbeitet, die zu einem einfach lesbaren Text führen sollen (vgl. a.a.O., 12). Einige dieser Richtlinien sollen hier genannt werden, da sie bei der Entwicklung des Leitfadens für die Interviews mit betroffenen Müttern beachtet wurden:

  • Verwendung einer konkreten, möglichst nicht abstrakten Sprache

  • Vermeidung von Metaphern die missverstanden werden könnten

  • Vermeidung von schwierigen Worten, aber ohne dabei in eine "Kindersprache" zu verfallen

  • Kurze, direkte und möglichst unkomplizierte Formulierungen (vgl. a.a.O.,12)

10.3.4. Zugang zum Feld

Die durchgeführten Interviews fanden zwischen Februar und Mai 2006 statt. Der Zugang zu Personen, die in ihrer beruflichen Laufbahn mit dem Thema Schwangerschaft und Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten konfrontiert wurden, gestaltete sich äußerst schwierig. Am Beginn der Vorerhebungen wurden schriftliche Anfragen (per E-Mail) an eine Vielzahl relevanter Institutionen in Wien versandt. Dies waren vor allem Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Lernschwierigkeiten und das Amt für Jugend und Familie, aber auch Beratungszentren wie Familienplanungsstellen, Familienberatungsstellen und der Verein für Sachwalterschaft. Ursprünglich war geplant, die ExpertInneninterviews ausschließlich mit VertreterInnen der Leitungsebenen durchzuführen. Im Zuge der theoretischen Auseinandersetzung mit der Praxis der Durchführung von ExpertInneninterviews einerseits und andererseits der Erkenntnis, dass keine relevante Institution über offizielle Stellungnahmen zum Thema verfügt, verlagerte sich die Wahl auf die Befragung von Personen, die über einen unmittelbaren, direkten Zugang zum Feld verfügen. Das Prinzip der Offenheit kam also gleich am Beginn zur Anwendung. Da keine Stelle auf die schriftlichen Anfragen reagierte, wurde die Methode der telefonischen Kontaktaufnahme gewählt. Hier zeigte sich in erster Linie, dass die Betreuungseinrichtungen über Erfahrungen in diesem Bereich verfügen, es wurde jedoch stets betont, dass es sich lediglich um Einzelfälle handle. Eine weitere Problematik bestand bei den telefonischen Anfragen insofern, als es schwierig war herauszufinden, wer als Experte für ein Interview in Frage käme. So wurde häufig auf Personen verwiesen, die dann bei der darauf folgenden Kontaktaufnahme angaben, dass sie - entgegen der Meinung der "Vermittler" - über keine Erfahrungen bezüglich der Thematik verfügen würden.

Es war ursprünglich geplant, MitarbeiterInnen aus mindestens fünf unterschiedlichen Trägereinrichtungen der Betreuung von Menschen mit Lernschwierigkeiten zu befragen. Dies ist nicht gelungen, es konnten lediglich MitarbeiterInnen aus drei Betreuungseinrichtungen für die Durchführung von Interviews gewonnen werden. Auch am Amt für Jugend und Familie war die Kontaktaufnahme nicht unproblematisch. Schlussendlich konnte eine telefonische Befragung und ein Interview im Büro einer Sozialarbeiterin der MAG11 durchgeführt werden. Die geplante Durchführung eines Interviews mit einer/einem MitarbeiterIn eines Mutter-Kind-Heimes ist leider nicht gelungen[29].

Als nicht weniger kompliziert stellte sich der Gewinn von InterviewpartnerInnen heraus, die als Betroffene bezeichnet werden. Da jedoch von Beginn an davon ausgegangen wurde, dass es nicht einfach ist, betroffene Mütter oder Väter mit Lernschwierigkeiten für Interviews zu gewinnen (vgl. HAGEN 2002), kann es als Erfolg gewertet werden, dass sich zwei Mütter dazu bereit erklärten, über ihre Erfahrungen Auskunft zu geben. Die Kontakte mit den beiden Müttern kamen über die jeweiligen BezugsbetreuerInnen zustande. Beide Mütter werden im Rahmen der ambulanten Wohnbetreuung begleitet, das heißt, dass sie alleine oder mit dem Partner zusammenleben und regelmäßige Kontakte zu ihren BezugsbetreuerInnen pflegen. Diese ambulant betreute Wohnform ist die am häufigsten vorkommende für Eltern mit Lernschwierigkeiten.

Einigen kontaktierten Personen soll die Rolle der Gate-Keeper oder "Tür-Öffner" (MIEG 2001, 13) zugesprochen werden. Aufgrund ihrer Empfehlungen, Referenzen und wichtigen Kontakt-Hinweisen (vgl. a.a.O., 13) wurde der Feldzugang erheblich erleichtert. Als besonders wichtig in diesem Zusammenhang sind folgende Personen zu nennen: Elisabeth Chlebecek und Elisabeth Buxhofer von der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung, Christine Kautnik von der Einrichtung Aktion Leben, Tobias Buchner vom Verein GIN und Petra Schwarz vom Institut für Sexualandragogik.

10.4. Vorstellen der interviewten Personen

10.4.1. ExpertInnen

Im Zuge der empirischen Forschung wurden 7 ExpertInneninterviews durchgeführt. Allen Interviewten ist gemeinsam, dass sie über Erfahrungen in der Betreuung und Begleitung von Eltern mit Lernschwierigkeiten verfügen:

- 3 Mitarbeiterinnen von Betreuungseinrichtungen für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung

  1. Frau A.: seit 14 Jahren Mitarbeiterin im Bereich Betreutes Wohnen, Ausbildung als Kindergärtnerin, derzeit Besuch eines Lehrgangs für heilpädagogische Berufe, war/ist mit der Betreuung von zwei Müttern mit Lernschwierigkeiten betraut

  2. Frau B.: seit 10 Jahren Mitarbeiterin im Bereich Betreutes Wohnen, abgeschlossenes Pädagogikstudium, kann über 12 Elternschaften berichten

  3. Frau D: seit 3 Jahren Mitarbeiterin im Bereich Betreutes Wohnen, klinische Psychologin, betreut zwei Mütter mit Lernschwierigkeiten

- Herr E.: Mitglied der Geschäftsführung und Bereichsleiter Persönliche Assistenz einer Betreuungseinrichtung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung (seit über 15 Jahren), DBP, berichtet vor allem von zwei Fällen, gibt an, dass weitaus mehr bekannt sind

- 2 Mitarbeiterinnen des Amtes für Jugend und Familie

  1. Frau G.: DSA, hatte im Zuge ihrer Tätigkeit drei Mal Kontakt zu Müttern beziehungsweise Vätern mit Lernschwierigkeiten

  2. Frau F.: DSA, berichtet von drei Fällen, in denen sie als MAG11¬Mitarbeiterin hinzugezogen wurde

- Frau H.: DSA, seit mehr als 20 Jahren Mitarbeiterin des Vereins für Sachwalterschaft, betreut seit 12 Jahren eine Mutter mit Lernschwierigkeiten, deren Kind bei einer Pflegefamilie lebt, die aber regelmäßig Kontakt zu dem Kind hat

10.4.2. Betroffene

Es wurden zwei Interviews mit Müttern mit Lernschwierigkeiten durchgeführt:

  • Frau C.: 21 Jahre alt, Mutter eines 16 Monate alten Sohnes, hat einen Partner, der auch der Vater des Kindes ist, lebt mit dem Kind in einer eigenen Wohnung, seit Bekanntwerden der Schwangerschaft in ambulanter Betreuung durch eine Einrichtung zur Betreuung von Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung

  • Frau L.: 32 Jahre alt, Mutter einer 10jährigen Tochter, seit 15 Jahren in Betreuung, anfangs in einer Wohngemeinschaft, dann in einer eigenen Wohnung ambulant betreut, hatte seit Bekanntwerden der Schwangerschaft keinen Kontakt zum Kindesvater mehr, seit ungefähr einem Jahr lebt die Tochter in einer Wohngemeinschaft der MA11

10.5. Auswertung

Für die Auswertung der ermittelten Informationen kommt die qualitative Inhaltsanalyse nach MAYRING zur Anwendung.

In der qualitativen Inhaltsanalyse werden Methoden der quantitativen Inhaltsanalyse übernommen und durch qualitative Instrumentarien erweitert (vgl. MAYRING 1994, 42, MAYRING 2000, 1.). Im Gegensatz zur quantitativen werden bei der qualitativen Inhaltsanalyse, zusätzlich zu den manifesten Inhalten, auch die formalen Inhalte analysiert (vgl. a.a.O., 2). Das Material wird also "in seinen Kommunikationszusammenhang eingebettet" und "nach inhaltsanalytischen Regeln" (a.a.O., 2) ausgewertet.

Die zentralen Merkmale der qualitativen Inhaltsanalyse lauten wie folgt:

  • Offenheit

  • Kommunikativität

  • Naturalistizität

  • Interpretativität (ATTESLANDER 2003, 235)

Ziel der Inhaltsanalyse ist es, "das Material so zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben, durch Abstraktion einen überschaubaren Korpus zu schaffen, der immer noch Abbild des Grundmaterials ist" (MAYRING 1990, zitiert nach ATTESLANDER 2003, 236). Dabei ist auf die Erfüllung von Gütekriterien zu achten:

  • Validität (Gültigkeit): "[...] ist das Maß für die Brauchbarkeit von Forschungsmethoden" (a.a.O., 255)

  • Reliabilität (Verlässlichkeit): "[...] dient zur Beurteilung der Brauchbarkeit des wissenschaftlichen Instruments" (a.a.O., 255)

Als qualitative Technik wird nach den Regeln der Inhaltlichen Strukturierung (MAYRING 2003) vorgegangen, deren Ziel es ist, "bestimmte Themen, Inhalte, Aspekte aus dem Material herauszufiltern und zusammenzufassen." (MAYRING 2003, 89) Die Auswahl der Inhalte wird auf der Basis von Kategorien getroffen. Die Entwicklung der Kategorien soll im folgenden Kapitel dargestellt werden.

10.5.1. Induktive und deduktive Kategorieentwicklung

ATTESLANDER beschreibt die Bildung eines Kategoriesystems als Kernpunkt der Inhaltsanalyse (vgl. ATTESLANDER 2003, 225), wobei die Forschungsfrage die Art des Kategorieschemas bestimmt (vgl. a.a.O., 226).

Nach MAYRING ist bei der Auswertung qualitativer Interviews darauf zu achten, "die Auswertungsaspekte nahe am Material, aus dem Material heraus zu entwickeln"

(MAYRING 2000, 3), also induktiv vorzugehen. Um jedoch die Auswertung zu erleichtern wurde auch deduktiv vorgegangen. Das heißt, dass die Kategorien angelehnt an den vorab erstellten Interviewleitfaden entwickelt und die relevanten Textstellen der jeweiligen Kategorie zugeordnet werden (vgl. a.a.O., 4 und MAYRING 2003, 76). So wird also bei der Auswertung induktiv-deduktiv vorgegangen. Die Auswertung und Interpretation erfolgt nach folgenden Kategorien:

  • angebotene Unterstützungsmaßnahmen

  • Anwendung von Konzepten der Unterstützung von Eltern mit Lernschwierigkeiten

  • Unterstützung im Fall einer Fremdunterbringung der Kinder

  • persönliche Einstellung zur Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten

  • Verbesserungsvorschläge

Die Kategorien werden jeweils aus den unterschiedlichen beruflichen Zugängen der ExpertInnen beleuchtet. Im Anschluss werden die Aussagen der Betroffenen jenen der ExpertInnen gegenübergestellt, um mögliche Unterschiede in der Betrachtungsweise zu beleuchten. Danach werden die ausgewerteten Informationen der jeweiligen Kategorien zusammengefasst um mögliche Korrelationen oder Widersprüche aufzuzeigen.

10.6. Ergebnisse und Interpretationen der durchgeführten Befragungen

10.6.1. Kategorie I - angebotene Unterstützungsmaßnahmen [30]

Mitarbeiterinnen aus Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Lernschwierigkeiten

In keiner der Einrichtungen, in denen Interviews durchgeführt wurden, existieren klare Vorgaben darüber, wie sich Betreuung und Begleitung im Fall einer Schwangerschaft beziehungsweise Elternschaft gestalten soll. Die Befragten sehen ihre Zuständigkeit in der Unterstützung und Vertretung der Eltern, da die Mütter und Väter ihr Klientel darstellen. Für die Sorge um das Wohl der Kinder sehen sie das Amt für Jugend und Familie zuständig. Es wird jedoch erwähnt, dass eine klare Trennung der Kompetenzen in der Praxis nicht durchführbar ist:

"Weil wir betreuen ja eigentlich nicht das Kind, das darf man nicht vergessen. Rein rechtlich gesehen betreuen wir nur die Mütter. Nur es schaut die Betreuung einfach anders aus, wenn man Mütter betreut, weil man einfach andere Aktivitäten setzt. Andere Aufgaben hat." (Frau B., 10: 310-313)

In zwei Einrichtungen in Wien wurden interne Ratgeber erstellt, die über die wichtigsten Schritte ab Bekanntwerden einer Schwangerschaft Aufschluss geben. Es wird betont, dass es besonders wichtig ist, die individuellen Stärken und Schwächen der (werdenden) Eltern zu analysieren. Etwa in Form von Freizeitbegleitung soll in Erfahrung gebracht werden, ob Kompetenzen zur Bewältigung des Alltagslebens, über die die Betroffenen verfügen, in der neuartigen Situation der (zukünftigen) Elternschaft immer noch existent sind. Erfahrungsgemäß ist dies häufig nicht der Fall. In Kapitel 5.2. wurde bereits erläutert, dass mit der Schwangerschaft eine erhöhte Vulnerabilität einhergeht und dass Menschen mit Lernschwierigkeiten in besonderem Maß davon betroffen sein können.

"[...] selbst wenn jemand sehr fit und schon sehr vernünftig und gut drauf ist, und zum Beispiel so eine klassische, einen klassischen Werdegang gemacht hat[31], [...] Das heißt noch lange nicht, dass wenn eine Schwangerschaft eintritt, beziehungsweise dann nach der Geburt...sie sind dann oft hilfloser als man glaubt. Viele Dinge, die vorher selbstverständlich waren, auch von der Selbständigkeit her, gibt es dann nicht mehr." (Frau B., 5: 134-139)

Anschließend an die Stärken-Schwächen-Analyse werden Maßnahmen organisiert. Als Aufgaben werden genannt:

  • Psychosoziale Beratung und Begleitung

  • Begleitung zu Ärzten, in Spitäler

  • Unterstützung bei finanziellen Angelegenheiten

  • Kontaktaufnahme mit dem Jugendamt, Begleitung zu Ämtern und Behörden

  • Kontaktaufnahme mit SachwalterInnen

Unterstützung bei Wohnungssuche, Kindergartenplatz

Die Betreuerinnen geben an, dass sie die Vernetzungsarbeit mit anderen Institutionen als ihre Hauptaufgabe betrachten. Als methodisches Element wird hierbei die regelmäßige Organisation von HelferInnen-Konferenzen angegeben, in der alle an der Betreuung involvierten Personen teilnehmen sollen.

"Im Sinne eines Case-Managements. Ich schaue, ich versuche den Überblick zu bewahren, zu behalten und zu schauen: wer könnte welche Sachen übernehmen." (Frau B., 19: 604-605)

Größtenteils wird die Vernetzung mit der MAG11 als wichtigste Aufgabe betrachtet, da es die Institution darstellt, die für die Sorge um das Wohl des Kindes zuständig ist und von der im Optimalfall die meisten Ressourcen zur Verfügung gestellt werden können. Es besteht jedoch auch fallweise Unsicherheit darüber, ob es - im Sinne der Normalisierung - in jedem Fall nötig sein muss, die MAG11 zu informieren. Des Weiteren wird die Zusammenarbeit mit den dortigen SozialarbeiterInnen vielfach als von Interessenskollisionen gekennzeichnet beschrieben. Dies wird damit begründet, dass sich die MAG11 zu wenig mit den spezifischen Problematiken und der Lebenswelt von Menschen mit Lernschwierigkeiten auseinandersetzt.

"Das große Problem ist eben, dass es nichts Behindertenspezifisches gibt." (Frau D., 3: 78)

Die Problematik der fehlenden theoretischen Fundierung der SozialarbeiterInnen wird auch in der Literatur festgestellt - McGAW konstatiert, dass eine mangelnde Qualifikation in Bezug auf Menschen mit Lernschwierigkeiten von Seiten der HelferInnen nicht nur für die betroffenen Eltern, sondern auch für deren Kinder problematisch ist:

"Every child has the right to expect that professionals intervening in their lives will do so on the basis of the best available knowledge. But the majority of interventions in social care are not evaluated before they are introduced. In that sense, much of the work done with children is an uncontrolled experiment." (McGAW 2000, 1)

Pädagogischer Leiter

Spezielle zielgruppengerechte Unterstützungsmaßnahmen können auch von Herr E. nicht genannt werden. Er beschreibt anhand zweier Fälle, dass die Unterstützung am ehesten als Krisenmanagement zu bezeichnen ist. Dies wird damit begründet, dass die Betreuung der beiden Mütter bei einem Fall erst kurz vor und beim zweiten Fall sogar erst nach der Geburt eingesetzt hat - eine langsame und intensive Vorbereitung und Unterstützung während der Schwangerschaft konnte also nicht angeboten werden. Er legt den Schwerpunkt auf die psychosoziale Begleitung der Mütter und auf die bestmögliche Erschließung von Ressourcen, wie sie bereits von Seiten der Betreuerinnen aufgezählt wurden. Über den genauen Ablauf der Betreuung kann von der Leitungsebene nicht berichtet werden, da diese Aufgabe den zuständigen BetreuerInnen zukommt. Sein Bereich beschränkt sich vor allem auf die Ressourcenmobilisierung - so sieht er sich etwa für die Einteilung der zu leistenden Betreuungsstunden zuständig. Als positiven Faktor streicht er hierbei hervor, dass im Bereich der ambulanten Betreuung - aufgrund von finanziellen Monatspauschalen - eine gewisse Flexibilität im Umgang mit den Betreuungsstunden möglich ist. Eine kurzfristige Erhöhung des Betreuungsausmaßes kann so bei Bedarf auch angeboten werden.

Mitarbeiterinnen der MAG11

Das Amt für Jugend und Familie stellt keine speziellen Unterstützungsmaßnahmen für Eltern mit Lernschwierigkeiten zur Verfügung. Im Mittelpunkt steht die Sorge um das Wohl des Kindes, eine Behinderung eines Elternteils wird als Risikofaktor betrachtet. Es wird betont, dass Maßnahmen zur Unterstützung der Erziehung in jedem Fall notwendig sind. Vor allem von Frau F. wird jedoch mehrmals erwähnt, dass diese Maßnahmen erfahrungsgemäß bei Familien, in denen ein Elternteil als "geistig behindert" gilt, meist nicht erfolgreich in dem Sinn sind, dass das Kind langfristig bei den Eltern leben kann.

Als mögliche Angebote werden die stationäre Betreuung in Mutter-Kind-Heimen, die ambulante Betreuung und Beratung in Mutter-Kind-Zentren und das Hinzuziehen von FamilienhelferInnen genannt. Es wird betont, dass jeder Fall individuell beurteilt werden müsse und dass starkes Augenmerk auf das bio-psycho-soziale Inventar der betroffenen Eltern gelegt wird: So wird neben einer Analyse der Stärken und Schwächen der Mütter auch das persönliche Umfeld, sowie die finanziellen Rahmenbedingungen in die Betrachtung miteinbezogen.

Interpretiert man den manifesten Inhalt der Information auf formaler Ebene, zeichnet sich ab, dass die angebotenen Leistungen in Bezug auf Eltern mit Lernschwierigkeiten, von beiden befragten Mitarbeiterinnen als wenig sinnvoll erachtet werden. Sie meinen, erfahrungsgemäß wären diese Angebote bei betroffenen Familien nicht erfolgreich in dem Sinn, dass die Kinder langfristig bei den Eltern leben können.

Die Betrachtung der "geistigen Behinderung" der Eltern als möglicher Risikofaktor (wie etwa eine Suchtproblematik oder eine finanzielle Notsituation), der die adäquate Versorgung und damit das Wohl des Kindes gefährden kann, ist durchaus als gerechtfertigt anzusehen. Es wurde jedoch bereits festgestellt, dass Pauschalurteile in solchen Fällen nicht gefällt werden sollen und dürfen (vgl. PIXA-KETTNER 2003, 17). Stattdessen kann mit dieser Betrachtung die formulierte Hypothese folgendermaßen bestätigt werden, dass sich die gegebenen Risikofaktoren durch das Angebot adäquater Unterstützungsleistungen minimieren oder ganz aufheben lassen. Eine weitere Bestätigung der Hypothese liegt darin, dass die Befragten Sozialarbeiterinnen die derzeit zur Verfügung stehenden Hilfeleistungen als für Zielgruppe ungeeignet beschreiben. Dies lässt den Rückschluss darauf zu, dass sich mit der Bereitstellung zielgruppengerechter Angebote die Chancen für die Entwicklung einer "erfolgreichen" Familienstruktur erhöhen.

Sachwalterin

Die befragte Sozialarbeiterin vom Verein für Sachwalterschaft gibt an, aufgrund der finanziellen Notlage einer Mutter bestellt worden zu sein, deren Kind kurz zuvor in einem Kinderheim untergebracht wurde. Ihr Zuständigkeitsbereich umfasste finanzielle Angelegenheiten sowie die Vertretung vor Ämtern und Behörden. Die parteiliche Vertretung der Mutter vor Behörden betrachtet sie als wichtigste Aufgabe. Dies geht mit ihrem Eindruck einher, dass weder das Amt für Jugend und Familie, noch das persönliche Umfeld der Betroffenen sich für die Vertretung der Interessen der Mutter zuständig gefühlt habe. Bezüglich der Regelung des Besuchsrechtes nach der Kindesabnahme meint sie folgendes:

"[...] beim Gericht Stellungnahme abgegeben, um wenigstens im Akt eine Gegensicht hineinzubringen. Bei der Stellungnahme vom Jugendamt, hätte man glauben können, man hat es mit einer Wahnsinnigen zu tun." (Frau H.)

Über den Part der Unterstützung bei Erziehungsfragen kann sich die Befragte nicht äußern, da sie - wie erwähnt - erst nach der Abnahme des Kindes mit dem Fall betraut wurde. Ihre Aufgabe lag also in der Vertretung der Mutter, um zu einer für diese zufrieden stellende Regelung des Besuchsrechtes zu gelangen.

Betroffene

Die Betroffenen erleben die Unterstützung der jeweiligen BezugsbetreuerInnen als größte Hilfe. Als am Wichtigsten wird genannt, dass diese bei der Regelung finanzieller Angelegenheiten zur Seite stehen und dass sie sich bei anfallenden Fragen und Problemen an die Einrichtung wenden können. Eine Betroffene gibt an, dass in der Zeit nach der Geburt von der MAG11 eine Heimhilfe eingeschaltet wurde. Diese Hilfsleistung sei jedoch vorzeitig wieder eingestellt worden, da sie alleine mit der Betreuung des Kindes zurecht kam.

Frau L. äußert sich weder positiv noch negativ über die Betreuung von Seiten des Jugendamtes, Frau C. steht dem Jugendamt eher kritisch gegenüber. Sie fühlt sich aufgrund der Auflagen eher unter Druck gesetzt als unterstützt.

"[...] ich hatte eine Sozialarbeiterin, die war sehr streng, extrem streng. (5: 144¬145) [...] und sie hat nur gesagt, sie will nicht, dass ich zu meinem Freund ziehe. Und wenn ich nicht die Wohnung annehme, dann nimmt sie mir das Kind weg." (Frau C., 5: 148-149)

Diese kritische Einstellung der MAG11 gegenüber lässt sich damit begründen, dass eine klare Parteilichkeit bei den Institutionen gegeben ist - so ist das Amt für Jugend und Familie für das Wohl des Kindes, die Betreuungseinrichtung für das Wohl der Mütter zuständig. Die Interpretation lässt den Schluss zu, dass Angebote, die freiwillig entgegengenommen werden können, als hilfreicher erachtet werden, als so genannte "Auflagen". Als Auflagen gelten die Maßnahmen zur Unterstützung der Erziehung, die vom Amt für Jugend und Familie bereitgestellt werden. Diese können von den Betroffenen als stark Druck ausübend empfunden werden.

Eine weitere Erklärung für die Skepsis der Betroffenen gegenüber ProfessionistInnen liefert PIXA-KETTNER:

"Viele Eltern haben - zumindest aus ihrer subjektiven Sicht - im Laufe ihres Lebens nicht nur positive Erfahrungen mit Fachkräften gemacht. Eine gewisse Reserviertheit und Vorbehalte gegenüber Einmischungen in ihre "Privatangelegenheiten" sind zumindest zu Beginn einer Unterstützung häufig und verständlich." (PIXA-KETTNER 2003, 18)

Das persönliche Umfeld der Befragten wurde von beiden als eher unterstützungshemmend denn -fördernd erlebt. So rieten Eltern, andere Familienangehörige und bei einer Befragten auch der Partner zu einer Abtreibung, als die Schwangerschaft bekannt wurde. Durch Interventionen der Betreuungseinrichtungen fühlten sie sich in ihrer Entscheidung das Kind auszutragen und für die Mobilisierung von Ressourcen gut unterstützt.

• Fazit 1 - es gibt in Wien keine speziellen Unterstützungsangebote

Im Zuge der durchgeführten Interviews verifizierte sich - wie bereits auf theoretischer Ebene - die Annahme, dass es in Wien keine speziellen Unterstützungsangebote für (werdende) Eltern mit Lernschwierigkeiten gibt. Zwar werden in einigen Trägereinrichtungen sowie beim Amt für Jugend und Familie Mütter und Väter mit Lernschwierigkeiten betreut, offizielle Stellungnahmen liegen jedoch in keiner Einrichtung vor. In zwei Betreuungseinrichtungen wurden Ratgeber entwickelt, die über die wichtigsten Schritte ab Bekanntwerden der Schwangerschaft einer Klientin eingeleitet werden sollen, Aufschluss geben.

Als wichtigste Unterstützungsmaßnahmen werden zusammengefasst und in der Reihenfolge der Häufigkeit der Nennungen folgende Angebote genannt:

  • Alltagsbegleitung - Begleitung zu Ämtern, Ärzten, Mutterberatungsstellen etc.

  • Hinzuziehen von FamilienhelferInnen und Heimhilfen

  • Kontaktaufnahme mit Erziehungsberatungsstellen, Frühförderungsstellen

  • Unterbringung in einem Mutter-Kind-Heim

  • Unterstützung bei Wohnungssuche

  • Unterstützung bei Arbeitssuche

  • Mobilisierung von Verwandten, Partner, Freunden

  • wenn vorhanden, Kontaktaufnahme zu SachwalterIn

Die genannten Angebote der MAG11 sind unter dem Aspekt zu betrachten, dass sie nicht speziell für Menschen mit Lernschwierigkeiten konzipiert sind. Dies wird von VertreterInnen anderer Professionen als problematisch erachtet. So berichtet etwa Frau D. von einem Treffen mit einer Hebamme und von einem Eltern-Kind-Kurs:

"Und die hat natürlich irrsinnige Sprachprobleme gehabt. Also sie hat sich nicht auf die Sprachdefizite von der C. einstellen können. Und die C. hat sie nicht ganz verstanden. Das sind z.B. die Probleme. Obwohl die fachlich sicher super war. Oder bei diesen Eltern-Kind-Kursen. Da haben beide Klientinnen gesagt, der erste Vortrag war von der Arbeiterkammer. Das ist über Rechtsgrundlagen. Die völlig anders sind bei behinderten. Und dann verstehen sie nur Bahnhof. [...] Und dann wollten sie nicht mehr hingehen." (Frau D., 3: 85-91)

Anhand der in dieser Aussage beschriebenen Beispiele wird deutlich, dass Unterstützungsangebote, die (werdenden) Müttern im Normalfall offeriert werden, nicht unbedingt auch den Bedürfnissen der Zielgruppe entsprechen. Dies bestätigen auch die befragten Mitarbeiterinnen der MAG11.

• Fazit 2 - Betonung der interdisziplinären Zusammenarbeit

Als wichtiges Element zur bestmöglichen Umsetzung der Maßnahmen wird vom Großteil der ExpertInnen die Vernetzungsarbeit genannt. Als Methode dafür wird vor allem von den ExpertInnen der Betreuungseinrichtungen die Initiierung von HelferInnen-Konferenzen vorgeschlagen, an denen - neben den betroffenen Müttern und Vätern - die zuständigen BetreuerInnen, SozialarbeiterInnen der MAG11 und gegebenenfalls SachwalterInnen teilnehmen sollen. Dabei geht es darum zu klären, wer für die Initiierung der oben genannten Unterstützungsmaßnahmen zuständig ist. Die Durchführung solcher HelferInnen-Konferenzen könnte dazu beitragen, durch aktive Zusammenarbeit ein höheres Maß an Effizienz zu erreichen: So könnte der Problematik, die sich durch die strikte Trennung der Zuständigkeiten (entweder nur für das Kind oder nur für die Eltern) und durch das Fehlen an zielgruppenspezifischen Angeboten ergibt, entgegengewirkt werden. Auch auf theoretischer Ebene wird die Ansicht vertreten, dass durch intensiven interdisziplinären Austausch die Möglichkeiten steigen, ein höheres Maß an Ressourcen zu mobilisieren:

"Die genannten Schwierigkeiten sind nur durch eine gute Kooperation aller Beteiligten zu überwinden. Dazu gehören die direkt betroffenen geistigbehinderten Mütter/Eltern, deren Angehörige, die professionellen Helfer in ihrem Umfeld, Verbände und Kostenträger." (GRIMM 2005, 304)

Eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit stellt nach Angabe der meisten Befragten die Basis für die optimale Erschließung von Ressourcen dar, zumal keine speziellen Angebote für die betroffene Personengruppe im Falle einer Elternschaft existieren. NEWMAN und WATES betonen die Gefahr, die aufgrund fehlender interdisziplinärer Kooperation drohen kann und deshalb nicht übersehen werden darf:

"[...] disabled parents can fall through the gap between child and adult provision." (NEWMAN, WATES 2005, 2)

Damit ist gemeint, dass durch eine zu strikte Trennung der Zuständigkeiten eine eingeschränkte Sicht entsteht, die der Erschließung von Angeboten im Weg stehen kann.

Eine enge Kooperation zwischen den zuständigen Institutionen ist also als Grundlage der bestmöglichen Ressourcenmobilisierung zu betrachten. In der Praxis wird diesbezüglich jedoch von allen Seiten über die Problematik der Umsetzung der Zusammenarbeit berichtet:

• Fazit 3 - Problematik der Umsetzung der interdisziplinären Zusammenarbeit

Bei den Befragten werden unterschiedliche Auffassungen vertreten, welche Profession für welche Unterstützungsmaßnahmen zuständig ist. Erklärbar wird dies durch ein fehlendes interdisziplinäres Konzept. Die Grundproblematik liegt wohl darin, dass die Meinungen auseinander driften, wer für die Entwicklung von Konzepten der Begleitung und Betreuung zuständig ist. Da alle Befragten die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Institutionen als von Interessenskollisionen gekennzeichnet beschreiben und folglich die fehlende oder unzureichende Vernetzung als problematisch betrachten, soll nun noch eingehender auf diesen Aspekt eingegangen werden. Die auftretenden Probleme sollen exemplarisch anhand einiger Aussagen verdeutlicht werden.

Eine der MAG11-Mitarbeiterinnen antwortet auf die Frage, wie sich die Zusammenarbeit mit der jeweiligen Betreuungseinrichtung der Mütter oder Väter mit Lernschwierigkeiten gestaltet, folgendermaßen:

"Grundsätzlich schwierig. [...] die betreuenden Stellen vertreten die Interessen der Mütter. Ganz klar. Und wir vertreten die Interessen des Kindes. [...] Und es kommt sehr oft dann zu dieser Argumentation: man kann der Mutter das Kind nicht wegnehmen, weil sonst geht es ihr noch schlechter. Nur, Tatsache ist: ein Kind kann nicht sozusagen das Wohl der Mutter irgendwie jetzt steigern, verbessern, oder [...] neu deklarieren oder formulieren." (Frau F., 1: 13-19)

Die für die Vertretung der Eltern zuständigen ProfessionistInnen geben an, dass die Sorge um das Wohl des Kindes keinesfalls vernachlässigt werden darf. Dennoch oder gerade deshalb gilt es als ebenso wichtig, die Mütter und Väter zu begleiten und zu unterstützen. Die fehlende Fokussierung des Wohles der Eltern bei den zu treffenden Entscheidungen steht für sie im Mittelpunkt der Kritik.

Herr E. vertritt die Ansicht, dass man keine pauschalen Urteile über das Jugendamt fällen könne, da es stark auf die jeweils zuständigen SozialarbeiterInnen ankommt, wie sich die Zusammenarbeit gestaltet. Er berichtet jedoch mehr von negativen als von positiven Erfahrungen. Diese beziehen sich vor allem darauf, dass eine intensive interdisziplinäre Zusammenarbeit, wie sie von Seiten der Betreuungseinrichtung gewünscht wurde, nicht beziehungsweise nicht zufrieden stellend gelungen sei:

"Wir haben sie eingeladen und sie nahmen die Termine nicht wahr. Aber am liebsten wären sie gekommen, wenn die Frau P. nicht dabei wäre. Aber bei der Teambesprechung geht es um die Frau P., nicht um mich. Wir haben geplaudert und ich habe gemeint, einen Gedankenaustausch können wir eh am Telefon machen. Aber wenn die Frau P. dabei war, gab es massive Berührungsängste." (Herr E., 9: 276-280)

Die Zusammenarbeit mit dem Amt für Jugend und Familie steht auch für die befragte Sachwalterin einer Mutter mit Lernschwierigkeiten im Mittelpunkt, obwohl sie in dem von ihr beschriebenen Fall erst nach der Kindesabnahme mit der Betreuung der Klientin betraut wurde. Ihr Erfahrungsbericht ist durch massive Kritik an den MAG11¬Zuständigen gekennzeichnet. So kam es ihren Angaben nach nur einmal zu einem Treffen zwischen den zuständigen SozialarbeiterInnen, der betroffenen Mutter und ihr, nachdem sie dies eingefordert hatte. Ziel des Treffens war es, eine für alle Beteiligten zufrieden stellende Regelung des Besuchsrechtes zu treffen. Frau H. meint, dass die zuständigen SozialarbeiterInnen im Umgang mit der Mutter überfordert waren. Dadurch verdeutlicht sich die Wichtigkeit einer parteilichen Unterstützung und Vertretung der Betroffenen.

• Fazit 4 - Grenzen der Normalisierung

Dass eine Konfrontation mit Menschen mit Lernschwierigkeiten auch außerhalb des Behindertenbereichs stattfinden kann, ist - entsprechend der zunehmenden Entwicklung in Richtung Normalisierung und Integration - nur exemplarisch in einen Zusammenhang mit der Thematik "Elternschaft" zu setzen. Die Schilderungen lassen den Schluss zu, dass die Umsetzung der Normalisierungsbestrebungen - deren Hauptziel die Integration und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist - eine intensive Auseinandersetzung der Gesellschaft mit Menschen mit Behinderungen voraussetzt. Dadurch können Berührungsängste abgebaut werden, Einschätzungen über Kompetenzen und Defizite der Betroffenen besser getroffen und so Integrationsbestrebungen umgesetzt werden.

"Die Förderung und Unterstützung von behinderten Austauschprozessen zwischen Individuum und Gesellschaft sind nicht ausschließlich eine pädagogisch-medizinische, sondern auch eine soziale, gesellschaftliche Aufgabe geworden." (EBERWEIN, SASSE 1998, 9)

Einige der Befragten erwähnen, dass bei involvierten ProfessionistInnen Berührungsängste mit Menschen mit Lernschwierigkeiten erkennbar sind. Zurückzuführen ist dies darauf, dass außerhalb des Behindertenbereichs wenig über die betroffene Personengruppe bekannt ist (vgl. PIXA-KETTNER 2004). Als besonders wichtig wird daher die Qualifikation und Fortbildung von ProfessionistInnen erachtet, die im Zuge ihrer Tätigkeit mit Menschen mit Lernschwierigkeiten konfrontiert werden (vgl. PIXA-KETTNER 2003, 24).

Die Problematik der unzureichenden Qualifikation der involvierten Fachkräfte kann etwa anhand der medizinischen Versorgung dargestellt werden. So wird von einer Mitarbeiterin einer Betreuungseinrichtung erwähnt, dass es wichtig ist, schon während der Schwangerschaft Kontakt zum Spital aufzunehmen, um offen zu legen, dass die Betroffenen Betreuung erhalten. So kann vermieden werden, dass die dortigen ÄrztInnen und SozialarbeiterInnen ohne vorhergehende Absprache Schritte einleiten:

"Diese Mütter fallen einfach auf. [...] Und wenn jemand auffällt, es gibt ja diese sozialen Verbindungsdienste vom Jugendamt, das heißt es gibt in jedem Spital eine Sozialarbeiterin, die sozusagen den Verbindungsdienst zum Jugendamt darstellt. Die hat die Verpflichtung, fällt ihnen eine Mutter auf, dann müssen die sofort den Kontakt, dann müssen sie das sofort weiterleiten an das Jugendamt." (Frau B., 4: 111-115)

Die Wahl eines eher kleinen Spitals für die Versorgung während der Schwangerschaft wird als ein Mittel zur Erreichung einer erfolgreichen Zusammenarbeit genannt, da dort individueller auf mögliche Problemstellungen eingegangen werden kann. Die Erfahrungsberichte über die Versorgung in großen Spitälern fallen mehrmals negativ aus: Frau A. berichtet, dass von den Ärzten im AKH Wien, einer Klientin vorgeschlagen wurde, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen, obwohl diese bereits im 5. Monat schwanger war. Die legale Frist für einen Abbruch war also bereits weit überschritten[32]:

"Im AKH haben sie dann gemeint, sie würden da eine Ausnahme machen. Weil bei einer Frau mit Behinderung würden sie auch jetzt noch einen Schwangerschaftsabbruch machen. Und sie haben ihr sogar geraten dazu." (Frau A., 2: 42-45)

Herr E. erachtet es aufgrund seiner Erfahrungen als äußerst wichtig, einen intensiven Kontakt zu den Spitälern herzustellen, von denen die Betroffenen versorgt werden. Er erzählt, dass es in einem Fall nur durch Interventionen der Einrichtung gelungen ist, ein Spital ausfindig zu machen, das sich bereit erklärt, die medizinische Versorgung einer Klientin zu übernehmen:

"Nur durch unsere Kontakte dort hin ist es gelungen, dass sie überhaupt wieder dort hinkommen hat können. Die hätten sie einfach hinausgeschmissen. (2: 35-37) [...] Das war das einzige Spital in Wien, das gesagt hat, sie können sich das vorstellen. Die anderen haben sie abgelehnt." (Herr E., 14: 434-435)

Abgeleitet aus dieser Information entsteht der Eindruck, dass sich die Fachkräfte in Spitälern mit der Betreuung werdender Mütter, die als geistig behindert gelten, überfordert fühlen oder die Zuständigkeit einer Versorgung in einem solchen Fall sogar von sich weisen. Die Intervention durch Betreuungspersonen kann dieser Problematik entgegenwirken. Ein intensiver Kontakt mit medizinischen Fachkräften wird also als wichtig erachtet, um eine adäquate Versorgung der werdenden Mütter gewährleisten zu können.

10.6.2. Kategorie II - Anwendung von Konzepten der Unterstützung von Eltern mit Lernschwierigkeiten

Mitarbeiterinnen aus Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Lernschwierigkeiten

Bei der Frage nach der Anwendung von Konzepten der Betreuung und Begleitung von Müttern und Vätern mit Lernschwierigkeiten zeigte sich, dass - bis auf Frau B. - keiner der Befragten Konzepte bekannt sind. Alle drei sehen jedoch dringenden Bedarf in der Entwicklung und Umsetzung solcher. In erster Linie wird eine offizielle Stellungnahme der Leitungsebene gefordert:

"Ich bin immer wieder angefragt worden von meinem Chef, ob ich eine Frau mit Kind in die Betreuung nehme. Und da habe ich gesagt: ´Ja gern. Aber nur mit einem Konzept, ohne Konzept nicht. ´ Aber ohne Konzept - ich lasse mich nicht auf irgendetwas ein und mache der Frau Hoffnungen. Und dann gibt es nicht die Unterstützung vom Verein, die Ressourcen." (Frau A., 2: 55-59)

Die Betreuung von (werdenden) Müttern und Vätern wird, aufgrund der fehlenden Positionierung von Seiten der Leitungsebene sowie aufgrund fehlender Ressourcen, als schwer zu bewältigen empfunden. Frau A. fühlt sich der Anforderung nicht gewachsen, nach eigenem Ermessen und ohne Rückhalt von offizieller Seite Konzepte der Begleitung zu entwickeln. Sie betrachtet diese Erwartung als Übersteigung ihrer Zuständigkeit. Bei der Frage, welchem methodischen Ansatz sie sich am ehesten zugehörig fühlt, gibt sie an, empowerment-orientiert zu arbeiten. Auch Frau B. meint, sich dem empowerment-orientierten Ansatz zugehörig zu fühlen. Sie verweist darauf, dass sie sich von lerntheoretischen Ansätzen eher distanziert, da diese zu sehr auf der Basis einer vorhergehenden Diagnose aufbauen, eine Diagnose ihr jedoch zu wenig Aufschluss über die tatsächlichen Stärken und Schwächen der KlientInnen geben. Dies ist analog zur Kritik von PIXA-KETTNER, die die lerntheoretischen Ansätze als zu stark an den Defiziten der Betroffenen orientiert beschreibt (vgl. PIXA-KETTNER 1999, 68).

Anhand der von den Befragten formulierten Unterstützungsangebote wird aber - neben empowerment-orientierten Ansätzen - auch an lern- beziehungsweise alltagsorientierte Konzepte erinnert. Die Erwähnung der Alltagsbegleitung, um eine Stärken-Schwächen-Analyse der Betroffenen durchführen zu können, erinnert an das von McGAW entwickelte parental skills model. Es verdeutlicht sich, dass es in der Praxis zu einer Vermischung der verschiedenen Ansätze kommt (vgl. PIXA-KETTNER 1999, 65).

Pädagogischer Leiter

Auch Herr E. gibt an, kein Konzept zur Begleitung und Unterstützung von Eltern mit Lernschwierigkeiten zu kennen. Er betont die Wichtigkeit einer individuellen Betrachtung.

"[...] auf der anderen Seite ist es immer wichtig, dass man sehr individuell auf die Problemstellung eingeht und nicht sagt, da haben wir jetzt das Konzept und das legen wir um. Weil dann wird auch klar, dass auch mehr ist." (Herr E., 9: 265-267)

Das Vorgehen nach bestimmten Konzepten der Betreuung wird vom Vertreter der Leitungsebene aus dem Grund in Abrede gestellt, da der Verein erst in Krisensituationen - er umschreibt es treffend als "Feuerwehreinsatz" - zur Unterstützung hinzugezogen wurde. Sollten sich Fälle von Elternschafen häufen, wäre seiner Einschätzung nach ein konzipiertes Unterstützungsmodell anzudenken:

"[...] wenn solche Dinge sich häufen würden, dass man sich überlegt, ob man nicht irgendwo in einer Wohngemeinschaft, in einer vollbetreuten Wohngemeinschaft einen Platz schafft. Dass man so einen Platz schafft, der eine gewisse Abgeschiedenheit auch für die Mutter und das Kind hat. Auch in Anbindung, unter Umständen mit Nachtdiensten oder so." (Herr E., 8: 232-236)

Die bis dato nicht eingesetzte Entwicklung von auf die Zielgruppe zugeschnittenen Konzepten wird also von der Leitungsebene damit begründet, dass es sich nur um Einzelfälle handelt. Dies widerspricht der in der Fachliteratur beschriebenen Ansicht, dass es weitaus mehr Elternschaften von Menschen mit Lernschwierigkeiten gibt, als allgemein angenommen wird:

" [...] parenting by people with learning difficulties is not a new phenomenon and probably was more widespread in the past than has ever been officially recognized or acknoweledeged." (BOOTH&BOOTH 1994, 9)[33]

Ob die geringe Anzahl an Fällen als ausreichende Erklärung dienen kann, keinen Bedarf in der Entwicklung von Konzepten zu sehen sei jedoch dahingestellt, zumal in den telefonisch durchgeführten Vorerhebungen in fast allen kontaktierten Betreuungseinrichtungen von Elternschaften berichten wurde. Man kann also in diesem Sinne im Grunde nicht mehr von Einzelfällen sprechen. Einhergehend mit der zunehmenden Durchsetzung der Normalisierungsprinzipien steigt die Zahl der Elternschaften von Menschen mit Lernschwierigkeiten stetig an (vgl. PIXA-KETTNER 1999, 65), der Handlungsbedarf kann also als bereits bestehend betrachtet werden.

Sachwalterin

Frau H. kennt keine Konzepte, sie sieht in ihrer Tätigkeit als Sachwalterin jedoch auch nicht die Zuständigkeit für die Entwicklung solcher. Sie betont, dass die Sachwalterschaft diesen Part der Unterstützung nicht übernehmen kann. Hingegen wird klar die Meinung vertreten, dass das Amt für Jugend und Familie den Bereich der Entwicklung konzipierter Unterstützungsangebote übernehmen sollte, da es von ihr als "Verursacher der Situation" (Frau H.) betrachtet wird. Verdeutlicht wird die Kritik durch folgende Aussage:

"Ich meine die Rolle des Jugendamtes war sehr enttäuschend. Das war etwas, wo ich mir gedacht habe, äußerst unprofessionell [...] nicht in irgendeiner Weise auch den Part der Mutter berücksichtigend." (Frau H.)

Frau H. betont die bereits beschriebene Problematik, die sich aufgrund fehlender fachlicher Qualifikation im Bereich der Arbeit mit Menschen mit Lernschwierigkeiten ergibt.

Sozialarbeiterinnen der MAG11

Den befragten Sozialarbeiterinnen sind keine Konzepte der Betreuung von Eltern mit Lernschwierigkeiten bekannt. Da sie ihren Schwerpunkt auf die Sorge um das Wohl des Kindes legen und die Fälle von Elternschaften von Menschen mit Lernschwierigkeiten nur einen peripheren Aspekt ihrer Tätigkeit darstellen, wird die Entwicklung von Konzepten von Seiten der MAG11 als nicht prioritär erachtet.

Frau F. antwortet auf die Frage nach der Anwendung von speziellen Betreuungskonzepten für Familien, bei denen ein oder beide Elternteil/e als geistig behindert gilt/gelten, folgendermaßen:

"[...] ich kenne kein Konzept. Es ist oft ein, so wirklich ein Dahinwürschteln." (Frau F., 6: 166-167) Bei der Frage, ob sie sich wünschen würde, sich etwa in Form von Fortbildungen eingehender mit dem Thema auseinanderzusetzen, antwortet sie:

"Nein, das würde ich nicht sagen. Ich muss ja auch sagen, sehr oft wird das ja dann von den Betroffenen auch selber erwähnt, dass nach so einer - nach einer einzigen Abnahme - wird doch bei vielen, vielen Frauen die Möglichkeit einer Unterbindung, wie soll ich sagen, zumindest angedacht und manchmal dann auch durchgeführt, letztlich." (Frau F., 10: 289-293)

Diese Aussage verdient besondere Beachtung. Frau F. betont während der Befragung des Öfteren, dass sie kaum Möglichkeiten sieht, Kinder in Familien zu belassen in denen ein oder beide Elternteil/e geistig behindert ist/sind. Die für sie angebrachte Lösung scheint aber nicht in der Entwicklung von Konzepten der Unterstützung zu liegen sondern darin, dass die Betroffenen keine Kinder bekommen sollen. Die Ansicht, dass es nicht von Nöten ist Konzepte zu entwickeln, da die Betroffenen nicht im Stande sind adäquat für das Wohl von Kindern zu sorgen, spiegelt ein gängiges Vorurteil wider, das in Kapitel 6.5. bereits erörtert wurde. Dass die Korrektheit der Einschätzung bezüglich der Kompetenzen und Defizite der Betroffenen von MitarbeiterInnen der MAG11 von anderen Professionen häufig in Frage gestellt wird, wird auch in der Literatur festgestellt (vgl. zum Beispiel GRIMM 2005, 304) und ist ebenso mit einer fehlenden Qualifikation auf diesem Bereich in Verbindung zu setzen. Auch hier muss wieder festgestellt werden, dass im Zuge der zunehmenden Normalisierung von einer weitern Zunahme von Elternschaften von Menschen mit Lernschwierigkeiten auszugehen ist und folglich vielleicht bald nicht mehr als "Randthema" bezeichnet werden kann.

Betroffene

Den beiden Müttern wurde nicht explizit die Frage gestellt, ob ihnen Konzepte der Betreuung bekannt sind. Aus den Aussagen geht jedoch hervor, dass sie die Unterstützung in Richtung Alltagsbegleitung als wertvoll erachten. Beide legen großen Wert darauf, so selbstbestimmt wie möglich zu leben, was den Wunsch nach einer empowerment-orientierten Sichtweise von Seiten der Unterstützer nahe legt. Eine der Befragten betont etwa die Wichtigkeit des Umzuges in eine eigene Wohnung ab dem Eintritt der Schwangerschaft; bis dahin lebte sie bei ihren Eltern. Beide Betroffenen lehnten das Angebot ab, in einer Mutter-Kind-Einrichtung untergebracht zu werden. Stattdessen wird es begrüßt, Unterstützung in Form einer ambulanten Betreuung zu erhalten.

• Fazit - fehlende methodische Unterlegung, Vermischung der methodischen Ansätze

Die Inexistenz von Konzepten der Betreuung und Begleitung von Eltern mit Lernschwierigkeiten in Wien wird durch die Befragungen weitgehend bestätigt. Auch sind dem Großteil der ExpertInnen keine Konzepte aus anderen Ländern bekannt. Nach der Interpretation der angegebenen Daten ist eine Vermischung der drei beschriebenen methodischen Ansätze der Begleitung und Betreuung von Eltern mit Lernschwierigkeiten erkennbar (vgl. PIXA-KETTNER 1999, 65). Grundsätzlich wird die individuelle Betrachtungsweise betont - Frau B. hebt die Wichtigkeit der Erstellung einer individuellen Lebensplanung hervor, bei der folgendes beachtet werden soll:

"Wo kann ich den abholen sozusagen. Wo hat der Mankos? Wo kann man auch ansetzen? Und vor allem: Was will der Klient selber? Was braucht er eigentlich zum Leben" (Frau B., 8: 244-246)

Obwohl empowerment-orientierte Ansätze erkennbar sind und zwei der befragten Betreuerinnen angeben, vor allem nach dieser Methode zu arbeiten, werden anhand der genannten Unterstützungsangebote eher lern- beziehungsweise alltagsorientierte Arbeitsweisen genannt. Hier bestätigt sich das Fehlen einer methodischen Unterlegung von Seiten der ExpertInnen. So ist etwa die Unterbringung in einem Mutter-Kind-Heim, die in vielen Fällen angedacht und durchgeführt wird, als an lerntheoretischen Annahmen angelehntes Mittel zu betrachten. Die Betonung eines Miteinbeziehens der Partner, Verwandten, etc. als mögliche Ressourcen und die Betrachtung der alltäglichen Kompetenzen, lassen den Schluss auf alltagsorientierte Konzepte zu.

Die Integrationsbestrebungen der letzten Jahrzehnte haben zu einer grundlegenden Veränderung der Lebenssituation von Menschen mit Lernschwierigkeiten geführt. Als eine Folge davon gilt, dass die Zahl der Elternschaften von Betroffenen angestiegen ist. Obwohl für den Raum Wien keine diesbezüglichen Untersuchungen vorliegen, kann davon ausgegangen werden, dass dieses Thema im Grunde nicht mehr als "Randthema" betrachtet werden kann. Trotzdem wird dies von einem Teil der Befragten angegeben, um die bis jetzt nicht stattgefundene theoretische und methodische Auseinandersetzung zu rechtfertigen.

10.6.3. Kategorie III - Unterstützung bei Fremdunterbringung der Kinder

Mitarbeiterinnen aus Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Lernschwierigkeiten

Alle drei Mitarbeiterinnen geben an, dass es fast immer früher oder später zu einer Fremdunterbringung der Kinder kommt. Darüber wie sich die Unterstützung in solchen Fällen gestaltet, sind unterschiedliche Meinungen und Erfahrungsberichte zu hören. Teilweise wird das Jugendamt stark für den Ablauf und die nicht existente Unterstützung der Eltern kritisiert. Die MAG11 sei aufgrund der Diagnose (geistige Behinderung) der Mütter oder Väter vorschnell in der Entscheidung, die Obsorge für die Kinder zu entziehen:

"[...] ich denke mir - das ist jetzt, was ich mir persönlich denke - dass das Jugendamt schon auch schnell ist mit dem Wegnehmen. (241-242) [...] Wo ist da der Unterschied mit dem Normalsein und... Das heißt, die Frauen dürfen dann keine Krisen haben." (Frau D., 8: 246-247)

Diese Aussage deckt sich mit der Beobachtung von PIXA-KETTNER, die die Gruppe der Eltern mit Lernschwierigkeiten als weitaus mehr kontrolliert und überwacht einschätzt, als so genannte nichtbehinderte Eltern (vgl. PIXA-KETTNER 2003, 20). Frau D. kommt aufgrund ihrer Erfahrungen zu dem Schluss, dass Mütter und Väter mit Lernschwierigkeiten durch die von außen gesetzten Kontrollmaßnahmen stark unter Druck gesetzt werden. Analog dazu beschreibt PIXA-KETTNER das Nichtzugestehen von Krisen, beziehungsweise die Androhung von Sanktionierungen beim Auftreten von Krisen, wie folgt:

"Anders als andere Eltern scheinen sie [Eltern mit Lernschwierigkeiten] sich keine Fehler erlauben zu können." (a.a.O., 20).

An der Durchführung der Fremdunterbringung wird teilweise massive Kritik geäußert. So hätten sich die zuständigen SozialarbeiterInnen der MAG11 in einigen beschriebenen Falldarstellungen kein ausreichend konkretes Bild der Situation gemacht, bevor die Entscheidung für eine Fremdunterbringung des Kindes gefällt wurde. Auch der fehlende Wille zur Kommunikation zwischen den Institutionen wird als negativer Faktor hervorgehoben:

"Und die SozialarbeiterInnen, die agiert haben, die haben weder die Mutter noch das Kind je gesehen vorher. Also das war nur am Schreibtisch.... Haben auch die Kommunikation mit uns verweigert." (Frau A., 8f: 253-255)

In anderen Fällen wiederum wird geschildert, dass, einhergehend mit einer intensiven Vorbereitungsphase, die Fremdunterbringung als für alle Beteiligten erfolgreich betrachtet wird. In zwei Fällen wird davon berichtet, dass die Mütter nach der Fremdunterbringung der Kinder erleichtert waren. Frau D. meint,

"[...] dass das eben nicht immer so ein Drama sein muss. Das muss man sich auch überlegen, dass es die Möglichkeit auch noch gibt. Dass die Frauen froh sind, dass die Verantwortung weg ist." (Frau D., 9: 269-271)

Dass eine Fremdunterbringung der Kinder nicht unbedingt als "Scheitern" betrachtet werden muss, wird von allen Befragten festgestellt. Es wird jedoch betont, dass der Abnahme eine angemessene Phase der Vorbereitung vorhergehen muss. Alle drei Befragten vertreten die Meinung, dass es auf das persönliche Engagement der jeweils zuständigen SozialarbeiterInnen der MAG11 ankommt, wie sich der Ablauf der Fremdunterbringung gestaltet. Dies deckt sich auch mit der Meinung von PIXA¬KETTNER:

"Sofern es zur Trennung von Eltern und Kind kommt, sollte Trennungsbegleitung zu den regulären Aufgaben der Fachkräfte gehören, denn eine gute, gelungene Trennung, die die Beziehung aufrecht erhält, hilft auch langfristig Eltern und Kind." (PIXA¬KETTNER 2003, 23)

Pädagogischer Leiter

Auch von Seiten der Leitung wird eine Fremdunterbringung nicht unbedingt als "Scheitern" betrachtet. Herr E. gibt zu bedenken, dass die Übernahme elterlicher Pflichten vielfach mit einer Überforderung der Eltern einher geht und deshalb nicht immer erstrebenswert ist. Er berichtet von einem Fall, bei dem die Mutter mit der Situation, dass ihr Kind bei Pflegeeltern lebt, nach intensiver psychosozialer Begleitung durchaus zufrieden ist:

"Und sie hat jetzt aber auch mitgekriegt, dass sie überfordert wäre. Sie genießt das mehr, als dass sie grantig wäre." (Herr E., 2: 52-53)

Die Aufgabe der Einrichtung liegt seiner Ansicht nach darin, die betroffenen Eltern nach der Fremdunterbringung des Kindes bei der Stabilisierung ihres Befindens sowie bei der Regelung des Besuchsrechtes zu unterstützen. Er hält es für wichtig, dass der Kontakt zwischen Mutter/Vater und Kind aufrechterhalten wird.

"Für sie ist es gut, dass es die Besuche gibt. Und für das Kind, denke ich, ist es auch gut. Dass es nicht erst mit vier oder fünf Jahren erfährt, dass es eine geistig behinderte Mutter hat, also einfach die Kontinuität auch hat in der Erfahrung." (Herr E., 3: 75-78)

Sachwalterin

Die befragte Sachwalterin nimmt prinzipiell bezüglich der Fremdunterbringung der Kinder von Menschen mit Lernschwierigkeiten keine ablehnende Haltung ein. Sie kritisiert jedoch das Agieren der MAG11, was den Ablauf einer Fremdunterbringung betrifft. Ihre Aufgabe bestand unter anderem in der Unterstützung der Besuchsrechtsregelung. Sie beschreibt die Situation als problematisch: Zu Beginn wurde ihrer Klientin das Besuchsrecht abgesprochen. Diese Entscheidung wurde von den SozialarbeiterInnen der MAG11 damit begründet, dass die betroffene Mutter als gefährlich einzustufen sei. Nach Einschätzung der Befragten sei dies eine übertriebene Reaktion, die der Persönlichkeitsstruktur der Betroffenen nicht entspricht:

"Ich habe mir gedacht, da rennt ein Programm, das hat mit der Betroffenen nichts mehr zu tun." (Frau H.)

Bei der Interpretation dieser Aussage kann festgestellt werden, dass sich die theoretische Annahme dahingehend verifiziert, dass falsche Einschätzungen der Betroffenen aufgrund fehlender methodischer Qualifizierung der EntscheidungsträgerInnen getätigt werden.

Sozialarbeiterinnen der MAG11

Die Sozialarbeiterinnen berichten, dass es im Falle einer geistigen Behinderung eines Elternteils nach bisherigen Erfahrungen immer zu Kindesabnahmen kommt. Ab dem Eintritt der Fremdunterbringung sehen sie sich nicht mehr für die Betreuung der Eltern zuständig. Es wird berichtet, dass die Kontakte zwischen Eltern und Kindern nach der Abnahme sehr selten sind und schlussendlich meist auch ganz eingestellt werden. Dies wird auf die fehlenden Kompetenzen der Mütter und Väter mit Lernschwierigkeiten zurückgeführt, da diese nicht imstande wären, Termine einzuhalten.

"Also eigentlich ist das ein Kuddelmuddel. Und das liegt nicht an dem, dass die Mutter das nicht will. Weil das unterstelle ich dieser Frau nicht. Sondern einfach am Unvermögen. Sie versteht einfach nicht, warum hier eine - also diese Notwendigkeit besteht. Pünktlich zu sein, verlässlich zu sein." (Frau F., 2: 55-57)

Betroffene

Frau C. erwähnt mehrmals, dass sie sich aufgrund der Androhung einer Fremdunterbringung bei Nichteinhaltung der Auflagen stark unter Druck gesetzt und in ihrer Rolle als Mutter nicht ernst genommen fühlt:

"Und ich habe mich nachher auch irgendwie gekränkt gefühlt. Ich meine, ich trage neun Monate mein Kind... und dann kriege ich das zu hören." (Frau C., 7: 191-192)

Da sie bis jetzt mit ihrem Kind zusammenlebt, kann von ihrer Seite nicht über den Ablauf einer Fremdunterbringung des Kindes berichtet werden.

Frau L. lebte bis vor etwa einem Jahr mit ihrer Tochter zusammen. Diese ist jetzt 9 Jahre alt. Frau L. erzählt, dass die Unterbringung ihrer Tochter in einer Kinder-Wohngemeinschaft für sie eine Erleichterung ist. Es sei zu immer mehr Streitereien und Schwierigkeiten zwischen ihr und der Tochter gekommen und sie wäre nicht mehr im Stande gewesen, mit der Situation umzugehen. Mit der derzeitigen Situation ist sie zufrieden:

"Es ist sehr gut. Wir müssen endlich nicht mehr streiten." (Frau L.)

Sie meint jedoch, dass die Fremdunterbringung keine Dauerlösung sein soll. Mit der Anbahnung der Fremdunterbringung ist sie zufrieden. Die Entscheidung, wo das Kind untergebracht werden soll, wurde unter Mitsprache aller Beteiligten getroffen. Frau L. hat regelmäßig Kontakt zu ihrer Tochter, jedes zweite Wochenende verbringt diese auch bei ihr.

Die Fremdunterbringung des Kindes kann im Fall von Frau C. durchaus als erfolgreich betrachtet werden, da diese unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Betroffenen stattgefunden hat und mit einer intensiven Vorbereitungsphase einhergegangen ist.

• Fazit - Trennung braucht Begleitung

Die Trennung von Eltern und Kind wird - sofern ihr eine angemessene Vorbereitung vorangeht - nicht unbedingt als "Scheitern" betrachtet. Aus Berichten der Betreuerebene geht jedoch hervor, dass eine intensive Vorbereitung der Kinder und der Eltern häufig nicht durchgeführt werden konnte, obwohl diese sowohl von den Befragten, als auch auf theoretischer Ebene als besonders wichtig erachtet wird:

"Before decisions are made to break up the family, a detailed evaluation of the services offered to the family should be undertaken to ensure that state-of-the-art interventions were tried." (FELDMAN 2002, 270)

10.6.4. Kategorie IV - Persönliche Einstellung zur Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten

Mitarbeiterinnen aus Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Lernschwierigkeiten

Im Zuge der durchgeführten Befragungen wurde auch immer nach der persönlichen Einstellung gegenüber der Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten gefragt. Es wurde versucht zu eruieren, ob die ExpertInnen - in Anbetracht der momentanen Situation - den Betroffenen eher davon abraten würden Kinder zu bekommen. Die Betreuerinnen vertreten in erster Linie einstimmig die Meinung, dass ein Abraten nicht in ihrer Kompetenz liegt. Für sie gilt es als Teil der Normalisierung, Menschen mit Lernschwierigkeiten das Recht auf Elternschaft nicht vorzuenthalten.

"Die haben das Bedürfnis, auch ganz normal zu leben. Und das hat man ihnen lange Zeit auch abgesprochen." (Frau B., 15: 462-463)

Interessant ist, dass sich die prinzipiell neutrale Einstellung im weiteren Verlauf der Gespräche relativieren kann. So meint etwa Frau A. gleich zu Beginn der Befragung:

"[...] das gehört zur Normalisierung, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten oder mit geistiger Behinderung genauso das Recht auf Elternschaft haben." (Frau A., 1: 8-9)

Kurz darauf sagt sie dann:

"[...] es kamen dann immer wieder Klientinnen mit dem Wunsch an mich heran: Ich hättegerne ein Kind. Und ich ihnen immer wieder geraten habe, sie sollen doch warten. Weil ich gemerkt habe, es ist einfach kein Betreuungskontext da, wo ich ihnen anraten könnte" (Frau A., 1: 22-26)

In erster Linie wird von ihr also die Meinung vertreten, dass das An- beziehungsweise Abraten bezüglich eines Kinderwunsches nicht in der Kompetenz des Betreuungspersonals liegt. Im konkreten Zusammenhang mit den derzeitigen Kontextbedingungen, mit denen Menschen mit Lernschwierigkeiten im Zuge einer Elternschaft konfrontiert werden, wird die Problematik der Umsetzung von Normalisierungsprinzipien jedoch deutlich. Frau A. legt offen, dass sie die Richtigkeit bezweifelt, unter den derzeitigen Umständen eine Elternschaft zu bejahen.

Aufgrund dessen wird es als wichtig erachtet, die Frauen und Männer bezüglich eines Kinderwunsches so gut als möglich über die Vor- und Nachteile einer Elternschaft zu informieren.

Pädagogischer Leiter

Auch Herr E. betont das prinzipielle Recht der Betroffenen auf Elternschaft. Gleichzeitig weist er aber darauf hin, dass erfahrungsgemäß keine realistische Einschätzung der KlientInnen vorliegt, was Elternschaft bedeutet:

"Was haben die meisten Personen für eine Vorstellung vom Kinderkriegen? Dass es schön ist, wenn man eines hat. Und dass es glücklich macht und dass es super ist, jemanden im Arm zu haben. Aber nicht, dass das 24 Stunden geht. Und möglicherweise 14, 15, 16 Jahre lang ein Problem ist. Das realisieren sie nicht."(Herr E., 13: 389-392)

Diese Aussage verleitet dazu, den Rückschluss auf eine fehlende sexualpädagogische Erziehung zu ziehen. Diese Problematik wurde bereits in Kapitel 4.3.2. erläutert. Auch Herr E. meint bezüglich der Aufklärung von Menschen mit Lernschwierigkeiten, dass es einerseits an Literatur fehlt, die für die Zielgruppe bestimmt ist; andererseits betont er die Problematik der Durchführung sexualpädagogischer Aufgaben im Betreuungskontext:

"Das heißt, man kann für jede Person eigentlich wirklich nur individuell etwas überlegen, wie man etwas vermittelt. Und zwar dann, wenn es angebracht ist, zu vermitteln. Und nicht, dass man überfordert und überfallsartig herkommt und sagt, jetzt ist die Zeit reif. Jetzt wird informiert, und jetzt verstehst du, um was es geht. Das ist äußerst schwierig. Das können nur Leute machen, die in der - die im Umfeld dieser Person, dieser Personen auch tätig sind." (Herr E., 11: 324¬329)

Er betrachtet innerhalb der Institution die sexualpädagogische Begleitung als Aufgabe der jeweiligen BezugsbetreuerInnen, betont aber auch die Problematik, die mit dieser Aufgabe einhergeht: Ein offener Umgang mit dem Thema Sexualität ist für viele Menschen nicht grundsätzlich gegeben und kann auch nicht generell eingefordert werden. Dies deckt sich mit der These von WALTER, der die Problematik der Sexualität von Menschen mit Lernschwierigkeiten eher im betreuenden Umfeld als bei den Betroffenen selbst ortet (WALTER 2005, 29) und deshalb eine "Erziehung der Erzieher" als "notwendige Vorbedingung der Sexualerziehung" (a.a.O., 196) von Menschen mit Lernschwierigkeiten betrachtet.

Sachwalterin

Frau H. sieht es nicht als ihre Aufgabe bei einem geäußerten Kinderwunsch eine ratende oder abratende Stellungnahme zu vermitteln. Wichtig ist auch ihr die Informationsvermittlung, damit den Betroffenen Realitäten aufgezeigt werden mit denen sie sich bis dahin eventuell noch nicht auseinandergesetzt haben. Sie hebt hervor, dass es von großer Bedeutung ist den Betroffenen klarzumachen, dass es für sie im Falle einer Elternschaft ungleich schwieriger ist, das Kind zu behalten, als für andere Eltern. Diese Ansicht bestätigt sich auch in der Fachliteratur:

"[...] when it is known that parents have intellectual disabilities, child protection agencies may be more prone to search for, and find evidence of, child neglect, and seek termination of parenting rights than would be the case for unlabeled parents acting in exactly the same manner." (FELDMAN 2002, 258, vgl. auch PIXA-KETTNER 2003, 18).

Sozialarbeiterinnen der MAG11

Die von Frau F. in der Kategorie II zitierte Aussage, in welcher sie eine Lösung des "Problems" in der Unterbindung einer Schwangerschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten betrachtet, verdeutlicht die restriktive Einstellung gegenüber dieser Thematik. Ihrer Ansicht nach ist es kaum möglich, dass Frauen und Männer mit Lernschwierigkeiten über ein angemessenes Ausmaß an elterlichen Kompetenzen verfügen, damit für das Wohl des Kindes zu sorgen können - erfahrungsgemäß kam es bei ihr auch in allen Fällen zu Kindesabnahmen.

"[...] ich glaube, dass hier sehr viel auch auf der Gefühlsebene vorhanden ist. Nur es scheitert wirklich an der Umsetzung. Und sie hat sich auch zum Beispiel dann sehr schwer getan, warum man ihr keine Chance gibt. Aber im Gespräch war es klar: das wäre eine reine Verzögerung. Und das ist wiederum - das stelle ich in Frage - was ist gescheiter? Hoffnung zu geben, und so zu tun, als ob. Und die Frage ist auch, mit welchen Möglichkeiten, weil da müsste jemand bei der Frau einziehen." (Frau F., 6f: 188-193)

Hier wird auch die strukturelle Ebene angesprochen, nämlich in der Frage, mit welchen Möglichkeiten die Mütter und Väter unterstützt werden könnten, damit eine gelungene Familienstruktur hergestellt werden kann. Die dahingehenden Ansätze werden jedoch in der nächsten Aussage relativiert, indem die Unmöglichkeit einer praktischen Umsetzung des benötigten Betreuungsausmaßes festgestellt wird.

Betroffene

Beide Befragten machten bei der Bekanntgabe der Schwangerschaft die Erfahrung, dass diese von vielen Seiten (vor allem von Familienangehörigen) abgelehnt wurde und dass häufig zu einem Schwangerschaftsabbruch geraten wurde.

Frau L. meint bezüglich der Konfrontation mit negativen Einstellungen gegenüber ihrer Übernahme der Mutterrolle:

"Ich bin kein Roboter, keine Puppe ohne Gefühle. Es wäre unfair, wenn andere Menschen Kinder haben dürfen und ich nicht." (Frau L.)

Hier verdeutlicht sich das Bedürfnis nach einer gesellschaftlichen Anerkennung der Betroffenen als "normale" Menschen, mit den gleichen Rechten und Pflichten - so auch die Forderungen der Normalisierungsprinzipien nach NIRJE.

• Fazit - Recht auf Elternschaft ist weitgehend anerkannt, wird jedoch als problematisch betrachtet

Die Aussagen der Befragten zeigen auf, dass eine Anerkennung des allgemeinen Menschenrechts auf Elternschaft im Bewusstsein der Befragten verankert ist. Von einer an- beziehungsweise abratenden Haltung bezüglich eines Kinderwunsches distanziert man sich weitgehend. Es wird jedoch durchwegs betont, dass eine angemessene Vorbereitung und Informationsvermittlung in Bezug auf Elternschaft als wichtig erachtet wird. Die ExpertInnen vertreten die Meinung, dass von Seiten der Betroffenen häufig Vorstellungen bezüglich der Elternschaft vorherrschen, die der Realität nicht entsprechen. Dies lässt den Schluss auf eine fehlende sexualpädagogische Förderung zu. Weiters wird von einer Befragten die Frage in den Raum gestellt, ob - in Anbetracht der derzeit zur Verfügung stehenden Angebote der Unterstützung - ein Abraten nicht das beste Mittel darstellt, um den Betroffenen die erfahrungsgemäß auftretenden Probleme und negativen Erfahrungen zu ersparen. Dies relativiert die prinzipiell neutrale Einstellung.

10.6.5. Kategorie V - Verbesserungsvorschläge

Mitarbeiterinnen aus Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Lernschwierigkeiten

Als am dringendsten notwendig wird - wie bereits erläutert - eine bessere Vernetzung zwischen den zuständigen Institutionen genannt. Dies soll durch die Entwicklung von Konzepten der Betreuung ermöglicht werden, bei denen eine angemessene Qualifizierung der Fachkräfte im Mittelpunkt steht.

Des Weiteren wird die Entwicklung zielgruppengerechter Wohneinrichtungen für Eltern mit Lernschwierigkeiten angedacht. Dies wird damit begründet, dass die derzeitig bewilligte Tagsatzung der Betreuung von Müttern und Vätern als zu niedrig eingeschätzt wird. Grund dafür ist, dass das Kind offiziell nicht von den Einrichtungen betreut wird, dies in der Realität jedoch anders aussieht: So kann eine strikte Trennung zwischen Mutter und Kind in der Betreuungspraxis nicht stattfinden. Eine berufsspezifische Qualifizierung in Bezug auf die Arbeit mit Familien wird als weiterer wichtiger Faktor genannt, der eine adäquate Betreuung ermöglichen kann.

Pädagogischer Leiter

Auch Herr E. sieht die Entwicklung von bedürfnisgerechten Wohnformen für Eltern mit Lernschwierigkeiten als eine Möglichkeit - sofern sich abzeichnet, dass sich Fälle von Elternschaften von Menschen mit Lernschwierigkeiten häufen. Des Weiteren gibt er an, dass eine höhere Flexibilität bei der Vergabe von so genannten Notfallswohnungen in Krisensituationen - wie etwa einer Schwangerschaft - angestrebt werden sollte. Bezüglich der Finanzierung äußert er dahingehend Kritik, dass die Zeit für die Bewilligung einer Betreuung auf zu kurze Perioden beschränkt ist und nach Ablauf der Fristen immer neu beantragt werden muss. Bei der Betreuung von Müttern und Vätern wird eine langfristig geplante Betreuungsvereinbarung jedoch als unbedingt notwendig erachtet, um eine adäquate Unterstützung gewährleisten zu können.

Sachwalterin

Frau H. sieht Veränderungsbedarf vor allem auf der konzeptuellen Ebene der MAG11. Sie betrachtet die Unterstützung von Müttern und Vätern mit Lernschwierigkeiten dieser Institution als mangelhaft und schlägt deshalb die Entwicklung von speziellen auf die Zielgruppe zugeschnittenen Betreuungskonzepten als einzige Möglichkeit zur Verbesserung der derzeitigen Situation vor.

Sozialarbeiterinnen der MAG11

Frau F. äußert den Wunsch nach mehr Akzeptanz ihrer Rolle von Seiten der Betreuungseinrichtungen der Mütter und Väter:

"Was ich will ist, dass man sich nicht in den Rücken fällt. Dass man zum Beispiel nicht Behauptungen, oder Mitteilungen, die man getätigt hat, dass man die nicht zurückzieht. Weil man sozusagen dann die Zusammenarbeit mit den Betroffenen dann wesentlich gefährdet. Es muss klar sein: Wenn man uns etwas meldet, wir können das nicht überhören." (Frau F., 8: 247-251)

An dieser Stelle soll klar formuliert werden, dass die SozialarbeiterInnen der MAG11 nicht allein für die auftretenden Probleme zur Verantwortung gezogen werden können, die mit der Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten einhergehen - obwohl von einigen Befragten aus anderen Einrichtungen eine dahingehende Tendenz interpretiert werden kann. Es ist jedoch eine Mitarbeiterin der MAG11 die die Meinung vertritt, dass nur durch eine Auseinandersetzung mit den Strukturen, Zielen und Vorgaben der anderen involvierten Institutionen eine bessere Zusammenarbeit möglich wird und Interessenskollisionen vorgebeugt werden kann:

"Ich denke mir, wenn man wo hineingeschnuppert hat, oder man hat irgendwo gearbeitet - man hat viel mehr Verständnis für die Bedürfnisse dieser Organisation, als wenn man das nie gemacht hat." (Frau F., 5: 143-145)

Dieser Vorschlag könnte für die Verbesserung der derzeitigen Situation maßgeblich sein, damit den häufig auftretenden Konflikten entgegengewirkt und eine bestmögliche Ressourcenerschließung erreicht werden kann.

Betroffene

Interpretiert man die Aussagen der Betroffenen, so besteht bei ihnen der größte Wunsch darin, eine positive Annahme ihrer Elternschaft von Seiten des Umfeldes zu erfahren. Außerdem wird die Forderung nach mehr Mitspracherecht bei den zu treffenden Entscheidungen formuliert.

Die Einstellung von Frau C. bezüglich der Unterbringung in einem Mutter-Kind-Heim, lässt den Wunsch nach der Entwicklung spezifischer Wohnangebote erkennen, da die derzeitigen Angebote aus ihrer Sicht als nicht passend bezeichnet werden:

"[...] das ist anstrengend, das Mutter-Kind-Heim. Da sind 24 Stunden am Tag die Betreuer da. Und der Vater darf nur am Nachmittag kommen und muss am Abend wieder gehen. Und ich habe gesagt, das tu ich mir nicht an. Weil da leidet ja der Vater darunter, nachher, wenn er das Kind nicht sehen kann." (Frau C., 10: 293-296)

Die Forderung nach klientInnenzentrierter Arbeit, also einer möglichst individuellen Betrachtungsweise, wird von den Betroffenen geäußert. Der KlientInnenzentrierung wird auch in der Theorie große Bedeutung zugesprochen:

"Taking a client-centred approach to providing needed services - listening to and acting on their needs, instead of just basing the services on our own values as clinicians - might have a greater effect and allow for more positive change." (AUNOS et al. 2004, 75)

• Fazit - Forderung nach Entwicklung spezifischer Angebote und interdisziplinärer Zusammenarbeit

Interpretiert man die Vorschläge zur Veränderung und Verbesserung, wird der Wunsch nach einer konzipierten methodischen Unterlegung erkennbar. Es herrscht von allen in der Begeleitung involvierten Personen Unsicherheit über die Zuständigkeiten, die Finanzierung und die Nachhaltigkeit der derzeit zur Verfügung stehenden Angebote der Unterstützung von Eltern. Des Weiteren wird noch einmal die Forderung nach einer interdisziplinären Zusammenarbeit als wichtigste Maßnahme zur optimalen Erschließung von Ressourcen in den Vordergrund gestellt. Als Grundlage dafür gilt es, die individuellen Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen in die Betrachtung mit einzubeziehen.



[27] Ein weiters zu erforschender Aspekt könnte darin bestehen, die subjektive Sichtweise der Kinder von Menschen mit Lernschwierigkeiten zu erörtern, jedoch würde auch dies den Rahmen dieser Diplomarbeit sprengen. Eine ausführliche Befassung mit diesem Thema findet sich aber in der Dissertation von Magnus PRANGENBERG (Bremen, 2002): Zur Lebenssituation von Kindern, deren Eltern als geistig behindert gelten. Eine Exploration der Lebens- und Entwicklungsrealität anhand biografischer Interviews und Erörterung der internationalen Fachliteratur. Eine stellenweise überarbeitete und leicht gekürzte Fassung der Arbeit ist unter URL: http://deposit.ddb.de/cgi-bin/dokserv?idn=975509020&dok_var=d1&dok_ext=pdf&filename= 975509020.pdf zum Download verfügbar

[28] Die beiden entwickelten Interview-Leitfäden befinden sich im Anhang dieser Arbeit.

[29] Es wurde zwar ein Interviewtermin mit einer Mitarbeiterin eines Mutter-Kind-Heimes fixiert, als ich im Büro der Mitarbeiterin erschien, erklärte mir diese jedoch, dass sie lediglich über einen Betreuungsfall berichten könne, bei dem die Mutter Rollstuhlfahrerin sei. Als ich ihr noch einmal erklärte, um welche Personengruppe es sich in meiner Forschungsarbeit handle, erklärte sie mir, dass ihr und auch ihren KollegInnen kein solcher Fall bekannt wäre.

[30] Eine ausführliche Beschreibung der genannten Unterstützungsmaßnahmen sowie eine fundierte Beschreibung der Strukturen der Organisationen, in denen die ExpertInnen tätig sind bzw. von denen die Betroffenen betreut werden, kann im Zuge dieser Arbeit - einerseits aus Datenschutzgründen, andererseits aus Platzgründen - nicht vorgenommen werden.

[31] mit "klassischem Werdegang" ist gemeint, dass die Dichte und Intensität der Betreuung im Laufe der Zeit immer weniger wird (z.B. schrittweise Umzug von betreuter

Wohngemeinschaft in eigene Wohnung)

[32] "Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs: § 97. (1) Die Tat ist nach § 96 nicht strafbar, 1. wenn der Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Schwangerschaft nach vorhergehender ärztlicher Beratung von einem Arzt vorgenommen wird;" (http://www.ris.bka.gv.at/bundesrecht/)

[33] Da auf österreichischer Ebene keine Studien zur Anzahl der Elternschaften von Menschen mit Lernschwierigkeiten vorliegen, können nur Rückschlüsse im Vergleich zu anderen Ländern herangezogen werden.

11. ERGEBNISSE UND AUSBLICK

Die im Zuge dieser Arbeit theoretisch und empirisch gewonnenen Daten sollen nun im Kontext zu den formulierten Forschungsfragen zusammengefasst werden. Die Fragen bauen, wie in der Einleitung erwähnt, auf folgender Hypothese auf:

Menschen mit Lernschwierigkeiten benötigen im Falle einer Elternschaft spezifische Angebote der Unterstützung und Begleitung um zu ermöglichen, dass eine gelungene Familienstruktur in dem Sinne hergestellt werden kann, sodass das Kind bei der Mutter/den Eltern aufwachsen kann, ohne die Entwicklung und das Wohl des Kindes, aber auch ohne das Wohl der Eltern zu gefährden.

11.1. Forschungsfrage I

Auf welche Unterstützungsangebote können Menschen mit Lernschwierigkeiten in Wien zurückgreifen, die ein Kind erwarten beziehungsweise die bereits Eltern sind?

Es konnte in Wien keine Einrichtung ausfindig gemacht werden, die sich speziell mit der Unterstützung und Begleitung von (werdenden) Eltern mit Lernschwierigkeiten auseinandersetzt. Sowohl EGGER (1999) als auch FERRARES (2001) kommen zu dem Schluss, dass in Österreich weder theoretische noch praktische Grundlagen der Begleitung und Unterstützung für die Betroffenen existieren (vgl. Kapitel 6.1. und 6.5.). Die theoretischen und empirischen Erkenntnisse können hierbei also als übereinstimmend betrachtet werden.

Werden die Betroffenen von Einrichtungen für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung betreut, besteht die Möglichkeit der parteilichen Unterstützung von dieser Seite. So kann dem Risiko einer automatischen Fremdunterbringung der Kinder zumindest ein Stück weit entgegengewirkt werden. Da sich das dortige Betreuungspersonal jedoch auf keine konzipierten methodischen Techniken der Unterstützung von Eltern berufen kann, wird eine adäquate Begleitung von den Befragten als schwer umsetzbar erachtet.

Als zur Verfügung gestellte Angebote der Betreuungseinrichtungen werden genannt:

  • Psychosoziale Beratung und Begleitung

  • Begleitung zu Ärzten, in Spitäler

  • Unterstützung bei finanziellen Angelegenheiten

  • Kontaktaufnahme mit dem Jugendamt, Begleitung zu Ämtern und Behörden

  • Kontaktaufnahme mit SachwalterInnen

  • Unterstützung bei Wohnungssuche, Kindergartenplatz

Resultierend aus der Inexistenz spezifischer Angebote für Eltern mit Lernschwierigkeiten, sind dem Großteil der befragten ExpertInnen auch keine Konzepte, wie sie in Kapitel 9. beschrieben wurden, bekannt. Bei den von den ExpertInnen beschriebenen zur Verfügung gestellten Angeboten zeigt sich eine Vermischung der methodischen Ansätze. Eine in der Praxis auftretende Kombination unterschiedlicher Ansätze und Techniken wird auch von PIXA-KETTNER (1999, 65) festgestellt. Auffallend ist, dass die befragten Mütter den Wunsch nach empowermentorientierten Angeboten äußern, indem sie ihr Recht auf Selbstbestimmung stark betonen. Die von den Institutionen zur Verfügung gestellten Angebote sind jedoch vielfach eher an lerntheoretischen Ansätzen ausgerichtet zu erachten.

Von Seiten der MAG11, die ihren Schwerpunkt auf die Sorge um das Wohl der Kinder legt, werden keine auf die Zielgruppe angepassten Angebote zur Verfügung gestellt, obwohl die Behinderung eines oder beider Elternteile als Risikofaktor betrachtet wird. Die allgemeinen Maßnahmen der Unterstützung der Erziehung werden in Bezug auf Eltern mit Lernschwierigkeiten als zumeist nicht zielführend in dem Sinn erachtet, dass das Kind langfristig bei den Eltern leben kann. Als allgemeine Angebote zur Unterstützung der Erziehung werden genannt:

  • stationäre Betreuung in Mutter-Kind-Heimen

  • ambulante Betreuung und Beratung in Mutter-Kind-Zentren

  • Hinzuziehen von FamilienhelferInnen

Die Entwicklung von zielgruppengerechten Angeboten wird aufgrund "fehlender Nachfrage" als nicht prioritär erachtet. Diese Auffassung widerspricht der auf theoretischer Ebene formulierten Ansicht, dass es weitaus mehr Elternschaften von Menschen mit Lernschwierigkeiten gibt, als allgemein angenommen wird (vgl. BOOTH&BOOTH 1994, 9, PIXA-KETTNER 2003, 17, siehe auch S.90).

11.2. Forschungsfrage II

Können aus den gewonnenen Daten der ExpertInneninterviews und der Befragung Betroffener, sowie aus Vergleichen mit Konzeptionen anderer Länder begründete Verbesserungsvorschläge formuliert werden?

Die Aussage einer befragten MAG11-Mitarbeiterin, dass die Unterbindung einer Schwangerschaft von Frauen mit Lernschwierigkeiten der Entwicklung spezifischer Unterstützungsangebote vorzuziehen sei (vgl. S.91f ), deutet auf Hindernisse und Grenzen der von NIRJE aufgestellten Normalisierungsprinzipien hin. In Kapitel 6.1. wurde darauf hingewiesen, dass jeder Mensch im Laufe seines Lebens den Wunsch nach Fortpflanzung entwickelt und dass dies auch für Menschen mit Lernschwierigkeiten gilt. Die Tatsache, dass Eltern mit Lernschwierigkeiten einerseits weitaus mehr kontrolliert und überwacht werden, als so genannte nichtbehinderte Eltern (vgl. PIXA-KETTNER 2003, 18, Kapitel 5.3.), sie jedoch andererseits auf keine spezifischen Unterstützungsangebote zurückgreifen können, lässt eine Widersprüchlichkeit erkennen. Dadurch werden die Grenzen der Normalisierung in diesem Bereich deutlich.

Aufgrund des Fehlens zielgruppengerechter Angebote wird vor allem von den ExpertInnen der Betreuungseinrichtungen der Wunsch nach einer intensiven interdisziplinären Zusammenarbeit geäußert. Durch die Initiierung so genannter HelferInnen-Konferenzen könnte das Ausmaß der Erschließung von Ressourcen erhöht werden. Dies könnte wiederum zur Folge haben, dass sich das Risiko einer Fremdunterbringung der Kinder verringert. Wie in der Zusammenfassung der Kategorie I bereits erläutert, wird auch auf theoretischer Ebene die Kooperation der zuständigen ProfessionistInnen als Hauptaufgabe der Unterstützung betrachtet (vgl. GRIMM 2005, 304). Eine Zusammenarbeit und parteiliche Vertretung der Betroffenen wird als wichtig erachtet, da außerhalb des Behindertenbereichs wenig über Menschen mit Lernschwierigkeiten bekannt ist (vgl. PIXA-KETTNER 2004, Kapitel 1.). Einer korrekten Einschätzung der Kompetenzen und Defizite der Betroffenen muss jedoch eine Auseinandersetzung mit dieser Personengruppe vorausgehen. Die parteiliche Vertretung durch geschultes Personal auf der Mikroebene und die Umsetzung der Forderung nach Integration und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben auf gesamtgesellschaftlicher Ebene können als Mittel dazu dienen.

Entsprechend der Hypothese dieser Arbeit wird eine Unterstützung der Erziehung von allen befragten ExpertInnen als unabdingbar erachtet. Auch die befragten Mütter bestätigen die Wichtigkeit eines Unterstützungsnetzwerkes. Analog zu den Forschungsergebnissen von WALTON-ALLEN und FELDMAN konnte jedoch auch im Zuge dieser empirischen Forschung eine divergente Auffassung von ExpertInnen und Betroffenen darüber festgestellt werden, welche methodische Vorgehensweise als am effizientesten beurteilt wird (vgl. WALTON-ALLEN, FELDMAN 1991, 137). Die betroffenen Mütter äußern den Wunsch nach empowerment-orientierten Unterstützungsangeboten. Die Skepsis gegenüber institutioneller Hilfe ist damit begründbar, dass diese zu wenig an der Anerkennung und Förderung der Stärken der Betroffenen orientiert ist. Die häufig negativen Erfahrungen, die die Betroffenen im Laufe ihres Lebens mit ProfessionistInnen gesammelt haben (vgl. PIXA-KETTNER 2003, 18, siehe S.81) und der Wunsch nach Anerkennung als normaler Mensch, sollten demnach von Seiten des Umfeldes in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt werden. Folgt man den Schilderungen der befragten ExpertInnen ist ein dahingehendes Bewusstsein am ehesten bei den Mitarbeiterinnen der Betreuungseinrichtungen gegeben, da sich diese im Zuge ihrer Tätigkeit intensiv mit der Lebenswelt von Menschen mit Lernschwierigkeiten auseinandersetzen. So stellen sie auch die Gruppe von ExpertInnen dar, die am vehementesten für die Entwicklung konzipierter Unterstützungsmaßnahmen eintritt und die angibt, empowerment-orientiert zu arbeiten.Kinderwunsch und Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten können als Exempel dafür betrachtet werden, dass die derzeitige Umsetzung der von NIRJE geforderten Prinzipien der Normalisierung in Wien durch Hindernisse gekennzeichnet ist.

Da jedoch - im Zuge eines zunehmenden gesellschaftlichen Bewusstseins über die Wichtigkeit der Umsetzung von Maßnahmen zur Integration und Teilhabe von Menschen mit Lernschwierigkeiten - davon auszugehen ist, dass sich die Zahl der Elternschaften erhöht (vgl. BOOTH&BOOTH 1994, 7), ist die Entwicklung methodisch unterlegter Unterstützungsangebote als unabdingbar zu erachten. Dabei kann auf eine Vielzahl an Informationen aus anderen Ländern zurückgegriffen werden, über die diese Arbeit hoffentlich ein Stück weit Aufschluss geben konnte (siehe etwa Kapitel 6.5. und 9.).

Aufgrund der durchgeführten theoretischen und empirischen Auseinandersetzung können folgende konkrete Verbesserungsvorschläge formuliert werden:

  • Forcierung der Enttabuisierung der Sexualität von Menschen mit Lernschwierigkeiten durch Fortbildung des zuständigen Betreuungspersonals.

  • Forcierung des Mitspracherechts der Betroffenen bei der Entwicklung von Unterstützungsangeboten. Dies sollte - in Folge der Normalisierungsbestrebungen - einen integralen Bestandteil sozialpolitischer Zielsetzungen darstellen. Wie in den Kapiteln 4.2. und 10.2.3. beschrieben, ist eine "gesunde" Persönlichkeitsentwicklung der Betroffenen bis heute aufgrund isolierter Lebensbedingungen mit großen Schwierigkeiten verbunden. Fehlende Erfahrungswerte und begrenztes Wissen über die Möglichkeit mitzubestimmen und Entscheidungen zu treffen, können eine Folge davon sein. HAGEN meint hierzu, dass "dieses Problem möglicherweise weitgehend durch die Erweiterung des lebensweltlichen Erfahrungs- und Kenntnishorizonts dieser Menschen gelöst werden" kann (HAGEN 2002, 295).

  • Übernahme sexualpädagogischer und sexualandragogischer Aufgaben des Umfelds als Mittel zur Aufhebung der "sekundären" oder "aufgepfropften" geistigen Behinderung (vgl. NIRJE, PERRIN 1999, 3f, WALTER 2005, 31, siehe Kapitel 3.1.2.). Damit ist gemeint, dass Defizite im Bereich der elterlichen Kompetenzen mittels adäquater Vorbereitung und Informationsvermittlung abgebaut oder sogar ganz aufgehoben werden können.

  • Formulierung offizieller Positionierungen der zuständigen Institutionen in Bezug auf Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Etwa in Form von Stellungnahmen der Leitungsebene, oder der präziseren Ausarbeitung der bereits bestehenden Ratgeber, könnte den MitarbeiterInnen der verschiedenen Einrichtungen Klarheit über die jeweiligen Aufgaben und deren methodische Umsetzung gegeben werden.

  • Forcierung einer Bewusstseinsentwicklung über die Wichtigkeit interdisziplinärer Zusammenarbeit der unterschiedlichen involvierten Institutionen. Die Initiierung von HelferInnenkonferenzen wird vor allem von den MitarbeiterInnen der Betreuungseinrichtungen gefordert. Mit der Entwicklung von Konzepten der Betreuung und Begleitung könnte dieser Forderung nachgekommen werden.

  • Durchführung einer Bedarfserhebung über die Initiierung spezifischer Wohneinrichtungen für betroffene Familien.

Dass sich die Aufgabe der Entwicklung und Umsetzung von Unterstützungsangeboten im Zuge der Normalisierung nicht nur auf den Bereich der Einrichtungen zur Betreuung von Menschen mit Lernschwierigkeiten beschränken kann, sondern als gesamtgesellschaftlicher Auftrag zu erachten ist, sollte - etwa mit der Betonung der Wichtigkeit einer interdisziplinären Zusammenarbeit in dieser Arbeit - verdeutlicht werden.

11.3. Ausblick

Die zu Beginn des Forschungsprozesses entwickelte Hypothese dieser Arbeit hat sich sowohl durch die theoretische Auseinandersetzung (vgl. etwa Kapitel 3.1.1., 6.1., 7.) als auch durch die empirisch gewonnenen Informationen bestätigt. Die Ansicht, dass Normalisierung nicht mit Anpassung verwechselt werden darf (vgl. NIRJE, PERRIN 1999, 20, siehe Kapitel 3.1.1.), sondern die Bereitstellung von Unterstützungsangeboten fordert, damit die Betroffenen ein Leben "so normal wie möglich" führen können, lässt folgende Schlussfolgerung zu:

Erst wenn auf die Zielgruppe angepasste Unterstützungsangebote entwickelt und in die Praxis umgesetzt werden, kann im Bereich der Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten von Normalisierung gesprochen werden.

"[...] we may have to wait until a whole generation of people has lived in the community with adequate supports before we can begin fully to appreciate their qualities as parents." (BOOTH&BOOTH 1994, 10)

ABSTRACT (deutsch)

Menschen mit Lernschwierigkeiten sehen sich auch heute noch mit zahlreichen Einschränkungen ihrer Menschenrechte konfrontiert. Besonders deutlich zeigt sich dies im Bereich der Familiengründung. Während im Normalfall einer Frau zu ihrer Schwangerschaft gratuliert wird, löst die Schwangerschaft einer Frau, die als "geistig behindert" klassifiziert wird, in der Regel eher eine ablehnende Haltung aus.

Die Arbeit basiert auf der Konzeption des Normalisierungsprinzips nach Bengt NIRJE, in dessen Grundsätzen das Leben in einer zweigeschlechtlichen Welt als integraler Bestandteil erachtet wird. Es wird darauf eingegangen, wie sich die Situation im Zuge der Normalisierungsbestrebungen und der damit erfolgten Ausgliederung aus den großen institutionellen Behinderteneinrichtungen und psychiatrischen Anstalten für Menschen mit Lernschwierigkeiten in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Weiters wird aufgezeigt, dass diese Veränderungen großen Einfluss auf die Be reiche Sexualität, Partnerschaft, Kinderwunsch und Elternschaft der Betroffenen haben.

Durch die Auswertung der im empirischen Teil durchgeführten qualitativen Interviews mit ExpertInnen und betroffenen Müttern wird deutlich, dass (werdende) Eltern mit Lernschwierigkeiten in Wien derzeit keine spezifischen Unterstützungsangebote zur Verfügung gestellt werden. Aus diesem Grund werden - mit Bezug auf bereits entwickelte und erprobte Konzeptionen anderer Länder - begründete Verbesserungsvorschläge formuliert, die als wichtig erachtet werden, damit auch in diesem Bereich von Normalisierung gesprochen werden kann.

ABSTRACT (englisch)

People with learning difficulties are still suffering from restrictions of their human rights. According to this circumstance, attention should be paid to the right of every human being to found a family. Usually people congratulate a woman on her pregnancy but not so when the woman is classified as "mentally retarded".

This diploma thesis is based on the principles of normalization, conceptualized by Bengt NIRJE, which consider (among others) the life in a heterosexual world as a maxim.

In the course of normalization the last decades brought significant changes to the living conditions of people with learning difficulties. These developments had deep impact on the common attitudes towards sexuality, partnership and pregnancy of the group concerned.

The empirical part of this thesis (based on statements of experts and concerned mothers in qualitative interviews) shows, that currently people with learning difficulties in Vienna do not get specific supplies of support. Adapted from existing conceptions of other countries, this thesis endorses proposals to afford (nascent) parents with learning difficulties a life under the conditions of normalization.

ANHANG

Den Anhang können sie unter folgender Url herunterladen:

http://bidok.uibk.ac.at/download/kassoume-schwangerschaft-dipl.pdf

LITERATUR

Bücher:

ATTESLANDER, Peter: Methoden der empirischen Sozialforschung. De Gruyter, Berlin10 2003

BACH, Heinz: Pädagogik bei mentaler Beeinträchtigung - so genannter geistiger Behinderung. Revision der Geistigbehindertenpädagogik. Haupt - Verlag, Bern, Stuttgart, Wien, 2001

Behinderte Sexualität Verhinderte Lust?. Zum Grundrecht auf Sexualität für Menschen mit Behinderung. Hrsg. v. M.Bannasch. Spak, Neu-Ulm, 2002

BERNARD, Jeff, HOVORKA, Hans: Normalisierung. Zur Entwicklung integrativer Wohn- und Lebenszusammenhänge geistig und mehrfach behinderter Menschen in Österreich - Unter besonderer Berücksichtigung des "Wiener Programms". Institut für Soziales Design, Wien 1991

BLEIDICK, Ulrich: Einführung in die Behindertenpädagogik. Blinden-, Gehörlosen-, Geistigbehinderten¬, Körperbehinderten- und Lernbehindertenpädagogik, Kohlhammer, Stuttgart 1981

BOGNER, Alexander, LITTIG, Beate, MENZ, Wolfgang: Das Experteninterview. Theorie, Methode, Anwendung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 2005

BOOTH, Tim, BOOTH, Wendy: Parenting under pressure. Mothers and fathers with learning difficulties. Open University press, Ballmoor 1994

BUSCHLINGER, Wolfgang: Geistige Behinderung - Phantom oder Faktum? Ein Stück analytische Philosophie des Geistes, in: Geistige Behinderung. Reflexion zu einem Phantom. Ein interdisziplinärer Diskurs um einen Problembegriff. Hrsg. v. H. Greving, Klinkhardt, Bad Heilbrunn 2000, 19-31

DIEKMANN, Andreas: Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden, Anwendungen. Rowohlt Verlag, Leinbeck bei Hamburg6 2000

EBERWEIN, Hans, SASSE, Ada: Behindert sein oder behindert werden? Interdisziplinäre Analysen zum Behinderungsbegriff, Luchterhand Verlag, Neuwied 1998

ERIKSON, Erik H.: Der vollständige Lebenszyklus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1988

FAUREHOLM, Jytte: Elternschaft geistigbehinderter Menschen in Dänemark, in: Elternschaft von Menschen mit geistiger Behinderung. Dokumentation einer Fachtagung an der Universität Bremen. Universität Bremen, Bremen 1995, 88-97

FEUSER, Georg: Geistige Behinderung im Widerspruch, in: Geistige Behinderung. Reflexionen zu einem Phantom. Ein interdisziplinärer Diskurs um einen Problembegriff. Hrsg. v. H.Greving, Klinkhardt, Bad Heilbrunn 2000, 141-165

FLAMMER, August: Entwicklungstheorien. Psychologische Theorien der menschlichen Entwicklung. Hans Huber Verlag, Bern 19962

FREUD, Sigmund: Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie. Franz Deuticke, Leipzig/Wien, 1905

FROSCHAUER, Ulrike, LUEGER, Manfred: Das qualitative Interview zur Analyse sozialer Systeme. WUV Universitätsverlag, Wien2, 1998

Geistige Behinderung. Grundlagen, Klinische Syndrome, Behandlung und Rehabilitation. Hrsg. v. Neuhäuser, Kohlhammer, Stuttgart2 1999

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Zeitschriften:

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CURRICULUM VITAE

Persönliche Daten

 

Name:

Linda Kassoume

Geburtsdatum:

05.12.1981

Geburtsort:

Wien

Staatsbürgerschaft:

Österreich

Ausbildung

 

1988 - 1992

Volksschule 1170 Wien Knollgasse

1992 - 1996

Bundesrealgymnasium 16, Maroltingergasse

1996 - 2000

Wirtschaftskundliches Realgymnasium 8, Feldgasse

Matura im Juni 2000

 

Seit WS 2002/03

Studium an der FH für Sozialarbeit im urbanen Raum 21, Freytaggasse

Berufserfahrungen

 

September 2000 - Juli 2001

EFD (Europäischer Freiwilligendienst) in Hauterives/Frankreich als Assistentin in einer Wohngemeinschaft für geistig- und mehrfach behinderte Erwachsene in der Institution "L`Arche de la Vallèe" F - 26390 Hauterives, Quartier Piache

Oktober 2001 - September 2002

Betreuerin in einer Wohngemeinschaft des ÖHTB (Österreichisches Hilfswerk für Taubblinde und hochgradig Hör und Sehbehinderte) A - 1100 Wien, Humboldtplatz 6

Dezember 2002 - Dezember 2003

?geringfügig beschäftigt beim Theaterverein Wiener Metropol A - 1170 Wien, Hernalser Hauptstrasse 55

seit Juli 2001

regelmäßig Kinderbetreuung (privat)

Februar 2004 - Juni 2006

Persönliche Assistentin beim Verein GIN (Gemeinwesenintegration und Normalisierung) - Betreuung von 3 KlientInnen A - 1160 Wien, Wichtelgasse 20/3-7

Seit 1.Juni 2006

Betreuerin in einem BEWO-I Stützupunkt beim Verein Jugend am Werk A - 1160 Wien, Thaliastrasse 85

Absolvierte Praktika

 

WS 2002/03

Orientierungspraktikum im Jugendzentrum Ottakring (140h)

WS 2003/04

Projektpraktikum in der Deserteurs- und Flüchtlingsberatung Wien (84h)

SS 2004

Projektpraktikum im Sozialmedizinischen Zentrum Baumgartner Höhe - Otto Wagner Spital (84h)

WS 2004/05

Berufspraktikum im Krisenzentrum der MA11, 1160 Wien (200h)

März 2005

Fortsetzung Berufspraktikum im Amt für Jugend und Familie, 1160 Wien (40h) ??SS 2005 Fortsetzung Berufspraktikum im Haus Pötzleinsdorf - Heim der MA11 für weibliche Jugendliche (90h)

ERKLÄRUNG

Ich erkläre, dass die vorliegende Diplomarbeit von mir selbst verfasst wurde und dass ich keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet habe bzw. mich auch sonst keiner unerlaubten Hilfen bedient habe.

Ich versichere, dass ich dieses Diplomarbeitsthema bisher weder im In- noch im Ausland (einer Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung) in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.

Weiters versichere ich, dass die von mir eingereichten Exemplare (ausgedruckt und elektronisch) identisch sind.

Datum: ..................

Unterschrift:............

Erstbegutachter: DSA Wolfgang Misensky

Zweitbegutachterin: Mag. Angela Gotthardt-Lorenz

DANKSAGUNG

Hiermit möchte ich allen Personen danken, die mir für diese Arbeit unterstützend zur Seite gestanden sind.

den betroffenen Müttern und ExpertInnen, die ich für die Interviews gewinnen konnte, den ExpertInnen, die mich im Zuge meiner Recherchen unterstützt haben, insbesondere Tobias Buchner,

Dr. Erich Schubert für die gewissenhafte Korrektur und die zahlreichen Ratschläge,

Matthias Schüchner für die große Geduld und Anteilnahme,

Paula Pfoser für die gute Teamarbeit,

meiner Schwester Leila, meiner Mutter Ruth und meinem Großvater Johann

Quelle:

Linda Kassoumea: Unterstützungsangebote bei Schwangerschaft und Elternschaft von Menschen mit Lernschwierigkeiten in Wien

Diplomarbeit zur Erreichung des akademischen Grades Magistra (FH) für sozialwissenschaftliche Berufe. Eingereicht am: 23. Juni 2006

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 22.05.2007

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