Soziale Randgruppen und soziologische Theorie

Autor:in - Susanne Karstedt
Themenbereiche: Theoretische Grundlagen
Textsorte: Buch
Releaseinfo: Erschienen in: Manfred Brusten/Jürgen Hohmeier(Hrsg.), Stigmatisierung 1, Zur Produktion gesellschaftlicher Randgruppen, Darmstadt 1975. S. 169 - 196 ; Beide Bände sind leider Vergriffen und werden auch nicht mehr aufgelegt. Der Luchterhand-Verlag hat BIDOK die Erlaubnis zur Veröffentlichung gegeben. Dieser Beitrag entstand im Zusammenhang mit einer ca. 1.000 Titel umfassenden Bibliographie über soziale Randgruppen (siehe Fußnote 31).
Copyright: © Susanne Karstedt 1975

Einleitung

Die Produktion gesellschaftlicher Randgruppen zu untersuchen, heißt zunächst, deren Produzenten ausfindig zu machen. Sozialwissenschaftler, die sich mit den Instanzen sozialer Kontrolle befassen, tendieren dazu, eher die dort tätigen Praktiker als solche Produzenten zu »entlarven« als sich selbst und ihre Theorien daraufhin zu befragen, inwieweit sie als Angehörige der »herrschenden Mehrheit« und die sozialwissenschaftlichen Theorien, die sie zur Anwendung bringen, eine wesentliche Rolle in diesem Produktionsprozeß spielen. Sie versuchen, etablierte Alltagsvorstellungen über abweichendes Verhalten zu relativieren, ohne zu analysieren, wo und in welchem Maße sie Eingang in ihre Theorien gefunden haben. Die Analysen der soziologischen Theorien über abweichendes Verhalten und soziale Randgruppen (Rubington/ Weinberg 1971, Mills 1943, Gouldner 1970, Lowry 1974) zeigen jedoch deutlich, daß zwischen wissenschaftlichem Interesse und gesellschaftlichen Forderungen, sowie zwischen sozialwissenschaftlichen Theorien und gesellschaftlicher Haltung und Praxis gegenüber Randgruppen eine enge Beziehung besteht.

So läßt sich das sprunghaft gestiegene wissenschaftliche Interesse an der Problematik sozialer Randgruppen, das gegenwärtig zu beobachten ist, in zwei parallele, eng miteinander verknüpfte Entwicklungen einordnen. Zum einen ist es Ausdruck eines - auch durch die Aktionen der Studentenbewegung - gesteigerten öffentlichen Interesses für die sozialen Minderheiten oder die Unterprivilegierten der Gesellschaft. Angesichts der steigenden Zahl drogengefährdeter Jugendlicher aus der Mittelschicht und verantwortungsloser Umweltverschmutzung, aber auch angesichts der Gefahr, als alternder Mensch oder im Zuge der Stadtsanierung im Ghetto für Randständige zu landen, schärfte sich der Blick für die Fragwürdigkeit der moralischen Kategorien, mit deren Hilfe der abweichende Einzelne identifiziert und stigmatisiert wird. Zum anderen weist die Analyse der sozialwissenschaftlichen Literatur über soziale Randgruppen auf eine Krise der »wissenschaftlichen Paradigmata« (Kuhn 1973,S. 28) [1] hin, die die Theorie und Forschung über »soziale Probleme« leiteten (Lowry 1974, S. IX).

Da die Sozialwissenschaft willig den moralischen Kategorien der weitverbreiteten Alltagsvorstellungen über abweichendes Verhalten (»popular myths«, Lowry, S. 19) gefolgt war (vgl. Mills 1943), mußte deren Zusammenbruch auch sie betreffen. Die Darstellung sozialer Probleme konnte sich nicht mehr in der Behandlung einzelner Themen - vom Alkoholismus bis zur Urbanisierung - erschöpfen, ohne den Zusammenhang zwischen ihnen zu behandeln, und die Beziehung zwischen den Prozessen der Definition, der Identifizierung und der Lösung sozialer Probleme vernachlässigen. Vor allem der »labeling approach« - oder die interaktionistische Theorie abweichenden Verhaltens - hat wesentlich dazu beigetragen, daß diese Probleme ins Blickfeld rückten und war somit entscheidend an der »Revolution« wissenschaftlicher Paradigmata beteiligt (Lowry 1974, S. 102 f.).

Die Einführung des Begriffes und der analytischen Konzeption der »sozialen Randgruppe« durch Fürstenberg (1965)ist selbst gekennzeichnet durch den Wandel der wissenschaftlichen Paradigmata. Während Fürstenberg einerseits die Entstehung von Randgruppen auf mißlungene Sozialisations- und Integrationsprozesse Einzelner zurückführt, betont er andererseits die Möglichkeit des Konfliktes und des sozialen Wandels, die sich aus der Ablehnung gesellschaftlicher Werte und durch das Ausscheren aus dem gesellschaftlichen Wertkonsensus durch die Randgruppen ergeben. In Fürstenbergs Konzeption zeigt sich sehr deutlich die Entwicklung der soziologischen Theorien abweichenden Verhaltens, in denen Konzeptionen, die die Wichtigkeit gesellschaftlicher Ordnung und gemeinsamer Wertorientierungen betonen, an Bedeutung verlieren.

Bei einer Analyse der wissenschaftlichen Literatur zum Thema »soziale Randgruppen« fällt derzeit auf, daß unter dem Begriff »Randgruppe« - ähnlich dem Begriff »soziale Probleme« - einzelne Problemgruppen der Gesellschaft - Homosexuelle, Lehrlinge, Gastarbeiter, Arbeitnehmerinnen u. a. - subsumiert werden, ohne daß der Gebrauch dieses Begriffes präzisiert und der Zusammenhang zwischen Definition, Identifizierung und Aktion der Gesellschaft gegenüber den Randgruppen deutlich gemacht wird [2]. Um vor allem der Gefahr zu entgehen, daß in die Verwendung des Begriffes vorwiegend gesellschaftliche Alltagsvorstellungen über randständige Gruppen einfließen, ist es notwendig, den Begriff zu einer analytischen Konzeption zu entwickeln und in bestehende Theorien einzufügen, um so die komplexen Zusammenhänge des Produktionsprozesses von Randgruppen deutlich zu machen. Einem solchen Versuch ist der letzte Teil des Aufsatzes vorbehalten.



[1] Als wissenschaftliche Paradigmata bezeichnet Kuhn Theorien, deren »Leistung beispiellos genug (ist), um eine beständige Gruppe von Anhängern anzuziehen, und (die) gleichzeitig noch offen genug (sind), um der neubestimmten Gruppe von Fachleuten alle möglichen Probleme zur Lösung zu überlassen« (Kuhn 1973, S. 28). Als solche definieren sie die legitimen und akzeptierten Problemstellungen und Methoden der Forschung, schränken jedoch gleichzeitig die Perspektive der Wissenschaftler ein.

[2] Lowry führt die Krise der Theorie sozialer Probleme u. a. darauf zurück, daß das, was im Tagesgeschehen »problematisch« erschien, von den Soziologen aufgegriffen wurde, ohne daß die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Problemen und die Beziehungen zwischen Definitionsprozessen und Aktionen untersucht wurden (Lowry 1974, S. IX); zu diesem Problem vgl. auch Manis (1974) sowie Spector und Kitsuse (1973).

1. Die Krise der Behandlung »sozialer Probleme«

Um den gesellschaftlichen und wissenschaftshistorischen Hintergrund der Krise der sozialen Probleme zu verdeutlichen, soll zunächst die Randgruppenstrategie der Studentenbewegung kurz skizziert werden. Die Studentenbewegung verhalf nicht nur dem allgemeinen Unmut über das Versagen der bürokratischen Institutionen bei der Lösung sozialer Probleme zu einer präziseren Artikulation und zur Umsetzung in neue Formen der Praxis, sondern sie verarbeitete auch neue theoretische Ansätze und gab der wissenschaftlichen Forschung über soziale Probleme neue Impulse.

Wie sich die Krise der sozialen Probleme in einer Krise der wissenschaftlichen Paradigmata niederschlägt, will ich an der Entwicklung der soziologischen Theorien sozialer Probleme und speziellen soziologischen Theorien ethnischer und kultureller Minderheiten zeigen; anschließend sollen dann die neuen Ansätze - labeling-approach und Konflikttheorie - vorgestellt werden.

1.1. Studentenbewegung und Randgruppenarbeit

Einen breiten Raum innerhalb der Studentenbewegung nahm die Randgruppendiskussion (Schwendtner 1973) ein, in der zunächst die Ideen Marcuses aufgegriffen wurden. Hier bot sich ein doppelter Ansatz. Einmal wurde zu praktischer Tätigkeit aufgerufen, da das Leben der Randgruppenangehörigen »am unmittelbarsten und realsten der Abschaffung unerträglicher Verhältnisse und Institutionen« bedarf. Während es sich hierbei zunächst noch um Aktionen im Sinne der Sozialarbeit handelt, wird »das Substrat der Geächteten und Außenseiter« darüber hinaus auch als Ansatzpunkt für langfristige politische Strategien der Veränderung gesehen: denn, unterhalb der »konservativen Volksbasis« stehend, »existieren sie außerhalb des demokratischen Prozesses; ... ihre Opposition ist revolutionär, wenn auch nicht ihr Bewußtsein ... (sie) trifft das System von außen und wird deshalb nicht durch das System abgelenkt« (Marcuse 1967, S. 267). Studentische Tätigkeit im Randgruppenbereich verstand sich daher als Doppelstrategie in dem Sinne, daß Sozialarbeit vor allem als Mittel zum Zweck der (politischen) Selbstorganisation der Randgruppenangehörigen dienen sollte.

Die Tatsache, daß die Randgruppenbereiche zwar als scharf begrenzte und diskriminierte, aber notwendige »Freigehege« (Richter 1974, S. 299) toleriert werden, kam den Zielen und dem Selbstverständnis studentischer Gruppen entgegen. Sie sahen sich in einer »gesellschaftlichen Zwischenlage im Kampf um Privilegien« (Krüger 1973, S. 122), und begriffen sich als Träger einer Sub- und Gegenkultur zur Leistungsgesellschaft. In den Randgruppen vermuteten sie ähnlich geartete antiutilitaristische, expressive Subkulturen.

Das heißt, sie nahmen an, daß das Wert- und Normenmuster der Randgruppen nicht durch Leistungs- und Zweckdenken geprägt, sondern am spontanen Ausdruck von Gefühlen und Befriedigung von Bedürfnissen orientiert ist; deshalb fühlten sie sich als Angehörige des Bildungsbürgertums zu diesen hingezogen (Young 1974, S. 167). Auch bot die Randgruppenarbeit ihnen die Möglichkeit zu Leistungen, die im Rahmen des Bewertungssystems der Industriegesellschaft, dessen grundlegender Maßstab sicht- und meßbarer Nutzen und Leistung ist, gering geachtet wurden.

Da die Gesellschaft ihr Desinteresse und ihre Haltung gegenüber sozialen Randgruppen im Mangel an Personal, Planung und finanziellen Mitteln zum Ausdruck bringt, stand den Studenten für ihre Aktionen ein relativ breiter Freiraum zur Verfügung. Die Integration und Kooperation mit den Institutionen der Sozialarbeit und den Mitgliedern der sogenannten sozialen Berufe wurde erleichtert durch deren eigene antiutilitaristische Orientierung. Gleichzeitig waren die Behörden gegenüber neuen Projekten und Experimenten aufgeschlossen, da sie sich in einer Phase der Umorientierung vom puritanisch-karitativen Ansatz hin zu einer Haltung aufgeklärter Toleranz, verbunden mit einer Verstärkung des »Effizienzdenkens«, befanden.

Die Randgruppenarbeit der Studenten scheiterte jedoch gerade an ihren Grundannahmen; denn: die Randgruppen - mit Ausnahme der Jugendlichen und Drogensubkulturen [3] - bilden weder Subkulturen mit antiutilitaristischer, expressiver Wertorientierung, noch sind sie derzeit als Subproletariat politischen Strategien zugänglich.

Die Studenten realisierten nicht, daß ihre Erfahrungen und Motivationsstruktur aus dem System »heraus« zu streben, in das sie integriert sind, eine grundsätzlich andere als die Erfahrung und Motivationsstruktur derjenigen ist, »die - am Rande stehend oder ausgeschlossen - >hinein< wollen« (Gouldner 1974, S. 487)

Im Bereich der sozialen Randgruppen schien ihnen »authentische Erfahrung« (Young 1974, S. 168) und »authentisches« Verhalten möglich, d. h. Erfahrungen und Verhaltensweisen, die sich direkt aus aktuellen Motiv- und Bedürfnisstrukturen herleiten, »ungeachtet der Tatsache, ob (diese) vom Standpunkt >ehrbarer< Forderungen niedrig und gemein sind« (Gouldner 1974, S. 503). Da dieses Verhalten den Zielsetzungen der Studentenbewegung entsprach, ging es in der studentischen Randgruppenarbeit weniger darum, soziale Probleme anzupacken, als um die Möglichkeit, das eigene Selbstverständnis zu finden, auszudrücken und anderen zu vermitteln. Der eigentliche Erfolg der Randgruppenarbeit ist deshalb nicht im Gelingen einzelner Aktionen zu sehen, sondern darin, inwieweit es gelang, Randständigkeit zum Thema allgemeinen Interesses und zu einem zentralen Gegenstand der Forschung zu manchen. Bemessen an der Zahl der Publikationen, Bürgerinitiativen, Forschungsarbeiten und Aussagen von Politikern ist das gelungen [4].

1.2. Soziale Probleme und soziologische Theorie

Die zentrale Stellung, die die »sozialen Probleme« [5] in der amerikanischen - im Gegensatz zur europäischen - Soziologie einnehmen, ist nicht Ausdruck einer besonders praxisnahen soziologischen Richtung, sondern sie läßt sich auf die grundsätzliche Orientierung der amerikanischen Soziologie zurückführen. In der Tradition Durkheims und auch Spencers stehend, nahm das Problem gesellschaftlicher Ordnung, auch im Sinne einer moralischen Ordnung, den wichtigsten Platz in der amerikanischen Soziologie ein (Gouldner 1974, Bd 1).

Die Verbindung zwischen einer »harmonischen Konzeption des Gesellschaftlichen« (Albrecht 1973, S. 797) und einem relativ ungebrochenen Fortschrittsglauben bestimmte die Perspektive der amerikanischen Soziologie: soziale Probleme galten ihnen als störend für die gesellschaftliche Ordnung, niemals jedoch als zerstörerisch; sie sahen in ihnen nicht gesamtgesellschaftliche Ungeordnetheit, sondern machten sie in gesellschaftlichen Teilbereichen oder Individuen fest. Damit wurden sie zu lösbaren Problemen, deren endgültige Bearbeitung die Soziologen einer spezialisierten Wohlfahrtsbehörde überlassen konnten.

Um die Prämisse der Ordnung gesellschaftlicher Systeme aufrechtzuerhalten und gleichzeitig den mit der Problemlösung betrauten Institutionen mundgerechte Stücke liefern zu können, mußten die sozialen Probleme aus komplexen gesellschaftlichen Ursache-Wirkungszusammenhängen herausgelöst werden; mit der Verlagerung in soziale Teilbereiche reduzierten sie sich zu einzelnen, beziehungslos nebeneinander stehenden sozialen Problemen (Lowry 1974, S. IX). Das Endergebnis dieses Reduktionsprozesses war dann die Konzentration auf das als »problematisch« oder »abweichend« definierte Verhalten einzelner Personen. Damit wurde das Problem gesellschaftlicher Ordnung und allgemeingültiger Wertsysteme auf die Frage nach dem Mißlingen der Integration des Einzelnen in die Gesellschaft und den Gründen für das Ausscheren aus dem gesellschaftlichen Wertkonsensus zurückgeführt.

Dieser Reduktionsprozeß wird sowohl in der historischen Abfolge der Perspektiven - Sozialpathologie, soziale Desorganisation, abweichendes Verhalten - wie auch innerhalb der Entwicklung dieser einzelnen Perspektiven sichtbar [6].

Sozialpathologie und die Theorie der sozialen Desorganisation sind in erster Linie vor dem Hintergrund der Entwicklung der Industriegesellschaft zu sehen. Mehr als eine Generation amerikanischer Soziologen, die vorwiegend aus der amerikanischen »Provinz« stammten [7], sahen soziale Probleme als Folgeprobleme des Wandels in der Industriegesellschaft; die Veränderung gesellschaftlicher Ordnung manifestierte sich ihnen vor allem in Urbanisierungsprozessen [8]. Aus ihrem Blickwinkel traten soziale Probleme dann auf, wenn strukturelle Veränderungen vom Einzelnen nicht mehr angemessen verarbeitet werden können. Im Rahmen dieser Perspektive entstanden so die Konzeptionen, mit deren Hilfe soziale Probleme auf die personale Ebene verlagert werden konnten: aus der Sozialpathologie entwickelte sich die Psychopathologie abweichenden Verhaltens, in der die moralische Definition sozialer Probleme gleichwohl erhalten blieb (Mills 1943). Im Rahmen der Theorie der sozialen Desorganisation beeinflußten Konzepte wie »Alienation« [9] und »Anomia«, die vor allem psychische Zustände kennzeichnen, die Forschung. Die Theorie abweichenden Verhaltens ist ein im wesentlichen »mikrosoziologisches Paradigma« (Lowry 1974, S. 104), in dessen Mittelpunkt die Frage nach den Ursachen für mißlungene Sozialisationsprozesse steht. Mit diesen Problemsstellungen rücken die dramatischen Formen individueller Abweichung in den Vordergrund; die Soziologen definieren soziale Probleme entsprechend dem, was der Gesellschaft als Bürgerschreck gilt: Prostituierte, Homosexuelle, Drogensüchtige usw. waren und sind die Themen der »Soziologie der Verrückten, Flittchen und Perversen« (»Sociology of Nuts, Sluts and Perverts«, Liazos 1972).

1.3. Minderheiten in der soziologischen Theorie

Als eines der vorrangigen sozialen Probleme ihrer Gesellschaft gilt den amerikanischen Soziologen das Problem rassisch-ethnischer und kultureller Minderheiten; in kaum einem Textbuch über soziale Probleme fehlen diese Minderheiten. Der Erforschung dieser Minderheiten liegen jedoch vorwiegend andere theoretische Konzeptionen zugrunde als der Erforschung abweichenden Verhaltens. Das zeigt sich daran, daß erst 1971 eine Publikation erschien, in der Begriff und Konzeption der »Minderheit« auf sozial abweichende Gruppen angewandt wird (Sagarin 1971), und daß es offensichtlich mit großen Schwierigkeiten verbunden ist, die jeweiligen theoretischen Konzeptionen zur Analyse sozial abweichender Gruppen und rassisch-ethnischer und kultureller Minderheiten zu integrieren [10].

Im Gegensatz zu der theoretischen Perspektive bei der Erforschung sozialer Probleme hat die Minderheitenforschung die »Mehrheit« und deren Einfluß auf die Probleme der Minderheiten nicht vernachlässigt; im Gegenteil haben die einflußreichsten Konzeptionen das Verhalten der Mehrheit zum Gegenstand. Zentrales Thema der Minderheitenforschung ist nicht das Verhalten der Minderheit, sondern die Beziehung »Majorität - Minorität«. Dieses Begriffspaar charakterisiert bereits die unterliegende Orientierung und das wissenschaftliche Paradigma [11]. Es beruht auf der Analyse der Industriegesellschaft als einer funktionsspezifisch gegliederten Leistungsgesellschaft mit durchlässigem Schichtungssystem und hoher Mobilität; die (zahlenmäßige) Mehrheit der Mitglieder dieser Gesellschaft erreicht ihren jeweiligen Status im Schichtungsgefüge durch die - berufliche - Leistung. Aus dieser Sicht stellen Minderheiten zunächst ein Problem der »sozialen Gerechtigkeit« dar, als ihnen ihr Status auf Grund ihrer äußeren Erscheinung und ihrer sichtbaren Zugehörigkeit zu einer rassisch-ethnischen Minderheit zugeschrieben wird [12]. Die Tatsache, daß bestimmte Gruppen auf Grund eines gegebenen Erscheinungsbildes (Typus) von der »Mehrheit« diskriminiert werden, wird zum Ausgangspunkt der Minderheitenforschung. Dabei vernachlässigt sie dann die Frage, wie es zu der Definition eines bestimmten ethnischen Typus als »Minderheit« kommt, und verliert die Zusammenhänge zwischen der Herrschaft einer »Majorität« und der Produktion rassisch-ethnischer Gruppen als »Minderheiten« aus dem Auge [13].

Aus dieser Vernachlässigung des Herrschaftsaspektes in der Minderheitenproblematik entwickeln sich zwei Forschungsrichtungen. Einmal entsteht eine Vielzahl schichttheoretischer Untersuchungen, aus deren Sicht die »Parallelschichtung« der Minderheiten das gesellschaftliche Schichtungsgefüge allenfalls »kompliziert« (Francis 1958b, S.407 u. 414). Zum anderen wird die Minderheitenforschung zu einer Domäne der Sozialpsychologie, indem die direkte Interaktion zwischen Angehörigen einer nicht näher klassifizierten Mehrheit und den Mitgliedern rassisch-ethnischer Minderheiten zum Gegenstand der Forschung wird: »Vorurteil«, »autoritäre Persönlichkeit« und »soziale Distanz« wurden die vorherrschenden theoretischen Konzeptionen [14]. Diese Konzeptionen lieferten den staatlichen Institutionen Handlungsanweisungen für die Lösung des Rassenproblems in einzelnen sozialen Subsystemen (Schulen, Nachbarschaften, Gemeinden) [15].

Die Beziehungen zwischen Mehrheit und Minderheit stellten sich den amerikanischen Soziologen vor allem unter zwei Aspekten dar: der Aufrechterhaltung und Stabilisierung ethnisch-rassischer und kultureller Minderheiten sowie deren Assimilation. Im Rahmen der Theorie des »kulturellen Pluralismus« (Newman 1973) ist die Beziehung zwischen Mehrheit und Minderheit eher durch Konflikt- und gegenseitige Ausschließungsprozesse charakterisiert, die allerdings der Minderheit einen relativ dauerhaften Bestand sichern können, und insofern tendieren Vertreter dieser Richtung eher dazu, die Position der Minderheiten zu stärken. Im Gegensatz dazu ist die »Theorie der Assimilation« (Newman 1973, S. 70 u. 74 ff.) [16] dem Konformitätsdruck verpflichtet: die Beziehungen zwischen Mehrheit und Minderheit sind gekennzeichnet durch die Assimilation der Minderheit an die Wertorientierungen der Mehrheit; Assimilation ist die Voraussetzung für die strukturelle Integration der Minderheit. Aus dieser Sicht erscheint die Beziehung vor allem dann belastet, wenn die Minderheit sich assimiliert hat, ihr aber von der Mehrheit die strukturelle Integration auf Grund von Vorurteilen und Diskriminierung verweigert wird.

Damit ist die Grundstruktur des sozialen Problems »Minderheiten« charakterisiert; als soziales Problem gilt die Differenz und zeitliche Verschiebung (»lag«) zwischen Assimilation und Integration; Ziel ist die Beseitigung dieser Differenz. Die Notwendigkeit der Assimilation der Minderheit an die Mehrheit wird jedoch nicht grundsätzlich in Frage gestellt.



[3] Im Bereich der Jugendarbeit und der Arbeit mit Drogenabhängigen - wie bei Release - verzeichnete die studentische Randgruppenarbeit längerfristige Erfolge, eben weil sie hier auf eine antiutilitaristische Subkultur stieß.

[4] Vgl. hierzu die »SPIEGEL«-Serie, die seit 1969 in unregelmäßigen Abständen erschien und Lehrlinge, Gastarbeiter, entlassene Strafgefangene, Homosexuelle, weibliche Arbeitnehmerinnen enthielt. Die Beiträge sind gesammelt erschienen (»SPIEGEL«-Redaktion 1974). FDP-Wahlprogramm zur Bürgerschaftswahl in Hamburg in der Hamburger Morgenpost vom 1.9. I973:»Ganz generell hat die politische FDP-Minderheit die Förderung der Minderheiten am >Rande der Gesellschaft - von den ausländischen Arbeitnehmern bis zu Obdachlosen< auf ihre Fahnen geschrieben«.

[5] Bei Gouldner (1974) ist der Terminus »social problems« mit »Sozialprobleme« übersetzt.

[6] Rubington und Weinberg entwickeln ein differenzierteres Schema der Aufeinanderfolge theoretischer Perspektiven: Sozialpathologie, soziale Desorganisation, Wertkonflikt, abweichendes Verhalten und labelingapproach (1971). Die Darstellung einer historischen Abfolge muß vorallem deshalb vergröbert sein, weil die theoretischen Richtungen, wenn auch in veränderter Form, weiterhin bestehen, wie die Auswahl der Texte bei Rubington und Weinberg zeigt. Lowry (1974) stellt als herrschende theoretische Perspektiven vor: »abweichendes Verhalten«, »soziale Desorganisation«, »Funktionalismus«.

[7] Auf Grund empirischer Daten charakterisieren Glenn und Weiner (1969) diese Generation folgendermaßen: sie stammen aus kleinen Städten, aus dem mittleren Westen, sind beeinflußt durch einen religiösen familiären Hintergrund und streben einen raschen Aufstieg aus der unteren Mittelschicht an; es ist einleuchtend, daß Soziologen dieser Herkunft in raschem sozialen Wandel, dem Zusammenbruch traditioneller Werte und Vorstellungen und in der Urbanisierung die grundlegenden sozialen Probleme der Gesellschaft sehen.

[8] Vgl. Rubington und Weinberg (1971, S. 81). Die ökologische Schule ist der Versuch, Urbanisierungsprozesse und soziale Desorganisation in direkte Beziehung zu setzen.

[9] »Alienation« entspricht nicht der »Entfremdung« in der marxistischen Terminologie, sondern bezeichnet einen Komplex von Einstellungsvariablen wie Gefühle der Machtlosigkeit, mangelnde Internalisierung von Normen und mangelnde Orientierung an Wertmustern (Anomia); vgl. Bullough (1966, S. 469-478), Seeman (1961, S. 783 ff) und Israel (1972, S. 251 ff.).

[10] Vgl. Newman (1973), der diesen Versuch aus einer konflikttheoretischen Perspektive vornimmt, aber auch auf die besonderen Schwierigkeiten hinweist.

[11] Die jeweilige historische Entwicklung der Beziehung »Mehrheit-Minderheit« beeinflußt die begrifflichen und theoretischen Konzeptionen. Newman versucht, diese These an der Einwanderungs- und Rassenpolitik der USA zu belegen. Ferner stellt er einen Zusammenhang zwischen Gesellschaftsstruktur und jeweiliger theoretischer Konzeption fest. Während in den USA - einer relativ mobilen, am Leistungsprinzip orientierten Gesellschaft - das Begriffspaar »Majorität - Minorität« entwickelt wurde, hat die europäische Soziologie vorwiegend mit dem Begriffspaar »Elite Masse« gearbeitet, da die europäischen Gesellschaften am Ende des letzten Jahrhunderts weniger mobil und differenziert waren. Auch Marx' Begriff der Minderheit bezieht sich auf eine Elite (MarxlEngels 1959, S. 472).

[12] Vgl. hierzu die Verwendung des Begriffes »soziale Kaste« in der Minderheitenforschung (Francis 1958a, b).

[13] Weder Zahl noch Erscheinungsbild stempeln eine Gruppe als Minderheit ab; Beispiele sind: die weiße, angelsächsische, protestantische WASP«) Bevölkerung, die als herrschende Gruppe in den USA und als »Prototyp« des Amerikaners gilt, jedoch weder hinsichtlich ihrer Zahl noch ihres Erscheinungsbildes eine Mehrheit darstellt; die »Mischlinge« in Südafrika, die als Minderheit gelten, obwohl sie im Erscheinungsbild zum Teil nicht von den »Weißen« zu unterscheiden sind.

[14] Seit 1926ist in den USA im Durchschnitt eine wissenschaftliche Arbeit pro Monat zum Problem der sozialen Distanz erschienen (Ehrlich 1973, S. 61).

[15] Diese Handlungsanweisungen bestimmen auch heute die Rassenpolitik der USA; so beruht der Transport von »schwarzen« Schulkindern in »weiße« Schulen und umgekehrt (»Bussing«) auf den Theorien über »Vorurteil« und »soziale Distanz«. Das Scheitern solcher Politik beschreibt Wolfe (1972) bissig und amüsant.

[16] Newman rechnet Myrdal (1944) und Dollard (1937) der Generation zu, die der »Theorie des kulturellen Pluralismus« verpflichtet ist, während Warner und Srole (1945)den Theoretikern der Assimilation zugeordnet werden. Die theoretischen Perspektiven »Assimilation« und »Pluralismus« sind auch als unterschiedliche Orientierungen von Einwanderergenerationen untersucht worden; vgl. Hansen (1937)

2. Die Krise der wissenschaftlichen Paradigmata: vom Konsensus zum Konflikt

Die Entwicklung der Wissenschaft ist gekennzeichnet durch das Entstehen immer neuer Paradigmata (»Revolutionen«), die veränderte Orientierungen hinsichtlich der Problemstellungen und Forschungsmethoden eröffnen. Den Anstoß zur Kritik an den herrschenden Paradigmata und zur Entwicklung neuer liefert die Einsicht, daß bestimmte Fragestellungen auf Grund der vorherrschenden Paradigmata nicht behandelt werden können, und daß die Anwendung wissenschaftlicher Theorien solche neuen und unerwarteten Ergebnisse bringt, daß das »alte« Paradigma nicht mehr uneingeschränkt zur Erklärung der Probleme herangezogen werden kann. Solche Krisen der Paradigmata sind zu erkennen an der Entwicklung mehrerer Schulen und an Debatten über die fundamentalen Annahmen der Wissenschaft (Kuhn 1973, S. 96 ff.).

Die soziologischen Schulen, die gegenwärtig Kritik an den vorherrschenden wissenschaftlichen Paradigmata vortragen, richten ihren Angriff vor allem gegen die Betonung der sozialen Ordnung, der »gesellschaftlichen Integration, Kohärent und Solidarität« (Gouldner 1974, S. 120) in den sozialwissenschaftlichen Theorien. Sie versuchen vielmehr, in den Mittelpunkt der Forschung gesellschaftliche Konflikte zu stellen oder die Mechanismen der Legitimierung und Durchsetzung von Werten und Normen als vorrangiges Problem zu untersuchen. Die Kritik an den traditionellen wissenschaftlichen Paradigmata entzündete sich an den Punkten, in denen das Versagen theoretischer Erklärungen und daraus abgeleiteter Praxis deutlich zutage trat [17]. Die Soziologen waren bei der Auswahl und Kennzeichnung eines sozialen Problems dem gefolgt, was der öffentlichen Meinung als Abweichung von der Norm und dem »Normalen« galt, (Lowry 1974, S. 70), indem sie solche Situationen zu sozialen Problemen erklärten, die mit den Werten einer »signifikanten« Zahl von Mitgliedern einer Gesellschaft nicht übereinstimmten (Rubinton/Weinberg 1971, S. 5-6). Sie waren daher weder in der Lage, bestimmte Probleme wahrzunehmen (wie z. B. Armut), noch sie zu antizipieren (z. B. in der Stadtplanung). Gegen die Übernahme der Kategorien der herrschenden Moral in die Theorien abweichenden Verhaltens richtete sich die Kritik des »labeling-approach«, indem er die Definition abweichenden und »normalen« Verhaltens zum zentralen Problem erhob.

Das Scheitern der »Milieusoziologie« (vgl. Mills, 1943) und der entsprechenden Versuche der Sozialpolitik und Sozialarbeit, partielle gesellschaftliche Desorganisation zu beheben, führte die Sozialwissenschaftler dazu, die Ursachen sozialer Probleme wieder mehr in gesamtgesellschaftlicher Desorganisation und gesamtgesellschaftlichen Konflikten zu sehen. Probleme der Machtverteilung und -sicherung stehen im Mittelpunkt solcher konflikttheoretisch orientierten Konzeptionen [18].

Ebenso hatten das Scheitern der Rassenpolitik und die Entwicklung neuer politischer Strömungen (wie die »Block Power«-Bewegung in den USA) Politik und Theorie der Assimilation fragwürdig gemacht. Die schlichte Konstatierung, daß es den Minderheiten an Macht fehle, wurde in die Frage nach den gesellschaftlichen Macht- und Konfliktstrukturen, die zur spezifischen Lage der Minderheiten führen, umgekehrt.

Diese Perspektiven - »labeling-approach« oder interaktionistische Theorie einerseits und Macht- und Konflikttheorie andererseits - bestimmen die gegenwärtige Situation in der soziologischen Forschung über soziale Probleme und ethnische und kulturelle Minderheiten.

2.1. »Labeling-approach« oder interaktionistische Theorie abweichenden Verhaltens [19]

Indem der labeling-approach die Definition abweichenden Verhaltens selbst ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt, trägt er zwei Angriffe vor: einmal hinterfragt er die Legitimationsbasis der gültigen Normen und der herrschenden Moral, zum andern kritisiert er die Instanzen sozialer Kontrolle wie Polizei, Justiz und Sozialarbeit, die diese Normen und Moral durchsetzen.

Den Vertretern des labeling-approach gilt also weder der »mangelnde Wille, eine lohnende Beschäftigung auszufüllen ... als moralische Untat und Zeichen eines verderbten Charakters« (Gouldner 1974, S. 97), noch teilen sie einen gesellschaftstheoretischen Standpunkt, der das »gesellschaftlich legitime und durch Werte sanktionierte« (Gouldner 1974, S. 503) Verhalten in den Mittelpunkt stellt. Eine solche Perspektive birgt Gefahren, eröffnet aber auch grundlegend neue Möglichkeiten für die Erforschung sozialer Randgruppen und sozialer Probleme [20].

So stellt Gouldner (1970) in seiner Kritik am labeling-approach vor allem heraus, daß die kritische Haltung, die die Vertreter dieses Ansatzes gegenüber der herrschenden Moral und den sie durchsetzenden Instanzen einnehmen, leicht zu einer unreflektierten Verteidigung des Randgruppenangehörigen gegenüber dem »konformen« Bürokraten in den staatlichen Wohlfahrtsbehörden führen kann (vgl. Becker 1967) [21]. Er meint, gerade in dem Interesse der Vertreter dieses Ansatzes (in der sogenannten »Chicagoer Schule«) für antiutilitaristische und expressive Subkulturen - wie Spieler, Jazzmusiker, Drogensüchtige - den »Romantizismus« eines »Zoodirektor« gegenüber seinen »Exoten« zu entdecken (Gouldner 1970, S. 121). Die Theoretiker des labeling-approach bahnen so einem neuen Typ des Bürokraten in den Wohlfahrtsbehörden den Weg, der charakterisiert ist durch eine aufgeklärte Toleranz gegenüber dem Angehörigen sozialer Randgruppen, in dem er eher ein passives Opfer (»passive nonentity«, Gouldner 1970, S. 122) als einen sozialen Rebellen sieht.

Diese - übrigens nicht nur von Gouldner gezeigten Gefahren - ergeben sich vor allem aus der mikrosoziologischen Perspektive, der der labeling-approach bisher verhaftet scheint. Indem sich seine Vertreter auf die in einzelnen Situationen entstehenden Deutungsmuster und Definitionsprozesse konzentrieren, vernachlässigen sie die strukturellen Bedingungen für die jeweiligen Interpretationsschemata der Randgruppenangehörigen und der Mitglieder der Instanzen sozialer Kontrolle (Albrecht 1973, S. 789 ff.). Auf diese Weise wird die Analyse abweichenden Verhaltens als eine strukturell bedingte Problemlösung des Einzelnen oder einer Gruppe aus dem Paradigma des labelingapproach ausgeschlossen, und die Untersuchung von Wirtschafts- oder politischer Kriminalität als eine bewußte und entschiedene Übernahme abweichender Verhaltensmuster vernachlässigt (Young 1974, S. 168 u. 172) [22]. Weiterhin werden bei der Untersuchung der Definitionsprozesse die »Dimensionen ökonomischer und politischer Macht« sowie Herrschaftsstrukturen ausgeschlossen (Albrecht 1973, S. 793).

Aus der mikrosoziologischen Perspektive ergibt sich auch die schwache Stelle im methodischen Bereich des labeling-approach: bevorzugte Forschungsmethode ist die teilnehmende Beobachtung (vgl. Polsky 1969, Douglas 1970, Friedrichs 1973), die ein bisher wenig erprobtes Instrument der empirischen Sozialforschung ist (vgl. Albrecht 1973, S. 795 ff.).

Der kritische Standpunkt der Theoretiker des labeling-approach gegenüber der herrschenden Moral und den Instanzen sozialer Kontrolle eröffnet jedoch auch Möglichkeiten, diese Gefahren zu überwinden. Indem die Vertreter des labeling-approach in ihrem Ansatz das Gewicht von Problemen des abweichenden Verhaltens auf die Probleme der sozialen Kontrolle verlagern, kann es ihnen gelingen, die enge Verknüpfung zwischen sozialer Kontrolle und abweichendem Verhalten zu lösen und damit soziale Kontrolle als »unabhängige Variable« im Rahmen gesamtgesellschaftlicher Strukturen zu untersuchen; auf diese Weise können dann die Dimensionen der Herrschaft, Schichtung und der gesellschaftlichen Konflikte miteinbezogen werden (Albrecht 1973, S. 793 f.) [23].

Da die Theoretiker des labeling-approach abweichendes Verhalten nicht nur unter dem Gesichtspunkt mangelnder Konformität betrachten, sondern auch als Ausdruck eigenständiger Deutungsmuster, Definitionsprozesse, Motiv- und Bedürfnisstrukturen, ergibt sich die Möglichkeit, diese mit ihren strukturellen Bedingungen zu verknüpfen. Einen solchen Versuch unternimmt Young (1974) mit der Integration von labeling-approach und Anomietheorie.

2.2. Konflikttheorie

Die Kritik konflikttheoretischer Ansätze richtet sich gegen die soziologischen Theorien, die auf einer »harmonischen Konzeption des Gesellschaftlichen« (Albrecht 1973, S.797) beruhen, und daher Konflikte als »Symptome« des Zusammenbruchs gesellschaftlicher Ordnung oder des Fehlens normativer Orientierung und konsensusfähiger Wertsysteme behandeln. Konflikttheoretiker setzen dagegen, daß Konflikte der gesellschaftlichen Struktur inhärent sind.

Die Vertreter der Konflikttheorie analysieren den Produktionsprozeß sozialer Randgruppen als den Verlauf eines gesellschaftlichen Konfliktes: die Definition abweichenden Verhaltens ist eng verknüpft mit den Strategien zur Legitimierung des Wert- und Normensystems, die die herrschenden Gruppen einsetzen. Um das eigene Wert- und Normensystem allgemein verbindlich zu machen und um die Ressourcen der eigenen Macht zu schützen, bedrohen die herrschenden Gruppen über die Instanzen sozialer Kontrolle abweichende Deutungssysteme und Verhaltensmuster mit Sanktionen. Wenn auch die Reaktion der Instanzen sozialer Kontrolle auf das abweichende Verhalten des Einzelnen erfolgt, geht es doch letztlich um eine Reaktion gegenüber abweichenden kulturellen Bedeutungssystemen [24].

Konflikttheoretische Ansätze haben in der Minderheitenforschung eine längere Tradition als in der Erforschung abweichenden Verhaltens. Aus der Perspektive der Assimilations- und Pluralismustheorie sind Konflikte die Folge der Differenz zwischen kultureller Assimilation und struktureller Integration, oder sie werden als »Kulturkonflikt« zwischen der Majorität und den einzelnen rassisch-ethnischen Minderheiten gesehen. Die Erscheinungsformen der Konflikte werden vorwiegend auf der Ebene der Person untersucht: als »Statusinkonsistent« beim Einzelnen oder als »Loyalitätskonflikt« (Francis 1958a, S. 243) der Minderheitenangehörigen [25].

Kernthese der neueren konflikttheoretischen Paradigmata ist, daß die Existenz von Minderheiten nicht per se konfliktverursachend ist oder ein Machtgefälle impliziert, sondern daß die gegenüber ethnisch-rassischen und kulturellen Gruppierungen im Konflikt um gesellschaftliche Ressourcen angewandten Herrschaftsstrategien erst die Minderheiten als unterprivilegierte und machtlose Gruppen schaffen. Die Randposition der Minderheiten ist Ergebnis der Konflikte um soziale Ressourcen und der Strategien, die die herrschende Mehrheit zur Sicherung ihrer Macht einsetzt. Je stärker sich die Mehrheit in ihren Ressourcen von der Minderheit bedroht sieht - und die Bedrohung erscheint umso größer, je mehr Wettbewerb und Leistung anerkannte Normen in der Gesellschaft sind -, desto größer werden die Konflikte und desto rigider werden die entsprechenden Maßnahmen zur Sicherung der Legitimitätsbasis und der sozialen Ressourcen [26]. Das Paradigma versucht damit der Verschärfung der Rassenkonflikte in den USA Rechnung zu tragen, deren Ursache vor allem in einer rapiden Verschlechterung der ökonomischen Lage bestimmter Minderheiten zu suchen sind. Während nur eine zahlenmäßig kleine »schwarze Mittelschicht« zu gesellschaftlichen Ressourcen zugelassen wurde, unterstellte man einen weitaus größeren Teil durch die Sozialfürsorge unmittelbar den Institutionen sozialer Kontrolle (vgl. »Time« 1974) Bemerkenswert an dem konflikttheoretischen Paradigma ist, daß es Ansätze zu einer Theorie der Randgruppen bietet, die rassisch-ethnische und kulturelle wie auch die »anderen«, sozial abweichenden Minderheiten (Sagarin 1971) einbeziehen kann. Darauf deuten die Übereinstimmungen in den Entwürfen einer konflikttheoretischen Kriminologie (Turk 1973) und des konflikttheoretischen Ansatzes in der Minderheitenforschung (Newman 1973) hin, der ausdrücklich auf Probleme sozial abweichender Randgruppen angewendet wird.



[17] Gouldner weist darauf hin, wie eng die Soziologie als »Marktforscherin des Wohlfahrtsstaates« mit der Praxis in der Behandlung sozialer Probleme verbunden ist. »Diese Rolle vermittelt den Soziologen zwei widersprüchliche Erfahrungen: Einerseits schränkt sie den Soziologen auf die reformistischen Lösungsmöglichkeiten des Wohlfahrtsstaates ein, gleichzeitig verdeutlicht sie ihm aber das Versagen des Staates und der Gesellschaft, mit deren Problemen jener fertig zu werden sucht« (1974, S. 521). Diese Erfahrung dürfte nicht unwesentlich zu der beschriebenen Krise die Theorie beigetragen haben.

[18] Lowry stellt den traditionellen Paradigmata »abweichendes Verhalten«, »soziale Desorganisation« und »Funktionalismus« als »Revolution« gegenüber: »Labeling-approach«, »Konflikttheorie«, »Reflexive Soziologie« und »Neuer Behaviorismus« (1974, S. 81-244).

[19] Becker (1973)schlägt vor, den Labeling-approach in »interaktionistische Theorie« umzubenennen. Es soll hier jedoch die Bezeichnung »labelingapproach« weiter verwendet werden, da sie zur Kennzeichnung einer bestimmten Perspektive bis jetzt noch gebräuchlicher ist; vgl. zur Frage der Terminologie auch Albrecht (1973, S. 797)

[20] Probleme und neue Möglichkeiten des labeling-approach zeigt Albrecht (1973) besonders klar, indem er sich eingehend mit seiner Kritik auseinandersetzt.

[21] Häufig wird mit einer gewissen Arroganz die »Beschränktheit« der im direkten Kontakt mit Klienten stehenden Sozialarbeiter moniert - so z. B. bei Peters (1973, S. 197-212).

[22] Minderheiten treten häufig nicht mehr unbedingt apolitisch auf. Dem trägt Becker (1971, S.344) Rechnung: »Deviants have become more selfconscious, more organized, more willing to fight with conventional society than ever before«.

[23] Die Weiterentwicklung dieser Richtung wird vor allem von den Mitgliedern des AJK (1973, 1974)betrieben.

[24] Young (1974, S. 171): »cultures, systems of meanings are reacted against, not behavioral patterns per se«. Zu einer schichttheoretischen Untersuchung dieser Probleme vgl. Peters und Peters (1972)und andere Mitglieder des AJK (1973).

[25] Zur Theorie des »marginal man« siehe Park (1927) und Heintz (1962); zur Diskussion des Konzepts der »Statusinkonsistent« in der Minderheitenforschung vgl. Richard (1969).

[26] Vgl. Newman (1973, S. 137), aber auch Turk (1973, S.89-107). Eine bemerkenswerte Bestätigung dieser These lieferten die amerikanischen Wirtschaftshistoriker Fogel und Engerman (1974), die herausfanden, daß die ökonomische Situation der Neger in den USA zur Zeit der Sklaverei am besten gewesen sei, d. h. ihre Position verschlechterte sich, als sie zu einer ernsthaften Konkurrenz vor allem für die weiße Bevölkerung im Norden wurden.

3. Begriff und theoretische Konzeption der »sozialen Randgruppe«

Eine Definition und Konzeption des Randgruppenbegriffes muß zunächst so präzisiert werden, daß eine klare begriffliche Trennung zwischen sozialen Randgruppen und in gewissen Bereichen unterprivilegierten Gruppen vorgenommen werden kann. Um die Konzeption nicht untauglich zu machen, muß also der Unterschied zwischen Fürsorgezöglingen, Obdachlosen, Homosexuellen usw. einerseits und Arbeitnehmerinnen und Lehrlingen (»SPIEGEL«-Redaktion 1973) andererseits herausgestellt werden. Eine theoretische Konzeption, die den Produktionsprozeß sozialer Randgruppen erfassen soll, muß über die strukturelle Analyse der gesellschaftlichen Randposition hinausgehen; vielmehr müssen die Dimensionen des Interaktionsprozesses zwischen Randgruppen und »herrschender« Mehrheit einbezogen werden - die Strategien zur Herrschaftsicherung auf der einen Seite müssen den entsprechenden Problemlösungsstrategien auf der anderen Seite gegenübergestellt werden.

Die erste, zu analytischen Zwecken entwickelte Konzeption der sozialen Randgruppe stammt von Fürstenberg (1965, S. 237): »Derartige lose oder fester organisierte Zusammenschlüsse von Personen, die durch ein niedriges Niveau der Anerkennung allgemein-verbindlicher soziokultureller Werte und Normen und der Teilhabe an ihren Verwirklichungen sowie am Sozialleben überhaupt gekennzeichnet sind, sollen als soziale Randgruppen bezeichnet werden«. Mit dieser Definition werden zwei Variablen zur Bestimmung der Randposition eingeführt: der Grad der Abweichung und die »Stellung im sozialen Beziehungsgefüge«. Eine gewisse Einschränkung erfährt die Verwendung von Fürstenbergs Definition durch die Bestimmung der Randgruppen als »lose oder fester organisierte Zusammenschlüsse von Personen« [27]; denn: Randgruppen bilden selten subkulturelle Gruppierungen oder organisierte Zusammenschlüsse, vielmehr bezeichnet der Begriff eine Menge von Personen, die sich alle gleichermaßen von einer als »normal« definierten Mehrheit unterscheiden und deren strukturelle Position und Lebenssituation sich weitgehend gleicht.

Newman (1973, S. 20) entwirft eine Definition, die drei Variablen einbezieht: Größe, Macht und die Abweichung von den herrschenden Normen: »Als Minderheiten können solche Gruppen definiert werden, die von den sozialen Normen oder dem vorherrschenden Typus in jeweils bestimmter Weise abweichen, die im Rahmen der Verteilung sozialer Macht untergeordnet sind und selten mehr als die Hälfte der Bevölkerung der Gesellschaft darstellen, in der sie leben«. In dieser wie in der Definition von Fürstenberg ist die Dimension der Interaktionsprozesse zwischen Randgruppen und Mehrheit nicht angesprochen.

Im folgenden soll der Begriff »soziale Randgruppe« zur Kennzeichnung von Gruppierungen dienen, deren Werte, Normen, Verhalten und/oder äußere Erscheinung von den herrschenden Gruppen, bzw. der Mehrheit, als Bedrohung des gültigen normativen Systems, des gesellschaftlichen Wertkonsensus sowie der eigenen Legitimierungsansprüche und sozialen Ressourcen angesehen werden, weil die Randgruppenangehörigen den gesellschaftlichen Standards entweder nicht genügen können oder diese durch ihre normative Orientierung in Frage stellen und bekämpfen. Zur Sicherung des allgemeinen Wertsystems und ihrer eigenen sozialen Ressourcen dienen den herrschenden Gruppen, bzw. der Mehrheit, Strategien zum Ausschluß dieser Gruppen von gesellschaftlicher Teilhabe und zum Abdrängen in eine Randposition. Aus den strukturellen Bedingungen der gesellschaftlichen Randposition ergeben sich für die Randgruppen spezielle Handlungs- und Problemlösungsstrategien, die im normativen System einer Subkultur einheitlich definiert sein können. Diese fordern weitere Reaktionen der herrschenden Gruppen heraus, die vor allem der Bestätigung und Zementierung der Randposition dienen (Young 1974, S. 179 ff). Solche »Bestätigungsstrategien« zielen in erster Linie darauf, den Angehörigen einer sozialen Randgruppe auf den Status des »Abweichenden« und »Ausgeschlossenen« einzuengen. Während normalerweise die Aktivitäten des Einzelnen in den jeweiligen gesellschaftlichen Bereichen - Arbeit, Freizeit, Familie - eher unabhängig voneinander bewertet werden, wird das Rollenrepertoire des Randständigen in erster Linie unter dem Gesichtspunkt seiner Abweichung eingeordnet. In den einzelnen gesellschaftlichen Lebensbereichen kann er grundsätzlich nur die Rolle des »Außenseiters« spielen, er ist also zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben als »Ausgeschlossener« zugelassen. Eine solche eingeengte und alle Aktivitäten bestimmende Rolle kann als »masterstatus« (Young 1974, S. 169) oder als »integrative Rollenidentität« bezeichnet werden. Die Bewältigung der paradoxen Situation, als Ausgeschlossener zum gesellschaftlichen Leben zugelassen zu sein, erfordert vom Randgruppenangehörigen individuelle Problemlösungsstrategien, die zu einer Veränderung des Selbstbildes und des Rollenverhaltens führen. Eine subkulturelle Gruppierung kann ihm Wert- und Normenmuster zur Verfügung stellen, die sein Selbstbild und Rollenverhalten absichern und bestätigen können.

In dieser Konzeption sind damit vier Dimensionen zur Deskription und Analyse von Randgruppen angesprochen: Abweichung der Randgrüppe von herrschenden Normen und Werten, Strategien zur Sicherung der Legitimationsbasis und der sozialen Ressourcen seitens der herrschenden Gruppen, bzw. der Mehrheit, reaktive Problemlösungsstrategien der Randgruppenangehörigen im Interaktionsprozeß mit der Mehrheit und Entwicklung eines spezifischen Selbstbildes bzw. Rollenverhaltens im Verlauf dieses Prozesses [28].

3.1. Gesellschaftliche Strategien bei der Ausgliederung sozialer Randgruppen

Randgruppenangehörige bedrohen im allgemeinen nur einen Teilbereich gesellschaftlicher Standards, bzw. genügen nur einigen Funktionen und Anforderungen nicht. Je zentraler diese Werte jedoch für das gesellschaftliche Wertsystem sind - und das gilt vor allem für die den Arbeitsprozeß und Produktionsprozeß bestimmenden Werte - und je größer die Abweichung ist, desto massiver wird die Bedrohung empfunden. Die Weigerung oder die Unfähigkeit, im Arbeitsprozeß funktionsspezifische Rollen wahrzunehmen und Mitgliedschaftsrollen in Organisationen auszufüllen, bestimmen dabei die Distanz zur »normalen« Mehrheit oder »Kerngesellschaft« (Fürstenberg 1965, S. 237). Es lassen sich daher randständige »Situationsgruppen« (Bergmann/Brandt/Körber/Mohl/Offe 1969, S. 86) ausmachen, die durch »biographische Marginalsituationen« entstehen, wie alte Menschen und Jugendliche; ihre Abweichung wird jedoch nicht als Bedrohung gesehen, da ihre Positionen im Rahmen des herrschenden Normensystems legitimiert sind. Ein Wandel des Normensystems - so bei den alten Menschen, die in immer stärkerem Maße als »unbrauchbar« definiert werden - oder die Entwicklung einer weitergehenden Abweichung durch subkulturelle Orientierung - so bei Jugendlichen - kann dann zum Übergang von Situationsgruppen zu Randgruppen führen. Insofern befinden sich ökonomisch unterprivilegierte Gruppen - Arbeitnehmerinnen, ungelernte Arbeiter - in einer situationsspezifischen Randständigkeit, ohne selbst schon eine Randgruppe zu bilden. Da sie in den Arbeitsprozeß integriert sind und den normativen Standards anderer Rollen, d. h. zentralen gesellschaftlichen Anforderungen, genügen können, ziehen sie sich aus ihrer Randständigkeit keinen Status als Ausgeschlossener zu. Doch sind sie - z. B. durch Arbeitslosigkeit - von weitergehendem Ausschluß und von der Zuordnung zu sozialen Randgruppen wie den Obdachlosen bedroht.

Die Position »außerhalb des sozialen Zusammenhangs« (Fürstenberg 1965, S. 245) wird ferner bestimmt durch die Strategien, die die herrschende Mehrheit zur Bewältigung der Konflikte, zur Sicherung der Geltung des Normensystems und zum Erhalt ihrer Machtressourcen einsetzt. Sie beeinflussen vor allem den Grad der Ausschließung und damit die Entwicklung der »integrativen Rollenidentität« als Außenseiter. Kriminalisierung und Isolierung in totalen Institutionen sind die in diesem Sinne wirkungsvollsten Mechanismen, da sie den totalen Ausschluß zur Folge haben, während die Kontrolle durch Organisationen der staatlichen Wohlfahrtsbürokratie, die Isolierung in Ghettos oder das Abdrängen in Berufe und Arbeitsfunktionen mit niedrigem Status zunächst eher auf einen partiellen Ausschluß zielen. Der Einsatz dieser Strategien zur Sicherung der Legitimationsbasis ist zum einen abhängig von der Wahrnehmung der Bedrohung gültiger normativer Systeme, zum andern bestimmt durch den sozialen Status des Randgruppenangehörigen. So werden bestimmte Gruppen, deren Abweichung auf Grund ihrer Isolierung oder wegen des Mangels an Kontakten und an Unterstützung in subkulturellen Systemen nicht sichtbar ist - wie bei Alkoholikern und psychisch Kranken -, erst durch die Einbeziehung in die Prozesse sozialer Kontrolle als Randgruppen konstituiert [29]. Massive Ausschluß- und Kontrollverfahren werden vor allem dann nicht angewandt, wenn es sich um Personen mit hohem Status handelt; so führte die Entwicklung einer Drogensubkultur bei Jugendlichen aus der Mittelschicht zu einer partiellen Aufhebung der Kriminalisierung des Drogenkonsums.

3.2. Individuelle und kollektive Problemlösungsstrategien der Randgruppen

Die gegenüber den Ausschlußstrategien der herrschenden Gruppen und »normalen Mehrheit« entwickelten Problemlösungsstrategien haben für die Randgruppen eine doppelte Funktion: sie dienen nicht nur dazu, den Konflikt mit der herrschenden Mehrheit zu bewältigen, sondern mit ihrer Hilfe sollen die Probleme der Existenzsicherung und der Bedürfnisbefriedigung, die sich in der gesellschaftlichen Randlage verschärft stellen, gelöst werden. Individuelle und kollektive Lösungen werden nicht nur in Relation zu Ausschließungsprozessen entwickelt, sondern sind auch abhängig von strukturellen Bedingungen.

Kollektive, bzw. subkulturelle Problemlösungen treten vor allem dann auf, wenn die räumliche Distanz zwischen den Randgruppenangehörigen gering ist (Ghetto, totale Institution), und ihr niedriger Status nur geringe Handlungsmöglichkeiten bietet. Individuelle Problemlösungen können eher entwickelt werden, wenn die Abweichung vom herrschenden Wertsystem partiell ist, und daher in bestimmten Bereichen verborgen werden kann, der Einzelne von anderen Randgruppenangehörigen weitgehend isoliert ist und über genügend Handlungsspielraum und Fähigkeiten zur Lösung seiner Rollenkonflikte verfügt; zu diesen Gruppen gehören Körperbehinderte, Alkoholiker, psychisch Kranke, aber auch Homosexuelle und Prostituierte (Young 1974, S. 178 ff.).

Die Struktur und das Wertsystem der jeweiligen gesellschaftlichen Subsysteme und Institutionen erfordern jeweils unterschiedliche Problemlösungsstrategien. Während im Arbeits- und Erziehungsbereich sowie im Umgang mit bürokratischen Organisationen [30] nahezu ausschließlich individuelle Problemlösungsstrategien zugelassen sind, stehen der Bereich der Familie und die Befriedigung physischer und sozialer Bedürfnisse kollektiven Problemlösungsstrategien offen (vgl. Gordon 1964).

Struktur und normative Orientierung der Subkultur der Randgruppen entwickeln sich in Beziehung zum herrschenden Wertsystem und den angewandten Ausschlußstrategien. Subkulturen liefern die Legitimation der Abweichung durch neue Wertsysteme und/oder Techniken der »Neutralisation« (Sykes/Matza 1957, S. 667 ff.) herrschender Werte und Normen. Wie die von der Anomietheorie ausgehenden Forschungen zeigen, differieren die subkulturellen Wertsysteme meist nur partiell von den herrschenden. Insbesondere bilden Subkulturen, deren Mitglieder eher über individuelle Problemlösungsstrategien verfügen, weniger kohärente Wertsysteme als Komplexe von Ritualen, die sie vor Entdeckung und Angriffen schützen sollen (z. B. in den Subkulturen der Homosexuellen und Prostituierten).

Individuelle und kollektive Problemlösungsstrategien manifestieren sich in den »Techniken zur Bewältigung beschädigter Identität« (Goffman 1972) und dem »master status« als Außenseiter. Während Subkulturen ihren Mitgliedern Selbstbilder und Rollenmuster anbieten und vermitteln können, ist der Einzelne in den Bereichen, die kollektive Lösungen nicht zulassen, auf bestimmte Fähigkeiten zur Bewältigung von Rollenkonflikten und Ausschlußprozessen angewiesen, über die er häufig nicht verfügt. Die - zur Existenzsicherung notwendige Integration in den Arbeitsbereich setzt daher nicht nur eine Vielzahl von sozialen Fähigkeiten voraus, sondern ist auch eine hohe physische und psychische Belastung (Beispiele sind: Alkoholiker, psychisch Kranke und Straftäter nach der Entlassung).

Stehen die normativen Orientierungen und Techniken der Neutralisation einer Subkultur nicht zur Verfügung, entwickelt der Einzelne individuelle Problemlösungsstrategien, die gekennzeichnet sind durch die Balance zwischen den Extremen der Überidentifikation einerseits und der Ablehnung der herrschenden Normen andererseits. Indem der Randgruppenangehörige sich mit seiner Verurteilung durch die herrschende Mehrheit identifiziert, definiert er ein negatives Bild seiner selbst und/oder versucht, den hoch bewerteten Status des »reuigen Sünders« zu erreichen (Gusfield 1967; T'rice/Roman 1970). Dem isolierten Randständigen stehen nur wenige Strategien zur Verfügung, seine negative Bewertung durch die »anderen« abzulehnen; eine Strategie, die allerdings nur den Angehörigen bestimmter Randgruppen zur Verfügung steht, zielt darauf, daß sich der Einzelne seiner Andersartigkeit - die in gewisser Weise auch eine Einzigartigkeit darstellt versichert, indem er sie zur Schau stellt und so die Bedürfnisse der Mehrheit nach »Exoten« gegen Entgelt befriedigt (Beispiele sind Zwerg- und Riesenwüchsige sowie Körperbehinderte; vgl. Goffman 1972). Häufig nehmen individuelle Problemlösungsstrategien eine mittlere Position zwischen diesen beiden Extremen ein: so soll entweder die Abweichung durch Überidentifikation mit einzelnen Werten wettgemacht oder durch ritualistisches Befolgen der Normen kaschiert werden (Beispiele: Prostituierte, Homosexuelle; vgl. Dannecker/Reiche 1974).

Die Integration in subkulturelle Gruppierungen und die Übernahme kollektiver Problemlösungen ermöglichen eher eine dezidierte Ablehnung herrschender Werte, die ihren Ausdruck findet im Konfliktverhalten (z. B. bei Rackern), im Rückzug aus der Gesellschaft (wie bei Drogensüchtigen) (vgl. zu beiden Cloward/Ohlin 1960, S. 161 ff.) oder in der Bekämpfung der herrschenden Normen (Beispiele: Gay Liberation Movement, Homosexuelle Aktion).

Sowohl individuelle wie auch kollektive Problemlösungen beinhalten schwerwiegende Rollenkonflikte, die sich aus den jeweils vorherrschenden individuellen oder kollektiven Problemlösungsstrategien in einzelnen gesellschaftlichen Bereichen ergeben. Besonders konfliktbelastet ist die Position des »marginal man«, der sich aus der Einbindung in subkulturelle Gruppierungen herauslösen will, wobei er bereits erlernte kollektive Problemlösungen ablehnen und neue, individuelle erlernen muß.

3.3. Der Prozeß der Ausgliederung als »circulus vitiosus«

Der Produktionsprozeß einzelner sozialer Randgruppen läßt sich in den vier Dimensionen - Abweichung der Randgruppe von den herrschenden Normen, Strategien der herrschenden Gruppen zur Sicherung dieses Wert- und Normensystems, Problemlösungsstrategien der Randgruppen sowie Selbstbild und Rollenverhalten der Randgruppenangehörigen - schematisch darstellen (siehe Schema). Dabei zeigt sich, daß diese vier Dimensionen miteinander in vielschichtigen Zusammenhängen stehen, und sich der Produktionsprozeß selbst als »circulus vitiosus« von Ausschluß, Problemlösungsstrategien der Randgruppen und Bestätigung des Ausschlusses durch die Instanzen sozialer Kontrolle erweist.

Bei der Analyse der spezifischen Produktionsprozesse einzelner Randgruppen wird deutlich, daß sich die vier Dimensionen insbesondere zur Beschreibung und auch zur Typisierung sozialer Randgruppen eignen. Gleichzeitig bleibt es unbefriedigend, vorrangig den Verlauf des Produktionsprozesses zu betrachten, solange sich die Untersuchung auf die jeweiligen Reaktionsmuster beschränkt. Wert- und Normensysteme, Strategien zur Herrschaftssicherung und reaktive Problemlösungen der Randgruppen stehen in engem Zusammenhang mit ökonomischen Strukturen, mit dem System gesellschaftlicher Schichtung, mit Konfliktmechanismen und gesellschaftlichen Herrschaftsbeziehungen (Albrecht 1973, S. 793) Damit soll nicht auf eine sicherlich auch notwendige gesamtgesellschaftliche Analyse verwiesen werden, sondern darauf, daß bei der Analyse der Reaktionsmuster in einzelnen Situationen deren strukturelle Bedingungen berücksichtigt werden müssen: so sollten in die Untersuchung der Interaktion zwischen Mitgliedern der Instanzen sozialer Kontrolle und Randgruppenangehörigen besonders die Strukturen und formalen Handlungsabläufe der jeweiligen Organisation stärker einbezogen werden.[31]

Soziale Randgruppe

Werte und Normen, denen die Randgruppe nicht genügt oder die sie durch Abweichung bedroht

Strategien der herrschenden Gruppen, bzw. Mehrheit, zur Sicherung der Legitimationsbasis und der eigenen Machtressourcen

Reaktive Problemlösungsstrategien der Randgruppen

Selbstbild und Rollenverhalten

Zigeuner

ethnisch-kulturelle Normen: Arbeit und Leistung bestimmende Werte; Lebensform (Seßhaftigkeit)

Berufe; »Belohnung« der Abwei-Abdrängen in negativ bewertete chung (Artisten, Musiker); Kontrolle durch Institutionen; Versuche zur Assimilation

Kollektive Problemlösungsstrategien: Stärkung der Gruppen- und Familienbindung; subkulturelles Wertsystem; »Repräsentation« der Abweichung

Selbstbild und Rollenverhalten orientiert an Bezugsgruppe

Ausländische Arbeitnehmer

Herrschender »Typus«; ethnisch-kulturelle Werte; Gesamt der Lebensformen

Industrielle Reservearmee für niedrig bewertete Arbeiten; Versagen der Einbürgerung und der Teilnahme an politischer Willensbildung; durch mangelhafte Schulbildung Verhinderung derAssimilation; soziale Kontrolle durch Behörden

Kollektive Problemlösungsstrategien: Stabilisierung des Werte- und Normensystems in Ghettos; Ergreifen relativ hoch bewerteter handwerklicher Berufe, die nicht mehr ausgefüllt werden

Rollenkonflikte, »marginal man"; Rollenwandel und Veränderung des Selbst-Bildes durch Assimilation (Newman 1973)

Homosexuelle, Prostituierte

Normen und Werte, die sexuelles Verhalten und den Reproduktionsbereich bestimmen (Sexualmoral)

Kriminalisierung (bei H. nur noch z. T.); Kriminalisierung der Partner; soziale Kontrolle durch Institutionen; Isolierung in bestimmten Bezirken

Kollektive Problemlösungsstrategien: Entwicklung von Subkulturen (Ritualen) zum Schutz der Mitglieder; vorherrschend individuelle Problemlösungsstrategien à

Entwicklung eines negativen Selbst-Bildes; Überidentifikation mit gesellschaftlichen Normen und Werten; »Überkonformität« mit normalen Rollen; ritualistisches Befolgen der Normen; Verbergen der Abweichung

Alkoholiker, Drogensüchitige

Arbeit und Leistung bestimmende Werte; Normen des gesellschaftlichen Drogenkonsums

Kriminalisierung (Drogen); Unterbringung in totalen Institutionen; soziale Kontrolle durch Behörden des Wohlfahrtsstaates; therapeutische Maßnahmen

Bei Drogensüchtigen eher kollektive Problemlösungsstrategien: Rückzugssubkultur; bei Alkoholikern eher individuelle Problemlösungsstrategien à

Insassensubkulturen in totalen Institutionen

Selbstbild und Rollenverhalten an dem normativen System der Subkultur orientiert; bei Alkoholikern: negatives Selbstbild; Selbstbild als Kranker; »reuiger Sünder«; Verbergen der Abweichung; Distanzierung v. abweichd. Rolle; Techniken der Neutralisation

Psychisch Kranke, Körperbehinderte

Arbeit und Leistung bestimmende Werte und Normen; normale Rollen und Funktionen des Erwachsenen

Ausschließung und Isolierung in totalen Institutionen; soziale Kontrolle durch Behörden; therapeutische Maßnahmen

Insassensubkulturen in Institutionen; vorherrschend individuelle Problemlösungsstrategien à

Entwicklung eines negativen Selbst-Bildes; Selbstbild als »Kranken«; Verbergen der Abweichung; Distanzierung von der abweichenden Rolle; Status des »Geheilten«; Repräsentation der Abweichung (Zwergwüchsige)

Jugendliche, Konflikt- und Rückzugssubkulturen (Rocker, Drogenabhängige)

Lebensformen des integrierten Jugendlichen; Arbeits- und Leistungsbereich bestimmende Werte; Verhaltensnormen z. Konflikt-und Aggressionsbewältigung

Kriminalisierung; soziale Kontrolle durch Behörden; Kontrolle der subkulturellen Gruppierungen durch Institutionen (vor allem im Freizeit-Bereich); Unterbringung in totalen Institutionen (Drogensüchtige, Fürsorgezöglinge)

Kollektive Problemlösungsstrategien: Konfliktsubkultur (Rocker) Rückzugssubkultur bzw. hedonistisehe Subkultur (Drogensüchtige); Entwicklung sozial anerkannter Subkulturen (Release); Insassensubkulturen

Orientierung am normativen System der Bezugsgruppe und Subkultur; Entwicklung von Selbstbildern im Rahmen der Bezugsgruppe; strikte Einordnung in die Rollenmuster der Bezugsgruppe (Rocker)

Obdachlose, Nichtseßhafte

Leistungs- u. Arbeits-Bereich bestimmende Werte; den Reproduktionsbereich bestimmende Werte (Konsumentenrollen); Lebensformen (Seßhaftigkeit)

Obdachlose: Soziale Kontrolle durch Behörden; Isolierung in Ghettos; Stufensystem der Reintegration; Nichtseßhafte: Soziale Kontrolle durch Polizei und Behörden; Unterbringung in Asylen

Kollektive Problemlösungsstrategien im Bereich Familie, Freizeit; Rückzugssubkultur; Konfliktsubkultur bei Jugendlichen; individuelle Problemlösungsstrategien à

Nichtseßhafte: Rückzugssubkultur

Entwicklung negativer Selbstbilder (Versager); Techniken der Neutralisation; Überidentifikation und »Mißerfolgsorientierungen« (Haag 1971)



[27] Fürstenberg geht damit hinter Francis zurück, der von der Überlegung ausgeht, daß nicht alle, die einer Minderheit zugeordnet werden, deshalb auch schon in »spezifischen Wechselwirkungen zueinander stehen« (Francis 1958 b, S. 401).

[28] Vgl. zu den folgenden Ausführungen insbesondere Albrecht (1973) und die dort aufgeführte Literatur.

[29] Für diese Gruppen ist die Untersuchung aus der Perspektive des labelingapproach besonders sinnvoll (vgl. Lowry 1974, S. 130) und Young (1974, S. 167).

[30] Der Erfolg des von Wolfe (1972)geschilderten »Mau-Mau Spiels« - Randständige und subkulturelle Gruppierungen versuchen, Geld aus den zahllosen Programmen zur Bekämpfung der Armut und der Kriminalität in amerikanischen Ghettos zu bekommen - beruht z. T. auf der Anwendung kollektiver Strategien gegenüber den Wohlfahrtsbehörden.

[31] Im Zusammenhang mit dem voranstehenden Artikel wurde eine Bibliographie erstellt, in der die sozialwissenschaftliche Literatur über »soziale Randgruppen« unter dem Gesichtspunkt des gesellschaftlichen Produktionsprozesses dieser Randgruppen zusammengetragen wurde. Die Bibliographie, die ca. 1.000 Titel enthält, gliedert sich in zwei Teile: sie gibt zunächst einen Überblick über die Entwicklung der soziologischen Theorien über rassisch-ethnische Minderheiten und über die »anderen«, sozial abweichenden Minderheiten, anschließend folgt die Literatur zu den Problemen einzelner Randgruppen. Die Titel stammen vorwiegend aus der Zeit von 1962bis 1974, und aus dem deutschen und angloamerikanischen Sprachraum. Bei ihrer Auswahl wurde auf bekannte Gesamtdarstellungen und Sammelwerke verzichtet, um eher die neueren und »unkonventionellen« Arbeiten aufnehmen zu können. Die erfaßte Literatur behandelt in erster Linie soziologische und sozialpsychologische Problemstellungen; ausgeklammert sind die Arbeiten zu ökonomischen, psychologischen und biologisch-medizinischen Fragen, sowie Literatur aus dem Bereich der Pädagogik, der Sozialarbeit und Sozialpolitik. Bei der Zusammenfassung der gesammelten Literatur nach bestimmten Themenkomplexen wurden vor allem zwei Ziele verfolgt: 1. den gesellschaftlichen Produktionsprozeß sozialer Randgruppen in den Verbindungslinien zwischen gesellschaftlicher Ideologie, wissenschaftlicher Theorie und Praxis der Sozialpolitik und Sozialarbeit aufzuzeigen; 2. durch die Gliederung nach konkreten und praktischen Problemstellungen insbesondere dem Praktiker den Zugang zur vorliegenden Literatur zu eröffnen. Die Bibliographie kann durch Einzahlung von 5,- DM, bei Ohle, Sonderkonto AJK, 2 180 348 500, Bank für Gemeinwirtschaft, Hamburg, bestellt werden.

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Zur Person:

geb. 1949, Diplom-Soziologin, Doktorandin am Seminar für Sozialwissenschaften der Universität Hamburg. Arbeitsgebiete: Soziologie abweichenden Verhaltens, Organisationssoziologie.

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Quelle:

Susanne Karstedt: Soziale Randgruppen und soziologische Theorie

Erschienen in: Manfred Brusten/Jürgen Hohmeier(Hrsg.), Stigmatisierung 1, Zur Produktion gesellschaftlicher Randgruppen, Darmstadt 1975, S. 169 - 196

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 02.03.2005

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