Alternative berufliche Integration von jungen Menschen mit Behinderungen

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: Erschienen in: impulse 28, Dezember 2003, Seite 15 - 16 impulse (28/2003)
Copyright: © Georgia Kertzel, Jörg Hass-Tjaden 2003

Alternative berufliche Integration von jungen Menschen mit Behinderungen

Inhaltsverzeichnis

Innerhalb der Entwicklungspartnerschaft "Keine Behinderungen trotz Behinderung", der Gemeinschaftsinitiative EQUAL führt das Institut für Erwachsenenbildung, ein Bildungsträger mit derzeit 20 Geschäftstellen im gesamten nord-, und mitteldeutschen Raum, zwei Teilprojekte durch:

Nationale Koordination

Zum einen koordiniert das Institut für Erwachsenenbildung, Aurich die Tätigkeiten der nationalen Entwicklungspartnerschaft, die folgende Bereiche umfassen:

  1. die Initiierung und Organisation von Treffen und Austauschverfahren innerhalb der nationalen EP

  2. die Entwicklung der Dokumentations - und Kommunikationsstruktur

  3. die Moderation und Dokumentation der nationalen Treffen

  4. die Abstimmungen mit einzelnen Partner/innen zur dauerhaften EP-Formierung

  5. die Strukturierung der nationalen Zusammenarbeit

  6. das Konfliktmanagement im Bedarfsfall und

  7. die Organisation von nationalen EP-Aktivitäten nach außen sowie

  8. die Koordination des Projektmanagements.

Die nationale Koordination versteht sich als Anlaufpunkt für alle EntwicklungspartnerInnen während der gesamten Projektzeit, der zuverlässig alle Vorbringen entgegennimmt und unter den Regeln einer vertrauensvollen Zusammenarbeit Informationen erteilt oder organisiert sowie Regelungen und Verabredungen trifft und weiterleitet.

Qualifizierungsmaßnahme für junge Menschen mit Behinderungen

Desweiteren führt das Institut für Erwachsenenbildung, Aurich als Teilprojektpartner eine Qualifizierungsmaßnahme für junge Menschen mit Behinderungen im Übergangsprozess Schule - Beruf durch. Junge Menschen mit Behinderungen, die die Berufsschule, Sonderschule oder Integrationsklassen verlassen haben bzw. die schon eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme oder eine Ausbildung absolviert haben, werden zwischen 6 und 12 Monaten in dem Qualifizierungsprojekt auf eine berufliche Tätigkeit auf dem 1. Arbeitsmarkt vorbereitet.

Auf der Grundlage der erarbeiteten Kenntnisse, Fähigkeiten und Neigungen der einzelnen TeilnehmerInnen erfolgt die Entwicklung realistischer beruflicher Perspektiven, die Erarbeitung von Möglichkeiten der beruflichen Ausbildung und die Auswahl geeigneter Praktikumsplätze.

Die jungen Menschen können sich in den Bereichen

  • Kaufmännische Berufe,

  • Hauswirtschaft / Hotel- und Gaststättenbereich,

  • Metallbereich,

  • Elektrobereich,

  • Holzbereich,

  • Gartenbau

individuell in Erprobungswerkstätten ausprobieren und ihre Kenntnisse in Praktikumsbetrieben mit sozialpädagogischer Betreuung vertiefen.

Ausgehend von den Erfahrungen im Berufsbildungsbereich kann für die Region Ostfriesland bislang festgehalten werden, dass junge Menschen mit einer Behinderung an "klassischen" berufsvorbereitenden Maßnahmen und an überbetrieblichen Ausbildungen nach § 48 BBiG (Berufsbildungsgesetz) bzw. § 42b HwO (Handwerksverordnung) teilnehmen.

Diese berufsvorbereitenden Maßnahmen orientieren sich häufig zu wenig an den individuellen Fähigkeiten des Einzelnen und die Reha-Ausbildungen führen, weil nicht an den Bedarfen des 1. Arbeitsmarktes orientiert, oftmals nicht zu einer beruflichen Integration.

Für geistig behinderte Jugendliche, auch wenn sie integrativ beschult wurden, gibt es zu der WfbM keine Alternative.

Ziel des Teilprojektes ist es u.a. hier gegenzuwirken und durch modellhafte Praktika in Betrieben/Einrichtungen des 1. Arbeitsmarktes aufzuzeigen, dass alternative Formen der beruflichen Integration sehr wohl zum Erfolg führen.

Seit Projektbeginn im Mai 2002 haben bislang 47 TeilnehmerInnen an der Qualifizierungsmaßnahme teilgenommen. Die TeilnehmerInnen hatten folgende Schulabschlüsse:

Schulabschluss

Anzahl weiblich

Anzahl männlich

Gesamt

Sonderschulabschluss

7

14

21

Hauptschulabschluss

8

9

17

Realschulabschluss

2

2

4

Sonstige

0

0

0

Kein Schulabschluss

0

5

5

Die Altersstruktur der TeilnehmerInnen kennzeichnet sich wie folgt:

Alter

Männer

Frauen

Gesamt

16 - 19 Jahre

12

2

14

20 - 24 Jahre

14

9

23

25 - 30 Jahre

4

4

8

Über 30 Jahre

0

2

2

Gesamt

28

19

47

Ein Teil der Jugendlichen hat bereits eine berufliche Ausbildung in überbetrieblicher Form absolviert, konnte aber bislang nicht vermittelt werden:

Ausbildung

Anzahl weiblich

Anzahl männlich

Berufsausbildung

8

7

Ohne Berufsausbildung

9

23

Ausgebildete Berufe sind:

  • Bau- und Metallmalerin

  • Bauzeichner / Hochbau

  • Metallbearbeiter

  • Bürokraft

  • Helferin in der Hauswirtschaft

  • Garten- Landschaftsbau

Wenn man alle bisherig ausgeschiedenen TeilnehmerInnen unter dem Aspekt der Vermittlung betrachtet, dann ergibt sich dieses Bild:

Tabelle: Equal-Projekt Teilnehmervermittlung - Stand: Jänner 2003

 

weiblich

männlich

Gesamt

vorzeitig ausgeschieden

 

1

1

Arbeitsaufnahme befristet / Ausbildung

1

1

2

Arbeitsaufnahme unbefristet

2

3

5

andere berufl. Tätigkeit / Weiterbildung / Selbständigkeit / Trainingsmaßnahme

0

0

0

Mutterschutz

2

 

2

nicht vermittelt

5

6

11

Teilnehmer aktuell

7

19

26

Teilnehmer Gesamt

17

30

47

Alternativen schaffen

Neben der Vermittlung in "herkömmliche" Praktika bzw. Berufe ist es Ziel der EQUAL-Partnerschaft "Keine Behinderung trotz Behinderung" auch neue, alternative Wege zu gehen.

Ausbildung zur Hauswirtschaftshelferin in betrieblicher Form

Für die jugendlichen lernbehinderten Teilnehmer kann eine theoriegeminderte Ausbildung eine Alternative sein, einen qualifizierten Arbeitsplatz im ersten Arbeitsmarkt zu erhalten. Am Beispiel einer Teilnehmerin des Teilprojektes Aurich soll ein möglicher Weg beschrieben werden.

Frau C. ist lernbehindert und zählt damit zum Personenkreis die eine Ausbildung nach § 48 BBiG und § 42b HwO absolvieren können. Diese Regelung gilt für körperlich, geistig und seelisch behinderte Jugendliche. Es ist zu erwarten, dass Frau C. durch ihre Behinderung den theoretischen Teil einer üblichen Ausbildung nicht bewältigen kann und daher keine Möglichkeit hat, eine Vollausbildung zu machen. Ihre derzeitigen Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt eine Anstellung zu finden, sind ohne Ausbildung ebenfalls sehr gering. Eine theoriegeminderte Ausbildung stellt für Frau C. somit eine erhebliche Chance dar, überhaupt eine Ausbildung zu erhalten und somit eine Berufsperspektive zu haben.

Frau C ist Teilnehmerin des Teilprojektes Aurich. Ihr Ziel ist es, eine theoriegeminderte Ausbildung zur Hauswirtschaftshelferin nach § 48 BBiG und § 42b HwO zu absolvieren. Während der Maßnahme konnte sie durch ein Praktikum in einem Seniorenzentrum bereits Erfahrungen sammeln. Aufgrund dieses Praktikums wurde Frau C. Die Möglichkeit zur Ausbildung ab August 2004 angeboten.

Bislang wurde die Ausbildung zur Hauswirtschaftshelferin jedoch nur in außerbetrieblichen Einrichtungen durchgeführt. So wurde zunächst vom Projektträger der Kontakt zur Landwirtschaftskammer hergestellt, die sich derzeit vorstellen kann, nach eingehender Prüfung des Ausbildungsbetriebes, innerhalb des Projektes der betrieblichen Ausbildung zu zustimmen. Auch das Arbeitsamt befürwortet die betriebliche Ausbildung, mit einer entsprechenden Unterstützung des Arbeitgebers.Auch die Beschulung durch die Berufsschule ist inzwischen gesichert.

Eine Sozialpädagogin des Teilprojektes Aurich führt mit 2 Wochenstunden für die Dauer der Ausbildung die sozialpädagogische Begleitung der Teilnehmerin durch. Das Arbeitsamt übernimmt die Kosten für die ausbildungsbegleitenden Hilfen, die sozialpädagogische Begleitung und unterstützt den Betrieb finanziell.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Arbeitgeber - auch aus anderen Bereichen, in denen wir nach dem gleichen Modell kooperieren - durchaus bereit sind, jugendlichen Lernbehinderten eine betriebliche Ausbildung zu ermöglichen.

Ausschlaggebend für die Zukunft wird daher sein, die häufig starren Rahmenbedingungen durchlässiger im Sinne für eine berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen zu gestalten und sich somit von bürokratischen und gesetzlichen Zwängen die eher einer Integration entgegenstehen zu befreien.

Kontakt:

Institut für Erwachsenenbildung

Georgia Kertzel, Jörg Hass-Tjaden

Fritz- Reuter-Str. 21

26603 Aurich

Tel.: 04941/6982-966

Fax: - 999

eMail: ieb.aur-iz@t-onlilnde.de

www.equal-jobstart.de

Quelle:

Georgia Kertzel, Jörg Hass-Tjaden: Alternative berufliche Integration von jungen Menschen mit Behinderungen

Erschienen in: impulse 28, Dezember 2003, Seite 15-16.

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 28.11.2005

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