Inklusion durch betriebliche Ausbildung

Strategien, Instrumente, Erfahrungen

Autor:in - Lutz Galiläer
Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: Erschienen in: impulse Nr. 64, 02/2013, Seite 36. impulse (64/2013)
Copyright: © Lutz Galiläer 2013

Abbildungsverzeichnis

    Inklusion durch betriebliche Ausbildung

    Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert, dass Menschen mit Behinderung in allen Bereichen des Lebens gleichberechtigt teilhaben können. Für dieses Ziel steht der Begriff Inklusion. Für die Berufsausbildung heißt das: Jugendliche mit Handicaps sollten in einem möglichst „normalen“ Umfeld eine Ausbildung absolvieren können. Erprobt wird dies im Modellprojekt TrialNet von elf Berufsbildungswerken und neun Bildungsträgern, das nunmehr mit rund 400 behinderten Jugendlichen in derzeit 250 Betrieben durchgeführt wird. Dabei werden neue Instrumente in der Ausbildung wie Ausbildungsbausteine, Kompetenzfeststellungen und eine enge Kooperation zwischen Betrieben, Berufsbildungswerken, Bildungsdienstleistern und Berufsschulen entwickelt und eingesetzt. Koordiniert und evaluiert wird das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte Projekt durch das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb).

    Auf der Veranstaltung mit fast 140 TeilnehmerInnen aus Betrieben, MitarbeiterInnen öffentlicher und privater Bildungsdienstleister, Einrichtungen der beruflichen und sozialen Rehabilitation, VertreterInnen aus der Wissenschaft, von Verbänden und Industrie- und Handelskammern wurden Chancen und Grenzen der Inklusion erörtert und Beispiele aus der betrieblichen Praxis gezeigt.

    Einleitend begrüßte Herr Dieter Omert, Leiter des Bildungswesens bei Audi, die TagungsbesucherInnen im Namen der Audi AG. Audi möchte mit dem Projekt TrialNet die Idee der Inklusion in das Unternehmen tragen. Herr Richard Fischels, Leiter der Abteilung Prävention, Rehabilitation und Behindertenpolitik im Bundesarbeitsministerium, bedankte sich bei den AkteurInnen des Projekts, durch das sich nun das Augenmerk auch auf junge Menschen mit Behinderungen richte. Wichtig sei, das in den Blick zu nehmen, was Jugendliche tatsächlich gelernt haben – auch wenn sie die Ausbildung nicht beenden können oder längere Zeit unterbrechen müssen. Prof. Goth, der Vorstandsvorsitzende des Bildungswerks der Bayerischen Wirtschaft und Mitglied des Präsidiums der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V., betonte, dass sich betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten und soziale Verantwortung im Falle von Menschen mit Behinderung keineswegs ausschlössen. Firmen müssten Gelegenheiten schaffen, an denen behinderte Menschen ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können. Dr. Galiläer, am Forschungsinstitut Betriebliche Bildung verantwortlich für das Thema Berufliche Rehabilitation und das Projekt TrialNet, konnte bestätigen, dass eine starre Zielfestlegung vor der Ausbildung vermieden werden müsse. Wenig Vorabauswahl, das Austesten der individuellen Grenzen in Kooperation mit Betrieben und Bei eine hohe Durchlässigkeit der Lernorte sind wichtige Aspekte, mehr Inklusion in der Berufsausbildung zu erreichen. Zertifizierte Teilqualifikationen seien ein Instrument, um erworbene Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt nachzuweisen und die Grundlage für späteres Weiterlernen zu schaffen.

    Für die Leistungsfähigkeit und Motivation junger Menschen mit Behinderung standen die Beispiele gelungener Inklusion durch die Ausbildung in Betrieben, die am Nachmittag in Interviews mit Auszubildenden, AusbilderInnen und den pädagogischen BetreuerInnen der beteiligten Bildungseinrichtungen vorgestellt wurden. Die Firma Druck-Ring GmbH & Co.KG und das bfz München hatten gemeinsam einen Auszubildenden auf den Abschluss zum Bürokaufmann vorbereitet, die Firma Roos Nutzfahrzeuge GmbH stellte die Ausbildung zur Bürokauffrau in Kooperation mit dem bfz Ravensburg vor, und die Audi AG berichtete gemeinsam mit dem Berufsbildungswerk St. Franziskus Abensberg von den Praxiseinsätzen der Auszubildenden bei Audi. Die Beispiele machten auch Herausforderungen „inklusiver Ausbildung“ deutlich.

    Einig waren sich die TeilnehmerInnen der Podiumsdiskussion am Nachmittag – Thekla Schlör (Bundesagentur für Arbeit), Dr. Prechtl (Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft), Irmgard Badura (Behindertenbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung), Gerd Labusch (Dienstleistungsgewerkschaft ver.di), Hubert Schöffmann (IHK München-Oberbayern), Dieter Omert (Audi AG) und Prof. Severing vom f-bb – darin, dass in den letzten Jahren die Idee der Inklusion in den Köpfen der Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft angekommen sei und durch die Umsetzungsaktivitäten der UN-Behindertenrechtskonvention an Dynamik gewonnen habe. Allerdings sollten sich Unternehmen noch stärker für Inklusion und Vielfalt öffnen.

    In seinem Schlusswort plädierte Prof. Severing, der Geschäftsführer des f-bb, dafür, dass jeder in seinem Bereich, in dem er Verantwortung trägt, zur Inklusion bei trägt. Trotzdem lebt das Gelingen der Inklusion nicht nur von der guten Tat, sondern es braucht auch die Voraussetzungen, bauliche, konzeptionell-organisatorische und rechtliche, damit bei dem Thema nicht neue Barrieren entstehen.

    Eine ausführliche Dokumentation ist zu finden unter www.trialnet.de.

    Abbildung 1.

    Portrait des Autors

    Dr. Lutz Galiläer ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb gGmbH)

    Kontakt und nähere Informationen

    E-Mail: galilaeer.lutz@f-bb.de

    Quelle

    Lutz Galiläer: Inklusion durch betriebliche Ausbildung. Strategien, Instrumente, Erfahrungen. Erschienen in: impulse Nr. 64, 02/2013, Seite 36-37.

    bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

    Stand: 19.06.2015

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