Integrationsfachdienste

Vermittlung und Begleitung für Menschen mit Psychiatrieerfahrung

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: erschienen in: impulse Nr. 48, 4/2008, S. 14-25. impulse (48/2008)
Copyright: © Angela Ulrich, Jörg Bungart 2008

Integrationsfachdienste

Integrationsfachdienste (IFD) sind ambulante professionelle Dienstleister zur Teilhabe (schwer-) behinderter Menschen am Arbeitsleben (allgemeine Darstellung der IFD Arbeit vgl. auch SCHARTMANN 2005):

  • IFD unterstützen bei der Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer möglichst dauerhaften Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

  • IFD bieten das gesamte Leistungsspektrum zur Teilhabe am Arbeitsleben zwischen "Vermittlung" (Ziel: Abschluss eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses) und "Begleitung" (Ziel: Erhalt und Sicherung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses) an.

  • IFD sind erforderlich, wenn die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen auf besondere Schwierigkeiten stößt und mit einem besonderen Unterstützungsbedarf verbunden ist.

  • IFD verstehen sich als vernetzte, flexible und regionale Serviceanbieter zur passgenauen Vermittlung und Stabilisierung von Arbeitsverhältnissen. Im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit steht deshalb die persönliche und zuverlässige Beratung sowie Unterstützung von Arbeitsuchenden, Arbeitnehmern und Arbeitgebern.

  • IFD sind regional, d.h. in der Regel im zuständigen Bezirk der jeweiligen Agentur für Arbeit tätig.

AnsprechpartnerInnen und Adressen der IFD können bei der örtlichen Agentur für Arbeit oder den Integrationsämtern nachgefragt werden[1]. Die Integrationsämter sind dafür verantwortlich, dass ein "Mindestangebot" der IFD zur Beratung und Unterstützung vorgehalten wird (Strukturverantwortung).

Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen im vorliegenden Beitrag Menschen mit Psychiatrieerfahrungen, die durch den IFD bei der Aufnahme einer Beschäftigung bzw. bei der Sicherung ihres Arbeitsverhältnisses unterstützt werden. Die Auseinandersetzung zu Fragen der Aufnahme und Sicherung von Arbeit geschieht vor dem Hintergrund zunehmender psychischer Erkrankungen in der Bevölkerung im Allgemeinen und in der Arbeitswelt im Besonderen. Die Ursachen sind sicher vielfältig und sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld liegend (vgl. BUNGART 2005 / 2006).

Der Anteil psychischer Erkrankungen an den Frühberentungen hat sich seit 1985 nahezu verdreifacht. Die Studien der Krankenkassen belegen anhand ihrer Untersuchungen zur Arbeitsunfähigkeit übereinstimmend eine deutliche Zunahme psychischer Erkrankungen im Arbeitsleben. Psychische Erkrankungen liegen mit einem Anteil von 10% am Krankenstand mittlerweile an vierter Stelle der gemeldeten Erkrankungen bei Arbeitsunfähigkeit. Zwischen 25% und 33% der Befragten nennen starke Belastungen in den Bereichen Hektik, Zeit und Termindruck, hohes Arbeitstempo, große Arbeitsmengen, Konzentration, große Genauigkeit, Unterbrechung von angefangenen Arbeiten sowie Leistungsdruck und Erfolgszwang. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass hierbei Mehrfachbelastungen auftreten können und es ist zu vermuten, dass dies eher die Regel ist (vgl. VETTER/ REDMANN 2005). Belegt wird diese Entwicklung auch durch die Zunahme von Personen mit psychischen Erkrankungen in Werkstätten für behinderte Menschen (vgl. HAUTROP/ SCHEIBNER 2002, S. 9). Die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe weist beispielsweise in einer Mitteilung (Reformvorschläge 2005, September 2005) darauf hin, dass in einigen Regionen bis zu 50% der Neuanträge für WfbM von Menschen mit psychischen Erkrankungen gestellt werden.

Exkurs - Zahlen, Daten, Fakten

Auszüge aus dem aktuellen Jahresbericht der Integrationsämter belegen eindrücklich eine grundsätzlich erfolgreiche Arbeit der IFD (vgl. BIH 2008, S. 28 ff.):

Im Jahr 2007 verfügte Deutschland über ein flächendeckendes Netz von 236 Integrationsfachdiensten mit 1.364 Fachberatern. Die Integrationsfachdienste unterstützten insgesamt fast 90.000 Personen, von den knapp 60.000 intensiver begleitet wurden. Auch im Jahr 2007 stellten seelisch behinderte Menschen mit 26 Prozent immer noch die größte Klientengruppe der IFD. Während ihre absolute Zahl seit Jahren annähernd konstant war, ist ihr relativer Anteil rückläufig. Im Jahr 2003 lag er noch bei 40 Prozent, im Jahr 2005 bei 28 Prozent aller Klienten. Dagegen ist die Gruppe der Menschen mit einer Körperbehinderung, die im Bedarfsfall die Unterstützung der Integrationsfachdienste in Anspruch nahm, im gleichen Zeitraum von knapp 20 Prozent auf 35 Prozent angestiegen. Dies belegt einerseits, dass Integrationsfachdienste weiterhin für primär seelisch behinderte Menschen grundsätzlich erreichbar sind. Es zeigt anderseits aber auch, dass mit der angestiegenen Fallzahl die Beutung der Integrationsfachdienste für alle anderen Behinderungsarten, bei denen als mittelbare Behinderungsfolge psychosoziale Problemstellungen im Arbeitsleben auftreten können, gewachsen ist. Im Jahr 2007 konnten von den abgeschlossenen Vermittlungsfällen 34 Prozent der Klienten erfolgreich in ein Arbeitsverhältnis vermittelt werden. Durch die Leistungen der Integrationsfachdienste konnten im Jahr 2007 in 8.567 Fällen die Arbeitsverhältnisse gesichert werden, dies sind 73% aller abgeschlossenen Fälle.

Bevor die Arbeit der IFD anhand der praktischen Tätigkeiten dargestellt wird, erfolgt zuerst ein Überblick zu Entstehungshintergrund, gesetzlichen Grundlagen sowie allgemeinen Erfahrungen und Herausforderungen.



[1] siehe: http://www.integrationsaemter.de/webcom/show_page.php/_c-572/_nr-1/_lkm-840/i.html

Integrationsfachdienste - Der Entstehungshintergrund

IFD sind das Ergebnis einer längeren Entwicklung im Bereich der beruflichen Integration, die nach der Einführung des Schwerbehindertenrechts 1974 einsetzte. Es lassen sich zwei Entwicklungslinien unterscheiden:

Zum einen richteten die Hauptfürsorgestellen (heute: Integrationsämter) bereits Ende der 70er Jahre erste Modellprojekte für begleitende Hilfen im Arbeitsleben ein. Dieses Unterstützungsangebot wurde 1986 rechtlich abgesichert und es entstanden die Psychosozialen Fachdienste oder Berufsbegleitenden Dienste. Die Dienste erweiterten schon bald ihre Aufgabe der Stabilisierung des Arbeitsverhältnisses um den Bereich der Erst- und Wiedereingliederung, da nicht in jedem Fall, der Erhalt des Arbeitsplatzes möglich war. Zielgruppe waren in erster Linie Menschen mit psychischen Erkrankungen. Individuell abgestimmte Hilfen sollten die (Wieder-) Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit ermöglichen.

Zum anderen stellten - fast parallel - Einrichtungen wie z.B. (Sonder-) Schulen, Werkstätten für Behinderte und Berufsbildungswerke fest, dass berufsvorbereitende und qualifizierende Maßnahmen oft nicht ausreichten, um eine Vermittlung und Stabilisierung zu erzielen.

Daher wurde von einigen Einrichtungen eine weitergehende Unterstützung für den Übergang bzw. die Vermittlung in den betrieblichen Alltag entwickelt. Aktiv waren auch Eltern, die nach integrativen Arbeitsmöglichkeiten für ihre Kinder suchten. Zielgruppe dieser Dienste waren vor allem Menschen mit einer Lern- bzw. geistigen Behinderung.

Allen Diensten und Projekten war der Versuch gemeinsam, die institutionelle Trennung zwischen Vorbereitung, Vermittlung und Sicherung des Arbeitsverhältnisses aufzuheben und die Unterstützung auf die für Krisen anfälligen Schwellen und Übergänge auszuweiten. Die zunächst getrennt verlaufenden Entwicklungen beeinflussten sich später gegenseitig und erlangten in den 1990er Jahren eine größere Breitenwirkung. Schließlich wurden die Dienste nach verschiedenen Modellprojekten unter der Bezeichnung "Integrationsfachdienste" im Oktober 2000 im Schwerbehindertenrecht gesetzlich verankert.

Exkurs - Rückblick und Gegenwart

Der Psychosoziale Dienst (PSD) Köln nahm - als bundesweit erster Modellversuch - im Auftrag der Hauptfürsorgestelle (heute: Integrationsamt) bereits im September 1977 mit vier Fachkräften seine Tätigkeit auf (vgl. LVR 1983). Zielgruppe waren Menschen mit psychischen Behinderungen, da, wie es in der Einleitung heißt, Erfahrungen oder ausgebaute Systeme der beruflichen Rehabilitation - auch nach Inkrafttreten des Schwerbehindertengesetzes am 1. Mai 1974 - praktisch nicht vorhanden waren. Ansatzpunkte bildeten aber Arbeitsgemeinschaften und erste Übergangseinrichtungen im Umfeld psychiatrischer Kliniken.Ausgangspunkt des Modellversuchs waren Probleme der nachgehenden Hilfe im Arbeitsleben bei akuter Erkrankung der Arbeitnehmer: Ihnen drohte im Vergleich zu anderen sehr viel eher der Verlust des Arbeitsplatzes. Für die Übergangsphase bis zur erneuten Arbeitsfähigkeit waren deshalb, so die Annahme, individuell abgestimmte persönliche Hilfen und Hilfsangebote notwendig, gerade auch zur psychischen Stabilisierung.

Vergleichbares gilt auch 30 Jahre später und da das Notwendige noch immer nicht selbstverständlich ist, muss es offenbar erneut hervorgehoben werden: Die "Aktion Psychisch Kranke" zeigt auf, dass ein großer Teil längerfristig psychisch kranker Menschen ohne jegliches Arbeits- oder Unterstützungsangebot ist. Zudem ist für viele Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen eine Vollzeittätigkeit kein realistisches Ziel. Erforderlich sind deshalb auch Teilzeitbeschäftigungen, flexible Arbeitszeiten und "Überbrückungshilfen", z.B. im Vorfeld oder Anschluss an Qualifizierungsmaßnahmen. Letztere dienen zur Vermeidung von Destabilisierungen der Betroffenen. Insgesamt wird kritisch auf nach wie vor bestehende Barrieren beim (weiteren) Zugang zu erforderlichen und berechtigten Leistungen hingewiesen. Gefordert wird eine personenzentrierte und integrierte Hilfeplanung (statt einer maßnahme- und einrichtungsbezogenen Organisation) unter Beteiligung aller im Einzelfall zuständigen Leistungsträger. Hilfen müssen wohnortnah verfügbar sein und entsprechend den Erfordernissen des Einzelfalls abgestimmt erbracht werden. Zentrales Konzept ist der integrierte Behandlungs und Integrationsplan. Hervorgehoben wird auch die Notwendigkeit einer koordinierenden Bezugsperson bei der Umsetzung der Hilfeplanung, damit eine gesicherte "Verzahnung" zwischen medizinischer, sozialer und beruflicher Rehabilitation erfolgt (vgl. AKTION PSYCHISCH KRANKE 2005).

Bereits in den Anfängen der Fachdienste wurde davon ausgegangen, dass für einen größeren Teil der Betroffenen diese Hilfen ambulant angeboten werden könnten. Ziel war somit zu prüfen, ob durch geeignete Hilfen sowohl eine schnellere Wiedereingliederung als auch die Verhinderung erneuter vermeidbarer Erkrankung möglich sei.

Schon 1979 erfolgte eine Ausweitung der Tätigkeit um die Suche nach geeigneten Arbeitsplätzen, da der Verlust des Arbeitsverhältnisses nicht in jedem Fall verhindert werden konnte. Doch trotz der Zusammenarbeit zwischen Arbeitsamt, PSD, Haupt- und Fürsorgestelle wird kritisch angemerkt, dass der Erfolg begrenzt blieb. Als Ursache werden vor allem die schwierige Arbeitsmarktsituation und Vorurteile von Arbeitgebern und Kollegen angeführt. Es ist im Vergleich zu heute erkennbar, dass die Ursachenanalysen unabhängig von der jeweils tatsächlichen Beschäftigungs- und Arbeitslosenquote (schwer-) behinderter Menschen weitgehend übereinstimmen. Dies deutet darauf hin, dass die steuerbaren Faktoren wie Unterstützungsressourcen, regionale Strukturen und methodisches Vorgehen offenbar die entscheidenden Einflussgrößen darstellen.

Eine individuelle "Ansprache" der Betriebe - heute würde wohl eher der Begriff Akquisition benutzt - wird deshalb einer allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit unbedingt vorgezogen. Dies hat bis heute Gültigkeit.

Insgesamt wird die Arbeit des PSD positiv bewertet, obwohl kritisch festgehalten wird, dass die Hauptfürsorgestelle der Meinung ist, dass bisher nicht überzeugend nachgewiesen wurde, dass besondere fachliche Hilfe besser von einem freien Träger aus geleistet werden kann als von der Verwaltung oder von werkseigenen Diensten. Ein z.T. auch heute sehr enges Verständnis der Kontrolle freier Träger durch die Integrationsämter lässt vermuten, dass diese Skepsis noch immer nicht ganz ausgeräumt wurde.

Gesetzliche Grundlagen

Die rechtliche Basis der IFD ist das SGB IX (§§ 109-115 SGB IX; i.V.m. § 102 Abs. 3 SGB IX: begleitende Hilfen), in welches das ehemalige Schwerbehindertenrecht als Teil 2 integriert wurde. Aufgrund der übergeordneten Zielsetzung des SGB IX sollen somit die IFD zur Förderung der "Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft" von Menschen mit Behinderungen beitragen (§ 1 SGB IX).

Die Auftraggeber

Die IFD werden im Auftrag der Integrationsämter oder der Rehabilitationsträger tätig (§ 111, Abs. 1 SGB IX). Zu letzteren gehören - neben der Bundesagentur für Arbeit (BA) - die Träger

  • der Unfallversicherung,

  • der Rentenversicherung,

  • der Kriegsopferversorgung und Kriegsopferfürsorge,

  • der öffentlichen Jugendhilfe sowie

  • der Sozialhilfe.

Weiterhin bleiben die Bundesagentur für Arbeit, die Argen und optierenden Kommunen für die Vermittlung arbeitsloser schwerbehinderter Menschen Auftraggeber der IFD.

Die Zielgruppe

Die Zielgruppe des IFD ist wie folgt definiert (§ 109 SGB IX):

  1. Schwerbehinderte Menschen mit einem besonderen Bedarf an arbeitsbegleitender Betreuung.

  2. Schwerbehinderte Menschen aus Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM), die auf aufwändige, personalintensive und individuelle arbeitsbegleitende Hilfen angewiesen sind.

  3. Schwerbehinderte Schulabgänger, die auf die Unterstützung eines IFD angewiesen sind.

  4. Berufliche Eingliederung von behinderten Menschen, die nicht schwerbehindert sind. Hierbei wird den besonderen Bedürfnissen seelisch behinderter oder von einer seelischen Behinderung bedrohter Menschen Rechnung getragen.

IFD sind somit für behinderte Menschen mit einem "besonderen Bedarf an arbeits- und berufsbegleitender Betreuung" zuständig. Gemeint sind damit Behinderungen, die sich "besonders nachteilig im Arbeitsleben auswirken"; allein oder zusammen mit weiteren vermittlungshemmenden Umständen (Alter, Langzeitarbeitslosigkeit, unzureichende Qualifikation, Leistungsminderung).

Das Leistungsangebot

Die Aufgaben des IFD sind aufgrund von Zielsetzung und Zielgruppe umfassend formuliert (§ 110 Abs. 2 SGB IX). Insgesamt erstreckt sich die Tätigkeit der IFD auf die Phasen Vorbereitung, Einarbeitung, Stabilisierung und Sicherung des Arbeitsverhältnisses. In diesem Zusammenhang beraten und unterstützen die IFD sowohl schwerbehinderte Menschen als auch Arbeitgeber. Zu dem Aufgabenprofil gehört insbesondere:

  1. Erstellen eines individuellen Fähigkeits-, Leistungs- und Interessenprofils

  2. Unterstützung der Arbeitsagentur bei der Berufsorientierung und -beratung in den Schulen

  3. Begleitung der betrieblichen Ausbildung schwerbehinderter Jugendlicher

  4. Geeignete Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erschließen

  5. Schwerbehinderte Menschen auf die vorgesehenen Arbeitsplätze vorbereiten

  6. Schwerbehinderte Menschen am konkreten Arbeitsplatz begleiten

  7. MitarbeiterInnen im Betrieb oder in der Dienststelle informieren und beraten

  8. Nachbetreuung, Krisenintervention und psychosoziale Betreuung

  9. Kontinuierlicher Ansprechpartner für Arbeitgeber, u.a. zur Klärung möglicher Leistungen

  10. Leistungsklärung in Zusammenarbeit mit Rehabilitationsträgern und Integrationsämtern

Kooperationspartner und Vernetzung

§ 111 Abs. 3 SGB IX beschreibt die zentralen Kooperationspartner, mit denen der IFD - je nach Bedarf im Einzelfall - zusammenarbeiten soll. Zu nennen sind insbesondere:

  • Arbeitsagentur und Integrationsamt

  • zuständige Rehabilitationsträger, z.B. die Berufshelfer der gesetzlichen Unfallversicherung

  • und die Rehabilitationsfachkräfte der Rentenversicherung

  • Arbeitgeber und Schwerbehindertenvertretung

  • abgebende Einrichtungen wie

  1. Schulen

  2. Berufsbildungs- und Berufsförderungswerke

  3. Werkstätten für behinderte Menschen sowie

  4. andere Einrichtungen der beruflichen Bildung und Rehabilitation

  • Handwerks-, Industrie- und Handelskammern sowie die berufsständigen Organisationen

Qualitätssicherung und -entwicklung

Zur Qualitätssicherung- und -entwicklung dokumentiert der IFD Verlauf und Ergebnisse seiner Arbeit und legt gegenüber seinen Auftraggebern jährlich eine zusammenfassende Darstellung vor (§§ 111 Abs. 4 und 114 SGB IX). Zudem enthält § 112 SGB IX die fachlichen Grundanforderungen für Integrationsfachdienste. Entsprechend dieser gesetzlichen Vorgaben wurde von den Integrationsämtern zum einen das Dokumentationssystem KLIFD bundesweit eingeführt. Zum anderen arbeitet der IFD nach bundesweit einheitlichen Qualitätsstandards (KASSYS), an deren Entwicklung die BAG UB beteiligt war (www.kassys.org).

Exkurs - Das Konzept Unterstützte Beschäftigung

Unter der Bezeichnung "Supported Employment" und basierend auf den Ideen des "Normalisierungsprinzips" wurde in den USA seit Ende der 70er Jahre ein Konzept zur beruflichen Integration von Menschen mit Behinderung entwickelt und 1984 gesetzlich verankert. Zielgruppe waren zuerst vor allem Menschen mit Lernschwierigkeiten, denen Alternativen zu den Werkstätten für behinderte Menschen eröffnet werden sollten. Zunehmend wurde das Konzept auch auf die Gruppe der Menschen mit psychischen Erkrankungen übertragen (vgl. RÜST/ DEBRUNNER 2005, S. 36; EIKELMANN u.a. 2005).

Die Ausgangsfrage bei der Entwicklung des Konzeptes war nicht ob, sondern wie die Teilhabe für Menschen auch mit schweren Beeinträchtigungen gesichert werden kann. Dies verweist darauf, dass Aspekte wie Menschenbild, methodisches Vorgehen, zur Verfügung stehende Ressourcen sowie koordinierte regionale Strukturen als bedeutsame und steuerbare Wirkungsfaktoren besonders zu berücksichtigen sind.

Eine besondere Bedeutung hat dabei das Prinzip "erst platzieren, dann qualifizieren". Dies bedeutet, dass die Qualifizierung nicht in überbetrieblichen Einrichtungen erfolgt, sondern zu allererst direkt am Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dahinter stehen Beobachtungen, dass manche Menschen mit Behinderungen Probleme haben, die in überbetrieblichen Situationen gelernten Kenntnisse und Fertigkeiten auf die konkrete betriebliche Praxis zu übertragen. Zur weiteren Unterstützung können sog. "Job Coaches" (ArbeitsbegleiterInnen) eingesetzt werden.

Job Coaching umfasst neben der Unterstützung bei der Einarbeitung am Arbeitsplatz auch die Beratung bei der sozialen Integration im Betrieb. Dies geschieht durch speziell geschulte Fachkräfte (Job Coaches), die jeweils nach Bedarf sowohl für ArbeitnehmerInnen bzw. PraktikantInnen als auch für Arbeitgeber (KollegInnen und Vorgesetzte) zur Verfügung stehen.

"Gerade psychisch behinderten Menschen hilft das Job-Coaching-Konzept auch im sozialen und kommunikativen Bereich. Schwierigkeiten im Umgang - etwa Ängste, auf andere zuzugehen, können in aller Regel durch zeitweiligen fachkundigen Beistand im Betrieb gut angegangen werden. Die Kolleginnen und Kollegen, die oft unsicher im Umgang mit psychisch Behinderten sind, können beraten werden" (LWL 1997, S. 11). Die Inhalte des "Job Coaching" sind grundsätzlich in der Aufgabenbeschreibung des IFD enthalten (vgl. § 110 Abs. 2 Nr. 4). Bisher wird jedoch nur in wenigen Regionen der Baustein "Job Coaching" durch die Leistungsträger finanziert.[2]

Zusammengefasst können folgende Prinzipien und Aufgaben im Konzept der Unterstützten Beschäftigung benannt werden:

  • Unterstützte Beschäftigung zielt auf dauerhafte und bezahlte Arbeit in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes, unabhängig von Art und Schwere der Behinderung, auch dann, wenn kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis erreicht werden kann.

  • Übergeordnete Ziele von Unterstützer Beschäftigung sind die gesellschaftliche Teilhabe sowie die Sicherung von Wahlmöglichkeiten und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen.

  • Unterstützte Beschäftigung ist eine ambulante Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben. Sie umfasst die berufliche Vorbereitung (individuelle Berufsplanung), die Arbeitsplatzbeschaffung und Vermittlung, die Qualifizierung am Arbeitsplatz (Job Coaching) und die langfristige Stabilisierung des Arbeitsverhältnisses.

  • Unterstützte Beschäftigung orientiert sich an den individuellen Fähigkeiten und dem Unterstützungsbedarf der ArbeitnehmerInnen mit Behinderung sowie den konkreten Anforderungen von Arbeitsplätzen (Erarbeitung und Abgleich von Fähigkeits- und Anforderungsprofilen).

  • Die Unterstützung wird so lange wie erforderlich aufrechterhalten.

Ein externer Fachdienst initiiert und begleitet den gesamten Prozess in enger Abstimmung mit den Beschäftigten, Betrieben und weiteren relevanten Akteuren im Umfeld (z.B. Schulen, Bildungsanbieter, Werkstätten für behinderte Menschen) (vgl. DOOSE 2007).

Aufgrund dieser Definition, die sich an europäischen Standards zur Unterstützten Beschäftigung orientiert (www.bagub.de/ub/ub_quali.htm), wird deutlich, dass das Konzept Unterstützte Beschäftigung umfassender ist als die geplante Gesetzesgrundlage "Unterstützte Beschäftigung" des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Dennoch sind dort verschiedene Elemente des Konzepts aufgenommen, wobei das Job Coaching und die Möglichkeit längerfristiger Begleitung auch nach Abschluss eines Arbeitsvertrages sicher einen zentralen Stellenwert haben. Zu den Unterschieden zwischen der Gesetzesgrundlage und dem Konzept Unterstützte Beschäftigung siehe die Stellungnahmen der BAG UB unter www.bagub.de/ub/ub_interessenver.htm.



[2] Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Integrationsamt) hat zum Thema "Job Coaching" (betriebliches Arbeitstraining) eine Internetplattform mit verschiedenen Informationen, Materialien und einem Austauschforum eingerichtet. Dort finden sich auch Hinweise zu Konzept und Finanzierungsmöglichkeiten: www.jobcoaching.de.

Erfahrungen und konzeptionelle Grundlagen

Bei der Betrachtung der Aufgabenbeschreibung der IFD wird deutlich, dass viele Elemente aus dem Konzept der Unterstützen Beschäftigung übernommen wurden (s.u. Exkurs). Damit sind die elementaren Bausteine der beruflichen Integration benannt, deren Wirksamkeit in verschiedenen empirischen Untersuchungen nachgewiesen wurde. Anhand dieser Ergebnisse können die zentralen Erfolgskriterien einer dauerhaften Vermittlung in den allgemeinen Arbeitsmarkt - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - folgendermaßen beschrieben werden:

  • niedrigschwelliger Zugang zu den Diensten

  • Motivation und Beratung der Arbeitsuchenden

  • optimale Passung von Anforderungen und Fähigkeiten

  • Möglichkeiten zur betrieblichen Erprobung, wie z.B. Praktika

  • individuelle Arbeitsplatzgestaltung

  • lösungsorientierte Beratung von Betrieben

  • flexible und zeitnahe Krisenintervention

  • zielgerichtete Vernetzung mit den relevanten regionalen Akteuren

  • Stabilisierung durch bedarfsorientierte und weitergehende Unterstützung

Der zusätzliche "Nutzen" der IFD innerhalb des Rehabilitationssystems besteht darin, dass Integrationsfachdienste schnittstellenübergreifend arbeiten. Dazu eignet sich vor allem das Konzept des Fall- bzw. Casemanagement. Fallmanagement basiert im Wesentlichen auf der optimalen Zusammenführung verschiedener Leistungen zu einem gemeinsamen Ziel. Eine solche "Prozessoptimierung" ermöglicht ein effektives und flexibles Vorgehen im Einzelfall. Dabei sind Arbeitsuchende bzw. ArbeitnehmerInnen sowie private und öffentliche Arbeitgeber die zentralen "KundInnen" der IFD. Fallmanager sorgen aufgrund ihrer Fachlichkeit für einen effizienten Informationsaustausch zwischen den Beteiligten und eine enge "Verzahnung" der erforderlichen Unterstützungsleistungen.

Im Folgenden wird über die praktische Arbeit der IFD berichtet - zuerst für den Bereich Vermittlung und anschließend für den Bereich Begleitung für Menschen mit Psychiatrieerfahrung. Abschließend werden aktuelle Hemmnisse und zukünftige Herausforderungen in der Arbeit der IFD betrachtet.

Integrationsfachdienst - Vermittlung für Menschen mit Psychiatrieerfahrung

Zielgruppe

Im Bereich der Vermittlung ist das Vorliegen eines Schwerbehindertenausweises oder einer Gleichstellung (oder einer Zusage zu einer Gleichstellung) eine der Zugangsvoraussetzungen. Weiterhin ist ein Vermittlungsgutschein (VGS) der Agentur für Arbeit, der Arbeitsgemeinschaften und / oder einer Optierenden Kommune (§ 421 g SGB III) notwendig oder der Ratsuchende kann im Rahmen vereinbarter Kontingente (z.B. § 37 SGB III) den IFD in Anspruch nehmen.

Eine andere Möglichkeit des Zugangs ist die Zuweisung durch einen Träger, der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbringt (§§ 5 und 6 SGB IX), z.B. Deutsche Rentenversicherung, Bundesknappschaft, Berufsgenossenschaft. Voraussetzung ist hier die Beantragung einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben bzw. der beruflichen Rehabilitation. In einigen Regionen gibt es auch ein vereinfachtes Verfahren zur Beauftragung der IFD durch den Leistungsträger.

Niedrigschwelliger Zugang, erste Kontaktaufnahme zum IFD

Die Integrationsfachdienste ermöglichen einen sog. "niedrigschwelligen Zugang". Fragestellungen zu den Themenbereichen "Arbeit" und "(gesundheitliche) Beeinträchtigung" können an den Dienst gestellt werden. Bei Arbeitsuchenden ist der Integrationsfachdienst in der Region des Wohnorts zuständig, im Einzelfall kann es auch der IFD im Bereich des gewünschten Arbeitsortes sein.

Für eine intensivere Begleitung muss dann ein Leistungsträger gefunden werden, der den IFD beauftragt. Bei der Abklärung, welcher Leistungsträger im Einzelfall zuständig ist, wird der Arbeitssuchende unterstützt.

Weiterhin wird beim ersten Gespräch im IFD geklärt, welche Wünsche, Vorstellungen und Fähigkeiten der Arbeitssuchende mitbringt. Die Dienste sind entweder behinderungsspezifisch organisiert oder es gibt Fachberater, die spezielle Kenntnisse haben über bestimmte Behinderungsarten. Somit ist auch gewährleistet, dass der Psychiatrie erfahrene Arbeitssuchende auf einen Ansprechpartner trifft, der Verständnis für seine besondere Situation hat und mögliche Schwierigkeiten im Arbeitsleben kennt.

Aufnahme der Betreuung

Nach Rücksprache mit dem zuständigem Leistungsträger, Antragstellung und Gewährung der Teilhabe am Arbeitsleben bzw. Erteilung eines Vermittlungsgutscheins oder einer Zuweisung nach § 37 SGB III schließen der IFD und der Ratsuchende einen Vertrag zur Vermittlung.

Zunächst wird eine Zielvereinbarung geschlossen. Hier wird zusammengefasst, welche Unterstützungsleistung der IFD erbringt und welche Aufgaben der Arbeitssuchende übernimmt. Die Verteilung der Aufgaben hängt von den Fähigkeiten des Ratsuchenden, den Vorerfahrungen, den behinderungsbedingten Einschränkungen und anderen Faktoren ab.

Vorbereitung der Vermittlung

Im nächsten Schritt werden vorhandene Bewerbungsunterlagen gesichtet, evtl. aktualisiert oder auch erstmalig erstellt. Gerade bei Menschen mit Psychiatrieerfahrung müssen z.B. die Vor- und Nachteile eines offenen Umgangs mit der Beeinträchtigung abgewogen werden und mit den BewerberInnen eine persönliche Haltung zu diesem Thema erarbeitet werden. "Lücken" im Lebenslauf, die durch längere Krankheitsphasen mit entsprechenden Unterbrechungen in der Berufstätigkeit entstanden sind, können bei potentiellen Arbeitgebern Fragen aufwerfen. Im Vorwege sollten sich die BewerberInnen im Klaren sein, wie sie damit umgehen wollen. Auch dies ist ein Prozess, der in der Beratung durch den IFD unterstützt wird.

Die beruflichen Fähigkeiten, Vorstellungen und Wünsche bzgl. des neuen Arbeitsplatzes und z.B. Sorgen und Ängste wegen der Leistungsfähigkeit werden besprochen und soweit möglich geklärt. Es ist häufig ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung vor der Arbeitsaufnahme, wenn in einer verständnisvollen Gesprächsatmosphäre auch belastende Themen angesprochen werden können.

Beispiel

In Gesprächen mit BewerberInnen geht es unter Berücksichtigung der vermuteten oder bereits bekannten Leistungseinbußen um die Klärung beruflicher Möglichkeiten:

  • Da entwickelt die Arbeit suchende OP Schwester die Idee, sich einen Arbeitsplatz auf einer Station im Krankenhaus zu suchen, um sich nicht länger dem enormen Druck und der großen Verantwortung im Operationssaal auszusetzen.

  • Der gelernte Koch erkennt den hohen Stress durch die beruftypischen Arbeitszeiten seines Berufes und findet heraus, dass er sich dem nicht mehr aussetzen möchte. Er beginnt gemeinsam mit dem IFD Pläne zu entwickeln, in welchen Arbeitsbereichen sowohl seine erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten gefragt sind und er sich gleichzeitig nicht mehr den familienfeindlichen Arbeitszeiten seines Berufes aussetzen muss. Er hat gemerkt, dass die Familie ein wichtiger Faktor für sein inneres Gleichgewicht ist.

Die unterschiedlichen Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen ist ein typisches Merkmal dieser ersten Gespräche im IFD. Hier beschreiben die Arbeitssuchenden ihre Potentiale und Fähigkeiten, beleuchten kritisch die Schwachpunkte und setzten sich mit den damit verbundenen Folgen vor einer Arbeitsaufnahme auseinander.

Nach der ersten Phase des Klärens und Abwägens ergibt sich ein deutlicheres Bild des möglichen Arbeitsplatzes. Es können natürlich auch Ideen von ÄrztInnen, Familienangehörigen, TherapeutInnen usw. einfließen.

Akquise

Der IFD und der Arbeitssuchende beginnen nun mit der Suche nach einem Arbeitsplatz. Die Aufgaben werden zwischen IFD und Arbeitssuchendem auf- geteilt. Das Telefonbuch, die Gelben Seiten, das Internet und Zeitungen sind mögliche Quellen für Arbeitsplätze. Der IFD verfügt ebenfalls über eine Vielzahl Betriebskontakte, die im Rahmen der Suche systematisch ausgewertet werden. Regelmäßige Absprachen über den Verlauf der Suche, aber auch Gespräche über Erkenntnisse, neuerliche Bedenken, veränderte Vorstellungen usw. sind in dieser Phase der Suche sehr wichtig.

Betriebliche Praxis

Eine Möglichkeit betrieblicher Praxis z.B. bei unklarer beruflicher Orientierung, großer Unsicherheit über die Leistungsfähigkeit oder dem Wunsch sich in einem neuen beruflichen Bereich durch praktische Erfahrung eigene Eindrücke zu verschaffen, besteht in so genannten Orientierungspraktika. Hier steht in der Regel kein Arbeitsplatz zur Verfügung. Ein Betrieb erklärt sich bereit, einem Bewerber die Möglichkeit des Ausprobierens und der Erfahrung zu geben. Diese beruflichen Erfahrungen werden für die weitere Suche ausgewertet.

Beispiel

Ein 43 Jahre alter Maurer, der wegen einer psychischen Erkrankung aber auch wegen seiner fortschreitenden Knieprobleme unsicher ist, ob er weiterhin auf Baustellen arbeiten kann und will, lernt im Rahmen eines Orientierungspraktikums die Arbeitsbedingungen bei einem Baustoffhändler kennen. Hier werden sowohl seine Wünsche nach einem Arbeitsplatz im Freien als auch seine Vorstellungen über einen festen Arbeitsort erfüllt, außerdem kann er sein Fachwissen anwenden. Es zeigt sich aber, dass der Arbeitsplatz für seine Knieproblematik ungünstig ist. Eine weitere Orientierung schließt sich an.

Wird ein Betrieb gefunden, der den Zielvorstellungen des Arbeitssuchenden und des IFD entspricht, wird eine Kontaktaufnahme verabredet. Sowohl der Arbeitssuchende allein als auch gemeinsam mit der IFD Fachperson wie evtl. auch nur der IFD können den ersten Kontakt zum Betrieb herstellen. Die Entscheidung hierüber wird gemeinsam getroffen oder ist schon zu einem früheren Zeitpunkt vereinbart worden.

Beim ersten Kontakt mit dem Arbeitgeber wird zunächst geklärt, welche Anforderungen mit dem Arbeitsplatz verbunden sind. Stimmen sie mit den Fähigkeiten des/der BewerberIn zumindest grundsätzlich überein, folgt evtl. die Vereinbarung, ein Praktikum, eine Trainingsmaßnahme oder eine Probebeschäftigung durchzuführen. Diese Zeit dient dem/der BewerberIn und dem Arbeitgeber, sich ein klares Bild darüber zu machen, ob Ansprüche und Fertigkeiten langfristig zueinander passen. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, sich einen intensiven Eindruck über das Betriebsklima zu machen und der/die BewerberIn hat die Gelegenheit zu zeigen, was er/sie zu leisten vermag.

Die IFD Fachperson wird die Erprobungszeit im Betrieb begleiten. Sie macht sich einen Eindruck über die Passgenauigkeit von BewerberIn und Arbeitsplatz, zeigt Trainingsbedarfe und Lernmöglichkeiten auf, begleitet persönlich oder durch Beauftragung eines Job Coaches die notwendigen Lernschritte. Sie berät den Arbeitgeber bzgl. Fragen zu der Beeinträchtigung des Bewerbers, Fördermöglichkeiten durch den Leistungsträger u.a.. Weiterhin führt sie reflektierende Gespräche mit dem/der BewerberIn über dessen/deren Eindrücke, Wünsche, Befürchtungen und Unsicherheiten.

Beispiel

Eine 49 Jahre alte Bürokauffrau findet Interesse an einer Verwaltungstätigkeit im Amtsgericht. Im Rahmen einer Trainingsmaßnahme zeigt sich, dass ihre psychische Beeinträchtigung in Form einer Zwangserkrankung bei der Ausführung der Aufgaben hinderlich ist. Es gelingt ihr immer wieder nicht, bearbeitete Akten tatsächlich abzuschließen und an die zuständige Kollegin weiter zu geben. Immer wieder kontrolliert sie, ob sie ihre Aufgabe korrekt erfüllt hat. Unter Hinzuziehung einer Ergotherapeutin "trainiert" sie direkt am Arbeitsplatz einen Ablauf bei der Bearbeitung, der ihr hilft, ihre Arbeiten zeitgerecht abzuschließen.

Im besten Fall stellt sich eine Übereinstimmung zwischen Anforderungen, Fähigkeiten und Wünschen der beteiligten Parteien heraus. Der IFD klärt finanzielle Leistungen zur Arbeitsaufnahme (z.B. Eingliederungszuschuss, Einrichtung eines behinderungsgerechter Arbeitsplatzes) durch den zuständigen Leistungsträger.

Die Unterschriften unter einem Arbeitsvertrag sind dann zunächst der gelungene Abschluss der gemeinsamen Bemühungen.

Wenn sich heraus stellt, dass Arbeitsplatz und BewerberIn nicht zueinander passen, wird die Suche fortgesetzt. Die Erfahrungen aus der betrieblichen Praxis werden ausgewertet und finden bei der weiteren Suche Berücksichtigung.

Zusätzliche Erkenntnisse

Das Hauptziel der Beratung durch den IFD ist das Finden eines geeigneten Arbeitsplatzes. Im Laufe der Beratung werden Erfahrungen und Erkenntnisse ausgewertet und die ursprüngliche Zielplanung fortgeschrieben. Auch wenn zunächst ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis angestrebt wird, kann sich im Laufe der Beratung eine Veränderung in der Zielbeschreibung ergeben. Zum Beispiel scheint als nächster Schritt eine Arbeit im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung das geeignete Ziel zu sein. In dieser Form zunächst eine weitere Stabilisierung herbeizuführen, kann den Auftrag "Vermittlung" zunächst beenden. Ebenso kann die Zusammenarbeit mit dem IFD dazu beitragen, eine zeitlich befristete Rente oder eine Teilrente anzustreben.

Alle Entwicklungen und Erkenntnisse sind persönliche Erfolge für die Arbeitssuchenden, die sich über ihre Wünsche, Vorstellungen und Ausrichtung Klarheit verschafft haben. Später können sich wieder Bemühungen um einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz anschließen. Zwischenzeitlich kann z.B. das Ausüben eines Ehrenamtes eine sinnvolle Alternative sein, die den Vorstellungen entgegenkommt.

Integrationsfachdienst - Begleitung für Menschenmit Psychiatrieerfahrung

Zielgruppe

Für die Aufnahme im IFD Begleitung müssen ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestehen und eine anerkannte Schwerbehinderung oder Gleichstellung vorliegen (§ 2 Abs. 2 und 3 SGB IX). In diesen Fällen übernimmt das Integrationsamt die Kosten der Begleitung. Darüber hinaus können behinderte Personen den IFD in Anspruch nehmen, wenn ein Träger der Rehabilitation den IFD beauftragt und finanziert (§ 2 Abs. 1 SGB IX). Bei der Abklärung, welcher Leistungsträger im Einzelfall zuständig sein könnte, unterstützt der IFD.

Aufsuchen des IFD

Die Integrationsfachdienste ermöglichen einen sog. "niedrigschwelligen Zugang". Das bedeutet, dass zunächst jede Person, die Fragestellungen zum Thema "Arbeit" und "(gesundheitliche) Beeinträchtigung" hat, sich an die Dienste wenden kann. Um eine intensivere Begleitung ermöglichen, müssen einige persönliche Voraussetzungen erfüllt sein (s. Zielgruppe).

Um den IFD Begleitung im Rahmen einer psychischen Erkrankung oder Krise aufzusuchen, können unterschiedliche Gründe vorliegen.

a. Wiederaufnahme der Beschäftigung

Nach einer psychischen Erkrankung, einer schweren seelischen Krise, die mit einer Arbeitsunfähigkeit einhergegangen ist, kann es bei zunehmender Gesundung und Stabilisierung zu Unsicherheiten vor der Wiederaufnahme der Arbeit kommen. Scham und Ängste wegen der Erkrankung gegenüber den KollegInnen, Unsicherheit über die eigene, Belastbarkeit, Angst vor Bedenken und evtl. Vorurteilen von Vorgesetzen und vieles mehr können den Schritt zurück in die gewohnte Arbeitsumgebung, scheinbar unmöglich machen. Bei den ersten Überlegungen an die Rückkehr an den Arbeitsplatz kann der IFD hinzugezogen werden. Dies kann angeregt werden durch den behandelnden Arzt, durch die (Tages-) Klinik oder andere beteiligte Institutionen, jederzeit ist natürlich der Zugang für die ratsuchende Person selbst möglich.

b. Gestaltung behinderungsbedingter Arbeitsbedingungen

Ein weiterer Grund kann das eigene Erleben sein, den Anforderungen des Arbeitsplatzes mindestens zeitweise nicht mehr oder nur eingeschränkt nachkommen zu können, z.B. durch Leistungseinbrüche, Konzentrationsschwierigkeiten, das Gefühl sozialer Isolation am Arbeitsplatz, Ängste vor der Zukunft, vermehrt Tage der Arbeitsunfähigkeit. All dies kann zu schweren inneren Spannungen und damit verbunden zu psychischen Krisen führen. Eine aktive Gestaltung des veränderten Arbeitsvermögens kann als große Entlastung erlebt werden.

Beispiel

Nach einer schweren psychischen Erkrankung (bipolare Störung) kehrt ein Techniker an seinen Arbeitsplatz zurück. Da er mit gefährlichen Gütern hantieren muss, fühlt er sich sehr verunsichert, ob er dieser Verantwortung weiterhin nachkommen kann. In der manischen Phase seiner Erkrankung hat er seine Entscheidungsspielräume nicht einhalten können und es konnte nur durch die Aufmerksamkeit einer Kollegin verhindert werden, dass er durch sein unsachgemäßes Umgehen mit Chemikalien Menschen gefährdete. Diese Befürchtungen konnten in einem gemeinsamen Gespräch zwischen IFD Mitarbeiter, dem Vorgesetzten und dem Ratsuchendem angesprochen werden und es wurde im Betrieb eine Kontrollmöglichkeit für den Arbeitnehmer eingeplant, so dass er jederzeit sein sachgerechtes Umgehen selbst kontrollieren kann.

c. Hinzuziehung bei Kündigungsbegehren des Arbeitgebers

Ein Kündigungsbegehren des Arbeitgebers kann ebenfalls Anlass sein, den IFD aufzusuchen. Hier kann es auch zu einer Hinzuziehung des IFD durch das Integrationsamt / die Fürsorgestelle kommen. Ein Einbeziehen zu diesem Zeitpunkt ist häufig geprägt durch die scheinbar aussichtslose Situation der ArbeitnehmerInnen, gegen den Wunsch des Arbeitgebers vorzugehen. Hier ist vor allen Dingen das Geschick der IFD Fachperson gefragt, die Wünsche und Vorstellungen aller Beteiligten zu erfassen und einen für alle gangbaren Weg / Kompromiss vorzuschlagen. Allgemein gilt: Je früher die Inanspruchnahme erfolgt, umso größer sind die Möglichkeiten der erfolgreichen Interventionen zur Erhaltung des Arbeitsplatzes.

d. Umsetzung im Betrieb

Ein weiterer Anlass, den IFD hinzuzuziehen ist eine Umsetzung im Betrieb. Dies könnte auch eine Maßnahme sein, einem Kündigungsbegehren des Arbeitgebers entgegen zu wirken. Bei der Umsetzung gelten ähnliche Regeln wie bei der Neubesetzung einer Stelle. Es muss immer beachtet werden, dass die betroffenen ArbeitnehmerInnen in der Lage sein müssen, den inhaltlichen und fachlichen Anforderungen des Arbeitsplatzes nachkommen zu können. Ein sorgfältiges Erheben der Fähigkeiten, abgeglichen mit den Anforderungen des möglichen neuen Arbeitsplatzes, ist die erste Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung. Weiterhin spielen aber auch die sozialen Komponenten eines Arbeitsplatzes eine große Rolle. MitarbeiterInnen könnten die Umsetzung evtl. als Kränkung erleben, die neue Aufgabe löst Ängste bzgl. der eigenen Fähigkeiten aus, es tauchen Sorgen auf, die "neuen" KollegInnen könnten Vorurteile haben bzgl. der Umsetzungsgründe (vorauseilende "Geschichte" über den Kollegen) usw.. Diese Themen im Blick zu haben und bei der Entscheidungsfindung mit einzubeziehen, ist ein weiterer Teil der Unterstützungsarbeit des IFD.

e. Stabilisierung eines neuen Arbeitsverhältnisses

Eine weitere Möglichkeit der Beauftragung besteht nach einer erfolgreichen Vermittlung durch den IFD. Nachdem ein passender Arbeitsplatz gefunden, der Vertrag geschlossen und die Arbeit aufgenommen ist, begleitet der IFD noch bis zu 6 Monaten die neuen MitarbeiterInnen und die Betriebe. Es kann im Anschluss daran, aber auch schon während der Probezeit, Bedarf an intensiverer Begleitung geben. Hier sind beispielsweise Unsicherheiten der ArbeitnehmerInnen bzgl. sozialer und fachlicher Kontakte mit KollegInnen und Vorgesetzten, Fragen zum Erwerb weiterer sozialer wie beruflicher Kompetenzen u.ä. zu nennen. Auch Arbeitgeber können die Unterstützung aus einer Hand in Anspruch nehmen. Dabei gilt: Vermittlung und Begleitung durch bekannte AnsprechpartnerInnen.

Ablauf

Zunächst vereinbart die ratsuchende Person oder auch die zu dem Zeitpunkt zuständige Institution telefonisch einen Termin. In einem ersten Gespräch wird, herausgefunden, ob der IFD die geeignete Hilfsmöglichkeit bietet. Ein wichtiger Grundsatz der Zusammenarbeit im IFD ist, dass die ratsuchende Person zur Selbsthilfe befähigt werden soll, was ein gewisses Maß an Bereitschaft zur Kooperation erfordert. Wenn diese Vorstellungen geteilt wird, kann gemeinsam der potentielle Leistungsträger identifiziert werden. Hier liegt sicher eine Schwierigkeiten für die Zusammenarbeit mit dem IFD. Die ratsuchende Person kommt mit seinen Problemen, Ängsten und Unsicherheiten, öffnet sich in einem vertrauensvollen Gespräch dem Mitarbeiter des IFD und muss dann erleben, dass erst nach Prüfung der Kostenübernahme, durch einen Leistungsträger eine weitere intensive Begleitung möglich ist. Dies ist unproblematisch, wenn die Person einen Schwerbehindertenausweis oder eine Gleichstellung mitbringt, da in diesen Fällen das Integrationsamt als Kostenträger, eintritt. Die ArbeitnehmerInnen, die die o.g. Bedingungen nicht erfüllen, müssen sich mit dem IFD auf die (häufig aufwendige) Suche nach einem Leistungsträger machen.

Beginn der Begleitung

Nach der Identifizierung des Leistungsträgers beginnt die erste Planung der gemeinsamen Ziele zwischen KundInnen und IFD. In der Regel ist das übergeordnete Ziel die Sicherung des Arbeitsplatzes. Es muss nun abgestimmt werden, ob und wie dieses Ziel erreicht werden kann. Mögliche (Unter-)Ziele sind die Klärung der Belastbarkeit oder des Leistungsvermögens bzw. die Wiederherstellung der gewohnten Leistungsfähigkeit der Person. Neben der eigenen psychischen und evtl. körperlichen Einschränkung spielen auch das soziale Umfeld, die berufliche Qualifikation und der Kontext, in dem die Erkrankung oder Beeinträchtigung aktuell stehen, eine Rolle bei der Zielplanung. Nicht selten sind familiäre Probleme oder finanzielle Nöte belastende Faktoren und erst unter Einbeziehung dieser kann eine (Wieder-) Eingliederung an den Arbeitsplatz erfolgreich gelingen. Bei der Abwägung der Problembereiche muss deren gegenseitige Beeinflussung beachtet werden. Die Ziele müssen realistisch sein und zumindest realisierbar scheinen und es gilt das Prinzip der fortzuschreibenden Vereinbarung, die der Entwicklung angepasst wird.

Sehen KundInnen ebenso wie IFD die Möglichkeit, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln den Arbeitsplatz zu sichern, wird eine Betreuungsaufnahme beantragt bzw. der Teilhabeantrag beim zuständigen Leistungsträger gestellt. Nach erteilter Zustimmung durch den Leistungsträger erfolgt die weitergehende Beratung, bzw. in akuten Situationen (drohender Arbeitsplatzverlust) gibt es in den meisten Bundesländern Übergangslösungen bis zur Festlegung des Teilhabeträgers, damit der IFD sofort handeln kann.

Betreuungsaufnahme und Inhalte

Nach Erteilung der Kostenübernahme durch den zuständigen Leistungsträger beginnt die eigentliche Begleitung.

In weiteren Schritten nimmt der IFD Kontakt zu unmittelbar Beteiligten wie z.B. dem Betrieb, der Familie, dem behandelnden Arzt, der PsychotherapeutIn u.a. auf. Dies geschieht immer in enger Abstimmung mit der ratsuchenden Person und nur mit deren ausdrücklicher Zustimmung. Ziel ist es, mit den anderen Beteiligten deren Sicht und Ziele für den Prozess zu klären. Die hier gewonnenen Erkenntnisse werden dann zu einer Ergänzung der gemeinsamen Zielplanung genutzt. Evtl. strebt der Betrieb eine Umsetzung an, die Ehefrau möchte sich vom Kunden trennen und nicht am Prozess mitwirken, die Schulden bedürfen der genauen Analyse eines Fachmanns und es wird die Hinzuziehung einer Schuldnerberatung geplant usw. Nur wenn eine Übereinstimmung über die Ziele zwischen IFD und Kunde/Kundin erreicht wird, ist eine erfolgreiche Zusammenarbeit möglich. Die ratsuchende Person muss die angestrebten Ziele voll unterstützen oder mindestens akzeptieren. Wenn diese Abstimmung nicht gelingt, ist auch der Abbruch der Beratung denkbar, da ein gemeinsames, zielgerichtetes Handeln wenig aussichtsreich erscheint.

Die Erkenntnisse werden mit der ratsuchenden Person ausgewertet und dann gemeinsam nächste Schritte / Ziele festgelegt. Dies können sein: das gemeinsame Gespräch mit dem Arbeitgeber, ein Familiengespräch über Erwartungen und Angebote zur Unterstützung, ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt über Unterstützungsmöglichkeiten während der Rückkehr an den Arbeitsplatz. Genauso kann es um das Hinzuziehen von Psychotherapie gehen, bei dem tiefer liegende Themen, die evtl. zu der Erkrankung geführt haben oder sie beeinflussen, bearbeitet werden könnten.

Die einzelnen Maßnahmen müssen natürlich dem Erreichen des vorher vereinbarten Ziels dienen. Aufgabe des IFD ist es, im Ablauf die Schritte auf dem Weg zur Zielerreichung zu verdeutlichen. Bei der Vielzahl der Inhalte ist es für die ratsuchende Person eine große Hilfe, nicht alle Teile des Prozesses im Auge behalten zu müssen. Dies führt zur Entlastung und damit zu einem Spannungsabbau und zur Vermeidung einer neuerlichen Krise in der schwierigen Phase der Klärung.

Beispiel

Nach einer Depression kehrt ein 39 Jahre alter Elektroniker zurück an seinen Arbeitsplatz in der Entwicklungsabteilung eines großen Unternehmens. Trotz guter Prognosen der behandelnden Ärzte, einer Stabilisierung der Leistungsschwankungen und seinem eigenen Wunsch unbedingt wieder arbeiten zu wollen, zeigt sich während der stufenweisen Wiedereingliederung im gemeinsamen Gespräch mit dem Vorgesetzten, dass sein Leistungsvermögen weit hinter den bisherigen Fähigkeiten zurückbleibt. Am Arbeitsplatz lässt sich keine Erklärung finden, im Gespräch mit dem behandelnden Arzt werden ebenfalls keine Gründe erkennbar. Erst im Einzelgespräch mit dem IFD Mitarbeiter erwähnt der Arbeitnehmer massive Eheprobleme, da seine Frau sich in der langen Zeit des Klinikaufenthaltes allein mit den gemeinsamen Kindern überlastet fühlte. Er bemühte sich nun sehr, seine Rolle als Ehemann und Vater wieder zu vollständig zu erfüllen, was letztlich zu einer Überlastung führt. In einem Familiengespräch können die Wünsche und Ängste aller Beteiligten angesprochen werden und Entlastungsmöglichkeiten für den Familienvater gefunden werden. Es wird ein Modell der "stufenweisen Verantwortungsübernahme" entwickelt.

Maßnahmen, die unter Beteiligung des IFD im Betrieb durchgeführt werden können oder die durch den IFD angeregt werden, sind z.B. stufenweise Wiedereingliederung zur Rückkehr nach einer längeren Erkrankung, Umstrukturierungen im Betrieb, Arbeitsplatzanalyse, Erstellen eines Fähigkeitsprofils, usw.. Eine weitere Möglichkeit ist das Einsetzen eines Job Coaches, beispielsweise in Form eines Ergotherapeuten, wenn es darum geht am Arbeitsplatz neue Tätigkeiten zu trainieren oder hilfreiche Abläufe zu entwickeln, um den behinderungsbedingten Einschränkungen entgegenzuwirken.

Fortlaufend überprüft der IFD die Sinnhaftigkeit bzw. den Erfolg der Maßnahmen. Stellt sich heraus, dass bestimmte Schritte nicht zielführend sind oder dass wegen Veränderungen in der Gesamtsituation andere Schritte erforderlich sind, regt der IFD entsprechendes an.

Abschluss

Unter Berücksichtigung aller notwendigen Schritte ist das Ende der Beratung erreicht, wenn die Beteiligten zu der Entscheidung kommen, dass das bestmögliche Ziel erreicht ist. Es zeigt sich hier, ob die anfänglichen Ziele tatsächlich die erreichbaren gewesen sind oder ob sich z.B. auch eine neue Lebensplanung ergibt.

Hier sei auch noch die Möglichkeit eines Rentenantrages genannt, weil dies der derzeitigen gesundheitlichen Situation der ratsuchenden Person entspricht. Dies muss kein dauerhafter Abschied aus dem Erwerbsleben sein, der Bescheid über eine zeitlich oder im Umfang befristete Rente lassen durchaus andere Möglichkeiten für die Zukunft offen. Perspektiven zu eröffnen ist aus Sicht der IFD unerlässlich. Ein Arbeitsplatz dient natürlich allen ArbeitnehmerInnen zunächst zur Sicherung des Lebensunterhalts. Gleichwohl spielen soziale Kontakte, das tägliche Miteinander mit den KollegInnen und andere Faktoren eine große Rolle beim Gefühl der Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft und tragen damit auch zur psychischen Stabilisierung bei.

Schlussbemerkungen - Hemmnisse und Herausforderungen

Die besondere fachliche Qualität der Arbeit des IFD liegt darin, dass der IFD eine integrierte Leistung von der Abklärung über die Vorbereitung und Vermittlung bis hin zu begleitenden Hilfen gewährleisten kann. Der IFD ist somit ein zentrales Instrument, um die innerhalb des gegliederten Rehabilitationssystems bestehenden Zuständigkeitsbegrenzungen einzelner Rehabilitations- und Leistungsträger strukturell zu überwinden (Schule - Qualifizierung - Betrieb). Insbesondere die zuständigen Auftraggeber und Leistungsträger haben somit die Aufgabe, das Dienstleistungsangebot des IFD durch die Gestaltung adäquater Rahmenbedingungen und anhand einer fachgerechten Finanzierung (vgl. § 113 SGB IX) nachhaltig und koordiniert zu sichern.

Hier bestehen, nicht zuletzt aufgrund der geteilten Zuständigkeiten für die Bereiche Vermittlung (Bundesagentur für Arbeit, Arge und optierende Kommune) auf der einen Seite, sowie Begleitung im Arbeitsleben (Integrationsämter) auf der anderen Seite noch zu lösende Herausforderungen für die Zukunft, soll der IFD sein Potenzial zur effektiven und effizienten Unterstützung von Menschen mit Behinderung optimal entfalten[3].

Schwierig zeigt sich die zeitliche Befristung bei der Unterstützungsleistung Vermittlung. Ein halbes Jahr mit einer Verlängerungsmöglichkeit um ein weiteres halbes Jahr ist bei einigen Vermittlungserfordernissen nicht ausreichend. Dies gilt vor allen Dingen, wenn sich im Laufe der Beratung herausstellt, dass das Erreichen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erst nach einem Zwischenschritt wie z.B. einer geringfügigen Beschäftigung erreicht werden kann. Die "verbleibende" Zeit ist dann häufig für die Auswertung der Erfahrungen und das Entwickeln weiterer Vorstellungen zu kurz.

Eine weitere Schwierigkeit zeigt sich für Arbeitssuchende, die keinen Schwerbehinderten-Ausweis haben oder beantragen möchten. Während (noch) in wenigen Bundesländern von den Integrationsämtern die sog. Fachärztlichen Stellungnahmen und / oder Ersatzkriterien als Zugangsvoraussetzungen akzeptiert werden, ist dies in den meisten Regionen nicht mehr möglich. Der Hintergrund für die Einführung dieser Ausnahmeregelungen war die Annahme, dass gerade im Bereich der Menschen mit Psychiatrieerfahrung die Hemmschwelle zur Beantragung eines Schwerbehindertenausweises erheblich höher ist als bei anderen Personen. Hier spielen Scham, aber auch Abwehr und Unkenntnis über die eigene Erkrankung eine große Rolle. Um wie viel leichter ist es beispielsweise einen körperlichen Verschleiß, eine chronische Erkrankung wie Diabetes oder die Folgen einer schweren Operation zu akzeptieren und anderen zu vermitteln. Eine Erkrankung der Seele ist für die meisten Menschen zunächst ein erschreckendes Erlebnis. Das eigene Verhalten wird als unverständlich erlebt, es ist zunächst für viele Psychiatrieerfahrene schwer anzunehmen und ihren Mitmenschen zu vermitteln.

Für viele Betroffene ist auch die Beantragung von Leistungsansprüchen bei einem der möglichen Teilhabeträger ein mühsamer Weg. Hilfreich ist es, das hier der IFD als kompetenter Ratgeber zur Seite steht bzw. in vielen Regionen eine enge Kooperation mit den möglichen Leistungsträgern besteht, so dass mindestens die erste Kontaktaufnahme vereinfacht wird. Das Finden des Leistungsträgers und das Erlangen einer Leistungsbewilligung sind häufig sehr aufwendig und können von den IFD - aufgrund begrenzter Beauftragung - nicht immer im vollen Umfang unterstützt werden.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass der IFD auch im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements (vgl. § 84 Abs. 2 SGB IX) eingebunden werden kann. Dies kann auf Initiative des Betriebes geschehen und setzt eine Beauftragung durch den zuständigen Leistungsträger voraus. Der IFD kann hierbei vor allem für kleine und mittlere Betriebe ein wichtiger Ansprechpartner sein.

Der Einsatz von Job Coaching (betriebliches Arbeitstraining), d.h. der Unterstützung direkt am Arbeitsplatz (in der Regel unter Einbezug von KollegInnen und Vorgesetzten), ist noch nicht überall üblich und wird eher selten von den Leistungsträgern finanziert. Ein zielgerichtetes und mit allen Beteiligten abgestimmtes Job Coaching kann jedoch ein entscheidender Schritt zur Sicherung des Arbeitsverhältnisses sein. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Integrationsamt) hat neben den IFD ein Netz von externen Job Coaches aufgebaut, die durch die IFD Fachkräfte gezielt eingesetzt werden können. In anderen Fällen übernimmt der IFD selbst das Job Coaching.

Ein momentan noch weitgehend ungenutztes Potential der IFD ist die Unterstützung von schwerbehinderten Personen aus Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) und Schulabgängern auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. So wurden im Jahre 2007 nur knapp 1.400 SchülerInnen und knapp 1.100 Werkstattbeschäftigte von den IFD betreut, dies sind unter 5% aller Betreuungen (BIH 2008, 29). Die überwiegende Anzahl dieser Beauftragungen entfielen dabei auf die Bundesländer Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Die Anzahl der Begleitungen für diese Zielgruppen ist deshalb so gering, da die zuständigen Leistungsträger (Bundesagentur für Arbeit und Sozialhilfeträger) bundesweit die IFD bisher kaum beauftragen[4]. Beispiele erfolgreicher Praxis in einzelnen Regionen bzw. Ländern zeigen jedoch eindrücklich, dass durch ein abgestimmtes Vorgehen aller Beteiligten die Chancen zur Teilhabe erheblich gesteigert werden können. Als wichtiger Baustein ist hierbei die Berufswegekonferenz zu nennen, wo Schule, WfbM, IFD, Eltern, behinderte Menschen und Leistungsträger gemeinsam für die einzelne Person die jeweils nächsten Schritte in Arbeit beraten und vereinbaren. Erfahrungen hierzu liegen vor allem für den Personenkreis Menschen mit "Lernschwierigkeiten" vor[5]. Ähnlich positive Erfahrungen mit der abgestimmten Kooperation der regionalen Akteure werden für den Personenkreis Menschen mit psychischer Erkrankung mit dem Instrument der Hilfeplankonferenz gemacht.

Offenbar gelingt es unter Hinzuziehung der genannten Konferenzen besser, mögliche Lücken im Unterstützungssystem rechtzeitig zu erkennen und zu schließen - zum Nutzen der Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf.



[3] Vergleiche hierzu die Stellungnahmen der BAG UB unter www.bag-ub.de/ifd/ifd_stellung.htm.

[4] Durch die Möglichkeiten des Bundesförderprogramms Job4000 stehen seit 2007 mehr Mittel zur Unterstützung dieser Zielgruppen zur Verfügung, die jedoch zeitlich befristet sind. Durch die Evaluation des Programms, an der die BAG UB beteiligt ist, sollen u.a. Hinweise zur zukünftigen Ausgestaltung erforderlicher Leistungen erbracht werden.

[5] Der Begriff "Menschen mit Lernschwierigkeiten wird als Oberbegriff für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, der sowohl die Gruppe der sogenannten Lernbehinderten als auch die Gruppe der Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung umfasst, da er von den betroffenen Menschen in der People-First-Bewegung als Selbstbezeichnung gewählt wurde.

Literatur

Aktion Psychisch Kranke (Hg.): Der Personenzentrierte Ansatz in der psychiatrischen Versorgung. Bonn 2005

BIH - Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (Hg.): Drei Jahre Strukturverantwortung für die Integrationsfachdienste 2005 bis 2007. Karlsruhe 2008

BIH - Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (Hg.): Jahresbericht 2007/2008 - Hilfen für schwerbehinderte Menschen im Beruf. Wiesbaden 2008 Download vom 22.10.2008: http://www.integrationsaemter.de/files/602/JB_BIH07_08.pdf

Bungart, Jörg: "Es gibt ja eine Menge Gründe, warum in unserer Gesellschaft immer mehr Leute verrückt werden." - Psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz und die Möglichkeiten von Unterstützungssystemen zur Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben. In: impulse, Fachzeitschrift der Bundesarbeitsgemeinschaft für Unterstützte Beschäftigung, Teil 1, Ausgabe 36 (Dezember 2005), S. 47ff. und Teil 2, Ausgabe 37 (1/2006), S. 28ff.

Doose, Stefan: Unterstützte Beschäftigung: Berufliche Integration auf lange Sicht. Marburg, 2. überarbeitete Auflage 2007

Eikelmann, B.; Zacharias-Eikelmann, B.; Richter, D.; Reker, T.: Integration psychisch Kranker - Ziel ist die Teilnahme am "wirklichen" Leben. In: Deutsches Ärzteblatt. Heft 16, 2005

Hautrop, W.; Scheibner, U.: Die Werkstätten für Menschen mit psychischen Behinderungen. Frankfurt am Main 2002

LVR - Landschaftsverband Rheinland (HG.): Psychosozialer Dienst Köln - Modellversuch eines ambulanten Fachdienstes zur Sicherung der beruflichen Eingliederung psychisch Behinderter. Schriften der Hauptfürsorgestelle Rheinland, Band 1. Köln 1983

LWL - Landschaftsverband Westfalen-Lippe / Hauptfürsorgestelle: Ich hab' noch eine Menge Zukunft vor mir! Psychisch und geistig Behinderte im Arbeitsleben. Schriftenreihe, Heft Nr. 27. Münster 1997

Rüst, Thomas; Debrunner, Annelies.: "Supported Employment" - Modelle unterstützter Beschäftigung bei psychischer Beeinträchtigung. Zürich/Chur 2005

Schartmann, Dieter.: Betriebliche Integration durch Integrationsfachdienste. In: Bieker, R. (Hg.): Teilhabe am Arbeitsleben, S. 258ff., Stuttgart 2005

Vetter, C.; Redmann, A.: Arbeit und Gesundheit - Ergebnisse aus Mitarbeiterbefragungen in mehr als 150 Betrieben. WIdO-Materialie Bd. 52, Bonn 2005

Kontakt

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Angela Ulrich

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E-Mail: joerg.bungart@bag-ub.de

Internet: www.bag-ub.de

Quelle:

Angela Ulrich, Jörg Bungart: Integrationsfachdienste. Vermittlung und Begleitung für Menschen mit Psychiatrieerfahrung

erschienen in: impulse Nr. 48, 4/2008, S. 14-25.

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 10.03.2011

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