Persönliches Budget und berufliche Teilhabe

Ein Workshop zu den ersten Fallbeispielen

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: erschienen in: impulse Nr. 41/42, 1 + 2/2007, Seite 9. impulse (41/42/2007)
Copyright: © Berit Blesinger, Jörg Schulz 2007

Persönliches Budget und berufliche Teilhabe

Im Rahmen der Jahrestagung 2006 der BAG UB fand unter anderem auch der Workshop "Umsetzung des Persönlichen Budgets zwischen Werkstatt und allgemeinem Arbeitsmarkt" statt. Er wurde moderiert von den MitarbeiterInnen des BAG UB-Projekts "Integrative Arbeitsmöglichkeiten und Persönliches Budget" Jörg Schulz und Berit Blesinger.

Im Workshop wurden die ersten Versuche dargestellt und diskutiert, das Persönliche Budget für die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen im größeren Rahmen nutzbar zu machen. Dafür konnten als Referenten Joachim Storck (Gesellschaft für psychosoziale Einrichtungen - gpe) und Rolf Behncke (Geschäftsführung Hamburger Arbeitsassistenz) gewonnen werden, die die Erfahrungen aus Rheinland-Pfalz und Hamburg einbrachten.

In beiden Regionen sind unter Nutzung des Persönlichen Budgets Angebote entstanden, die sich gezielt an Personen richten, die nach einer Alternative zu einer Beschäftigung in einer WfbM suchen.

1. Budget für Arbeit: Das Modellprojekt in Rheinland-Pfalz

Das "Persönliche Budget für Arbeit" in Rheinland-Pfalz wurde von Joachim Storck vorgestellt. Ziel des seit März 2006 laufenden Modellvorhabens ist es, Personen mit einem Anspruch auf einen Platz in einer WfbM den Übergang von der Werkstatt auf den ersten Arbeitsmarkt zu erleichtern und Arbeitgeber bei der Beschäftigung von ArbeitnehmerInnen mit Behinderung zu unterstützen.

Die Teilnahme an dem Projekt ist freiwillig; die Dauer der Geldleistung ist nicht begrenzt, und die Möglichkeit der Rückkehr in die WfbM, falls das Arbeitsverhältnis scheitert, ist sichergestellt.

Das Budget für Arbeit in Rheinland-Pfalz wird an die Arbeitgeber ausgezahlt. Der Arbeitgeber erhält insgesamt 70 % der Bruttolohnkosten. Davon trägt das Integrationsamt 300 € (Pauschalbetrag), der Rest wird aus Mitteln der Eingliederungshilfe finanziert - jeweils 50 % steuern der überörtliche und der örtliche Sozialhilfeträger bei. Für den Sommer 2007 ist geplant, das Angebot in die Regelförderung übergehen zu lassen.

2. Hamburger Arbeitsassistenz: Betrieblicher Berufsbildungsbereich mit Persönlichem Budget

Rolf Behncke stellte die Situation in Hamburg vor. Der Fachdienst Hamburger Arbeitsassistenz bietet seit zehn Jahren eine berufliche Orientierungs- und Qualifizierungsmaßnahme für Menschen mit so genannter geistiger Behinderung an - mit bewährtem Konzept und großen Vermittlungserfolgen. Die Durchführung erfolgte in Kooperation mit Hamburger Werkstätten. So war es Menschen mit Anspruch auf einen Werkstattplatz in Hamburg möglich, den Berufsbildungsbereich mit der Unterstützung des Fachdienstes in einem Betrieb zu absolvieren.

Als 2006 die Fortsetzung dieser Maßnahme durch Aufkündigung mehrerer Verträge seitens von Werkstätten gefährdet war, erarbeitete der Fachdienst mit den KundInnen eine Lösung, die ihnen die Nutzung der Maßnahme weiterhin ermöglichen sollte: Die Menschen mit Behinderung stellten (mit Unterstützung) einen Antrag auf das Persönliche Budget für die gewünschte Maßnahme.

Bis zum Dezember 2006 sind bei der Arbeitsagentur in Hamburg siebzehn Anträge auf ein Persönliches Budget zur Durchführung des Berufsbildungsbereichs eingegangen und bewilligt worden. Davon haben bis zum Frühjahr 2007 vierzehn Personen die Maßnahme begonnen. Die Fallzahlen sind weiter steigend. Das Persönliche Budget ist hier unmittelbar an die Maßnahme des Fachdienstes gebunden.

Fazit

Während des Workshops wurde deutlich: Beide Angebote stärken das Wunsch- und Wahlrecht für Menschen mit Behinderungen. Die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen wurden genutzt, um (in Rheinland-Pfalz) ein neues Angebot zu schaffen bzw. (in Hamburg) ein Angebot zu erhalten, mit dem Menschen mit Behinderungen eine Chance auf den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt haben.

Es wurde aber auch herausgearbeitet, dass es sich in beiden Fällen bislang nicht um DAS Persönliche Budget im eigentlichen Sinne handelt. Der Grundgedanke des Persönlichen Budgets besteht darin, dass behinderte Menschen mit Leistungsansprüchen das Geld als Budget ausgezahlt bekommen und damit die Möglichkeit erhalten, sich Maßnahmen, Unterstützungsleistungen etc. entsprechend vereinbarter Ziele einzukaufen. In Hamburg sind aber die Budgets an die Maßnahme gebunden - die NutzerInnen können also nicht zwischen verschiedenen Anbietern wählen. In Rheinland-Pfalz wiederum bekommen die TeilnehmerInnen des Modellprojekts das Budget gar nicht ausgezahlt, sondern es geht direkt an die Arbeitgeber. Der Gewinn an Flexibilität und Wahlmöglichkeiten für die NutzerInnen ist insofern durch die regionalen Regelungen eingeschränkt.

Deutlich wurde außerdem, dass in beiden Regionen die Leistungsträger anstreben, durch das Persönliche Budget Einspareffekte zu erzielen. Hier wurde die Gefahr gesehen, dass dies zu Lasten der Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf geht - nach wie vor ist vor allem die Finanzierung der Budgetberatung und -assistenz ungeklärt. Weiterhin wurde darüber diskutiert, inwieweit längerfristig auch die Qualität von Angeboten zur Debatte steht, falls der Konkurrenzdruck zwischen den Diensten zunehmen sollte.

Der Workshop war insgesamt von einer lebhaften Diskussion über die Nutzbarkeit des Persönlichen Budgets für die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen geprägt. Diese Diskussion wird in den folgenden Veranstaltungen des BAG UB-Projekts "Integrative Arbeitsmöglichkeiten und Persönliches Budget" ihre Fortsetzung finden.

Informationen zum aktuellen Stand des Projekts "Budget für Arbeit" finden Sie in dem Beitrag von Thomas Eckert auf Seite 36 der Ihnen vorliegenden impulse-Ausgabe.

Kontakt

Berit Blesinger und Jörg Schulz

Projekt "Integrative Arbeitsmöglichkeiten und Persönliches Budget", BAG UB

eMail: berit.blesinger@bag-ub.de ; joerg.schulz@bag-ub.de

Quelle:

Berit Blesinger, Jörg Schulz: Persönliches Budget und berufliche Teilhabe. Ein Workshop zu den ersten Fallbeispielen

erschienen in: impulse Nr. 41/42, 1 + 2/2007, Seite 9.

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 05. 05. 2008

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