Konzept eines betrieblichen Berufsbildungsbereiches

Integrative berufliche Eingliederungsmaßnahme für junge Erwachsene mit Behinderung im Übergang von der Schule in den Beruf - Stand: März 2006

Autor:in - Redaktion impulse
Themenbereiche: Recht, Arbeitswelt
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: erschienen in: impulse Nr. 38, 2/2006, Seite 32 - 35. impulse (38/2006)
Copyright: © Redaktion impulse 2006

1. Unterstützte Beschäftigung im Übergang von der Schule in den Beruf

Mit dem Angebot des betrieblichen Berufsbildungsbereiches wird das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten nach § 9 SGB IX konkretisiert.

Vorliegende Erfahrungen und wissenschaftliche Untersuchungen dokumentieren deutlich, dass ein Teil der Menschen, die aufgrund der Art und Schwere ihrer Behinderung dem Berufsbildungs- oder Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) zugewiesen wurden, langfristig in Betriebe des allgemeinen Arbeitsmarkt integriert werden können. Voraussetzung ist, dass ihnen die dazu erforderliche individuelle Unterstützung in ausreichendem Maße zur Verfügung steht (vgl. Literaturhinweise unten).

Von besonderer Bedeutung für den Erfolg der beruflichen Eingliederung ist ein frühzeitiger Einstieg in integrative Maßnahmen. Aus diesem Grunde sollten diese Aktivitäten bereits während der letzten Schuljahre einsetzen, um einen reibungslosen Übergang von der Schule in die betriebliche Arbeitsumgebung zu fördern. Gegenwärtig erfolgen die Unterstützungsleistungen jedoch überwiegend im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich innerhalb der WfbM.

Der Berufsbildungsbereich der WfbM in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes, der von der WfbM bzw. in Kooperation zwischen WfbM und externen Partnern (z.B. Integrationsfachdienste) durchgeführt wird, bedarf daher der besonderen Einbettung in konzeptionelle Überlegungen und Strategien der beruflichen Bildung, die auf die spezifischen Anforderungen einer betrieblichen Qualifizierung ausgerichtet sind. Die Teilhabeaktivitäten an der Schnittstelle zwischen Schule und beruflicher Qualifizierung sind eng aufeinander abzustimmen, wenn Doppelungen vermieden und Synergieeffekte erreicht werden sollen. Dies bedeutet vor allem, dass die spezifischen Erfahrungen und Kenntnisse aus der Schule, insbesondere die Entwicklung bestimmter Teilleistungsfähigkeiten, zur Bestimmung eines individuellen Bildungs- und Förderplans im Rahmen des betrieblichen Berufsbildungsbereiches genutzt werden.

Grundsätzlich sollte die Vorbereitung auf die Teilhabe am Arbeitsleben einen größeren Stellenwert in den Schulen selbst bekommen, um mit der Entwicklung individueller nachschulischer Perspektiven so früh wie möglich zu beginnen. Übergeordnetes Ziel ist die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (vgl. § 1 SGB IX).

Die Ausweitung von Wahlmöglichkeiten ist ein wesentliches Element zur Umsetzung von Selbstbestimmung und Teilhabe. Der Mensch mit Behinderung selbst trifft die Entscheidung, welche Form der Unterstützung er aufgrund seiner persönlichen Zielsetzung in Anspruch nimmt. Voraussetzung ist, dass eine Vielfalt von Angeboten zur Teilhabe zur Verfügung steht. Die Wahl in den Bereichen Qualifizierung und Berufstätigkeit umfasst vor allem:

  1. die Wahl des Qualifizierungsortes,

  2. die Wahl des Unterstützungsdienstes sowie

  3. die Wahl der Berufstätigkeit und der damit verbundenen Anforderungen.

Zur Sicherung von Wahlmöglichkeiten kann die Nutzung des Persönlichen Budgets nach § 17 SGB IX eine wichtige Grundlage sein. Letztlich gilt es, die für den einzelnen Menschen beste Lösung zu erreichen.

2. Zielgruppe des betrieblichen Berufsbildungsbereiches

Die Zielgruppe des betrieblichen Berufsbildungsbereiches umfasst vor allem Absolventen aus Sonderschulen und Integrationsklassen, die aufgrund der Art oder Schwere ihrer Behinderung nicht oder noch nicht in der Lage sind, eine reguläre Berufsausbildung oder eine "berufliche Bildung für behinderte Menschen" (nach §§ 64-67 Berufsbildungsgesetz/BBiG bzw. §§ 42k-q Handwerksordnung/HwO) oder sonstige berufliche Rehabilitationsmaßnahmen der Agentur für Arbeit (z.B. berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen entsprechend der "Neuen Förderstruktur" der Bundesagentur für Arbeit) mit Erfolg zu absolvieren und der intensiven Qualifizierung, Unterstützung und Begleitung bedürfen.

Bisherige Erfahrungen liegen vor allem für Menschen mit sog. geistiger Behinderung und psychischer Erkrankung vor. Grundsätzlich ist die Zielgruppe der Maßnahme identisch mit der bisherigen Zielgruppe des Berufsbildungsbereiches innerhalb der Werkstätten für behinderte Menschen.

Voraussetzung für die Aufnahme in einen betrieblich durchgeführten Berufsbildungsbereich ist zum einen die entsprechende Zuweisung durch die Berufsberatung für Behinderte (Reha/SB) der zuständigen Arbeitsagentur. Zum anderen ist eine Stellungnahme des Fachausschusses nach § 2 Werkstattverordnung (WVO) erforderlich, ob der behinderte Mensch für seine Teilhabe am Arbeitsleben Leistungen einer Werkstatt für behinderte Menschen benötigt und andere Leistungen nicht in Betracht kommen.

3. Konzept und Arbeitsweise

3.1. Erst platzieren, dann qualifizieren

Die meisten herkömmlichen Angebote der beruflichen Rehabilitation gehen davon aus, dass erst die in einer außerbetrieblichen Vorbereitungsmaßnahme erlangte "Berufsreife" die Voraussetzung für eine Integration in Arbeit bietet. Insbesondere Menschen mit sog. geistiger Behinderung scheitern bei dieser Vorgehensweise, da sie die eingeübten und vermittelten Kompetenzen nur sehr begrenzt auf differenzierte Anforderungen in anderen Arbeitszusammenhängen übertragen können und in aller Regel Modifikationen neu eingeübt werden müssen. Menschen mit seelischer Behinderung benötigen eine ausreichende Balance von Belastungen und Ressourcen, die jedoch in starkem Maße vom spezifischen Umfeld und von den beteiligten Personen geprägt werden. Auch Menschen mit Behinderung lernen über den Weg von Versuch und Irrtum, Erfolg und Misserfolg sowie über Konflikte und Lösungen.

Die Einbettung der Lernprozesse in betriebliche Realbezüge hat vor allem folgende Vorteile:

- Große Lernerfolge: sie sind darauf zurückzuführen, dass die individuellen Lern- und Handlungsziele anhand der betrieblichen Realsituation aufgestellt werden und keiner externen Begründung bedürfen. Ein Vergleich von Anforderungen und Fähigkeiten ist direkt erfahrbar und darauf aufbauende Lernprozesse lassen sich nachvollziehbar und konkret ableiten.

- Hohe Motivation: diese ist darauf zurückzuführen, dass sich die Lernenden in der Realsituation ernst genommen fühlen. Die Teilnehmenden erfahren sich in reale Arbeitsabläufe einbezogen und können unmittelbar die Bedeutung ihres Tuns (bzw. auch Nicht-Tuns) anhand der Handlungskonsequenzen beurteilen.

- Überprüfungsmöglichkeiten des Lernprozesses: gerade das Lernen von arbeits- und sozialrelevanten Fähigkeiten und Fertigkeiten bedarf wirklichkeitsentsprechender Erfahrungs- und Erprobungsräume. Betriebliche Kommunikationssituationen brauchen nicht künstlich hergestellt zu werden, sie ergeben sich aus dem betrieblichen Sozialzusammenhang von selbst.

Dies spricht nicht gegen eine gezielte überbetriebliche Vorbereitung; sie kann im Einzelfall durchaus relevant sein. Die Erfahrungen belegen jedoch: Letztlich entscheidend für eine erfolgreiche Integration in Betriebe des allgemeinen Arbeitsmarktes sind die konkreten Qualifizierungs- und Unterstützungsleistungen direkt im betrieblichen Alltag. Denn der Ernstfall der betrieblichen Erprobung und Qualifizierung und die dort verlangten Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse kann für die genannten Personengruppen nicht simuliert werden.

3.2. Individuelle Bildungs- und Förderplanung

Da eine betriebliche Qualifizierung nicht in Gruppen sondern nur als Einzelmaßnahme durchgeführt werden kann, wird für jeden Teilnehmenden ein individueller Bildungs- und Förderplan bereits innerhalb des Eingangsverfahrens (vgl. § 3 WVO) erstellt und während des betrieblichen Berufsbildungsbereiches fortlaufend aktualisiert. Grundlage hierfür ist das individuelle Fähigkeitsprofil. Dies setzt voraus, dass die Teilnehmenden ausreichende Möglichkeiten haben, ihre individuellen Interessen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu überprüfen, zu erproben bzw. diese zu erweitern. Aus diesem Grund ist das Fähigkeits- und Interessenprofil ebenfalls im Verlauf der Maßnahme kontinuierlich weiter zu entwickeln. Daher sind den Teilnehmenden vielfältige Erprobungsräume zu bieten, sich in konkreter betrieblicher Erfahrung zu orientieren und zu qualifizieren (Prinzip der "individuellen Passung").

Die vorhandenen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse werden mit der Person selbst, der zuvor besuchten Schule oder Institution und dem Unterstützer- und Angehörigenkreis sowie aufgrund der Ergebnisse des Eingangsverfahrens (s.o.) ermittelt. Individuelle Neigungen und Wünsche, aber auch besondere, die Eingliederungschancen erschwerende Bedingungen, werden bei der individuellen Bildungs- und Förderplanung berücksichtigt. Dabei sind erforderliche Kompensationsmethoden (einfache Sprache, Fotos statt Text, etc.) einzusetzen. Bei der Bestimmung des Stärken- und Schwächenprofils wird geklärt, welche berufsfördernden und ergänzenden Maßnahmen zur Rehabilitation in Betracht kommen und welche Arbeitsfelder die größtmöglichen Eingliederungschancen bieten.

Insgesamt basieren die Inhalte des beruflichen Bildungsbereichs auf den Anforderungen nach § 4 WVO und den unter Ziffer 3.4 genannten Zielen der Arbeits- und Berufsförderungsmaßnahme der "Vereinbarung über Rahmenprogramme für das Eingangsverfahren und den Arbeitstrainingbereich (heute: Berufsbildungsbereich) in Werkstätten für Behinderte (heute: Werkstätten für behinderte Menschen)" (Mai 1996).

3.3. Betriebliche Qualifizierung und Job Coaching

Der betrieblich durchgeführte Berufsbildungsbereich vermittelt über einen Zeitraum von maximal zwei Jahren zielgerichtet berufliche Vorbereitung, Orientierung und Qualifizierung. Zentrale Elemente sind die Betriebspraktika auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, die sowohl einen Wechsel der Praktikumsstellen als auch einen Wechsel der Qualifizierungseinheiten an einer Praktikumsstelle beinhalten. Im Betrieb unterstützt pädagogisch geschultes Fachpersonal die Qualifizierung der Teilnehmenden am Arbeitsplatz, steuert die Umsetzung des individuellen Qualifizierungsplans und ist für die Kooperation mit den betrieblichen Akteuren verantwortlich (Job Coaching - Arbeitsbegleitung).

Den Teilnehmenden wird eine berufliche (Um-)Orientierung in verschiedenen Arbeitsbereichen und in abgestuften Qualifizierungsschritten ermöglicht. Konzeptioneller Bestandteil der Maßnahme ist ein Wechsel in unterschiedliche berufliche Branchen und Arbeitsfelder, auf der Grundlage des Fähigkeitsprofils und der Wünsche und Möglichkeiten der Teilnehmenden.

Der auf der Basis des individuellen Fähigkeitsprofils erstellte Bildungs- und Förderplan ist die Grundlage für den Gesamtverlauf der Maßnahme und die Gestaltung des einzelnen Betriebspraktikums. Der Verlauf und die Entwicklung werden evaluiert und dokumentiert. Es werden zu jedem Zeitpunkt die aktuellen Fortschritte, die Persönlichkeitsentwicklung und der aktuelle Stand des Qualifizierungsverlaufs, sowie Neuorientierungen hinsichtlich der Tätigkeitsinteressen und speziellen Förderbedürfnisse in die Gesamtplanung einbezogen und wenn erforderlich entsprechende Änderungen vollzogen. Dabei wird auch entschieden, welcher Praktikumsplatz und -bereich unter welchen Rahmenbedingungen als nächstes zu wählen ist. Die zu treffenden Entscheidungen werden in Absprache zwischen den Teilnehmenden und der unterstützenden Fachkraft getroffen.

Die in den Betrieben durchgeführten Qualifizierungsanteile orientieren sich nach Möglichkeit an den Ausbildungsprofilen bestimmter Berufsbilder, in der Regel an den so genannten Werkerausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz bzw. der Handwerksordnung. Die Inhalte werden jedoch auf die individuell zu entwickelnden Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse des einzelnen Teilnehmenden und auf die konkreten betrieblichen Anforderungen ausgerichtet. Eine entsprechende Ausbildung mit Abschluss ist auf Grund von behinderungsbedingten Einschränkungen in aller Regel nicht möglich.

Neben dem Erlernen branchenspezifischer Fertigkeiten sind übergreifende Tätigkeitsmerkmale wie betriebliches Sozialverhalten, so genannte Schlüsselqualifikationen wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit etc. und die Auseinandersetzung mit der Rolle und den Anforderungen als Arbeitnehmer/in von besonderer Bedeutung und daher zentraler Bestandteil des Curriculums.

Abb: Beispielhafte schematische Darstellung des betrieblichen Berufsbildungsbereichs

3.4. Schulische Qualifizierungsanteile - berufsorientierender Unterricht

In die Maßnahme des betrieblichen Berufsbildungsbereichs wird strukturell das Prinzip der dualen Berufsausbildung einbezogen. Die berufliche Qualifizierung erfolgt überwiegend in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes (vgl. 3.3.) und wird durch die Inhalte des berufsorientierenden Unterrichts wesentlich ergänzt.

Der Unterricht findet i.d.R. an ein bis zwei Tagen in der Woche statt. Zwischen den betrieblichen und schulischen Lernsituationen sollen inhaltliche Verknüpfungen hergestellt werden, d.h. der Unterricht ist auf die betrieblichen Anforderungen abzustimmen (Lernortkoordination und -kooperation). Dabei kann der schulische Anteil eigenständig angeboten oder in bestehende schulische Strukturen integriert werden (wie Berufsschule, erweiterte Werkstufe der Sonderschule, Volkshochschule).

Auf Grund des Umstandes, dass die Teilnehmenden in ganz unterschiedlichen Berufsfeldern tätig sind und darüber hinaus der Praktikumsort im Verlauf der Maßnahme u.U. mehrfach gewechselt wird, ist ein fachspezifischer berufsorientierender Unterricht wenig sinnvoll. Erforderlich ist ein Lehrplan, der an konkreten Erfordernissen, Fragestellungen und Lernmotivationen aus den betrieblichen Anforderungen anknüpft. Damit können allgemeine Themen wie "Arbeitnehmerrolle", "betriebliche Hierarchien", "betriebliches Sozialverhalten" sowie differenzierte Angebote für spezifische Anforderungen wie "Hygieneregel" "Unfallverhütung" etc. im Unterricht bearbeitet, sowie Kompetenzen im Rechnen, Lesen und Schreiben trainiert werden.

Die Zusammenführung der Teilnehmenden für eine begrenzte Zeit zu einer Lerngruppe erfüllt eine wesentliche Funktion: für die Teilnehmenden am betrieblichen Berufsbildungsbereich ist die schulische Qualifizierung der Ort, an dem sie sich als Personen im gleichen Alter, in der gleichen beruflichen Situation und auch in einer vergleichbaren Phase der persönlichen Entwicklung treffen. Was auf nicht behinderte junge Erwachsene zutrifft gilt in gleichem Maße auch für junge Erwachsene mit Behinderung: im Übergang zum Erwachsenendasein spielt die Gruppe der Gleichaltrigen als Orientierungshintergrund bei der Herausbildung von Identität, Wertmaßstäben und Sozialverhalten eine herausragende und prägende Rolle.

3.5. Wechselnde Anforderungen an Art und Umfang der Unterstützung

Aufgrund der Übernahme der Strukturen betrieblicher Ausbildungen auf das Rehabilitationsangebot der WfbM ergibt sich während der einzelnen Phasen eine unterschiedliche Unterstützungsintensität. Anlern-, Übungs-, Erprobungs- und Arbeitsphasen wechseln sich ab, und besonders in den Anfangs- und Anlernzeiten eines Betriebspraktikums ist ein hoher Unterstützungsbedarf erforderlich, der, da es sich nicht um eine Gruppenmaßnahme handelt, i.d.R. im Verhältnis 1:1 zu leisten ist. Daneben gibt es Phasen, in denen der/die Teilnehmende ausschließlich mit Betriebskollegen/innen zusammenarbeitet, um das Erlernte und die selbständige Arbeitsausführung zu verfestigen.

Die Unterstützungsleistung des eingesetzten Fachpersonals richtet sich jedoch nicht nur auf die Kompetenzerweiterung der Teilnehmenden sondern umfasst ggf. ein Fahrtraining zum eigenständigen Erreichen der Praktikumsstelle sowie die spezifische Arbeitsplatzgestaltung bzw. -anpassung an die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Teilnehmenden. Weiterhin hat die bedarfs- und zielorientierte Beratung des Betriebspersonals (Leitung, Vorgesetzte, Kollegen/innen) einen besonderen Stellenwert; gerade auch hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Eingliederungsaktivitäten.

3.6. Zusammenarbeit mit dem sozialen Umfeld der Teilnehmenden

Bei der Zielgruppe des betrieblichen Berufsbildungsbereichs ist es besonders wichtig, das soziale Umfeld zu kennen und zu aktivieren. Von daher wird von Anfang an mit allen relevanten Personen aus dem sozialen Umfeld Kontakt aufgenommen, um Unterstützungspotentiale für eine betriebliche Integration für den oder die behinderte/n TeilnehmerIn zu wecken. Dies können z.B. Eltern, gesetzliche BetreuerInnen oder das Wohnheimpersonal sein.

4. Spektrum der Angebote betrieblicher Qualifizierung

Aufgrund der sehr unterschiedlichen beruflichen Fähigkeiten, Fertigkeiten und Interessen der Teilnehmenden ist es notwendig für den betrieblichen Berufsbildungsbereich ein möglichst breites Spektrum von Arbeitsfeldern (Branchen und Arbeitssituationen) anbieten zu können. Notwendig hierfür sind gute Zugangsmöglichkeiten zu Betrieben des regionalen Arbeitsmarktes. Zu den Betrieben und Tätigkeiten, in denen geeignete Praktikumsplätze für einfache Beschäftigungsmöglichkeiten gefunden werden können, gehören z.B.:

  • einfache Bürotätigkeiten und Bibliothekardienste/Botengänge

  • Pforte/Telefondienst/Call Center

  • Einzelhandel/Regalbetreuung/Baumarkt

  • Wachdienst

  • Kfz-Gewerbe/Werkstatthelfer/Reifenmontage /Lackiererei

  • Helfertätigkeiten in sozialen Einrichtungen (Kindergarten, Schule, Einrichtung der Behindertenhilfe, Krankenhaus, Alten- und Pflegeheim)

  • Helfertätigkeiten im Umgang mit Tieren (Landwirtschaft, Reitstall, Tierheim und Zoo)

  • Recycling/Elektronikschrott

  • Hotel/Zimmerreinigung/Etagen-dienste/Service

  • Metallbau

  • Küche in Betrieben, Hotel, Altenheimen, Kindergärten und Gastronomie

  • Reinigung

  • Wäscherei

  • Hausmeisterhelfertätigkeiten

  • Tankstellenhelfer/Wagenpflege

  • Lager/Verpackung

  • Produktionshelfer/Betriebshelfer/Entsorgung/Aufräumarbeiten

  • Grünbereich

  • Tischlerei/Baumarkt

Abb. Beispiel einer individuellen Qualifizierung in einem ausgewählten Berufsfeld

5. Abschluss der Maßnahme

Zum Abschluss der Maßnahme wird deutlich, ob eine Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt (inkl. Integrationsprojekte nach § 132 ff. SGB IX) in Frage kommt. Bei dieser Entscheidung ist der Fachausschuss nach § 4 Absatz 6 WVO einzubeziehen. Ausschlaggebend sind zum einen die Wünsche, Interessen und Fähigkeiten des Menschen mit Behinderung sowie sein individuelles Leistungsvermögen und zum anderen die Einstellungsbereitschaft eines Betriebes verbunden mit den finanziellen Fördermöglichen durch die Agentur für Arbeit und das Integrationsamt.

Bei einer erfolgreichen Vermittlung in ein reguläres Arbeitsverhältnis sollte grundsätzlich der Integrationsfachdienst (IFD) hinzugezogen werden, um eine nachhaltige Sicherung des Arbeitsverhältnisses zu ermöglichen. Dabei ist die weitere Unterstützung, die so lange wie erforderlich anzubieten ist, zwischen WfbM und IFD im Sinne eines Schnittstellenmanagements optimal aufeinander abzustimmen.

Kann eine Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt auch mit den Fördermöglichkeiten der Agentur für Arbeit und des Integrationsamtes (Eingliederungszuschüsse, Arbeitsassistenz etc.) nicht erreicht werden, so ist, in Abstimmung mit den Teilnehmenden, eine betriebliche Beschäftigung anzustreben, die den Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes möglichst weitgehend entspricht. Hierbei sind vor allem auch ausgelagerte Arbeitsplätze der WfbM zu berücksichtigen. Diese Möglichkeit sollte nicht nur "zeitweise" (vgl. § 5 Absatz 4 Satz 1 WVO), sondern - unter regelmäßiger Prüfung der individuellen Voraussetzungen - grundsätzlich dauerhaft bestehen.

Langfristig ist jedoch immer wieder zu klären, ob ein Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt möglich ist. Letztlich ist der Wunsch des Beschäftigten ausschlaggebend.

Literaturhinweise

DOOSE, S.: "Was kommt nach der Werkstatt?" - Ergebnisse einer Verbleibstudie. In: impulse, Fachzeitschrift der BAG UB, Nr. 34 (Juli 2005) + Nr. 35 (September 2005)

DOOSE, S.: (HG.): Übergänge aus den hessischen Werkstätten für behinderte Menschen in Ausbildung und Arbeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt - Verbleib- und Verlaufsstudie im Auftrag der LAG der Werkstätten für behinderte Menschen in Hessen e.V. Frankfurt/M. 2005.

IMPULSE Ausgaben Nr. 34 + 36 mit den Schwerpunktthemen "Übergang von der WfbM auf den allgemeinen Arbeitsmarkt" (Juli 2005) und "Übergang Schule - Beruf" (Dezember 2005)

Quelle:

Redaktion impulse: Konzept eines betrieblichen Berufsbildungsbereiches. Integrative berufliche Eingliederungsmaßnahme für junge Erwachsene mit Behinderung im Übergang von der Schule in den Beruf - Stand: März 2006

erschienen in: impulse Nr. 38, 2/2006, Seite 32 - 35.

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 26. 05. 2008

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