Der Verbleib nach der Vermittlung durch Integrationsfachdienste in den allgemeinen Arbeitsmarkt: Werdegänge von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen

Autor:in - Tomke Sabine Gerdes
Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: erschienen in: impulse Nr. 31, Oktober 2004, Seite 17 - 23. Eine Untersuchung zur langfristigen Qualität von Integrationsfachdiensten impulse (31/2004)
Copyright: © Tomke Sabine Gerdes 2004

Einführung

Integrationsfachdienste (IFD) sind vor einigen Jahren gesetzlich verankert worden, da sie an der Schnittstelle zwischen Rehabilitationsmaßnahmen und dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine wichtige Funktion übernehmen: die Vermittlung von Menschen mit Behinderungen in Arbeit und ihre Begleitung am Arbeitsplatz. Erwerbsarbeit hat eine besondere Bedeutung für Menschen mit Behinderungen, da sie neben den allgemeinen Funktionen wie Anerkennung, Identität, Aktivität und Zeitstrukturierung (vgl. Semmer/Udris 1995, 134) insbesondere Kontakte zu Menschen ohne Behinderungen ermöglicht. Ein Interviewpartner der hier vorgestellten Untersuchung unterstreicht die besondere Bedeutung von Erwerbsarbeit mit den Worten: "Die Gesellschaft stellt Menschen bereit, die mir helfen, aber ich gebe meinen Teil dann auch zurück durch die Arbeit. Im Verhältnis kann ich da ganz gut mit leben". Erwerbsarbeit fördert also die "Teilhabe am Leben in der Gesellschaft" (§1 SBG IX), ein bedeutsames Ziel des SGB IX. Aufgaben der IFD sind die Vermittlung in eine "möglichst dauerhafte Beschäftigung" (§110 SGB IX Abs. 1), "die schwerbehinderten Menschen, solange erforderlich, am Arbeitsplatz oder beim Training der berufspraktischen Fähigkeiten am konkreten Arbeitsplatz zu begleiten" sowie "eine Nachbetreuung [...] durchzuführen" (§110 SBG IX Abs. 2). Damit ist eine bedeutende Komponente des Konzepts der Unterstützten Beschäftigung in das Gesetz eingeflossen (vgl. Bungart 2002, 17). Der Erkenntnis, dass "zur Sicherung des Arbeitsverhältnisses eine Nachbetreuung notwendig ist" (ebd., 19), wird Rechnung getragen.

Die Praxis der IFD zeigt allerdings oft ein anderes Bild. Der im Bereich Vermittlung wichtige Kostenträger, die Bundesagentur für Arbeit, begrenzt seine Unterstützung am Arbeitsplatz auf die i.d.R. sechsmonatige Probezeit. Kritisch wird gesehen, dass die Finanzierung dem hohen Betreuungsaufwand einiger Zielgruppen nicht gerecht wird und die Qualität der Begleitung darunter leidet. Diese Handhabung gefährdet das neu aufgenommene Arbeitsverhältnis (vgl. ebd.). Insbesondere gilt dies für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, die einen erhöhten Unterstützungsbedarf am Arbeitsplatz aufweisen (vgl. Bungard/Bähr 1987, 28ff.). Sie sind die Zielgruppe, die die begleitenden Hilfen, finanziert durch das Integrationsamt, am häufigsten einfordert (vgl. Kastl/Trost 2002, 199f.) Insgesamt zeigt sich, dass es für das Erreichen des Ziels der beruflichen Integration nicht ausreicht, eine schnelle Vermittlung in hohen quantitativen Dimensionen zu leisten. Vielmehr ist entscheidend, dass möglichst dauerhafte Arbeitsverhältnisse initiiert werden und damit die Nachhaltigkeit der Arbeit der IFD in den Mittelpunkt rückt (vgl. auch Doose 2004, 3)

Wie gut es den Diensten gelingt, tatsächlich die dauerhafte berufliche Integration ihrer Kundinnen und Kunden zu erreichen und damit die Qualität der Vermittlungserfolge langfristig zu sichern, wird von den IFD nicht systematisch erfasst und ist bislang nicht ausreichend wissenschaftlich erforscht. Dabei ist es wichtig zu wissen, wie die Stabilität der Arbeitsverhältnisse und die Werdegänge der vermittelten Menschen aussehen, um die langfristige Qualität der IFD zu bewerten und Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Integrationsbegleitung zu erhalten.

Die Frage nach den Ergebnissen von Maßnahmen wird im gesamten Rehabilitationssystem in letzter Zeit verstärkt gestellt und wird künftig an Bedeutung zunehmen (vgl. Doose 2004, 7), insbesondere vor dem Hintergrund knapper werdender Kassen. Daher spielt das Thema Qualitätssicherung eine wichtige Rolle. Ziel dabei ist es, die Qualität der Dienstleistungen systematisch und kontinuierlich zu hinterfragen, zu bewerten und zu verbessern (vgl. Dorenburg/Tiefensee 2000, 199). Ein ganzheitliches Qualitätsmanagementkonzept beugt der Gefahr vor, die Bewertung der Qualität ausschließlich anhand von quantitativen Faktoren vorzunehmen (vgl. Bungart 2002, 20).

Für den Personenkreis der Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen soll die im Folgenden dargestellte Untersuchung zum Verbleib nach der Vermittlung durch IFD in den allgemeinen Arbeitsmarkt Aufschlüsse geben (vgl. Gerdes 2004). Ein besonderes Augenmerk wird hierbei auf die langfristige Qualität der Arbeit der IFD gelegt.

Zum Begriff der "Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen" sei angemerkt, dass diese Bezeichnung in Anlehnung an Bach (vgl. 1999, 43) ausgewählt wurde. Hierunter sind Menschen mit einer Behinderung (einer umfänglichen, schweren und längerfristigen Beeinträchtigung), mit einer Störung (einer partiellen, weniger schweren und kurzfristigen Beeinträchtigung) sowie einer Gefährdung (bei Gefahr der Entwicklung von Störungen und Behinderungen, z.B. nach einer einmaligen Erkrankung) zu verstehen. Da die Grenzen zwischen den Teilgruppen fließend sind (vgl. ebd., 45) und sich eine psychische Beeinträchtigung oft verändert (vgl. Seyfried 1994, 19), wird der Oberbegriff "Beeinträchtigung" hier für diese Personengruppe verwendet.

Ausgewählte Fragestellungen der Untersuchung

Das zentrale Anliegen der Untersuchung gilt der Erfassung der beruflichen Werdegänge von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen nach der Vermittlung in den allgemeinen Arbeitsmarkt und das Aufdecken von Erfolgsmustern gelungener Integration. Ein weiterer Schwerpunkt ist es, die Unterstützungsbedarfe und Ressourcen am Arbeitsplatz aus Sicht der vermittelten Menschen sowie ihre Einschätzungen zu den Leistungen der IFD zu sammeln. Aus den Ergebnissen werden Ansätze für eine effektivere Arbeit der IFD, insbesondere für eine langfristige Sicherung der Vermittlungserfolge, abgeleitet.

Methodische Anlage

Um die Forschungsfragen beantworten zu können, ist der Einsatz qualitativer Methoden erforderlich, da insbesondere die subjektiven Sichtweisen der vermittelten Menschen erhoben werden sollen. Als Erhebungsinstrument kommt das leitfadengestützte Interview in Frage, ergänzt durch einen Kurzfragebogen für biografische Eckdaten. Für Personen, die nicht zu einem Interview bereit sind, sind außerdem Fragen zum beruflichem Werdegang nach der Vermittlung durch den IFD und zur aktuellen beruflichen Situation im Fragebogen enthalten.

Als Kooperationspartner für die Untersuchung wird ein IFD ausgewählt. Der Dienst Recklinghausen/Nordrhein-Westfalen (NRW) kommt in Frage, da er bereits früh (seit 1998) in der heutigen Form der bundesweiten, behinderungsübergreifend tätigen IFD bestand, auch wenn die Vermittlung in den ersten Jahren unter Projektbedingungen etwas anders gestaltet wurde als heute. Die Region um Recklinghausen im nördlichen Ruhrgebiet war wirtschaftlich lange Zeit durch den Bergbau geprägt und befindet sich immer noch im Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft. Damit entsprechen die Entwicklungen dieser Region den gegenwärtigen Arbeitsmarkttendenzen (vgl. Geißler 2002, 437ff.). Die Arbeitslosenquote im Bezirk Recklinghausen liegt im August 2004 mit 11,9% über dem bundesweiten Durchschnitt von 10,5%. Der Anteil der Menschen mit Schwerbehinderungen an den Arbeitslosen insgesamt wird für Recklinghausen mit 3,7% angegeben (Bundesagentur für Arbeit 2004, 14; Bundesagentur für Arbeit/Agentur für Arbeit Recklinghausen 2004, 3).

Die Auswahl der Teilnehmer/innen für diese Untersuchung wird anhand von zwei Kriterien getroffen: Es muss eine psychische Beeinträchtigung beim IFD Recklinghausen dokumentiert (d.h. eine fachärztlich festgestellte psychische Erkrankung) und die Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige befristete oder unbefristete Arbeitsstelle des allgemeinen Arbeitsmarkts erfolgt sein. Der berücksichtigte Zeitraum umfasst vier Jahre vom 01.01.1998 bis 31.12.2002. Im ersten Tätigkeitsjahr des Dienstes werden geringe Vermittlungszahlen erwartet. Die Begrenzung auf den Stichtag im Jahr 2002 gewährleistet die Möglichkeit, dass die befragten Personen zum Erhebungszeitpunkt im Herbst 2003 mindestens ein drei viertel Jahr am vermittelten Arbeitsplatz beschäftigt sind.

Insgesamt werden 14 Personen befragt, davon sieben in den Interviews. Lediglich eine Person wird nicht erreicht.

Ergebnisse

Beschreibung der Untersuchungsteilnehmer/innen

Die Gruppe besteht aus sechs Frauen und acht Männern im Alter von 30 bis 48 Jahren. Der Altersdurchschnitt beträgt 38 Jahre, also stehen die meisten Personen am Anfang und in der Mitte ihrer Erwerbsbiographie, gemessen an der Grenze der Altersrente.

Bezüglich der psychischen Erkrankungen zeigt sich ein heterogenes Bild. Sie verteilen sich (mit Mehrfachnennungen) auf Angst- und Panikstörung bei sechs Teilnehmer/innen sowie depressive oder manisch-depressive Erkrankung, schizophrene Psychose und Persönlichkeits(entwicklungs)störung jeweils bei zwei Untersuchungspartner/innen. Eine Person ist von einer Zwangsneurose betroffen. Zusätzlich zu den psychischen Beeinträchtigungen liegen bei zwei Personen körperliche Behinderungen vor. Über eine anerkannte Schwerbehinderung verfügen fünf der Befragten. Sechs Teilnehmer/innen haben einen Grad der Behinderung von 30 oder 40 anerkannt bekommen, davon drei mit Gleichstellung.

Alle der befragten Menschen haben sich aufgrund der psychischen Beeinträchtigung einer ambulanten oder stationären Therapie unterzogen. Neun von ihnen waren in stationärer und drei außerdem in ambulanter Behandlung. Drei Personen nahmen ausschließlich ambulante Angebote wahr, die eine Dauer von sechs Monaten bis zu zwei Jahren umfassten. Bei den stationären Aufenthalten liegt eine durchschnittliche Dauer von fünf bis zehn Wochen vor, abgesehen von den Höchstwerten bei zwei Personen von insgesamt eineinhalb bzw. zweieinhalb Jahren. Von zwei Personen fehlen hierzu die Angaben.

Die höchsten erreichten Schulabschlüsse verteilen sich auf Real- und Hauptsschulabschluss bei sieben bzw. vier der Befragten. Die Fachoberschulreife haben zwei Personen abgeschlossen, die allgemeine Hochschulreife eine Person. Die Berufsabschlüsse sind etwas niedriger als die Schulabschlüsse erwarten lassen. So liegen bei zwölf Untersuchungspartner/innen abgeschlossene Berufsausbildungen vor, davon wurden zwei überbetrieblich erworben. Zwei Personen haben keinen Berufsabschluss erlangt.

Zum Familienstand geben die Untersuchungsteilnehmer/innen sieben mal ledig, sechs mal verheiratet und ein mal geschieden an. Auffällig ist, dass die Mehrheit der Verheirateten weiblich ist. Drei Personen (zwei Frauen, ein Mann) haben Kinder.

Die Teilnehmer/innen stammen aus unterschiedlichen Vermittlungsjahrgängen des IFD. Aus dem Jahr 1998 sind in dieser Gruppe keine Personen vertreten. Im Jahr 1999 wurden vier Personen vermittelt, im Jahr 2000 eine, im Jahr 2001 vier und im Jahr 2002 fünf Personen.

Ergebnisse der Befragung aller Untersuchungsteilnehmer/innen zur Erwerbssituation

Die Werdegänge der Untersuchungsteilnehmer/innen verlaufen sehr unterschiedlich. Neun der befragten Personen, also fast zwei Drittel, sind zum Erhebungszeitpunkt zwischen einem drei viertel Jahr und mehr als vier Jahren nach der Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig. Während zwei von ihnen die Arbeitsstelle wechselten, sind sieben noch immer in dem Arbeitsverhältnis tätig, in das sie der IFD vermittelte. Diese Zahl belegt die Nachhaltigkeit der Vermittlungen von IFD. Zudem wird deutlich, dass es Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen gelingt, Dauerarbeitsverhältnisse aufrecht zu erhalten und über mehrere Jahre hinweg beruflich integriert zu sein (unter beruflicher Integration wird hier das Besetzen eines Arbeitsplatzes verstanden, die Qualität der sozialen Beziehungen ist damit nicht bewertet). Betrachtet man den Verbleib aller Befragten nach einem drei viertel Jahr bis eineinhalb Jahren nach der Vermittlung, so ergibt sich eine Quote von 64,3%. Im Zeitraum von zwei bis drei Jahren nach der Vermittlung liegt die Quote (der Vermittlungsjahrgänge 1999 bis 2001) bei 55,6%. Eine Analyse der Jahrgänge 1999 und 2000 ergibt eine Verbleibsquote für den Zeitraum von drei bis viereinhalb Jahren von 60,0%.

Fünf der befragten Personen können das Arbeitsverhältnis dagegen nicht aufrechterhalten. Zwei Personen sind arbeitslos, zwei sind in einer Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt und eine Person bezieht Erwerbsminderungsrente, ohne beruflich tätig zu sein. Wenn ein Arbeitsverhältnis endet, geschieht dies sehr oft innerhalb der ersten sechs Monate, also in der Probezeit. Dies ist bei fünf der sieben Personen der Fall, bei denen das vermittelte Arbeitsverhältnis endet. In dieser Phase scheinen demnach vermehrt Probleme und hohe Unterstützungsbedarfe aufzutreten.

In der Gruppe der nicht beruflich integrierten Menschen überwiegen Männer gegenüber Frauen in einem Verhältnis von vier zu eins. Bei den beruflich integrierten Personen ist das Geschlechterverhältnis fast ausgewogen, fünf Frauen zu vier Männern. Untersucht man die Verbleibsquoten differenziert nach Geschlecht, weisen die Frauen in dieser Gruppe eine günstigere Quote als die Männer auf. Nach einem drei viertel Jahr bis eineinhalb Jahren z.B. lässt sich die frauenspezifische Verbleibsquote von 83,3% errechnen, der Vergleichswert für die Männer beträgt lediglich 50,0%.

Die berufliche Integration scheint bei denjenigen Personen eher zu gelingen, die eine weniger schwere Beeinträchtigung aufweisen (z.B. affektive Störungen), damit einhergehend kürzere und weniger häufige Psychiatrieaufenthalte hatten und weniger Unterstützungsbedarfe im allgemeinen Lebensbereich haben. Des Weiteren haben die beruflich Integrierten ein höheres Ausbildungsniveau erreicht und verschiedene soziale Rollen im Laufe ihres Lebens ausgefüllt bzw. füllen diese aktuell aus. So ist bei diesen Personen auffällig, dass sie eine Ausbildung abgeschlossen haben und verheiratet waren oder sind. Ein Zusammenhang zu den Sozialkompetenzen wird damit deutlich (vgl. auch Hoffmann/Kupper 2003, 314).

Ergebnisse der sieben Interviews

Die Gruppe der Interviewpartner/innen besteht aus drei Frauen und vier Männern in der Altersspanne von 30 bis 48 Jahren. Die drei Frauen sind verheiratet, eine von ihnen ist Mutter eines Kindes. Die Männer sind entweder ledig oder geschieden. Fünf Personen in dieser Gruppe haben eine Berufsausbildung abgeschlossen, während zwei Personen (beide männlich) nicht über eine Ausbildung verfügen. Die psychischen Beeinträchtigungen in dieser Gruppe verteilen sich auf Angststörungen, Schizophrenie sowie Persönlichkeitsentwicklungsstörung. Bei zwei Personen ist die Beeinträchtigung nicht näher benannt. Anerkannte Behinderungen haben sechs der Interviewpartner/innen. Der Grad der Behinderung variiert von 30 bis 60.

In den Interviews werden u.a. Schwierigkeiten und Unterstützungsbedarfe am Arbeitsplatz sowie Ressourcen zur Bewältigung der Probleme thematisiert. Außerdem ist die Bewertung der erfahrenen Beratung und Unterstützung durch den IFD Inhalt.

Schwierigkeiten und Unterstützungsbedarfe am Arbeitsplatz

Schwierigkeiten entstehen am Arbeitsplatz vor allem in der Einarbeitungszeit hinsichtlich fachlicher Fragen sowie der allgemeinen Orientierung. Auch nach dieser Phase lösen neue Anforderungen oft Schwierigkeiten aus. Als allgemein ungünstige Bedingungen am Arbeitsplatz beschreiben die Interviewpartner/innen aufgrund eigener Erfahrungen Folgendes:

  • schlechtes soziales Klima, angespannte Verhältnisse zu Kolleginnen und Kollegen oder Ansprechpartner/innen sowie Vorgesetzten, außerdem fehlende soziale Eingebundenheit

  • Diskriminierungen, insbesondere aufgrund der Beeinträchtigung

  • Zeitdruck, Stress

  • Arbeitsplatzunsicherheit

  • ungünstige räumliche Bedingungen (z.B. Kellerraum)

  • Bedingungen, die die individuellen Einschränkungen (z.B. starkes Schlafbedürfnis und die Vermeidung von Schichtdienst) nicht berücksichtigen

Es ist darauf zu achten, dass die Arbeitnehmer/innen über genügend Ressourcen verfügen, die die beschriebenen ungünstigen Bedingungen auffangen können.

Ressourcen zur Bewältigung von Schwierigkeiten am Arbeitsplatz

Als hilfreich für die Bewältigung der Schwierigkeiten und den Umgang mit ungünstigen Bedingungen zeigen sich vor allem verschiedene personale und externale Ressourcen (vgl. Udris/Rimann 2000, 131; Pröll/Gude 2003, 29).

Wichtige in den Interviews deutlich gewordene personale Ressourcen sind Anpassungsfähigkeit, Flexibilität, Problemlösefähigkeit und das Vertrauen in die eigene Kompetenz, Schwierigkeiten zu beheben. Eine große Rolle spielen darüber hinaus Selbstvertrauen, Konfliktfähigkeit und die Fähigkeit, Distanz zur Arbeit aufzubauen. Auch der kompetente Umgang mit der eigenen Beeinträchtigung ist eine wesentliche Voraussetzung für den Erhalt der Arbeitsstelle. Ist dieser zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme auch ausbaufähig, so kann eine begleitende Psychotherapie, z.B. beim Umgang mit Ängsten, sehr unterstützend wirken, wie eine Interviewpartnerin schildert.

Auf externe Unterstützungsangebote außerhalb der Arbeitsstelle greifen viele der interviewten Personen bei Schwierigkeiten am Arbeitsplatz zurück. Als Ansprechpartner werden Mitarbeiter/innen vom ambulant betreuten Wohnen und der IFD genannt. Vier Personen betonen, dass der IFD für sie ein wichtiger Ansprechpartner auch nach der Vermittlung darstellt und sie ihn "im Hinterstübchen" haben. Als besonders wichtig wird die Rolle des IFD gesehen, wenn es zu behinderungsbedingten Diskriminierungen kommt, die nicht vor Ort zu klären sind.

Der (Schwer-) Behindertenstatus wird von zwei Personen (mit GdB von 30 mit Gleichstellung und von 50) als Ressource beschrieben. Auch wenn es ihnen schwer fällt, sich mit dem Begriff anzufreunden, erkennen sie Vorteile. Diese benennen sie mit Schutz vor Personalkürzungen und finanziellen Förderungen für die Arbeitgeber.

Am Arbeitsplatz selbst kommen verschiedene externale Ressourcen zum Tragen. Insbesondere ist die soziale Unterstützung durch Kolleginnen, Kollegen und Vorgesetzte aufzuführen. Ein angenehmes soziales Klima, konkrete Ansprechpartner/innen in Bedarfssituationen sowie Rücksichtnahme auf behinderungsbedingte Einschränkungen sind für die meisten der interviewten Personen sehr wichtig. Individuell verschieden ist das gewünschte Maß an Unterstützung, eine Überbehütung wird allerdings abgelehnt.

Weitere bedeutsame unterstützende Faktoren am Arbeitsplatz sind organisationale Ressourcen. Dazu zählen Entscheidungs- und Handlungsspielräume, zumindest in überschaubarem Rahmen, sowie das Teilen von Verantwortung. Eine Krankenschwester im Nachdienst beschreibt beispielsweise die Hauptnachtwache als Entlastung. Bei Arbeitsplätzen, die eine solche Struktur nicht aufweisen, sollte sie vom IFD, z.B. durch den Einsatz von innerbetrieblichen Ansprechpartner/innen, implementiert werden.

Die Bewertung des IFD seitens der vermittelten Menschen

Insgesamt fällt die Bewertung der interviewten Personen über die Tätigkeiten des IFD positiv aus. Sechs der sieben Interviewpartner/innen geben an, dass sie sehr zufrieden mit dem IFD sind. Bis auf eine Ausnahme berichten alle von guten Erfahrungen. Besonders hervorgehoben werden im Einzelnen:

  • das Eingehen auf Stärken, Schwächen und Neigungen,

  • das vertrauensvolle Verhältnis, das zur jeweiligen Beraterin/zum jeweiligen Berater aufgebaut werden konnte,

  • das Knowhow des IFD über die Möglichkeiten, im allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen sowie das Kontaktnetz zu Arbeitgebern,

  • das vorgeschaltete Praktikum als Möglichkeit, sich zu testen und allmählich wieder an den Arbeitsalltag zu gewöhnen,

  • die langfristige Begleitung bei einem mehrjährigen Prozess der Eingliederung mit verschiedenen Stationen und Umwegen,

  • das Initiieren flankierender Unterstützungsmaßnahmen, wie begleitende Therapien oder ambulant betreutes Wohnen sowie

  • die Unterstützung am Arbeitsplatz im Anschluss an die Vermittlung.

Von wenigen Personen werden Verbesserungswünsche geäußert. Diese bestätigen die Bedeutung der genannten Aspekte. Problematisiert wird von einigen der (anstehende) Fachberater/innenwechsel beim Übergang in die begleitenden Hilfen bzw. zurück in die Vermittlung. In den Interviews hat sich gezeigt, dass die befragten Personen, sofern sie nicht durch die begleitenden Hilfen betreut wurden, nach der Vermittlung wenige Wochen und Monate Kontakt zum IFD hatten. Dennoch beschreiben es fast alle als Entlastung und Beruhigung, dass sie im Bedarfsfall auf den IFD als neutralen Ansprechpartner zurückgreifen können. Dies setzt allerdings voraus, dass sich die Berater/innen in den Augen der vermittelten Menschen bewährt haben.

Diskussion

Welche Werdegänge werden nach der Vermittlung in den allgemeinen Arbeitsmarkt von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen eingeschlagen?

Es wurde gezeigt, dass die beruflichen Werdegänge nach der Vermittlung sehr unterschiedlich verlaufen. Als Erfolg ist zu werten, dass fünf Personen über eine Dauer von zwei bis viereinhalb Jahren und zwei Personen zwischen einem Jahr und zwei Jahren am selben Arbeitsplatz beschäftigt sind.

Studien, die den Verbleib von IFD-Vermittelten mit unterschiedlichen Behinderungen über einen Zeitraum von einem Jahr bis eineinhalb Jahren ermitteln, zeigen, dass knapp 70% der vermittelten Menschen denselben Arbeitsplatz bekleiden (vgl. Kastl/Trost 2002, 263f.). Bei der Zielgruppe der Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen sind etwa drei Viertel der Vermittelten ein Jahr bis eineinhalb Jahre später noch am ursprünglichen Arbeitsplatz beschäftigt (vgl. Trost 1997, 181). Die Verbleibsquote für diese Untersuchung liegt mit ca. 64% etwas darunter. Gründe dafür mögen in den fortschreitenden Schließungsprozessen des allgemeinen Arbeitsmarkts liegen oder methodisch, durch die kleine Untersuchungsgruppe, bedingt sein. Das in einem Zeitraum von bis zu drei bzw. viereinhalb Jahren noch etwa 56% bzw. 60% der Menschen am vermittelten Arbeitsplatz beschäftigt sind, ist eine recht positive Langzeitentwicklung. Schließlich wird es heute mehr und mehr zur Regel, Arbeitsstellen zu wechseln oder Phasen der Arbeitslosigkeit in Kauf zu nehmen. Daher ist es nicht nur interessant, den Verbleib auf einer Arbeitsstelle zu betrachten, sondern insbesondere die aktuelle berufliche Integration in den Blick zu nehmen. Dass von der gesamten Gruppe knapp zwei Drittel derzeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt integriert sind, ist deshalb ein beachtenswertes Ergebnis.

Beim Werdegang nach der Vermittlung ist ein besonderes Augenmerk auf die ersten sechs Monate zu legen, da in dieser Phase die meisten der beendeten Arbeitsverhältnisse aufgelöst werden. Hier sind demnach Unterstützungsleistungen anzusetzen, um die Chance zu erhöhen, dass das Arbeitsverhältnis dauerhaft aufrechterhalten bleibt. Wie die Ergebnisse vor Augen führen, scheint sich tatsächlich in den ersten Monaten zu zeigen, ob Arbeitgeber und Arbeitnehmer/in sich aufeinander einstellen können und die Vermittlung passgenau war. Dass bei der Einarbeitung Hilfen durch den IFD vorgehalten werden, bezeichnet Trost als "Stärke" der Unterstützten Beschäftigung (1997, 97). Wichtig ist allerdings, dass die Unterstützung nicht nur auf die ersten sechs Monate beschränkt bleibt, da aufgrund der diskontinuierlichen Leistungsfähigkeit des Personenkreises der Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen auch nach diesem Zeitraum Hilfen im Bedarfsfall greifen müssen. Das haben die Aussagen der Interviewpartner/innen bestätigt.

Welche Ressourcen ermöglichen Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen die Aufrechterhaltung des Arbeitsplatzes?

Da Arbeit vielfach krankheitsverursachende oder -verstärkende Faktoren enthält, muss auf bestimmte Bedingungen am Arbeitsplatz geachtet werden. Nur dann kann sie gesundheitsfördernd sein und integrative Wirkung haben (vgl. Bungard/Bähr 1987, 30). Wie in der Ergebnisdarstellung bereits gezeigt wurde, sind verschiedene personale und externale Ressourcen von besonderer Bedeutung für diese Personengruppe, um Aufgaben und Schwierigkeiten am Arbeitsplatz zu bewältigen. Anzuführen ist hier ein kompetenter Umgang mit der eigenen Beeinträchtigung. Personale Ressourcen wie diese können oft nur in Wechselwirkung mit externalen Ressourcen wirksam werden (vgl. Udris 1990, 454). Als wichtig benannt werden z.B. Kontrollmöglichkeiten über Arbeitsabläufe oder -methoden sowie Entscheidungs- und Handlungsspielräume. Diesen wurde in anderen Studien bereits eine belastungsverringernde Wirkung zugeschrieben (vgl. Bungard/Bähr/Kupke 1989, 78). Eine Arbeitsumgebung, die wenig Zeitdruck oder Stress beinhaltet, wird von den Untersuchungsteilnehmer/innen als sehr wichtig erachtet.

Um die bedeutsame Ressource der kollegialen Unterstützung am Arbeitsplatz stärker zu nutzen, ist es von elementarer Bedeutung, bei der Arbeitsaufnahme eine Ansprechpartnerin/einen Ansprechpartner für den vermittelten Menschen zu benennen und einzuweisen.

Weitere wichtige Ressourcen sind externe Hilfsangebote, wie begleitende Therapien oder die ambulant betreute Wohnform. Nicht immer werden diese in Anspruch genommen, jedoch gilt ihr Vorhandensein als beruhigend. Ein wichtiger Ansprechpartner für Probleme am Arbeitsplatz ist der IFD. Bei Krisen und Konflikten am Arbeitsplatz, insbesondere wenn die innerbetriebliche Ansprechperson involviert ist, wird er als neutrale Instanz geschätzt, sofern gute Erfahrungen mit dem IFD gemacht wurden. Die unterstützende Rolle des IFD dauert aus Sicht der Befragten über die ersten Monate hinweg an. Daher ist es wichtig, dass der IFD im Bedarfsfall genügend Kapazitäten hat, seine Funktion als Begleiter wahrzunehmen.

Wie werden die Dienstleistungen der Vermittlung und weitergehenden Begleitung durch den IFD bewertet?

Dass der IFD als integrativer Dienstleister Unterstützung bei der Vermittlung und bei der Begleitung am Arbeitsplatz aus einer Hand anbietet, stößt bei den vermittelten Menschen auf ein positives Echo. Zum einen schätzen sie die Kompetenzen des IFD bei der Vermittlung in Arbeit, zum anderen empfinden sie den IFD als entlastenden Rückhalt für das Ausfüllen der Arbeitsstelle. Dies wird auch von Personen beschrieben, die nicht die begleitenden Hilfen in Anspruch nehmen. Es hat sich gezeigt, dass es besonders wichtig ist, dass der IFD in der Probezeit eine engmaschige Betreuung anbieten kann, da hier die Unterstützungsbedarfe sehr hoch sind.

Von großer Bedeutung ist für die Menschen, dass sie ein Vertrauensverhältnis zur Fachberaterin/zum Fachberater aufbauen können und dass sie/er auf ihre Stärken, Schwächen und Wünsche eingeht. Ein Wechsel der Bezugsperson wird problematisiert, scheint jedoch den unterstützenden Charakter des IFD aus Sicht der Befragten nicht zu gefährden.

Welche Schlüsse lassen sich für die Arbeit des IFD ziehen?

Obwohl sich insgesamt gezeigt hat, dass sich die Vorgehensweisen der Vermittlung und Begleitung der IFD aus der Sicht von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen bewährt haben, sind jedoch zur Sicherung und Optimierung der Qualität der Dienste und damit der Nachhaltigkeit der Vermittlungen Veränderungen notwendig. Diese werden im Folgenden aufgeführt.

In den Interviews ist deutlich geworden, dass der Grundstein für die genaue Profilerstellung und die weitere erfolgreiche Zusammenarbeit durch einen vertrauensvollen Umgang zwischen Kundinnen und Kunden und ihren Berater/innen gelegt wird. In dieser Phase ist es also außerordentlich wichtig, ausreichend Zeit für intensive Gespräche zur Verfügung zu haben. Daneben schätzen die zu vermittelnden Menschen das vorgeschaltete Praktikum zum Abbau von Ängsten und zur Überprüfung der Fähigkeiten in unverbindlichem Rahmen. Diese Ergebnisse weisen daher auf die Notwendigkeit einer ausreichend langen Klärungsphase hin, die nicht stringenten Zeitvorgaben für die Vermittlung zum Opfer fallen darf. Die z.T. von den Agenturen für Arbeit vorgegebene Vermittlungsdauer von einem halben Jahr berücksichtigt in keiner Weise die notwendigen Schritte für eine passgenaue Vermittlung.

Absolut erforderlich für eine sorgfältige Akquise sind ausreichende personelle und zeitliche Ressourcen des IFD. Das hat sich bereits in den Modellprojekten gezeigt (vgl. Trost 1997, 82ff.). Diese leidet jedoch aktuell unter den hohen Fallzahlen pro IFD-Berater/in und den zeitlichen Vorgaben. Einen individuell angemessenen Arbeitsplatz zu finden, ist bei der Zielgruppe der Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen nicht nur hinsichtlich fachlicher Anforderungen, sondern insbesondere hinsichtlich der sozialen Bedingungen am Arbeitsplatz wichtig. Die hier vorkommenden Ressourcen haben sich in dieser Untersuchung als wichtige Voraussetzung für den Erhalt der Arbeitsstelle erwiesen. Der IFD benötigt daher genügend Zeit, um einen entsprechenden Arbeitgeber zu finden und die betriebliche Begleitung der vermittelten Person zu initiieren.

Dienste bzw. Kostenträger, die auf eine schnelle und weniger sorgfältig durchgeführte Vermittlung setzen, erfüllen dagegen nicht die gesetzlichen Bestimmungen. Denn derartige Vermittlungen reichen bei weitem nicht aus, um die betriebliche Integration anzubahnen. Vielmehr werden durch kurzzeitige Arbeitsverhältnisse und erneute Vermittlungsbedarfe die Kosten der IFD unnötigerweise in die Höhe getrieben (vgl. Kastl/Trost 2002, 297). Bei Arbeitsverhältnissen, die über ein Jahr bestehen, kann es hingegen sogar zu einer Kostenentlastung kommen, wie die Kosten-Nutzen-Analyse für die Gruppe der Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen von Trost ergeben hat (vgl. 1997, 200f.). Letztendlich zeigt sich die Qualität der Vermittlung also erst langfristig (vgl. Doose 2004, 5).

Für die Sicherung der Qualität der Vermittlungen ist es sinnvoll, die strukturellen Bedingungen für die Mitarbeiter/innen der IFD zu verbessern, damit sie ihre Arbeit qualitativ hochwertig leisten können. Möglich wäre, z.B. die Fallzahlen pro Fachberater/in zu reduzieren. Umfassendere Veränderungen schlagen Kastl/Trost mit einer erhöhten pauschalen Sockelfinanzierung verknüpft mit einer erfolgsbezogenen Vergütung vor (vgl. 2002, 300). Dadurch würden für wichtige Aufgaben, wie der Klärungsphase, der Akquise und der nachgehenden Begleitung mehr Ressourcen zur Verfügung stehen. Das derzeitige Missverhältnis, die Begleitung in der Probezeit zusätzlich zu den Fallkontingenten in der Vermittlung zu leisten, muss aufgehoben werden. Um die Begleitung zu optimieren, ist z.B. eine Verlängerung des Zeitraumes, nach dem die Erfolgsprämie gezahlt wird, sowie deren Erhöhung denkbar. Würde die Prämie beispielsweise nach einem Jahr statt einem halben fällig, würde der Anreiz für eine qualifiziertere und intensivere Begleitung als die momentan praktizierte geschaffen. Dabei muss allerdings auf angemessene Fallzahlen pro Berater/in geachtet werden.

Da in der Untersuchung deutlich wurde, welch hohe Bedeutung es hat, Problemlagen rechtzeitig zu erkennen und gegenzusteuern, ist es notwendig, dass der IFD über genügend Kapazitäten verfügt, um einen regelmäßigen Kontakt zur vermittelten Person und ihrem Arbeitgeber zu pflegen. Dies ist insbesondere bei Personen sinnvoll, deren Wahrnehmung von Schwierigkeiten und Reflexionsfähigkeit nicht gut ausgeprägt sind und die Probleme nicht entsprechend signalisieren. Kontinuierlichen Kontakt zum Arbeitgeber aufrechtzuerhalten, bewerten die Berater/innen selbst ebenfalls als ein wesentliches Erfolgskriterium der Stabilität eines Arbeitverhältnisses (vgl. Doose 2004, 4). Auch vor dem Hintergrund des Auslaufens der Lohnkostenzuschüsse (vgl. Barlsen 2001, 57) ist es wichtig, dass der IFD mit dem Arbeitgeber in Kontakt steht, um neue (finanzielle) Perspektiven zu eröffnen.

Durch eine verbesserte personelle Versorgung kann die auch in dieser Untersuchung als überaus notwendig bewertete Netzwerkarbeit vorangetrieben werden. Denn flankierende Maßnahmen, die der IFD oft anregt, tragen stark zum Integrationserfolg bei.

Eine wesentliche Voraussetzung für die optimale Nutzung der Ressourcen und eine Evaluierung im IFD liefert ein internes Qualitätsmanagementsystem. In NRW wurden vom damaligen Landesarbeitsamt und von den beiden Integrationsämtern 2002 Richtlinien zur Qualitätssicherung erarbeitet. Hier ist vermerkt, dass die Stabilität des Arbeitsverhältnisses "ein wesentliches Kriterium für die Qualität der Arbeit des IFD" ist (Bundesanstalt für Arbeit/Landesarbeitsamt NRW/Landschaftsverband-Westfalen-Lippe/Landschaftsverband Rheinland 2002, 6).

Um die Nachhaltigkeit der Vermittlungen stärker in den Blick zu nehmen, ist es sinnvoll, systematische Befragungen der Vermittelten bezüglich ihrer Werdegänge und der aktuellen Situation durchzuführen. Erhebungszeitpunkte von einem Jahr sowie von zwei und fünf Jahren nach der Vermittlung scheinen geeignet, um Aussagen über die Integrationserfolge oder -misserfolge treffen zu können und darauf möglichst in der Vermittlungs- und Begleitungsarbeit zu reagieren. Des Weiteren würden derartige Befragungen wichtige Informationen für aktuelle Kosten-Nutzen-Relationen der Dienste liefern.

Der Wechsel in die begleitenden Hilfen wird nicht nur von den vermittelten Personen als unangenehm empfunden, er bindet auch bedingt durch den bürokratischen Aufwand unnötigerweise Ressourcen. Diese können an anderer Stelle sinnvoller verwendet werden, würde der Übergang fließend gestaltet werden. Generell wäre es für alle vermittelten Menschen günstig, wenn der IFD auch ohne die Bewilligung der begleitenden Hilfen für diejenigen in ausreichendem Maß aktiv werden kann, die die Unterstützung zu einem beliebigen Zeitpunkt ihres Arbeitsverhältnisses benötigen. Ein solches Vorgehen würde dem Konzept der Unterstützten Beschäftigung gerecht werden, das das unbegrenzte Vorhalten der Unterstützung fordert.

Ausblick

Die vorgestellte Untersuchung ging in kleinem Rahmen den Fragestellungen des Verbleibs der von IFD vermittelten Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen nach. Interessant sind weitere Studien, die auch statistisch den Verbleib von vermittelten Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen untersuchen und vor allem Werdegänge betrachten, die über drei Jahre hinausgehen (vgl. Barlsen 2001, 57). Ergebnisse dazu sind in der nächsten Zeit von Stefan Doose und der Universität Münster zu erwarten (vgl. Doose 2004, 3).

Daneben besteht weiterhin Forschungsbedarf hinsichtlich der Werdegänge der Menschen, die von IFD in Qualifizierungen, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen usw. vermittelt wurden und über diese Schritte dem Ziel allgemeiner Arbeitsmarkt ggf. näher kommen. Denn sehr oft begleiten die IFD Menschen bei einem langjährigen Prozess. Untersuchungen können dahin gehend aufschlussreich sein, inwiefern Zwischenschritte auf dem Weg in den allgemeinen Arbeitsmarkt tatsächlich zum Erreichen dieses Ziels beitragen und welche dabei besonders erfolgreich sind. Zudem können daraus Aussagen gezogen werden, ob die genannten Vermittlungstätigkeiten stärker zu honorieren sind und damit der Arbeit der IFD in wirksamerer Weise - auch finanziell - gerecht zu werden.

Mit der dargelegten Untersuchung wurde die Bedeutung der Nachhaltigkeit der Vermittlungen durch IFD herausgestellt. Inwiefern Veränderungen in der nahen Zukunft hinsichtlich der Verbesserung der langfristigen Qualität der IFD erreicht werden können, wird stark von den aktuellen Entwicklungen abhängen. Die Integrationsämter werden ab dem 01.01.2005 die Strukturverantwortung übernehmen. In den einzelnen Regionen können die Verhandlungen hinsichtlich der Ausgestaltung sicherlich mit Spannung erwartet werden. Dennoch ist zu hoffen, dass die Begleitung am Arbeitsplatz sowohl kurz nach der Vermittlung als auch längerfristig gesehen für alle Zielgruppen des IFD stärker in den Mittelpunkt rückt. Dies ist ein wichtiger Schritt, um die berufliche Teilhabe und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft für viele Menschen mit Behinderungen zu ermöglichen.

Literaturhinweise

Bach, H. (1999): Theorie der Sonderpädagogik. Doppelkurseinheit der Fernuni Hagen.

Barlsen, J. (2001): Unterstützte Beschäftigung und Integrationsfachdienste im Spiegel empirischer Forschung. In: J. Barlsen; J. Hohmeier (Hg.): Neue berufliche Chancen für Menschen mit Behinderung. Unterstützte Beschäftigung im System der beruflichen Rehabilitation. Düsseldorf: verlag selbstbestimmtes leben, 39-63.

Bundesagentur für Arbeit (2004): Der Arbeitsmarkt in Deutschland. Monatsbericht August 2004.

Bundesagentur für Arbeit; Agentur für Arbeit Recklinghausen (2004): Der Arbeitsmarkt im Bezirk der Agentur für Arbeit Recklinghausen. Arbeitsmarktreport. Berichtsmonat August 2004.

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Kontakt

Tomke Sabine Gerdes,

Volmarsteiner Str. 8

44137 Dortmund

mailto:tomke.gerdes@uni-dortmund.de

Quelle:

Tomke Sabine Gerdes: Der Verbleib nach der Vermittlung durch Integrationsfachdienste in den allgemeinen Arbeitsmarkt: Werdegänge von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen

Erschienen in: impulse Nr. 31, Oktober 2004, Seite 17 - 23.

Eine Untersuchung zur langfristigen Qualität von Integrationsfachdiensten

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 22.08.2006

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