Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen im Kanton Zug

Themenbereiche: Psychosoziale Arbeit
Textsorte: Bericht
Releaseinfo: Unveröffentlichter Projektbericht. Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Nordwestschweiz. Studium in Sozialarbeit/ Sozialpädagogik. Der Projektbericht steht zum kostenlosen Download auf der Webseite der Pro Infirmis Uri Schwyz Zug [www.proinfirmis.ch] zur Verfügung.
Copyright: © Stephan Hüsler, Mariella Nuzzo, Fabienne Plattner, Aaron Rhyner, Robin Winiger 2012

Inhaltsverzeichnis

Besten Dank

Das Projekt war für uns sehr lehrreich und inspirierend. Wir hatten damit die Möglichkeit, unseren Beitrag zu einer gelebten, inklusiven Praxis der Sozialen Arbeit zu leisten. Dank dem Einsatz von Methoden, zu denen wir vorher noch keinen Zugang hatten, und dank anregenden Gesprächen mit allen am Projekt Beteiligten und mit lieben Menschen aus unserem Umfeld, konnte unser Blick sich immer wieder auf das Wesentliche fokussieren - und zwar auf die Stärken aller Beteiligten im Projekt.

An erster Stelle möchten wir uns herzlich bei den Mitgliedern der AMBZ bedanken. Sie haben sich auf das Experiment eingelassen, für das Aufbauen einer Selbstvertretungsorganisation mit Studierenden zusammen zu arbeiten. Herzlichen Dank für euer Vertrauen, euer Engagement und eure zahlreichen Anregungen, die unsere Arbeit nachhaltig beeinflusst hat. Herzlichen Dank für die Unterstützung und das Vertrauen auch dem Auftraggeber, Herrn Christian Vogt. Durch die Förderung von Selbstvertretung hat er sich den sozialarbeiterischen Auftrag stark zu Herzen genommen. Wir konnten auf seine Unterstützung und sein Verständnis jederzeit zählen.

Einen grossen Dank möchten wir auch unserer Projektwerkstattbegleiterin, Frau Regula Dällenbach, aussprechen. Sie hat uns gekonnt und anregend begleitet und ist uns jederzeit beigestanden, so dass wir den Auftrag möglichst professionell und selbstständig meistern konnten. Jedes Gespräch mit ihr löste ein Gefühl von Klärung und Selbstvertrauen in uns aus.

Herzlichen Dank Herrn Attila Mangold und Frau Beate Knepper, den beiden Modulverantwortlichen, die uns mit Herzblut bei der Vermittlung der Projektmanagementinhalte zur Seite gestanden sind. Herzlichen Dank auch an Frau Kathrin Härdi für ihre bedürfnisorientierte Implementierung von Verhandlungstechniken. Herrn Klaus Heidler verdanken wir wertvolle Tipps bezüglich des Präsentierens.

Wir danken allen, die mit ihren wertvollen Informationen die Projektarbeit bereichert haben. Besonders erwähnen möchten wir an dieser Stelle die Interviewpartnerinnen und -partner, die unsere Fragen geduldig beantwortet haben.

Ein besonderer Dank gebührt unseren Freunden und Freundinnen sowie unseren Familien, die uns gerade in arbeitsintensiven Zeiten gestützt, abgelenkt und in die Welt ausserhalb des Projektes geholt haben.

Abkürzungen

AMBZ: Arbeitsgruppe Menschen mit Behinderungen

FO: Fachorganisation(en)

IAMBZ: Interviews mit der AMBZ

MmB: Menschen mit Behinderungen

MoB: Menschen ohne Behinderungen

PT: Projektteam

SVO: Selbstvertretungsorganisation(en)

SVOE: Selbstvertretungs-Organisations-Expertin(nen) bzw. -Expert(en)

Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen im Kanton Zug - Projektbericht 1

1. Einleitung

Laut dem ersten globalen Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Behinderung leben weltweit 15% aller Menschen - also mehr als eine Milliarde - mit einer oder mehreren Behinderungen. Diese Zahl übertrifft alle bisherigen Schätzungen bei Weitem (vgl. AGILE, Juli 2011: o.S.).

Im oben genannten Bericht plädiert die WHO dafür, Behinderung als eine Menschenrechtsangelegenheit zu sehen. "(...) because: People with disabilities experience inequalities - for example, when they are denied equal access to health care, employment, education, or political participation because of their disability" (World Health Organisation 2011: 9).

Die ungleiche Verteilung der Möglichkeiten zwischen Menschen mit und Menschen ohne Behinderung lässt die Studie von Edgar Baumgartner et al. (2004) erahnen. Die Studie befasst sich mit der beruflichen Integration von behinderten Personen in der Schweiz und macht Aussagen über deren Inklusionsgrad im schweizerischen Arbeitsmarkt. Sie besagt, dass nur 0.8% der Stellen in Schweizer Betrieben von Menschen mit Behinderungen (MmB) besetzt sind. Ein Drittel aller befragten Arbeitgeber hielt es jedoch für möglich, MmB zu beschäftigen. Sie befinden, dass 8% der Arbeitsplätze durch MmB besetzt werden können (vgl. Baumgartner et al. 2004: IV).

Im Artikel 29 der UN-Konvention über die Rechte von MmB (UNO Behindertenrechtskonvention), die von der Schweiz noch nicht ratifiziert wurde, steht:

"Die Vertragsstaaten garantieren Menschen mit Behinderungen ihre politischen Rechte sowie die Möglichkeit, diese gleichberechtigt mit anderen zu geniessen und verpflichten sich, (...)

b) aktiv ein Umfeld zu fördern, in dem Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt mit anderen wirksam und umfassend an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten mitwirken können, und ihre Mitwirkung an den öffentlichen Angelegenheiten zu begünstigen, unter anderem

i) die Mitarbeit in nichtstaatlichen Organisationen und Vereinigungen, die sich mit dem öffentlichen und politischen Leben ihres Landes befassen und an den Tätigkeiten und der Verwaltung politischer Parteien;

ii) die Bildung von Organisationen von Menschen mit Behinderungen, die sie auf internationaler, nationaler, regionaler und lokaler Ebene vertreten und den Beitritt zu solchen Organisationen."

(Deutsches Institut für Menschenrechte 2007: 23f)

Die genannten Garantien zur Rechtsgleichheit zielen darauf ab, dass sich MmB in der Gesellschaft selbst vertreten können. Eine Stärkung der Selbstvertretung von MmB führt zu ihrer Inklusion (vgl. Lebenshilfe Schleswig-Holstein, Juli 2011: o.S.).

Inklusion heisst übersetzt Einschluss oder Einschliessung. Das Verb "einschliessen" entspricht dem Fremdwort inkludieren. Das Gegenteil, also Ausschluss, Ausschliessung oder ausschliessen wird mit Exklusion oder Exkludieren übersetzt (vgl. Schmidt 2003: 27).

Inklusion ist als Prozess zu verstehen, der von Exklusion über Assimilation zu Integration und Inklusion verläuft (vgl. Pichler, Januar 2012: o.S.).

Die Geschichte des Ausschlusses (Exklusion) von MmB (sog. "Krüppel") ist alt. Mit dem deutschen Reformator Martin Luther verloren die "Krüppel" ihren Stand und die Berechtigung zu betteln. Häufig wurden sie in sog. "Narrenschiffen" zur Stadt hinaus geführt und in Anstalten gesteckt, wo sie ihre Bürgerrechte verloren. Sie entwickelten sich damit zum Objekt kirchlicher und staatlicher Wohlfahrt. Diese Anstalten wurden mit der Zeit immer stärker nach Defiziten ausdifferenziert (vgl. Frehe, Januar 2012: o.S.). In diesen Einrichtungen wurde an den "tradierten Sichtweisen auf Behinderung als individuelle (Krankheits-) Kategorie" (Theunissen 2009: 13) festgehalten. "Dieses Denken, das auf praktischer Ebene als ein fremdbestimmtes, individuumzentriertes, therapeutisch geprägtes Handeln zu Tage trat, wurde lange Zeit insbesondere durch Auffassungen der Diakonie und Caritas als mächtige Organisationen und einflussreiche Träger von Institutionen der Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe sowie staatlich anerkannter Ausbildungsstätten für die außerschulische Heilpädagogik gestützt." (Theunissen 2009: 13)

Den Höhepunkt der Aussonderung und Diskriminierung erlebten die MmB in den Zeiten des Nationalsozialismus. Euthanasie und damit die Ausmerzung "unwerten Lebens" wurde damals legalisiert (vgl. Frehe, Januar 2012: o.S.). In neuerer Zeit wird der Geburtenrückgang von Babys mit Down-Syndrom als medizinischer Erfolg gefeiert. Heute sind wir mit der Diskussion um Präimplantations- und Pränataldiagnostik wieder an einem ähnlichen Punkt angekommen, wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Das neu revidierte Fortpflanzungsmedizingesetz erlaubt ab 2013 Präimplantationsdiagnostik unter gewissen (strengen) Bedingungen(vgl. SR 810.11).

Auch heutzutage sind ausschliessende Erlebnisse für MmB immer noch Alltag. Es sind die kleinen Hindernisse, die eine Teilnahme und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben einer Gemeinde, eines Vereins etc. erschweren oder gar verunmöglichen. Dabei ist es nicht die Behinderung an sich, die eine volle Partizipation verhindert. Es ist vielmehr die Abweichung von der Normalität. In der Vielfältigkeit des Phänomens Behinderung liegt die Schwierigkeit. Die unterschiedlichen Bedürfnisse sind für Menschen ohne Behinderungen (MoB) oft nicht verständlich und schon gar nicht offensichtlich. In der Präambel zur UN-Konvention über die Rechte von MmB wird bestätigt, dass Behinderung erst eigentlich in der Interaktion zwischen Menschen mit und Menschen ohne Behinderung entsteht: "e. Recognizing that disability is an evolving concept and that disability results from the interaction between persons with impairments and attitudinal and environmental barriers that hinders their full and effective participation in society on an equal basis with others,". (UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities 2006, Preamble e)

Die Begriffe Inklusion (englisch: inclusion) und Integration (englisch: integration) werden gerne und oft verwechselt. So wird in der deutschen Arbeitsübersetzung der UN Behindertenrechtskonvention gefordert, dass "Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben;" (Art. 24, Abs. 2b). Im englischen Original wird jedoch von "...inclusive, quality and free primary education and secondary education ..." gesprochen. Dass diese Übersetzung nicht einfach fehlerhaft, sondern im Gegenteil gewollt ist, beschreibt Monika Schumann in der Zeitschrift für Inklusion: Sie sei eine politische Willensäusserung der deutschen Kultusministerkonferenz (Heft Nr. 2, Januar 2012: o.S.)

Wo liegen die Unterschiede zwischen Integration und Inklusion?

"Integration im Sinne von Eingliederung setzt eine Ausgrenzung voraus. Anders gesagt: Sie vollzieht sich über ausgrenzende heil- oder sonderpädagogische Einrichtungen (v. a. Sonderschulen, Werkstätten für behinderte Menschen, Heime)." (Theunissen 2009: 19) Die zu integrierende Gruppe bzw. der einzelne Mensch muss also zuerst als "integrationswürdig" identifiziert werden. Von den so ausgesonderten Menschen wird verlangt, dass sie sich in die aufnehmende Gruppe oder Gesellschaft integrieren, sich dieser anpassen. Die zu integrierende Person oder Gruppe hat sich dem "Mainstream" anzupassen. Die aufnehmende Gesellschaft hat keine Integrationsleistung zu erbringen.

Ganz anders funktioniert eine inklusive Gesellschaft. Sie berücksichtigt die Bedürfnisse der einzelnen Mitglieder und schafft Bedingungen, unter welchen sich alle bestmöglich entfalten und entwickeln können. Die Leistungsanforderungen werden den einzelnen Potentialen angepasst. Dies bedeutet, dass der Wert einer Leistung nicht mehr anhand der Gleichartigkeit beurteilt wird. Sie ist vielmehr auf ihre Gleichwertigkeit zu prüfen (vgl. Jent 2002). Eine inklusive Gesellschaft legt Wert auf Vielfalt. "Heterogenität wird nicht als Problem, sondern als Bereicherung gesehen." (Peters 2004 in Schumann, Januar 2012: o.S.) Diskriminierende Werte und Einstellungen werden bekämpft. "Inklusion will die noch bestehenden[ ] Exklusionseffekte eines blossen Integrationskonzeptes überwinden." (Gutachten 2008: 21f. in Schumann, Januar 2012: o.S.)

Damit wird MmB die volle Partizipation an der Gesellschaft ermöglicht. Dies bedeutet, dass alle Menschen, unabhängig von Geschlecht, Nationalität, Rasse, Hautfarbe etc., gleichberechtigt sind, niemand darf diskriminiert werden (vgl. SR 101 BV Art. 8). Partizipation bedeutet die uneingeschränkte Teilnahme und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, d.h. MmB können entscheiden, an welchen Aktivitäten sie teilnehmen wollen (Teilnahme) bzw. (mit)bestimmen, welche Aktivitäten ausgeübt werden sollen (Teilhabe). Dies bedingt Emanzipation von paternalistischer Bevormundung. "Mit Emanzipation ist demnach der Abbau von willkürlichen, nicht gerechtfertigten Machtverhältnissen von Menschen über Menschen, die Befreiung von ungerechtfertigter und unbegründeter Abhängigkeit, Zwang und Unterdrückung gemeint mit dem Ziel der individuellen Selbstbestimmung und gleichberechtigten Mitbestimmung bei gesellschaftlichen und politischen Entscheidungen." (Weber 1999: 492)

Diese "Erfahrung von der Veränderbarkeit und Gestaltbarkeit der eigenen Lebensumstände und die Stärkung des Vertrauens des Klienten in sein Vermögen, aus eigener Kraft relevante Ausschnitte der Umwelt gestalten zu können" (Herriger 2010: 129) hat auch Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit (Antonovsky 1997). Auch aus wirtschaftlicher Sicht bietet die Inklusion verschiedenster Menschen Vorteile. Einerseits ist es ein Erfordernis der globalisierten Wirtschaftstätigkeit, die Kulturen, in denen eine Unternehmung tätig ist, auch im Management widerzuspiegeln. Andererseits sind heterogen zusammengesetzte Arbeitsgruppen effektiver als homogen zusammengesetzte Teams (vgl. Jent 2002: 192). Dies gilt selbstverständlich nicht nur für die Wirtschaft sondern für sämtliche Bereiche menschlichen Zusammenlebens.

Im vorliegenden Projektbericht wird von "Menschen mit Behinderungen" gesprochen. Begriffe wie "Behinderte" und "behinderte Menschen" werden nicht verwendet. Die Behinderung ist ein zusätzliches Merkmal einer Person. Sie ist jedoch nicht das alles beherrschende Attribut. Deshalb wird der Mensch in den Vordergrund gestellt. In Anerkennung der Tatsache, dass neben der oder den Behinderung(en) weitere Merkmale eines Menschen behindernd wirken können (vgl. BehiK, Präambel, Abs. P), wird "Behinderungen" ebenfalls im Plural verwendet.

Die drei folgenden Zitate sollen die unterschiedlichen Auffassungen über Behinderung deutlich machen:

  • Die Bundesverfassung verbietet die Diskriminierung wegen "einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung". (vgl. SR 101 BV Art. 8, Abs. 2)

  • Artikel 2, Absatz 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG) definiert Behinderung als "eine voraussichtlich dauernde körperliche, geistige oder psychische Beeinträchtigung", die es "erschwert oder verunmöglicht, alltägliche Verrichtungen vorzunehmen, soziale Kontakte zu pflegen, sich fortzubewegen, sich aus- und fortzubilden oder eine Erwerbstätigkeit auszuüben."

  • Gemäss UNO Behindertenrechtskonvention (BehiK), Artikel 2, sind Behinderungen "langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen " welche "in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können".

Im vorliegenden Projektbericht werden zuerst die Projektziele, der Projektauftrag, die Fragestellungen und das methodische Vorgehen beschrieben. Daraus wird deutlich, dass das Projekt zwei parallel verlaufende Prozesse beinhaltet, einen Forschungs- und einen Entwicklungsprozess.´Erstens geht es um die kooperative Realisierung eines Prozesses der Selbstvertretung von MmB im Kanton Zug. Und zweitens um die Forschung über die Rahmenbedingungen für eine Selbstvertretungsorganisation (SVO) von MmB. In den darauf folgenden zwei Kapiteln 3 und 4 wird schliesslich auf die Ergebnisse der Realisierung des Prozesses und auf Empfehlungen für die Begleitung eines Prozesses der Selbstvertretung eingegangen. Abschliessend werden Schlussfolgerungen und Empfehlungen zusammengefasst und es wird ein Ausblick in die Zukunft gewagt.

2. Projektbeschrieb

In diesem Kapitel wird in einem ersten Schritt formuliert, wie sich die Ausgangslage darstellte. Dann werden der daraus resultierende Auftrag und die definierte Zielsetzung vorgestellt. Anschliessend wird die aus der Zielsetzung abgeleitete Fragestellung aufgeführt. Weiter wird erläutert, wie das von der Fragestellung beeinflusste methodische Vorgehen ablief.

2.1 Ausgangslage

Seit 2003 gibt es in der Schweiz immer wieder eidgenössische und kantonale Volksabstimmungen, die auf das Leben von MmB grosse Auswirkungen haben:

  • 2003 Ablehnung der Volksinitiative "Gleiche Rechte für Behinderte, Ja zum freien Zugang". Als Gegenvorschlag wurde dem Stimmvolk ein Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von MmB (Behindertengleichstellungsgesetz BehiG SR 151.3) vorgelegt und von diesem angenommen

  • 2005 4. Revision des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG)

  • 2007 Neugestaltung des Finanzausgleichs und Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA)

  • 2008 5. Revision des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG)

  • 2009 IV Zusatzfinanzierung

Einen guten Überblick über die Entwicklung der Invalidenversicherung gibt die Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (6. IV-Revision, zweites Massnahmenpaket vom 11. Mai 2011: 14).

Im Unterschied zur übrigen Schweiz gab es bei all diesen Abstimmungen im Kanton Zug keine von MmB geführte Kampagne.

In der Schweiz wurde 2007 die Zahl der MmB auf knapp 1,2 Millionen Personen geschätzt. Davon seien ca. 2/5 schwer behindert. Diese Personen leben vorwiegend in Heimen oder Institutionen. Es ist für sie nicht mehr möglich oder schwierig, in Selbstständigkeit und zu Hause zu leben (vgl. Bundesamt für Statistik, Juli 2011: o.S.). Sie sind vom Wandel betroffen: Im Rahmen der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) zog sich die Invalidenversicherung (IV) vollständig aus der Planung, Steuerung und Finanzierung von Einrichtungen für MmB zurück. Per 1. Januar 2008 mussten die Kantone diese Aufgaben umfassend übernehmen. Während der Übergangsphase von mindestens drei Jahren führten die Kantone die bisherigen Leistungen der IV bis zum Vorliegen eines eigenen, vom Bundesrat genehmigten Behindertenkonzepts, weiter (vgl. IFEG Art. 10 Abs. 1). Der Kanton Zug reichte im Februar 2010 sein Behindertenkonzept zur Förderung der Eingliederung invalider Personen (IFEG) beim Bundesrat zur Genehmigung ein (vgl. Kanton Zug, Juli 2011). Damit ist der Kanton Zug seit 2011 für die Planung und Finanzierung der stationären Einrichtungen verantwortlich.

Bis im Frühjahr 2011 gab es eine bei der Direktion des Inneren des Kantons Zug angesiedelte Fachkommission für Behindertenfragen. Sie bestand aus Mitgliedern der Verwaltung, Vertretern von Behindertenorganisationen und zwei Personen im Rollstuhl. Gemäss Aussage der Vertreterinnen und Vertreter der Behindertenorganisationen wurde diese Fachkommission von ihnen mehr und mehr in Frage gestellt. Viele von ihnen unterhielten eigene und sehr gute Kontakte zu Politik und Verwaltung. Ferner war der Kanton Zug aufgrund der NFA gezwungen, in der Verwaltung eigene Kompetenzen im Bereich MmB aufzubauen.

In verschiedenen Kantonen gibt es eine Behindertenkonferenz (BEKO). Sie besteht meist aus Vertretern und Vertreterinnen von Selbsthilfe- und Fachhilfeorganisationen. In Zug traf sich die BEKO ab 1993 zweimal jährlich zu einer Sitzung. Gemäss Auskunft eines früheren Mitglieds wurden bei dieser Gelegenheit Informationen ausgetauscht. Seit einigen Jahren gibt es diese Plattform nicht mehr.

All dies führte den Geschäftsleiter von Pro Infirmis Uri Schwyz Zug, Herrn Christian Vogt, zur Überzeugung, dass es dringend notwendig sei, dass sich MmB als Expertinnen und Experten ihrer eigenen Lebenslage selber für ihre Bedürfnisse und Rechte einsetzen. Auch die kantonale Verwaltung wünscht sich, gemäss Aussage seines Vertreters in der Fachkommission, eine Organisation von MmB, die sich z.B. zur Neugestaltung von Gesetzen und Verordnungen äussert.

Deshalb reichte Herr Vogt bei der Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Soziale Arbeit, den folgenden Antrag für die Projektumsetzung ein.

2.2 Projektauftrag

Im Kanton Zug soll ein kooperativer Prozess zur Selbstvertretung mit MmB initiiert und begleitet werden. Zudem sollen die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Selbstvertretung von MmB eruiert werden. Dadurch soll im Verlauf des Projekts eine "Plattform" geschaffen werden, welche es MmB im Kanton Zug ermöglicht, "Inklusion" und "Selbstvertretung" zu realisieren. Obwohl sich auch in anderen Kantonen MmB nicht immer selbst vertreten, soll das Projekt exemplarisch auf den Kanton Zug fokussiert bleiben. Eine Ausweitung auf die übrigen Zentralschweizer Kantone soll möglich sein.

2.3 Vision und Zielsetzung

Aus dem Erstgespräch zwischen dem Auftraggeber und dem Projektteam (PT) ergaben sich folgende Visionen:

  • Im Kanton Zug besteht Inklusion von MmB in allen Bereichen der Gesellschaft.

  • Die MmB leben als Teil der kantonalen Bevölkerung und nehmen am gesellschaftlichen Leben aktiv teil. Sie können ihre Interessen und Bedürfnisse einbringen, sich selber organisieren und werden gehört.

  • Der Kanton Zug hört und unterstützt die Anliegen der MmB. Er schafft Möglichkeiten für ihre Selbstvertretung in den kantonalen Entscheidungsfindungsprozessen.

Das PT formulierte unter Berücksichtigung dieser Visionen folgendes Fernziel, welches in der Zeit nach Projektabschluss der Gruppierung der MmB als Leitlinie dienen kann:

  • Die Gruppierung von MmB vertritt sich im Kanton Zug selber. Sie bringen ihre Belange in den gesellschaftlichen Diskurs ein. Sie werden von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft als die Expertinnen und Experten ihrer eigenen Lebenslage wahrgenommen. Sie werden möglicherweise zu Vernehmlassungen eingeladen.

Die konkreten Ziele wurden durch den Auftraggeber festgelegt:

  • Initiierung und Begleitung eines dynamischen Prozesses, der "Inklusion" und "Selbstvertretung von MmB" zum Ziel hat und nach Projektabschluss weiter geführt wird. Der Grundstein für eine funktionierende Gruppe wird gelegt. Die Ziele dieser Gruppe sind variabel.

  • Erarbeitung von Grundlagen, anhand deren sich MmB im Kanton Zug direkt und erfolgreich in gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Gegebenheiten einbringen können. Die Grundlagen sind leicht auf andere Zentralschweizer Kantone übertragbar.

Das erste Ziel hat einen (theoriegeleiteten) praktischen Zugang, während das Zweite theoretisch-empirisch abgehandelt wird. Unter Berücksichtigung der beiden Ziele wurde die Fragestellung definiert.

2.4 Fragestellung

Was zur Erreichung der Zielsetzung vonnöten ist, wird durch die folgenden zwei zentralen Fragen zu erörtern versucht.

Erste Frage:

Wie kann das PT einen kooperativen Prozess mit der Arbeitsgruppe Menschen mit Behinderungen Zug (AMBZ) zu Gunsten derer Selbstvertretungsorganisation initiieren und realisieren?

Des Weiteren wird Teilfragen nachgegangen, welche auf die Beantwortung der Frage abzielen.

  • Wie kann der Gruppenbildungs-Prozess unter Wahrung der Autonomie der AMBZ unterstützt werden?

  • Wie können die Ressourcen der Mitglieder der AMBZ gestärkt werden?

Die erste Frage behandelt im Vordergrund den praxis-bezogenen kooperativen Prozess, der schwerpunktmässig in Kapitel 3 abgehandelt wird.

Zweite Frage:

Welches sind die vorhandenen und nötigen Rahmenbedingungen, damit sich die AMBZ direkt in gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Fragen einbringen und selbst vertreten kann?

Aus dieser Frage ergaben sich zwei Schwerpunkte der Recherche, aufgeteilt in Analyse bestehender SVO und Analyse der Wünsche und Bedürfnisse der Gruppe von MmB.

Analyse bestehender SVO

  • Welche Organisationsformen von Selbstvertretung von Menschen mit und ohne Behinderungen gibt es? Welche Ziele verfolgen diese? Welche Strategien verfolgen sie? Welche Strategien führen zu einer erfolgreichen Selbstvertretung von MmB?

  • Welches sind die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Selbstvertretung? Welche Ressourcen werden eingesetzt (finanziell, personell, strukturell)?

  • Welche Schwierigkeiten können auftreten und wie werden diese bewältigt (Probleme und Lösungsvorschläge)?

  • Welches sind die besonderen Empfehlungen?

Analyse der Wünsche und Bedürfnisse der Mitglieder der AMBZ

  • Welche Bedürfnisse haben die Mitglieder der Gruppe von MmB in Bezug auf eine Selbstvertretung im Kanton Zug?

  • Über welche Ressourcen verfügen sie, um sich in die für sie wichtigen Lebensbereiche einbringen zu können? Welche Ressourcen können noch gestärkt werden?

Die Resultate der Aufarbeitung der zweiten Frage fliessen in Empfehlungen zur Selbstvertretung der AMBZ ein und werden in Kapitel 4 aufgezeigt.

2.5 Methodisches Vorgehen im Projekt

Der Auftrag gibt vor, die Erkenntnisse aus der Forschung, aus den Methoden und Theorien und aus der Zusammenarbeit mit der AMBZ in die Praxis zu implementieren. Das heisst, dass die Erkenntnisse immer gleich auf die Begleitung der AMBZ anzuwenden sind. Dies ergibt zwei parallel verlaufende Prozesse zum methodischen Vorgehen:

A Forschungsprozess: Forschung zu den nötigen Rahmenbedingungen für eine SVO

B Entwicklungsprozess und Aktion: Recherchen über Methoden und Theorien für die Begleitung des Prozesses der AMBZ sowie kooperative Initiierung und Realisierung eines Prozesses der Selbstvertretung

Diese beiden Prozesse stehen in Wechselwirkung zueinander, wie die folgenden Ausführungen zeigen werden.

2.5.1 Forschungsprozess (A)

Aktionsforschung

Als Grundgerüst der Forschungsarbeit dient dem PT die Aktionsforschung nach Kurt Lewin (vgl. 1948). Forschungsziel der Aktionsforschung ist nach Bischofberger (vgl. Dezember 2011: o.S.) das Streben nach Veränderung der untersuchten Problemlage. Bereits die Erhebung der Daten ist ein Teil des sozialen Prozesses, denn sie geschieht mittels enger Zusammenarbeit mit den Befragten. Aktionsforschung wurde gewählt, da sie aufzeigt, wie die Ergebnisse der Forschung in die Praxis implementiert werden können. Somit fordert sie eine enge Verschränkung von Forschung und Praxis, was dem PT für eine bedarfsgerechte und Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen im Kanton Zug - Projektbericht 10 kooperative Durchführung des Projekts mit der AMBZ wichtig war. Die unten beschriebenen vier Phasen, in welche die Aktionsforschung gegliedert ist (vgl. ebd.), wirkten sich also nicht nur als strukturierend auf den Forschungsprozess, sondern gleichzeitig auch auf den kooperativen Prozess mit der AMBZ aus, wie dies in der folgenden Grafik ersichtlich ist.

Abb. 1: Aktionsforschungsphasen in Forschung und Praxis (eigene Darstellung)

Die in der Grafik dargestellten Phasen und ihre Umsetzung werden nachfolgend erläutert:

Phase 1: Informationen sammeln

In dieser Phase geht es um das Sammeln von Informationen, auf welche die weitere Arbeit in der Praxis aufbauen kann (vgl. ebd.).

Die Informationssammlung zur Beantwortung der zweiten Fragestellung, also von vorhandenen und nötigen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Selbstvertretung von MmB im Kanton Zug, erfolgte mittels leitfadengestützten Recherchearbeiten über bestehende SVO und über leitfadengestützte Interviews mit den AMBZ-Mitgliedern und Selbstvertretungs-Organisations-Expertinnen und -Experten (SVOE).

Die Leitfäden dienten jeweils dazu, die Informationsbeschaffung in die für die Erhebung richtige Richtung zu lenken. Als Leitfaden erstelle das PT ein Raster, in dem die zur Beantwortung der Fragestellung relevanten Fragen eingeordnet wurden (vgl. Anhang1 Leitfaden-Gruppendiskussion, Leitfaden-Interview, Leitfaden-Interview mit Organisation2). Strukturiert wurde das Raster mittels dem Reflexionsmodell nach Staub-Bernasconi (vgl. 1994), welches davon ausgeht, dass Probleme sich in Ausstattungs-, Austausch-, Macht- und Kriterien- /Werteprobleme (vgl. ebd.:77f) unterteilen lassen. Dies half die genannten Probleme zu systematisieren, ihre Ursachen zu erkennen um dadurch bei der Grundlagenerarbeitung für die weitere Arbeit der AMBZ am richtigen Ort anzusetzen. Ergänzend wurde bei der Erstellung des Rasters auch das AGIL-Schema nach Talcott Parsons verwendet (vgl. 1985 und Brock/Junge/Krähnke 2007: 191-218). Gemäss Brock et. al. geht Parsons davon aus, dass gesellschaftliche Systeme vier Ebenen enthalten, die gewisse Aufgaben für das System erfüllen. Diese zielen auf Anpassung (Adaption), auf Zielerreichung (Goal-Attainment), Integration (Integration) und auf Normerhaltung (Latency) ab (vgl. ebd.). Das AGIL-Schema ermöglichte das Einbeziehen dieser Ebenen, da sie auch für das Bestehen eines Systems wie die SVO von Bedeutung sind. Das so erstellte Raster ermöglichte zielgerichtete Befragungen und Recherchen.

Die Dokumentrecherchen über SVO führte das PT zu Beginn, dank einer vom Auftraggeber erstellten Liste von Organisationen, die später mittels "Schneeballsystem" ergänzt wurden: Die befragten Organisationen empfahlen weitere ihnen bekannte Organisationen, die schliesslich ebenfalls untersucht werden konnten. Namentlich wurden dabei Konzepte, Leitbilder, Internetauftritte und Statuten von Vereinen einer Analyse unterzogen. Wenn durch diese Dokument- und Inhaltsanalysen gewisse Fragen zu Organisationen unbeantwortet blieben (z.B. welche Strategien die Organisationen für eine starke Wirkung der SVO verwenden), wurden Personen, welche in diesen Organisationen tätig sind, mit Hilfe einer Befragung per E-Mail oder telefonisch dazu konsultiert. Alle daraus gewonnenen Daten wurden themenbezogen mittels der strukturierenden Inhaltsanalyse nach Mayring (vgl. 1983: 53ff.) kategorisiert und analysiert. Als Hilfsmittel dazu nutzte das PT das computergestützte Programm Atlas TI.

Des Weiteren führte das PT leitfadengestützte Experten-Interviews nach Flick (vgl. 2009: 113ff.) durch. Der erstellte Leitfaden wurde verwendet, um das Gespräch in die für die Fragestellungen relevante Richtung zu lenken. Das leitfadengestützte Interview liess zugleich genügend Raum, um spontan auf Themen und Fragen einzugehen, welche sich während des Interviews ergaben. Kennzeichnend für das Experten-Interview ist das Interesse der Befragenden für das Wissen der Befragten in einem bestimmten Bereich (vgl. ebd.). Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen im Kanton Zug - Projektbericht 12 Die Auswahl der Befragten erfolgte mittels dem "Convenience Sampling". Dabei wurden Menschen anhand des Kriteriums Annehmlichkeit ausgewählt, weil diese über den Auftraggeber oder über das "Schneeballsystem" am einfachsten zugänglich waren. Dadurch konnte der Aufwand minimiert werden. Bei begrenzten zeitlichen und personellen Mitteln ist das "Convenience Sampling" manchmal der einzige Weg, um eine Untersuchung überhaupt durchführen zu können (vgl. Patton 2002, zit. nach Flick 2009: 95).

Zur Eruierung der Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche SVO wurden drei Experten und Expertinnen für SVO befragt. Ihr, durch langjähriges Engagement in einer SVO, gewachsenes Erfahrungswissen war im Fokus der Befragungen. Ebenfalls wurden acht Mitglieder der AMBZ befragt (beim neunten Mitglied wurde aufgrund seines späten Beitritts auf die Befragung verzichtet). Die Wünsche, Bedürfnisse und Ideen bezüglich der eigenen Selbstvertretung wurden dadurch eruiert. Als Expertenwissen der Mitglieder wurde hierbei jenes verstanden, welches durch die Erfahrung eines von Behinderungen mitgeprägten Lebens entsteht. Alle Interviews wurden transkribiert und die daraus gewonnenen Daten wurden nach Mayring (vgl. 1983: 53ff.) analysiert.

Die Mitglieder der AMBZ, mit welchen das PT den kooperativen Prozess startete, wurden ebenfalls mittels eines "Convenience Sampling" durch den Auftraggeber akquiriert. Im Verlauf des Projekts konnten weitere Mitglieder, durch die Beziehungsnetze der anfänglich anwesenden, dazu gewonnen werden. Dabei wurde darauf geachtet, dass Personen mit unterschiedlichen Behinderungsformen vertreten sind. Die Multiperspektivität hinsichtlich der Anliegen von MmB wurde dadurch erweitert. Der Anspruch, die Gesamtheit der MmB im Kanton Zug zu repräsentieren, lag jedoch fern.

Phase 2: Datenfeedback einholen und Diskurs führen

Die in der Phase 1 gewonnenen Daten werden in der Aktionsforschung als Bestandteil eines prozesshaften Ablaufs interpretiert und dienen der Gestaltung der weiteren Phasen. Anders als in anderen Forschungsmethoden, werden die durch Forschung erhobenen Daten nicht als isolierte Daten angesehen. Stattdessen sollen sie den realen Prozessen (in diesem Fall die konkrete kooperative Arbeit zwischen PT und AMBZ) gleichgestellt und zusammen mit diesen als Einheit gedacht werden (vgl. Bischofberger, Dezember 2011: o.S.). Aus diesem Grund sollen die Daten stets mit der Realität abgeglichen werden.

Bei der Phase 2 ging es folglich darum, den Erkenntnisgewinn der Forschung über Rahmenbedingungen für eine SVO transparent zu machen. Die gewonnenen Informationen wurden im Verlauf des Prozesses den AMBZ-Mitgliedern präsentiert und anschliessend diskutiert. Dabei kamen auch neue Fragen auf, welche mittels erlangten Datenmaterials beantwortet werden konnten und der Zyklus erneuerte sich bei der Phase 1. Hatte z.B. die AMBZ entschieden, dass es ihr wichtig ist, sich Gedanken über die mögliche Zusammensetzung der AMBZ zu machen, begann das PT eine neue Auswertung des Datenmaterials. Darin suchte es Aussagen, die von SVOE und AMBZ-Mitgliedern über eine sinnvolle und erfolgversprechende oder erwünschte Zusammensetzung für eine SVO gemacht wurden. An einem nächsten Treffen konnten diese der AMBZ wieder präsentiert werden. Auf diese Weise konnte die AMBZ die Erkenntnisse aufnehmen und diskutieren.

Phase 3: Handlungen ableiten:

Da Aktionsforschung Entwicklungsprozesse initiieren möchte, fügt diese Phase Erkenntnis und Handlung zusammen (vgl. ebd.). So werden, basierend auf den Ergebnissen der Forschung, Entscheidungen getroffen, welche das weitere Vorgehen bestimmen.

In weiteren Gesprächen mit der AMBZ wurde entschieden, inwiefern die Ergebnisse der vorhergehenden Phasen dienlich sein können. Diese flossen einerseits zum Teil direkt in die Arbeit der AMBZ mit ein. Z.B. entschied die AMBZ nach der Diskussion über die Ergebnisse bezüglich der von SVO verwendeten Organisationsformen, dass sie sich erst mit dem Fortschreiten ihrer Erfahrungen der Tätigkeit auf eine geeignete Organisationsform festlegen möchte. Andererseits fliessen in diesem Projektbericht die gesamten Ergebnisse der Forschung ein, um daraus Empfehlungen für die weitere Arbeit der AMBZ zu formulieren. Die Auswertungen wurden hierzu mit theoretischen Begründungen verknüpft.

Zur Erstellung von Grundlagen für eine erfolgreiche Weiterarbeit der AMBZ war es wichtig, die Bedürfnisse und Ressourcen der AMBZ zu berücksichtigen und ebenso das Wissen bestehender und erfolgreicher Selbstvertretungsorganisationen zu nutzen. Deswegen wurde in allen gesammelten Daten nach Hinweisen für einen erwünschten Soll-Zustand und dem vorhandenen ist-Zustand der AMBZ gesucht. Der soll- und ist-Zustand kristallisierte sich dabei aus folgenden einzelnen Analysen:

Soll-Zustand: Ergebnisse der Inhaltsanalyse von Dokumenten und Internetauftritten von bestehenden SVO (nötige Rahmenbedingungen und Empfehlungen für eine erfolgreiche Selbstvertretungsorganisation).

Soll-Zustand: Ergebnisse der Inhaltsanalyse von Interviews mit Experten in Sachen Selbstvertretung (nötige Rahmenbedingungen und Empfehlungen für eine erfolgreiche Selbstvertretungsorganisation).

Soll-Zustand: Ergebnisse der Inhaltsanalysen von Interviews mit den Mitgliedern der AMBZ (Bedürfnisse, Wünsche Vorstellungen, nötige Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Selbstvertretungsorganisation erheben).

Ist-Zustand: Ergebnisse der Inhaltsanalyse von AMBZ Protokollen (vorhandene Ressourcen und bereits getroffene Entscheidungen für die weitere Arbeit der AMBZ).

Die Kategorien, die sich bei den Auswertungen des Datenmaterials als grundlegend für eine erfolgreiche SVO herausstellten (Soll-Zustand), strukturierten die weitere Auseinandersetzung mit dem Datenmaterial. So stellte dies für die weitere Bearbeitung der Themen (Ist-Zustand der AMBZ) und für die Empfehlungen die Grundlage dar. Beim Vergleich des Ist-Zustandes mit dem Soll-Zustand, entstand ein daraus abgeleiteter Handlungsbedarf. Die Empfehlungen dafür wurden, mit Beizug von empirischem und theoretischem Wissen entwickelt (siehe Kapitel 4) und sind im vorliegenden Projektbericht nachlesbar. Auch wurden Instrumente zusammengestellt, welche für die Umsetzung der Empfehlungen hilfreich sind. Diese Instrumente wurden meist vom Projektteam erstellt, gewisse auch von der AMBZ. Sie wurden in einer Arbeitsmappe zusammengestellt (siehe Kapitel 3.4), welche diesem Projektbericht angehängt ist (vgl. Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich).

Phase 4: Handlungen durchführen

In dieser Phase der Aktionsforschung werden die Resultate der vorhergehenden in den Alltag umgesetzt und wenn möglich evaluiert (vgl. Bischofberger, Dezember 2011: o.S.).

Die AMBZ setzte die Inhalte der Forschungsergebnisse teilweise bereits in ihr Engagement für MmB ein. Auch in ihrer weiteren Arbeit können die Empfehlungen, die das Projektteam erarbeitete einfliessen. Zur Umsetzung dafür stehen ihnen die Instrumente zur Verfügung. Eine Evaluation ist noch nicht vorgesehen. Es wäre aber von Vorteil, wenn das Projekt in ein, zwei Jahren evaluiert werden könnte. So kann überprüft werden ob sich die Begleitung, Empfehlungen und Instrumente des Projektteams bewährt haben.

2.5.2 Entwicklungsprozess und Aktion (B)

Das PT recherchierte Methoden und Theorien, welche Unterstützung leisten sollen bei der Begleitung des Gruppenprozesses der AMBZ. Zur Auswahl einer strukturierenden methodischen Vorgehensweise im Projekt untersuchte das PT Prozessmethoden, die in ihrem Bestreben, Menschen zu ermächtigen und zu aktivieren, verwandt sind. Herbeigezogen wurden ausser der Aktionsforschung noch der Mentorship- und Empowermentansatz nach Herriger (vgl. 2010), Community Organizing und die politische Alphabetisierung nach Paulo Freire (vgl. 1971). Mittels folgender Fragen überprüfte das PT eine mögliche Eignung der Methoden für das Projekt:

  • Wie geht man bei der Methode vor und welche Phasen beinhaltet sie?

  • Welche Rollen nehmen die AMBZ und das PT mit dieser Methode ein? Wie bestimmend sind die unterschiedlichen Akteure hinsichtlich der Ergebnisse im kooperativen Prozess?

  • Welchen Beitrag leistet die Methode bezüglich Selbstvertretung und Engagement?

  • Im Hinblick auf die Konzepterarbeitung: welchen Beitrag leistet diese Methode?

Nach diesem Methodenvergleich befand das PT die Aktionsforschung nach Kurt Lewin (vgl. 1948) als geeignet für die Strukturierung in Projektphasen. Dazu wurden die Methode des Empowerment und Mentorship nach Herriger (vgl. 2010) sowie die politische Alphabetisierung nach Paulo Freire (vgl. 1971) als geeignet befunden, da all diese Zugänge eine Begleitung im Sinne des Berufskodexes für Soziale Arbeit ermöglichen (vgl. AvenirSocial 2010), und entsprechend angewendet. Community Organizing wurde nicht als Methode gewählt, da bei ihr die Förderung der Autonomie der Betroffenen nicht im Zentrum steht und Community Organizing mehr auf andere Zielgruppen als MmB (mit dem Ziel der Selbstvertretung) fokussiert.

Empowerment

Mit dem Begriff Empowerment sind Prozesse der "Selbstbemächtigung" sowie der "Stärkung von Autonomie und Selbstbestimmung" gemeint. Herriger (vgl. 2010: 13) beschreibt Empowerment als "Entwicklungsprozesse in der Dimension der Zeit, in deren Verlauf Menschen die Kraft gewinnen, derer sie bedürfen, um ein nach eigenen Maßstäben buchstabiertes 'besseres Leben' zu leben." Die Worte "nach eigenen Massstäben" erscheinen in diesem Zusammenhang zentral. Laut Herriger (vgl. ebd.: 14ff.) hat Empowerment vier Dimensionen: eine politische, eine lebensweltliche, eine reflexive und eine transitive.

  • In der politischen Dimension gewinnen MmB ein "Mehr an demokratischem Partizipationsvermögen und politischer Entscheidungsmacht". (ebd.: 14)

  • Von der lebensweltlichen Dimension her betrachtet sind MmB nicht defekte Menschen. Sie verfügen über Ressourcen zur Bewältigung des Alltags. Aufgabe der Professionellen ist es in diesem Kontext, diese Ressourcen bewusst zu machen (vgl. ebd.: 15f).

  • MmB werden auf der reflexiven Ebene als selbsttätige Subjekte angesehen, die aufbrechen, um ihre Selbst-Bestimmung (wieder) zu erlangen (vgl. ebd.: 16). Dies geschieht entweder alleine oder in Gruppen. Wenn Empowerment als Lernprozess anerkannt wird, ist auch klar, dass Bildung nur durch das Individuum selber geschehen kann (vgl. Bieri 2005).

  • Auf der transitiven Ebene sind die Auftraggeberschaft sowie das PT anzusiedeln. Sie haben den Prozess initiiert bzw. begleiten die AMBZ-Mitglieder in den Anfängen ihrer Bemühungen um eine verstärkte Selbstvertretung. Die MmB werden als "Experten in eigener Sache" geschätzt (vgl. Herriger 2010: 17f.).

All diesen Ebenen ist gemein, dass den MmB Ressourcen zugestanden werden. Allerdings wird auch davon ausgegangen, dass sie diese bis anhin nicht oder nur ungenügend zur Geltung bringen konnten. Diese vier Zugänge wirken auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Sie wirken einerseits innerpersönlich, Herriger (ebd.: 188ff) nennt dies "psychologisches Empowerment". Damit ist die Veränderung in der psychischen Ausstattung der Menschen gemeint, die durch die Erfahrung von Selbstwirksamkeit und Gestaltungsvermögen eintritt (vgl. ebd.: 20). Das "politische Empowerment" bewirkt andererseits eine Umverteilung der politischen Macht. MmB erlangen mehr Teilnahme- und Teilhabe-Möglichkeiten ("Zugewinn an Kontrollüberzeugungen und Kompetenzen in der Auseinandersetzung mit der sozialen und politischen Umwelt") (ebd.: 189).

Dies eröffnet einen weiteren Blickwinkel. Empowerment wirkt auf vier Ebenen, die sich - wie die oben beschriebenen Dimensionen - nur schwer voneinander trennen lassen. Auf der individuellen Ebene beginnen MmB die Reise in die Stärke zu wagen (vgl. ebd.: 87). Auf der Gruppenebene schliessen sich MmB zu Selbsthilfegruppen und ähnlichem zusammen und beginnen, gemeinsam Stärken zu erschliessen und auf ihre Umwelt Einfluss zu nehmen. Auf der institutionellen Ebene richtet sich das Augenmerk auf die Veränderung verkrusteter Strukturen staatlicher und privatrechtlicher Institutionen, damit sich die Chancengleichheit für MmB verbessert. Auf der Gemeindeebene schliesslich sollen die MmB Einfluss nehmen auf ihren Lebensraum und ihn mitgestalten.

Herriger (vgl. ebd.: 150f) kritisiert, dass in Selbsthilfegruppen oftmals die gesellschaftlichen Verhältnisse reproduziert werden. Allerdings vollzieht sich die "stille Selektivität" (ebd. 149f) bei MmB nicht nur entlang klassischer Ungleichheitsrelationen (vgl. Gredig et al. 2004). Viel wichtiger sind die Art und Schwere der Behinderung sowie Gesundheitszustand und Mobilität, die über ein Mitmachen in einer SVO entscheiden.

An dieser Stelle soll der Blick nun auf den methodischen Zugang gerichtet werden. Wie und wodurch wirkt Empowerment? Bevor Empowerment wirken kann, braucht es einen Paradigmenwechsel. Die Sozialarbeitenden wenden ihren Blick ab von den Defiziten und Defekten ihrer Klientinnen und Klienten hin zu deren Stärken. Sie fragen nach den gelingenden Situationen in der Lebensbewältigung (vgl. Herriger 2010: 72). Dieser Paradigmenwechsel ist nur möglich, wenn das PT Vertrauen hat in die Fähigkeiten zur Gestaltung des Alltags und Lebensmanagement von MmB. Ihre Aufgabe ist es, Möglichkeiten aufzuzeigen, wie diese -vielleicht verschütteten - Gestaltungskräfte mobilisiert werden können (vgl. ebd.: 74f). Im zweiten Schritt gilt es, die Lebenspraxis der MmB zu respektieren. Sie sind es, die bisher den Alltag mit Behinderungen gemeistert haben. Sie wissen, was möglich ist oder wäre. Im dritten Schritt fordert Herriger (vgl. ebd.: 76) Respekt vor den eigenen Wegen und der eigenen Zeit und auch den Verzicht auf strukturierte Hilfepläne. Gerade MmB brauchen manchmal etwas mehr Zeit, was den Anforderungen institutioneller Sozialarbeit oft widerspricht. Herriger sieht hier eine Herausforderung für die Professionellen, diese Irrwege der Klienten auszuhalten (vgl. ebd.: 76f). In einem vierten Schritt sind die Professionellen aufgefordert, ihre vorschnellen Expertenurteile beiseite zu legen und mit den Klienten auszuhandeln, was"der Fall" ist (vgl. ebd.: 77f). Im fünften Schritt verabschieden sich die Sozialarbeitenden vom "Blick zurück" und orientieren sich "nach vorn", also in die Zukunft ihrer Klienten (vgl. ebd.: 78f). Manchmal kann der "Blick zurück" aber auch hilfreich sein. Das ist dann der Fall, wenn es darum geht, zu Problemen führende Handlungen und Verhaltensmuster in Zukunft zu vermeiden. Die Frage: "Was würde ich heute anders machen?" kann hier hilfreich sein (ebd.: 79). Als sechsten und letzten Schritt ist das PT aufgefordert, für die Rechte von MmB einzustehen und Partei für deren Selbstbestimmung und soziale Gerechtigkeit zu ergreifen (vgl. ebd.: 79ff). MmB im Kanton Zug sind zwar gemäss Bundesverfassung (vgl. BV Art. 8 Abs. 2) vor Diskriminierung geschützt. Absatz 4 sieht sogar die Beseitigung von Benachteiligungen vor. Die Gespräche mit den Mitgliedern der AMBZ deckten jedoch eine Vielzahl von Benachteiligungen und Diskriminierungen auf. Es ist deshalb wichtig, dass sie lernen, für ihre Rechte selber einzustehen.

Einfach zusammengefasst ist "ein gelingendes Lebensmanagement in Selbstbestimmung" das Ziel. (Herriger 2010: 188) Wer selber über sein Leben bestimmen will, muss auch bereit sein, Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen zu übernehmen. Dafür braucht es auch die Fähigkeit, Übergriffe in die eigene Lebenswelt zu erkennen und sich gegen sie zur Wehr setzen zu können. Diese Kritikfähigkeit ist durchaus auch gegen die eigene Person gerichtet. Wer andere kritisiert, muss sich selber auch hinterfragen können. Dies eröffnet die Möglichkeit zur Erfahrung von Selbstwirksamkeit und Gestaltungsmöglichkeit des eigenen Lebens. Die MmB lernen so nach und nach, Ressourcen zu erkennen und erschliessen.

Ziel von Empowerment ist auch die Veränderung der Gesellschaft. Wenn MmB lernen, sich für ihre Rechte einzusetzen, wird dies nicht ohne Auswirkungen auf ihre Umwelt bleiben. Sie werden zu einem aktiven und mitbestimmenden Teil der Gemeinde, des Kantons. Ihre Andersartigkeit wird zur Normalität in Vielfalt (Normalisierungsprinzip).

Mentorship

Die Gründung einer neuen Selbsthilfegruppe sei ein schwieriges Geschäft, so Herriger (vgl. ebd.: 154). Eine Gruppe durchläuft laut Charles Kieffer (1981; 1984 in: Herriger 2010: 138ff) vier Phasen: Aufbruch, Mobilisierung, Formierung und Institutionalisierung sowie die Phase entwickelter Politikfähigkeit. Das PT übernimmt dabei die Rolle der Mentorinnen und Mentoren. Als solche unterstützt es den Aufbau der neuen SVO so weit als nötig. Es handelt zurückhaltend und selbstkritisch. Es fragt sich immer wieder, ob es mit seinen Handlungen das Empowerment der AMBZ fördert oder hemmt (vgl. ebd.: 154f).

Politische Alphabetisierung nach Paulo Freire

Der Aufbau der AMBZ geschieht in einem Umfeld, in welchem sich der entwickelte Sozialstaat auf dem Rückzug befindet. Die Workfare-Ideologie hat spätestens mit der 4. Revision des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung 2004 in der Schweiz Einzug gehalten. Die Hetzkampagnen gegen "Scheininvalide", "Sozialhilfebetrüger" und die "Balkanisierung der IV" haben diesen Prozess vorangetrieben (vgl. Wyss 2009). Viele MmB durchschauen diese Mechanik jedoch noch immer nicht. Freire bietet ein Programm zur Alphabetisierung an (vgl. Freire 1971). Bildung sei nur durch Kommunikation möglich (vgl. ebd.: 100). Der Bildungsakt beginnt bereits mit der Frage, worüber der Lehrer mit dem Schüler in Dialog treten will (vgl. ebd.: 101). Im Dialog sollen die Menschen lernen, kritisch über ihre Welt nachzudenken. Dadurch kristallisieren sich "generative Themen" heraus, die weiter untersucht werden können. Der Einsatz von generativen Themen nach Paulo Freire (1985) kann hilfreich, sein denn dadurch, so Freire, kann "die kritische Analyse einer entscheidenden existentiellen Dimension" ermöglicht werden und "eine neue kritische Haltung (...)", der " Auffassung und dem Verständnis der Wirklichkeit (...)" (Freire 1985: 87) entstehen. "Generative Themen" können durch "generative Fragen" aufgeworfen werden, die wiederum Diskussionsanregend wirken (vgl. ebd.). Das PT setzte "generative Fragen" in den Sitzungen mit der AMBZ an. Dies wirkte sich positiv auf die Bewusstseinsbildungsprozess der Einzelnen und der Gruppe. So konnten sich die Mitglieder besser kennenlernen und bspw. ihre gemeinsame Anliegen gefunden, oder die Themenfindung für die weitere Arbeit der AMBZ vorangetrieben werden. Diese Diskussionen waren Grundlegend für die Entstehung und den Aufbau der AMBZ.

3. Kooperative Realisierung des Prozesses der AMBZ

In diesem Kapitel wird der ersten Frage nachgegangen, auf welche Weise der Prozess der Selbstvertretung einer Gruppe von MmB im Kanton Zug erfolgreich initiiert bzw. realisiert werden kann. Hierzu soll der Prozess der Gruppenbildung der AMBZ beschrieben werden. Ferner sollen die Erfahrungen des PTs mit der Initiierung bzw. Realisierung des Prozesses der Selbstvertretung der AMBZ reflektiert werden, wobei Feedbacks der AMBZ in die Reflexion mit einfliessen. Jeweils werden Schlüsse daraus gezogen. Zur Erläuterung des Realisierungsprozesses wird nach den vier Phasen der Aktionsforschung vorgegangen. Wichtig dabei ist, dass nicht nur einfach theoretische Ausgangsüberlegungen an der zu erforschenden Gruppe überprüft werden. Der Forscher gibt seine Distanz zum Forschungsprojekt auf und wird selber Teil des Gruppenprozesses. Auf diese Weise kann er praktisch verändernd auf die gesellschaftlichen Zusammenhänge einwirken (vgl. Bischofberger, Dezember 2011, o.S.).

3.1 Initiierung des kooperativen Prozesses

Mit dem Treffen vom 1. Juli 2011 startete der kooperative Prozess zwischen den am Projekt interessierten MmB und dem PT. Diese erste Sitzung wurde vom PT initiiert, in dem es die vom Auftraggeber akquirierten MmB zu einer Sitzung am Standort der Pro Infirmis in Zug einlud. Der Gastgeber Christian Vogt eröffnete die Sitzung mit der Schlagzeile zum neuen Baugesetz des Kantons Zug: "Behinderte haben es nun einfacher". Mit dieser Einleitung machte er darauf aufmerksam, dass sich MmB am Gesetzgebungsprozess nicht direkt beteiligt haben. Es werde zu oft über anstatt mit MmB gesprochen. Dagegen müsse etwas unternommen werden.

In der anschliessenden Vorstellungsrunde erläuterten die Sitzungsteilnehmenden ihre Motivation für die Mitarbeit im Projekt. Ferner wurde über die bisherigen Erfahrungen und die Möglichkeiten (Ressourcen) für die Zusammenarbeit gesprochen. Bereits wurde eine erste Vision formuliert.

Das PT war bei dieser ersten Sitzung vollständig vertreten. Zu diesem Zeitpunkt bestand die AMBZ aus lediglich vier Personen. Davon waren drei Personen im Rollstuhl und eine mit einer Hör-Sehbehinderung. An der ersten Sitzung waren nur die Rollstuhlfahrenden anwesend. Es bestand demnach eine physische Übermacht seitens des PTs.

Kurz nach der ersten Sitzung sind zwei Personen mit psychischen Beeinträchtigungen dazu gestossen. Im weiteren Verlauf des Projekts fanden eine Person mit Lernschwierigkeiten, zwei weitere Personen im Rollstuhl sowie eine kleinwüchsige Person zu der AMBZ. Die wenigsten kannten sich bereits vor diesem Zusammenschluss. Für die eine Person mit psychischer Beeinträchtigung war es nach kurzer Zeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich am weiteren Prozess teilzuhaben. Die andere Person zog sich ohne einen Grund anzugeben aus dem Projekt zurück. Für die Person mit Lernschwierigkeiten war es schwierig, die übrigen Interessen mit der zeitlichen Belastung während der Dauer des Projekts zu vereinbaren. Aus diesem Grund meldete er sich schliesslich ab. Damit zählte die AMBZ schlussendlich sieben Mitglieder.

3.1.1 Reflexion zur Initiierung des kooperativen Prozesses

Der Auftraggeber beeinflusste durch die Auswahl der künftigen Mitglieder der AMBZ die Richtung, in welche sich diese entwickeln würde. Je nach Art der Behinderung, dem Grad der Belastbarkeit und der Bereitschaft zur Mitarbeit der Gruppenmitglieder liess sich der Projektauftrag in die eine oder andere Richtung erfüllen. Theunissen (2009: 19) kritisiert diese Vorgehensweise, indem er sagt: "Eine solche Top-down-Praxis geht nicht selten an den Interessen von MmB oder Lernschwierigkeiten vorbei." Es war jedoch nicht möglich, in der zur Verfügung stehenden kurzen Zeit auf andere Weise genügend interessierte Menschen zu finden. Deshalb war dieser Umstand in der späteren Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe zu berücksichtigen.

Die AMBZ-Mitglieder hatten unterschiedliche Ziele für die Teilnahme am Projekt. Z.B. war es einer Person ein Anliegen, sich mittels Freizeitaktivitäten mit anderen MmB zu vernetzen. Anderen war die Einflussnahme auf das politische Geschehen zentral. Eine Verweigerung der Zusammenarbeit durch die Mitglieder der AMBZ hätte die Erfüllung des ersten Teils des Auftrages, die Initiierung des Prozesses zur Selbstvertretung, verunmöglicht. Dieser Abhängigkeit von der AMBZ war sich das PT bewusst. Es stellte deshalb die Bedürfnisse der AMBZ ins Zentrum (siehe Kapitel 3.3).

Obwohl die AMBZ-Mitglieder als zukünftige Selbstvertretungsakteure die zentrale Bestimmungsgrösse des Projekts darstellen sollten, waren die Studierenden beim ersten Treffen in der Überzahl. Dies diente zwar dem Kennenlernen aller Beteiligten, könnte jedoch eine einschüchternde Wirkung auf die AMBZ gehabt haben. Aktionsforschung bedeutet ohnedies, dass für das Gelingen einer Versammlung jeweils nur wenige Professionelle "im Feld" sind (vgl. Hinte/Karas 1989: o.S). Das PT passte sich bei der zweiten Sitzung diesem Umstand an und war seither nur noch mit zwei bis drei Personen vertreten.

Die Festlegung der Gruppengrösse soll der AMBZ überlassen werden, damit die Anzahl von Mitwirkenden auf den gewünschten Tätigkeitsbereich und auf die Organisationsform abgestimmt werden kann. Es war jedoch anzunehmen, dass es mehr als vier Mitarbeitende für eine arbeitsfähige SVO benötigen würde. Gemäss Rückmeldungen der AMBZ bremste die sukzessive Erweiterung den Prozess der Gruppenbildung. Die neuen Mitglieder mussten jeweils ins Projekt eingeführt werden und sich ausreichend einfinden.

Ferner hätte der Gruppenzusammenhalt durch eine Kick-Off-Veranstaltung (z.B. ein gemeinsames Pizza-Essen) gefördert werden können. Das PT geht noch weiter: Ein Kennenlernen ohne Aussenstehende (PT) wäre für die Gruppenbildung sowie das Finden einer eigenen Identität noch förderlicher gewesen.

3.1.2 Erkenntnisse aus der Initiierungsphase

  • Bei der Initiierung ist eine genügende Anzahl von Mitwirkenden für eine in Zukunft funktionstüchtige Arbeitsgruppe von Bedeutung.

  • Die Art des gegenseitigen Kennenlernens ist für die Gruppenbildung wichtig (vgl. Kuster et al. 2006: 267). Sie beeinflusst den kooperativen Prozess massgeblich.

  • Die Zurückhaltung der Professionellen bei der Unterstützung des Gruppenaufbaus stärkt die Ressourcen der Zielgruppe (vgl. Bobzien 1993: 49 in Herriger 2010: 156).

3.2 Phase 1: Informationen sammeln

Mit der Sitzung beim Behindertenforum Zentralschweiz begann die erste Aktionsforschungsphase "Informationen sammeln" (siehe Kapitel 2.5).

Bei der ersten Sitzung mit der AMBZ wurden durch das PT im Plenum die Ressourcen der Sitzungsteilnehmer erschlossen sowie ihre Erwartungen und Ziele aufgedeckt.

Kurze Zeit nach dem ersten Treffen interviewten zwei Studierende die Gruppenmitglieder (siehe Kapitel 2.5.1). Die Interviews sollten an einem Ort stattfinden, an dem sich die Gruppenmitglieder wohl fühlen. So traf man sich in einem Café oder bei den Gruppenmitgliedern zuhause.

Die Daten aus der Informationssammlungsphase wurden vom PT nicht als isolierte Daten betrachtet, sondern als konstruktive Elemente für den weiteren Projektverlauf. Mit ihnen sollte der Entwicklungsprozess angestossen werden. Erkenntnis und Handlung werden dementsprechend zu einer Einheit (vgl. Bischofberger, Dezember 2011: o.S.).

3.2.1 Reflexion des Prozesses in der Phase 1

Im Sinne von Empowerment wäre es sinnvoll gewesen, die AMBZ mit dem BfZs zusammen zu bringen. Die AMBZ hätte beim BfZs die Vor- und Nachteile der Organisation erfragen können. Ein Ergebnis wäre bestimmt auch die Inspiration für die Aktivitäten der AMBZ gewesen. Ausserdem hätte es den Vorteil der Vernetzung gebracht und wäre vermutlich für die Gruppenentwicklung der AMBZ förderlich gewesen.

Die Herleitung der Ressourcen der Mitglieder der AMBZ am ersten Treffen war wichtig. Die damaligen Mitglieder konnten sich dadurch ihrer Kompetenzen bewusst werden. Sie erkannten, dass sie die wichtigsten Akteure bei der Projektrealisierung sein werden.

Die Absicht, die Erwartungen und Ziele der Arbeitsgruppe gleich zu Beginn ausfindig zu machen, war unter verschiedenen Gesichtspunkten legitim. Das PT wollte dadurch die Zielsetzung des Auftraggebers sowie die eigenen Ziele vorerst relativieren, sodass die Beeinflussung der AMBZ vermindert wird. Auf diese Weise wurde eine leichtfertige Übernahme der bereits bestehenden Ziele vermieden. Die AMBZ kann somit ihre eigenen Ziele verfolgen. Dies entspricht der Haltung von Aktionsforschung und Empowerment (vgl. dazu Lewin 1948, Herriger 2010).

In Nachhinein findet das PT aber auch, dass es in gewisser Weise ein wenig voreilig war, schon bei der ersten Sitzung die Erwartungen und Ziele ergründen zu wollen. Die Gruppe konnte sich anfangs nämlich noch nicht genau vorstellen, was sie bei diesem Projekt erwarten würde. Einige beobachteten eher abwartend und abwägend, ob ihnen die Mitarbeit überhaupt entspricht oder nicht. Sie wollten sich nach eigenen Angaben, die sie zu einem späteren Zeitpunkt im Plenum einbrachten, nicht schon zur Mitwirkung bis zur Zielerreichung verpflichten. Ebenso war es zu früh für die Zielerörterung, da noch weitere Gruppenmitglieder gesucht wurden. Die Tatsache, noch eine unvollständige Arbeitsgruppe zu sein, war hinderlich für das Definieren der Zielsetzung der damaligen AMBZ.

Die persönlichen Interviews erleichterten das gegenseitige Kennenlernen und schufen Vertrauen. Die zwei Studenten nahmen beim Interviewen eine unwissende Haltung ein, wie das bei Aktionsforschung erforderlich ist (vgl. Lewin 1948). Es konnte eine enorme Offenheit der befragten MmB festgestellt werden.

3.2.2 Erkenntnis aus Phase 1

  • Die Vorstellungen der Mitglieder über die Mitwirkung am Projekt variieren bei einer auf diese Art akquirierten Gruppierung.

  • Eine frühzeitige Zielerörterung wird durch die Unklarheit der Mitglieder bezüglich des Projektverlaufs und ihrer internen Zusammenarbeit erschwert.

3.3 Phase 2: Datenfeedback einholen und Diskurs führen

Beim zweiten Treffen präsentierte das PT einen Entwurf des Projektplans. Die Mitglieder der AMBZ bekamen dabei einen ersten Einblick in die studentische Komponente des Projekts. Das PT beabsichtigte damit, seinen Teil der Projektarbeit gemeinsam zu reflektieren und ihn auf die Wünsche und Bedürfnisse der AMBZ abzustimmen.

Beim gleichen Treffen wurde der AMBZ ihre ausgewerteten Interviews dargelegt. Daraus waren einige Themen bekannt, die den Mitgliedern von grosser Bedeutung waren. Es ergab sich eine lebhafte Diskussion über Themen betreffend Behinderungen. Man setzte sich mit den Hindernissen auseinander, welche den Alltag der Gruppenmitglieder bestimmen. Dabei traten teilweise unterschiedliche Bedürfnisse von Menschen mit den verschiedenen Behinderungen zu Tage.

Zum Diskurs führen gehörte auch das Festlegen von Gruppenregeln sowie die Klärung der Rollen der AMBZ bzw. des PTs. Dies geschah anlässlich der fünften Sitzung. Rollen (vgl. Anhang1 Umfeldanalyse: 6ff) und Regeln (vgl. Anhang2 Arbeitsmappe: o.S.) wurden schriftlich festgehalten.

3.3.1 Reflexion des Prozesses in der Phase 2

Seitens der AMBZ war im Verlauf des Projektes eine Verweigerung der Zusammenarbeit denkbar. Aktionsforschung funktioniert nur, wenn die Professionellen respektvoll und achtsam mit der Zielgruppe umgehen. So fordert Herriger (vgl. 2010: 232) von den Professionellen den Verzicht auf "wohlmeinende paternalistische Bevormundung", die gleichmässige Verteilung der Verantwortung für den Arbeitskontrakt und partnerschaftliche Verständigung. Als Rückmeldung erhielt das PT von der AMBZ, dass ihre Meinungen jeweils respektiert und wertgeschätzt wurden. Ihnen war das Austauschen von Informationen von zentraler Bedeutung.

Zu Beginn dieser Phase strukturierte das PT die Sitzungen. Dadurch sollte die AMBZ auf den Stand des Wissens der Studierenden gebracht werden. Bezüglich Rollen entstand dadurch in Hinsicht auf die theoretischen Wissensbestände ein Kompetenzgefälle. Das PT nahm gewissermassen eine lehrende Rolle ein. Dessen musste sich das PT bewusst werden. Es sollte sich im weiteren Verlauf des Projektes stets vor Augen führen, dass auf der gegenüberliegenden Seite ebenfalls ein Kompetenzgefälle besteht. Denn das Wissen in Bezug auf Behinderung und die Ressourcen zur Bewältigung des Alltags befinden sich auf Seiten der Betroffenen.

Die AMBZ formulierte nachträglich, dass es ihr ein Anliegen war, über den Projektstand stets informiert zu sein, um zu verstehen, warum was gemacht wird. Beim Vorstellen des Projektplans bekam das PT jedoch den Eindruck, dass das Interesse der AMBZ teilweise seine Grenze erreicht. Die MmB schienen diesen theoretisch-empirischen Zugang dem PT überlassen zu wollen. Die Arbeitsgruppe wollte anfangs vor allem erfahren, was für ein praktisches Element dieses Projekt enthält. Nachträglich wurde von einigen AMBZ-Mitgliedern erläutert, dass zu theoretisch vorgegangen wurde und es ihnen zu schleppend vorwärts ging. Für manche war die Sprache des PTs zu spezialisiert. Dies führte das PT zur Erkenntnis, dass es eingangs nicht das primäre Anliegen sein sollte, den Unterschied zwischen den Wissensbeständen ausgleichen zu wollen.

Aus den Interviewauswertungen konnten die Mitglieder entnehmen, dass ihre Vorstellungen von einer SVO nicht sehr weit voneinander entfernt liegen. Bei der anschliessenden Diskussion über die Interviewergebnisse wurde ein gegenseitiger Lernprozess ausgelöst. Dabei ergab sich ein massgebliches Moment für die weitere Entwicklung der AMBZ. Von einer Rollstuhlfahrerin wurde auf das Ärgernis der ungesenkten Trottoirs aufmerksam gemacht. Daraufhin erwiderte eine Person mit Sehbehinderung, dass für sie die abgesenkten Gehsteige ein Nachteil seien. Sie könne bei diesen das Ende des Strassenübergangs nur schwer erkennen und stolpere des Öfteren über diese. Bei diesem Erfahrungsaustausch wurde den Gruppenmitgliedern die Relevanz einer behinderungsübergreifenden Arbeitsgruppe bewusst.

Es wurde einleuchtend, wie wertvoll der gegenseitige Austausch ist, um eine inklusive Gesellschaft ohne Ausschluss begünstigen zu können.

Seine Rolle als lediglich unterstützende Kraft hat das PT immer wieder transparent gemacht. Die Rollenverteilung wurde konkreter mit dem Fortschreiten der Zusammenarbeit. Das Aufarbeiten und Niederschreiben der Rollen an der fünften Sitzung trug viel zum gegenseitigen Verständnis bei.

Von AMBZ-Mitgliedern wurde später erwähnt, dass sie ein Festlegen ihrer Gruppenregeln zu einem früheren Zeitpunkt geschätzt hätten.

3.3.2 Erkenntnis aus Phase 2

  • Die Erfahrung zeigt, dass zu Anfang eines solchen Projekts eine einseitige theoretische Wissensvermittlung kritisch zu betrachten ist. Dem lebensweltlichen Erfahrungsaustausch in der Arbeitsgruppe sowie dem Ausblick auf den praktischen Zugang bei der Realisierung des Projekts soll genügend Raum gelassen werden.

  • Wichtig ist, dass das PT die eigene Haltung stets kritisch hinterfragt, um neue "Abhängigkeiten einer wohlmeinenden Fürsorglichkeit" (ebd.: 157) zu vermeiden.

  • Bezüglich Rolle der Gruppenmitglieder sowie die der Mentoren soll möglichst von Beginn weg ein offener Diskurs geführt werden. Dies gilt ebenso für das Aushandeln verbindlicher Regeln. Die Verschriftlichung von Rollen, Regeln, Zielen, Erwartungen und Ressourcen kann für die Bewusstwerdung im Prozess förderlich sein.

3.4 Phase 3: Handlungen ableiten

Um Aktionsforschung und Empowerment gerecht zu werden hat das PT nach dem zweiten Treffen eine Entscheidung getroffen: Die AMBZ soll von nun an den wesentlichen Teil der Sitzung selber gestalten. In der dritten Sitzung wurde die Vorgehensweise daher an Paulo Freire (vgl. 1985/ 1971) angepasst. Den Rückmeldungen entsprechend wurde über die in den Interviews erwähnten Erfahrungen von Behinderung und Ausschluss diskutiert. Verschiedene Mitglieder haben sich bereits erfolgreich dagegen gewehrt. Durch diese Diskussionen wurden sich die Mitglieder ihrer eigenen Ressourcen bewusst. Generative Fragen erleichterten die Gespräche (vgl. ebd.). Diese wurden aufgrund der Ergebnisse der Interviewauswertungen formuliert (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI).

Im Sinne von Empowerment wurden im weiteren Verlauf des Projekts vom PT neue Techniken zur Gestaltung der Sitzungen angewendet. Die möglichen Themen für die Selbstvertretung der AMBZ wurden zum Beispiel auf separate Blätter gedruckt und während der Sitzung ausgelegt. Die Themen der AMBZ wurden in Kleingruppen diskutiert und anschliessend gegenseitig präsentiert.

Die Tatsache, dass die drei Rollstuhlfahrenden anfänglich den Kern der Gruppe bildeten, trug dazu bei, dass der Themenschwerpunkt auf den Angelegenheiten betreffend Alltag mit Rollstuhl lag. Die zwei Personen mit psychischer Beeinträchtigung erhielten jedoch grosse Aufmerksamkeit, als sie den anderen Mitgliedern die gesellschaftlichen Schranken vergegenwärtigten, die ihre Möglichkeiten der Teilhabe an der Gesellschaft begrenzen. Aus den Diskussionen über die Hindernisse im Alltag der AMBZ wurden schliesslich Handlungen abgeleitet. Man sammelte im Plenum Vorschläge für mögliche Aktivitäten und erstellte daraus eine Liste (vgl. Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich: 3).

Zur Unterstützung der Umsetzung der Projekte und des Projektmanagements der AMBZ wurde vom PT eine Arbeitsmappe[1] erstellt (Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich). Diese ist nach den Bedürfnissen der AMBZ erstellt. Die Arbeitsmappe wurde den Bedürfnissen der AMBZ entsprechend in leichter Sprache (Texte in leichter Sprache sollen auch von Menschen mit Lernschwierigkeiten bzw. kognitiver Beeinträchtigung verstanden) verfasst und verfolgt deswegen explizit nicht die wissenschaftlichen Kriterien (Quellennachweise, Zitierregeln, Fachbegriffe etc.). Die Nutzbarkeit ist so gewährleisten. Die Arbeitsmappe enthält die Sammlung der Arbeitsmaterialien der AMBZ und soll ständiger Aktualisierung unterzogen werden. Anhand der Arbeitsmappe kann die AMBZ ihre pendenten Aktionen verwalten. Zusätlich sind darin Arbeitsinstrumente zu der Planung und Realisierung von AMBZ-Aktionen vom PT- und der AMBZ erstellt worden. Die Inhalte der Instrumente ergaben sich aus den Ergebnissen der Forschung und des Prozesses.

3.4.1 Reflexion des Prozesses in der Phase 3

Die Arbeitsweise in Kleingruppen fand grossen Anklang. Sie gab Raum sich einzubringen und diente dem gegenseitigen Kennenlernen. Das PT griff danach im weiteren Verlauf des Projekts immer weniger steuernd ein. Durch die eigenständige Zusammenarbeit konnten die AMBZ-Mitglieder ihre Funktionen in der Gruppe einnehmen und es entstand eine Gruppendynamik. Das eigentliche Ziel der Gruppe, die umsetzungsorientierten Themen von MmB anzugehen, verhalf zur Motivation an der Teilhabe am Gruppenprozess und steigerte das Wohlbefinden im Gruppensetting.

Das PT anerkannte die AMBZ seither als alleinige Entscheidungsberechtigte für den Ablauf des Gruppenbildungsprozesses und der SVO. Durch die Abgabe der Verantwortung des PTs verstand die AMBZ, wie wichtig sie ist, und wurde sich ihrer Ressourcen bewusst. Sie fühlte sich ernst genommen und vertraute darauf, dass ihre Bedürfnisse und Wünsche angenommen und involviert werden. Seit der dritten Sitzung war der Spruch "fragen wir doch die AMBZ" mehr und mehr das geflügelte Wort innerhalb des PTs. Wichtig schien es dem PT zudem, zu erfahren, was die AMBZ vom PT noch bis zum Projektschluss braucht. Ausserdem begann das PT, die AMBZ nach Feedbacks zu fragen, um sich selber reflektieren und seine Handlungen anpassen zu können.

Damit die AMBZ autonom walten konnte, übernahm das PT die Rolle von Mentoren nach Herriger (vgl. 2010: 154f). Dies bedeutete, dass es den Prozess lediglich strukturierte und koordinierte. Ressourcen wie zum Beispiel Wissen, Zeit, Sitzungsstruktur wurden dabei angeboten. Bezüglich der Sitzungsstruktur gab das PT die Verantwortung nach und nach ab. Die Sitzungsleitung wurde von der AMBZ übernommen. Zur Vorbereitung wurde gemeinsam erarbeitet, was bei einer Sitzungsleitung zu beachten ist.

Als es um die Umsetzung der Selbstvertretungsthemen ging, war das Engagement der AMBZ von Anfang an spürbar und es wurde rege diskutiert. Die Diskussion war jedoch teilweise sprunghaft. Das PT fragte daher hin und wieder nach, wer die Arbeit übernimmt (vgl. Kapitel 2.5.1: Themenverantwortliche), damit die Aktivitäten eine Richtung bekamen.

Auf der Liste zu den möglichen Themen befanden sich einige, die nicht alle Mitglieder direkt betrafen. Es war dem PT sowie auch der AMBZ jedoch ein Anliegen, dass alle Themen der verschiedenen Behinderungsformen berücksichtigt wurden. Es stellte sich heraus, dass die Themen der Menschen mit psychischen Behinderungen nur schwer auf konkrete Interventionen abzuleiten sind. So hielt man diese pendent.

Die Person mit der Sehbehinderung schien sich, obwohl ihre Angelegenheiten nicht in Angriff genommen wurden, nicht ausgeschlossen zu fühlen. Sie diskutierte engagiert mit. Es war ihr ein Anliegen, sich für sämtliche Bedürfnisse von MmB stark zu machen.

Im Verlauf des Projekts wurde sich das PT bewusst, dass das, was sie bezüglich Projektmanagement gelernt haben, auch der AMBZ zur Umsetzung ihrer Projekte von Nutzen ist. Daher kam die Idee der Arbeitsmappe.

3.4.2 Erkenntnis aus Phase 3

  • Mittels generativer Fragen können die Bedürfnisse und Ressourcen erschlossen werden. Zur Wahrung der Autonomie kann die Begleitgruppe die Rolle des Mentorships nach Herriger (vgl. 2010) einnehmen, wobei sie als unterstützende Kraft ihre Ressourcen anbietet. Wenn die Gruppe Eigenverantwortung und Strukturgebung ihrer Zusammenkünfte übernimmt, begünstigt dies die autonome Gestaltung ihrer internen Zusammenarbeit, die zur künftigen Selbstvertretung wegweisend ist.

  • Die Vermittlung von Projektmanagementwissen und Arbeitsinstrumenten unterstützt die Arbeitsgruppe bei der Planung und Umsetzung ihrer Projekte.

3.5 Phase 4: Handlungen durchführen

Die Mitglieder der AMBZ beschlossen aufgrund ihrer Diskussionen über die dringendsten Themen Anfang November, sich für eine Nacht-Spitex im Kanton Zug einzusetzen. Zuerst sollten die Adressen interessierter Personen gesammelt werden. Anschliessend sollten diese beim Kanton Zug eingereicht werden. Weitere Massnahmen (Vorstösse im Kantonsparlament etc.) sind denkbar. Die übrigen Projekte wurden auf später verschoben. Die notwendigen Entscheidungen wurden gefällt und umgesetzt.

In diesem Zusammenhang tauchte die Frage auf, wie sich die Gruppe nennen soll. Verschiedene Namen wurden diskutiert. Man einigte sich auf "Arbeitsgruppe Menschen mit Behinderungen Zug" als vorläufige Bezeichnung. Es wurde ebenfalls beschlossen, dass die Namen der jeweiligen Unterstützerinnen und Unterstützer einer Aktion in der Fusszeile des Briefes aufgeführt sein sollen. Der Brief wurde Anfang Dezember 2011 verschickt.

Eine weitere Aktion betraf das Thema: MmB im Strassenverkehr. Es wurde ein Brief verfasst, indem die Fahrlehrer im Kanton Zug gebeten werden, ihre Schüler vermehrt auf die Hindernisse der MmB bezüglich Strassenüberquerung aufmerksam zu machen. Der Brief soll anfangs 2012 verschickt werden.

3.5.1 Reflexion des Prozesses in der Phase 4

Das PT hielt sich in dieser Phase zurück. Die beiden Studierenden nahmen zwar weiterhin an den Sitzungen teil, überliessen die Leitung der Sitzungen jedoch der AMBZ. Die Protokolle wurden von einem Studierenden geschrieben und durch ein Mitglied der AMBZ korrigiert und verschickt.

Die Diskussionen verliefen strikte innerhalb der AMBZ. Dabei lernten die Mitglieder die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit jeweils anderen Behinderungen besser kennen. Damit wurde die "interne" Sensibilisierung gefördert.

Die Durchführung einer eigenen Aktivität trug weiter zur Ermächtigung der AMBZ-Mitglieder bei. Die Gruppe brachte den Mut auf, bereits nach wenigen Treffen mit einem Anliegen an die Öffentlichkeit zu treten. Sie förderte damit die "externe" Sensibilisierung für die Belange von MmB. Verschiedene Ressourcen (Beziehungsnetze, Leserbrief bzw. Brief schreiben, Email-Konto eröffnen etc.) konnten genutzt und gestärkt werden. Die Diskussionskultur der AMBZ wurde weiter gestärkt.

Die Handlung wurde nicht ganz sauber geplant. Die Ziele sind nicht vollständig nach SMART (vgl. Kuster et al. 2006: 340) definiert. Es wurde bewusst auf eine Frist für die Rücksendung der Antworten verzichtet. Dies wurde damit begründet, dass man nicht wisse, wie schnell eine genügende Anzahl Adressen gesammelt werden könne. Ferner wurde auch die benötigte bzw. gewünschte Mindestzahl von Adressen nicht festgelegt. Mittels einer festen Checkliste könnte die Planung einer Aktion verbessert werden.

Die Legitimation für das Anliegen Nacht-Spitex wird durch die Suche nach weiteren interessierten Personen breit abgestützt. Die Geschäftsleitenden der Selbsthilfeorganisationen (SVOE) massen in den Interviews diesem Punkt grosse Bedeutung zu.

3.5.2 Erkenntnis aus Phase 4

  • Damit eine konkrete Handlung durchgeführt werden kann, braucht es eine bestimmte Anzahl Mitglieder. Alle sind in ihren sonstigen Tätigkeiten ausgelastet. Das Engagement in der AMBZ kann zu einer Überlastung führen. So erhob das Bundesamt für Statistik (November 2008) die Gründe für die Aufgabe einer Freiwilligenarbeit. Rund 10% begründeten ihren Ausstieg mit physischer oder psychischer Überlastung (vgl. BfS 2008: 12).

  • Die provisorische Namensgebung ist ein weiterer Schritt zu einer stabileren Organisationsform. Die Bezeichnung stiftet Identität und Zugehörigkeit. Die Verpflichtung der Mitglieder nimmt zu.

Nebst den Erkenntnissen aus dem Kooperationsprozess wurden viele auch aus der empirischen Arbeit gewonnen. Deren Ergebnisse werden in folgendem Kapitel dargestellt.



[1] Es wurden zwei Versionen erstellt: Die eine ist ausschliesslich einsehbar für die AMBZ, da sie persönliche Daten wie Adressen und Protokolle enthält. Die andere ist öffentlich zugänglich im Anhang dieses Projektberichts.

4. Forschungsergebnisse

In diesem Kapitel wird die zweite Fragestellung behandelt: Welches sind die vorhandenen und nötigen Rahmenbedingungen, damit sich die AMBZ in gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Fragen einbringen und selbst vertreten kann?

Das Datenmaterial wurde durch ein "Prozedere induktiver Kategorienentwicklung" (Mayring, Januar 2012: o.S.) reduziert (vgl. ebd.). Bei dieser systematischen Durchsicht der Daten wurden aus dem Material und der Fragestellung heraus Definitionskriterien für die Kategorien herausgefiltert (vgl. ebd.). Diese Kriterien bestimmten "welche Aspekte im Material berücksichtigt werden" (ebd. ) und zu Kategorien führen durften. Durch wiederholtes Durcharbeiten des Materials wurden Kriterien gesetzt, immer wieder überprüft, ergänzt und zuletzt in Überkategorien zusammengefasst (vgl. ebd.). So konnten diese unterschiedliche Kategoriengruppen herausgebildet werden: Gruppenidentitätsrelevante Rahmenbedingungen, Rahmenbedingungen, welche die Organisation und den Kompetenzerwerb einer SVO betreffen und Rahmenbedingungen, die nötig sind, um eine erfolgreiche Wirkung nach Aussen zu erzielen. Dementsprechend ist das vorliegende Kapitel 4 strukturiert. Im Kapitel 4.1 wird auf die Rahmenbedingungen fokussiert, die dafür notwendig sind, als Gruppe eine gemeinsame Identität zu finden und zu pflegen. Im Kapitel 4.2 wird der Frage nachgegangen, wie die Gruppe Kompetenzen erwerben und sich im Idealfall organisieren kann. Das Kapitel 4.3 geht auf die Frage ein, wie die Gruppe zu einer erfolgreichen Wirkung nach Aussen gelangt. In diesen Kapiteln werden jeweils zuerst die Ergebnisse aus der Analyse der Organisationsrecherchen und den Interviews mit den SVOE dargestellt. Diese zeigen die Notwendigkeiten für eine erfolgreiche SVO auf. Danach werden die Ergebnisse aus den Analysen der Interviews mit den AMBZ-Mitgliedern und der AMBZ-Protokolle, im Hinblick auf ein erfolgsversprechendes Wirken der AMBZ, präsentiert. Und im letzten Schritt werden all diese Ergebnisse zueinander in Relation gesetzt, um den daraus abgeleiteten Handlungsbedarf bzw. die Empfehlungen des PT zu skizzieren. Die Empfehlungen wurden mit Beizug von empirischem und theoretischem Wissen entwickelt.

4.1 Als Gruppe eine gemeinsame Identität finden und pflegen

Im Universalwörterbuch Duden finden wir eine der Psychologie entnommene Definition von Identität. Ihr zufolge stellt Identität "eine als Selbst erlebte innere Einheit" einer Person dar (Duden 2006: o.S.). Identität lässt sich laut Silvia Staub-Bernasconi auch aus den Antworten zu folgenden Fragen definieren: Wer bin ich? Wie sehen mich die anderen? Wer sind wir? (vgl. Staub-Bernasconi 2007: 336). "Wie entwickelt eine Gruppe autonomes Verhalten gegenüber der Umwelt und damit eine eigene Identität als Gruppe?". (Schattenhofer 1992:24) Um herauszufinden "Wer sind wir als Gruppe?" braucht es, laut den Untersuchungen des PT, zusätzlich die Beantwortung der Fragen: Was bzw. wen wollen wir vertreten bzw. erreichen und wie legitimieren wir das? Was sind unsere Ziele? Wie ist der Name unserer Organisation oder Gruppe? Wie wollen wir als Gruppe wahrgenommen werden? Mit welchen Werten und Normen und Haltungen gehen wir als Gruppe durch die gemeinsame Arbeit miteinander und mit anderen um? Durch die Beantwortung dieser Fragen erarbeitet sich eine Gruppe eine Identität. Dies hilft, eine Einheit zu bilden, sich als Gruppe zu verbinden und am selben Strang zu ziehen.

4.1.1 Ergebnisse aus der Analyse der Organisationsrecherchen und den Interviews mit den SVOE

In den Organisationsrecherchen zeigte sich, dass jede Organisation über eine eigene Identität verfügt, welche von allen Mitgliedern geteilt und geprägt wird. Wie es zur Bildung und zu den Inhalten einer solchen Identität kommt, lässt sich aus den Organisationsrecherchen nicht direkt herauslesen. Klar wurde aber, dass in allen Organisationen die untenstehenden Kategorien eine wichtige Rolle spielen im Hinblick auf deren Identität und in den Organisationen entsprechende Entscheide gefällt worden sind. Die für die Bildung und Pflege einer gemeinsamen Identität relevanten Kategorien sind:

a Die Visionen

Im Duden (vgl. Januar 2012: o.S.) wird der Begriff "Vision" mit "Traumgesicht" und "Erscheinung" umschrieben. In der lateinischen Sprache lässt er sich aus visio, also das Sehen oder der Anblick, ableiten. Vision wird auf unterschiedliche Weise verstanden. Einerseits als übernatürliche Erscheinung oder als religiöse Erfahrung, andererseits als die Vorstellung eines Bildes, welches für die Zukunft entworfen wird. Die Vision ist im vorliegenden Text als starkes Bild zu verstehen, welches für die Zukunft entworfen wird. Dieser Entwurf einer erwünschten Zukunft kann motivieren, um in die gewünschte Richtung zu gehen. Dies lenkt das zukünftige Handeln ebenso wie das Denken.

Die Visionen der untersuchten Organisationen sind in Leitbildern und Homepages zu finden und bestehen aus Emanzipation, Partizipation, Gleichstellung sowie Inklusion von MmB. Es ist davon auszugehen, dass Visionen eine grundlegende Rahmenbedingung für eine erfolgreiche Selbstvertretung sind. Sie sind für die Identitätsbildung sowie für den inneren Zusammenhalt der SVO wichtig.

b Die Ziele

Ähnlich wie die Vision ist ein Ziel, laut Duden, der Punkt oder Ort, den jemand erreichen möchte (vgl. ebd.). Zur besseren Vergleichbarkeit wurden in den Auswertungen der forschungs-und praxisbasierten Ergebnisse die Ziele in unterschiedliche Kategorien unterteilt. Es sind dies folgende drei Zielkategorien:

  • Ziele, die die inhaltliche Arbeit betreffen.

  • Ziele, die mit der Gruppenzusammensetzung und der Beantwortung der Frage zusammenhängen: wen vertritt die SVO? Diese Ziele implizieren gleichzeitig eine dementsprechende Legitimation der SVO.

  • Ziele darüber, wie die Gruppe von Aussen wahrgenommen werden möchte.

Alle untersuchten SVO verfügen über Ziele, die oft im Leitbild, im Konzept oder in den Statuten verankert sind. Darauf bauen die Inhalte und Arbeitsweisen sowie die Organisation selber auf. Häufig stellen die Ziele gleichzeitig die gemeinsamen Interessen dar. Letztere verhelfen den Organisations-Mitgliedern zu einer gemeinsamen Identität. Im Folgenden werden die Ziele in diverse Kategorien aufgeführt, um die Zielausrichtung der SVO mit denen der AMBZ zu vergleichen.

Inhaltliche Ziele:

Das Ziel vieler Organisationen ist es einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt zu leisten. Sie streben daher an, die Annäherung, Kooperation und Vernetzung von und unter MmB, MoB, anderen Organisationen, Firmen und Projekten zu erreichen. Auch möchten sie die (rechtliche) Gleichstellung von MmB in der Gesellschaft und ihre Teilhabe bzw. Integration an der Gesellschaft fördern. Dies wollen sie durch Sensibilisierung der Öffentlichkeit auf das Thema Behinderungen erreichen unter anderem durch Bewusstseinsbildung und Information zur politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Situation der MmB. Die SVO setzen sich für die Interessen, Bedürfnisse und Rechte von MmB ein. Das heisst für eine generelle Verbesserung der Lebenssituation ihrer Mitglieder und/oder deren Angehörigen. Viele SVO wollen auf aktuelle politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Themen eingehen (vgl. Anhang1 Organisationsformen 1-6). Viele der befragten SVOE wollen zudem als Organisation für jene Personen und Institutionen, die Gesetze machen und Konzepte schreiben, Ansprechpartnerin sein (vgl. Anhang2 SVOE1: 1).

Ziele bezüglich Gruppenzusammensetzung, Beantwortung der Frage "wen vertritt die Organisation?"und Legitimation der Arbeit:

Die Recherchen ergaben, dass einige Organisationen nur eine Behinderungsart vertreten, andere verstehen sich als behinderungsübergreifend. Sie sind zusammengesetzt aus Betroffenen und manchmal beziehen sie auch Fachleute und/oder Angehörige mit ein. Bei den Interviews wurde empfohlen, Menschen mit unsichtbaren Behinderungen einzubeziehen, weil deren Anliegen häufig untergehen (vgl. ebd.: 3). Die behinderungsübergreifende Zusammensetzung ist für die befragten SVOE besonders wichtig, wenn die Organisation sich auch als Ansprechpartnerin für Verwaltung und Politik sieht (vgl. ebd.: 1). Dies würde auch die Legitimation der Gruppe erhöhen. Legitimation ist laut Duden eine Berechtigung, Beglaubigung oder Begründung bzw. Rechtfertigung (Duden 2006: o.S.). Für SVO, die nicht nur sich selber, sondern auch andere MmB vertreten, bedeutet dies, dass sie eine Berechtigung dafür benötigen, ihre Themen im Namen anderer MmB zu vertreten. Die meisten SVO sehen laut den Organisationsrecherchen die Legitimation ihrer Arbeit in der Vernetzung mit anderen SVO und mit MmB als Expertinnen und Experten ihrer eigenen Lebenslage und Lebenswelt. (vgl. Anhang1 Leitbild Procap). Deswegen holen SVOs die breite Meinung von MmB mit unterschiedlichen Behinderungsarten ein. Diese wiederum legitimiert die SVOs, nicht nur die individuellen Bedürfnisse, sondern auch den Bedarf der MmB zu repräsentieren. Auch in den Interviews mit den SVO wurde auffallend häufig die Wichtigkeit der Legitimation einer SVO zum Ausdruck gebracht, wie die Bedenken in diesem Zitat deutlich machen:

"Ich sehe folgendes Problem bei einer kleinen Gruppe (...): Da ist eine gewisse Expertise aus der Betroffenheit vorhanden, aber es gibt noch keine demokratische Legitimierung dieser Leute. (...) Wenn es schlecht läuft, gibt es fünf Einzelkämpfer, die ihre Privatmeinung zu ihrer Behinderung vertreten, die jedoch überhaupt nicht repräsentativ ist, für die Mehrheit der von der gleichen Behinderung betroffenen Menschen. Das bedeutet, dass die Behörde, oder wer immer diese Gruppe kontaktiert, ein einseitiges, nicht breit abgestütztes Bild erhält. Das könnte eine besondere Herausforderung für einen kleinen Kanton darstellen". (Anhang2 SVOE1: 1)

Es ist hier erkennbar, dass es der Legitimation bedarf, damit eine SVO nicht unerlaubt im Namen anderer spricht. Auch würde so die Politik die Anliegen als eine Einzelmeinung wahrnehmen. Aus diesen Gründen sei die Wirkung bei einer breit abgestützten Meinung stärker. Zahlreich dazu waren die Hinweise in den Interviews mit den SVOE, wie es zu einer Legitimation der Gruppe kommen kann. Sie sollte sich mit anderen MmB und SVO vernetzen, mit dem Ziel, Probleme und Anliegen anderer Betroffener einzuholen, diese zu reflektieren und zu vertreten; den Bedarf der eigens eingebrachten Themen zu überprüfen; sich bekannt zu machen und sich als Vertreter anderer MmB akzeptieren zu lassen (vgl. ebd.: 2-3). Auch wurde als sinnvoll befunden, zur Erhöhung der Legitimation einen Prozess für die breite Meinungsbildung anzustossen. Am besten sei es, wenn der AMBZ die Legitimation zugewiesen würde.

Ziele, die darauf hinweisen, wie die Organisation von Aussen wahrgenommen werden möchte:

Die untersuchten Organisationen treten als Ansprechpartnerinnen für jene Kreise auf, die Gesetze erlassen, Konzepte schreiben und allgemeiner oder spezifischer Beratung zum Thema Behinderung bedürfen (vgl. Anhang2 Leitfaden-Interview mit Organisation 3: 4). Dies könnten MoB sein, welche Expertenwissen über die Lebenslage von MmB wünschen, oder MmB, die Beratung zur Bewältigung ihrer Lebenslage benötigen.

Gewisse Organisationen verfügen über eine "Corporate Identity", was an ihren Internetseiten oder den Newslettern, die sie versenden, ersichtlich ist. Durch die darin verfassten Grundhaltungen, Visionen, Strategien, Ziele und Erfolge können die Organisationen ihre Identität vermitteln. Eine "Corporate Identity" stellt, laut Duden, das Erscheinungsbild dar, welches ein Unternehmen im Rahmen seiner öffentlichen Beziehungen (Public Relations) anstrebt. In der "Corporate Identity" widerspiegelt sich "das Selbstverständnis hinsichtlich Leistungsangebot und Arbeitsweise" (Duden 2006: o.S.). Damit wird also die Unternehmensidentität vermittelt. Diese Möglichkeit der Selbstdarstellung nutzt die Wirtschaft, Politik und auch Nonprofit-Organisationen. Die bei den Untersuchungen gefundenen Leitbilder und Konzepte der SVO sind in einer einheitlichen Form abgefasst, gegliedert und dargestellt.

c Ein gemeinsamer Name

Ein Name dient der Wiedererkennung und hinterlässt einen ersten Eindruck. Alle recherchierten SVO verfügen über einen Namen, der meist einen Zusammenhang mit ihrer Organisationsform, ihrer Tätigkeit und dem jeweiligen Wirkungsbereich (national, lokal, regional). Auch die Vision der Organisation kann einen Namen prägen.

d Eine gemeinsame Haltung

Politische Haltung:

Die untersuchten Organisationen lassen sich alle im linken Bereich der Politik ansiedeln. Die meisten untersuchten Organisationen sind sozialpolitisch aktiv.

Haltung bezüglich der eigenen Behinderung, Stigmatisierungserfahrungen und der eigenen Arbeit:

Einige Organisationen wurden aufgrund politischer Entscheide gegründet, welche zuvor auf Missfallen ihrer Mitglieder stiess (vgl. Anhang1 Organisationsformen: 1-5). Die befragten SVOE sehen MmB als Experten und Expertinnen ihrer eigenen Lebenslage an, was eine ihre wertschätzende Haltung gegenüber den Betroffenen verdeutlicht.

Ein befragter SVOE meint, dass Menschen, die den Schritt aus dem Opferdasein wagen, einen Schritt weiter sind als andere. Die Unzufriedenheit über das Leben mit behindernden Verhältnissen, könne, wenn das folgende Zitat weiter gedacht wird, Motor für Veränderungen sein:

"Es gibt ein paar Betroffene, die trauen sich das zu. Sie fühlen sich nicht gettoisiert oder stigmatisiert sondern sind vielleicht einen Schritt weiter wenn sie sagen: Klar möchte ich nicht mit Behinderung identifiziert werden, aber ich bin nun mal trotzdem behindert und rege mich auf wegen Diesem und Jenem und deshalb mache ich etwas." (Anhang2 SVOE2: 1)

e Die Gruppenregeln

In einem Interview sprach ein SVOE an, dass Verantwortlichkeiten und Aufgaben von Funktionstragenden durch Regeln geklärt sein sollten (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 7). Bei den Recherchen in schriftlichen Dokumenten der Organisationen wurden keine Gruppenregeln entdeckt.

f Ein gemeinsames Leitbild

Die Organisationsrecherchen ergaben, dass die meisten Organisationen (Vereine; Vereine, die einer Dachorganisation angehören; der Dachverband und die Genossenschaften) über ein Leitbild bzw. Konzept oder zumindest Statuten verfügen (vgl. Anhang1 Anhang1 Organisationsformen: 1-6). Letztere sind für Stiftungen und Vereine gesetzlich vorgeschrieben (vgl. OR Art. 831 Ziff. 1; ZGB Art. 60 Ziff. 1f.). Lose Organisationen hingegen verfügen eher seltenüber ein Leitbild, ein Konzept oder Statuten (Anhang1 Anhang1 Organisationsformen: 6).

4.1.2 Ergebnisse aus der Analyse von AMBZ-Protokollen und den Interviews mit den AMBZ-Mitglieder

Aus den Interviews kamen gemeinsame Interessen der AMBZ zum Ausdruck. Als übergeordnete Interessen aller Mitglieder der AMBZ stellten sich in den Interviews (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 10) und in den Treffen der AMBZ die Inklusion von MmB (ebd.), ein normaler Umgang zwischen MmB und MoB und die Gleichstellung heraus. Auch die Vernetzung mit anderen Betroffenen zwecks wirksameren Eintretens für die Belange der MmB, wurde genannt. An Erfahrungsaustausch und an einer Wissens- und Ressourcenerweiterung sind alle interessiert (vgl. Anhang2 Protokoll1 AMBZ : 2). Die gemeinsamen Interessen bilden das Fundament für die Entwicklung von Visionen und Zielen der AMBZ.

a Die Visionen

Die AMBZ hat durch ihre Diskussionen folgende Visionen entworfen:

  • Die Inklusion von MmB im Kanton Zug wird gelebt.

  • "Wir schaffen Behinderung ab." Man muss nicht mehr für die eigenen Rechte kämpfen (vgl. Anhang2 Protokoll4 AMBZ: 2f).

  • Die Gruppe bleibt weiter bestehen.

  • Die Meinung der AMBZ hat Gewicht und wird beachtet und die Gruppe hat Wirkung. Der Kanton Zug fragt selbstverständlich die AMBZ um ihre Meinung zu allen möglichen Fragen bzw. die Verwaltung lädt die AMBZ automatisch zu Vernehmlassungen ein.

  • Auch andere MmB verspüren den Wunsch, in der AMBZ mitzuarbeiten. (vgl. Anhang2 Protokoll3 AMBZ: 2f)

b Die Ziele

In den Interviews nannte die AMBZ als Voraussetzung für einen Erfolg ihrer SVO, dass sie terminierte und klare Ziele haben sollte (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 5). Dieses Ziel ist teilweise bereits erreicht.

Inhaltliche Ziele:

Die AMBZ möchte die Gesellschaft auf das Thema Behinderung und auf die Bedürfnisse von MmB sensibilisieren und sich für die Inklusion von MmB im Kanton Zug einsetzen. Sie möchte die Betroffenen mobilisieren und über Bedürfnisse von MmB, über die Art der Behinderungen im Kanton Zug bzw. wer davon betroffen ist, informiert sein. Ausserdem will sie von der Regierung in politische Meinungsbildungs-Prozesse einbezogen werden.

Ziele bezüglich Gruppenzusammensetzung, Beantwortung der Frage "wen vertritt die Organisation?" und Legitimation der Arbeit:

Die AMBZ möchte weiterhin behinderungsübergreifend zusammengesetzt sein. Da die Ressourcen der bisherigen Mitglieder fast ausgeschöpft sind, will die AMBZ weitere Mitglieder finden. Sie sollen andere Behinderungen haben, als jene, die bisher vertreten sind. Für die AMBZ wäre eine interne Aufteilung nach Art der Behinderung ein Misserfolg.

Die AMBZ möchte sich selber und andere Betroffene im Kanton Zug vertreten (vgl. Anhang2 Protokoll6 AMBZ: 2). Sie will hierfür die Themen so bearbeiten, dass sie nicht nur aus subjektiver, sondern objektiver Sicht begründbar sind (vgl. ebd.). Das will sie durch erfragen des Bedarfs der eingebrachten Themen bei MmB im Kanton erreichen (vgl. ebd.).

Die Ziele, die darauf hinweisen, wie die Organisation von Aussen wahrgenommen werden

möchte:

Die AMBZ möchte als behinderungsübergreifende, innovative und engagierte SVO wahrgenommen werden. Zudem möchte sie, dass sie als Expertengruppierung der eigenen Lebenslage wahr- und ernst genommen wird (vgl. Anhang2 Protokoll3 AMBZ: 2f). Dies wird z.B. erreicht sein, wenn die AMBZ, wie von ihr angestrebt, von den Kantonalen Behörden zu Vernehmlassungen eingeladen wird. Dort soll ihre Meinung Gewicht haben (vgl. ebd.). Die AMBZ möchte innert einem Jahr, mittels kleineren Aktionen und durch die Gründung einer SVO, bei der Zuger Bevölkerung sowie bei Behörden und Politikern bekannt sein (vgl. ebd.). Auch möchte sie viele Betroffene heranziehen, die sich in der AMBZ engagieren wollen. Der Wunsch, als Organisation andere MmB dazu zu ermutigen, sich für die eigenen Belange einzusetzen, kommt in dieser Aussage zum Ausdruck:

"Es dünkt mich ein wichtiger Ansatz, (...) dass man die verschiedenen Möglichkeiten und Meinungen zusammenträgt und das dann herausbringt. Damit die Menschen (MmB) mehr Vertrauen gewinnen im Sich-Äussern. Aber nur so viel, wie sie können und nur so viel, wie sie mögen." (aus: Anhang2 IAMBZ6: 6)

c Ein gemeinsamer Name

Sobald eine gemeinsame Aktion (Nacht-Spitex) beschlossen war, entschieden sich die beteiligten MmB für den gemeinsamen Namen: "Arbeitsgruppe Menschen mit Behinderungen Zug (AMBZ)". Der Name wurde als provisorisch angenommen.

d Eine gemeinsame Haltung

Politische Haltung:

Die AMBZ ist laut Gruppenregel "politisch und konfessionell unabhängig" (vgl. Anhang2 Protokoll8 AMBZ: 2).

Haltung bezüglich der eigenen Behinderung, der Stigmatisierungserfahrungen und der eigenen Arbeit:

In den Interviews äusserte sich ein Mitglied der AMBZ, dass die MmB "nicht als Opfer der äusseren Umstände dastehen, sondern den Mut entwickeln" sollten, "in die Handlung hineinzugehen" (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 2). "Lamentieren" und "Klönen" innerhalb der AMBZ wurde in den Interviews als Stolperstein erwähnt (vgl. ebd.: 6). Um erfolgreiche Selbstvertretung zu leben meinte ein AMBZ-Mitglied im Interview, dass man zur eigenen Behinderung stehen muss, bevor man sich selbst vertreten kann (vgl. ebd.: 1) und dass man sich selber als Experte der eigenen Lebenslage anerkennt (vgl. ebd.: 9). Auch der Wille zum Engagement und zur Verbindlichkeit, ein gegenseitiges Motivieren, Vertrauen und eine positive Gruppenstimmung wurden als erforderliche Haltungen genannt (vgl. ebd.: 3-4). Alle diese Qualitäten haben sich, aus der Sicht des PT, im Verlauf des Prozesses gesteigert. Ausserdem wurde in den Interviews gewünscht, dass eine dynamische und offene Stimmung herrscht, in der niemand überfordert wird und alle gleichgestellt sind. (vgl. ebd.: 3).

e Die Gruppenregeln

In den Interviews wurde mehrmals auf wünschenswerte Gruppenregeln hingewiesen (vgl. ebd.: 4-5). Diesem Wunsch wurde die AMBZ gerecht als sie beschloss, dass neue Regeln im Plenum diskutiert, gesammelt und laufend ergänzt werden sollen. Nebst der Gruppenregel, in der sich die AMBZ als politisch und konfessionell unabhängig deklariert (vgl. Anhang2 Protokoll8 AMBZ: 2), wurden weitere bestimmt, die folgend aufgeführt werden.

Regeln bezüglich der Dokumentation und Information:

In den Interviews wurde der Wunsch nach einer Dokumentation und einem regelmässigen Informationsaustausch geäussert. Dies geschieht bereits heute regelmässig per E-Mail. Regelnzur Dokumentation und Information existieren bereits bei der AMBZ. Diese betreffen z.B. den Umgang mit Informationen die nach Aussen gelangen und den Austausch bzw. die Aktualisierung der AMBZ-Adressliste.

Regeln zum Umgang mit Konflikten:

In den Interviews und in den Treffen wurde darauf hingewiesen, dass eine offene Kommunikation wichtig ist und dass unangenehme Gefühle ausgesprochen werden sollen. Ausserdem befürchten AMBZ-Mitglieder, dass nicht lösbare gruppeninterne Konflikte zu einer Auf lösung der AMBZ führen könnten (vgl. Anhang2 Protokoll3 AMBZ: 2f). Eine Regelung über den Umgang mit Konflikten wurde bisher nicht getroffen.

Regeln bezüglich der eigenen Arbeit:

Die AMBZ hat Regeln bezüglich der eigenen Arbeit beschlossen. So wurde festgehalten, dass vorhersehbare Absenzen rechtzeitig mitgeteilt werden und dass von Einzelnen bearbeitete Themen und Leserbriefe vor der Veröffentlichung dem Plenum vorgelegt und dort verabschiedet werden. Bisher hat sich die AMBZ noch keine Gedanken über die Überprüfung der eigenen Arbeit gemacht. Es ist dementsprechend nicht klar wie eine Evaluation aussehen könnte und nach welchen Kriterien was genau evaluiert werden sollte.

Regeln bezüglich einem Auftritt nach Aussen:

Im Oktober 2011 entschied die AMBZ, bei Veröffentlichungen, wie z.B. bei Leserbriefen oder auf dem Flyer für die 24-Stunden-Spitex, alle Mitglieder der AMBZ namentlich als Verfassende des Textes zu erwähnen (siehe Kapitel 3.5). Abwesende Mitglieder werden gemäss Regel zuerst angefragt, ob sie damit einverstanden sind. Wer sich nicht auf diese Anfrage meldet, wird nicht genannt.

f Ein gemeinsames Leitbild

Die AMBZ empfindet es als sinnvoll, ein Leitbild zu erstellen (vgl. Anhang2 Protokoll4 AMBZ: 1f, Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich: 17) in dem ersichtlich ist, wer die AMBZ ist, was sie will, was sie macht und für wen sie das macht. Die AMBZ will ihre Rechte durchsetzen und der Bevölkerung die Hemmungen vor MmB und deren Themen nehmen. Sie will ferner, dass die Gesellschaft auf MmB zugeht und diesen Gehör schenkt. Der Mensch ist wichtiger als die Behinderung. Ein AMBZ-Mitglied erklärte sich bereit, mit einem Leitbildentwurf zu beginnen (vgl. Anhang2 Protokoll7 AMBZ: 2).

4.1.3 Empfehlungen für die AMBZ bezüglich Identitätsfindung und -pflege

Zur Herausbildung der Empfehlungen verglich das PT die Ergebnisse aus der Analyse der Organisationsrecherchen und den Interviews mit den SVOE mit den Ergebnissen aus den Analysen von AMBZ-Protokollen und den Interviews mit den AMBZ-Mitgliedern. So konnte eruiert werden, welche Ressourcen die AMBZ zur erfolgreichen Selbstvertretung bereits mitnimmt und welche Bereiche noch ausbaufähig sind. Aufbauend auf dem im Projekt erarbeiteten empirischen Wissen und dem Fachwissen der Studierenden wurden mögliche Empfehlungen gesammelt. Diese wurden auf ihre Eignung hin geprüft (ist eine Empfehlung nötig? Bräuchte es stattdessen eine andere? Ist sie von den Betroffenen umsetzbar? Baut diese auf die vorhandenen Ressourcen auf?). Zum Teil wurden dazu auch Theorien bzw. Literatur beigezogen, dann die Empfehlungen verworfen oder zur Weiterentwicklung ausgewählt. So werden in diesem Kapitel die ausgearbeiteten Empfehlungen vorgestellt. Wenn die Analyse ergab, dass für gewisse Themenbereiche eine zusätzliche Wissens- oder Kompetenzerweiterung sinnvoll wäre, erarbeitete das PT ein Instrument dazu. Dafür griff das PT auf vorhandenes oder explizit dafür erarbeitetes Wissen (Literatur und Internetrecherchen) zurück. Die Instrumente sind jeweils mit dem Verweis zur Arbeitsmappe im Text aufgeführt.

a Die Visionen

Das PT möchte auf die Vision: "Man muss nicht mehr für die eigenen Rechte kämpfen" (Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich: 2, Anhang2 Protokoll4 AMBZ: 2f) eingehen. Hier fällt zuerst auf, dass dies eher ein Ziel als eine Vision ist, denn Visionen beschreiben einen Zustand, während Ziele Aktivitäten anstreben. Das gilt es klar zu trennen. Zudem impliziert die oben genannte Vision eine Haltung des Zwanges. Wenn aber hier der Blickwinkel gewechselt wird mit der Frage: Was ändert sich wenn die Vision MmB nicht als "zum Kampf-Gezwungene" macht, sondern zu Menschen die selbstbewusst und, wenn erforderlich, unnachgiebig Forderungen anbringen? Durch diese Frage ist erkennbar, dass ein Kampf unnötig wird. Das Einfordern der eigenen Rechte kann auf Augenhöhe mit denjenigen geschehen, deren Aufgabe es ist diese Forderungen zu erfüllen. Also Menschen die in Verwaltungen arbeiten oder Menschen, die einflussreiche Positionen haben. So muss nicht mehr mit ungleichen Waffen gegeneinander gekämpft werden. Somit wird eine Begegnung zwischen MmB und MoB möglich und eine Veränderung kann miteinander stattfinden.

b Die Ziele

Um erfolgreich als SVO agieren zu können, sind Ziele klar, positiv und terminiert zu formulieren. Dies wurde von der gesamten Gruppe gewünscht. Bisher wurden sie jedoch nicht immer klar terminiert und positiv formuliert. Deshalb empfiehlt das PT den Einbezug der SMARTZielformulierung. Diese wird im Projektmanagement zwecks Zieldefinition verwendet und hilft die Ziele klar, erreichbar und überprüfbar zu formulieren (vgl. Doran 1981: 35f, Jacob Mai, Januar 2012: o.S.). Ein Instrument zu den SMART-Zielen befindet sich in der Arbeitsmappe (vgl Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich: 49-52).

Die inhaltlichen Ziele:

Die Ziele der AMBZ decken sich weitgehend mit jenen anderer SVO. Einzig das Ziel "Eingehen auf aktuelle politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Themen" fehlt. Das PT empfiehlt der AMBZ, sich dieses Ziel zu setzen. Da die gesellschaftliche und rechtliche Situation sich nachteilig für die MmB verändern kann, wäre es sinnvoll als SVO rasch und dezidiert auf aktuelle Themen einzugehen.

Ziele bezüglich Gruppenzusammensetzung, Beantwortung der Frage "wen vertritt die Organisation?" und Legitimation der Arbeit:

  • Insbesondere weil sie als Ansprechpartnerin von Politik und Verwaltung angesehen werden möchte, erhöht die behinderungsübergreifende Art der Zusammensetzung die Glaubwürdigkeit und Legitimation der AMBZ. Im Projekt "Nacht-Spitex" wurde begonnen den Bedarf nach dieser Art der Dienstleistung bei Klientinnen und Klienten der Spitex zu erheben. Dies ist eine gute Basis für eine Legitimation der eigenen Arbeit im Engagement für eine breite Mehrheit von MmB im Kanton Zug. Es gibt verschiedene andere Möglichkeiten die Legitimation der AMBZ und somit ihre Glaubwürdigkeit und Wirkung zu steigern:

  • sich stets überlegen wie die AMBZ zu einer breit abgestützten Meinung kommen kann, das heisst überprüfen, ob selbst eingebrachte Themen auch weitere betrifft

  • sich mit möglichst vielen MmB und ihren Verbänden vernetzen

  • Ziel dieser Massnahmen sollte sein:

  • die Probleme und Anliegen anderer Betroffener einholen, reflektieren und vertreten, bzw. Expertisen zum Bedarf von MmB machen (vgl. Anhang2 SVOE1: 7,19)

  • sich bekanntmachen

  • möglichst viele Menschen für die Anliegen der AMBZ mobilisieren

  • einen Prozess sicherstellen, an dem die AMBZ als Vertretende anderer MmB im Kanton Zug gewählt wird.

Die SVOE und das PT empfehlen der AMBZ solch einen Prozess sicherzustellen. Dies kann z.B. durch die Wahl eines Rates oder Parlaments, an der jeder Mensch mit Behinderung teilnehmen kann (vgl. Anhang2 SVOE3: 8f) geschehen. Die so gewonnene Berechtigung für ein "Sprechen für Andere" sollte schriftlich dokumentiert und transparent gemacht werden.

Bei der Wahl der Gruppenzusammensetzung ist es wichtig, Menschen mit nicht sichtbaren Behinderungen (z.B. Sprachbehinderungen oder psychische Beeinträchtigungen) in die AMBZ einzubinden, da deren Belange häufig übersehen werden.

Es bleibt die Frage offen, wie Menschen mit geistigen Behinderungen besser eingebunden werden können bzw. was sie für besondere Anforderungen an die Zusammenarbeit stellen. Die Antworten auf beide Fragen könnten im Leitbild integriert werden.

Die Ziele die darauf hinweisen, wie die Organisation von Aussen wahrgenommen werden möchte:

Die AMBZ weiss wie sie wahrgenommen werden möchte: Als behinderungsübergreifende, innovative und engagierte SVO. Insbesondere von der Politik und Verwaltung möchte sie als Expertengruppierung der eigenen Lebenslage wahr- und ernst genommen und zu Vernehmlassungen eingeladen werden. Sie möchte als Organisation andere MmB motivieren, sich der AMBZ anzuschliessen und sich für die eigenen Belange einzusetzen. Diese Wirkung nach Aussen kann auf verschiedene Weise erreicht werden. Bereits durch jede Interaktion mit Anderen und mit jeder Handlung der AMBZ geschieht die Vermittlung eines gezielten Bildes der Organisation. Oder durch das Leitbild der Organisation. Auch die konsequente Verwendung einer "Corporate Identity" ist sinnvoll. "Corporate Identity" beschreibt das Erscheinungsbild eines Unternehmens im Rahmen seiner öffentlichen Beziehungen (vgl. Duden 2006: o.S.). Damit wird die Organisationsidentität vermittelt. In der Arbeitsmappe befinden sich Hinweise und ein Instrument zu "Corporate Identity" (vgl. Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich: 17, 21).

c Ein gemeinsamer Name

Ein Name dient der Wiedererkennung für andere, hinterlässt einen ersten Eindruck und stiftet Identität. Er kann einen Bezug zu Tätigkeit, Arbeit, Organisation und Inhalten bzw. Themen der Gruppe haben. Namen von Organisationen müssen von deren Mitgliedern getragen werden.

d Eine gemeinsame Haltung

Politische Haltung:

Die AMBZ bekundete ihre politische und konfessionelle Unabhängigkeit.

Haltung bezüglich der eigenen Behinderung, Stigmatisierungserfahrungen und der eigenen Arbeit:

Gemeinsamkeiten können durch gemeinsame Feindbilder oder durch die Lust, sich miteinander für eine Sache einzusetzen, gefunden werden. Letzteres ist bei den AMBZ-Mitgliedern der Fall. Dies ermöglicht die Mobilisierung gemeinsamer Kräfte. Die AMBZ engagiert sich bereits stark. Am schnellen Voranschreiten des Projektes Nacht-Spitex wird deutlich, dass die AMBZ-Mitglieder weit davon entfernt sind, in einer Opferhaltung zu verharren. Stattdessen gestalten sie aktiv die Realität mit und sehen sich als Experten ihrer eigenen Lebenslage.

MmB machen negative Erfahrungen in Zusammenhang mit ihren Behinderungen. Es kann auch sein, dass Sie Stigmatisierung erfahren. Hanke et al. (Dezember 2011 o.S.) definieren Stigmatisierung:

"Stigmatisierung bezeichnet einen Prozess, in dessen Verlauf innerhalb einer Gesellschaft bestimmte äussere Merkmale (...), mit negativen Bewertungen belegt und die Betroffenen, als "die Farbigen", oder "die Körperbehinderten" in eine Randgruppenposition gedrängt werden."

Hanke et al. bemerken, dass die Betroffenen solchen Prozessen häufig ausgeliefert sind und immer mehr die ihnen zugeschriebenen negativen Bewertungen verinnerlichen (ebd.). Das kann dazu führen, dass sie sich selbst als mangelhaft erleben und möglicherweise das stigmatisierte Merkmal zu verstecken versuchen (vgl. ebd.). Manche verharren auf einem latent vorhandenen Opfergefühl, können sich allenfalls einen positiven Verlauf ihres Lebens nicht vorstellen oder sie kämpfen wütend um ihre Rechte. Barbara Mettler von Meibom (vgl. 2006:37f) betont, dass trotzt widriger Umstände im Leben die Wertschätzung für das Leben in und um uns gelebt werden sollten. "Dazu müssen wir allerdings die Augen und Herzen aufmachen" um unsere Rollen, Einstellungen und ihre Wirkungen zu "erkennen, sie verstehen und akzeptieren". (ebd.) Erst dies mache uns frei um neue Wege zu wagen (vgl. ebd.).

Das PT möchte daran anschliessen und hinzufügen, dass solche Fragen in der Gruppe angewendet, einen Anstoss zur Reflexion der Gruppen-Haltung bieten. Dies ist auch wichtig, weil die einzelnen Mitglieder ein Bewusstsein über eigene Einstellungen entwickeln können, dies wird der Gruppe aber erst nutzen wenn gemeinsam reflektiert wird (vgl. Schlattenhofer 1992: 62). In diesem Fall sollten die oben aufgeführten Fragen in "Wir-Form" angewendet werden. So können auch die Visionen und Ziele stets überprüft werden. Strahlen diese eine selbstbewusste, offene und vertrauensvolle Haltung gegenüber den Gegebenheiten des eigenen Lebens, gegenüber MmB, MoB und gegenüber einer wünschenswerten Zukunft aus? Und wird diese Haltung von den AMBZ-Mitgliedern auch gefühlt? Falls dies nicht der Fall ist, so wäre es für eine fruchtbare Arbeit der MmB gut, sich zu überlegen, warum dies so ist, und was dazu verhelfen könnte, die oben beschriebene positive Haltung von innen heraus auszustrahlen.

e Die Gruppenregeln

Die AMBZ hat bereits Gruppenregeln entschieden. Deren Verbindlichkeit ist für die Fortsetzung der gemeinsamen Arbeit von hoher Bedeutung. Hier folgen Schlüsse des PT, die aus den Analysen bezüglich Gruppenregeln entstanden sind.

Regeln bezüglich der Dokumentation und Information:

Die AMBZ informiert bereits regelmässig die eigenen Mitglieder. Das PT erachtet es als sinnvoll über folgende Fragen zu diskutieren und Regeln dazu zu entwerfen: Wer soll informiert werden? (z.B. Mitglieder, Nicht-Mitglieder, MoB, MmB, ganze Verbände), Worüber genau und zu welchem Zweck? Wie lange und in welcher Regelmässigkeit? Wie soll informiert werden? Diese Regeln dienen der zielgerichteten Verbreitung aller relevanten Informationen und fördern zudem die Vernetzung.

Die AMBZ ist eine behinderungsübergreifende SVO, die Inklusion von MmB in der Gesellschaft fördern möchte. Noch ist nicht klar, wie sie ihre Information und Dokumentation gestalten möchte, sodass sie möglichst für niemanden Hürden darstellen. Es wäre aber konsequent, wenn Inklusion auch durch verständliche Information und Dokumentation gelebt werden könnte. Das PT empfiehlt dazu eine Gruppenregel. Als Hilfsmittel für verständliche Texte eignet sich die Verwendung von "leichter Sprache". Einfache Begriffe werden dabei verwendet. Die Texte werden zudem sinnlogisch, gut lesbar aufgebaut und achten auf die Nutzbarkeit (vgl. Reiter, Januar 2012: o.S.). Texte in leichter Sprache werden auch von Menschen mit Lernschwierigkeiten bzw. kognitiver Beeinträchtigung verstanden. Im Internet ist bspw vom Netzwerk Leichte Sprache ein Merkblatt dazu verfügbar (vgl.

http://www.leichtesprache.org /.../Regeln_Netzwerk_Leichte_Sprache.pdf).

Regeln zum Umgang mit Konflikten:

Die AMBZ möchte allfällige interne Konflikte lösen, welche den Zusammenhalt der Gruppe bedrohen. Das PT empfiehlt hierzu die Einführung einer Regel, die klärt, welche Werkzeuge im Fall von Konflikten als Hilfsmittel beigezogen werden. Die vom PT in der eigenen Arbeit verwendete Methode "gewaltfreie Kommunikation" könnte dazu passen. Diese geht davon aus, dass hinter jedem Verhalten ein mehr oder weniger gelungener Versuch steht, die eigenen Bedürfnisse zu stillen (vgl. Gens 2007: 1). Konflikte entstehen nach ihr, wenn Bedürfnisse nicht gestillt sind. Die Lösung dazu sieht die Methode in einem einfühlsamen Umgang untereinander. So wird es möglich die Bedürfnisse zu erfüllen und ein harmonisches Miteinander zu erreichen (vgl. ebd.: 3). Ein Instrument zur gewaltfreien Kommunikation ist in der Arbeitsmappe zu finden (vgl. Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich 2012: 24f).

Regeln bezüglich der eigenen Arbeit:

Da nicht immer alle Mitglieder an Sitzungen teilnehmen können, bedarf es einer Regel, die klärt, wann die AMBZ beschlussfähig ist und wie sie Abstimmungen durchführt.

Wenn, wie in einem Interview gewünscht, die AMBZ das Erreichte überprüfen soll (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 4), dann braucht es dafür Richtlinien. Eine Überprüfung der eigenen Arbeit hilft diese zu verbessern. Dafür sollte allerdings klar sein, was genau und nach welchen Kriterien überprüft werden und was im Falle einer unzufriedenstellenden Arbeit geschehen soll bzw. welche Verbesserungsziele dann angestrebt werden. Das PT empfiehlt Diskussionen darüber, die letztlich in Regeln zur Überprüfung der Arbeit der AMBZ münden.

f Ein gemeinsames Leitbild

Gemeinsame Interessen, Ziele, Visionen und Strategien, aber generell alle Gespräche verbinden und wirken identitätsbildend. Die bisher gefundene Gruppenidentität kann nach aussen transparent gemacht werden. Das PT unterstützt die Entscheidung der AMBZ, sich dafür auf einen Prozess zur Leitbildentwicklung einzulassen. Durch diesen Prozess können die Zielvorstellungen und die Visionen der AMBZ klarer formuliert und dokumentiert werden. Ein Leitbild enthält auch die Strategien, mit welchem die Ziele erreicht werden sollen und welche ethischen Werte die Organisation vertritt (vgl. Schaffer, Januar 2012: o.S.). Ein veröffentlichtes Leitbild zeigt, wie selbstbewusst und klar eine Organisation nach aussen tritt. In der Arbeitsmappe steht ein Instrument zur Leitbildentwicklung zur Verfügung (siehe Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich: 30).

4.2 Als Gruppe Kompetenzen erwerben und sich organisieren

Damit Organisationen und Unternehmen ihre Ziele erreichen können, definieren sie organisatorische Strukturen und betriebliche Prozesse, die in Ablauf- und Aufbauorganisation unterteilt werden können (Kuster et al. 2006: 9). "Die Ablauforganisation regelt zeitliche, (...) logische Beziehungen zur Erreichung eines Zieles. Sie beschreibt die nötigen Tätigkeiten, die Abfolgen der Aktivitäten und weist sie an Aufgabenträger entsprechend deren Können und Wissen zu." (ebd.) "Die Aufbauorganisation hingegen " regelt die Beziehungsstrukturen der Aufgabenträger (...) dauerhaft." (ebd.) Hier werden Stellen gebildet "und durch Weisungen- und Kommunikationsbeziehungen miteinander verknüpft, in einem funktionalen Beziehungsgefüge mit definierten Rollen eingeordnet." (ebd.) Somit ist die Organisationform wichtig damit die Abläufe des Wirkens einer SVO und die Zuständigkeiten in ihr geklärt sind. Ebenfalls erforderlich sind Ressourcen, in Form von Kompetenzen und finanziellen Mitteln.

4.2.1 Ergebnisse aus der Analyse der Organisationsrecherchen und den Interviews mit den Selbstvertretungsexperten (SVOE)

g Organisationsform

Organisationsformen von SVOs sind vielgestaltig. "Sie organisieren eine unmittelbare menschliche Begegnung und gegenseitige Hilfe am Wohnort oder in der Nähe des Wohnortes (...). Viele haben sich aber auch zu Selbsthilfeorganisationen bzw. -verbänden auf überörtlicher Ebene zusammengeschlossen oder bilden Netzwerke." (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Januar 2012: o.S.). In den Untersuchungen befanden die meisten befragten SVOE die Wahl einer Organisationsform für die AMBZ als nötig. Verschieden waren die Meinungen darüber, welches die geeignete Organisationsform für die AMBZ sein könnte. Genannt wurden: die lose Gruppe, der Dachverband, der Verein, ein Forum, (vgl. ebd.). Ein SVOE sagte, es sei egal welche Organisationsform die AMBZ wähle (vgl. Anhang2 SVOE1: 5), ein anderer, dass die AMBZ keine eigenen Organisationsstrukturen aufbauen sondern Strukturen von FO nutzen soll (vgl. Anhang2 SVOE2: 14). Aus den Recherchen geht hervor, dass der Verein als Organisationsform am häufigsten gewählt wird doch auch die lose Organisationsform kommt vor sowie die Dachorganisation. Als problematisch genannt wurde in den Interviews, dass viele SVO nicht wissen, ob sie ihre Themen regional oder national einbringen sollen bzw., dass sie sich gar keine Gedanken dazu machen (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 2, 8). An einer Sitzung entschied die AMBZ, dass sie sich nur mit Verein, Stiftung und Genossenschaft weiter beschäftigen möchten, um deren Eignung als Organisationsform für die AMBZ zu prüfen. Aus diesem Grund beschränken sich die weiteren Ausführungen auf diese drei Organisationsformen, deren gesetzliche Bestimmungen wie folgt dargestellt werden:

Der Verein

Strukturell: Der Verein entsteht durch die Verabschiedung von Statuten. Diese sind schriftlich verfasst und geben Auskunft über Zweck, Mittel und beschreiben die Organisation (vgl. ZGB Art. 60 Ziff. 1f.). Einmal jährlich findet eine Generalversammlung der Vereinsmitglieder statt. Die Auflösung des Vereins geschieht per Mehrheitsbeschluss, oder automatisch, wenn kein Vorstand mehr vorhanden ist (vgl. ZGB Art. 76f.).

Finanziell: Der Verein kann sich über Mitgliederbeiträge (vgl. ZGB Art. 71), durch Spenden oder bezahlte Dienstleistungen, z.B. vom Staat finanzieren. Für die Verbindlichkeiten des Vereins haftet das Vereinsvermögen (vgl. ZGB Art. 75).

Personell: Die Mitgliederversammlung ist das oberste Organ des Vereins. Zu dieser werden die Mitglieder vom Vorstand oder mindestens einem Fünftel der Mitglieder eingeladen (vgl. ZGB Art. 64 Ziff. 1ff). Bei dieser Versammlung werden der Vorstand und die übrigen Organe für eine bestimmte Zeit gewählt (vgl. ZGB Art. 65 Ziff. 1). Sie sind für die Planung von Tätigkeiten und Anlässe des Vereins und deren Durchführung verantwortlich.

Die Stiftung

Strukturell: Die Gründung der Stiftung erfolgt durch eine "öffentliche Urkunde" oder eine "Verfügung von Todes wegen" (ZGB Art. 81 Ziff. 1). Darin werden auch die Verwaltung festgelegt und die Organe bestimmt (vgl. ZGB Art 83). Um dem Stifter einen Beitragsantrag stellen zu können muss der Zweck vorgewiesen werden (vgl. ZGB Art. 80). Hierfür sind ein Konzept, Statuten oder ein Leitbild gut. Die Stiftung wird ins Handelsregister eingetragen (vgl. ZGB Art. 81 Ziff. 2). Jährlich wird der Jahres- und Revisionsbericht der kantonalen Aufsichtsbehörde (vgl. ZGB Art. 83) vorgelegt.

Finanziell: Die Finanzierung geschieht mit Geld des Stifters, der Sponsoren, mit Spenden

Personell: In Stiftungen arbeiten Fachangestellte und Mitglieder (MmB und MoB).

Die Genossenschaft

Strukturell: Es braucht bei der Gründung mindestens sieben Mitglieder (vgl. OR 831 Ziff. 1) und Statuten. Der Inhalt der Statuten ist gesetzlich geregelt (vgl. OR 832). Dann folgt die Eintragung ins Handelsregister (vgl. OR 830, OR 835 Ziff. 1). Die Genossenschaft fördert die Interessen der Mitglieder (vgl. OR 828 Ziff. 1). Jedes Mitglied erhält einen Anteilschein (vgl. OR 852). Der Austritt aus der Genossenschaft ist, ein Jahr im Voraus gemeldet, per Ende des Geschäftsjahres möglich (vgl. OR 844 Ziff. 1) Andere Fristen müssen in den Statuten geregelt sein (vgl. ebd. Ziff. 2).

Finanziell: Um die Genossenschaft finanzieren zu können, müssen die Mitglieder einen Anteil am Genossenschaftskapital erwerben, in Bar oder als Sacheinlage (vgl. OR 833). Der Erwerb des Genossenschaftsanteils genügt aus rechtlicher Sicht nicht, um die Organisation zu finanzieren (vgl. OR 849 Ziff. 1). Weitere Mittel erfolgen über Sponsoren, Spenden oder Leistungsverträge.

Personell: Die Mitglieder der Genossenschaft arbeiten ehrenamtlich oder sind angestellt.

h Finanzierung

Jede SVO macht sich Gedanken über die eigene Finanzierung. Oft arbeiten die Mitglieder umsonst und brauchen nur Geld, um die Bearbeitung der Themen zu finanzieren. Die meisten SVOE stufen das Finden von finanziellen Mitteln als schwierig und zeitaufwendig ein (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 2). Ausserdem wollen Geldgeber manchmal inhaltlich mitreden. Diese finanzielle Abhängigkeit ist problematisch (vgl. ebd.: 2), da sie die Interessenvertretung der SVO beeinträchtigen kann. Eine andere Gefahr entsteht, wenn der Bund Projektaufträge an SVO erteilt. Ein Wettkampf unter den SVO kann so entstehen, dies hat ein Konkurrenzieren zur Folge was wiederum die Kooperation unter den SVO stört.

i Themenfindung, Themenbehandlung

Die Art und Weise der Themenfindung und -behandlung von Organisationen ist wesentlich, weil damit Inhalte für das gemeinsame Engagement gefunden werden können und die Vorgehensweise zur Erreichung der damit verbundenen Ziele strukturiert wird.

Es zeigte sich, dass andere SVO ähnliche Themen wie die AMBZ (vgl. Anhang1 Organisationsformen: 1-6) verfolgen. Auffallend häufig betonten die SVO die Wichtigkeit von Legitimation der SVOs (vgl. Anhang2 SVOE1: 7,17,19, SVOE2: 2,9; SVOE3: 8-10). Um bei der The menbearbeitung andere Betroffene vertreten zu dürfen, bräuchte es die Berechtigung dazu und das breite Einholen der Meinung der Betroffenen.

j Personelle Funktionen/Verantwortlichkeiten

Unter personelle Funktionen werden in diesem Text Aufgabenbereiche innerhalb einer Organisation verstanden, die von einzelnen oder mehreren Mitglieder übernommen werden. Die Aufgabenbereiche beinhalten Aufgaben, die erledigt werden sollten, mit Verantwortlichkeiten sind also die Inhalte und Aufgaben der Funktionstragenden gemeint. Alle Organisationen verfügen über Mitglieder (aktiv oder passiv), die unterschiedliche Aufgaben und Funktionen erfüllen, obwohl die knappen Ressourcen (z.B. Energie, Zeit), die MmB zur Verfügung stehen, oft ein Problem darstellen (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 2). Man soll sich laut allen interviewten Personen die Kompetenzen und das Wissen für die zuständige Funktion aneignen (vgl. Anhang2 SVOE2: 2, SVOE3: 3f, SVOE1: 20). Eine interviewte Person erklärte, dass man wissen muss, "wo das Expertinnen-Wissen wichtig ist und wo es nicht genügt". (Anhang2 SVOE1: 20). Als "Expertinnen-Wissen" ist hier dasjenige Wissen gemeint, welches durch die eigene Erfahrung mit und durch die Betroffenheit von Behinderung entsteht. Es braucht also nicht nur dieses Wissen, sondern auch weitere Fähigkeiten und Kompetenzen wie z.B. Persönlichkeitskompetenzen, juristisches Wissen, ein professionelles Auftreten und Erstellen-können von Anträgen (vgl. Anhang2 SVOE3: 3f). Alle eigenen und fremden Fähigkeiten und Ressourcen, darunter auch die zeitlichen Möglichkeiten (vgl. ebd.: 4, SVOE1: 18f), sollen selbstkritisch eingeschätzt, ausgebaut und eingesetzt werden, denn "für eine effektive Vertretung braucht es Leute, die sich professionalisieren." (Anhang2 SVOE3: 9). Weil die Einschätzung der Fähigkeiten auch auf Feedbacks anderer Mitglieder beruht, ist ein ehrlicher und kritischer Umgang miteinander wichtig (vgl. Anhang2 SVOE1: 18f). Allgemeine Kompetenzen können entwickelt werden, indem vom vorhandenem Wissen und den Erfahrungen anderer profitiert wird (vgl. ebd.: 7).

Die Verantwortlichkeit und Aufgaben von Funktionstragenden sollen laut einem SVOE durch Regeln geklärt sein (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 4f). Für folgende Bereiche sollten laut den SVOE Verantwortliche gefunden werden: Präsidentschaft, Sekretariat, Sitzungsleitung (ev. Turnus nach Fachwissen), Grafik, Buchhaltung, Protokollführung, Koordination, Vernetzung, Betreuung einzelner Themen, Finanzen, Informationen sammeln über internationale und nationale Politik (zum Thema MmB). Das, was in den Interviews über Zuständigkeiten und Erfordernisse für die letzten beiden Funktionen gesagt wurde, wird als Empfehlungen für die AMBZ bezüglich Organisation und Kompetenzerwerb" in diesen Text integriert (siehe Kapitel 4.2.3).

4.2.2 Ergebnisse aus der Analyse von AMBZ-Protokollen und den Interviews mit den AMBZ-Mitglieder

g Organisationsform

In den Interviews stellte sich das Bedürfnis nach einer geeigneten Struktur bzw. Organisationsform heraus (ebd.: 4). Zu Beginn des Projektes herrschte jedoch noch grosse Unklarheit darüber, wie sich die AMBZ organisieren könnte. Dann entschieden die Mitglieder, ihre Arbeit vorerst als lose Gruppe fortzusetzen und zu einem späteren Zeitpunkt eine andere Organisationsform zu wählen. In den Interviews befanden die AMBZ-Mitglieder, dass die AMBZ kantonal wirken soll (vgl. ebd.: 7). Zudem wurde der Wunsch nach einer aktiven Arbeitsgruppe geäussert, die sich zur Themenbehandlung in fachspezifische Teilgruppen gliedert.

Nach den Erfahrungen in diesem halben Jahr beschloss die AMBZ, dass weitere Mitglieder erforderlich sind, um stärker auftreten zu können und um sich die anfallende Arbeit teilen zu können. Neue Mitglieder sollen jedoch erst nach Abschluss der Aktion Nacht-Spitex gesucht werden (vgl. Anhang2 Protokoll6 AMBZ: 2). Dafür sollen eigene Netzwerke oder die anderer Organisationen genutzt werden (vgl. ebd.).

h Finanzierung

Die AMBZ kam zum Schluss, mindestens ein kleines Budget für diverse Auslagen wie z.B. für Öffentlichkeitsarbeit (Briefversand, Kopien etc.), einzuräumen. Da das Vorweisen-könneneines Leitbildes oder konkreter Projekte die Geldsuche vereinfache, will die AMBZ damit abwarten. Auch bestand Einigkeit darüber, dass dafür ein definitiver Name und konkretere Inhalte wichtig sind. Dies will die Organisation bald näher bestimmen. Keines der Mitglieder möchte private Mittel in die AMBZ investieren, z.B. Mitgliederbeiträge. Die Möglichkeiten der Finanzierung hat die AMBZ zwar noch nicht besprochen, die Dringlichkeit des Themas ist jedoch allen bewusst.

i Themenfindung, Themenbehandlung

Die AMBZ möchte eine klare und priorisierte Themenliste haben. Als Erfolgskriterium für die AMBZ wurde die effektive, effiziente und professionelle Bearbeitung anstehender Themen genannt (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 2f). Die Themen sollen kreativ behandelt werden (vgl. ebd.: 4) und eine Langzeitwirkung haben (vgl. ebd.: 9). In den Interviews wurden viele Ideen zu möglichen Themen der AMBZ genannt wie bspw. Ideen zu einer: bedarfsgerechten Dienstleistung für MmB (Spitex-Zeiten, IV-Hilfsmittel), barrierefreien Stadtplanung (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 7,9). In einer Sitzung der AMBZ wurde die Idee eingebracht dass es gut wäre wenn der Kanton Zug ein Behindertenleitbild Kanton Zug erstellt. Die AMBZ will abklären, ob der Kanton Zug ein Leitbild Behinderung hat. Sollte dies der Fall sein, so will sie dieses mit dem von anderen Kantonen vergleichen (vgl. Protokoll2 AMBZ: 2). Es wurden bereits einige Abklärungen zu diesem Thema getroffen, wobei herausgekommen ist, dass der Kanton Zug bisher kein Leitbild Behinderung verfasst hat. Die AMBZ möchte den Kanton anregen, ein Behindertenleitbild zu verfassen. Dieses soll dem Behindertenkonzept übergeordnet sein und für alle im Kanton wohnhaften MmB gelten. Momentan arbeitet die AMBZ am Projekt Nacht-Spitex. Das Projekt ist schon in der Realisierungsphase.

j Personelle Funktionen/Verantwortlichkeiten

In den Interviews gaben die AMBZ-Mitglieder Hinweise auf ihre bestehenden Ressourcen wie bspw: Schreibgewandtheit, kaufmännisches Wissen, Flexibilität, Vertrauen in Selbstwirksamkeit, und Wissen über politische Abläufe (vgl. ebd.: 7/8). Alle diese Ressourcen und noch viele mehr fliessen in die Arbeit der AMBZ-Mitglieder ein.

Es wurden noch nicht Verantwortliche für alle Funktionen bestimmt. Jedoch für einige wie Sitzungsleitung, Protokollführung, Kontakte nach Aussen pflegen (per E-Mail), Datensammlung für interne Dokumente und Zuständigkeit über gewisse Themen. Ein Mitglied könnte sich vorstellen, Spendengelder zu suchen. Dazu wurde jedoch noch nichts beschlossen. Ein anderes AMBZ-Mitglied stellte sich zur Verfügung, bei Bedarf eine einfache Buchhaltung (Abrechnung etc.) zu führen. Die AMBZ hat auch bereits Regeln bezüglich den unterschiedlichen Funktionen getroffen, wie z.B. wer und wie die Protokolle führt, wann jeweils die Sitzungsleitung für die nächste Sitzung zugeteilt wird und was deren Aufgaben sind, was für Informationsbefugnisse die zuständige Person für Kontakte nach Aussen hat (vgl. Anhang2 Protokoll6 AMBZ: 2) und welches die Pflichten der für die Aktualisierung der Adressliste verantwortlichen Person sind (vgl. ebd.).

4.2.3 Empfehlungen für die AMBZ bezüglich Organisation und Kompetenzerwerb

g Organisationsform

Wie die AMBZ schon erkannt hat, braucht es in jeder SVO eine formelle Organisationsform (vgl. Anhang2 SVOE1: 5). Diese ist nötig, um als Organisation ein Bankkonto eröffnen zu können. Es ist zudem auch Bedingung für den Anschluss an eine Dachorganisation (z.B. AGILE). Die Gründung einer formellen Organisation ist auch von Vorteil bei der Findung von Geldern und der Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung. Das PT unterstützt den Beschluss der AMBZ, vorerst als lose Gruppe zu funktionieren und sich erst später für eine andere Form zu entscheiden. Um sich über die Organisationsform einig zu werden, ist es empfehlenswert, zuerst Funktionen und Verantwortlichkeiten zu klären und ein Leitbild zu erarbeiten. Das PT geht davon aus, dass durch diesen Prozess die Gruppe herausfindet, welche Organisationsform sich am besten eignet. Damit das Thema Organisationsform nicht aufgeschoben wird ist es von Vorteil, wenn die AMBZ sich dafür ein Datum setzt. Die AMBZ fand bisher die Vereinsform als die geeignetste. Das PT unterstützt diesen Weg, da sich auch die interviewten SVOE mehrheitlich positiv zur Vereinsform äusserten und der die häufigste Organisationsform in der Schweiz ist. Die Gesetzgebung ist dafür sehr flexibel, wie die vielen "kann" - Formulierungen im Artikel 60 des Zivilgesetzbuchs (vgl. ZGB Art. 60: 69) zeigen. Ausserdem kann durch eine Vereinsbildung die persönliche Haftung der Mitglieder ausgeschlossen werden, indem die Haftung auf das Vereinsvermögen begrenzt wird.

h Finanzierung

Die Finanzierung ist ein noch nicht geklärter aber dringender Punkt der AMBZ, da sie für die Bearbeitung ihrer Themen Geld braucht. Die SVOE bemerkten, dass für das Finden von Geldern genug Zeit einberechnet werden sollte, denn "das Geld ist knapp und Geld einholen ist eine Knochenarbeit." (vgl. Anhang2 SVOE2: 3). Es können Spenden-, Dienstleistungs und Sponsorenbeiträge generiert werden. Bei Spendenaufrufen sollte auf günstige Möglichkeiten geachtet werden. Der Postversand ist z.B. sehr teuer (vgl. ebd.: 4). Es empfiehlt sich Stiftungen und Spender am besten für kleinere Projekte oder klar umrissener Ausgaben anzufragen (vgl. Anhang2 SVOE1: 16). Durch Dienstleistungsvereinbarungen mit dem Bund oder dem Sozialdienst der entsprechenden Gemeinde kann sich eine SVO finanzieren. Für die eigenen Dienstleistungen Geld zu verlangen, nannte ein SVOE als wichtig, wenn MmB von der Gesellschaft als Experten angesehen werden wollen (vgl. Anhang2 SVOE3: 5). Eine Möglichkeit wäre z.B. Rechtsberatungsdienstleistungen für Betroffene (vgl. Anhang2 SVOE2: 3). Dafür wäre die Ressource eines Mitgliedes, welches Jura studiert hat, sehr hilfreich. Wenn Funktionen nach Ressourcen verteilt werden, würde es Sinn machen, dieser Person die Verantwortung für eine solche Dienstleistung zu übergeben. Eine andere Möglichkeit, um an Geld zu kommen, sind Sponsoren (vgl. Anhang2 SVOE2: 4). Die AMBZ kann sich für die Finanzierung auch mit Fachorganisationen (FO) vernetzen (vgl. ebd.: 6). Diese könnten der AMBZ Aufträge geben, welche eine Bearbeitung durch Experten in eigener Sache, also von Betroffenen, benötigen. Nach Information des Geschäftsleiters der Pro Infirmis Uri, Schwyz, Zug steht diese Möglichkeit offen, wenn eine Begegnung auf Augenhöhe stattfinden kann. Dafür ist eine saubere Antragstellung von Seiten der AMBZ notwendig. Ein Hilfsmittel, um Finanzierungsanträge formulieren zu können, ist in der Arbeitsmappe vorhanden (vgl. Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich 2012: 22).

Da die Legitimation und Autonomie unter der Abhängigkeit vom Geldgeber leiden könnte sollte bei den Finanzierungsverhandlungen auf die inhaltliche Autonomie bestanden werden. Hilfreich ist auch das Anfragen diverser Geldgeber (vgl. SVOE2: 8), da dies sicherer ist, falls ein Geldgeber abspringen sollte.

Bevor aber Geldgeber angefragt werden können sollte der AMBZ klarer sein, für was sie sich einsetzt. Dafür ist z.B. die Entwicklung eines Leitbildes hilfreich (vgl. Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich: 14). Das Leitbild ist auch eine gute Beilage bei Finanzierungsanträgen und bezeugt ein professionelles Vorgehen der Antragsstellenden.

i Themenfindung, Themenbehandlung

Um gemeinsame Themen zu finden eignen sich verschiedene Mittel zur Diskussionsanregung wie z.B. Zeitungsartikel, aktuelle politische Diskussionen, erlebte Situationsbeschreibungen (vgl. Freire 1971: 138). Die behinderungsübergreifende Zusammensetzung der AMBZ ermöglicht die Themen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertung Atlas TI: 5). Bei der Auswahl der zu bearbeitenden Themen ist wichtig, dass möglichst alle Mitglieder davon betroffen sind. Dies ermöglicht, dass auch Mitglieder, die in der Diskussion weniger aktiv sind, von den Themen profitieren können. Auch sollte beachtet werden: je mehr interne und externe MmB von den Themen betroffen sind, umso höher ist die Legitimation der AMBZ (vgl. Anhang2 SVOE2: 9).

Die Vernetzung mit anderen SVO und FO ist für die Themenbearbeitung und -findung grundlegend und erhöht die Erfolgschancen einer kleinen Organisation. Je mehr Leute gemeinsam ein Thema finden und sich dafür einsetzen, desto höher ist die Chance, dass ihre Ziele erreicht werden. Dementsprechend kann bestehendes Wissen ausgetauscht werden, z.B. wie man Forderungen erfolgreich anbringt (vgl. Anhang2 SVOE1: 18f) oder wer zu spezifischen Themen Auskünfte geben kann (vgl. ebd. 6f). Oder man nutzt die Kontakte für einen breiteren Versand von Bedarfsumfragen.

j Personelle Funktionen/Verantwortlichkeiten

Für jedes Thema, welches behandelt wird, sollte mindestens eine verantwortliche Person zur Verfügung stehen. Diese ist für die effiziente und effektive Bearbeitung des Themas verantwortlich. Sie plant die Beschaffung der benötigten Mittel und Partnerschaften bzw. Kontakte ur Themenbehandlung. Sie plant die Erhebung des Bedarfs bei MmB und anderen interessierten Kreisen. Sie überlegt, in welcher Form bzw. gegenüber wem Forderungen geäussert werden sollen und ob das Thema regional, kantonal oder national behandelt werden soll (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 1). Sie prüft, welches Wissen fehlt und wo es beschafft werden kann (vgl. Anhang2 SVOE1: 18f). Der Einbezug von Projektmanagementmethoden ist für die Themenbehandlung hilfreich. Ein Planungsinstrument steht in der Arbeitsmappe zur Verfügung (vgl. Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich: 38f).

Die wenigen Mitglieder der AMBZ tragen derzeit die gesamte Verantwortung über Funktionen und Themenbearbeitung. Ein Zuwachs an aktiven Mitgliedern würde entlastend wirken, da die Arbeit unter mehr Menschen verteilt werden kann. Wie können aber mehr Mitglieder gefunden werden? Die Gewinnung von (aktiven oder passiven) Mitgliedern hängt stark von der Vernetzung und der Öffentlichkeitsarbeit der AMBZ und der einzelnen Mitglieder ab (diese zwei Themen werden im Kapitel "4.3 Als Gruppe erfolgreich Wirkung erzielen" genauer behandelt (siehe Kap. 4.3). Die AMBZ arbeitet bereits an bestimmten Themen und vernetzt sich dadurch, dies wird ihre bei der Mitgliedersuche helfen.

Am dringendsten ist die Funktion "Finanzierung" zu klären. Diese wird vermutlich zeitaufwendig sein. Beim Finden der richtigen Person für diese Aufgabe sollte deswegen auf die Zeitressourcen der Person geachtet werden. Zudem sollte diese Person in der Lage sein, mit Finanzen umzugehen und Anträge zu schreiben.

Bei der Aufteilung von Zuständigkeiten empfehlen die SVOE jemandem die "Beobachtung politischer Abläufe oder das Aussenministerium" zu übertragen (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 9), damit die politischen Themen auf nationaler und kantonaler Ebene verfolgt werden können. Das erlaubt der AMBZ, selber auf aktuelle politische Themen zu reagieren oder sich mit anderen Organisationen zu verbünden. Durch das Verfolgen der politischen Aktualität und der Geschehnisse im Bereich Behinderungen kann zudem das so erworbene Wissen erweitert bzw. beim Anbringen der eigenen Forderungen genutzt werden (vgl. SVOE2: 2). Es geht dabei also nicht nur um die Beschaffung von Information, sondern auch um die Vernetzung mit einflussreichen Personen (vgl. ebd.: 8). Durch Vernehmlassungen, Leserbriefe, Öffentlichkeitsarbeit und Gespräche mit Politiker/innen kann auf die Politik Einfluss genommen werden (vgl. Anhang2 BEO 3 I: 2). Es gibt unterschiedliche weitere Mittel, wie diese Funktion erfüllt werden kann. Das Beobachten von Internetseiten von Organisationen (Newsletter abonnieren) oder der Besuch von Behindertenkonferenzen kann an dieser Stelle als Beispiel genannt werden.

Obwohl die AMBZ bereits über ein für die Kontakte nach aussen verantwortliches Mitglied verfügt, könnte sie sich überlegen, ob es weitere Funktionen für die Öffentlichkeitsarbeit braucht, wie z.B. eine Person, die für Medienarbeit zuständig ist oder eine als Verantwortliche für die Kontaktaufnahme mit anderen Organisationen.

Das Pflegen von Kontakten ist eine vielfältige und anspruchsvolle Arbeit. Darum empfiehlt das PT, dass mehrere Mitglieder sich die Funktion "Kontakte gegen aussen" untereinander aufteilen. Ausserdem empfiehlt es sich, jemandem die Funktion "Aktualisierung der AMBZ Vernetzungsliste" zu übergeben. Auch hilfreich ist es, wenn das Mitglied, welches die Kontaktaufnahme zu einer externen Person aufgebaut hat, in Zukunft Ansprechsperson für diese bleibt.

Die AMBZ wünscht, dass die Ressourcen ihrer Mitglieder gestärkt werden und sie aus ihren Teilprojekten weitere Ressourcen generieren können (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 7). Dem PT fiel auf, dass die Behinderungen, zeitliche Ressourcen, sowie individuelle Fähigkeiten dazu führen, dass die Funktionen nicht von allen übernommen werden können. Purtschert sagt dass "Eine Grundvoraussetzung für eine optimale Leistungserstellung (...) das individuelle Können der Mitarbeitenden" (Purtschert 2005: 372 nach Hüsler 2009: 10) ist. Dies müsse bereits beim Finden neuer Funktionstragenden berücksichtig werden. Hilfreich dafür ist das Erstellen von Anforderungsprofilen für die einzelnen Funktionen. Damit können die vorhandenen mit den erforderlichen Ressourcen verglichen werden (Schwarz 1996: 563 nach Hüsler 2009: 10). Es macht also Sinn, die Funktionen je nach vorhandenen Ressourcen zu verteilen. Oder es kann sein, dass jemand eine bestimmte Funktion als Lernfeld sieht und ihre Ressourcen hier erweitern möchte. Dann sollte, laut einem SVOE, diese Person sich um die Aneignung der erforderten Ressourcen kümmern (vgl. Anhang2 SVOE1: 20). Hierfür können z.B. die Erfahrungen der anderen AMBZ-Mitglieder genutzt werden, oder diejenigen von anderen SVO oder FO. Was hilfreich ist, ist eine gemeinsame, ehrliche Reflexion über die vorhandenen und fehlenden Ressourcen der einzelnen AMBZ-Mitglieder. So kann für die Funktionsübertragung oder die Behandlung von Themen herausgefunden werden, welche Ressourcen bestehen und welche noch ausgebaut werden sollten. Oder wer welche Funktion am besten übernehmen kann.

4.3 Als Gruppe erfolgreich Wirkung erzielen

"Systeme (...) sind strukturell an ihrer Umwelt orientiert und könnten ohne Umwelt nicht bestehen (Pohl 2004: 28). Für SVO bedeutet dies, dass sie die Öffentlichkeit brauchen um existieren zu können. SVO streben auch eine Veränderung gesellschaftlicher Gegebenheiten an, um bessere Lebensbedingungen für MmB zu erreichen. Deswegen ist der Einbezug von Menschen ausserhalb der SVO wichtig, ebenso ein Wirken auf diese und der Öffentlichkeit. Die Vermittlung von Wissen kann dazu einen Beitrag leisten. Das vorliegende Kapitel befasst sich mit der Frage wie SVO bzw. die AMBZ zu einer erfolgreichen Wirkung gelangen kann. Dabei werden die Öffentlichkeitsarbeit, Vernetzung und Wissensvermittlung vorgestellt.

4.3.1 Ergebnisse aus der Analyse der Organisationsrecherchen und den Interviews mit den SVOE

k Öffentlichkeitsarbeit

Hanke et al. definieren Öffentlichkeitsarbeit als eine Möglichkeit, mittels der ein möglichst grosser Teil der Gesellschaft erreicht werden kann, "um zu informieren" (...), "um bestimmte Tatsachen und Meinungen zu verbreiten und um gewisse Tendenzen, Informationen oder auch Kontroversen in die öffentliche Diskussion einzubringen." (Hanke et al. Dezember 2012: o. S.). Auch kann durch Öffentlichkeitsarbeit "eine vorteilhafte Darstellung der erbrachten Leistungen" (Duden 2006: o.S.) vermittelt werden.

Grundsätzlich habe, laut einem SVOE, Selbstvertretung viel damit zu tun, dass man sich Gehör verschafft (vgl. Anhang2 SVOE2: 2). Öffentlichkeitsarbeit wird deswegen von allen SVO genutzt, um über das Schaffen, die Inhalte der SVO zu informieren oder um Gesellschaft, Wirtschaft und Politik auf das Thema Behinderungen zu sensibilisieren. Sie machen damit auf die eigenen Bedürfnisse aufmerksam und stellen Forderungen bzw. Anliegen dar. So können sie Einfluss auf die Politik nehmen (vgl. Anhang2 BEO 3 I: 2).

Auch könnte damit die Mobilisierung von anderen MmB zum Engagement in SVO vorangetrieben werden oder das Finden neuer Mitglieder und möglicher Geldgeber und Geldgeberinnen.

Die meisten Organisationsformen sind um Präsenz bemüht, zeigen sich in der Öffentlichkeit und bemühen sich um ein Medienecho. Es ist in den Interviews mit den SVOE genannt worden, dass es an öffentlichen Präsentationen und Auftritten eindrucksvoll ist, wenn Menschen mit verschiedenen Behinderungen zusammen auftreten. Für all das nutzen die Organisationen Leserbriefe, Flyer, Broschüren, Schulbesuche, Projekte, Zeitungsartikel, politisches Engagement oder andere Aktionen, Aktivitäten und Anlässe (vgl. Anhang1 Organisationsformen: 1, 4 5). Des Weiteren schalten vielen SVO Internetportale zur Vermittlung von Informationen und Erfahrungen über verschiedene Bereiche des Lebens mit Behinderungen auf. Darin enthalten sind oft auch Verweise zu bestehenden Angeboten Dritter. Oder sie bieten Newsletter mit aktuellen Themen an (vgl. ebd.: 3). Vor allem die Genossenschaften haben Zugang zur Privatwirtschaft und zu anderen Nonprofit-Organisationen (vgl. ebd.:3-4). Wenige der untersuchten SVO bieten Dienstleistungsangebote (Märkte, Beratung, Produktaufträge) an, was ebenfalls die Öffentlichkeit auf sie zieht.

Anders als die untersuchten - als Genossenschaft, Verein oder lose Gruppierung organisierten SVO - dienen Dachverbände und (Interessen-) Verbände der überregionalen Vertretung von Interessen. Sie sind Zusammenschlüsse von Einzelpersonen, Vereinen oder Unterverbänden/Sektionen. Sie haben daher einen grossen Einfluss auf die Politik. Ein Dachverband wird aus Vertretern von verschiedenen Vereinen gebildet und ist behinderungsübergreifend, was einen einheitlichen Auftritt nach aussen ermöglichen soll. Sie bieten mehr als andere Organisationsformen Dienstleistungs-, Beratungs- und Betreuungsangebote sowie den Verkauf von Produkten (z.B. an Märkten) an. Sie haben gelegentlich sogar eine Dienstleistungsvereinbarung mit Bund und Sozialdienst (vgl. ebd.:5).

Auch lose Organisationen mischen sich wirksam und mit den unterschiedlichsten bisher genannten Mitteln in wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Themen ein.

l Vernetzung

Vernetzung führt zur Bildung von Netzwerken. "Ein Netzwerk ist eine informelle Gruppierung von Organisationen und Personen, bei denen eine Verbindung mit einem bestimmten Akteur besteht, der diese kennt und der ihnen bekannt ist." (Curaviva 2011: 14). Vernetzung und Netzwerke sind für SVO wichtig, weil diese als freie Informationsquellen und für politische Allianzen oder zum Durchbringen der Interessen der SVO genutzt werden können (vgl. ebd.).

Vernetzung gehört bei den meisten der recherchierten SVO zu den Strategien, Zielen und personellen Rahmenbedingungen (vgl. Anhang1 Organisationsformen:1-6; BEO 1-9; Anhang2 BEO 1 II: 2; SVOE1: 5). Sie stellte sich in allen Auswertungen von SVOE-Daten als wichtigste Rahmenbedingung für ein erfolgreiches Wirken der SVO heraus. Die SVOE schlagen vor, alle Leute kennen zu lernen, die für die Gruppierung bzw. ihre Arbeit wichtig sind (vgl. Anhang2 BEO 1 I und II; BEO 4; BEO 5; BEO 9). Häufig legen SVO Wert auf die Vernetzung mit Menschen, die von einer anderen Behinderung als der eigenen betroffen sind(vgl. Anhang2 SVOE1: 7). Gewisse Organisationen pflegen auch Kontakt zu Angehörigen von MmB (vgl. Anhang2 BEO3 II: 3; BEO1 II: 2).

Durch Mitgliedschaft einzelner oder der gesamten Organisation in anderen SVO wird der Austausch zu anderen SVO gepflegt (vgl. Anhang2 SVOE2: 8; SVOE1: 7). Ein Vorteil dabei ist, dass von bestehenden Ressourcen und vom Wissen profitiert werden kann (Anhang2 SVOE1: 9), wie z.B. das Verständnis über gesamtschweizerische und kantonale Abläufe in der Politik (vgl. Anhang2 BEO 3: 2f). Oder dass die SVO gemeinsam einen stärkeren Auftritt und somit eine stärkere Wirkung erzielen können.

Vernetzung mit anderen Betroffenen ermöglicht das soziale Eingebundensein, (vgl. Anhang1 Organisationsformen: 1; Anhang2 BEO 3 II: 2f) und das breite Einholen von Meinungen. Dies steigert die Legitimation (vgl. Anhang2 SVOE1: 7) der SVO. Die Kontakte geschehen über Internet, persönlicher Begegnung oder dem gemeinsamen Veranstalten von Anlässen (vgl. Anhang2 BEO 3 II: 2).

Viele SVO sehen sich, gemäss den Recherchen, als Behindertenvertretung in Form eines Ansprechpartners, insbesondere für die kantonale Politik (vgl. Anhang2 SVOE3: 8). Um das zu erreichen sei, nebst dem Kontakt mit führenden Personen aus Gesellschaft und Wirtschaft (vgl. ebd.: 3), eine Partnerschaft und "direkte Kontaktaufnahme mit Politik, Verwaltung" wichtig, "damit diese (...) wissen, es existiert eine Gruppe, eine kompetente, behinderungsübergreifende Gruppe, die gefragt werden kann." (Anhang2 SVOE1: 5, vgl. ebd. 18f., SVOE2: 4, 9; Anhang2 BEO: 3).

Manchmal vernetzen sich SVO auch mit Fachpersonen, z.B. zur Beantwortung von Fachfragen (vgl. Anhang2 BEO 1 II: 1; BEO3 II: 3). Als Beispiel dafür nannte ein SVOE eine Tandem-Aktion, die in den Wandelhallen des Bundeshauses, in Zusammenarbeit mit MoB durchgeführt wurde. Das Ziel dabei war es, Politikern Argumente gegen die IVG-Revision, 1. Tranche vorzustellen. MmB traten dabei für ihr Expertentum in eigener Sache ein und die Person ohne Behinderung für ihr Expertentum in Sachen IVG-Revision. Auf diese Weise konnte glaubhaft und qualitativ hochwertig gearbeitet werden (vgl. Anhang2 SVOE1: 18).

Mittels dieser vielfältigen Kontakte können SVO auf die Anliegen der MmB aufmerksam machen und so ein "Lobbying" entstehen, (vgl. Anhang2 BEO 3 II: 3), womit die Bekanntheit und die Wirkung der SVO gesteigert werden kann. Vernetzungsarbeit bedingt die Bereitschaft aktiv nach Aussen zu treten und viel Zeit (vgl. Anhang2 SVOE2: 4).

m Wissen weitergeben

Häufig sprechen die SVOE von Expertenwissen. Damit meinen sie das Wissen, welches aus der eigenen persönlichen Betroffenheit entsteht. Der Begriff wurde jedoch teilweise inkonsistent verwendet. Manchmal wurde darunter auch das erlesene Wissen, welche MmB durch ihr Interesse am Thema Behinderungen oder Behindertenpolitik sich erarbeitet haben, verstanden. In diesem Kapitel wird Wissen der unterschiedlichsten Bereiche genannt (z.B. Wissen aus der eigenen Ausbildung, aus Erfahrungen, aus Selbststudium, aus Austausch mit Anderen usw.).

Die SVOE finden, dass das vorhandene Wissen an MmB, MoB, an Verwaltungen und an die Politik weitergegeben werden sollte, da dieses für eine Selbstvertretung wertvoll ist (vgl. Anhang2 SVOE3: 5). Dies kann mittels Vernehmlassungen und Gesprächen geschehen (vgl. Anhang2 BEO 3 II: 3). "Wir Behinderte müssen uns als Fachexperten verkaufen"(Anhang2 SVOE3: 6f) forderte ein SVOE. Dafür braucht es Sachverständigkeit um "kompetente Antworten auf behindertenspezifische Themen aus Sicht der Betroffenen zu liefern" (Anhang2 SVOE1: 5) und um den Anforderungen der Partnerinnen und Partnern gerecht zu werden, wie das folgende Zitat aus einem SVOE-Interview zeigt: "Natürlich müssen wir dann auch entsprechend liefern. So hatte ich bei meinen Leuten Mühe, ihnen beizubringen, einen Expertenbericht so zu schreiben, dass er dem Auftraggeber etwas nützt. Da darf man nicht einfach etwas hinschmieren." (Anhang2 SVOE3: 6f).

Mehrere SVOE nannten den Bedarf nach Weitergabe des Wissens über Selbstvertretung, insbesondere bei Betroffenen. Durch diese Art der Beratung können MmB ermutigt werden sich selbst zu vertreten. Grundlegend sei dabei die Sensibilisierung auf die Tatsache, dass man, wenn sich etwas verändern soll, sich selber dafür einsetzen muss. So wird auch die Demokratiefähigkeit von MmB gesteigert (Anhang2 SVOE3: 8).

Das folgende Zitat veranschaulicht ferner die Bedeutung der Weitergabe des Wissens: "Meine Erfahrung ist jedoch, dass das Einzelkämpfertum sehr weit verbreitet ist. Man denkt: Ich bin betroffen, das genügt. Man muss nicht links noch rechts schauen. Ich kann das gut verstehen, finde das jedoch schade. So wird das Wissen nicht weiterverbreitet. Es bleibt auf der entsprechenden Ebene hängen". (Anhang2 SVOE1: 8)

4.3.2 Ergebnisse aus der Analyse von AMBZ-Protokollen und den Interviews mit den AMBZ-Mitglieder

k Öffentlichkeitsarbeit

Die AMBZ sieht Öffentlichkeitsarbeit als Teil ihrer Arbeit (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 3,5,10). Dies wurde in den Interviews mit den AMBZ-Mitgliedern mehrmals genannt und dann an den Treffen entschieden. Die Öffentlichkeitsarbeit dient der AMBZ für mehrere Zwecke. Ein wichtiger Punkt ist das Ziel, die Zuger Bevölkerung, aber insbesondere Betroffene, Behörden und Politik, auf sich aufmerksam zu machen (vgl. Anhang2 Protokoll4 AMBZ : 2f). So könne ihre Meinung mehr Gewicht erhalten und allenfalls könnte eine Lobby daraus entstehen (vgl. ebd.: 2,4,8).

Die AMBZ befindet, dass alle für das gemeinsame Auftreten einstehen sollen und dafür verantwortlich sind. Es wurde somit niemand mit der Funktion Öffentlichkeitsarbeit betraut. Die Art und Weise, wie die AMBZ auf sich aufmerksam machen möchte, hat bisher einen projektbezogenen Charakter. Das heisst, die Bevölkerung wird je nach Thema, welches ansteht und bearbeitet wird, informiert. Dies geschah bisher mittels persönlicher Kontakte, Leserbriefen und Zeitungsartikeln. Auch kann sich die AMBZ vorstellen, Aktionen und themenbezogene Veranstaltungen (vgl. ebd.) durchzuführen, z.B. eine Startveranstaltung. Als weitere Methoden und Mittel wurden in den Interviews Folgende erwähnt: ein fundiertes Auftreten, Medienarbeit, Unterschriftensammlungen (vgl. ebd). Auch ein regelmässiges Informieren wurde genannt, wobei dies mittels Verteilung von Infos über verschiedene Organisationen geschehen soll (vgl. ebd.). Als erstes möchte die AMBZ in nächster Zeit damit beginnen, durch kleine Aktionen und durch die Gründung einer Selbstvertretungsgruppe (vgl. Anhang2 Protokoll4 AMBZ : 2f) auf sich aufmerksam zu machen.

l Vernetzung

Den Interviews zufolge kann sich die AMBZ Vernetzung mit SVO, FO, Menschen aus Politik und mit einzelnen MmB vorstellen (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 5,10). Auch wurden Aussagen gemacht, welche Ressourcen zur erfolgreichen Vernetzung hilfreich wären. Z.B. wenn ein individuelles Engagement in anderen Organisationen vorhanden ist (vgl. ebd.: 8). So könnten die persönlichen Netzwerke genutzt werden (vgl. ebd.: 9). Vernetzung setze Kontaktfreudigkeit voraus und Erreichbarkeit. So wäre es wichtig, dass eine Person sich als Verantwortliche für die Kontakte erklärt (vgl. ebd.: 8), damit diese gepflegt werden können (vgl. ebd.: 3). In einer Regel soll festgehalten werden, dass alle Mitglieder alle Kontaktdaten erhalten. Es soll dabei jeweils angemerkt werden, wer bereits kontaktiert wurde und wofür. Es hat sich bisher noch keine zuständige Person gefunden (vgl. Anhang2 Protokoll6 AMBZ: 2). Zudem erachtet es die AMBZ als sinnvoll, Listen zu führen um die Vernetzung zu strukturieren und bei Bedarf schnell in Kontakt treten zu können. Es könnten so Listen angelegt werden mit Kontaktdaten von Kooperationspartnern und -partnerinnen, von Fachhilfen, von Betroffenen und von Politikern und Politikerinnen (vgl. Anhang1 Kategorien Auswertungen Atlas TI: 5). Bei den Listen von Betroffenen möchte sie zudem Interessen und Bedürfnisse vermerken, so dass themenspezifisch die Leute zur Kooperation, Meinung usw. angefragt werden können.

Die AMBZ lebt Vernetzung bereits als Teil ihrer Selbstvertretung. So hat sie im Rahmen der laufenden Projekte Kontakte zu FO (Spitex, Pro Infirmis, Alters- und Pflegeheime), Betroffenen und Medien aufgenommen. Mit diesen hat sie bereits Partnerschaften gewonnen, die die Befragungen zum Nacht-Spitex Bedarf an Betroffene und Angehörige verteilen. Gleichzeitig kann sie gewiss sein, dass dadurch ihr Wirken bereits bekannt wird.

m Wissen weitergeben:

Die AMBZ hat sich vorgenommen andere MmB dazu zu ermutigen, sich so weit es geht, für die eigenen Belange einzusetzen. Wie sie dies bewerkstelligen kann hat sie noch nicht besprochen. Sie möchte zudem die Gesellschaft auf MmB sensibilisieren. Dies will sie durch Bewusstseinsbildung und Information zur politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Situation der MmB erreichen.

4.3.3 Empfehlungen für die AMBZ bezüglich einer erfolgreichen Wirkung nach Aussen

k Öffentlichkeitsarbeit

Da die AMBZ Öffentlichkeitsarbeit für ihre SVO wichtig findet, sie diese jedoch noch eher projektabhängig gestaltet (Nacht-Spitex- und Tourismusprojekt), wäre es gut, wenn sie entscheiden könnte, wie sie ihre Öffentlichkeitsarbeit allgemein gestalten möchte. Dies kann in Form von fundiertem Auftreten (bsp. Corporate Identity, Internetauftritt, Facebook-Seite), Medienarbeit (Leserbriefe Zeitungsartikeln), Informationsvermittlung (Flyer, Broschüren, Informationen mittels verschiedenen Organisationen vermitteln), sowie Dienstleistungsangeboten (Märkte, Beratung, Produktaufträge) geschehen. Auch ist das politische Engagement (Unterschriftensammlungen, Lobbyarbeit) und andere Aktionen, Anlässe/themenbezogene Veranstaltungen, Schulbesuche, Projekte) eine Form von Öffentlichkeitsarbeit.

Durch diese Mittel kann sie auf ihre Anliegen und Projekte aufmerksam machen und sich Gehör verschaffen. So kann Einfluss auf die Politik genommen werden (vgl. Anhang2 BEO 3 I: 2). Für das Finden nötiger Gelder ist eine Bekanntheit der SVO von Vorteil.

Die Gesellschaft, Wirtschaft und Politik soll auf die MmB, insbesondere AMBZ und deren Bedürfnisse, sensibilisiert werden. Alle diese Ideen zur Öffentlichkeitsarbeit stammen einerseits aus den Bedürfnissen der AMBZ, andererseits aus Empfehlungen der SVOE wie auch die noch nicht genannte Idee, dass man das Thema Selbstvertretung von MmB gross aufziehen und vermitteln sollte, damit Menschen mit und ohne Behinderungen aus der Politik, der Sozialen Arbeit, der Gesellschaft sensibilisiert und motiviert werden, sich dafür einzusetzen. Insbesondere wäre es gut mittels Öffentlichkeitsarbeit Betroffene zu ermutigen sich in der AMBZ oder anderen SVO zu engagieren (vgl. Anhang2 BEO: 8). Je mehr Leute sich selbst vertreten, umso mehr muss die Gesellschaft deren Anliegen berücksichtigen

Die AMBZ möchte eine Startveranstaltung (Kick-off-Veranstaltung) zur öffentlichen Präsentation der Gruppe realisieren. Dies bedingt eine Auseinandersetzung mit den Zielen dieser Veranstaltung: Soll diese zur Vernetzung dienen oder zur Findung neuer Mitglieder? Soll darin die Arbeit der AMBZ (z.B. Nacht-Spitex) vorgestellt werden oder geht es gar darum mit Betroffenen neue Themen anzureissen? Zur Planung von Aktionen befindet sich in der Arbeitsmappe ein Hilfsmittel (vgl. Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich: 38f).

Das Auftreten in der Öffentlichkeit kann jedoch auch heikel sein (vgl. curaviva 2011: 27). Z.B. können weder "die Bearbeitung eines Themas durch einen Journalisten noch die Auswirkungen, die damit unter Umständen verbunden sind" (ebd.) kontrolliert werden. "Durch die Schilderung einer vertretenen Position wird deren Relevanz möglicherweise verringert."(ebd.). Aus diesen Gründen sollten Öffentlichkeits- und Medienarbeit möglichst professionell geplant und angegangen werden (vgl. curaviva 2011: 27). Die AMBZ sollte sich überlegen, ob sie diese Aufgabe alleine in Angriff nehmen und ihre Kompetenzen darin erweitern möchte. In diesem Fall könnte sie einen Coach damit beauftragen. Dafür braucht es zuerst die Erstellung eines Anforderungsprofils. Folgende Fragen könnten dabei hilfreich sein: Welches sind die Anforderungen an diese Person? Was soll sie für Fähigkeiten mitnehmen? Wie lange dauert die Anstellung? Was sind die Aufgaben? Zudem sollte die AMBZ das dafür notwendige Budget berechnen und beschaffen (allenfalls über eine Antragsstellung an eine FO wie Pro Infirmis Uri, Schwyz, Zug?).

l Vernetzung

Die AMBZ hat sich bereits für das Projekt Nacht-Spitex mit FO vernetzt. Empfehlenswert ist es, sich auch mit anderen MmB, MoB und einflussreichen Personen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik sowie der Verwaltung zu vernetzen (vgl. curaviva 2011: 14f). Möglichst viele Partnerschaften mit den dafür richtigen Leuten einzugehen steigert die Wirkung, die Legitimation und den Bekanntheitsgrad der AMBZ (vgl. ebd.). Eine Möglichkeit wäre eine Behindertenkonferenz in Partnerschaft mit SVO und FO und weiteren wichtigen Akteuren, z.B. aus der Politik umzusetzen (vgl. Anhang2 SVOE1: 19, SVOE1: 19). Beim Engagement für die Anliegen der MmB bei Abstimmungen (z.B. gegen die IVG-Revisionen), kann sich die AMBZ mit dem Kampagnenleiter zur IVG-Revision von AGILE zusammenschliessen. So können auf nationaler Ebene die SVO gemeinsam auftreten, was die Wirkung der Arbeit verstärkt (vgl. Anhang2 SVOE1: 9). Oder es können Tandem-Aktionen, bei denen MmB gemeinsam mit MoB Menschen aus der Politik treffen und ihre Argumente (z.B. für politische Inhalte wie Abstimmungen o.ä.) darlegen. Das spezifische Expertenwissen der MmB mit dem der MoB könnten so eingesetzt werden. Wenn die AMBZ sich für Abstimmungen einsetzen möchte (IVG-Revisionen o.ä.), dann empfiehlt eine SVOE die Zusammenarbeit mit dem Kampagnenleiter zur IVG-Revision von AGILE. Dies hilft Ressourcen einzusparen und gebündelt aufzutreten (vgl. Anhang2 SVOE1: 9). Hier wird also deutlich, dass durch Vernetzung die AMBZ von bestehendem Wissen und von bestehenden Kompetenzen profitieren kann.

Ein besonderes Augenmerk sollte, laut den Recherchen, auf eine überregionale Vernetzung gelegt werden (vgl. Anhang2 BEO 3 II: 3). Dies kann geschehen durch ein individuelles Engagement einzelner Mitglieder oder der gesamten AMBZ, in national tätigen SVO.

Um Kontakte aufrechterhalten zu können müssen sie gepflegt werden, deswegen eignet es sich, jemanden als Verantwortlichen für diese Aufgabe zu bestimmen. Zudem kann die Vernetzung gesteigert werden, wenn genügend Zeitressourcen zur Verfügung stehen und persönliche Netzwerke der einzelnen AMBZ-Mitglieder genutzt werden. Die Arbeitsmappe enthält eine Checkliste zur Vernetzung für die AMBZ. Darin enthalten sind ebenfalls nützliche und mögliche Adressen für die Vernetzung (vgl. Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich : 6f).

m Wissen weitergeben

Die AMBZ hat sich zwar entschieden, dass sie als Expertin der eigenen Lebenslage angesehen werden möchte. Wie sie dieses Wissen weitergeben will hat sie noch nicht entschieden. Laut den SVOE wäre es gut, wenn die AMBZ mit Verwaltung und Politik, kompetent in behindertenspezifischen Fragen kooperiert. "Die Verwaltung benötigt von den Interessengruppen eines bestimmten Bereichs faktische und technische Daten und Informationen, damit sie ein Projekt erarbeiten kann. Sie muss die Positionen der Akteure kennen, die von einem politischen Projekt betroffen sind. Was die Umsetzung eines Projekts anbelangt, sind die betroffenen Akteure in vielen Fällen Partner. Daher müssen sie in die Erarbeitung solcher Projekte einbezogen werden." (curaviva 2011:16). Ein Wissen darüber wie man sich in politische Abläufe einbringt und wie Expertisen verfasst werden können ist hier auch hilfreich. Zum ersten steht in der Arbeitsmappe entsprechende Information zur Verfügung (vgl. Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich: 58). Ausserdem braucht es nach Einschätzung des PT eine Erweiterung der Fachkompetenz bezüglich behindertenspezifischer Themen. Auch SVOE erachten das als wichtig. Ein von ihnen genannter Vorschlag zur Erweiterung dieses Wissens ist die Vernetzung von mit FO und anderen SVO.

Das weit verbreitete Kämpfen um die eigenen Rechte im Alleingang erweist sich als wenig wirksam. Besser ist es, wenn sich MmB zusammenschliessen, um gemeinsam ihre Rechte einzufordern und auf ihre Bedürfnisse aufmerksam zu machen. So könnten sie wirksamer auftreten (vgl. curaviva 2011: 23f). Die Weitergabe des eigenen Wissens ist auch von Vorteil, da sich dadurch das gemeinsame Wissen erweitern würde und alle von den gelebten Erfahrungen profitieren könnten (vgl. ebd.). Die AMBZ könnte in dieser Hinsicht, wie von ihr bereits entschieden, anderen MmB das Wissen bezüglich Selbstvertretung weitergeben. Das heisst, jene einerseits darüber zu informieren, dass, wenn sie eine Veränderung anstreben, sie auch Forderungen anbringen müssen und andererseits, auf welche Weise sie dies tun können. So können auch andere MmB von ihren politischen und sonstigen Rechten in dieser Demokratie Gebrauch machen.

5. Schlussfolgerungen und Ausblick

Dieses Kapitel zeigt die wesentlichen Antworten auf die Fragestellungen des Projekts und auf die daraus abgeleiteten Empfehlungen an Professionelle der Sozialen Arbeit bzw. an die AMBZ. Danach wird die Bedeutung des Projektes für die Soziale Arbeit dargestellt und Weiterführendes aufgezeigt.

5.1 Zusammenfassung der Erkenntnisse und Empfehlungen für die professionelle Prozessbegleitung von Selbstvertretungsprozessen

Die Erfahrungen im Projekt zeigten, dass Aktionsforschung sich als strukturierende Methode eignet. Die darin geforderte kooperative Wissenserzeugung ermöglicht ein Bedarfs- und ressourcengerechte Dienstleistung an die Zielgruppe und eine Steigerung des Potentials aller im Prozess beteiligten. Durch die Vermittlung der Forschungsergebnisse kann die SVO die Inhalte nutzen und gleichzeitig neue Fragen aufwerfen, die durch erneute Auswertungsgänge der Forschende beantwortet werden können. Zu beachten gilt es hier, den Betroffenen genügend Raum und Zeit zu lassen um sich auszutauschen und die Realisierung ihrer eigenen Aktivitäten als SVO zu ermöglichen. Die Forschungsergebnisse sollten deswegen stets bedarfsgerecht vermittelt werden, damit sie aufnehmbar und nutzbar sind.

Das Empowerment eignet sich zur Begleitung solcher Prozesse, da die Professionellen dadurch gefordert sind, ihre Haltung und Vorgehensweisen stets kritisch zu hinterfragen (Herriger 2010: 157). Durch das Mentorship (vgl. Herriger 2010) und das Respektieren der Expertise der Zielgruppe für ihre eigene Lebenslage können die Professionellen die Autonomie der Betroffenen wahren. Die Professionellen sollten sich in der Zusammenarbeit möglichst zurückhalten, die Verantwortung der Zielgruppe überlassen und deren Ziele und Wünsche berücksichtigen. Als Motto hilfreich ist diese Aufforderung: "Don't push the river - it flows by itself" (Pfeiffer 2002: 249 nach Staudt 2001). Damit werden die Professionellen gefordert, stets auf die Potentiale zu fokussieren. Wenn Betroffene sich zusammentun um etwas zu bewegen, so wird es sich garantiert in der gewünschten Richtung bewegen, denn die Kraft des Gemeinsamen trägt.

Der Einbezug von mehr als acht Mitgliedern von Beginn an ist erforderlich damit die Aufgaben innerhalb der SVO bewältigt werden können. Die AMBZ befand, dass eine gemeinsame Startveranstaltung (Kickoff) (vgl. Kuster et al. 2006: 267) für den gemeinsamen Prozess von Vorteil wäre. Gleich zu Beginn der Kooperation sollten die Rollen aller am Prozess beteiligten und die Regeln für die Zusammenarbeit offen und verbindlich ausgehandelt werden. Die Ziele der gemeinsamen Kooperation hingegen sollten nicht zu früh beschlossen werden, da dies eine Einarbeitung aller Beteiligten in den Themen der SVO voraussetzt. Eine Namensgebung, das Verschriftlichen von Rollen, Regeln, Zielen, Erwartungen und Ressourcen fördert die Bildung der SVO, denn dadurch wird das Gemeinschaftsgefühl gestärkt und die Verpflichtung der Mitglieder gesteigert.

Mit Fotos, kurzen Filmen und Situationsbeschreibungen kann ein Austausch unter den Mitgliedern gefördert werden (vgl. Freire 1971: 138). So können gemeinsame Themen gefunden und die Sensibilisierung füreinander gesteigert werden. Bei der Unterstützung sollte auf die Vermittlung um Umsetzung von Projektmanagementwissen und Arbeitsinstrumente geachtet werden, da diese für die Planung und Arbeit der SVO notwendig sind.

5.2 Zusammenfassung der Erkenntnisse und Empfehlungen für eine erfolgreiche Selbstvertretung betroffener Menschen

Die gemeinsame Identitätsfindung und -pflege ist für eine SVO von Bedeutung. Aufgrund der bereits erfolgten Arbeitschritte der AMBZ wäre zum einen das Einlassen auf einen Prozess der Leitbildentwicklung und zum anderen das Aushandeln und Festlegen von weiteren verbindlichen Gruppenregeln hilfreich. Anhand eines Leitbildes kann die Gruppenidentität nach innen und nach aussen verdeutlicht werden. Es empfiehlt sich den konsequent verwendeten Namen; die positiv formulierten Visionen; die klar, positiv, erreichbar und überprüfbar formulierten Ziele und Haltungen der AMBZ darin festzuhalten. Auch das Aushandeln und Festhalten von weiteren Gruppenregeln sind für die Gruppenidentitätsfindung und -pflege empfehlenswert. Insbesondere solche, die die Dokumentation und Information der AMBZ, ihren Umgang mit Konflikten und die eigene Arbeit regeln.

Für das Funktionieren und Gelingen einer SVO braucht es eine gute Organisation und einen kontinuierlichen Kompetenzerwerb. Deswegen ist der AMBZ zu raten, die Finanzierung, die Funktionen und Verantwortlichkeiten untereinander zu klären. Ebenso sollte sie eine passende Organisationsform wählen und Methoden sowie Kriterien für die Themenfindung und -behandlung entwickeln und nutzten.

Als notwendige Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Wirkung nach Aussen sind eine durchdachte Öffentlichkeitsarbeit, eine breite Vernetzung und eine gezielte Wissensvermittlung zu nennen. Für die Öffentlichkeitsarbeit würde eine gut geplante Startveranstaltung die Aufmerksamkeit auf die AMBZ lenken. Eine breit angelegte Vernetzung mit anderen Menschen und Organisationen (mit und ohne Behinderungen) aus dem Kanton sowie mit Auswärtigen würde hingegen die Wirkung, die Legitimation, den Bekanntheitsgrad und das Wissen der AMBZ erhöhen. Wenn die AMBZ ihr Wissen erweitern und weitergeben möchte, wären z.B. die Themengebiete Behindertenpolitik, Gleichstellungsrecht oder Expertisen verfassen, geeignet. Durch die Vermittlung dieses Wissens oder jenes über Selbstvertretung könnte die AMBZ andere MmB dazu ermutigen sich ebenfalls zu engagieren.

5.3 Fazit

Während des Projekts wurde deutlich, dass die politische Teilhabe der Betroffenen im Kanton Zug nicht gelebt wurde. Das Bedürfnis danach besteht bei ihnen jedoch ebenso wie die Bereitschaft und die Fähigkeit diese zu verwirklichen. Die Arbeit und Vernetzung mit anderen MmB ermöglichte den einzelnen AMBZ-Mitgliedern eine Horizonterweiterung. So wurde einerseits die Sensibilisierung auf die Bedürfnisse anderer MmB und die Solidarisierung mit ihnen gesteigert. Andererseits würde ein gegenseitiger Austausch und die Erweiterung von Wissen, Ressourcen bzw. des Einflusses zur Einforderung ihrer Rechte, in Gang gesetzt. Das Engagement, die Lösungssuche und die konstruktive Kritik der AMBZ beeinflussten nicht nur die Art und Weise und den Inhalt ihrer Selbstvertretung, sondern auch in hohem Masse die Entscheidungen des PTs, den Forschungsprozess und den Ausgang des Projekts. Das Projekt zeigt aus diesem Grund, dass es erwünscht und machbar ist, in enger Kooperation mit den Betroffenen, solche Prozesse zu begleiten. Durch die Stärkung von Selbstvertretung und der so gewonnenen Selbstermächtigung kann Inklusion von MmB gelebt werden (vgl. Lebenshilfe Schleswig-Holstein, Juli 2011: o.S.). Die im Projekt gelebte Teilhabe, Teilnahme und Inklusion bzw. die gegenseitigen (Lern-) Erfolge waren dem PT eine grosse Freude. Mögen diese Erfahrungen und Gefühle ansteckend wirken, auf dass eine bedarfsgerechte Übertragung in andere Kantone möglich wird.

5.4 Ausblick und weiterweisende Fragestellungen

Soziale Arbeit setzt sich zwar auf unterschiedlichste Weise mit der Teilhabe von MmB in unserer Gesellschaft ein, das Thema der (-Förderung und Unterstützung von) politischen Teilhabe und Selbstvertretung wurde jedoch bisher im Kontext der Sozialen Arbeit in der Schweiz nur wenig berücksichtigt. Zumindest hat das PT nichts über vergleichbaren Bestrebungen in Erfahrung bringen können. Auch in Literaturrecherchen zum Thema kam sehr wenig diesbezüglich aus dem deutschsprachigen Raum zum Vorschein. Einzelne Ausnahmen bildete der prominente Beitrag von Norbert Herriger, der sich in verschiedenen Texten mit Selbstvertretungsprozessen und deren Begleitung durch Professionelle befasst (vgl. Herriger 2010; 2006). Eine Eingrenzung der Klientengruppe nahm sich Natalia Postek (2009) hingegen in ihrer Diplomarbeit zur Erlangung des Magisters in Philosophie vor. Sie bewegte sich im Themengebiet der politischen Teilhabe von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Darin untersuchte sie die Demokratiewerkstatt, eine unterstützende, professionelle Massnahme für die politische Teilhabe dieser Personengruppe. Die Demokratiewerkstatt fördert die Vernetzung der unterschiedlichen Selbstvertretungsgruppen, betreibt Öffentlichkeitsarbeit und forciert somit die Wahrnehmung der Anliegen von Menschen mit Lernschwierigkeiten. Weiter fand das PT einen Text von Angela Wegschneider aus der Johannes Kepler Universität Linz. Sie untersuchte wie Professionelle der Sozialen Arbeit, Veränderung der Behindertenpolitik in Österreich, prägen (Wegscheider 2010).

Diese wenigen aufgefundenen Beiträge erstaunen da Soziale Arbeit, als Menschenrechtsprofession verstanden, nicht nur die Rechte von Menschen die am Rande unserer Gesellschaft leben, einfordern und ihre Teilhabe fördern und unterstützen möchte (vgl. AvenirSocial 2010: 6 Art. 5 Abs. 3). Sie strebt nach der Realisierung menschenrechtlicher Grundsätze und möchte dass Menschen "zur Wahrung ihrer Rechte befähigt und ermächtigt sind" (vgl. ebd.: 9 Art. 8 Abs.8) damit sie eigenständig und autonom auf die Gestaltung der Sozialstruktur mitwirken können (vgl. ebd.). Dies will die Soziale Arbeit unter anderem erreichen indem Sie " sie motivieren, von ihren Rechten Fähigkeiten und Ressourcen Gebrauch zu machen, damit sie selbst auf ihre Lebensbedingungen Einfluss nehmen können." (AvenirSocial 2010: 10 Art. 2 Abs. 3). Nebst einer bei Bedarf erforderlichen professionellen Vertretung von MmB durch die Soziale Arbeit, sollte also der Selbstvertretung der Betroffenen Aufmerksamkeit geschenkt werden. Das PT kam zum Schluss, dass hier noch sehr viel Handlungsbedarf besteht.

Die Soziale Arbeit sollte sich folglich in Forschung, Entwicklung, Praxis und Ausbildung folgenden Herausforderungen stellen:

  • Historische Aufarbeitung der Frage, was tat und tut Soziale Arbeit zur Förderung und Unterstützung von Selbstvertretungsprozessen in der Schweiz? Welche Aufgaben sollte sie laut Menschenrechten und laut Berufscodex der Sozialen Arbeit erfüllen? Was sollte sie nicht tun? Was kann die Soziale Arbeit durch Forschung, Praxis und Theoriebildung dazu beitragen, dass Selbstvertretung vorangetrieben wird? Was sollte dabei in Zukunft auch auf der Ebene der Ausbildung beachtet werden?

  • Untersuchung der Wirksamkeit der bestehenden SVO in der Schweiz. Wie wirksam können sie die Anliegen der MmB durchbringen? Was für eine Rolle spielen dabei die Systeme der Gesellschaft? Was für eine Rolle spielen dabei das Verhältnis und die Kooperationsbereitschaft der einzelnen SVO? Was lassen sich daraus für Aufgaben für die Soziale Arbeit ableiten?

  • Sich in solchen Prozessen mit der Machtfrage, der eigenen Haltung auseinandersetzen und theorie- und forschungsbasierte Handlungsleitlinien bzw. Methoden entwickeln. Am besten in Kooperation mit Betroffenen. Diese Erkenntnisse sollten auch den Ausbildungsstätten und an amtierende Professionelle der Sozialen Arbeit weiter vermittelt werden.

6. Literaturverzeichnis

Abb. 1: Aktionsforschungsphasen in Forschung und Praxis (eigene Darstellung)

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Verzeichnis Anhang 1

Anhang1 Arbeitsmappe öffentlich

Anhang1 BEO Organisationsrecherche VCZ

Anhang1 Kategorien Auswertung Atlas TI

Anhang1 Leitbild AGILE

Anhang1 Leitbild Procap

Anhang1 Leitbild Selbstvertretende Lebenshilfe Wien

Anhang1 Leitbild Stiftung myHandcap

Anhang1 Leitbild Vereinigung cerebral Zentralschweiz

Anhang1 Leitbild zuwebe

Anhang1 Leitfaden-Gruppediskussion

Anhang1 Leitfaden-Interview

Anhang1 Leitfaden-Interviews mit Organisation 2

Anhang1 Orgaisationsformen

Anhang1 Organisationsrecherche bfzs

Anhang1 Organisationsrecherche BFVI

Anhang1 Organisationsrecherche GR

Anhang1 Organisationsrecherche P

Anhang1 Organisationsrecherche SL

Anhang1 Organisationsrecherche VA

Anhang1 Organisationsrecherche VBO

Anhang1 Organisationsrecherche VZZ

Anhang1 Statuten Verein für Menschen mit einer Behinderung Obwalden (VBO)

Anhang1 Umfeldanalyse

Quelle:

Stephan Hüsler, Mariella Nuzzo, Fabienne Plattner, Aaron Rhyner, Robin Winiger: Selbstvertretung von Menschen mit Behinderungen im Kanton Zug

Unveröffentlichter Projektbericht. Hochschule für Soziale Arbeit, Fachhochschule Nordwestschweiz. Studium in Sozialarbeit/ Sozialpädagogik.

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 19.03.2013

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