Besondere Methoden in der Kommunikationspädagogik

Gezeichnete Geschichten

Autor:in - Manfred Hofferer
Themenbereiche: Therapie
Textsorte: Artikel
Copyright: © Institut für Kommunikationspädagogik 1999

Besondere Methoden in der Kommunikationspädagogik

Der Autor beschreibt in diesem Text "Gezeichnete Geschichten" und das "Spiel mit der Fantasie" als Methoden der Kommunikationspädagogik.

"Die Kommunikationspädagogik geht davon aus, dass Zeichnen und Malen nicht bloß zur Abbildung bzw. Widerspiegelung innerer Zustände genutzt werden können, sondern in Verbindung mit Geschichten gezielt auch als Instrumente eingesetzt werden können, dass Altes überwinden und Neues aufbauen helfen kann."

Anhand von Beispielen beschreibt Hofferer wie durch "zauberhafte Wandlungen" Unausdrückliches plötzlich ausdrücklich wird. "Die Kommunikationspädagogik geht also noch einen Schritt weiter verwendet das Zeichen und Malen in Verbindung mit Geschichten nicht nur zur Analyse von psychischen Zuständen und Inhalten, sondern vor allem zum Aufbau von Spielräumen, damit Alternativen zu den bestehenden Erlebens- und Verstehensqualitäten erarbeitet werden können und kommt dadurch nicht nur zu einer Verbesserung der Wahrnehmung und des Denkens und zu zusätzlichen Problemlösungsstrategien, sondern vor allem zu einer allgemeinen Handlungserweiterung."

(A.W. Oktober 1999)

Einleitung

Die "Gezeichneten Geschichten" und das Spiel mit der Fantasie holen die Kinder mit Problemverhalten heraus aus dem Alltagstrott der Einseitigkeit des Erlebens. Durch das Spiel mit der Fantasie lernen Sie nicht nur neu sehen, sondern auch neu an- und durchschauen, was ihnen so lange verborgen blieb und dadurch sogar massive Probleme bereitete. Bislang verschlossene Spiel- und Gestaltungsräume eröffnen sich und geben den Blick frei für neue, aufregende und wundersame Erfahrungen und sich daraus entwickelnde Erkenntnisse. Neues Leben entsteht und das beginnt im Spiel mit der Fantasie.

Die Kommunikationspädagogik begreift das Fantasieren nicht nur als wichtigen und notwendigen Aspekt der menschlichen Psyche sondern sieht es als wesentlichen Teil ihres Ausgleichsmechanismus und Motor der Entwicklung an. Sie benützt das Spielen mit der Fantasie als einen fruchtbaren Weg, auf welchen die Geheimnisse, Aufgaben und Problemstellungen des Lebens und der Sinn des Daseins ergründet und erklärt werden können.

Jede menschliche Entwicklung strebt einem Ziel zu. Dieses Ziel ist die Entfaltung und Vervollständigung der Persönlichkeit und dabei ist der Prozess des freien Fantasierens eine wichtige Hilfe. Die spielerische Nutzung der Potentiale der Fantasie ist die vielleicht beste und direkteste Übung für eine allgemeine Bewusstseinserweiterung sowie für eine effiziente Konflikt- und Problembewältigung.

Die aus dem freien und dem themenbezogenen Fantasieren entstehenden Geschichten haben in der Form Sinn, in der sie auftreten, und sind in der Regel keine Verkleidungen, hinter der sich ein "wahrer" Sinn versteckt. Die Kommunikationspädagogik geht davon aus, dass Fantasien nicht tarnen oder entstellen, sondern, dass die Inhalte immer den ganzen Sinn enthalten. Diese Inhalte sind keineswegs nur eine "Fassade". Das scheinbar Fassadenhafte des Fantasierens ist in Wahrheit die fast undurchsichtige Vielschichtigkeit. Nach Ansicht der Kommunikationspädagogik ist das freie Fantasieren die Sprache der wachen Seele, bei der Gedanken in Bilder umgewandelt werden und vice versa, ohne dass Sie dabei getäuscht, irregeführt oder der Realität untergeordnet werden müssen. So enthüllen die Fantasiegeschichten auf die klarste und optimale Weise den gegenwärtigen Zustand und die Strebungen des Innenlebens des Kindes.

Tatsächlich erhält man über das freie Fantasieren einen sehr klaren und präzisen Bericht darüber, was der Mensch empfindet, spürt, wahrnimmt, weiß und denkt, was ihm fehlt, was er sich wünscht, was er befürchtet. Im allgemeinen befassen sich die in der Fantasie entstehenden Bilder mit dem Kind selbst, seiner unmittelbaren Umgebung, mit den ihm nahestehenden Personen, mit seinen Konflikten und Ängsten. Fantasiegeschichten wiederspiegeln ein aktuelles und komplettes Bild der Lebenssituation des Kindes. Die über "Wandlungen" (siehe dazu: Anmerkungen zum Prozess der gezeichneten Geschichten, S. 24) entstehenden Geschichten und deren Inhalte ergänzen, komplimentieren und verändern die inneren Wahrnehmungs- und Erlebnisweisen. Sie können nicht nur nachdenklich machen über z.B. ein Verhalten und die davon abgeleiteten Handlungen und diese damit verändern, sondern können dadurch auch dem vorbeugen, dass sie sich in der Innen- oder in der Aussenwelt in weitere Sackgassen verrennen, die in übermässige Belastungen und damit zu seelischen Erkrankungen führen. Hierbei wird auf jeden Fall eine Reaktion des Unbewussten in Form von mehrdeutigen und mehrschichtigen, oft archaischen Symbol-erlebnissen herausgefordert, die durch starke Gefühle und Gemütserregungen auf das Bewusstsein der Kinder einwirken.

Die Kommunikationspädagogik sieht das freie und themenbezogene Fantasieren unter einem ganzheitlichen Aspekt und betont dabei die Zusammenhänge innerhalb der einzelnen Fantasiegeschichten ebenso wie auch die Zusammenhänge von ganzen Serien von Geschichten. Nach den Erfahrungen in der Arbeit mit den gezeichneten Geschichten führen die Kinder ihre Geschichten immer zu einer Ganzheit, weil sie dabei Informationen und Bilder benutzen können, die ihnen von brachliegenden Bereichen ihrer selbst erzählen.

Dabei ist das Unbewusste mit seinen Inhalten ein hilfreicher Partner und kein Widersacher der bezwungen werden muss. Das Unbewusste ist ein natürlicher Teil des Seins des Kindes, das nicht nur Fakten, sondern gleichzeitig auch ein riesiges Reservoir an Möglichkeiten und Variationen enthält. In den gezeichneten Geschichten suchen jeweils bestimmte Teile dieses Unbekannten Beachtung und Akzeptanz durch das bewusste Ich.

Der Himmel ist nicht blau sondern dunkelgrau

Es lässt sich festhalten, dass alle im Institut untersuchten Kinder mit Problemverhalten - unabhängig von den Ursachen - kein sicheres Gefühl des "ICH" entwickelt, sondern vielmehr eine tiefe innere Unsicherheit ausgebildet haben. Diese Unsicherheit hat mit großer Wahrscheinlichkeit als Kern die Angst, isoliert und hilflos zu sein, in einer Welt, die es als latent feindlich empfindet und nicht weniger häufig tatsächlich so erlebt. Mit der Zeit versuchen die Kinder diese Unsicherheiten dadurch aufzulösen, indem sie ganz bestimmte Antriebsrichtungen aus ihrem Selbst zu dominierenden machen; sie machen also z.B. die Aggressivität, die Nachgiebigkeit oder aber auch den Rückzug und die Isolation zu ihren vorherrschenden Reaktions- und Verhaltensweise. Dabei ist charakteristisch, dass gleichzeitig Strategien gebildet werden, die gegenüber Veränderungen bzw. Neuem relativ resistent sind. Damit verbunden ist jedoch die zunehmende Verunmöglichung sich anderen Menschen ungezwungen, mit seinen wahren Wünschen und Gefühlen zu öffnen.

Sehr viele Kinder mit Problemverhalten - ganz egal ob es sich dabei um aggressive, zurückgezogene, psychosomatisierende oder neurotische Kinder handelt - zeigen neben der ICH-Schwäche zum einen, dass sie einen Mangel an Vorstellungskraft darüber haben, dass man in verschiedenen Situationen unterschiedlich agieren kann und zum anderen ist zu erkennen, dass ihnen eine empathische Einfühlung nur erschwert möglich ist. Und schließlich ist für diese Kinder charakteristisch, dass sie unmittelbar reagieren - d.h., fertige Verhaltensprogramme abspulen[1]. Die Kinder neigen dazu, spontan und mit immer denselben Aktionen zu antworten, obwohl sie in der Regel wissen, dass diese Reaktionen kein befriedigendes Ergebnis bringen.

Ein wichtiger Grund für dieses Verhalten liegt darin, dass diese Kinder sich nicht genügend Zeit zur Interpretation der gegenwärtigen Situation geben bzw. haben und Reaktionen einbringen, die anderen Zusammenhängen entstammen. Daniel Golman (1996, S. 371) beschreibt das in folgender Weise:

"Wenn irgend etwas an einem Ereignis einer emotionalen Erinnerung ähnelt, löst die emotionale Seele die Gefühle aus, die sich mit dem vergangenen Ereignis verbinden. Die emotionale Seele reagiert auf die Gegenwart so, als sei sie die Vergangenheit. Der Haken daran ist, dass wir, vor allem bei einer schnellen und automatischen Bewertung, möglicherweise nicht erkennen, dass die einstigen Gegebenheiten nicht mehr stimmen. Wer durch schmerzhafte Prügel in der Kindheit gelernt hat, auf einen zornigen Blick mit Angst und heftiger Abscheu zu reagieren, wird diese Reaktion eingeschränkt auch noch als Erwachsener zeigen, wenn ein finsterer Blick nicht mehr Prügel nach sich zieht."

Die Realität des Großteils der Kinder mit Problemverhalten ist von einem "kategorische Denken" geprägt, das sehr ausgeprägt Schwarz oder Weiß[2], aber keine Grautöne kennt. Zusätzlich erleben die Kinder Ereignisse sehr viel stärker "personalisiert", so dass die Ereignisse in eigentümlicher und verzerrter Weise als auf einen selbst bezogen wahrgenommen werden. Und schließlich ist die Denkweise der Kinder "selbstbestätigend", so dass vielfach Tatsachen ignoriert werden, welche die eigene Ansicht in Frage stellen könnte. Das hat zur Folge, dass die Erlebnisfähigkeit der Kinder immer stärker eingeschränkt ist. Oder aber die Kinder leben tatsächlich in einer Welt, die so verrückt ist, dass ihnen nichts anderes übrig bleibt, als mit einem "verrückten Verhalten" zu reagieren.

Die Fragen die sich damit für die Therapie mit solchen Kindern stellen sind: (1) Welche Intentionen bzw. welche Strebungen stecken hinter dem Verhalten, das eingesetzt wird? (2) Was muss über das Verhalten abgewehrt werden und welches bestimmte Ziel will erreicht werden, (3) von welchen Gefühlen wird das Verhalten getragen[3] bzw. begleitet und vor allem (4) was kann dagegen getan werden, d.h., welche Situationen müssen gestaltet und welche Strategie neu gebildet werden.

Das menschliche Verhalten lässt sich in drei Antriebsrichtungen, wie man in Situationen agieren kann, einteilen. Die Formen[4] sind:

  1. Sich zuwenden

  2. Sich gegen etwas wenden

  3. Sich abwenden

Und dabei sind diese drei Grundformen mit unterschiedlichen Arten von Verhalten[5] kombiniert. So kann Zuwendung aggressiv oder aber auch liebevoll und zärtlich sein, das sich gegen die Person wenden kann argumentativ-konstruktiv, im Sinne eines Wiedersprechens oder über Abwertung und Zwang destruktiv sein und das sich Abwenden kann einmal eine notwendige Abgrenzung und das andere Mal eine von Wut, Zorn oder Trauer beleidigte Reaktion oder aber auch z.B. ein bloßes Nachgeben sein. Im Normalfall bestehen zwischen den Polen ausreichend Variationen und damit ein ausgewogenes Verhältnis im Sinne eines "sowohl als auch". Bei Kindern mit Problemverhalten werden diese normalen Spielarten (1) einseitig (2) extrem und (3) starr. D.h., Zuneigung und Zuwendung wird zu einem Anklammern, Nachgeben, sich Anpassen oder Unterordnen zu einem Verlusterlebnis, das enorme Irritationen und Widerstände erzeugt, oder das "etwas Neues Annehmen" zu einer bedrohlichen Situation, welche die gesamte Sicherheit in Frage stellt. Aus der wiederholten Anwendung dieser Grundformen entstehen mit der Zeit Gewohnheiten und damit verbunden Grundmeinungen, d.h., ein Wissen über sich selbst und über die Welt. Dabei wurden Symbole über das ICH[6] gebildet, die im schlimmsten Falle übermäßig viele verneinende und entmutigende Bedeutungen beinhalten:

"Ich darf das nicht. Ich muss das tun. Ich kann das nicht. Ich bin viel zu langsam und zu schwach. Ich brauche es gar nicht zu versuchen. Ich kann mir nicht alleine helfen... usw.".

Diese Symbole wirken als "stille Glaubenssätze", an denen sich die Organisation des Verhaltens immer wieder orientiert. Solche Kinder erzählen am Beginn der Therapie entweder überhaupt keine Geschichten, oder "verdrehte Geschichten", d.h., Geschichten, in denen dem Helden nichts gelingt, sondern ihm nur etwas geschieht und er etwas ertragen und aushalten muss, wo immer das Verlieren, Aufgeben, Nicht-Mehr-Weiter-Wissen und Resignieren den Höhepunkt und Abschluß bilden. Oder aber die Geschichten sind voll von Aggression und Gewalt und der Held agiert mit unglaublicher Kaltherzigkeit und Härte und spiegelt das schon oben angesprochene Muster wider: (1) einseitig (2) extrem und (3) starr. Vergleicht man diese gezeichneten Geschichten mit dem Weg der Sonne, die morgens "ihr Haus verläßt", tagsüber einen weiten und wundersamen Weg beschreitet und abends an einem immer neuen Ort "wieder einkehrt", dann kehren diese Kinder immer wieder an den selben dunklen Ort zurück und es finden keine Wandlungen statt. Das Geschichten-Zeichnen und Geschichten erzählen zielt vor allem auf die Entwicklung von Ich- und Selbst-Bewusstseins (siehe dazu: Sprachlich werden und Persönlichkeit entwickeln) ab und transponiert die Inhalte in andere konkrete Ausdrucks- und Erlebnisformen und -bereiche. Durch diese Übertragungen und die wiederholte Anwendung wird zum einen eine Anreicherung der bestehenden Symbole und inneren Glaubenssätze mit positiven Inhalten angestrebt und andererseits geht es um Symbolneubildungen.

Selbstverständlich spielen die Bedingungen des Systems, in dem das Kind lebt eine wesentliche Rolle. D.h., je nachdem, was im System möglich bzw. verunmöglicht ist, werden solche auf die Entwicklung verhindernd wirkenden inneren Glaubenssätze weniger stark oder stark missgebildet sein.

In der Regel treffen wir in der Therapiearbeit auf Familien, die das Leben eher als Pflicht, denn als lebendigen Prozess auffassen, so dass für wichtige Grundbedürfnisse wenig Raum zur Entfaltung bleibt. Das lässt sich in der Weise vorstellen, dass das Kind von einem System umgeben ist, dessen Kräfte hauptsächlich nach innen gerichtet - d.h., stabilitätsorientiert - sind, während das Kind selbst, seinem natürlichen Entwicklungsplan folgend, vielmehr auf Expansion, Entwicklung und Ausweitung - Entwicklungs- und veränderungsorientiert - ausgerichtet ist. So wird sehr rasch der Punkt erreicht, wo die stabilitätsorientierten Kräfte mit den entwicklungsorientierten Kräften aneinander geraten und gegeneinander arbeiten. Genau an diesen Stellen haben unterschiedliche Symptombildungen ihren Ursprung.

Nehmen wir als Beispiel ein gehemmtes 5 jähriges Kind, dessen Eltern sich darüber beklagen, dass es nie etwas von sich aus unternimmt. Sie erzählen, dass es nicht in der Lage ist, Wünsche zu äußern, Geschenke anzunehmen, allein oder mit anderen Kindern zu spielen, oder sonst irgend etwas zu tun. Das Kind traut sich immer weniger zu und es wird von Woche zu Woche stiller und zurückgezogener. Seine Hemmungen legen sich immer stärker lähmend auf sämtliche Lebens- und Leistungsbereiche. Die Eltern können sich dieses Verhalten nicht erklären. Nach eingehenden Gesprächen konnte festgestellt werden, dass eine Mischung aus einem überängstlichen und entmutigenden Erziehungsverhalten der Eltern[7] in den ersten Lebensjahren die Ursache für die Gehemmtheit des Kindes angenommen werden kann. Die Eltern leben in der Meinung, dass ein Kind ab dem Eintritt in den Kindergarten selbstständig sein muss und haben dabei übersehen, dass das Kind mit der neuen Situation völlig überfordert ist.

In diesem System zeigt sich das oben angesprochene Kräftespiel in der Weise, dass zunächst aus der Überängstlichkeit und der ständigen Unzufriedenheit der Eltern heraus ein enormer entwicklungseinschränkender Druck gegeben war, der sich plötzlich - mit dem Eintritt in den Kindergarten - aufgelöst und in eine enorme Überforderung verwandelt hat. Das Kind reagiert auf diese Situation, um nicht ganz aus der Balance zu geraten, nach außen mit einem starren sich Abwenden, da ihm für die Bewältigung der neuen Situationen - sowohl der veränderten Haltung der Eltern als auch der neuen Anforderungen durch den Kindergarten - alle Grundlagen fehlen. Gleichzeitig reagiert das Kind auf das plötzliche selbstständig sein Müssen - das eigentlich ein allein Lassen ist - mit autoaggressiven Handlungen, in der Weise, dass es sich immer wieder die Lippen oder die Handflächen blutig beißt.



[1] Einen interessanten Ansatz stellt Daniel Goleman in seinem Buch "EQ, Emotionale Intelligenz" vor.

[2] und dabei sehr häufig im Sinne einer Überidealisierung.

[3] Hier soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Kommunikationspädagogik zwischen »tragenden Gefühlen« und »begleitenden Gefühlen« unterscheidet. So kann das tragende Gefühl Ängstlichkeit sein und dass das Verhalten begleitende Gefühl z.B. Aggression.

[4] Das gilt in gleicher Weise für den Umgang mit den Bereichen: Person, Inhalt, Material, Raum und Zeit (vgl. Abschnitt Diagnose)

[5] und dabei kann wiederum in ausdrucksorientiert, wirkungsorientiert, explizit, implizit, kongruent und inkongruent unterteilt werden.

[6] und die WELT

[7] Die Eltern können folgendermaßen charakterisiert werden: Vor allem Angst und nie zufrieden!

Handlungserweiterung und Verhaltensänderung durch Gezeichnete Geschichten[8]

Im Laufe der Therapiearbeit mit Kindern mit Problemverhalten hat sich die Erfahrung bestätigt, dass das Zeichnen und Malen nicht nur zu den elementarsten Beschäftigungen im Kindesalter zählt, sondern dass diese Tätigkeiten in Verbindung mit kurzen "Geschichten" für die Therapie der Kommunikationspädagogik in besonderer Weise relevant wird.

Kinder erleben ihre Umwelt aus einer anderen Perspektive als das Erwachsene tun. Vieles ist für das Kind unerreichbar und im wahrsten Sinne des Wortes uneinsichtig, manches erscheint ihm übermächtig und bedrohlich, anderes wiederum völlig unverständlich. In dieser Situation sucht das Kind nach Möglichkeiten damit umzugehen, in der Weise, dass es selbst bestehen kann. Über immer wiederkehrende "Begebenheiten" entstehen so im Kind "innere Gegebenheiten", die jedoch immer nur "ganz bestimmte Möglichkeiten" in sich haben und sich so in Form von "Gewohnheiten" im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und auch im Verhalten zeigen. Es kann nicht verwundern, dass ein Kind aufgibt, Fragen zu stellen, wenn es in einem System lebt, das z.B. Nachfragen als unbequem und nervig qualifiziert hat und das Kind beginnt die dadurch entstehenden Spannungen aggressiv und mit Widerstand auszuleben; sich also einer anderen Form des Fragens bedient.

Kinder sind wie Dichter

Die Theorie der Kommunikationspädagogik geht davon aus, dass jedes spielende Kind sich normalerweise wie ein Dichter selbst bestimmt, indem es sich immer wieder eine eigene innere Welt erschafft oder, richtiger gesagt, die Dinge in seiner Welt in eine neue, ihm gefällige, überschaubare und handhabbare Ordnung übersetzt, um dann wieder davon Abstand zu nehmen und neue Dimensionen zu erschließen. Es ist unrecht zu meinen, das Kind nimmt diese innere Welt nicht ernst, ganz im Gegenteil, es nimmt die Produkte der Verarbeitung durch seine Gedanken- und Fantasiespiele so ernst, dass es so große Affektbeträge darauf verwendet, dass damit nicht nur ein Großteil des Tages, sondern des ganzen frühen Lebens damit verbracht wird. Jedes Kind hat gelernt, mit anderen und anderem in irgendeiner Art umzugehen und auszukommen bzw. für sich selbst einen lebbaren "Freiraum" zu schaffen. Zwar trägt das Umfeld, das System, in dem das Kind lebt, durch seine Beschaffenheit maßgeblich zur Entfaltung bzw. Verhinderung seiner Lebenskräfte bei, doch verfügt jedes Kind grundsätzlich über Potentiale, die nicht erworben oder durch Lernen entwickelt werden können. Genauso wenig wie man einem Samen lehren muss, eine Pflanze zu werden, muss man einem Menschen sagen, was das Wichtige am Menschsein ist.

Schafft man Bedingungen - das heißt, balanciert man die verschiedenen Systeme und ihre Strebungen miteinander aus -, damit die spezifisch menschlichen Möglichkeiten entwickelt werden können, dann vollzieht sich der Prozeß von selbst.

Es entwickeln sich Gefühle, sich mit seinen spontanen Gefühlen zu anderen Menschen in Beziehung zu setzen, Wünsche, Interessen und Gedanken, die Fähigkeit, seine eigenen Möglichkeiten und Grenzen zu erkennen; die besonderen Fähigkeiten und Begabungen zu entdecken, die Möglichkeit sich selbst zu begreifen und zu offenbaren und so seine Grenzen zunehmend zu erweitern. Besonders daran ist, dass nur jeder einzelne selbst, die ihm aufgegebenen Möglichkeiten ausbilden und niemand anderer diese Fähigkeiten herausbilden kann.

Fantasie - Motor des Lebens

Diese Entwicklung realisiert sich vor allem über die zum Menschen gehörende Fähigkeit zu Fantasieren und dem damit verbundenen Symbolisieren. Das bedeutet jedoch, dass dafür Raum gegeben sein muss. Die Beobachtungen und Gespräche der Eltern, der im Institut behandelten Kinder, zeigen deutlich einen Mangel an Fantasie und Vorstellungskraft, über die Vielfältigkeit von Möglichkeiten. Das sind sehr viel mehr Menschen, die dazu neigen, einmal Erworbenes zu bewahren, die gar nicht auf die Idee kommen Veränderungen vorzunehmen und die sehr schwer bereit sind, andere Lösungen anzunehmen und neue Lösungswege zu beschreiten. In gewisser Weise ist der psychische Apparat derart fixiert, dass die einzelnen ihn bildenden Elemente nicht auf andere, als auf die schon gegebene Art und Weise verwendet werden können - etwa um ein neues Problem zu lösen. Der Ausdruck des Unbewußten - das Verhalten und die Handlung an sich - kann somit als eine Reihe von "Symbolen" angesehen werden, die nur ganz bestimmte Elemente und dabei nur eine ganz bestimmte Konfiguration dieser Elemente zum Ausdruck bringen. Diese immer wiederkehrenden Symbole, denen wir in der Arbeit mit den Eltern begegnen, sind so wie die Fixierungen der Antriebsrichtungen der Kinder einseitig, extrem und äußerst veränderungsresistent.

Die Entstehung von Symbolen begleitet den Menschen von Anbeginn an und wurzelt im analogen Denken des Menschen der Frühzeit, das tief aus dem inneren Erlebnis-, Gefühls- und Vorstellungsbereich des Menschen stammt. Das analoge Denken - im Unterschied zum logisch kausalen Denken - ist ein Aneinanderreihen von Bildern und das allmähliche miteinander Verbinden von Ähnlichem. Dadurch entstehen mit der Zeit relativ komplexe und stabile psychische Gebilde die quasi als Grundmodell das System in seiner weiteren Entwicklung tragen. D.h., die Symbole im Erlebnisbereich, und das heißt im Gefühls- und Vorstellungsbereich des Menschen entstehen, wirken sie in sein inneres Erleben, in seine Gefühle und Vorstellungen auch wieder hinein. In gewisser Weise konstruieren sich auch die Beziehungen parallel dazu genau in diesem Bereich. Da in den Symbolen der von uns untersuchten Eltern nicht Unterschiedlichstes sondern ganz Bestimmtes assoziativ und bisoziativ, d.h., unwillkürlich und in Bildern miteinander verknüpft ist und somit keine Fülle von Bedeutungen sehr nahe aneinander zu stehen kommen, kann es auch nicht zu Variationsbildungen und damit zu unterschiedlichem Verhalten und adäquaten Reaktionen kommen. Die Theorie der Kommunikationspädagogik geht davon aus, dass vor allem die den Symbolen fehlende Bedeutungsfülle die Kraft ist, die das Innere dieser Menschen gegenüber neuen Erfahrungen derart gefangenhält, so dass dabei keine Bewegung entsteht und somit sich auch keine schöpferischen Kräfte entfalten können.

Wird der Mensch in seinem Wachstum - und vor allem im Umgang mit Fantasie und Symbol sowie Symbolbildungen - nicht wesentlich abgelenkt oder behindert, entwickelt er sich gemeinsam mit dem Du zur Selbstverwirklichung hin, das dann wiederum ein entwicklungsentfaltendes Du werden kann. Die Bedingungen die notwendig sind, diesen Prozeß laufen zu lassen, sind vor allem eine Atmosphäre der Wärme, Achtung, Anerkennung und Wertschätzung, welche die Gefühle der inneren Sicherheit und Freiheit[9] fördern und damit den einzelnen dabei unterstützen, seine eigenen Gefühle, Gedanken und Vorstellungen zu haben und diese wiederum zu offenbaren. Selbstverständlich braucht es auch den guten Willen der anderen, nicht nur um die primären Bedürfnisse zu stillen, sondern vor allem als ermutigende Leitlinie, damit ein Individuum sich selbst entfalten kann. Das setzt jedoch voraus, dass das jeweilige Du bereit ist, sich selbst immer wiederum zu ändern. Notwendigerweise ist auch die Reibung an den Wünschen, Vorstellungen, Auffassungen usw., kurz dem Willen und Wollen der anderen eine notwendige Bedingung des Wachsens, vielleicht sogar ein wesentlicher ursächlicher Grund. Aufgrund unterschiedlichster innerer wie auch äußerer Bedingungen kann es einem Menschen verwehrt sein, sich in Übereinstimmung mit seinen Grundbedürfnissen und Möglichkeiten zu entwickeln. Diese Einflüsse sind so mannigfaltig und von Fall zu Fall so verschieden, dass sie hier nicht näher ausgeführt werden können. Was quasi als Summe bleibt, ist, dass durch solche Beschränkungen die innere Kraft und der Zusammenhalt der Persönlichkeit geschwächt und eingeschränkt wird, so dass sich Entwicklung in bloße Anpassung und Unterordnung verwandelt.

Förderliches und Hinderliches

Grundsätzlich kann das Erlebte grob in zwei Kategorien eingeteilt werden. Auf der einen Seite stehen solche Ereignisse und damit verbundene Erlebnisse, die der Entwicklung (1) förderlich sind und dem gegenüber stehen jene Erfahrungen, (2) welche die Entwicklung belasten, behindern oder destabilisieren. Schlussendlich hängt die Wirkung dieser Ereignisse und Erlebnisse von der momentanen Konstitution und vom Konfliktpotential des Menschen in Relation zur Eindrücklichkeit des Ereignisses bzw. der Situation ab. D.h., dass dieselbe Situation, die der eine Menschen herausfordernd und förderlich erlebt, für den anderen irritierend und überfordernd sein kann. So kann zusätzlich eine weitere Differenzierung in der Weise vorgenommen werden, dass nach dem (3) Grad der Ausdrucksmöglichkeiten[10] und dem (4) Symbolisierungsinventar - vor dem Hintergrund: Je vielfältiger die Ausdrucksmittel und -möglichkeiten und das Symbolisierungsinventar entwickelt sind, spontan zur Verfügung stehen und angewandt werden können, desto "gesünder" und verarbeitungsstärker ist der Mensch[11] - der Person gefragt werden muss.

Wege zum Unbewussten

Vor allem C.G. Jung erkannte den Wert von Bildern, die Symbole aus dem Unbewussten enthalten, und sah, dass diese als heilende Kräfte wirken können, obwohl er selbst keine Methode dafür bereitstellte, um mit diesen Symbolen umzugehen. Erst Jolanda Jacobi (19..) zeigte in ihrem Buch: "Vom Bilderreich der Seele", was durch Bildinterpretationen in Erfahrung gebracht werden kann. Susan Bach (19..) ging noch einen Schritt weiter, indem sie in ihrem Buch "Spontanes Malen" nicht nur darstellte, dass unbewusste Inhalte in Bildern psychologisch entziffert werden können, sondern dass das Unbewusste durch die Geschichten und die Bilder nachweislich zum Ausdruck bringt, was in Körper und Seele vor sich geht. Im Gegensatz zu klassischen Bildinterpretationen oder dem Stehgreifmalen nach Anweisung und den darauf folgenden Analysen und Deutungen bringt sich der Therapeut in der Kommunikationspädagogik bei den gezeichneten Geschichten in den Schaffensprozess ein, er erzählt gemeinsam mit dem Kind eine Geschichte, zeichnet dabei skizzenhaft und schafft dadurch die Voraussetzungen für die weitere Arbeit mit der Fantasie. So ergibt sich, dass man direkt den Prozeß der Problemauffaltung miterleben kann und somit sehr viel weniger mit den Versuchen rationaler Erklärungen konfrontiert ist. Zeichnet der Kommunikationspädagoge gemeinsam mit dem Kind z.B. die Wohnung[12], in der das Kind lebt, dann teilt das Kind seine Erfahrungen, sein Wissen und die Inhalte nicht nur mit Zeichen oder Worten, sondern immer auch in Gesten, Gebärden, Haltungen, Stimmungen, Gefühlen und Bewegungen sowie über die vegetativen Reaktionen mit. Diese "stillen Mitteilungen" müssen erkannt, zugeordnet und interpretiert werden können und dann in immer wieder neue Geschichten aufgenommen, in verwandelter Form und anderen Zusammenhängen wieder angeboten und weiterbearbeitet werden. Über die wiederholte Möglichkeit zur Auseinandersetzung und die aktive Bearbeitung der Aufgaben- und Problemstellung mit verschiedensten Problemlösungsansätzen erweitert sich das Handlungswissen. Zwar sind Lösungen, die in solchen Geschichten erarbeitet werden noch "symbolisch" und können nicht sofort umgesetzt werden[13], jedoch ist damit ein erster und wichtiger Schritt in Richtung Problemlösung und Handlungserweiterung getan.

Die Arbeit mit "Gezeichneten Geschichten" gibt den Therapeuten unvergleichbar mehr direkte Informationen und dadurch Aufschluss über die belastenden und irritierenden Ereignisse als das z.B. eine Bildinterpretation leisten kann. Derart gezeichneten Geschichten sind wie Tagebücher, in denen nicht nur alles was wichtig oder neu ist und was Bedeutung verloren oder gewonnen hat, aufgehoben wird, sondern wo vor allem der Prozess der Entwicklung abgebildet ist. Diese Geschichten dokumentieren quasi als Rahmen und in einer "Symbolsprache" das, was dem Kind wichtig ist, worauf es achtet, was fehlt und noch nicht gedacht wurde. Analog zur Vorstellung des Verhältnisses zwischen Bewusstem und Unbewusstem hilft dabei die Vorstellung eines Eisbergs, um zu verstehen, wie das Verhältnis zwischen dem durch das Zeichnen sichtbar Gewordenen und nicht Sichtbaren aufgeteilt ist. Was wir direkt sehen können, ist der unvergleichlich kleinere Teil als das was vom Kind immer mitbedacht und miteingebracht wurde. Genau aus diesem Grund benutzt die Kommunikationspädagogik diesen direkten Zugang. Als Beispiel ist nachfolgend eine Kinderzeichnung abgebildet, die dieses Verhältnis zum Ausdruck bringt.

Abbildung 1: Gezeichnete Geschichte eines 6-jährigen traumatisierten Buben (Entführungssituation) in der 5. Therapiestunde.

In der oben wiedergegeben Zeichnung sehen wir eine Gestalt mit Fühlern, einem schwarzen Körper, ohne Hände und Füße, mit einem großen Maul und spitzen Zähnen sowie ein Auto mit Antenne. Sieht bzw. findet man eine solche Zeichnung, könnte man meinen, dass das eine schnelle Skizze eines Kindes ist, die so nebenbei angefertigt worden ist.

Will man diese Zeichnung wirklich entschlüsseln und will man wissen, was - bzw. welche Inhalte, Ereignisse und Erlebnisse - sich hinter dieser Zeichnung verbergen bzw. was das Kind motivierte, diese Abbildung herzustellen, dann muss man den Schaffensprozeß direkt mit vollzogen haben. Nur dann weiß man, dass die Figur erst gewachsen und größer als das Auto geworden ist, dass die Zähne erst dazugenommen wurden um zu beißen und der Mund riesig groß geworden ist um laut zu schreien und dass die Figur bedrohlich schwarz wurde, um dem Autofahrer Angst zu machen und ihn abzuwehren und dass die Fühler Antennen sind, über die sofort Hilfe geholt werden kann.

Über das gemeinsame Geschichtenerzählen und das Zeichnen findet nicht nur immer wieder eine Annäherung an z.B. eine bedrohliche Situation statt, in der das Kind eine absolute Hilflosigkeit erfahren hat, sondern es entfaltet sich dabei zunehmend auch ein Wissen darüber, was in der Situation eigentlich geschehen war und was das Kind in solchen Situationen tun kann.

Die Kommunikationspädagogik geht davon aus, dass Zeichnen und Malen nicht bloß zur Abbildung bzw. Widerspiegelung innerer Zustände genutzt werden können, sondern in Verbindung mit Geschichten gezielt auch als Instrument eingesetzt werden können, dass Altes überwinden und Neues aufbauen helfen kann. Die Kommunikationspädagogik geht also noch einen Schritt weiter und verwendet das Zeichnen und Malen in Verbindung mit Geschichten nicht nur zur Analyse von psychischen Zuständen und Inhalten, sondern vor allem zum Aufbau von Spielräumen, damit Alternativen zu den bestehenden Erlebens- und Verstehensqualitäten erarbeitet werden können und kommt dadurch nicht nur zu einer Verbesserung der Wahrnehmung und des Denkens und zu zusätzlichen Problemlösungsstrategien, sondern vor allem zu einer allgemeinen Handlungserweiterung.

Wenn der Kommunikationspädagoge sich aktiv in den Prozess des Geschichtenerzählens einschaltet, mit dem Kind ein geschlossenes psychisches System bildet, so ergibt sich für ihn die Möglichkeit direkt nachzuvollziehen, welche Elemente und warum diese Elemente in die Geschichten eingearbeitet werden, was sie genau meinen und erzählen und aus welchen psychischen Quellen sie gespeist sind und vor allem erkennt er, welches Ziel angestrebt wird.

Wenn sich die Geschichten aus dem Unbewussten herausentwickeln, bringen sie eine ungeahnte Vielzahl von seelischen Informationen mit. Anhand des Verhaltens des Erzählers, der Orte und der Handlungen seiner Akteure in den Geschichten kann der Kommunikationspädagoge als Begleiter den Zustand der Seele des Erzählers, sein "Wohl- oder Missbefinden, seine Ratlosigkeit, seine aufkommende Aggression und Hilflosigkeit etc. nicht nur direkt und unmittelbar miterleben, sondern kann auch noch im selben Augenblick - in dem ein zusätzlicher Spielimpuls gesetzt wird - nachfragen und präzisieren. Begleitung heißt an dieser Stelle: Begleitung und Unterstützung des Energieflusses aus dem Unbewussten auf der Suche nach Lösungen, über die Fantasie zur Realität hin.

Im Unterschied zu den bekannten und traditionellen Maltherapien intendiert das Geschichtenzeichen zum einen die Entschlüsselung der bestehenden problemrelevanten inneren Symbole und zum anderen die Erweiterung und den Aufbau von neuen Symbolen, welche die Entwicklung und Verarbeitung von konkreten Handlungsstrategien, den Aufbau von Alternativen zu den bereits bestehenden Verstehens-, Handlungs- und Reaktionsmustern, die das Wohlbefinden und Sicherheitsbedürfnis des Kindes unterstützen.

Über die Fantasie zur Wirklichkeit

Der dafür genutzte Raum ist die Fantasie. Das Schöne und Hilfreiche an der Fantasie ist, dass sie sich nie um die Bedingungen der Realität kümmern muss und dass sie sich fortwährend verändern kann. Da ist es möglich, dass der Schwächste zum Stärksten wird und sich vor nichts und niemanden fürchten muss. Aus einem beissenden Hund wird ein zärtlicher Bär und der Bär verwandelt sich zum ICH, das genau weiß, was jetzt zu tun ist (vgl. dazu: S. Freud, Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse Und Neue Folge, Studienausgabe Band 1, S. 14).

Geschichten fallen bei Kindern immer dann auf fruchtbaren Boden, wenn ihnen dabei die Möglichkeit bleibt, ihre eigenen Strebungen und Wünsche ausleben zu können und wenn sie selbst Gestalter sind. Dann entsteht der Raum, der es nicht nur möglich macht, sich spielerisch mit ihren Sorgen und Ängsten, Wünschen, Hoffnungen und Versagungen auseinanderzusetzen und die dabei unterdrückten Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen, sondern auch neue Wege zu finden. Nur der einzelne selbst kann diesen Prozess entfalten. Wie jeder andere Organismus braucht der Mensch günstige Bedingungen für eine solche Entwicklung; er braucht neben der Atmosphäre der Wärme, Achtung, Anerkennung und Wertschätzung, die ihm das Gefühl der inneren Sicherheit und Freiheit geben, ihn darüber befähigen, seine eigenen Gefühle und Gedanken zu haben und sich offenbaren zu können, vor allem "Spielräume", wo er sich aktiv und als ganze Person einbringen und verwirklichen kann. Wer sich die Zeit nimmt und solchen "Gezeichneten Geschichten" folgt und sie nicht mit dem kritischen Verstand zu klären versucht und damit den Fluss stoppt, sondern sich auf den Prozess und den Gefühlsgehalt einlässt, dem eröffnet sich eine ganz neue Welt des Verstehens.

Das Ziel der gezeichneten Geschichten besteht darin, Affektquellen aufzuschließen, so dass im Spiel eine tastende Annäherung zur Problemursache und einer Problembewältigung möglich wird. Der Kommunikationspädagoge taucht gleichsam mit dem Kind über das Geschichtenerzählen und Geschichtenzeichnen genau in die Bereiche ein, wo Unsicherheiten, Ängste und Konflikte eingelagert sind. Erzählen wir solche kurzen Geschichten und führen die eigene Aufmerksamkeit und die des Kindes[14] über die Aktivitäten des Erzählens und des Zeichnens, und lassen dabei z.B. wichtige Schlüsselszenen offen, so dass dazu Fragen entstehen und versuchen gemeinsam Auswege zu finden[15], dann eröffnet sich auch die innere Welt der Vorstellungen der Kinder, wie sie die Welt in ihrer ihnen eigentümlichen Weise erleben und wie sie ihr Handeln gestalten. So eröffnen sich gleichzeitig ihre Erfahrungen und Sichtweisen und die ihnen zur Verfügung stehenden Lösungsmöglichkeiten.

Hinter jeder gezeichneten Geschichte, die ein Kind anfertigt, steckt der enorm komplex aktivierte Gefühls- und Erfahrungshintergrund, d.h., es werden ganz bestimmte Erlebnisse und Erfahrungen sowie Vorstellungen und Wünsche abgebildet, fixiert und festgehalten, so dass diese Zeichnungen mehr als bloße Erlebnisdarstellungen oder Erlebnisnachbildungen sind. In der Regel kommt es dabei über den Dialog mit dem Therapeuten und neuen Aufgabenstellungen zu Variationsbildungen, Verbalisierungen und distanzierenden Verarbeitungen. Diese Geschichten und Bilder widerspiegeln nicht nur die Erlebnisse und Vorstellungen, sondern machen auch die momentanen und die latenten Gefühlszustände, die das Kind in seiner ganz individuellen Weise beschäftigen sichtbar und die es so sich selbst und dem Therapeuten mitteilen kann. Die gezeichneten Geschichten sind ein Kommunikationsinstrument, das die bislang unausgesprochenen und nicht aussprechbaren Probleme direkt mitteilbar macht. Ganz wichtig dabei ist, dass alles möglich werden kann. Jede Form der Gestaltung und Lösung einer Problemstellung ist zulässig und darf nicht durch Vorgaben, vorgefertigte Lösungsmöglichkeiten oder Interpretationen gestört werden.

Die Kommunikationspädagogik unterscheidet bei der Problemlösung zwei Richtungen:

  1. der Weg in das Fantastische, das Unmögliche, das Irreale (nach oben)

  2. der Weg zur Realität (nach unten)

Bildlich gesprochen wirken zwei unterschiedliche Kräfte auf das Kind ein; etwas (von innen kommend) zieht nach oben und etwas (von außen kommend) zieht nach unten.

Die Erfahrung zeigt, dass die Kinder mit Problemverhalten im Alltag sehr viel häufiger - um nicht zu sagen fast ausschließlich - dem zweiten Weg begegnen, dadurch, dass ihnen immer wieder implizit und explizit übermittelt und mitgeteilt wird, dass ganz bestimmte Dinge nicht gehen, dass man dieses und jenes nicht tut, oder dass man so nicht denken kann...usw. Dabei wird von den Erwachsenen vorgegeben was sein kann und was nicht, und es bleibt für das Kind kein Raum für die so wichtigen "Was-Wäre-Wenn" Experimente[16], welche nicht in der Realität ausgeführt werden können.

Abbildung 2: Ebenenbetrachtung 1

In gewisser Weise sind diese Kinder in eine Wirklichkeit gezwängt, die keine natürliche Entwicklung erlaubt.

Sigmund Freud (Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse Und Neue Folge, Studienausgabe Band 1, S. 362) äußert sich dazu in folgender Weise: "Ich kann ihnen folgendes darüber sagen. Wie Sie wissen, wird das Ich des Menschen durch die Einwirkungen der äußeren Not langsam zur Schätzung der Realität und zur Befolgung des Realitätsprinzips erzogen und muß dabei auf verschiedene Objekte und Ziele seines Luststrebens - nicht allein des sexuellen - vorübergehend oder dauernd verzichten. Aber Lustverzicht ist dem Menschen immer schwergefallen; er bringt ihn nicht ohne eine Art von Entschädigung zustande. Er hat sich daher eine seelische Tätigkeit vorbehalten, in welcher all diesen aufgegebenden Lustquellen und verlassenen Wegen der Lustgewinnung eine weitere Existenz zugestanden ist, eine Form der Existenz, in welcher sie von dem Realitätsanspruch und dem, was wir "Realitätsprüfung" nennen, frei gelassen sind." Und in weiterer Folge stellt Sigmund Freud fest: "In der Fantasietätigkeit genießt der Mensch die Freiheit vom äußeren Zwang weiter, auf die er in Wirklichkeit längst verzichtet hat." (ebd. S. 365).

Die Kommunikationspädagogen unterstützen in den gezeichneten Geschichten den Weg nach oben, und das so lange, bis das Kind selbst den Weg zurück nach unten nimmt und dabei zu "eigenen Realisierungen" kommt. Für den Therapieerfolg ist es von besonderer Bedeutung, dass dieser Prozess vom Kind selbst so lange und intensiv wie nur irgend möglich konsequent gegangen wird und nicht durch fremde Realisierungen unterbrochen wird. Bei einem nicht unerheblichen Teil der Kinder braucht dieses "Aufsteigen können in die Fantasie" Zeit und muss langsam vorbereitet und geübt werden. Die Realität ist die Welt der Einschränkungen und die Fantasie ist jene Welt, in der konsequent alles möglich ist. Diese Tatsache wird von vielen Kindern nicht spontan angenommen und es gibt Widerstände, die abgebaut werden müssen.

Abbildung 3: Ebenenbetrachtung 2

Der Begriff "Fantasie" (aus dem griechischen kommend), bedeutet soviel wie Vorstellungskraft und bezieht sich auf subjektive Vorstellungen, die nicht mit Erinnerungsbildern verwechselt werden dürfen. Und genau das Benützen dieser Kraft, d.h., die wiederholte Entwicklung von Vorstellungen wie etwas anders sein könnte, ist jene Kraft, die schlussendlich dazu führt, dass Variationen gebildet werden können und über Vernetzung dieser Variationen neue Entwicklungen möglich werden. Die Erinnerungsbilder - die gegeben sind, oder die es zunächst herzustellen gilt - dienen immer nur als Ausgangspunkt für das Eintauchen in neue Vorstellungen, wie ein Problem betrachtet, verstanden, wie an es herangegangen und wie es gelöst werden könnte. Aus dem Nutzen der Potentiale der Fantasie werden - wenn dieses Potential einmal genutzt werden kann - unaufhörlich neue Möglichkeiten und Varianten in die Realität hinein transportiert und man kann beobachten, dass es den Kindern einen ungeheuren Spaß macht, immer wieder aufzusteigen, um neue "Möglichkeiten" zu generieren. Über dieses wiederholte Spielen - im Sinne eines immer wieder neu Kombinierens und Konfigurierens der einzelnen Elemente - mit den Möglichkeiten werden immer größere Teile der Fantasie zu Anteilen der Realität (vgl. dazu S. Freud, Studienausgabe, Bd.1, S. 364 ff.). An den Stellen, wo es bislang für das Kind keine oder nur eine bestimmte Möglichkeit gegeben hat zu agieren, treten nun neue Möglichkeiten auf. Die Kinder zeigen im überwiegenden Maße die Tendenz, diese neuen Anteile unmittelbar in ihrer unmittelbaren Realität anzuwenden und umzusetzen. So kann man zunächst deutlich, in anderen Therapieaktivitäten (Bewegung, Rollenspiele, Konfliktarbeit etc.) und danach auch in der Familie, im Kindergarten oder der Schule die neu erworbenen Strategien beobachten.

Abbildung 4: Ebenenbetrachtung 3

Dabei wird wiederum ein Lernprozess durchgemacht. D.h., dass das Kind zunehmend in unterschiedlichen realen Situationen erkennen kann, wann welche Lösungen greifen, wann differenziert oder modifiziert und wann neue Lösungen generiert werden müssen. Diese "Beweglichkeit" ist die Grundvoraussetzung für ein aktives Problemlösungsverhalten und bildet gleichzeitig die Basis für ein stabiles ICH. Dieses ICH weiß zunehmend, dass es mit bedrohlichen, beängstigenden, neuen, unerwarteten, schwierigen, usw. Situationen umgehen kann, ohne seine Identität aufgeben zu müssen.

An dieser Stelle ist es ganz wichtig zu betonen, dass die Arbeit mit den gezeichneten Geschichten nur ein Teil der Therapie der Kommunikationspädagogik ist und niemals nur allein oder isoliert angewandt wird. Erst im Verbund mit den anderen Aktivitäten entwickelt dieser Methodenteil seine Effektivität.



[8] Siehe dazu Skriptum: Die fünf Säulen der Kommunikationspädagogik

[9] Freiheit meint an dieser Stelle die Freiheit sich verändern zu können.

[10] Körper, Bewegung, Spiel, Sprache, Schrift

[11] vgl. dazu F. Sedlak u. G. Gerber: Dimensionen integrativer Psychotherapie, S. 285 - 290,

[12] weitere Themen sind: Das Kinderzimmer, Meine Familie, Die Klasse, Im Keller... etc.

[13] Dazu bedarf es eines weiteren Schritts in der Therapie: z.B. Übertragen und Anwenden in u.a. Rollenspielsituationen und dem daran anschließenden Schritt des Systematisierens.

[14] Im Sinne eines inneren Beteiligtseins

[15] generieren von Sichtweisen und Lösungsmöglichkeiten

[16] kulturelle Einflüsse unterdrücken bzw. verstärken die Fantasietätigkeit

Anmerkungen zum Prozess der gezeichneten Geschichten

Die Figur

Jede Geschichte beginnt immer mit einer Figur, die skizzenhaft gezeichnet wird. Dabei wird im ersten Schritt über Fragen die Figur konkretisiert und detailliert, d.h., ist die Figur ein Bub oder ein Mädchen, wie alt ist das Kind, ist es lustig, traurig oder sonst irgendwie gestimmt, welchen Namen hat es usw. Dieser Vorgang gleicht dem Entstehungsprozess einer Skulptur, wo über ein Hinzunehmen und Anfügen die Figur immer stärker aufgebaut und komplettiert wird. Daran im Anschluß bekommt die Figur zusätzlich ein besonderes äußeres Attribut, etwa in der Weise, dass das Kind[17] z.B. ein ganz schmutziges Gesicht hat, die Hose zerrissen ist, die Haare struppig sind etc. Diese Kennzeichen dienen dazu, die Figur in der Fantasie präsenter zu machen, so dass z.B. vom kleinen traurigen Mädchen Lisa mit dem schmutzigen Gesicht gesprochen werden kann.

Abbildung 5, Die Figur

Das Utensil

Im nachfolgenden Schritt bekommt das Kind das Utensil[18] (Ball, Rucksack, Stock, Rollschuhe, warme Kleider... u.ä.), das es in seiner Geschichte begleiten wird. Dabei ist zu beachten, dass nur ein Gegenstand eingeführt wird. Auch diesem Gegenstand wird, wie oben schon angesprochen, zusätzlich ein Attribut gegeben. D.h. dann z.B.: "Das kleine traurige Mädchen Lisa mit dem schmutzigen Gesicht und dem alten Teddybären".

Der Rahmen

Erst dann wird ein Rahmen gebaut, in welchen die Figur versetzt wird. Solche Rahmen sind u.a.: "Der Garten", "Das Haus", "Der Wald", "Das Boot" oder z.B. "Die Nacht". Bei der Erarbeitung des Rahmens gilt wieder der Grundsatz: "wenig und möglichst vom Kind kommend", damit das Kind den Rahmen, die Situation selbst anreichern und ausfüllen kann. So wird aus dem "Kleinen traurigen Mädchen Lisa mit dem schmutzigen Gesicht und dem alten Teddybären" das, das in einem Boot sitzt, im großen weiten Meer und das ganz weit wegfährt.

Das Erzählen

Erst jetzt beginnt das eigentliche Erzählen der Geschichte. D.h., dass eine Aufgaben- bzw. eine Problemstellung von der Situation ausgeht. So kann z.B. ganz langsam der Wind immer stärker zunehmen und die Wellen aufschaukeln und das Boot hin und her werfen, oder es kommt ein großer Fisch und kreist bedrohlich um das Boot und stößt es an etc. Die Situationen[19], welche nun in der Geschichte entstehen, orientieren sich an den Problemstellungen des Kindes und zielen immer auf das Problem des Kindes hin, so dass es im Spiel die Möglichkeit bekommt, Situationen durchzuspielen und zu durchleben, die es im tatsächlichen Leben vermeiden und ihnen ausweichen würde bzw. ihnen mit einem ganz speziellen Verhaltensmuster; z.B. aggressive Abwehr, begegnen würde.

Exkurs:

Häufig berichten die Kinder, dass sie "ihre Geschichte" wiederholt träumen und im Traum immer neue Lösungen für die Problemstellungen finden. Auf fast geheimnisvolle Weise vervielfältigen sich die Lösungsmöglichkeiten und das Kind wir im Umgang mit solchen Situationen sicherer und sicherer. Besonders dabei ist, entgegen der Annahme, dass es dabei zu einer Rollenübernahme kommen würde, dass die Kinder die Träume in der Weise beschreiben, dass sie die Szenen beobachten und auch als Beobachter gestalten können, ohne selbst in das Geschehen involviert zu sein und somit die Geschichte beliebig verändern, erweitern, ergänzen und detaillieren können. Negative Erfahrungen im Sinne von Alpträumen wurden von den Kindern nicht mitgeteilt.

Abbildung 6, Eine Szene

Mit großer Wahrscheinlichkeit lässt sich das darauf zurückführen, dass gemeinsam mit den Therapeuten an einer Sache gearbeitet wird, bei der das Kind selbst die Rolle des Beobachtens und Gestaltens übernimmt und somit die notwendige Distanz aufrechterhalten bleibt, damit es nicht zu einer Identifikation und Rollenübernahme kommt. Dasselbe gilt für Berichte von "tagsüber spontan auftretenden Einfällen", welche die Kinder so beschreiben, dass sie plötzlich eine Idee haben, was die Figur in der Geschichte tun könnte, um eine bestimmte Situation zu meistern. Und schon im nächsten Augenblick ist das nicht mehr wichtig, so dass sich die Kinder nicht länger damit beschäftigen, und es dadurch z.B. im Unterricht zu nachhaltigen Irritationen z.B. in Kindergarten oder Schule kommen könnte.

Die Ergebnisse

Schon nach sehr kurzer Zeit kann man beobachten, dass den Kindern das Spiel mit der Fantasie, das Überwinden der Inhalte und Begrenzungen des Über-Ich und den Variationen von Problemlösungen enorme Freude bereitet und dass sich mit der Zunahme der Möglichkeiten immer mehr Lebendigkeit und Spontaneität ausbreitet. Besonders dann, wenn das Kind erkannt hat, dass es über das Aufsteigen in der Fantasie (vgl Abbildung 3 Ebenenbetrachtung, S. 22) alle Möglichkeiten hat, mit der Problemstellung umzugehen, dann ist eine merkliche Lockerung und Entspannung festzustellen. Die Lösungen, die in dieser Phase von den Kindern selbst gefunden werden, müssen, auch wenn sie noch so irreal sind, als Lösungen anerkannt werden und dürfen nicht in Richtung Realität korrigiert werden.

Die nachstehende Geschichte entstammt der Arbeit mit einem 5jährigen Mädchen, das von den Eltern als eine Einzelgängerin vorgestellt wurde. Seit einem Jahr geht das Mädchen in den Kindergarten, aber es spielt nie mit anderen Kindern und steht nur alleine herum. Wenn sie etwas gefragt wird, zieht sie sich zurück und schaut verlegen zur Seite. Sie bringt kein Wort heraus oder spricht nur ganz leise und zögerlich.

Sehr rasch wurde erkannt, dass eine überfürsorgliche und überängstliche Erziehung die Ursache für das fehlende Selbstvertrauen und die fehlende Spontaneität waren.

So wird, um beim obigen Beispiel zu bleiben, vom Kind zunächst ein Stern vom Himmel geholt, der so heiß ist, dass er das große Meer austrocknet, so dass das kleine traurige Mädchen Lisa, mit dem schmutzigen Gesicht und dem alten Teddybären das nun lustig ist, auf dem Meeresboden nach Hause gehen kann und allerlei schöne Dinge findet, die es sich selbst und seinen Eltern als Geschenk mitbringen kann. Und das sind viertausend silbrig schimmernde Seesterne, und fünfundneunzig Riesenschraubenmuscheln, und buntes Seegras, das nach Veilchen duftet, das in die kleine Tasche gesteckt wird, ... usw.

Oder, um ein anderes Beispiel zu zitieren, gestaltet ein 7jähriger ängstlicher, in sich zurückgezogener und kontaktscheuer Bub, der aus einer sehr autoritären Familie stammt, eine Figur mit dem Namen "Der grimmige Emil mit dem langen Zeigefinger", der in einem Zimmer wohnt, voll mit tausenden Videocasetten, hunderten Wurstsemmeln, Krapfen und Schokolade, der alles liegen läßt, sich um nichts kümmert, der den ganzen Tag schläft und isst und fernsieht, vor dem sich die Eltern fürchten und ihm alles und sofort tun, was er nur will. Für alle Fälle hat der grimmige Emil einen Freund, den "ruppigen Rupert, der immer spuckt", der ihm tatkräftig hilft, wenn etwas nicht so ist wie er es will... usw.

Der Prozess entwickelt und erweitert sich selbstständig - da sich die Kinder mit der Zeit mit diesen "Hilfslösungen" nicht zufrieden geben - in die Richtung einer realitätsnahen Problembewältigung. Diese Realisierung wird dem Kind erst dann möglich, wenn ihm ausreichend Elemente zur Gestaltung zur Verfügung stehen, aus denen es auswählen und die es kombinieren kann. Auch dabei ist ein Suchprozess zu beobachten, der sichtbar werden lässt, dass die einzelnen Elemente unterschiedlich miteinander konfiguriert werden und immer wieder neue Elemente einbezogen werden und der vor allem ein Prozess ist, der Zeit braucht.

Die Wandlungen

Durch diese sogenannten "zauberhaften Wandlungen[20]" bzw. Polarisierungen werden in den Geschichten über das Sichtbarmachen Erweiterungen, Umbesetzungen und Veränderungen vorgenommen, so dass das implizit vom Kind Formulierte, bzw. das vom Kind Gewünschte explizit werden kann[21]. So könnten - um an den obigen Beispielen anzuknüpfen - die Geschenke des Mädchens den Eltern lauter kleine Geschichten erzählen oder sich die tausenden Videocasetten des grimmigen Emils mit dem langen Zeigefinger an einem strahlenden Frühlingsmorgen z.B. in lauter angenehme Erinnerungen verwandeln, die erzählen, was dem Emil gefällt und was er mag. Die hunderten Wurstsemmeln sind dann kleine Zärtlichkeiten, die ihn wundersam berühren und die Krapfen verwandeln sich in liebevolle Umarmungen und die Schokolade wird zu süßen kleinen Geschichten, welche die Mama leise dem grimmigen Emil vor dem Schlafengehen erzählt usw. Über solche "Wandlungen" wird das unausdrücklich Gewesene plötzlich ausdrücklich, weil es sich in einer anderen Dimension befindet. Indem die zentralen Elemente der Geschichte mit einem Schlag ein anderes Aussehen bekommen, verliert alles die gewohnte Selbstverständlichkeit und zeigt sich als etwas, das ganz und gar nicht selbstverständlich ist und noch andere Dimensionen besitzt als die, die bisher erkannt wurden.

Die Kunst des Therapeuten besteht darin, sich auf den Rhythmus der Geschichten des Kindes und den der Wandlungen einzustimmen. Jedes Element und jede Ergänzung, die das Kind in die Geschichte einbringt enthält eine ganze Reihe von Be- und Andeutungen bzw. Richtungshinweisen, die jeweils auf etwas Bestimmtes oder auf ein Nächstes hindeuten. Ob man also dem Hinweis folgt, wenn das Kind z.B. eine besonders aggressive Person einführt, oder sich dem zuwendet, was diese aggressive Person sich eigentlich wünscht und durch das Verhalten nicht direkt zum Ausdruck bringen kann, ist eine Entscheidung die jeweils getroffen werden muss und die den weiteren Verlauf der Therapie beeinflusst. Genauso verhält es sich mit der nächsten Entscheidung und der darauffolgenden usw.

Ganz entscheidend für das Polarisieren ist, dass erkannt wird, was das Kind zum Ausdruck bringt. Tatsache ist, dass immer dann, wenn in der Geschichte ein Pro-blemaspekt oder ein Wunsch deutlich bzw. erkannt wird, polarisiert werden kann.

Abbildung 7: Polarisierung - Grundstruktur

Diese Polarisierungen dürfen jedoch nicht mit Moralisierungen verwechselt werden. Der Unterschied besteht darin, dass das Moralisieren darauf hinweist wie etwas zu sein hat, doch dem entgegen zielt das Polarisieren darauf ab, einen Raum zu eröffnen, damit neue Variationen zu bilden, um damit eine größere Variabilität im Denken zu erhalten (vgl. Abbildung 3 Ebenenbetrachtung, S. 22). Über das Polarisieren wird eine Spannung und eine Verbindung zwischen dem Gegebenen (Realität) und dem Noch-Nicht-Gegebenen, dem Möglichen (Fantasie) aufgebaut. Um nun im Bereich des "Möglichen" Prozesse auszulösen und Inhalte sichtbar werden zu lassen, können zur Darstellung zwei verschiedene Richtungen unterschieden werden. Auf der einen Seite steht der Zugang über jenes Material, das dem Bewusstsein des Kindes zugänglich ist und dem gegenüber kann der Weg gewählt werden, wo über das Material gearbeitet wird, das dem Bewusstsein nicht zugänglich ist.

Abbildung 8: Polarisierung - Erweitere Struktur

Der Therapeut entscheidet in der Situation, bezogen auf das Problem und die Vorgeschichte des Kindes, welchen Weg er jeweils in der Polarisierung geht, bzw. wann er zwischen diesen Formen wechselt.

Ein 8jähriges Mädchen wurde von seinen Eltern mit Schlafstörungen vorgestellt, die sich dadurch äußerten, dass das Mädchen vor dem Einschlafen unruhig wird, sich im Bett hin und her dreht und immer wieder nach den Eltern ruft. Zusätzlich schreckt das Kind zwei bis dreimal in der Nacht hoch und schreit laut auf und schläft erst wieder ein, wenn es von der Mutter gehalten wird.

Die Figur, welche das Kind beim Geschichtenerzählen konstruierte war die "traurige Elvira mit dem weinenden Auge". Diese Figur erzählt sehr detailliert, dass es seit längerer Zeit abends im Schlafzimmer der Eltern turbulente und laute Szenen gibt. Sie hört, dass der Papa laut schreit und die Mama weint, weiß aber nicht, was dort vor sich geht. Und am nächsten Morgen ist alles wieder in Ordnung und das Mädchen weiß nicht, ob das alles wirklich ist oder nur geträumt. Und so wartet die traurige Elvira mit dem weinenden Auge, unter der Bettdecke versteckt, ob sich wieder etwas im Schlafzimmer tut.

Die Wandlung, die nun vorgenommen wurde, war, dass sich Elvira in eine Forscherin verwandelte[22], die nachts im Weltraum nach neuen Planeten suchte. Sie baute sich dafür ein Raumschiff und konstruierte allerlei Forschungsgeräte, die sie auf ihren abenteuerlichen Reisen unbedingt benötigte. Dazu gehören u.a. die Durchsichtbrille, der Kommunikator und der Laut- und Leiseregler. Sie entdeckte auf ihren Reisen Planeten, auf denen alles verkehrt oder winzig war usw. Eines Tages kam sie zu einem Planeten, ganz weit draußen im Weltraum, der dunkel und undurchsichtig war und von dem laute Geräusche ausgingen. Dieser Planet war so bedrohlich, dass sich Elvira einen Helfer - den sie auch Helfer nannte - konstruierte und mit seiner Hilfe begann, diesen Planten genauer zu erforschen. Sie schickte ihn immer wieder, mit unterschiedlichen Gerätschaften ausgestattet, auf den Planeten und er musste ihr Berichten, was dort vor sich geht, was er gesehen hat und vor allem, wie er sich fühlt, was er denkt, spürt etc. Die Geschichte, die sich nun daraus entwickelte, war, dass der Helfer dem Kind berichtete, dass auf dem Planten zwei wundersame Wesen wohnen, die miteinander im Streit liegen usw. Erst an diesem Punkt konnte vom Mädchen begonnen werden, unterschiedlichste Vorstellungen darüber zu bilden, was auf dem Planten vor sich ging, was der Grund für die Auseinandersetzungen war, welche Lösungen es geben könnte, usw. Am Ende besuchte sie den Planeten selbst, da die Schilderungen des Helfers viel zu ungenau waren und sie sich selbst ein Bild machen wollte.

Abbildung 9: Polarisierung - Arbeitsstruktur

Dagegen bezieht sich die Arbeit mit den "unbewussten Inhalten" auf solche Darstellungen, die primär das beschreiben, ansprechen und zum Ausdruck bringen, was dem Kind fehlt, das vom Kind selbst noch nicht formuliert werden kann. Wie schon im Beispiel mit dem kleinen traurigen Mädchen Lisa, mit dem schmutzigen Gesicht und dem alten Teddybären dargestellt, können über Wandlungen direkt die impliziten Wünsche des Kindes an- und ausgesprochen werden. Dabei wird der Schwerpunkt darauf gelegt, darzustellen und zu formulieren, dass z.B. der "grimmige Emil" so handelt wie er handelt. D.h., er schaut nur mehr Video, weil ..., er stopft sich mit Wurstsemmeln voll, weil ..., die süssen Krapfen stehen für ... usw. und fühlt sich dabei so und so. Im Unterschied zur Arbeit mit den bewussten Inhalten wird dabei sehr viel deutlicher und direkter an das Problem des Kindes herangegangen und über die "Auslöser und möglichen Ursachen", die einem bestimmten Verhalten zu Grunde liegen könnten, eine Geschichte aufgebaut.

Folgendes Beispiel soll dies verdeutlichen: Der zehnjährige Paul ist in den letzten Wochen sehr unruhig, stimmungslabil und seine Leistungen sowie seine Beteiligung in der Schule haben erheblich nachgelassen. Zuhause gibt es zunehmend Ärger wegen seines aufsässigen Verhaltens, was sich vor allem darin zeigt, dass er mit seinem Bruder permanent in Auseinandersetzungen verwickelt ist und gegenüber seinen Eltern immer häufiger mit Anfällen von Jähzorn reagiert. Dazwischen wirkt er sehr deprimiert und verzweifelt.

In den Elterngesprächen und den Untersuchungen hat sich sehr rasch herausgestellt, dass die Ursache für Pauls Verhaltensänderung in einer ausgeprägten Eifersucht auf seinen um zwei Jahre jüngeren Bruder liegt. Der jüngere Bruder hat in den letzten Wochen durch besondere Leistungen in der Schule[23] nicht nur die gesamte Aufmerksamkeit der Eltern auf sich gezogen, sondern er wurde zusätzlich auch mit Besonderheiten und kleinen Geschenken verwöhnt.

Die Geschichte, die Paul inszenierte war so, dass er eine Figur - den klugen König Barabas - konstruierte, der in einem riesigen Königreich, mit zehn Untertanen[24] in einem prächtigen Schloss wohnte. Das Besondere an der Geschichte war, dass immer nur der kluge König Barabas etwas tun konnte und "sein ganzes Volk" ihm zujubeln musste. Für alles, was der kluge König tat, musste es Lob geben und es mussten sich die Untertanen Geschenke überlegen. Wer das nicht tat, wurde mit einem grausamen Tod bestraft. Ein Untertan wurde im Verlies des Schlosses festgehalten. Der König wollte aber nicht sagen warum, nur soviel, er hatte etwas ganz Entsetzliches getan.

In der Geschichte wurde nun folgende Wandlung eingebaut. An einem besonders verregneten Tag bekommt der kluge König Barabas von einem befreundeten König Besuch, dem König "Mir-will-nichts-wirklich-gelingen". Und dieser König erzählt bei einem lustigen Mittagessen, dass es in seinem Königreich noch einen jüngeren König gibt, mit dem er seine königlichen Regierungsgeschäfte[25] teilen muss. Und dieses Teilen empfindet der König "Mir-will-nichts-wirklich-gelingen" als etwas problematisch[26] und er fragt seinen Kollegen um Rat, was er denn da tun könnte. In einem ersten Durchgang riet der König Barabas dem König "Mir-will-nichts-wirklich-gelingen" genau das, was er selber tut: Du musst dir deine Untertanen unterwerfen - "Untertanen heißen deshalb Untertanen, weil sie tun müssen, was man ihnen sagt!" Der König "Mir-will-nichts-wirklich-gelingen" kehrt in sein Land zurück und versucht die Ratschläge des Königs Barabas umzusetzen, aber es gelingt nicht, weil sein Königskollege und seine Untertanen nicht mitspielen. Je mehr er versucht, sie zu unterdrücken, desto mehr wenden sich die Untertanen ab. Und der König ist nicht glücklich. So muß er wieder, an einem Regentag, zum König Barabas gehen und sich Rat holen usw.

Es braucht Zeit, bis das Kind einen solchen Weg Schritt für Schritt gehen kann, so dass ein Fluss von aufeinanderfolgenden Ereignissen, die Konstruktion eines Geschehens und das Wieder-Verwerfen, ein neu Konfigurieren und wieder Aufbauen, in ihm ein Gefühl der Selbstverständlichkeit wecken, und dass es die Entfaltung und Erweiterung seiner Erfahrung als "natürlich" empfindet. Damit wird eine Kontinuität hergestellt, welche die spontane Empfänglichkeit, die Variabilität und die Vertiefung für Neues fördert. In dieser Weise arbeitet der Therapeut Schritt für Schritt, verfolgt die Spuren und hat dabei ein klares Ziel, nämlich sich vom Problem zur Lösung hin zu bewegen.

Tatsächlich handelt es sich dabei um eine künstliche Trennung, da, wenn mit den bewussten Inhalten gearbeitet wird, immer gleichzeitig das Unbewusste implizit mitformuliert wird und vice versa. Die Entscheidung, wann welche Form gewählt wird, hängt ganz individuell von der Situation und der Problemlage des Kindes ab.

Die innere Struktur der Geschichten

Die Geschichten, die in der Kommunikationspädagogik erzählt werden, haben eine ganz einfache innere Struktur, welche die Erzählung tragen. Nachdem die Problemstellung klar definiert wurde[27], wird ausgehend von einem ICH bzw. dem jeweiligen DU nach der ersten Konstruktion der Figur begonnen zu beschreiben, wie diese Person handelt (außen) und immer wieder darauf eingegangen, was die Person fühlt, empfindet, denkt, wahrnimmt (innen) etc., was sie als hinderlich bzw. förderlich ansieht, um sichtbar zu machen, was in einer Person vorgeht und wie sie denkt, an die Problemsituation heranzugehen.

Abbildung 10: Innere Struktur der Geschichten (1)

Daraus entstehen, ähnlich wie bei der Fotografie Momentaufnahmen, d.h. ein Status, der angibt, in welchem Zustand sich die Person jeweils befindet und in welcher Weise sie bezogen auf das Problem zu handeln gedenkt.

Man kann diesen Prozess gleichzeitig auch als Strategie- oder Modellbildung bezeichnen, in dem alle dem Kind im Augenblick zur Verfügung stehenden handlungsrelevanten Informationen eingebaut sind. Das Suchen ist ein beherrschender Aspekt von Problemlöseaktivitäten. Wenn man z.B. eine Mittel-Ziel-Analyse[28] durchführt, dann setzt man eine Suche nach der optimalen Prozedur zur Reduktion der Diskrepanz zwischen augenblicklichem Zustand und Endzustand ein. Dabei kann man einen "Entscheidungsbaum" (Optionsbaum) nach Breite oder nach Tiefe hin untersuchen. Die Breitensuche verläuft zuerst horizontal und dann vertikal; d.h., man untersucht beim Entscheidungsbaum erst alle Entscheidungen auf einem Niveau, bevor man sich auf Entscheidungen auf einem niedrigeren oder höheren Niveau einlässt. Bei der Tiefensuche verhält es sich genau umgekehrt; man greift sich eine Entscheidung auf einer Ebene heraus und berücksichtigt dann alle Entscheidungsmöglichkeiten unterhalb dieser.

Die Geschichte tragende Problemsituation verlangt - durch immer wieder eingeschobene Dilemmata -, dass über die Hinzunahme, Modifikation und Differenzierung einzelner Elemente sich Variationen und neue Spielarten bilden, so dass andere und neue Ergebnisse die Folge sein können. Dabei spielt vor allem der Prozess der Wandlung - das Aufsteigen in die Fantasie - eine wichtige Rolle. D.h., dass z.B. durch die Veränderung der Größe der Figur sich völlig neue und vom Kind bislang noch nicht gedachte oder gewagte Möglichkeiten eröffnen.

Abbildung 11: Überwinden von Dilemmata bei der Problemlösung

Ganz wesentlich dabei ist, dass die Beschreibungen, die sich auf das Außen und das Innen beziehen, tatsächlich Beschreibungen sind, die es dem Kind möglich machen, als Beobachter nachzuvollziehen, was in der Person momentan vorgeht, so dass auch die Motive, warum die Person so und so handelt, nachvollziehbar werden. In gewisser Weise werden durch das Sichtbarmachen nicht nur Fragen evoziert, sondern es wird auch die Antizipationsfähigkeit angesprochen. Über das (zunehmende) Verstehen eines Sachverhalts, das Erkennen der Zusammenhänge, der Ursachen und Wirkungen eines Geschehens und einer Handlung wird Einsicht und davon abgeleitet ein einsichtiges Verhalten entwickelt.

Die Kinder beginnen von selbst mit einer einfachen Unterteilung, indem sie feststellen, was sie - bezogen auf die Problemstellung - als hilfreich, bzw. hinderlich ansehen. Und dabei wird fast automatisch der Prozess der Begründung eingeleitet, d.h., die Kinder begründen, warum etwas so und nicht so sein kann.

Genau an dieser Stelle kann vom Therapeuten eine Zuordnung vorgenommen werden, indem erkannt wird, was dem bestehenden Handlungsrepertoire des Kindes angehört bzw. wo Wandlungen und damit neue Experimente eingesetzt werden müssen. Dieser Prozess entspricht einem sich immer wiederholenden Auf- und Einfalten, wobei die einzelnen Elemente immer wieder neu kombiniert und konfiguriert werden und neue Elemente dazugenommen werden.

Abbildung 12: Innere Struktur der Geschichten (2)

Interessant, in diesem Abschnitt des Geschichtenerzählens ist, dass die von den Kindern ausgehenden Wandlungen in der Regel zunächst auf Veränderungen des Umfelds abzielen. D.h., es werden die anderen handelnden Personen, die Gegenstände oder die Orte verwandelt. Diese Beobachtung unterstützt die eingangs formulierte These, dass Kinder mit Problemverhalten ein wenig starkes Ich entwickelt haben. In ganz seltenen Fällen treffen wir auf Kinder, die sich selbst "wandeln", um dadurch die Situation zu meistern. In den überwiegenden Fällen müssen die Kinder so lange Veränderungen im Umfeld vornehmen können, bis sie dazu übergehen, sich selbst mittels Wandlungen, im Spiel und Experiment der Situation zu stellen. Dabei gilt der Grundsatz, dass jede Form der Wandlung und damit der Lösung des Problems zulässig ist und nicht korrigiert, sondern nur detailliert werden darf.

Im Unterschied zu realen Situationen kann bei den gezeichneten Geschichten der Prozess beliebig angehalten und wieder ein Stück zurückgegangen werden und es können nachträglich Korrekturen und Änderungen vorgenommen werden, neue Elemente eingefügt werden, so dass immer neue Möglichkeiten entstehen.

Mag. Manfred Hofferer

Literaturliste beim Verfasser

Quelle:

Manfred Hofferer: Besondere Methoden in der Kommunikationspädagogik. Gezeichnete Geschichten; Institut für Kommunikationspädagogik 1999

bidok - Volltextbibliothek: Erstveröffentlichung im Internet

Stand: 10.03.2011



[17] Alle Beispiele entstammen der praktischen Arbeit mit Kindern.

[18] Dieser Gegenstand bekommt im Laufe der Geschichte eine ganz wichtige Funktion.

[19] spaßige, wilde, bedrohliche, witzige... usw.

[20] Die Wandlungen haben zwei Richtungen, einerseits in Richtung dem Bewusstsein zugängliche Inhalte und andererseits in Richtung dem Bewusstsein nicht zugängliche Inhalte.

[21] vgl. dazu Abschnitt Systembausteine des Dynamischen Zirkulationskonzepts: Phasenraum, Dimension und Attraktoren, in Skriptum: Die fünf Bausteine der Kommunikationspädagogik

[22] das war der Berufswunsch des Kindes

[23] bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Bruder erhebliche Probleme in der Schule.

[24] die eine auffällige Ähnlichkeit mit seinen Eltern bzw. Menschen, die er kannte, hatten.

[25] Diese Regierungsgeschäfte werden in der Erzählung detailliert ausgeführt.

[26] Und zwar in der Weise, dass die Problematik und das Verhalten des Kindes erzählt wird.

[27] Es muss vermieden werden, dass die Problemstellung durch einen unklaren Anfangs- oder Endzustand bestimmt ist und dadurch eine Lösung erschwert wird.

[28] oder Entscheidungsanalyse

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