Leserbrief - Semantische Fragen oder Kraut und Rüben zu 1 BvR 9/97

Autor:in - G. Brachtel
Themenbereiche: Recht
Schlagwörter: Gesetz, Kritik
Textsorte: Zeitschriftenartikel
Releaseinfo: erschienen in: Gemeinsam leben - Zeitschrift für integrative Erziehung Nr. 2-98. Hermann Luchterhand Verlag, Neuwied 1998 Gemeinsam leben (2/1998)
Copyright: © Luchterhand 1998

Leserbrief - Semantische Fragen oder Kraut und Rüben zu 1 BvR 9/97

Sehr geehrte Damen und Herren,

als etwas ärgerlich muß der den redaktionellen Aufgabenbereich der Ausgabe GL 1-98 betreffende Teil der Berichterstattung zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 08.10.1997 - 1 BvR 9/97 erscheinen. In den einzelnen Artikeln herrscht eher eine babylonische Sprachverwirrung vor. Es wäre aus meiner Sicht zu wünschen, wenn man sich seitens der Redaktion (und/oder des Lektorats) zu einer einheitlichen Regelung bzgl. Allgemein üblicher Kürzel und Bezeichnungen in den abgedruckten Artikeln entschließen könnte, um die Zeitschrift von Niveau aktueller Berichterstattungen in Tageszeitungen oder im Fernsehen abzuheben. Weiterhin wäre es erstrebenswert, möglichst vollständig und umfassend zu zitieren.

Im einzelnen:

Das Bundesverfassungsgericht hat am 08.10.1997 kein "Urteil" gesprochen, sondern einen "Beschluß" abgesetzt (insoweit korrekt im Artikel von A. + H. König angegeben, die jedoch ein "BVG" erwähnen; s.u.). Urteile werden i.d.R. nur durch die entsprechenden Fachgerichte ausgesprochen. Falls Unklarheiten bestehen, sollte seitens der Redaktion eher die neutralere Bezeichnung "Entscheidung" gewählt werden (= Wahlmöglichkeit zwischen Urteil, Beschluß, Verfügung etc.)

Entgegen landläufiger Berichterstattung in den Medien ist das allgemein übliche Kürzel für das Bundesverfassungsgericht nicht "BVG" sondern "BVerfG" (s. Beitrag von Feuser, der jedoch seinerseits von einem "Urteil" spricht; s.o.); durch Wahl des Kürzels BVerfG werden zudem mögliche Überschneidungen mit dem Bundesverwaltungsgericht vermieden Anstelle den Leserinnen und Lesern im Editorial die etwas umständliche Zusendung des "BVG-Beschlusses" in vollständiger Fassung anzubieten, wäre es wünschenswert gewesen, alternativ auf BVerfG NJW 1998, 131 aufmerksam zu machen (gleichwohl auch auf die vorangegangenen Beschlüsse vom 04.04.1997 in FamRZ 1997, 797 [ebenfalls 1 BvR 9/97] bzw. vom 30.07.1996 in FamRZ 1996, 1265 [1 BvR 1308/96]).

Es sollte den Regelfall darstellen (s. z.B. die Artikel von Mrozynski, Herm oder Feuser), wenn durchgängig auf Originalfundstellen oder weiterführende Literatur hingewiesen würde, damit der geneigte Leser - soweit er u.U. einmal eine (Fach-) Bibliothek aufsuchen sollte - die betreffende Literatur auch im Volltext/Original einsehen kann. Insoweit ist es etwas befremdlich, wenn im Artikel von Schumann ("Das BVG-Urteil ist insofern ein Gefälligkeitsurteil...") eine Stellungnahme von Jürgens zitiert wird, ohne daß die konkrete Fundstelle genannt wird ("Andreas Jürgens, Richter am Amtsgericht Kassel, schreibt: ..."). Der geneigte Leser kann nur mutmaßen, ob es eine Privatmitteilung oder ein allgemein zugängliches Schreiben war.

Falls beabsichtigt ist, in einem der nachfolgenden Hefte das jüngste "BVG-Urteil" vom 12.11.1997 - 1 BvR 479/92 + 307/94 (= "Kind als Schaden") zu behandeln, so sollte m.E. auf eine Fundstelle (z.B. VersR 1998, 190) nicht verzichtet werden.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. G. Brachtel

Weingartenstr. 17

35579 Wetzlar

Sehr geehrter Herr Professor Brachtel,

vielen Dank für Ihren Leserbrief vom 25. März 1998, in dem Sie zu Recht das sprachliche Durcheinander feststehender Bezeichnungen und gebräuchlicher Kürzel in unseren Beiträgen zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bemängeln.

Wir werden Ihre Worte beherzigen und geloben Besserung - d.h., soweit es möglich sein wird!

Sie wissen, daß unsere zahlreichen Autorinnen und Autoren aus ganz unterschiedlichen Ebenen und Bereichen kommen, aber allesamt eine wesentliche Gemeinsamkeit haben: ihr großes Engagement für Integration. Jeder einzelne Beitrag im Heft 1/1998 ist ein beredtes Beispiel dafür - ob aus theoretischer oder aus praktischer Sicht. Und dieses Niveau wollen wir in "Gemeinsam leben" unbedingt beibehalten.

Ihre Kritik wird für uns Anlaß sein, die Beiträge bezüglich juristischer Bezeichnungen in enger Zusammenarbeit mit kompetenten Herausgebern genauer durchzusehen und verstärkt auf exakteres Zitieren zu achten.

Die Redaktion

Quelle:

G. Brachtel: Semantische Fragen oder Kraut und Rüben zu 1 BvR 9/97

Erschienen in: Gemeinsam leben - Zeitschrift für integrative Erziehung Nr. 2-98

Hermann Luchterhand Verlag, Neuwied 1998

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 30.05.2005

zum Textanfang | zum Seitenanfang | zur Navigation