Erschienen in: AEP Informationen 1/2019: „Trotz aller Barrieren. Ganz Frau-Sein mit Behinderungen“, Schwerpunkt zu Mädchen und Frauen mit Behinderungen. AEP Informationen (1/2019)Petra Flieger: Editorial. Erschienen in: AEP Informationen 1/2019: „Trotz aller Barrieren. Ganz Frau-Sein mit Behinderungen“, Schwerpunkt zu Mädchen und Frauen mit Behinderungen.http://aep.at/aep-informationen// ISSN 2072-781X AEP Informationen (1/2019)
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Behinderten Mädchen und Frauen wird es gesellschaftlich nicht leicht gemacht, eine lustvolle und selbstbewusste Identität als Frau zu entwickeln oder gar real zu leben. Gender und Sexualität für behinderte Frauen sind immer noch große gesellschaftliche Tabus, weder in der Behindertenhilfe noch in der Behindertenpolitik sind sie annähernd berücksichtigt. Immer noch gibt es für Österreich keine aussagekräftigen oder gar repräsentativen Untersuchungen über Lebenssituationen von Mädchen und Frauen mit Behinderungen und den damit verbundenen spezifischen Belastungen. Die für diese AEP-Informationen verfassten Beiträge geben kleine und exemplarische Einblicke in das Thema. Auf dem Weg zum Frau-Sein müssen behinderte Mädchen und Frauen viele Barrieren überwinden. Neben rein praktischen Hürden wie nicht-barrierefreie Frisier-Salons oder Ordinationen von Frauenärztinnen, fehlenden Informationen in Braille-Schrift oder fehlenden Unterstützungsleistungen sind es vor allem soziale Verhaltensmuster von Mitmenschen, die das Frau-Sein behindern: Sei es peinliches Schweigen, wenn gesellschaftlich typische Erwartungshaltungen an erwachsene Frauen im Raum stehen, sei es infantilisierendes, entsexualisierendes, bevormundendes oder heroisierendes Verhalten. Oder sei es das schlichte Nicht-Informieren, wenn es beispielsweise um sexuelle Aufklärung oder Fragen der Schwangerschaftsverhütung geht. Damit verbunden sind permanente Herabwürdigungen und Aussonderung im Alltag, die individuell persönlich verarbeitet und bewältigt werden müssen. Viel zu wenig passiert hier politisch oder gar im öffentlichen Diskurs.
Die autobiographischen Berichte von Julia Golser, Eldina Woods, Ulrike Wehle, Monika Rauchberger und Marion Schimack verbunden mit deren persönlichen Reflexionen erlauben einen Blick in die skizzierten Lebensrealitäten behinderter Frauen und deren Ringen um Anerkennung und umfassende Gleichstellung. In einem Beitrag über Mütter mit Lernschwierigkeiten vergleicht Rahel Moore deren Situation in Österreich mit jener in Island und es wird deutlich, dass andere Länder weiter sind mit der Entwicklung angemessener Unterstützungsleistungen. Passend dazu erläutert der Beitrag von Hemma Mayrhofer die in Österreich noch nicht allzu lange vergangene und weit verbreitete Praxis von Schwangerschaftsabbrüchen und Sterilisationen bei behinderten Frauen. Möglicherweise liegt darin eine der Ursachen, warum die Genderperspektive in der Behindertenpolitik und -hilfe immer noch so stark vernachlässigt wird. Heidemarie Egger und Gabriele Sprengseis stellen dazu passend eine Initiative vor, die Frauen mit Behinderungen in Österreich endlich zum Thema machen soll. Vier Rezensionen aktueller Fachpublikationen runden den inhaltlichen Schwerpunkt ab.
Noch ein Hinweis: Wahrscheinlich zum ersten Mal veröffentlicht mit Monika Rauchberger eine Frau mit Lernschwierigkeiten einen Beitrag in den AEP-Informationen.
Mag.a Petra Flieger arbeitet seit vielen Jahren als freie Sozialwissenschafterin zu verschiedenen Themen aus dem Bereich der Gleichstellung und Integration von Mädchen und Buben, Frauen und Männern mit Behinderungen; sie versteht sich als Verbündete der Selbstbestimmt Leben Bewegung von Frauen und Männern mit Behinderungen.
Petra Flieger, Ulrike Wehle: Barrierefreie Schwangerschaft und Geburt – geht das in Österreich?
Monika Rauchberger: Freiheit fängt erst richtig mit Sexualität und Partnerschaft an
Quelle
bidok – Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet
Stand: 24.09.2019