Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden - auch nicht in der Arbeitswelt


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Das"Niedersächsische Bündnis Unterstützte Beschäftigung" hat sich als loser Zusammenschluß von Eltern behinderter Kinder, Behindertenorganisationen, Gewerkschaften und kompetenten Einzelpersonen im Dezember 1997 gegründet. Das Bündnis versteht sich als Forum, das Recht auf die freie Wahl des Berufes und des Arbeitsplatzes - die Integration in die Arbeitswelt - auch für behinderte Menschen politisch durchzusetzen.

Die Sozialpolitik der Niedersächsischen Landesregierung favorisiert immer noch eine Behindertenpolitik, die nach dem Versorgungscharakter Fürsorge für unsere Schwachen organisiert. Wir erkennen sehr wohl an, daß der Input an staatlichen Leistungen beachtlich ist und die Absichten ehrbar. Dennoch bleibt nachweislich - nicht nur der Anspruch des behinderten Menschen auf Selbstbestimmung und gleichberechtigter Teilhabe auf der Strecke, sondern auch der gewünschte Erfolg des Mitteleinsatzes aus. Während in anderen Bundesländern eine Neuorientierung von der Versorgung von behinderten Menschen durch eine traditionelle institutionelle Förderung - weg von der Segregation hin zur Integration in die Normalarbeitswelt - vollzogen wurde, fehlen in Niedersachsen trotz klarer politischer Aussagen die konkreten Schritte zur Umsetzung.

Selbst nach der Finanzierung eines Integrationsfachdienstes und Integrationsbetriebs im Rahmen eines Modellvorhabens durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung sollen entsprechende Etatmittel aus der niedersächsischen Ausgleichsabgabe offensichtlich nur zur Gegenfinanzierung verwandt werden. Das Land Niedersachsen liegt zur Zeit mit drei Integrationsfachdiensten im unteren Drittel aller Bundesländer.

Da die Rechte behinderter Menschen - auch nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts für die Integration behinderter Kinder in die Regelschule - für Niedersachsen unter einen Finanzierungsvorbehalt fallen können, die Mittelzuwendungen des Staates aufgrund eines defizitären Landesetat auf dem Prüfstand stehen, erheben wir aus volkswirtschaftlicher Verantwortung im Interesse der Effizienz den Anspruch auf Umverteilung der Mittel. Wir sind nicht mehr bereit, auch nur eine Generation länger die Existenz und die Rechte der behinderten Menschen von etablierten Strukturen und den persönlichen Befindlichkeiten der Entscheidungsträger abhängig zu machen.

Es steht dem Land Niedersachsen gut zu Gesicht, wenn das Bundesland, das den Kanzlerkandidaten stellt und damit die deutsche Politik des 21. Jahrhunderts einläuten will, dies auch für den Bereich der Integration behinderter Menschen ins Auge faßt!

Der Workshop zeigte, daß die Kreativität in der Erschließung von Dauerarbeitsplätzen für behinderte Menschen groß ist. Wir fordern daher, daß ab sofort neben dem vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung finanzierten Modellvorhaben in Niedersachsen bereits bestehende Integrationsfirmen, Beratungs- und Assistenzprojekte in ihrem Bestand erhalten und weiterentwickelt werden (z.B. Ausbau des Berufsbegleitenden Dienstes für sogenannte geistig Behinderte in Oldenburg). Aufgabe ist jetzt, den politischen Willen umzusetzen und jährlich 3 - 5 neue Integrationsfachdienste, o. ä. Projekte zu schaffen, so daß zum Ende der Legislaturperiode 20 - 25 Projekte behinderten Menschen die Chance bieten, in den allgemeinen Arbeitsmarkt eingliedert zu werden.

Wir verbinden mit der Vorlage dieser Broschüre, die den Workshop dokumentiert, die Absicht, einen Beitrag zur weiteren Diskussion vorzulegen und fordern alle Verantwortlichen zum Dialog auf.

Für das Niedersächsische Bündnis Unterstützte Beschäftigung

Karl Finke

Behindertenbeauftragter des Landes Niedersachsen

Horst Wendland

Sozialverband Reichsbund, Landesverband Niedersachsen

Horst Zimmermann

LAG Gemeinsam Leben - Gemeinsam Lernen

A: Einführung in das Tagungsthema

Warum müssen Menschen mit Behinderung auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten können? (Karl Finke)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

die Antwort auf diese Frage ist ganz einfach: Weil sie es wollen. Nun wollen bekanntermaßen viele Menschen vieles, ob sie es aber auch können, ist eine ganz andere Frage. So kann ich z. B. aufgrund der Tatsache, daß ich blind bin, nicht Auto fahren. Ich denke, das ist nachvollziehbar und unschwer zu verstehen. Also gut, ich bin blind und kann deshalb kein Auto fahren. Niemand käme heute auf die Idee, zu sagen, weil Du, Karl Finke, blind bist, kannst Du nicht arbeiten, jedenfalls nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Hier ist zu berücksichtigen, daß ich nicht von Geburt an blind bin, ich habe von Beginn meines Lebens an in einer Welt der Nichtblinden bzw. der Nichtbehinderten gelebt und mich daraus nach meiner Erblindung auch nicht verdrängen lassen. Ob und wie mein Lebensweg verlaufen wäre, wenn ich von Geburt an blind gewesen wäre, weiß ich nicht. Aber ich hätte es vermutlich wesentlich schwerer gehabt, eine qualifizierte Ausbildung und eine adäquate Arbeit zu finden.

Behinderte, besonders die sogenannten Schwerbehinderten, schließen wir fast automatisch vom allgemeinen Arbeitsmarkt aus und bieten ihnen als einzige Alternative die Werkstatt für Behinderte an, ohne daß wir wissen, ob sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Chance gehabt hätten. Wir können dies nicht wissen, weil sie es nicht probiert haben, wir ihnen keine Chance geboten haben, es auszuprobieren.

Ich komme noch einmal auf das Bild des blinden Autofahrers zurück. Wenn ich an meinem persönlichen Beispiel aufgezeigt habe, daß ein Blinder kein Auto fahren kann, so war das sprachlich unpräzise, ich hätte sagen müssen, daß ich kein Auto lenken kann. Ich z. B. fahre fast jeden Tag Auto, kreuz und quer durch Niedersachsen. Weil ich das Auto nicht lenken kann, fährt es ein anderer für mich. Der Fahrer assistiert mir sozusagen bei meiner Arbeit. Ich habe noch eine Assistentin, die mir die vielen Briefe, Erlasse und Resolutionen, die jeden Tag auf meinem Schreibtisch "landen", vorliest. Das, was für mich selbstverständlich ist, sollte auch für andere behinderte Menschen selbstverständlich sein, daß sie dort, wo es notwendig ist, Assistenz am Arbeitsplatz erhalten. Dabei gibt es noch einen wesentlichen Unterschied: Ich werde voraussichtlich bis an das Ende meiner Tage blind bleiben, werde also auf meine Assistenten für immer angewiesen sein. Für viele andere Behinderte gilt, daß sie nach einer gewissen Einarbeitungszeit, in der sie sehr viel Neues dazulernen, keine oder nur noch gelegentlich Assistenz benötigen.

Ich weiß aus meinen zahlreichen Gesprächen mit Betroffenen, daß nicht nur viele Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten wollen, sondern dies auch könnten, ggf. mit der notwendigen Unterstützung oder Assistenz durch Integrationsdienste. Dies belegt auch, daß 1996 3.055 Menschen durch Integrationsfachdienste betreut wurden und daß davon 877 ein Praktikum durchgeführt haben, 291 in einem Probe- oder befristeten Beschäftigungsverhältnis waren und 554 in Arbeitsverhältnissen arbeiteten, die länger als ein Jahr bestanden. Und dies alles auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Und weil dies so ist, verhalten wir uns gegenüber den Menschen mit Behinderung inhuman, weil wir ihnen wesentliche Entwicklungschancen verschließen.

Es gibt aber noch weitere Gesichtspunkte, warum wir uns inhuman verhalten, wenn wir Menschen mit Behinderungen nicht die Möglichkeit bieten, auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein zu können. Der eine liegt in der Verfassung begründet. Nach einer beispiellosen Kampagne, die in erster Linie von Betroffenen organisiert und getragen wurde, ist es gelungen, in die deutsche Verfassung ein Benachteiligungsverbot aufzunehmen:

"Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden".

In einer Industriegesellschaft, oder nennen wir es Arbeitsgesellschaft, ist die Teilhabe an der Arbeitswelt ungeheuer wichtig. Ich erinnere hier an die Niedersächsische Fachkommission Behinderte, die in ihren "Leitlinien und Empfehlungen zur Behindertenpolitik in Niedersachsen" ausgeführt hat:

"Berufliche Tätigkeit als kontinuierliche Erwerbschance zur Sicherung des Lebensunterhaltes ist ein wesentliches Teilziel auf dem Weg zur vollen gesellschaftlichen Teilhabe in unserer Gesellschaft. Neben der ökonomischen Sicherung durch die Ewerbs- tätigkeit resultieren aus der Teilhabe am Erwerbsleben wichtige Anteile unseres Selbstwertgefühles und der sozialen Anerkennung. Insofern hat die Arbeit auch erhebliche soziale Funktionen."

Und in der Tat, ich lerne durch meine Tätigkeit ungeheuer viele Leute kennen, mal rede ich mit der Beschäftigtenvertretung einer WfB, anschließend z. B. mit Mitgliedern der Selbsthilfegruppe Frauen nach Krebs und dann vielleicht mit den Besuchern einer Kontaktstelle für psychisch Behinderte. Ich rede aber auch regelmäßig mit Ministerinnen und Ministern der Landesregierung und mit Funktionärinnen und Funktionären der großen Sozialverbände. Alle haben unterschiedliche Vorstellungen, Ideen und Erwartungen, und bei jedem dieser Gespräche lerne ich eine Menge dazu.

Von meiner Ausbildung her bin ich u. a. Diplompädagoge. Die Vorstellung, immer nur mit Diplompädagogen zu reden, erfüllt mich, das gebe ich zu, nicht mit allzu viel Freude. Bei Behinderten in der WfB hinterfragt dies aber keiner. Hier wird das als normal angesehen, was nicht normal ist.

Und noch eins, ich kann von dem Geld, das ich verdiene gut leben. Bei Beschäftigten in der Werkstatt für Behinderte ist das in der Regel nicht der Fall.

Unter Beachtung der Einschränkungen, die wir Menschen mit Behinderungen zumuten, wenn wir sie nicht am allgemeinen Arbeitsmarkt beteiligen, war die damalige Entscheidung, die berufliche Eingliederung schwerbehinderter Menschen ausschließlich über die Werkstatt für Behinderte zu versuchen, ein möglicher Weg, aber nicht der einzige. Daß weitere Wege erforderlich sind, belegen auch die Zahlen der aus der Werkstatt heraus in den allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelten Behinderten. Sie liegen bei unter 1 % der in den Werkstätten beschäftigten behinderten Menschen.

Fehler kann man korrigieren. Sind sie einmal erkannt, muß man sie sogar korrigieren. Für viele Betroffene stellt die Tatsache, daß sie trotz ihres Wunsches keine Möglichkeit erhalten, sich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu versuchen, eine Benachteiligung dar. Da diese Benachteiligung laut unserer Verfassung, übrigens auch der niedersächsischen, nicht bestehen darf, diskriminieren wir Behinderte, wenn wir ihnen die Chance nicht erschließen, sich außerhalb der Werkstatt zu erproben. An dieser Stelle sei betont, daß ich nicht gegen die Werkstatt bin, insbesondere wenn sich Behinderte nach einer Erprobung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für diese entscheiden. Dies ist ihr gutes Recht. Aber ich bin dagegen, daß wir Behinderten diese Wahlmöglichkeiten gar nicht erst gewähren.

Ich will noch drei weitere Aspekte kurz streifen, warum ich glaube, daß es unverzichtbar ist, jedem Behinderten, der dies wünscht, die Möglichkeit zu geben, sich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erproben.

1.

Wir haben mehr als 20 Jahre gebraucht, um das Normalisierungsprinzip als das bestimmende Moment in der Behindertenarbeit in das Bewußtsein zu rücken. Das Prinzip der Normalisierung besagt, daß behinderte Menschen die gleichen Möglichkeiten zur Lebensgestaltung und Entfaltung haben müssen, wie diese in unserer Gesellschaft üblich sind. Und üblich ist eben nicht, in die Sonderinstitution "Werkstatt für Behinderte" zu gehen, wie dies rund 155.000 behinderte Menschen tun. Üblich ist es, einer Beschäftigung nachzugehen, die nach Möglichkeit den Lebensunterhalt abdeckt. Dies trifft in Deutschland übrigens auf 36 Mio. Erwerbstätige zu.

2.

Wer in der Werkstatt für Behinderte arbeitet, ist in der Regel auf Sozialhilfe angewiesen. Es ist aber im hohen Maße diskriminierend, wenn wir einem großen Teil der behinderten Menschen gleich von vornherein den Weg in die Sozialhilfe mit Bedürftigkeitsprüfung und allem, was dazugehört, aufzeigen, ohne ihnen die Chance zu geben, zumindest zu versuchen, ihren Lebensunterhalt (wenn vielleicht auch nur teilweise) selbst zu erwirtschaften. Es fördert das Selbstwertgefühl der Betroffenen, wenn sie in einem "normalen" Betrieb mit "normalen" Kolleginnen und Kollegen und einem zumindest vergleichbaren Einkommen, wie dies andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Betriebes erzielen, arbeiten. Wer gibt uns das Recht, ihnen dies zu verwehren?

3.

Mittelfristig entstehen für die Schaffung von Arbeitsassistenz-Zentralen keine höheren Kosten als dies für vergleichbare Plätze in einer WfB der Fall wäre. Alle vorliegenden Berechnungen, z. B. die des Landeswohlfahrtsverbandes Württemberg-Hohenzollern, der Hamburger Arbeitsassistenz oder der Philips-Universität in Münster, belegen, daß die Arbeitsassistenzen kostengünstiger arbeiten, als dies bei einer Unterbringung in einer WfB der Fall ist. Dabei ist dann noch zu berücksichtigen, daß die Kosten für die Beschäftigten einer WfB in der Regel bis zum Ausscheiden des Behinderten aus dem Arbeitsprozeß durch Erreichen des Rentenalters entstehen, bei der Arbeitsassistenz die Betreuung am Arbeitsplatz nach einer angemessenen Zeit aber eingestellt oder zumindest wesentlich eingeschränkt werden kann.

Der die eigenständige Lebensführung fördernde Weg ist die Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Und er ist in der Regel so gar kostengünstiger als die Unterbringung in einer WfB.

Abschließen will ich meine Überlegungen mit einem Blick auf den von so vielen Menschen mit Behinderung angestrebten allgemeinen Arbeitsmarkt. Dieser befindet sich in einer revolutionär zu nennenden Umstrukturierung, und niemand kann zur Zeit mit Sicherheit sagen, wo diese Entwicklung hingeht. Eins ist sicher, die Gesellschaft wird sich verändern, und wir müssen uns Gedanken darüber machen, wie wir in einer veränderten Gesellschaft zukünftig Solidarität organisieren wollen. Wenn wir uns diesen Fragen nicht stellen, werden sie von denen beantwortet und entschieden, die mit Vehemenz den Umbau der Gesellschaft betreiben, um Lohnnebenkosten, also Sozialbeiträge, zu sparen. Der bereits jetzt in der Krankenversicherung begonnene Weg, daß die Kranken für die Kranken zahlen, daß die Leistungen immer mehr eingeschränkt, aber dafür teurer werden, auf die Sozialhilfe übertragen, macht aus ihr eine "Versicherung der Armen" durch die Armen und wird nicht einmal mehr das Existenzminimum sichern. So darf die Lösung nicht aussehen. Welche Lösung wir aber wollen, darüber muß der Diskussionsprozeß jetzt beginnen, gerade auch bei den aktiven Bürgerinnen und Bürgern, die sich für die berufliche Integration behinderter Menschen einsetzen.

In der Zwischenzeit ist es wichtig, möglichst vielen behinderten Menschen, die dies wollen, die Möglichkeit zu bieten, einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erhalten. Dafür ist der weitere und beschleunigte Ausbau der Integrationsfachdienste nach meiner Einschätzung unabdingbare Voraussetzung. Hinter dieser Überlegung steckt die Hoffnung, daß behinderte Menschen, wenn sie im Arbeitsleben zur Normalität werden, im bereits begonnenen Prozeß der Umgestaltung der Gesellschaft nicht einfach vergessen und/oder abgeschoben werden können. Ich bin sicher, daß es auch in einer umgestalteten Gesellschaft gelingen wird, Arbeitsplätze für behinderte Menschen zu schaffen. Je eher wir jedoch die Diskussion darüber, wie dies gelingen kann, beginnen, um so besser sind ihre Chancen.

So wie ich mir für mich nicht wünsche, in einem Betrieb zu arbeiten, in dem nur Blinde oder nur Behinderte arbeiten, weil dies nicht die Normalität ist, gilt dies auch für andere. Deshalb begrüße ich es, daß in Niedersachsen das heute als Veranstalter auftretende "Niedersächsische Bündnis Unterstützte Beschäftigung" dafür kämpft, den Willen vieler behinderter Menschen, die Möglichkeit zu erhalten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten, endlich auch in Niedersachsen Realität werden lassen will.

Ich gehe davon aus, daß die Nds. Landesregierung die gerade vorgetragene Regierungserklärung von Ministerpräsident Schröder als eigenen politischen Auftrag betrachtet und die Ankündigung, "die Landesregierung wird ... darauf achten, daß die Quote der Schwerbehinderten im Landesdienst weiter gesteigert wird. Die verstärkte Integration Behinderter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt werden wir schrittweise vorantreiben. Schwerbehinderte Frauen und Jugendliche werden bevorzugt berücksichtigt, denn sie sind in besonderem Maß von Arbeitslosigkeit betroffen", in fünf Jahren in allen Regionen Niedersachsens gesellschaftliche Wirklichkeit geworden ist.

Uns gemeinsam wünsche ich bei der Umsetzung dieser und weiterer politischer Ziele Mut, Durchhaltevermögen und viel Erfolg.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Der Übergang von der Schule in den Beruf (Jörn Möller)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

der Übergang von der Schule in den Beruf stellt sich für die Absolventen unseres gegliederten Sonderschulwesens durchaus nicht einheitlich dar. Ich werde versuchen, die unterschiedliche Ausgangsposition für die jungen Leute darzustellen und einige Beispiele nennen, wo Schulen, Ausbilder und Eltern darauf reagieren und versuchen, die damit verbundenen Schwierigkeiten aufzufangen. Auf eine ausführliche Darstellung dieser Ansätze kann ich hier verzichten, weil das an anderer Stelle des Programms geleistet wird. Außerdem wird es keine vollzählige Aufzählung geben.

1. Schulabgänger der Schule für Geistigbehinderte

Diese Schüler und Schülerinnen verlassen die Schule in der Regel frühestens nach dem 12. Schulbesuchsjahr. Sie haben damit ihre Schulpflicht erfüllt. Die Aussagen, für wie viele von ihnen eine Beschäftigung auf dem allge- meinen Arbeitsmarkt in Frage kommt, gehen weit auseinander. In Württemberg-Hohen-zollern ist beispielsweise von 15% die Rede, während aus Baden berichtet wird, daß im Schwarzwald-Baar-Kreis von 1979 bis 1991 36,2% aller Schüler und Schülerinnen aufgrund der Bemühungen der Eingliederungsinitiativen auf eine Beschäftigung im all-gemeinen Arbeitsmarkt vorbereitet wurden. Wie hoch auch immer die Zahl derer angenommen wird, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unterkommen können, bleibt doch immer die Frage, was geschieht mit den anderen, welche Möglichkeiten werden ihnen geboten. In keinem der mir bekannten Projekte in Niedersachsen ist daran gedacht, daß alle Absolventen einer Schule für Geistigbehinderte an der vorgesehenen Berufsausbildung teilnehmen. So wird auch in Zukunft die WfB ihre große Bedeutung haben.

Ein großes Problem der Eingliederung unserer Jugendlichen besteht darin, daß in Niedersachsen in der Regel darauf geachtet wird, welche Qualifikationen für eine bestimmte definierte Berufstätigkeit erforderlich sind, und daß daraufhin die Jugendlichen ausgesucht werden, denen man zutraut, diese Qualifikationen zu erreichen. Das liegt an der deutschen Art, Berufe und Ausbildungen zu ordnen und durch Kammern u.a. zu überwachen. Dabei wäre es m.E. viel sinnvoller, andersherum vorzugehen und zu gucken, was können denn unsere Jugendlichen leisten, und gibt es "Anwendungsfelder" für diese Leistungen, die nicht unbedingt mit einer bestandenen normierten Abschlußprüfung erreicht werden müssen.

Beispiele für eine gelungene Eingliederung von Absolventen von Schulen für Geistigbehinderte finden wir in der Zusammenarbeit der Janusz-Korczak-Schule in Springe und der Berufsbildenden Justus-von-Liebig-Schule in Hannover, wo die Jugendlichen zu Helfern und Helferinnen im Gartenbau ausgebildet werden. Die Vorbereitung der jungen Leute beginnt schon in der Abschlußstufe der Schule für Geistigbehinderte. Die Schule sucht diejenigen Schülerinnen und Schüler aus, die ihr für eine Helfer- und Helferinnen-Ausbildung geeignet erscheinen. Im Rahmen einer Kooperation zwischen der SfGb und der BBS werden die Schülerinnen und Schüler der Janusz-Korczak-Schule wöchentlich regelmäßig in der Fachpraxis des Berufsgrundbildungsjahres Agrarwirtschaft (Neigungsgruppe Gärtnerinnen und Gärtner) der Justus-von-Liebig-Schule unterrichtet.

Eine dreijährige Ausbildung schließt sich an. Ähnlich ist ein Ausbildungsgang zum hauswirtschaftlich-technisch-en Betriebshelfer geplant, der in Kooperation zwischen der Wilhelm-Schade-Schule und der BBS 7 in Hannover entsteht. Die Ausbildungszeit be-trägt hier zwei Jahre.

In Osterholz-Scharmbeck läuft ein Innovationsprojekt zur Qualifizierung junger Menschen mit einer geistigen Behinderung im Versorgungs-bereich. Die Ausbildung zielt darauf, daß die jungen Menschen am Ende des Bildungs-gangs einen einfachen Arbeitsplatz im hauswirtschaftlichen Versorgungsbereich ausfüllen können. Die Auswahl unter den Absolventen der Schule für Geistigbehinderte erfolgt durch die Lehrkräfte der BBS und der SfGb nach der Kooperation in der Abschlußstufe, an der noch alle Schülerinnen und Schüler teilnehmen.

Die meisten Absolventen der Schule für Geistigbehinderte wird weiterhin die WfB aufnehmen. Damit sie die Aufgabe der Vorbereitung behinderter Jugendlicher auf die Arbeitswelt effektiver erfüllen kann, wurde in Northeim ein erstes Modellprojekt "Ambulantes Arbeitstraining" gestartet. Ein behinderter Jugendlicher soll dort zunächst 6 Monate im Arbeitstrainingsbereich der WfB eine Vorbereitung erfahren, die es ihm dann möglich macht, die restlichen 18 Monate, nachdem ein Fachausschuß darüber entschieden hat, in Begleitung eines Fachdienstes der WfB an Praktika in entsprechenden Betrieben teilzunehmen. Ziel dieser Betriebspraktika soll es sein, diese in ein festes Arbeitsverhältnis umzuwandeln.

Einen Berufsbegleitenden Dienst gibt es schon in Oldenburg. Den wird Frau Sander heute nachmittag vorstellen.

2. Schulabgänger der Schulen für Lernhilfe

Die Absolventen dieser Schulen haben ihre Schulpflicht noch nicht erfüllt. Sie werden ja nach dem 9. oder 10. Schuljahr entlassen, und die Schulpflicht beträgt 12 Jahre. Sie kann aber auch mit dem Besuch eines Vollzeit-Berufsschuljahres - also BGJ oder BVJ - erfüllt werden. In der Regel finden diese Jugendlichen heute keinen Ausbildungsplatz, und die wenigsten von ihnen sind in der Lage, die Anforderungen zu erfüllen, die eine Ausbildung in einem Lehrberuf an sie stellt. Obwohl ihre "Behinderung" mit dem Besuch der allgemeinbildenden Schule offiziell "endet", finden wir viele von ihnen in Berufsbildungs- und -förderungs-werken oder in der WfB wieder. Ich frage mich, ob das richtig sein kann. Auch hier gilt es, nach Alternativen zu suchen.

An der BBSII in Goslar-Baßgeige wurde für Schülerinnen und Schüler, die durch den normalen BVJ-Unterricht überfordert und im Arbeits-trainingsbereich der WfB unterfordert wären, eine besondere Klasse im Rahmen des BVJ eingerichtet. In dieser Klasse werden die Schülerinnen und Schüler ihren Fähigkeiten entsprechend angemessen unterrichtet und betreut und werden fast alle anschließend so beruflich eingegliedert, wie es ihrem Niveau entspricht. Ihr Weg wird so weit wie möglich begleitet vom Arbeitsamt Goslar.

An mehreren Standorten in Niedersachsen gibt es in den Berufsbildenden Schulen die dreijährige Ausbildung zum Helfer/zur Helferin in der Hauswirtschaft.

Für viele ehemalige Schüler und Schülerinnen der Schulen für Lernhilfe geht der Weg aber über das normale BVJ direkt zum Sozialamt.

3. Absolventen aus Integrationsklassen

Integrationsklassen werden an allgemeinbildenden Schulen in Niedersachsen höchstens bis zum 10. Schul-jahr geführt. Bis heute ist völlig ungeklärt, wo die behinderten Absolventen aus diesen Klassen ihre weitere Schulpflicht erfüllen sollen. Zwar gab es für zwei Klassen in Stade und in Göttingen die Genehmigung, im BVJ integrativ zu arbeiten, aber weder die Sonderpädagogen noch die Berufsbildner im MK sehen in den Berufsbildenden Schulen die geeigneten Institutionen, die die Integration fortsetzen sollen. Es ist aber auch nicht erkennbar, daß an irgendwelchen Alternativen gearbeitet würde. Hier sind noch viele Kämpfe zu bestehen, um einen Übergang von der integrativen Beschulung zu einer Integration in die Arbeitswelt zu schaffen. Nach dem BVJ heißt es auch für die Eltern der Absolventen der ersten Integrationsklassen, Ideen, Alternativen zur WfB, zu entwickeln und umzusetzen, wie es die Buxtehuder Eltern hier vorstellen werden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit

Die Realität auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (Miranda Chrestin)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

das Niedersächsische Bündnis Unterstützte Beschäftigung wurde am 3. Dezember 1997 gegründet. Es ist eine Initiative, die aus der Elternbewegung zur Integration behinderter Kinder in die Regelschule erwachsen ist. Es ist ein loser Zusammenschluß von Elterninitiativen, Einzelpersonen und Verbänden. Die Mitgliedschaft im Bündnis steht jedem offen.

Durch das Modellvorhaben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, "Integrationsfachdienste und Beschäftigungs-/Integrations-projekte zur Eingliederung Schwerbehinderter in das Arbeitsleben", hat das Niedersächsische Bündnis Unterstützte Beschäftigung eine besondere politische Aktualität gewonnen, über die wir uns freuen. Wir gratulieren den beiden Projekten, die aufgrund der Vorauswahl durch die Länder von der Niedersächsischen Landesregierung favorisiert und durch den Beirat für die Rehabilitation Behinderter beim BMA am 21. April den Zuschlag für ihren Förderantrag erhalten haben. Dies sind

für den Integrationsfachdienst

das Netzwerk Wolfsburg e.V. mit dem Arbeitstitel "Konzentration des Integrationsfachdienstes auf einen in der Region dominanten Arbeitgeber" (VW AG)

und

für die Beschäftigungs-/Integrationsprojekte

die EX + Job und Freizeit GmbH, Wunstorf, mit dem Projekttitel:

  • Gründung einer Integrationsfirma, in der vornehmlich seelisch Behinderte beschäftigt/qualifiziert werden,

  • Erprobung der direkten, betrieblichen Kooperation zwischen Selbsthilfefirma und führendem Möbelhersteller (Möbelrecycling)

Wir wünschen diesen beiden Institutionen viel Erfolg bei ihrer Arbeit.

Für dieses Modellvorhaben zur Eingliederung Schwerbehinderter in das Arbeits- und Berufsleben, "Integrationsfachdienste und Beschäftigungs-/Integrationsprojekte", werden Mittel der Ausgleichsabgabe des Bundesministeriums für Arbeit für den Bereich der Integrationsfachdienste in Höhe von DM 35.896 Mio. und für den Bereich der Modellvorhaben Beschäftigungs-/Integrations-projekte in Höhe von DM 29.236 Mio. für die Zeit von 5 Jahren zur Verfügung gestellt. Die Ausschreibung des Modellvorhabens vom 31.12.1997 stieß auf große Resonanz. Nach den Angaben des BMA gingen 262 Anträge bei den Ländern ein. 16 Bundesländer leiteten 240 Anträge dem BMA zu. Für das Modellvorhaben wurden 16 Projekte für eine Förderung empfohlen.

Ohne die vom Beirat für Rehabilitation Behinderter befürworteten 16 Projekte, davon 8 Integrationsfachdienste, sind zur Zeit 130 Fachdienste bundesweit tätig, 80 Vermittlungsdienste, die den Werkstätten für Behinderte angegliedert sind, und 200 sogenannte Integrationsfirmen.

Diese Einrichtungen werden aus Mitteln der Ausgleichsabgabe der Länder und des Europäischen Sozialfonds finanziert, nur in einem Fall (in Wiesbaden) aus Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit. Die Vermittlungsdienste der Werkstätten finanzieren sich aus Mitteln der überörtlichen Träger der Sozialhilfe.

Ausgleichsabgabe

Nach § 5 SchwbG haben Arbeitgeber, die über mindestens 16 Arbeitsplätze verfügen, auf wenigstens 6 % der Arbeitsplätze Schwerbehinderte zu beschäftigen. Werden diese Pflichtplätze nicht besetzt, sind monatlich für jeden nicht besetzten Pflichtplatz vom Arbeitgeber 200 DM Ausgleichsabgabe zu zahlen (§ 11 SchwbG).

Die Forderung der Arbeitgeberverbände zur Reduzierung der Pflichtplätze von 6 auf 5 erscheint aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit absurd. Der Sozialverband fordert die Erfüllung der Pflichtquote durch die Arbeitgeber, eine drastische Erhöhung der Ausgleichsabgabe und die Streichung der steuerlichen Absetzbarkeit. Eine schleichende Abkehr des in Bundesgesetzen verankerten hohen Stellenwertes der beruflichen Integration von Behinderten in die Arbeitswelt, würde auch mit dem Grundgesetzartikel 3 Abs. 3 "behinderte Menschen dürfen nicht benachteiligt werden" kollidieren.

Die Entwicklung der Beschäftigungsquote verlief bundesweit seit 1980 mit 5,5 % über 5,9 % 1982 kontinuierlich abwärts bis auf 3,9 % 1996. 76 % aller Arbeitgeber mit 82 % aller Arbeitsplätze kommen ihrer Beschäftigungspflicht nicht nach.

Von den Mitteln der Ausgleichsabgabe, die 1996 bundesweit DM 1.015 Mrd. betrug, verbleiben 55 % bei den Hauptfürsorgestellen der Länder und 45 % stehen dem beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung eingerichteten Ausgleichsfond für überregionale Maßnahmen zur Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft zur Verfügung. Von diesen 45 % werden 50 % der Bundesanstalt für Arbeit zur besonderen Förderung der Einstellung und Beschäftigung Schwerbehinderter überwiesen. Mit dem verbleibenden Teil der Ausgleichsabgabe fördert der Ausgleichsfond des Bundesministeriums für Arbeit überregionale Aufklärungs-, Fortbildungs- und Forschungsmaßnahmen zur Weiterentwicklung der Arbeits- und Berufsförderung Schwerbehinderter sowie überregionale Rehabilitationseinrichtungen insbesondere Berufsbildungs- und Berufsförderungswerke sowie Werkstätten für Behinderte und deren Wohnstätten. Rund die Hälfte der Ausgleichsabgabemittel wird für die institutionelle Förderung ausgeben. Mittel der Ausgleichsabgabe sollen jedoch vorrangig zur Förderung des Arbeits- und Ausbildungsplatzangebotes sowie für Leistungen der begleitenden Hilfe zur Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt ausgegeben werden und Integrationsdienste und -firmen gehören unserer Auffassung nach dazu.

Psychisch Behinderte und Lernbehinderte sind besonders auf das Angebot der Integrationsdienste und -firmen angewiesen, haben aber, wenn sie als Schwerbehinderte nicht anerkannt sind, keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SchwerbG und der Ausgleichsabgabenver-ordnung, solange diese Dienste und Firmen aus Mitteln der Ausgleichsabgabe gefördert werden. Die Zuhilfenahme von sogenannten Ersatztatbeständen ist keine dauerhafte Lösung. Andere Träger der Rehabilitation wie die Bundesanstalt für Arbeit und die Rentenversicherung müssen in die Verantwortung mit einbezogen werden. Das Rehabilitationsrecht müßte ent-sprechend ergänzt werden.

Auch würde eine Änderung im Schwerbehindertenrecht schon kurzfristig wesentlich Abhilfe schaffen, wenn die Schwelle der Gleichstellung nach § 2 SchwbG mit einem GdB von derzeit 30 auf 20 gesenkt würde. Grundsätzlich sollte das Schwerbehindertenrecht für alle Menschen mit Behinderungen geöffnet werden, die wegen besonderer Betroffenheit auf die besonderen Leistungen, Hilfen und Schutzvorschriften des SchwbG angewiesen sind.

Die Zusammenfassung der nach dem Rehabilitations-, Schwerbehinderten- und Tei-len des Renten-, Kranken-, und Unfallversicherungsrechts gewährten Leistungen in einem neuen Sozialgesetzbuch IX wird angestrebt, aber auch kontrovers diskutiert, da es zu Leistungsein-schränkungen kommen könnte.

Eine Finanzierung durch andere Träger der Rehabilitation, insbesondere durch die Bundesanstalt für Arbeit und die Rentenversicherung, wäre durchaus schon nach bestehender Gesetzeslage möglich!

Arbeitsmarktinstrumente zur beruflichen Eingliederung Behinderter auf den allgemeinen Arbeitsmarkt in Niedersachsen

Auf die Fördermöglichkeiten im Rahmen des SGB III (Arbeitsförderungsgesetz), u.a. betriebsbedingte Einstellungshilfen (darunter der Eingliederungsvertrag, der Eingliederungszuschuß, Einstellungszuschuß bei Neugründungen, Aktion Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose, die teilweise im Rahmen der Eingliederung des Arbeitslosenreformgesetzes in das SGB III zum 1.1.1998 in Kraft traten), und auf die begleitenden Hilfen im Arbeits- und Berufsleben, die von der Hauptfürsorgestelle

in enger Zusammenarbeit mit der Arbeitsverwaltung und den übrigen Rehabilitationsträgern bewilligt werden, gehe ich nicht weiter ein, da sie bundesweit Anwendung finden.

Erlauben Sie mir nur einen Hinweis auf eine neue Bundesinitiative:

Um der stetig steigenden Anzahl der arbeitslosen Schwerbehinderten entgegenzuwirken, wurde die besondere Förderung der Einstellung und Beschäftigung Schwerbehinderter aus Mitteln der Ausgleichsabgabe, sogenannte FdE-Förderung, von der unbefristeten Förderung auf eine Förderung von befristeten Arbeitsverhältnissen ausgedehnt. Hierzu stellt der Ausgleichsfond beim Bun desministerium für Arbeit und Sozialordnung der Bundesan-stalt für Arbeit für die Durchführung des Modellvorhabens einen Betrag von insgesamt DM 100 Mio. zur Verfügung. Diese Richtlinie trat zum 1.4.1998 in Kraft.

Integrationsdienste in Niedersachsen

In Niedersachsen begleiten nur drei Integrationsdienste Behinderte in die Berufstätigkeit. Dies sind der Integrationsdienst beim Psychosozialen Dienst in Braunschweig (für sogenannte psychisch Behinderte), der seit ca. 7 Jahren tätig ist, ein Integrationsdienst mit gleicher Zielgruppe seit April 1996 in Göttingen. Seit April 1996 wird der berufsbegleitende Dienst für Schwerbehinderte (für sogenannte geistig Behinderte) in Oldenburg aus Mitteln der Ausgleichsabgabe in Höhe von DM 120.000 (für eine Personalstelle) finanziert. Dieser Fachdienst ist als Modellversuch für die Dauer von 3 Jahren angelegt.

Wenn ich den Blick in die anderen Bundesländer werfen darf, verteilen sich die Integrationsfachdienste etwa wie folgt (Angaben aus 1997 nach einer Erhebung der Bundesarbeitsgemeinschaft Unterstützte Beschäftigung):

Schleswig-Holstein

14 Dienste

Hamburg

3 Dienste

Niedersachsen/Bremen

3 Dienste

Nordrhein-Westfalen

49 Dienste

Hessen

29 Fachkräfte für Außenarbeitsplätze, 4 IFD

Baden-Württemberg

32 Dienste

Saarland

6 Dienste

Bayern

12 Dienste (incl. PSD)

Diese Übersicht zeigt deutlich auf, daß in der Förderung von Integrationsfachdiensten und Integrationsbetrieben für das Land Niedersachsen Handlungsbedarf besteht - besonders für die Zielgruppe der behinderten Schulabgänger, die aufgrund sonderpädagogischer Fördermaßnahmen besser qualifiziert sind und die sich zukünftig erhöhen wird.

Neue Wege in der Schul- und Ausbildung Behinderter in Niedersachsen hat Herr Möller in seinem Beitrag "Der Übergang von der Schule in den Beruf" soeben beschrieben.

Das 6. Sonderprogramm in Niedersachsen

Aus Mitteln der Ausgleichsabgabe finanziert das Land das zwischen dem 1.4.95 und 31.12.98 befristete regionale 6. Sonderprogramm zum Abbau der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter in Höhe von DM 12 Mio. Aus dem Sonderprogramm können Klein- und Mittelbetriebe gefördert werden, die arbeitslose Schwerbehinderte befristet beschäftigen, um ihnen das Einleben in Arbeitsgruppen und Betrieben, den Abbau von Leistungsdefiziten und eventuellen sozialen Schwierigkeiten zu ermöglichen. Die Belange der schwerbehinderten Frauen und Jugendlichen, die besonders unter der Arbeitslosigkeit zu leiden haben, werden vorrangig berücksichtigt.

Im Bearbeitungszeitraum 1.4.95 bis 31.12.97 wurden im Landesarbeitsamtbezirk Niedersachsen/Bremen nach dem 6. Sonderprogramm des Landes Niedersachsen und des Landes Bremen 480 Anträge bewilligt (darunter 162 Maßnahmen für Frauen und 321 Maßnahmen für Männer (421 Schwerbehinderte/52 Gleichgestellte). Nach Maßnahmenende wurden 166 Teilnehmer (43,23 %) arbeitslos, 218 (56,77 %) waren weiterhin beschäftigt und 96 Teilnehmer nahmen noch an der Maßnahme teil. (Zahlen bezogen auf Niedersachsen.)

Soziale Betriebe

Eine Besonderheit in der Förderlandschaft sind die Sozialen Betriebe in Niedersachsen.

Das Konzept der sozialen Betriebe wurde 1991 von der Regierungskoalition aus SPD und Grünen in Niedersachsen als neues arbeitsmarktpolitisches Instrument entwickelt. Zielgruppe sind Langzeitarbeitslose, darunter besonders Frauen, Ältere und Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen. In sozialen Betrieben werden neue und dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen, in denen Langzeitarbeitslose mit unbefristeten Arbeitsverträgen beschäftigt werden. Soziale Betriebe verstehen sich als eine Brücke, in reguläre Betriebe, gleichzeitig stellen sie aber eine Form der Existenzgründung für und mit Zielgruppen der Arbeitsmarktpolitik dar. Deshalb erheben sie auch den Anspruch, Bestandteil des regulären Arbeitsmarktes zu sein bzw. zu werden. Die berufliche Qualifizierung und sozialpädagogische Begleitung der Beschäftigten sowie eine degressive Förderung sollen dazu beitragen, die Produktivität der sozialen Betriebe nach und nach soweit zu erhöhen, daß sie nach einer fünfjährigen Förderungsperiode wirtschaftlich möglichst selbständig sind. Die Selbstfinanzierungsquote lag 1996 durchschnittlich bei 51,7 %. Die letzten offiziellen Zahlen der Landesgesellschaft zur Beratung und Information von Beschäftigungsinitiativen (LaBiB), die die Sozialen Betriebe initiiert und begleitet (Stand 1.1.1997), weisen aus, daß in 81 sozialen Betrieben, davon 16 neu gegründete Frauenbetriebe, 1.400 Dauerarbeitsplätze geschaffen wurden. Der Frauenanteil beträgt 35 %, die der beschäftigten Behinderten

36 %, davon Schwerbehinderte oder Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen 32 %.

Seit Inkrafttreten der neuen Förderrichtlinien zum 1.7.1997 können nicht nur ExistenzgründerInnen, sondern auch bereits bestehende Wirtschaftsunternehmen gefördert werden. Im Rahmen der Förderung durch den Europäischen Sozialfond (ESF) und der Gemeinschaftsinitiativen (GI) fließen DM 570 Mio. in den Jahren 1994 bis 1999 nach Niedersachsen, die in unterschiedlichen Programmen in Verbindung mit Landesmitteln der Beschäftigungs- und Qualifizierungsförderung Arbeitsloser in bestimmten Regionen dienen. Die LaBiB berät Maßnahmeträger.

Der finanzielle Aufwand all dieser Maßnahmen zur beruflichen Förderung Behinderter wird leider durch die Arbeitslosenstatistik in seiner Effektivität in Frage gestellt.

Statistik

  • In Niedersachsen leben 661.991 anerkannte Schwerbehinderte (3/98 Schwb-Statistik).

  • 6,6 Mio. Schwerbehinderte im Bundesgebiet, 8 % der Wohnbevölkerung (12/1996).

  • 1997 waren rund 196.260 arbeitslose Schwerbehinderte im Bundesgebiet gemeldet (11/97).

- Die spezifische Arbeitslosenquote Schwerbehinderter betrug im Oktober 1997 17,9 %, die Ist-Quote bei der Erfüllung der Beschäftigungspflicht liegt derzeit auf ihrem niedrigsten Stand von 3,6 %.

- Ende März 1998 waren in Niedersachsen 422.635 Menschen arbeitslos,

  • davon 18.859 Schwerbehinderte (4,46 %),

  • darunter 12.518 Männer

  • und 6.341 Frauen (LAA).

Das Niedersächsische Bündnis Unterstützte Beschäftigung vertritt den Ansatz, daß eine regionale, flächendeckende Lösung gefunden werden muß, die es der Zielgruppe ermöglicht, in den allgemeinen Arbeitsmarkt integriert zu werden. Das Bündnis gibt jedem noch so kleinen Gedankenansatz die notwendige Aufmerksamkeit und die Öffentlichkeit, auch über den heutigen Tag hinaus diskutiert zu werden. Die hier gezeigten Projekte und Gedankenkonstrukte sind oftmals laienhaft und nicht immer ausgereift. Sie sind jedoch kreativ und innovativ, weil sie aus der selbst erlebten Betroffenheit entstehen, daß es für die eigenen Kinder oder Klienten eine Alternative zur Werkstatt für Behinderte, zur Arbeitslosigkeit oder zur Frühverrentung geben muß.

Im Vorfeld dieses Workshops haben wir vergeblich den Dialog mit den im Landtag vertretenen Parteien gesucht. Das Niedersächsische Bündnis Unterstützte Beschäftigung zeigt heute exemplarisch einen möglichen Weg auf, wie aus der Privatinitiative einzelner die Beschäftigung von Behinderten gefördert werden kann. Wir fordern nunmehr die Landesregierung auf, sich mit uns und anderen Fachkompetenten an einen runden Tisch zu setzen. Wir möchten Projekt für Projekt diskutieren und ein Konzept erarbeiten, das den Bedürfnissen unserer Zielgruppe in der Region gerecht wird.

Wir fordern schon jetzt die Landesregierung auf, die Mittel der Ausgleichsabgabe in Niedersachsen gezielt für die Finanzierung

  • schon bestehender Integrationsfirmen zu verwenden,

  • die als BMA-Modell beantragten und nicht berücksichtigten Projekte zu fördern und

  • neue Modelle mit zu initiieren.

Die für die Änderung der Bundesgesetze notwendige Unterstützung wird das Bündnis der Landesregierung auch bundesweit zusagen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

B: Projektvorstellungen

Inhaltsverzeichnis

Gemeinsame Wege: Zusammenarbeit der Wilhelm-Schade-Schule (Sonderschule für Geistigbehinderte) und der Anna-Siemsen-Schule (Berufsbildungsschule) (Iris Achtenhagen, Gerd Bohl)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

wir freuen uns, Ihnen anläßlich der Arbeitstagung des "Nds. Bündnisses Unterstützte Beschäftigung" unser Konzept zur Ausbildung geistig behinderter Schulabsolventen/innen vorstellen zu können.

Seit zwei Jahren wird es von beiden beteiligten Schulen praktisch entwickelt. Die bisherigen Erfahrungen sind positiv und haben uns ermutigt, den bisher beschrittenen Weg weiterzugehen. Dabei haben wir uns ganz bewußt gegen einen Schulversuch entschieden, zumal es in einigen niedersächsischen Orten bereits ähnliche Schulversuche gibt. Vielmehr versuchen wir, normale und bekannte Wege schulischer Berufsausbildung in Zusammenarbeit mit Ausbildungsbetrieben so zu entwickeln, daß sie auch für Schüler der Schule für geistig Behinderte in einer Berufsschule begehbar werden. Wie das im einzelnen aussieht, stellen wir Ihnen im folgenden vor.

1. Beteiligte Schulen und Bezeichnung der Schulform

An der Ausbildung sind die BBS 7 und die Wilhelm-Schade-Schule beteiligt.

1. Ausbildungsjahr:

Berufsvorbereitungsjahr (BVJ 4) mit einem Berufsfeld (Hauswirschaft).

2. und 3. Ausbildungsjahr:

Berufsfachschule Hauswirtschaft.

2. Innovation

Geistig Behinderte sollen die Möglichkeit bekommen, nach Beendigung ihrer Schulpflicht nicht, wie üblich, in beschützenden Werkstätten ihre Ausbildung aufzunehmen, sondern eine Chance erhalten, an einer öffentlichen Schule in einem Fachbereich entsprechend ihrer Fähigkeiten ausgebildet zu werden. Sie sollen dadurch in die Lage versetzt werden, auf dem freien Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. In einer Findungsphase lernen die geistig Behinderten im Rahmen des Unterrichtsverbundes die BBS 7 kennen. Sie werden innerhalb eines Jahres einmal wöchentlich in Begleitung ihrer Lehrkraft im fachpraktischen Bereich der Hauswirtschaft an die Arbeit an einer berufsbildenden Schule gewöhnt. Die Auswahl geeigneter Schüler wird von der Wilhelm-Schade-Schule getroffen. Aus diesem Personenkreis werden dann für die Ausbildung geeignete Schüler, in Absprache mit den Lehrkräften der BBS 7, gefunden.

3. Dauer des Ausbildungsgangs und Aufnahmevoraussetzungen

Es handelt sich um eine dreijährige Ausbildung, an der geeignete Absolventen der Wilhelm-Schade-Schule teilnehmen können. Voraussetzung ist, daß die Schüler/innen in der Lage sind, die Schule mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.

4. Klassenstärke

Die Gruppenstärke umfaßt sechs bis acht Schüler/innen.

5. Lehrerqualifikation

Die zum Einsatz kommenden Lehrkräfte arbeiten seit vielen Jahren u. a. auch mit behinderten Jugendlichen und Erwachsenen. Außerdem besteht seit zwei Jahren ein Unterrichtsverbund mit der Wilhelm-Schade-Schule, den die auch in der Ausbildung einzusetzenden Lehrkräfte gestalten. Ein Teil des Unterrichts soll während der Ausbildung in Doppelbesetzung erteilt werden, und zwar mit einer Lehrkraft für Fachpraxis der BBS 7 und einer Lehrkraft der Wilhelm-Schade-Schule.

6. Stundentafel

1. Ausbildungsjahr - Unterrichtsfächer

  • Deutsch/Kommunikation, Politik, Sport, Religion = 7 Wochenstunden

  • Fachtheorie (Berufsfeld Hauswirtschaft) = 6 Wochenstunden

  • Fachpraxis (Berufsfeld Hauswirtschaft) = 18 Wochenstunden

  • Wahlpflichtarbeitsgemeinschaften = 4 Wochenstunden

  • Unterrichtsstunden pro Klasse und Woche = 35 Wochenstunden.

Im fachtheoretischen Unterricht werden fachpraktische Unterrichte ausgearbeitet und vertieft. Ein weiterer Schwerpunkt sollen die Bereiche Persönlichkeitsentwicklung und Öffentlichkeit sein.

Im ersten Ausbildungsjahr werden zwölf Stunden Fachpraxis an zwei Tagen und in ausgesuchten Betrieben absolviert. Es erfolgt eine intensive Betreuung der Schüler/innen und Begleitung der Betriebe seitens der Schule.

Im zweiten Ausbildungsjahr soll der Praxisanteil in Betrieben auf drei Tage pro Woche ausgedehnt werden. Die Betreuung der Schüler/innen ist auch dann gewährleistet.

2. Ausbildungsjahr - Unterrichtsfächer

  • Deutsch/Kommunikation, Fremdsprache/Kommunikation oder Wahlpflichtangebote (Politik, Sport, Religion) = 8 Wochenstunden.

  • Fachtheorie (mit den Lerngebieten Versorgung und Betreuung) = 10 Wochenstunden

  • Fachpraxis (mit den Lerngebieten Versorgung, Betreuung, Arbeitsorganisation) = 16 Wochenstunden.

  • Unterrichtsstunden pro Klasse und Woche = 34 Wochenstunden.

3. Ausbildungsjahr

in Vorbereitung.

7. Zeugnisse und Abschlußprüfungen

Die Schüler/innen erhalten im ersten Ausbildungsjahr ein BVJ-Zeugnis, im 3. Ausbildungsjahr ein Zeugnis der BFS-H. Beide werden ergänzt um eine Anlage, in der die individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schüler/innen beschrieben werden.

8. Ausblick

Ziel der Ausbildung ist die Übernahme in den Ausbildungsbetrieb. Für den Fall, daß dies nicht gelingt, soll ein Rückkehrrecht in die Werkstatt für Behinderte mit dem Niedersächsischen Sozialministerium vereinbart werden. Die Maßnahme und alle mit ihr verbundenen Fragen und Probleme wird begleitet durch einen Arbeitskreis, der sich zusammensetzt aus Vertreter/innen der beiden beteiligten Schulen, des Schulträgers, der Eltern, der Werkstätten für Behinderte in Hannover, der Bezirksregierung, des örtlichen Sozialhilfeträgers und der Industrie- und Handelskammer. Diese Zusammenarbeit hat sich als außerordentlich nutzbringend und sachdienlich erwiesen.

Die erste Gruppe der Wilhelm-Schade-Schule hat soeben ihre Findungsphase abgeschlossen und beginnt zum Schuljahresbeginn 98/99 mit dem 1. Ausbildungsjahr in der BBS und den Ausbildungsbetrieben. Eine Nachfolgegruppe wird vorbereitet, wobei auch eine Ausweitung auf weitere hannoversche Schulen angedacht wird. Die Möglichkeit des Kennenlernens weiterer Berufsfelder (z. B. Floristik, Gartenbau, Holzbearbeitung und andere) ist in Zusammenarbeit zwischen Sonderschulen und berufsbildenden Schulen im Rahmen eines "BBS-Sonderschulverbundes" gegeben.

DRM - Dienstleistungs- und Handelszentrum für Rehabilitation und Sanitätsbedarf (Thomas Bade, Bernd Siggelow)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

derzeit darf in der Bundesrepublik von einer spezifischen Arbeitslosenquote bei den Schwerbehinderten von rund 16 % ausgegangen werden. Dies entspricht einer absoluten Schwerbehindertenarbeitslosenquote von 180.000 Menschen.

Trotz bestehender Qualifizierungs-, Trainings- und Förderangebote reichen die derzeitigen Maßnahmen nicht aus, um diesen Personenkreis an den ersten Arbeitsmarkt heranzuführen.

Dieses resultiert u. a. nach unserer Meinung daraus, daß schwerbehinderte Arbeitnehmer/innen häufig unzureichend auf die Bedingungen des Arbeitsmarktes vorbereitet sind und werden.

Werkstätten für Behinderte beschäftigen zwar ein Potential von 3 bis 5 % ihrer Beschäftigten, die, nach Angabe der Bundesarbeitsgemeinschaft für Werkstätten, durchaus geeignet sein könnten, auf dem ersten Markt eine Beschäftigung zu finden, die hierbei parallel stattfindenden Maßnahmen der Werkstätten zur Vermittlung auf dem ersten oder auch geschützteren Arbeitsmarkt erscheinen allerdings bei weitem nicht ausreichend.

Bedingt durch die Struktur von Berufsförderungs- und Berufsbildungswerken gelingt es auch heute noch nicht ausreichend, dieses dort qualifizierte Potential erfolgreich am Arbeitsmarkt anzubieten bzw. eine entsprechende Anpassung an die tatsächlichen Arbeitsmöglichkeiten vorzunehmen.

Die Initiatoren dieses Projektes, die Nicolai Sanitätshäuser und Werkstätten GmbH und die Gemeinnützige Gesellschaft für integrative Sozialdienste mbH engagieren sich seit mehreren Jahren in der Qualifizierung und Beschäftigung von schwerbehinderten Arbeitnehmer/innen.

Die Nicolai Sanitätshäuser und Werkstätten GmbH erfüllen mit einer Schwerbehindertenquote von mehr als 10 % bei weitem die gesetzlichen Auflagen und sind mit diesem Projekt bemüht, dieses Engagement noch weiter auszubauen.

Die GIS ist seit nunmehr einem Jahrzehnt mit der Integration von Behinderten und Benachteiligten befaßt und hat, hier insbesondere in den vergangenen drei Jahren, ihre Bemühungen in der Qualifizierung von Behinderten im gewerblich-technischen Bereich und verwaltenden Bereich erheblich intensiviert. Der Schwerbehindertenanteil der GIS beträgt nach dem heutigen Stand 12 %.

Die Initiatoren sind über gesellschaftsrechtliche Verbindungen an der gemeinsamen Entwicklung von zukunftsweisenden Projekten in einem wachsenden Dienstleistungsmarkt interessiert und engagiert. Aus der Erfahrung beider Unternehmen darf resultiert werden, daß bei kritischer Überprüfung der erfolgreichen Integrationsbemühungen häufig festgestellt werden mußte, daß die schwerbehinderten Arbeitnehmer/innen über nicht ausreichende Arbeitskompetenzen im technischen, sozialen und verwaltenden Bereich verfügen.

Selbst nach der Teilnahme an Maßnahmen von Berufsförderungswerken oder entsprechenden Förderkursen von Werkstätten muß festgestellt werden, daß mit den dort vermittelten Kenntnissen und Fertigkeiten nur mit einem hohen Personal- und Sachaufwand eine Integration in ein am freien Markt operierendes Unternehmen möglich ist.

Mit diesem Projekt möchten wir, in Form eines neu gegründeten Unternehmens der Firma, eine Möglichkeit für Behinderte schaffen, ihre unterschiedlichen Arbeits- und Sozialkompetenzen realitäts- und wettbewerbsnah zu erproben, zu manifestieren und weiter zu entwickeln.

Unser Modellprojekt bietet in seinen Qualifizierungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten unterschiedliche Schwerpunkte in den Bereichen Administration und technische Tätigkeiten an. Alle Qualifizierungs- und Beschäftigungsbereiche unterliegen entsprechenden Arbeits- und Förderplänen, die eine systematische Vorbereitung auf eine Beschäftigung unterstützen. Aus diesem Grund will sich die Firma DRM als Dienstleistungszentrum in Hannover etablieren, um Tätigkeitsmöglichkeiten in den Bereichen Verwaltung, Lagerung, Montage und Demontage von Hilfsmitteln, Vertriebssystembau, Trockenbau und Gebäudeservice anzubieten.

Die Initiatoren werden zu diesem Zweck ihre schon lang erprobten Beschäftigungserfahrungen in die neu gegründete GmbH einbringen. Neben der Vermittlung von Arbeits- und Sozialkompetenzen streben wir mit diesem Projekt weiter eine breite Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit den uns vorhandenen Kontakten zu heimischen und überregionalen Dienstleistungsanbietern an und planen hierbei eine intensive Kooperation mit dem im Aufbau befindlichen Integrationsfachdienst in der Stadt Hannover.

Über die konkrete Arbeit und Ziele werden wir Sie anhand der folgenden Folien nunmehr informieren.

Folie 1: Integration durch Qualifikation

  • Ausbildung

  • Training on the Job

  • Umschulung

  • Weiterbildung

Folie 2: Für wen?

  • Schulabgänger/-innen

  • Mitarbeiter/-innen aus Werkstätten

  • Langzeitarbeitslose Schwerbehinderte

  • Schwerbehinderte Sozialhilfeempfänger/innen

Folie 3: Ausbilden / Qualifizieren

  • Unterschiedliche Qualifizierungs- und Ausbildungsangebote für individuelle Qualifizierungs- und Ausbildungswünsche

Folie 4: Individuelle Qualifizierungsrahmenpläne

  • Rehabilitationsmechaniker/-helfer

  • Administrationsfachkraft Rehabilitationstechnik, bzw. Büroanlernling

  • Qualifizierung zu Handelsfachpacker, Fachpackerhelfer/-in

  • Qualifizierung zum Messebaumontagehelfer

  • Qualifizierung zum Messebaumonteur

Folie 5: Das Dienstleistungsspektrum der DRM GmbH

  • Servicefreundliche Bearbeitung von Kundenwünschen

Folie 6: Kundenmanagement

  • Reparaturplanung

  • Ersatzgstellung

Folie 7: Hol- und Bringservice

  • Direkte Abholung des Hilfsmittels aus der Wohnung nach den zeitlichen Wünschen desKunden

Folie 8: Hilfsmittelpool

  • Einlagerung nicht benötigter Hilfsmittel

  • Ersatzgestaltung während der Reparaturzeit

  • Sachgerechte Einlagerung

Folie 9: Demontage, Montage

  • Fachgerechte Fehleranalyse

  • Demontage fehlerhafte Segmente

  • Montage von Ersatzteilsystemen

  • Funktions- und Endkontrolle

Folie 10: Auslieferung

  • Transfer des Hilfsmittels

  • Funktionsprüfung vor Ort

  • Aufnahme weiterer Kundenwünsche

Folie 11: Messebau und Gebäudeservice

  • Gestaltung von Systemständen von 20 - 100 qm

Folie 12: Messebau und Gebäudeservice

  • Durchführung von Reparaturarbeiten im häuslichen und gewerblichen Bereich

  • Anfertigung von Bauelementen

Folie 13: Trockenbau

  • Demontage von Wandsystemen

  • Neumontage von Wandsystemen

  • Montage neuer Deckenverkleidungen

  • Dämmmarbeiten

Folie 14: Tapezierren und Renovieren

  • Ablösung von Wandbeschichtungen

  • Verspachteln und Glätten

  • Tapezieren

  • Streichen

  • Lackieren

Folie 15: DRM - Ein geschlossenes Konzept

  • Vermittlung von Arbeits- und Sozialkompetenzen

  • Begelitende arbeitspädagogische Maßnahmen durch ein Fachteam

Folie 16: DRM - Wir wollen!

  • Andere Wege der beruflichen Qualifikation für behinderte Menschen eröffnen

  • eine Alternative zu herkömmlichen Modellen sein

  • neue Arbeitsplätze schaffen

Folie 17: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

 

Integrationsfachdienst für psychisch Kranke und seelisch Behinderte im Netzwerk regionaler Kooperation (Jochen Becker, Heinz Walczak)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

der Gesetzgeber sieht eine Vielzahl von Maßnahme- und Fördermöglichkeiten zur Eingliederung behinderter Menschen in die Arbeitswelt vor. Das Spektrum reicht von Arbeitstherapie und Belastungserprobung, die der medizinischen Rehabilitation zuzurechnen sind, über Arbeits- training, berufliche Anpassung, Umschulung und Fortbildung als Teil beruflicher Rehabilitation. Hinzu kommen finanzielle, personelle und sächliche Unterstützung bei Aufnahme einer Beschäftigung oder zur Integration auf einen beschützten oder teilbeschützten Arbeitsplatz.

In der Region Osnabrück (Stadt und Landkreis Osnabrück) gibt es zur Umsetzung der vom Gesetzgeber vorgesehenen Möglichkeiten zahlreiche Einrichtungen und Dienste[1], die seit Jahren im Rahmen ihres Auftrages bewährte Arbeit leisten und ein abgestuftes und aufeinander abgestimmtes System zur Förderung, insbesondere psychisch Kranker und seelisch Behinderter, vorhalten.

Im Bereich der medizinischen Rehabilitation ist beispielhaft das "Arbeitsdiagnostische Zentrum" am NLKH Osnabrück zu nennen u.a. mit der Möglichkeit zur Belastungserprobung unter betrieblichen Bedingungen in Form von begleiteten Betriebspraktika.

Des weiteren ist zu nennen das "Rehabilitationszentrum am Hesselkamp", eine Einrichtung zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation, welche im Bereich der Hilfen zur Arbeit mittlerweile über zahlreiche Kooperationsbeziehungen zu Osnabrücker Betrieben, Verwaltungs- und Dienstleistungseinrichtungen verfügt und diese zur Umsetzung der individuell ausgerichteten Reha-Maßnahmen nutzt.

Die "Gemeinnützigen Werkstätten des Osnabrücker Landes GmbH" (OSNA-Technik I - III) sowie die "Bersenbrücker Gemeinützigen Werkstätten GmbH" versuchen ihren Mitarbeitern laufend durch Betriebspraktika Erfahrungen unter Beding-ungen des allgemeinen Arbeitsmarkes zu vermitteln.

Von den Verantwortlichen und Mitarbeitern dieser Einrichtungen, die auch im Arbeitskreis "Arbeit" der Psychiatrischen Arbeitsgemeinschaft in der Region Osnabrück (PAR) vertreten sind, wird übereinstimmend beklagt, daß es wohl gelinge, behinderte Menschen auf eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorzubereiten, zu qualifizieren und sie im Rahmen von befristeten Praktika dort zu plazieren, aber daß daraus häufig keine Dauerbeschäftigungen würden.

In der Übergangsphase und an der Schnittstelle nach der Rehabilitation mangelt es an der psycho-sozialen Begleitung der Betroffenen sowie an der Beratung einstellungswilliger Betriebe über finanzielle und sächliche Fördermöglichkeiten sowie an der Unterstützung bei der Antragstellung.

Der in der Region arbeitende Berufsbegleitende Dienst - Psychosozialer Dienst im Auftrag der Hauptfürsorgestelle (Träger: Caritas-Verband für die Diözese Osnabrück) kann in der Regel erst dann tätig werden, wenn es zu einem Beschäftigungsverhältnis gekommen ist. Die Rehabilitationskette hin zur beruflichen Integration ist somit an entscheidender Stelle unterbrochen.

Daneben gibt es eine größere z.Zt. nicht näher zu beziffernde Zahl arbeitssuchender nicht akut erkrankter Menschen mit einer seelischen Behinderung oder auch Menschen mit anderen Behinderungen (z.B. geistiger oder körperlicher), die nicht an einer in der Region durchgeführten rehabilitativen Maßnahme teilnehmen bzw. teilgenommen haben, deren Chancen aber auf Eingliederung durch entsprechende Beratung und Betreuung, durch Vermittlung auf Patenarbeits- und Praktikumsplätze erheblich verbessert werden könnten, wenn es darübe hinaus gelingt sog. Nischenarbeitsplätze zu erschließen und die Region daraufhin zu untersuchen.

Konzeption:

Die Erfahrungen mit Integrationsfachdiensten in anderen Bundesländern, insbesondere im Bereich des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, zeigen, daß ein flexibles, auf Einzelfälle abgestimmtes, an betrieblichen Realsituationen orientiertes Vorgehen eine wichtige Voraussetzung zur Eingliederung Behinderter ist.

Die berufliche Integration verläuft demnach idealtypisch nach folgendem Handlungsmuster:

1.

- Abklärung und Vorbereitung

- Kontaktaufnahme und Kennenlernen des Behinderten,

- Erarbeitung eines individuellen Fähigkeits- und Interessenprofils

2.

- Akquisition von geeigneten Eingliederungsarbeitsplätzen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt

3.

- Vorbereitung der Arbeitsaufnahme

- Arbeitsplatzanalyse, Anforderungsprofil, Gestaltung des Arbeitsplatzes

- Vorbereitung des Klienten und des betrieblichen Umfeldes

4.

- Qualifizierung und Begleitung am Arbeitsplatz (Learning on the job)

- Beratung und

- Unterstützung des Arbeitgebers und des betrieblichen Umfeldes

5.

- Nachbetreung und

- Krisenintervention

Durch Nutzung der in Teilen oben beschriebenen regionalen Ressourcen im Reha-Bereich und der bereits entwickelten Kooperations- und Vernetzungsstrukturen durch die Psychiatrische Arbeitsgemeinschaft in der Region Osnabrück sind unter einer möglichen Anbindung der Integrationsaufgabe an den bereits seit Jahren erfolgreich arbeitenden BBD, insbesondere für den Personenkreis der psychisch Behinderten in enger Zusammenarbeit mit dem Reha-Zentrum am Hesselkamp (Träger: Osnabrücker Verein zur Hilfe für seelisch Behinderte e.V.), vielversprechende Synergieeffekte zu erwarten. Auf den einzelnen Behinderten bezogen bedeutet das, durch Abstimmung, Bündelung und aufbauend auf bereits vorhandene individuelle Kenntnisse und Erfahrungen die nächsten Schritte zur weiteren Entwicklung unter konsequenter Nutzung allgemeiner Fördermöglichkeiten und vorhandener persönlicher Ressourcen einzuleiten und umzusetzen.

Der Caritas-Verband für die Diözese Osnabrück e.V. hat mit Schreiben vom 21.04.1997 seine Bereitschaft erklärt, den bestehenden Berufsbegleitenden Dienst um den Aufgabenbereich "Integration für Schwerbehinderte (für alle Behindertengruppen)" zu erweitern.

Die Mitgliederversammlung der Psychiatrischen Arbeitsgemeinschaft in der Region Osnabrück (PAR) hat in ihrer Sitzung am 03.09.1997 die dringende Notwendigkeit der Einrichtung eines Integrationsfachdienstes festgestellt und sich für die Anbindung des Dienstes an den bestehenden BBD ausgesprochen.

Der Osnabrücker Verein zur Hilfe für seelisch Behinderte e.V. hatte darüber hinaus mit Schreiben vom 26.01.1998 einen Antrag auf Förderung aus dem Modellprojekt "Integrationsfachdienst" gemäß Förderrichtlinien vom 17.11.1997 gestellt, der mittlerweile abschlägig beschieden worden ist.

Ausstattung:

In der Stadt und im Landkreis Osnabrück (der Region) leben ca. 505.000 Einwohner. Legt man die Vergleichszahlen für Nordrhein-Westfalen zugrunde, so müßte durch eine mögliche Anbindung an den Berufsbegleitenden Dienst unter Einbeziehung der vorhandenen regionalen Ressourcen und Kompetenzen eine Ergänzung des vorhandenen Dienstes um zwei zusätzliche Vollzeitstellen ausreichend sein. Das Reha-Zentrum am Hesselkamp wird mit seinen Möglichkeiten in enger Abstimmung und im Rahmen bereits bewährter Kooperationsbeziehungen die Arbeit des Integrationsfachdienstes unterstützen.

Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Einrichtung eines flächendeckenden Integrationsfachdienstes in Niedersachsen durch den Sozialverband Reichsbund, Landesverband Niedersachsen (Miranda Chrestin)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

nach Inkrafttreten der Förderrichtlinie für Modellvorhaben "Integrationsfachdienste" zur Eingliederung Schwerbehinderter in das Arbeitsleben vom 18.11.1997 beantragte der Sozialverband Reichsbund e.V., Landesverband Niedersachsen, mit Schreiben vom 11.02.98 Fördermittel aus der Ausgleichsabgabe gem. § 41 Abs. 2 Nr. 2 SchwbAV für die Einrichtung eines landesweiten Integrationsfachdienstes in Niedersachsen. Der Projektantrag wurde vom Land Niedersachsen und vom Beirat für die Rehabilitation der Behinderten beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung nicht berücksichtigt.

Aus der Antragsbegründung

Der Sozialverband Reichs-bund e.V., Landesverband Niedersachsen, ist aufgrund seiner Organisationsstruktur in der Lage, den Integrationsfachdienst flächendeckend in Niedersachsen zu gewährleisten. Bereits jetzt gehört es zu den satzungsgemäßen Aufgaben des Reichsbundes, die Eingliederung Behinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft zu fördern. Dies wurde auch bisher im Rahmen der bestehenden personellen Möglichkeiten mit Erfolg praktiziert. Durch eine Förderung könnte diese Aufgabe jedoch grundsätzlich neu gestaltet und ausgebaut werden.

Der Reichsbund ist eine soziale, humanitäre und sozialpolitische Organisation. Er ist parteipolitisch und religiös unabhängig und neutral und Mitglied des Spitzenverbandes der Arbeiterwohlfahrt. Aufgrund seiner Satzungsziele, seiner Tradition und bisherigen Aufgabenerfüllung ist er bestens geeignet, den Integrationsfachdienst für die Verbesserung der Eingliederung Schwerbehinderter zu gewährleisten.

Organisation des Fachdienstes

Der Landesverband plant die Organisation des "Integrationsfachdienstes" als dezentrales Modell. Sitz des Landesverbandes (Landesgeschäftsstelle) ist Hannover. Von hier aus erfolgt die gesamte Koordination.

Auch die Zentrale des "Integrationsfachdienstes" würde in die Landesgeschäftsstelle in Hannover als eigene Abteilung VII integriert werden können, mit weiteren 6 dezentralen Standorten (Braunschweig, Hildesheim, Lüneburg, Stade, Oldenburg und Osnabrück).

Der Landesverband unterhält in allen Regierungsbezirken 7 Regionalbüros, die mit Regionalleitern bzw. -beauftragten besetzt sind und über 204.000 Mitglieder des Verbandes betreuen.

Regionalbüros - Sozialberatungszentren/Kreisgeschäftsstellen:

a.) im Reg.-Bez. Braunschweig unterhält der Verband 1 Regionalbüro in Braunschweig.

Die Zuständigkeit umfaßt die Landkreise

  • Braunschweig,

  • Gifhorn,

  • Wolfsburg,

  • Peine,

  • Goslar,

  • Salzgitter,

  • Helmstedt und

  • Wolfenbüttel

b.) im Reg.-Bez. Hannover 2 Regionalbüros in Hannover und Hildesheim,

mit der Zuständigkeit in Hannover für die Landkreise

  • Hannover,

  • Diepholz,

  • Nienburg,

  • Hameln-Pyrmont sowie

  • die Stadt Hannover

mit der Zuständigkeit in Hildesheim für die Landkreise

  • Hildesheim,

  • Holzminden,

  • Osterode,

  • Göttingen und

  • Northeim

c.) im Reg.-Bez. Lüneburg 2 Regionalbüros in Lüneburg und Stade,

mit der Zuständigkeit in Lüneburg für die Landkreise

  • Lüneburg,

  • Celle,

  • Uelzen,

  • Lüchow-Dannenberg,

  • Harburg Land und

  • Soltau-Fallingbostel

mit der Zuständigkeit in Stade für die Landkreise

  • Cuxhaven,

mit einer Außenstelle in

  • Hemmoor

  • Rotenburg-Wümme,

  • Osterholz-Scharmbeck,

  • Wesermünde und

  • Verden

d) im Reg.-Bez. Weser-Ems 2 Regionalbüros in Oldenburg und Osnabrück, mit der Zuständigkeit in Oldenburg für die Landkreise

  • Leer,

  • Friesland,

  • Wittmund,

  • Wesermarsch,

  • Aurich,

  • Ammerland,

  • Cloppenburg,

  • Vechta und

  • Oldenburg

sowie für die Städte

  • Emden,

  • Delmenhorst

  • Wilhelmshaven und

  • Oldenburg und

mit der Zuständigkeit in Osnabrück für die Landkreise

  • Osnabrück,

  • Grafschaft Bentheim und

  • Emsland sowie für

  • die Stadt Osnabrück.

Auch die dezentralen Nebenstellen des "Integrationsfachdienstes" wären Bestandteil der sieben Regionalbüros. Die dezentralen Fachberater werden bei ihrer Tätigkeit durch die Mitarbeiter aus 41 Sozialberatungszentren/Kreisgeschäftsstellen und 16 Außenstellen unterstützt.

Unter Einbeziehung aller in diesem Bereich relevanten Gruppen, Einrichtungen, Initiativen, Landesverwaltungen und kompetenten Einzelpersonen können die Interessen eines großen Kreises berücksichtigt werden.

Landkreise und Regierungsbezirke in Niedersachsen, Nds. Landesverwaltungsamt

Grafik leider nicht vorhanden (Anmerkung bidok)

Personalbedarf

Für die Koordinierungsstelle in der Landesgeschäftsstelle wird ein/e MitarbeiterIn benötigt, der/die über einen Hochschulabschluß und nachweislich über arbeitsmarktpolitische Kenntnisse oder über eine gleichwertige Qualifikation verfügt. Bei der Besetzung der Stelle sind Schwerbehinderte bevorzugt zu berücksichtigen.

In den sieben Nebenstellen, in denen die einzelnen FachberaterInnen tätig sein werden, sind entsprechende neue Fachkräfte einzustellen. Zusätzlich sind in der gleichen Anzahl Teilzeitkräfte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden für die Büro- und Schreibarbeiten erforderlich. Auch hier soll es sich vorrangig um Schwerbehinderte handeln.

Die Nebenstelle Hannover wäre Bestandteil des zentralen Integrationsfachdienstes in der Abteilung VII.

Der flächendeckende Integrationsfachdienst benötigt 1 Personalstelle in der Leiterfunktion, 7 Fachberaterstellen und 8 Schreib-/Bürokräfte à 20 Stunden. Die Vergütung erfolgt nach dem Gehalts- Tarifvertrag des Reichsbundes.

Aus den laufenden Monatsbeträgen für Personalkosten, Raumkosten und Sachkosten ergeben sich Jahreskosten bzw. einmalige Anschaffungskosten in Höhe von:

  • Lfd. Kosten für die Koordinationsstelle und die sieben Fachberatungsstellen ca. 870.960,-- DM

  • einmalige Anschaffungskosten ca. 92.400,-- DM

Zusammenfassung

Im Dezember 1997 waren in Niedersachsen 18.968 Schwerbehinderte arbeitslos. Wenn durch die Einrichtung eines landesweiten Integrationsfachdienstes des Reichsbundes die Zahl der schwerbehinderten Arbeitslosen im Jahr um 150 sinkt, hätten sich die im Kostenplan aufgestellten Investitionen um das Vierfache amortisiert. Wir sind dabei von einem Leistungsbezug eines Arbeitslosen von DM 24.000 im Jahr ausgegangen (Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe).

Der Landesverband ist leider nicht in der Lage, einen neuen Zweig "Berufsberatung für Behinderte" neben der bisherigen Beratungstätigkeit im Sozialrecht aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Der Landesverband würde eine sogenannte Anschubfinanzierung benötigen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit

Inside e. V. - Behinderte Frauen und Männer organisieren ihre berufliche Integration selber - ein Modell für ein landesweites Netz von Fachdiensten mit einem Beratungsangebot nach dem peer counceling Prinzip (Bernd Dörr, Doris Gades, Mirijam Neuendorf)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

im Namen des Nds. Landesverbandes für Körper- und Mehrfachbehinderte e.V. (= NLK) und Selbstbestimmt Leben e.V. Hannover (=SLH), begrüßen wir Sie recht herzlich.

Als Einstimmung auf unser Thema werden Herr Leykum und Herr Dörr zunächst unsere

wohlschmeckenden, selbstgebackenen Arbeitsplätzchen

an Sie, liebe Gäste und Interessierte, als kleine Stärkung verteilen. Aber ich sehe schon, mit der Verteilung klappt es nicht so ganz! Offensichtlich sind nicht genügend Arbeitsplätzchen vorhanden, und somit können leider nicht alle Gäste in den Genuß kommen, ein köstliches Plätzchen zu probieren. Ich kann Sie trösten, wenn Sie unseren Infostand besuchen, haben Sie vielleicht noch die Chance, ein Arbeitsplätzchen zu ergattern, und wir werden Ihnen auch Näheres über die Rezeptur der Insider verraten. Sie fragen sich sicherlich, was haben nun diese Arbeitsplätzchen mit Inside zu tun? Nun, wir wären glücklich darüber, wenn wir Arbeitsplätze auch selber backen könnten.

Obwohl uns diese Möglichkeit nicht zur Verfügung steht, können wir mit einem engagiert und innovativ arbeitenden Team einen wichtigen Beitrag zur Vermittlung von Menschen mit Behinderung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt leisten.

Was verbirgt sich nun hinter dem Namen Inside?

Inside ist ein Projekt in Planung, mit dem das Ziel verfolgt wird, ein flächendeckendes Netz von Integrationsfachdiensten in Niedersachsen zu etablieren. Im ersten Schritt zur Verwirklichung unseres Konzeptes werden wir mit unserem Kooperationspartner - nämlich SLH - auf regionaler Ebene, in Hannover und im Landkreis Hannover, ein Beratungs- und Unterstützungsangebot für Menschen mit Behinderung anbieten, um ihnen eine dauerhafte, existenzsichernde Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Dieses gemeindenahe und mobile Beratungsangebot wird nach dem Prinzip des Peer-Counseling (Beratungstechnik) verwirklicht, über das Ihnen aber Frau Neuendorf im Anschluß nähere Informationen geben wird.

Im nächsten Schritt wird NLK die auf regionaler Ebene erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen in der Beratung, Vermittlung und Begleitung von arbeitssuchenden Menschen für die Weiterent-wicklung eines flächendeckenden Netzes von Integrationsfachdiensten in Niedersachsen einsetzen. Daraus ergeben sich u.a. zwei Arbeitsschwerpunkte speziell für NLK, auf die wir nur kurz noch eingehen:

1. Arbeitsplatzakquisition

NLK wird ein Beratungsangebot entwickeln, um ArbeitgebernImpulse für möglicherweise neu zu entwickelnde Arbeitsfelder geben zu können.

2. Öffentlichkeitsarbeit

NLK wird mit intensiver Öffentlichkeitsarbeit die Bereitschaft zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt fördern. Alskooperativer Integrationsfachdienst setzen wir eine enge Kooperation mit Arbeitsamt, Hauptfürsorgestelle, WfB und Schulen als selbstverständlich voraus.

Nach einerhalbjährigen Vorbereitungsphase könnte Inside zu Beginn des kommenden Jahres mit der eigentlichen Beratungs- und Vermittlungstätigkeit beginnen.

Was ist Peer-Counseling?

Peer-Counseling ist eine Technik, die behinderten Menschen zu mehr Autonomie und Gleichberechtigung verhelfen soll. Sie wird in den emanzipatorischen Zentren der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung zur Problemlösung angewandt. Peer-Counseling umschreibt die Beratung von Ratsuchenden durch gleichartig Betroffene (peer = Ebenbürtiger, to counsel = beraten). Beim Peer-Coun-seling ist der Berater dem Kunden/Ratsuchenden ebenbürtig! Gleichartig bedeutet in der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung, mit einer Behinderung in derselben Gesellschaft zu leben und gemeinsame Lebenserfahrungen gemacht zu haben.

Zentraler Bestandteil des Peer-Counseling ist es, daß die BeraterInnen auf eigene Lebenserfahrungen zurückgreifen können, die nicht vom klassischen Rollenverhalten gegenüber behinderten Menschen geprägt sind, das in der Regel durch Betreuung, Mitleid, Bevormundung und Fürsorge bestimmt wird. Die Ursprünge der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung stammen aus den USA. Hier schlossen sich Behinderte Mitte der 60er Jahre zusammen, um sich in Gesprächsgruppen gegenseitig bei regelmäßigen Treffen über ihre Probleme, z. B. mit Diskriminierungen oder bei der Pflegeassistenz, auszutauschen.

Erste Ansätze von Peer-Counseling

Zum ersten Mal wurde deutlich, daß Behinderung nicht nur ein individuelles, sondern vielmehr ein gesellschaftliches Problem war. "Selbstbestimmt Leben" wurde zu einer politischen Aussage und Absicht. Anfang der 80er Jahre boten alle Zentren des Selbstbestimmten Lebens Peer-Counseling an.

Ziele:

Der Peer-Counselor (Berater) geht in erster Linie davon aus, daß der Kunde/ Ratsuchende in der Regel selbst in der Lage ist, seine Probleme zu lösen - daß Ressourcen zur Problemlösung bereits vorhanden sind. Durch Peer-Counseling sollen behinderte Menschen unterstützt werden, ihre Ressourcen zur selbstbestimmten Lebensführung zu erkennen und zu gebrauchen. Der Peer-Counselor stärkt die vorhandenen Ressourcen. (Dazu gehört es, Verantwortung für selbstgetroffene Entscheidungen zu übernehmen.) Die Techniken des Peer-Counseling sollen den Kunden/Ratsuchenden dabei unterstützen, sich selber besser kennenzulernen, und eigene Bedürfnisse/Gefühle wahrzunehmen. Hierbei kann der Berater/Peer-Counseler als positives Vorbild dienen.

Dadurch, daß der Kunde/Ratsuchende in dem Berater eine starke Persönlichkeit sehen kann, der mit seiner Behinderung beispielsweise eine Berufstätigkeit ausübt, kann er auch Mut und Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten gewinnen. Durch Peer-Counseling werden für behinderte Menschen die Voraussetzungen geschaffen, um zu einer positiven Werteinschätzung zu sich selber und den eigenen Fähigkeiten zu gelangen. Durch Peer-Counseling wird der Kunde/Ratsuchende befähigt, seine eigenen Interessen zu formulieren.

Ausbildung:

Das Training/die Ausbildung zum Peer-Counselor soll eine angemessene Qualität von Peer-Counseling gewährleisten. Die Ausbildung/das Training umfaßt 6x 1 Woche = insgesamt 6 Wochen. Vorraussetzung für eine Tätigkeit als Peer-Counselor ist es, daß die Auseinandersetzung mit der eigenen Behinderung so weit geschehen ist, daß die eigenen Erfahrungen sinnvoll in den Beratungsprozeß mit einbezogen werden können. Zur Auswahl geeigneter Bewerber für die Peer-Counse-lor-Ausbildung finden Vorkurse statt. Die Ausbildungsinhalte sind allerdings so umfassend, daß ich sie nur in Stichworten erwähnen möchte, z. B.:

  • Erlernen von Problemlösungsstrategien,

  • Rollenspiel,

  • Erwerben von Rechtsgrundlagen,

  • Selbsterfahrung,

  • Körperarbeit,

  • Umgang mit Grenzerfahrungen, wie z. B. Trauer,

  • Praxis des Peer-Counseling,

  • Lebenssituation von Mann/Frau,

  • Supervision.

Ausblick auf Inside

Inside e. V. setzt die von SLH auf regionaler Ebene erworbenen Erfahrungen mit dem Peer- Counseling in seiner individuellen Unterstützung behinderter Menschen bei der Arbeits- und Ausbildungsplatzsuche ein. Ein besonderer Schwerpunkt soll dabei auf die Beratung von arbeitssuchenden Frauen gelegt werden, da schwerbehinderte Frauen in unserer Gesellschaft immer noch einer doppelten Diskriminierung ausgesetzt und häufiger arbeitslos sind als schwerbe-hinderte Männer und nichtbehinderte Frauen. Wie bereits eingangs erwähnt: Wenn wir Ihr Interesse an Arbeitsplätzchen wecken konnten, dann kommen Sie uns doch an unserem Info-Stand besuchen.

Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

Berufsfachschule für Behinderte als Weg in den Beruf: Ausbildung zur Helferin /zum Helfer im Gartenbau(Manfred Ebensen, Rudolf Hensch)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

nachdem die allgemeine Schulpflicht für alle Schüler, unabhängig von der Art und Schwere einer Behinderung, eingeführt wurde und somit die Errichtung von Schulen für geistig Behinderte Bestandteil des öffentlichen Bildungswesens wurde, ist es nur folgerichtig, einen integrativen Weg zu finden, der den speziellen beruflichen Bedürfnissen der jungen Menschen mit einer geistigen Behinderung entsprechen.

Hierzu bietet sich eine dreijährige Berufsfachschule an, die auf der Grundlage einer Geistigbehindertenpädagogik arbeitet. Der praktische Einsatz bezieht sich auf anschauliches und konkretes Handeln innerhalb fest umschriebener Arbeitsfelder einer helfenden Zuarbeit im Berufsfeld des Gärtners.

Methodisch und didaktisch ist die Ausbildung so konzipiert, daß keine Kenntnisse oder Kulturtechniken (Lesen, Schreiben, Mathematik) vorausgesetzt werden. Aller Unterricht, sei er "theoretisch" oder praxisbezogen, muß konkret anschaulich vermittelt werden. Das hat zur Folge, daß in zunehmender Intensität in Verbindung mit der schulischen Ausbildung Praktika in den Betrieben vor Ort absolviert werden. Diese Praktika werden gemeinsam mit Schule und Betrieb geplant und durchgeführt.

Die Ausbildung bietet so eine enge Verzahnung mit späteren Arbeitssituationen und Arbeitsplätzen.

Die Anzahl der Praktika wird im letzten Ausbildungsjahr bis auf vier Wochentage ausgedehnt. Schwerpunkte der Berufsausbildung zum Helfer im Gartenbau sind:

Betriebs- und Materialkunde

  • Lage des Betriebes

  • Verkehrsbedingungen

  • Ortskenntnisse

  • Betriebseinrichtungen

  • Mitarbeiter

  • Maschinen und Geräte

  • Gefahrenquellen

  • Werkzeuge

  • Transport

  • Materialien.

Boden- und Pflanzenkunde

  • Boden

  • Erden

  • Substrate

  • Kompostwirtschaft

  • praktischer Umweltschutz

  • Nutzpflanzen

  • Kulturpflanzen

  • Wildkräuter.

Fachpraxis

  • Erden und Substrate

  • Bodenbearbeitung

  • Anlagepflege

  • Kompostaufbereitung.

Anbau von Kulturpflanzen

  • generative Vermehrung

  • vegetative Vermehrung

  • Pickieren

  • Topfen

  • Pflanzenarbeiten

  • Pflanzenpflege

  • Vermarktung

  • Pflanz- und Stellflächenraum.

Steinarbeiten

  • Verlegebett

  • Pflastern.

Der Unterricht setzt sich nach folgender Stundentafel zusammen:

  • 4 Stunden Betriebs- und Materialkunde;

  • 4 Stunden Boden- und Pflanzenkunde;

  • 16 Stunden Fachpraxisbetrieb;

  • 14 Stunden Fachpraxisschule;

insgesamt 38 Wochenstunden.

Während der dreijährigen Ausbildung bleibt der Fachschüler nur einem Ausbildungsbetrieb zugeordnet. Hierdurch wird eine Festigung und Vertiefung der Lernninhalte gewährleistet. Somit können die nichtbehinderten Kollegen den behinderten Mitarbeiter kennenlernen, wie auch umgekehrt. Gerade die Kontinuität und das Vertrautwerden mit dem Arbeitsplatz ist von besonderer Bedeutung.

Die Ausbildung innerhalb der Berufsfachschule wird durch zwei Lehrer der Fachpraxis Gartenbau sowie durch einen Sonderschullehrer durchgeführt. Voraussetzung für die Aufnahme in die Berufsfachschule ist der Besuch einer Schule für geistig Behinderte oder einer Integrationsklasse sowie die Teilnahme an einer Kooperation während der dreijährigen Abschlußstufe der Schule für geistig Behinderte. Hierdurch ist wiederum eine enge Verzahnung mit der abgebenden Schule gegeben. Die Ausbildung endet mit einer praktischen Abschlußbegutachtung, mit der das Berufsbild "Helfer und Helferin im Gartenbau" erworben wird.

Durch den festgeschriebenen Ausbildungsgang können sich die Betriebe auf die Fähigkeiten und Fertigkeiten des jungen Menschen mit einer geistigen Behinderung einstellen und ihm Tätigkeiten der Zuarbeit innerhalb des Betriebes in selbständiger Erledigung überlassen. Hierdurch stehen höher qualifizierte Fachkräfte für andere Aufgaben zur Verfügung.

Der Schulversuch läuft seit 1994 an der Justus-von-Liebig-Schule, Bereich Gartenbau. 1997 konnte der erste Ausbildungsgang beendet werden. Vier von sechs Absolventen konnten in Arbeitsverhältnisse vermittelt werden.

Der zweite Ausbildungsgang wird 1999 beendet sein. Wir gehen davon aus, daß dann der Modellversuch in eine feste Einrichtung einer Berufsfachschule überführt werden kann.

Der Schulversuch entstand aus der Kooperationsarbeit zwischen der Janusz-Korczak-Schule, Springe, der Schule für geistig Behinderte und der Justus-von-Liebig-Schule, Ahlem. Schulträger ist der Landkreis Hannover.

Der Ausbildungsverlauf ist positiv zu beurteilen. Eröffnet er doch den jungen Menschen bisher verschlossene Wege in den Beruf. Die Ausbildungsarbeit hat jedoch auch gezeigt, daß Bereiche des Wohnens unbedingt in die Ausbildungsinhalte integriert werden müssen. Besonders die Vermittlung in den Beruf hinein bedarf auch in Zukunft besonderer Anstrengung und Vermittlungstätigkeit. Es wird sinnvoll sein, wenn an dieser Nahtstelle ein begleitender Dienst durch die Berufsfachschule in die Betriebe hinein gewährleistet bleibt.

Der Modellversuch hat weiterhin gezeigt, daß es sinnvoll und notwendig ist, den Einstieg in den Beruf vielschichtig und systematisch durch Lernprozesse vorzubereiten. Eine begleitende Anlernfunktion reicht nicht aus, um auf Dauer selbständig und mit der nötigen Flexibilität ausgestattet, einen Arbeitsplatz als Helfer in einem Betrieb einzunehmen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Integrations- und Sozialtrainingsteam des BBW Annastift e. V. (Eberhard Engel-Ruhnke, Jürgen Kracke)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

das Berufsbildungswerk bildet junge Menschen in verschiedenen Berufen des gewerblichen sowie des kaufmännischen Bereiches aus. Die Berufsabschlüsse werden vor den jeweils zuständigen Kammern abgelegt. Nach einer umfassenden Berufsausbildung will das Integrations- und Sozialtrainingsteam (ISTT) den Rehabili-tanden den Einstieg in die Arbeitswelt ermöglichen. Aus diesem Grunde führt das IST-Team schon während der Ausbildungszeit der Rehabilitanden Trainingsmaßnahmen zur beruflichen und sozialen Eingliederung durch. Das Team sucht für die Absolventen Arbeitsplätze und auch Praktikumsplätze, um den Rehabilitanden die Möglichkeit zu geben, durch praktische Arbeit zukünftige Arbeitgeber von ihren fachlichen Fähigkeiten zu überzeugen. Das ISTT hat darüber hinaus die Aufgabe, die Eingliederung der Absolventen über das Ausbildungsende hinaus zu fördern. Dazu sucht es verantwortungsvolle Unternehmen, die jungen behinderten Menschen eine Chance geben.

Eine spezielle Eingliederungshilfe und ein Training sozialer Kompetenzen ist durch den Wandel in der Arbeitswelt notwendig geworden. Durch grundlegende und schnelle Veränderungen der Arbeitsprozesse und immer komplexer werdende Arbeitsstrukturen bzw. Arbeitsabläufe sind neben einer Fachkompetenz auch Sozial- und Methodenkompetenzen, sogenannte Schlüsselqualifikationen gefordert.

Für junge Menschen mit Behinderung sind diese raschen Veränderungen besonders problematisch, weil damit ein erweitertes Leistungsprofil abverlangt wird. Im Rahmen dieses Wandels verschärft sich die Situation am Arbeitsmarkt dramatisch. Hohe Arbeitslosigkeit und eine zunehmende Zahl von jungen Arbeitssuchenden ver- stärken die Verdrängungseffekte. Ohne Arbeit werden sie rasch zu Hilfeempfängern mit geringeren Integrationschancen. Individuelle Schwierigkeiten verschärfen sich oft in Problemen, im Verhaltensbereich und in reduzierter Motivation. Es besteht die Gefahr, daß die mit oft großer Anstrengung erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten verlorengehen, wenn diese nicht gefördert werden. D.h., behinderte Menschen leiden unter Arbeitslosigkeit in besonderer Weise. Oft verfügen die jungen Menschen nicht über Strategien, dieser Entwicklung entgegenzusteuern, sie benötigen Hilfen bei der Förderung und Stabilisierung ihrer sozialen Kompetenzen und nach einer erfolgreichen Ausbildung eine erfolgreiche Eingliederungs- beratung.

Um die Ausgangslage für eine Integration zu verbessern, sind professionelle Hilfsangebote gefordert. Mit dem Sozialtraining für Rehabilitanden bietet das Berufsbildungswerk ein differenziert ausgearbeitetes Programm an, um diesen beschriebenen Schwierigkeiten zu begegnen.

Seit 1983 wird im Berufsbildungswerk ein themenzentriertes ausbildungsbegleitendes Trainingsprogramm durchgeführt. Das Sozialtraining verfolgt vom Aufnahme- bis zum Entlaßtag Bildungsziele, die für den Rehabilitanden als Hilfe zur Lebens- und Berufsreife und als Hilfe zur erfolgreichen Eingliederung in Beruf und Gesellschaft zu sehen sind. Ein wichtiger Förderungsansatz umfaßt da- bei die Vermittlung von sozialer Handlungskompetenz.

Die Förderung umfaßt die Bereiche

  1. Eigenverantwortung,

  2. Team- und Beziehungsfähigkeit,

  3. die Fähigkeit, mit der Behinderung zu leben und daraus eigene Stärken zu entwicklen,

  4. Rechte und Pflichten als Bürger und Arbeitnehmer in dieser Gesellschaft wahrzunehmen,

  5. Kenntnisse von Bewerbungsunterlagen,

  6. Kenntnisse von Bewältigungsstrategien bei eventueller Arbeitslosigkeit u.a.m.

Gewichtung und Vermittlung dieser Inhalte werden ebenso wie Methodik und Didaktik abgestimmt auf die Teilnehmer mit ihrer Behinderung. Es werden Lernsituationen geschaffen, in denen sich der Rehabilitand mit sich selbst, dem Team und dem Thema auseinandersetzt.

Zu den praktizierten Methoden der verbalen und nonverbalen Kommunikation bei der Vermittlung gehören der Teamervortrag, das gruppenorientierte Lernen, das Rollenspiel, das Planspiel, Betriebserkundungen und Exkursionen sowie die Metaplan-Methode.

Das Sozialtraining findet im Rahmen der Ausbildungszeit und in der Ausbildungsgruppe statt. Nicht in feste Arbeitsstrukturen eingebunden, läßt es sich abwechslungsreich und vielseitig gestalten. Beispielsweise wird im Sozialtraining auf eine Leistungsbeurteilung verzichtet. Der Rehabilitand "erlebt" eine für ihn neue Lernsituation. Nicht die Leistung für Beruf und Schule steht im Mittelpunkt, sondern der verantwortungsbewußte Umgang mit der eigenen Lebenssituation sowie das situative Erleben in und mit der Ausbildungsgruppe. Das Sozial- training hat sich in den letzten Jahren in der Praxis als Verhaltens- und Wahrnehmungstraining bewährt. Es wird ständig fortgeschrieben, um sich für die Arbeitswelt von morgen vorzubereiten.

Im Bereich der Berufsbildungswerke in der Bundesrepublik hat die eigenständige Form des Sozialtrainings sowie die methodisch-didak-tische Arbeitsweise des Integrations- und Sozialtrainings-team einen modellhaften Charakter bekommen.

Daraus resultierend wurde für diese Form der Förderung ein eigenes Trainingszentrum geplant und erstellt. Für Gruppenarbeiten stehen mehrere Räume zur Verfügung. Diese liegen räumlich beisammen, damit der Teamer einerseits als Ansprechpartner schnell und unkompliziert zu erreichen ist, bzw. andererseits die einzelnen Kleingruppen begleiten kann. Bei der Gestaltung des Gebäudes wurde darauf geachtet, daß wichtige Materialien und Mediengeräte in einer großen Bandbreite jederzeit griffbereit zur Verfügung stehen. Dies erleichtert einerseits die Teamarbeit in den Kleingruppen, da diese entscheiden, wie die Aufgabenstellung erarbeitet und präsentiert wird. Auf der anderen Seite besteht die Notwendigkeit, einen schnellen Zugriff auf die Materialien zu haben, da es während eines Seminarverlaufes zu einem spontanen Methodenwechsel kommen kann.

Ab Sommer 1996 wird neben dem Sozialtraining auch Eingliederungsberatung geleistet. Das neue hinzugekommene Tätigkeitsfeld der Eingliederungsberatung umfaßt folgende Punkte:

  • Beratung und Training der Absolventen vor der Einstellung.

  • Beratung bei Konflikten zwischen Betrieb und Absolventen im Arbeitsalltag.

  • Kooperation mit dem Arbeitsamt, insbesondere mit den zuständigen Rehaberatern.

  • Flankierende Maßnahmen zur Arbeitsplatzsuche, wie z.B.Kontaktaufnahme, in besonderen Fällen zu Beschäftigungsprojekten und Sozialen Betrieben in Niedersachsen.

  • Zusammenarbeit mit der Hauptfürsorgestelle und sozialen Beratungsstellen.

  • Koordinierung und Einbeziehung der Fachlichkeit der verschiedenen Fachdienste des Berufsbildungswerkes zur Bewältigung komplexer Problemstellungen.

  • Zusammenarbeit mit anderen Berufsbildungswerken.

  • Konzeption und Organisation von fachlichen Auffrischungskursen.

  • Aufbau eines Trainingsprogramms für arbeitssuchende Absolventen.

  • Erfahrungsaustausch mit Absolventen bei regelmäßigen Ehemaligentreffen.

  • Aufbau einer Arbeitgeber- und Absolventendatei.

Aufgrund des Arbeitsauftrages des Sozialtrainingsteams bestehen viele Berührungspunkte zu den verschiedenen Fachdiensten im Berufsbildungswerk. Die formellen und informellen Kontakte des Teams konnten gerade in der Startphase genutzt werden.

Ein nahtloser Übergang in der Betreuung von der Ausbildung zur Eingliederungsberatung ist gewährleistet, da dem ISTT die Auszubildenden aller Ausbildungsbereiche bekannt sind. Durch die fachübergreifende Stellung kennt das Team die fachlichen und persönlichen Stärken und Schwächen der Rehabilitanden und kann so im Rahmen der Integration eine zielgerechte Vermittlung gewährleisten.

Erfahrungen aus der Organisation und Durchführung von Einführungsveranstaltungen und externen Kommunikationsseminaren erleichtern geplante Integrationsprogramme. Bestehende Außenkontakte zu Firmen und Institutionen bilden den Grundstein für weitere Akquisitionsarbeit.

Das ISTT sucht einerseits für seine Absolventen geeignete Arbeitsplätze, andererseits möchte das Team es aber auch Firmen und Betrieben leichtmachen, geeignete Mitarbeiter zu finden.

Das ISTT bietet Firmen und Betrieben folgende Angebote:

  • Hilfe und Beratung bei der Finanzierung von Arbeitsplätzen.

  • Information über berufliche Einsatzmöglichkeiten sowie über die Kenntnisse und Fähigkeiten der Absolventen.

  • Rede und Antwort bei Fragen zur Auswirkung von Behinderungen.

  • Beratung und Unterstützung während der Einarbeitungsphase des Absolventen im jeweiligen Unternehmen.

  • Unterstützung bei allen weiteren Fragen undProblemen.

Um einen Einblick in die praktische Arbeit der Eingliederungshilfe zu geben, sind im folgenden zwei Fallbeispiele beschrieben :

Fall 1:

Ulf K. absolvierte im Berufsbildungswerk eine 3-jährige Ausbildung zum Werkzeugmaschinenspaner - Fachrichtung Drehen. Im Sommer 1996 schloß Ulf seine Ausbildung mit der Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer mit Erfolg ab. In den folgenden Wochen befand er sich auf Arbeitssuche, welche aber wenig erfolgreich verlief. Gespräche, die das ISTT mit Ulf führte, ergaben, daß seine berufliche Perspektive im ländlichen Gebiet, südwestlich von Hannover, nicht die beste war.

Darum entschloß sich Ulf nach Hannover umzuziehen und sich hier eine entsprechende Arbeit in seinem Beruf zu suchen.

Weitere Gespräche mit der Eingliederungsberatung ergaben, daß Ulf neben der Wohnungssuche auch noch andere Probleme hatte. Alte Schulden standen noch aus, und zudem forderte das Arbeitsamt alte Zahlungen zurück. Wenig später ging Ulf ein Mietverhältnis ein, bei dem die Miete so hoch war, daß er sie mit seinem Arbeitslosengeld nicht bezahlen konnte und er den regelmäßigen Mietzahlungen nicht mehr nachkommen konnte. So drohte nach kurzer Zeit wieder eine Kündigung aus dem Mietverhältnis.

Unter anderem besteht die Arbeit als Eingliederungsberater darin, jungen Menschen, die vor einem hohen Berg von Problemen stehen, Hilfestellungen anzubieten, um ihnen Lösungswege aufzuzeigen. Bei Ulf sah es so aus, daß die Eingliederungsberatung dem Vermieter eine Ratenzahlung zur Miete vorschlug und dieser es so akzeptierte.

Des weiteren wurde eine Vorgehensweise zu den weiter anstehenden Problempunkten abgesprochen. In dieser Phase zeigte sich eine deutliche Überforderung Ulfs im lebenspraktischen Bereich. Hier hatte die Eingliederungsberatung die Aufgabe, die Hilfe zur Selbsthilfe zu geben und den Absolventen zu motivieren.

Bei den Bewerbungsgesprächen, die aufgrund von Stellenanzeigen in der Zeitung und durch den Stellen-Informations-Service des Arbeitsamtes zustande kamen, zeigte sich jedoch, daß Ulf noch zusätzliche Qualifikationen benötigte.

Gemeinsam mit dem Berater des Arbeitsamtes und der Eingliederungshilfe wurden weitere Schritte mit dem Ziel der Integration besprochen. So wurde ein Maßnahmeträger gefunden, bei dem Ulf einen Lehrgang besuchen kann, um seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.

Fall 2:

Eine andere Form der Eingliederung wurde für Rita S. gefunden. Rita, die im Sommer 1997 ihre Prüfung zur Kauffrau für Bürokommunikation im Berufsbildungswerk bestanden hatte, meldete sich kurz vor Verlassen des Hauses bei der Eingliederungsberatung und bat um Unterstützung. Rita, die sich beim Arbeitsamt Celle arbeitssuchend gemeldet hatte, war eifrig bemüht, schnellstens einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden. Doch bei der Flut von Bewerbungen, die Arbeitgeber auf offene Stellen bekommen, haben Berufsanfänger oft keine Chance, trotz der guten Ausbildung und der hohen Motivation. So konnte in diesem Fall erst nach intensiver Suche durch die Eingliederungsberatung eine Möglichkeit gefunden werden. Ein Hotel suchte eine Mitarbeiterin, die unter anderem der Hotelmanagerin Arbeiten abnahm und Arbeiten an der Rezeption verrichtet. Bei dem Kontakt, den die Eingliederungshilfe mit dem Hotel aufnahm, zeigte sich, daß Rita S. mit ihrer Berufsausbildung für den Arbeitsplatz im Hotel geeignet ist. Jetzt folgten Gespräche mit dem Arbeitsamt in Celle. Es wurde geprüft, in wieweit finanzielle Hilfe für Rita S. in Betracht kam. Nach der Berechnung, die durch das Arbeitsamt Celle und die Eingliederungsberatung durchgeführt wurde, wurde die beste der vielen Möglichkeiten mit dem Arbeitgeber abgesprochen, und es konnte zum Abschluß eines Arbeitsvertrages kommen.

Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Einrichtung eines Integrationsfachdienstes - Kooperation mit dem berufsbegleitenden Dienst Uda Grimm, Horst Merkel

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

für Hannover und Umgebung wird ein Fachdienst benötigt, der schwerbehinderte Menschen bei der Integration in das Arbeitsleben unterstützt. Z.Z. gibt es einen berufsbegleitenden Dienst für berufstätige schwerbehinderte Menschen, der Hilfen bei psychosozialen Problemen im Arbeitsleben anbietet. Dieser Dienst wird von der AWO (Kreisverband Hannover Stadt) im Auftrag der Hauptfürsorgestelle des Landes Niedersachsen durchgeführt. An ihn richten sich immer wieder Betroffene und die sie betreuenden Institutionen mit dem Wunsch, konkrete Hilfen zur Integration schwerbehinderter Menschen in das Arbeitsleben anzubieten. Um eine solche Leistung zu erfüllen, bedarf es aber einer Auftragserweiterung und der entsprechenden personellen Ausstatttung.

Die Region Hannover ist in Niedersachsen der Standort mit der größten Zahl von Betrieben in Industrie, Handwerk, Dienstleistung und Verwaltung. Hier steht den interessierten schwerbehinderten Menschen ein breites Spektrum von möglichen Arbeitgebern gegenüber. Die Arbeiterwohlfahrt hat daher einen Antrag auf Einrichtung eines Dienstes zur Integration schwerbehinderter Menschen in das Arbeitsleben im Rahmen eines Modellprojektes des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung beantragt.

Beschreibung des Projektes

Aufgaben und Ziele

  • Beratung und Unterstützung der Schwerbehinderten bei der Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer dauerhaften Beschäftigung,

  • Information, Beratung und Hilfen gegenüber den Betrieben und Verwaltungen, die den Schwerbehinderten einstellen,

  • Einschätzung und Bewertung der Leistungsmöglichkeiten des von der Arbeitsverwaltung, einem Reha-Träger oder der Hauptfürsorgestelle dem Dienst zur Vermittlung zugewiesenen Schwerbehinderten,

  • Erarbeitung eines Fähigkeits-, Leistungs- und Interessenprofils mit dem Schwerbehinderten, Integation, Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt bzw. Kooperation mit den zuweisenden oder abgebenden Reha- und Bildungseinrichtungen,

  • Suche und Sicherung von entsprechenden Ausbildungs- und Arbeitsplätzen im Einzugsgebiet des Fachdienstes unter Einschluß einer Förderung der Motivation und Leistungsfähigkeit der Arbeitgeber, Schwerbehinderte einstellen zu können und zu wollen,

  • Vorbereitung auf den Arbeitsprozeß für die schwerbehinderten Menschen selbst und deren zukünftigen Vorgesetzten, Kollegen/innen, Betriebs-Personalräte, Schwerbehindertenvertretungen, Integation in den Betrieben und Verwaltungen,

  • notwendige Begleitung der Schwerbehinderten beim Training der berufspraktischen Fähigkeiten am Arbeitsplatz,

  • Begleitung des Schwerbehinderten am Ausbildungs- und Arbeitsplatz, Integration der ersten Phase der Eingliederung bei abnehmender Intensität der Betreuung und Übergabe der Betreuung an den Berufsbegleitenden Dienst,

  • Information und Beratung der Arbeitgeber und ihrer Mitarbeiter/innen über Art und Auswirkungen von Behinderungen und konstruktiven Umgang mit den damit verbundenen Verhaltensweisen schwerbehinderter Menschen,

  • allgemeiner Ansprechpartner für Betriebe und Verwaltungen,

  • psychosoziale Betreuung der Schwerbehinderten einschließlich Krisenintervention und Nachbetreuung.

Zielgruppe

  • Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Schwerbehinderte,

  • Schwerbehinderte im Übergang aus einer Sonderschule oder einer Werkstatt für Behinderte in ein Beschäftigungsverhältnis,

  • Schwerbehinderte mit besonderen Lebenslagen, deren Fördermöglichkeiten einen besonderen Personalaufwand benötigen,

  • den Schwerbehinderten gleichgestellte Personen, für die ein besonderer Betreuungsbedarf zur Eingliederung gegeben ist,

  • Personen mit Mehrfachbehinderungen, die sich im Arbeitsleben besonders erschwerend auswirken können,

  • behinderte Menschen, die durch bestimmte Leistungseinschränkungen oder Minderungen fehlende Qualifikationen, Alter oder Langzeitarbeitslosigkeit besonders benachteiligt sind,

  • Schwerbehinderte nach abgeschlossener und zielgebundener Vorbereitung auf das Arbeitsleben,

  • schwerbehinderte Schulabgänger/innen.

Auftrag, Verantwortung und Zusammenarbeit

Der Integrationsfachdienst wird im Auftrag der Bundesanstalt für Arbeit, der Rehabilitationsträger und der Hauptfürsorgestellen tätig. Er hat einen Kooperationsauftrag, u.a. mit dem Arbeitsamt, der Hauptfürsorgestelle, den Reha-Trägern, den Arbeitgebern und den schulischen und beruflichen Bildungseinrichtungen.

Zuständigkeitsbereich

Mindestens soll eine Deckung mit dem Zuständigkeitsbereich des derzeitigen Betreuungsdienstes bei der AWO für das Stadtgebiet Hannover und die nordwestlich angrenzenden Umlandgemeinden erreicht werden. Wünschenswert wäre aber die Gesamtversorgung der Region Hannover und die Kooperation mit den für den gesamten Raum zuständigen Betreuungsdiensten.

Besondere Ziele

  • Motivation, Beratung, Unterstützung von Arbeitgebern/innen und ihren Mitarbeitern/innen bei der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen,

  • Entwicklung geeigneter Beratungshilfen,

  • Entwicklung eines Bewerbungsprofils für schwerbehinderte Menschen für den örtlichen Arbeitsmarkt zur Erleichterung von Arbeitsplatzsuche und -auswahl für den schwerbehinderten Menschen und als Entscheidungshilfe für den Arbeitgeber,

  • Entwicklung und Dokumentation geeigneter Kooperationsformen,

  • Erfassung des Bedarfes und der darauf auszurichtenden regionalen Größen von Fachdiensten,

  • Aussagen zur notwendigen Qualifizierung, Zeit- und Sachausstattung eines Fachdienstes,

  • geeignete Kooperationsformen mit anderen Fachdiensten, insbesondere Arbeits- und Sozialverwaltungen.

Nutzung der Trägerressourcen

  • Vernetzungsmöglichkeit mit den verschiedenen Dienstleistungen der Arbeiterwohlfahrt im Bereich der Kinder-, Jugend- und Familienhilfen, der sozialen Arbeit mit Migranten/innen, den Berufs- und Arbeitsförderungen für Jugendliche, der Behindertenhilfe und der Seniorenarbeit,

  • Anbindung an die fachliche und politische Aktivität der Arbeiterwohlfahrt,

  • Integation der Stadtregion,

  • Teilhabe am Fortbildungsprogramm und den Möglichkeiten der Weiterqualifizierung,

  • fachliche Begleitung durch die Fachberatung des Trägers,

  • Teilhabe an den Planungs- und Vernetzunggremien im Raum Hannover.

Anbindung an den BBD

Der BBD Hannover, vormals Psychosozialer Dienst, im Auftrage des Niedersächsischen Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben, Hauptfürsorgestelle Hildesheim, Domhof 1, 31134 Hildesheim, besteht seit Juli 1989.

Derzeit arbeiten 3 Sozialarbeiter/innen, eine mit ½ Stelle, in der Dienststelle Königstraße für den Bereich Hannover-Stadt sowie Lehrte, Burgdorf, Uetze, Wedemark, Isernhagen, Burgwedel und Langenhagen.

Der Auftrag ist, Schwerbehinderte, insbesondere psychisch Behinderte im Arbeitsleben zu unterstützen und vor sozialer Isolation, beruflichem Abstieg oder gar Kündigung zu schützen.

Der BBD berät die Betroffenen und ihre Arbeitgeber, auf Wunsch in enger Zusammenarbeit mit der Hauptfürsorgestelle, Schwerbehinderten-Vertretungen, Betriebs- und Personalräten, Kollegen/innen, Ärzten, anderen Diensten, Ämtern und Einrichtungen. Derzeit werden ca. 90 Betroffene aus unterschiedlichen Berufen in diversen Branchen betreut.

Daraus ergaben sich in den vergangenen 9 Jahren des Bestehens Kontakte zu ca. 150 Arbeitgebern aus den nachstehend aufgeführten Bereichen:

Ministerien, Finanzämter, Polizei, Bezirksregierung, Stadtverwaltung, Landkreis Hannover, Wehrbereichsverwaltung, Bibliothek, Museen, Universität Hannover, Post, Deutsche Bahn, Telekom, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen der AWO, DRK, Kirchen, Kindertagesstätten, NDR, Banken, Versicherungen, Krankenkassen sowie Kaufhäuser, Supermärkte, Verbrauchermärkte, Handwerksbetriebe, Wäschereien, Rechtsanwaltsbüros, Arztpraxen, Apotheken und Industriebetriebe wie Conti, VW, Wabco-Westhinghouse, Mannesmann-Rexroth, Berstorff, Siemens, Varta usw.

Es entstanden stabile Kontakte zu den betrieblichen Helfern wie Personalräten, Betriebsräten, Schwerbehinderten-Vertretungen, Arbeitgeber-Beauftragten in Behindertenfragen, Sozialbetreuungen in Betrieben und Behörden sowie zu Personalbüros. Zu den komplementären Diensten im Stadt- und Landkreis wurden vielfältige und für die Betroffenen sehr hilfreiche Kontakte geknüpft.

Die Einschaltung des BBD Hannover erfolgte anfänglich über die Hauptfürsorgestelle, in den letzten Jahren allerdings überwiegend direkt über die Arbeitgeber.

Da das Ballungsgebiet Hannover mit dem Einzugsbereich Landkreis Hannover die größte Zahl an Arbeitgebern und Behörden in Niedersachsen hat, ist es auf Dauer nicht vertretbar, daß ein Integrationsdienst für den Personenkreis der arbeitsuchenden Schwerbehinderten nicht angeboten wird. Anfragen erreichen den BBD Hannover in zunehmender Anzahl, z.B. von den Betroffenen selbst, vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen, der Deutschen MS-Gesellschaft, dem VPE, dem Landesbildungszentrum für Blinde, des Annastifts, Arbeitslosen-Initiativen, von Selbsthilfegruppen, Elterninitiativen und diversen Ausbildungsstätten für Behinderte.

Das bisher hierzulande existierende Instrumentarium zur Schaffung von Arbeit für behinderte Menschen ist den Anforderungen des Arbeitsmarktes nicht in ausreichendem Maße gewachsen. Es fehlt an Flexibilität gegenüber den Bedürfnissen der Betriebe und der Betroffenen, d.h. das institutionell organisierte System versagt weitgehend (wenn man sich die Arbeitslosenzahlen der Schwerbehinderten ansieht).

Die Chancen einer ambulanten Hilfestellung, die an die Erfahrungen der BBD-Arbeit anknüpfen, werden nach unserer Ansicht nicht ausreichend ausgeschöpft.

Unsere Forderung lautet:

Der Großraum Hannover benötigt dringend einen Fachdienst zur Integration von Schwerbehinderten ins Arbeitsleben, eingebettet in den Berufsbegleitenden Dienst Hannover.

Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Möglichkeiten der beruflichen Integration in dörflichen Strukturen (Klaus Kistner)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

meine Ideen zu einem geplanten Projekt will ich Ihnen jetzt vorstellen. Anschließend werden wir gemeinsam darüber diskutieren. Ausgangspunkt der Projektidee ist die Beobachtung zweier gegenläufiger Prozesse:

Zum einen müssen - besonders im Dorf - viele Kleinbetriebe und Höfe schließen, weil sie im marktwirtschaftlichen Wettbewerb nicht mehr standhalten; weil sie nicht groß genug sind, um überleben zu können.

Andererseits entsteht in der Behindertenarbeit eine Bewegung, fort von Großbetrieben und Wohnheimen, hin zu kleineren Einheiten.

Beide Bewegungen laufen weitgehend ohne Berührungen aneinander vorbei. Dabei könnten insbesondere dörfliche Kleinbetriebe geistig behinderten Menschen anschauliche und lebensnahe Beschäftigungsmöglichkeiten bieten - wenn sie entsprechend strukturiert und staatlich unterstützt würden. Ähnliches gilt für kleine Betriebe in Stadtteilen, wo sich die Menschen noch untereinander kennen, sich miteinander austauschen und aushelfen.

Zum Verständnis von Arbeit

Nicht selten haben geistig schwer behinderte Menschen in einem Wirtschaftsbetrieb Schwierigkeiten, was die Leistungsanforderungen an Tempo, Umfang und Differenzierungsvermögen bei der Arbeit anbetrifft. Viele von ihnen offenbaren ihre Stärken in anderen, mehr zwischenmenschlichen Bereichen. Hier ist die Offenheit, Direktheit und Lebendigkeit zu nennen, mit der viele von ihnen auf andere Menschen zugehen. Hinter den gesellschaftlichen Normen und Rollenzuweisungen, die oft nur begrenzt erkannt werden, kommt die individuelle Persönlichkeit deutlicher zum Vorschein.

In einem nahezu ausschließlich auf Leistung und Wachstum bedachten Wirtschaftsleben kann die Arbeit von geistig behinderten Erwachsenen gezielt andere Schwerpunkte setzen. Hier kann Arbeit als ein Ort der Begegnung und Persönlichkeitsbildung erlebt und wie derentdeckt werden.

Die Möglichkeiten des Dorfes

Der überschaubare Rahmen eines Dorfes bietet geistig behinderten Menschen Gelegenheiten, an ganzheitlichen Lebens- und Arbeitszusammenhängen teilzuhaben. Nach einer Zeit gegenseitigen Kennenlernens über Schulpraktika, Ausflüge, Betriebsbesichtigungen, Ferienmaßnahmen u. ä. kann in einigen dörflichen Kleinbetrieben und Höfen die Bereitschaft erwachsen, behinderte Menschen einzustellen und ebenso, sich auf behinderte Menschen einzustellen.

Diese Zusammenarbeit wäre von gegenseitigem Nutzen:

Für die dörflichen Kleinbetriebe bedeutete es eine Möglichkeit, sich durch staatliche Unterstützung ein zweites wirtschaftliches Standbein aufzubauen und damit den eigenen Fortbestand stärker abzusichern, und für die behinderten Menschen hieße es, abseits von isolierenden Sonderinstitutionen in gewachsenen sinnstiftenden Lebenszusammenhängen zu arbeiten.

Die Einstellung behinderter Menschen in Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse kann hierbei auf verschiedenen Ebenen erfolgen:

1. Begegnung = prozessorientiert

Der Eigner stellt Behinderten einen geeigneten Raum auf dem Betriebs- oder Hofgelände zur Verfügung. Hier können sie unter Anleitung einer pädagogischen Fachkraft nach eigenen Bedürfnissen und Fähigkeiten Arbeiten durchführen, die zugleich Verbindungen zu dem Betrieb oder in die dörfliche Nahumgebung ermöglichen. Das kann eine Koch- oder Gartengruppe auf dem Hof, eine Holzwerkgruppe in einer Tischlerei oder eine Gruppe mit Papierarbeiten in einem Kirchenbüro sein. Der staatliche Kostenträger zahlt eine Arbeitsprämie an die behinderten Mitarbeiter und eine Unterstützung an den Eigner des Betriebes.

2. Begleitung = prozessorientiert

Behinderte nehmen teil an der Arbeit im Betrieb ohne zu stören, aber auch ohne ein wirtschaftlich verwertbares Ergebnis zu erzielen oder erzielen zu wollen. Ähnlich wie in der Werkstatt für Behinderte zahlt der staatliche Kostenträger eine Arbeits prämie.

3. Festeinstellung = ergebnisorientiert

Behinderte arbeiten auf einem Hof oder in einem Kleinbetrieb, erbringen eine wirtschaftlich verwertbare Leistung und werden vom Eigner angemessen entlohnt.

In diesen Beschäftigungsverhältnissen geht es nicht darum, nach längerer Anlernzeit alle Teilnehmer in eine Festeinstellung zu überführen. Vielmehr gilt es, für jeden Teilnehmer eine Form des Arbeitens zu finden, mit der er glücklich wird.

Arbeitsaufträge von außen werden nur dann angenommen, wenn sie dem Dialog und der Persönlichkeitsbildung förderlich sind; wenn sie Menschen zueinander führen. Dies wird häufig bei informellen Aufträgen der Fall sein: beim Backen einer Geburtstagstorte für einen Dorfbewohner, beim Verzieren eines kirchlichen Gemeinderundbriefes mit Kartoffeldruck u.ä. Industrielle Großaufträge werden weitgehend ausgeschlossen bleiben.

Trägerschaft und Organisation

Von unterschiedlichen Ausgangspunkten her kann ein solches Projekt angegangen werden:

  • Eine Schule für Geistigbehinderte kann in der Abschlußstufe Betriebspraktika nach ähnlichen Kriterien ausrichten.

  • Eine Werkstatt für Behinderte kann mit einer Außengruppe nach dem beschriebenen Modell arbeiten.

  • Private oder öffentliche Träger könnten dieses Projekt als eine von verschiedenen Möichkeiten einer Unterstützten Beschäftigung anieten.

  • Eine stationäre Langzeiteinrichtung kann über den Begleitenden Dienst ähnlice Beschäftigungsverhältnisse in den umliegenden Kleinbetrieben aufbauen. ls Grundstein für das Projekt kann auch die Gründung eines Werkhofes dienen.

Das Projekt Werkhof

Ein Werkhof kann gegründet werden als eine Tageseinrichtung, in der behinderte Menschen nach ihren jeweiligen Fähigkeiten und Bedürfnissen arbeiten. Diese Arbeiten sind nicht auf größtmögliche Leistung ausgerichtet, sondern auf Dialog und auf die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit.

Die Integration in das dörfliche Leben und die Arbeit in dörflichen Kleinbetrieben sollen hier vorbereitet, eingeleitet und begleitet werden.

Möglicherweise kann dieses Projekt in einem Resthof in einem Bauerndorf nahe bei Walsrode umgesetzt werden. Die nachfolgenden Planungen und Überlegungen beziehen sich auf dieses Haus. Die konkrete Realisierung kann erst dann erfolgen, wenn sich ein Kreis von interessierten Behinderten, Angehörigen und Betreuern gebildet hat und die Finanzierung geklärt ist. Dieser Stand ist noch nicht erreicht. Die Leitgedanken zum Werkhof allerdings sind nicht an dieses Haus gebunden und können ebenso an anderen Orten und unter anderen Bedingungen umgesetzt werden.

Zum Stand der Planungen:

9 - 11 Teilnehmer sollen von 4 - 5 pädagogischen Fachkräften betreut werden. Als mögliche Angebote stehen den Teilnehmern zur Verfügung:

  • eine Kochgruppe,

  • eine Gartengruppe, und

  • eine Werkgruppe (evtl. mit Schwerpunkt Holzarbeiten)

Die einzelnen Teilnehmer können sich sowohl fest zu einer Gruppe entschließen oder aber auch von Tag zu Tag zwischen den verschiedenen Angeboten wechseln.

Diese Themenbereiche wurden gewählt, weil sich hier vielfältige Verbindungen in das Dorf aufbauen lassen:

  • die Kochzutaten können teilweise beim benachbarten Bauern eingekauft werden,

  • Fertigkeiten wie Laub harken oder Rasen mähen können gegen Entgelt in der Nachbarschaft nutzbringend eingesetzt werden,

  • aus der Kochgruppe heraus kann möglicherweise im Sommer einmal wöchentlich ein informelles Cafe entstehen, das auf der Hoffläche draußen aufgebaut wird, und die Holzwerkgruppe kann über die noch existierende Tischlerei im Dorf Holz bestellen und abholen. Sie kann auf Bestellung für einige Dorfbewohner Frühbeete oder Behausungen für Kaninchen bauen und vielleicht auch einen Hühnerstall aus Maschendraht errichten.

Wohnen werden die Teilnehmer in ihrer gewohnten Umgebung. Eine Trennung von Wohnen und Arbeiten soll bewußt erhalten bleiben. Wenn im Laufe der Jahre die angelegten Verbindungen in das Dorf gefestigt werden und ein tiefes gegenseitiges Verständnis entsteht, - dann ist der Grundstein gelegt für Beschäftigungsverhältnisse in den Kleinbetrieben des Dorfes.

Grafik leider nicht vorhanden (Anmerkung bidok)

Ausgangspunkt der Betreuung und Förderung sollten die persönlichen Themen, Bedürfnisse und Fragestellungen des Betreuten sein. Mit Hilfestellung durch einen Betreuer oder Anleiter lernt der Betreute, vorhandene oder schlummernde Fähigkeiten auszubauen und zur Entfaltungzu bringen. In einem Prozeß zunehmender Qualifizierung schafft es der Betreute, das Erlernte nicht nur selbständig durchzuführen, sondern es auch aus eigenem Antrieb - initiativ - anzugehen und ohne Anwesenheit eines Helfers auszukommen. Im Laufe der Zeit verläßt er den ursprünglichen Ort des Lernens und bindet sich im Zuge der Integration in größere gesellschaftliche Zusammenhänge ein. Der Integration als "Wiederherstellung eines Ganzen" (Duden) wird vor dem Hintergrund zunehmender Spezialisierung, Vereinzelung und Naturzerstörung auch in anderen Bereichen eine wachsende Bedeutung beigemessen.

Das Augenmerk soll an dieser Stelle auf die berufliche Integration gerichtet werden, auf Arbeit und Erwerbstätigkeit. Viele geistig schwer behinderte Menschen werden aufgrund ihrer Erwerbslosigkeit finanziell benachteiligt. Dies gilt insbesondere für solche Menschen, die unter die Bezeichnung "nicht werkstattfähig" fallen. Erwerbslos zu sein bedeutet aber nicht, keine Arbeit verrichten zu können. Wenn wir zwischen Erwerbstätigkeit und Arbeit zu differenzieren lernen, eröffnen sich auch für geistig schwerstbehinderte Menschen neue Möglichkeiten.

Hilfreich ist dabei, wenn es uns gelingt, gesellschaftliche Strukturen und Übereinkünfte auf ihren Wesenskern zu reduzieren und sie damit der Lebensgestaltung geistig behinderter Menschen zugänglich zu machen. Ein Beispiel dazu:

Ein Bäcker ist jemand, der es versteht, zu backen. Ein geistig Behinderter, der es versteht zu backen, ist ein Bäcker. Sein Markt ist nicht das Dorf oder die Stadt, die ein Bäcker gewöhnlich beliefert. Die Freunde oder Nachbarn, die er zur Kaffeerunde einlädt oder denen er einen Kuchen verkauft - sie sind sein Markt. Er kann also auf seine Weise marktwirtschaftlich arbeiten.

Die Suche nach einer geeigneten Arbeit kann sich zunächst auf den unmittelbaren Nahbereich eines schwer behinderten Menschen konzentrieren, auf seine Freunde und Angehörigen zu Hause oder seine Mitbewohner und Betreuer in einem Wohnheim (siehe Schema 1).

Fertigkeiten

Spezielles Berufsbild

Allgemeines Berufsbild

Kann selbständig Kaffeebohnen mit Handmühle mahlen und mit Kaffeemaschine aufsetzen

Kaffeekochen

Kellner

Kann Wasser mit Wasserkocher kochen und mit einem Teebeutel Tee aufsetzen

Beutelkocher

Kellner

Kann mit handbetriebener Getreidemühle Körner mahlen

-

Müller

Die meisten dieser Arbeiten sind zunächst auf den Eigenbedarf ausgerichtet (siehe Schema 1: eigener Körper, evtl. auch Mitbewohner, Freunde). Diese Form freiwilligen Arbeitens schließt nicht aus, daß die Betreuten zu anderen Zeiten Verpflichtungen, z.B. in festen Fördergruppen, haben - ähnlich unseren eigenen beruflichen Verpflichtungen in der Erwerbstätigkeit. Die freiwilligen Arbeiten - um nicht zu sagen: die Tätigkeiten als freier Unternehmer - stellen hierzu lediglich eine sinnvolle Ergänzung dar.

Bei genauerem Hinsehen lassen sich viele Möglichkeiten finden, nicht nur im unmittelbaren Nahbereich zu arbeiten, sondern über Arbeit auch mit Menschen der Umgebung in Verbindung zu treten:

Fertigkeiten

Ort / Erweiterung der Fertigkeiten

Spezielles Berufsbild

Allgemeines Berufsbild

Mit Hilfestellung Schnittgut häxeln

Gärten der Nachbarschaft

Häxelmeister

Gärtner

Einen Anhänger beladen

Für Nachbarn oder Bekannte Brennholz aufladen

Lademeister

Waldarbeiter

Unter Begleitung spazierengehen

Für alte oder gebrechliche Menschen unter Begleitung Einkäufe erledigen

Einkaufshilfe

Kurier

Diese Arbeiten allerdings sind nur als Vorstufe zu verstehen zur Auslagerung der Arbeit in dieumliegenden Kleinbetriebe des Dorfes oder Stadtteils. Grundlage dieser Arbeitsverhältnisse wird das zu Anfang vorgestellte Modell der Begegnung, Begleitung und Festeinstellung sein.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamtkeit

Schaffung eines integrativen Arbeitsprojektes (Ingetraut Ptaschinski)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich begrüße Sie als 1. Vorsitzende des "Vereins zur Integration behinderter Menschen in Buxtehude und Umgebung" (VIBUX e.V.) recht herzlich und freue mich über Ihr Interesse an unserem Projekt.

Wir haben VIBUX e.V. im Februar 1997 gegründet. Der Verein ist entstanden aus einer Elterninitiative, die sich seit 15 Jahren erfolgreich für Integration in Kindergärten und Schulen in Buxtehude einsetzt:

1981

wurde die erste integrative Kindergartengruppe durch die Lebenshilfe eingerichtet;

1986

war der offizielle Start für die gemeinsame Beschulung behinderter und nicht behinderter Kinder in Niedersachsen und auch in Buxtehude (Grundschule Altkloster);

1990

wurde die Integrationsklasse von der Orientierungsstufe Nord übernommen;

1992

führte die Hauptschule Nord die Klasse weiter;

1996

wurde eine integrative Maßnahme an der BBS III in Stade (Haus-, Agrarwirtschaft) in einem BVJ eingerichtet;

1997

verlängerte man diese Maßnahme für die behinderten Jugendlichen um ein Jahr.

Bei jedem Schulwechsel mußten Eltern und Lehrer um die Fortführung der Integration bangen und kämpfen!

Zum Ende des Schuljahres 1997/98 beenden nun die "ersten Buxtehuder Integrationskinder" erfolgreich ihre Schullaufbahn.

VIBUX e.V. hat sich zum Ziel gesetzt, die Integration in Kindergärten und Schulen auch in der Arbeitswelt fortzuführen und nach Alternativen zur WfB zu suchen.

Unsere behinderten Kinder hatten während ihrer Schulzeit viele Kontakte mit der Berufswelt. In der Hauptschule durch die Berufspraktika (z.B. in der Bäckerei, in der Autowerkstatt, im Kindergarten, als Hausmeister) und durch Projekte (z. B. Wald-einsatz, Mittagstisch für Schüler und Lehrer).

In der Berufsschule wurde vorwiegend projektorientiert gearbeitet.

Die Schüler/-Innen gestalteten z.B. ihren Klassenraum neu (Bau eines Raumteilers aus Holz, Malerarbeiten).

Sie übten das Theaterstück "Prinzessin Knallerbse" ein und gingen damit auf Tournee in Kindergärten und Grundschulen. Das Bühnenbild und andere Requisiten wurden selbst erstellt.

Jeweils im November fuhr die Klasse zum Waldeinsatz in die Wingst. Dort wurden Bäume gefällt, entastet und geschält.

Mitgebrachtes Tannengrün wurde zu Adventsgestecken und -kränzen verarbeitet und in einem von der Buxtehuder SPD zur Verfügung gestellten kleinen Laden in der Buxtehuder Innenstadt verkauft.

Die Schüler-/Innen der Abschlußstufe der Lebenshilfe Buxtehude kooperierten mit uns. Sie hatten den Laden weihnachtlich dekoriert und boten gleichzeitig verschiedene handgefertigte Arbeiten an. Auch Kaffee und Kuchen wurde den Kunden angeboten.

Nach dem Waldeinsatz 1997 wurde außerdem der Bau einer Grillhütte auf dem Schulgelände in Stade geplant. Das Vorhaben wird zur Zeit in die Tat umgesetzt; das Fundament ist bereits geschüttet.

Anfang Mai absolvieren die Schüler-/Innen noch ein 14-tägiges Praktikum (Straßenmeisterei, Schule, Pferdehof).

Am 22. Juli 1998 endet dann die 12-jährige Schulzeit für die "ersten Buxtehuder Integrationskinder". Unser Sonderschullehrer Jörn Möller, den Sie heute morgen im Plenum kennengelernt haben, hat unsere Kinder und uns Eltern über all die Jahre begleitet und uns immer wieder Mut gemacht, den Weg der Integration weiterzugehen.

Jetzt stehen wir vor der Frage:

"Was kommt nach der Berufsschule?"

Wir wollen in Buxtehude ein integratives Arbeitsprojekt schaffen und somit die Integration über die Schulzeit hinaus fortführen. Behinderte junge Menschen sollen in die Arbeitswelt eingegliedert werden und einen wohnortnahen Arbeitsplatz erhalten.

Unsere behinderten jungen Menschen wollen in einem kleinen Lokal einen Mittagstisch, insbesondere für Schüler-/Innen anbieten. Die zusätzliche Belieferung von Firmen und ein Außer-Haus Verkauf sind eingeplant.

Es ist zunächst an die Schaffung von 7 - 8 Arbeitsplätzen für behinderte Jugendliche gedacht. Sie müssen angeleitet, ausgebildet und betreut werden von hauswirtschaftlichem und pädagogischem Fachpersonal.

Die Vorbereitung Einzelner für eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wird angestrebt, um nachfolgenden behinderten Arbeitsuchenden den Einstieg zu ermöglichen. Außerdem ist die Schaffung weiterer Arbeitsfelder (z.B. Obst- und Gemüseanbau) geplant. Wie ist der Stand der Dinge ?

Das Konzept und der Finanzplan liegen vor, Kontakt mit Behörden, Politikern und Verbänden wurden hergestellt. Außerdem haben wir uns um den Modellversuch des BMA beworben, jedoch wie vorhin gehört, ohne Erfolg.

Wir sind inzwischen Mitglied im "Niedersächsischen Bündnis Unterstützte Beschäftigung".

Wir betreiben vor Ort regelmäßig Öffentlichkeitsarbeit und haben gute Kontakte zur Presse.

Im Mai 1997 haben wir eine Informationsveranstaltung mit Herrn Born vom Stadthaushotel Hamburg und Frau Sander vom Berufsbegleitenden Dienst in Oldenburg durchgeführt. Das Interesse war groß.

Wir haben in den letzten Monaten erfahren, daß Alle unsere Initiative für gut befinden, aber keiner hat uns bisher konkrete Hilfe zugesagt.

Wir könnten morgen anfangen, aber uns fehlt das Geld. Um die weitere Planung professioneller als bisher gestalten zu können, hat uns der Vorstand der Buxtehuder Lebenshilfe e.V. Unterstützung versprochen.

In Kooperation wollen wir versuchen, noch in diesem Jahr ein Provisorium für unsere Schulabgänger zu schaffen.

Ich danke Ihnen für Ihr Interesse.

AIB Wolfsburg - Arbeitsassistenz zur Integration Behinderter im PARITÄTISCHEN Sozialzentrum (Edwin Pfuhl)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich bin als Behindertenberater beim PARITÄTISCHEN Sozialzentrum in Wolfsburg tätig. Zu meinen Aufgaben gehören u.a. Hilfestellungen bei der Ausbildungs- und Arbeitsplatzsuche Behinderter und das Entwickeln und Umsetzen von Integrationsprojekten.

Seit Anfang 1996 existiert in Wolfsburg ein Arbeitskreis, der sich mit der beruflichen Situation von behinderten Menschen beschäftigt und alternative Möglichkeiten der Integration auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entwickeln möchte. Mitglieder dieses Arbeitskreises sind:

  • LehrerInnen der Schule für Körperbehinderte,

  • LehrerInnen der Schule für geistig Behinderte,

  • Elternvertreter der beiden Schulen,

  • Mitarbeiter des Arbeitsamtes,

  • die AG zur Förderung behinderter Kinder und Jugendlicher e.V. und

  • der Behindertenberater beim PARITÄTISCHEN Sozialzentrum.

Dieser Arbeitskreis hat das Konzept der "Arbeitsassistenz zur Integration Behinderter (AIB) Wolfsburg" erarbeitet, das ich Ihnen nun im Einzelnen vorstelle:

Die Zielgruppe:

  • Körper- und Sinnesbehinderte Menschen ohne Berufsausbildung,

  • AbgängerInnen der Schule für geistig Behinderte und der Schule für Körperbehinderte, die über ein Praktikum in den Arbeitsmarkt gelangen wollen und

  • MitarbeiterInnen der WfB, die eine Arbeitsstelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt suchen.

Das Projektziel, ist eine erfolgreiche und dauerhafte Integration von schwerbehinderten Menschen in reguläre, alsosozialversicherungspflichtige- und tarifrechtlich abgesicherte Beschäftigungsverhältnisse in Betriebe des allgemeinen Arbeitsmarktes.

Der Integrationsansatz sieht eine Vielzahl von begleitenden und unterstützenden Maßnahmen für alle Beteiligten vor. Im einzelnen werden folgende Ziele verfolgt:

  • Vermittlung in reguläre Beschäftigungsverhältnisse,

  • ausreichendes Einkommen, um eine selbständige Lebensführung zu ermöglichen,

  • berufliche Kenntnisse optimal einsetzen und weiterentwickeln sowie

  • Ergänzung der regionalen beruflich-rehabilitativen Angebote.

Erfolgreiche berufliche Integration ist nicht nur vom Leistungsvermögen der einzelnen abhängig, sondern auch von den betrieblichen Arbeitsbedingungen und -anforderungen, sowie von einem differenzierten Hilfe-angebot. Unser Konzept umfaßt folgende Bausteine:

Entwickeln individueller Fähigkeitsprofile,

  • Ermitteln der individuellen Fähigkeiten, Interessen und Einschränkungen in einem Fähigkeitsprofil,

  • Analyse der Leistungsfähigkeit und

  • arbeitsvorbereitende Qualifizierung der KlientInnen (Praktika)

Wer Schwerbehinderte in Betriebe des allgemeinen Arbeitsmarktes integrieren will, muß die fachlichen, sozialen und persönlichen Fähigkeiten seiner Klienten mit den zuständigen Stellen der Arbeitsverwaltung, den Reha-Trägern und den abgebenden Einrichtungen genau absprechen. Deshalb ist eine enge Kooperation erforderlich. Ziel dieser Abklärung ist die Ermittlung eines individuellen Interessen- und Fähigkeitsprofils des Arbeitsuchenden sowie die Klärung lebenspraktischer und sozialer Kompetenzen unter Einbezug der häuslichen und sozialen Bezüge. Die Eltern geistig Behinderter oder andere Angehörige sind Mitbeteiligte. Sie sind als Partner in die den Einzelfall betreffenden Planungen einzubeziehen, sofern der Schwerbehinderte einverstanden ist. Dazu gehört auch die Frage, ob der Behinderte motiviert und willens ist, sich den erhöhten Anforderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu stellen. Erst nach einer solchen gründlichen Anamnese können die weiteren Maßnahmen geplant werden, ein geeigneter Arbeitsplatz gesucht oder eine Qualifizierungsmaßnahme angegangen werden.

Erschließen von Arbeitsplätzen,

  • aktive Akquisition von Arbeits- und Praktikumsplätzen auf dem regionalen Arbeitsmarkt,

  • beraten der Arbeitgeber und

  • Arbeitspatzanalyse und Anpassung der Arbeitsplätze im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten entsprechend den Bedürfnissen der behinderten ArbeitnehmerInnen.

Die Fachkräfte gehen nach vorheriger Abstimmung mit dem Arbeitsamt auf Betriebe und Dienststellen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu, um geeignete Arbeitsplätze zu finden. In der Regel eignen sich Arbeitsstellen mit einem klar umrissenen Rahmen und eindeutig zu definierenden Tätigkeiten.

Neben den allgemeinen Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit, die das Ziel haben, Vorurteile gegenüber behinderten Menschen abzubauen, sind persönliche Betriebsbesuche unerläßlich. Die AIB muß auf jede nur denkbare Weise auf die Entscheidungsträger zugehen und konkrete Vorschläge zur Beschäftigung von Schwerbehinderten unterbreiten. Die Fachkraft stellt das Besondere der AIB vor, nämlich die neuen Mitarbeiter/innen am Arbeitsplatz selbst zu betreuen. Falls es zu Schwierigkeiten am Arbeitsplatz kommt, steht die AIB zur Krisenintervention zur Verfügung.

In der Regel werden die Maßnahmen mit Arbeitsversuchen, Betriebspraktika und Probebeschäftigungen, die nicht mit der Einstellungsverpflichtung des Arbeitgebers verbunden sein müssen, begonnen.

Ist ein Betrieb zur Einstellung eines Behinderten bereit, muß der in Frage kommende Arbeitsbereich auf seine Eignung überprüft und gegebenenfalls angepaßt werden. Unter Nutzung des vorhandenen fachlichen Instrumentariums erstellt die AIB Arbeitsplatz- und Tätigkeitsanalysen und vergleicht diese mit den Fähigkeiten und Voraussetzungen des Bewerbers. Die Bestimmung konkreter Tätigkeitsinhalte mit den zuzuweisenden Qualifikationselementen führt zur Auswahl und Bestimmung geeigneter Arbeitsplätze und ist die Grundlage für die Entscheidungen. Die Möglichkeiten zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen sind anzusprechen und anzuregen. Zu den Aufgaben des AIB gehört es auch, solche Möglichkeiten anzubahnen und dann wegen notwendiger Förderleistungen mit den zuständigen Stellen (Arbeitsamt und Hauptfürsorgestelle) in Verbindung zu treten. So kommen z.B. Förderungen zur Ausstattung von Arbeitsplätzen nach der SchwbAV in Betracht.

Qualifizieren am Arbeitsplatz

  • Einarbeiten am Arbeitsplatz durch Arbeitsbegleiter/innen/-assistent/innen der AIB Wolfsburg,

  • psychosoziale Unterstützung des Integrationsprozesses und Beratung des kollegialen Umfeldes

Kernelement des Unterstützungsangebotes ist die individuelle Qualifizierung am Arbeitsplatz. Auf der Grundlage eines Qualifizierungsplanes wird diese Tätigkeit von den Arbeitsassistent/innen durchgeführt. Intensität und Dauer der Arbeitsbegleitung orientieren sich an den Erfordernissen, die durch den/die jeweilige Arbeitnehmer/in und den Arbeitsplatz bestimmt sind. Berufliche Integration erfordert aber Qualifizierung nicht nur auf seiten der behinderten Arbeitnehmer/innen, sondern auch auf seiten der betrieblichen Mitarbeiter/innen.

Folgende Maßnahmen sind mit allen Beteiligten vorher abzuklären:

  • Arbeitseinsatz und die Arbeitsbedingungen, die Abeitszeit usw.

  • Verlaufsplan, Dauer von Erprobungs- und Praktikumszeiten sowie die weitere berufliche Perspektive und

  • der Einsatz von betrieblichen Kontaktpersonen, die in die Betreuung einbezogen werden könen.

Nachsorge

  • Langfristige Unterstützung der Beschäftigungsverhältnisse und gegebenenfalls

  • Intensivierung der Unterstützung am Arbeitsplatz

"Unterstützte Beschäftigung" geht davon aus, daß der Prozeß der beruflichen Integration langfristig betreut wird. Eine Betreuung sollte so lange durchgeführt werden, bis eine Stabilisierung am Arbeitsplatz erreicht ist. Im Rahmen der Nachsorge wird regelmäßig Kontakt gehalten zu der an den unterstützten Beschäftigungsverhältnissen beteiligten Personen, um den Integrationsprozeß zu stabilisieren und auf mögliche Problemsituationen rechtzeitig reagieren zu können. Mit zunehmender Stabilisierung des Arbeitsverhältnisses kann die Betreuung reduziert werden.

Für die Dauer der Maßnahmen sind sie jeweiligen Verhältnisse maßgebend. Praktika in Betrieben sollen einen Zeitraum von 4 Wochen nicht überschreiten. Spätestens nach der Dauer von 3 Monaten ist zu prüfen, ob die Übernahme in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis möglich ist. Die Betreuung durch den Fachdienst soll in der Regel spätestens nach 3 Jahren beendet sein. Sind gelegentliche oder regelmäßige Hilfestellungen weiterhin erforderlich, sollen diese im Rahmen der Begleitenden Hilfe erbracht werden.

Kooperationspartner

Schulen und die Werkstatt für Behinderte

Je nach Lage des Einzelfalles sucht der Fachdienst die Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der schulischen und beruflichen Qualifizierung und hält diese zur kontinuierlichen Abstimmung der Maßnahmen aufrecht. Ohne die enge Zusammenarbeit, z.B. mit den Schulen, den Werkstätten für Behinderte und gegebenenfalls auch den Eltern, ist die Auswahl der geeigneten Bewerber und ihre Qualifizierung nicht denkbar.

Hier sind intensive und unbürokratische Kooperationsbeziehungen der unmittelbar Beteiligten erforderlich. Im Interesse der Integration sollen diese Institutionen die erforderlichen Kontakte zu den neuen Arbeitgebern dem Fachdienst überlassen.

Bundesanstalt für Arbeit

Der Fachdienst ist verpflichtet, mit den zuständigen Stellen der Bundesanstalt für Arbeit konstruktiv zusammenzuarbeiten, insbesondere dann, wenn der Reha-Gesamtplan tangiert ist oder die Vermittlung in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis angestrebt wird.

Hauptfürsorgestelle

Die Fachkräfte nehmen an den von der Hauptfürsorgestelle veranstalteten Dienstbesprechungen und Fortbildungsmaßnahmen teil. Zu Beginn einer Eingliederungsmaßnahme berichten die Fachkräfte der Hauptfürsorgestelle über die für ihre Aufgabenerfüllung erforderlichen Einzelheiten: Schwerbehinderteneigenschaft, Vorabklärung der Eignung zur Teilnahme, Arbeitgeber und Tätigkeitsbereich, Rechtsform der Maßnahme, vereinbarte Dauer und Vergütung, Betreuungsabsprachen, Kooperation mit maßgebenden Einrichtungen und beteiligten Behörden. Nach Beendigung der Maßnahme ist ein Abschlußbericht zu erstellen, in der Regel auch ein halbjähriger Zwischenbericht. Die Hauptfürsorgestelle ist berechtigt, dem Träger Vorgaben für die Berichterstattung zu machen.

Fachbeirat

Zur inhaltlichen Beratung und Begleitung der Arbeit der AIB wird ein Fachbeirat gebildet. Ihm gehören je ein/e VertreterIn der Schulleitung und der Elternvertretung der Schule für Körperbehinderte und der Schule für geistig Behinderte, je ein Vertreter der Hauptfürsorgestelle, der Werkstatt für Behinderte, der Arbeitsgemeinschaft zur Forderung behinderter Kinder und Jugendlicher e.V., des Arbeitsamtes und des PARITÄTISCHEN an.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Berufsbegleitender Dienst in und um Oldenburg (Heike Sander, eine Ergänzung durch Heidi Beilstein)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

mit dem Fachdienst für geistig behinderte Menschen in Oldenburg wurde der erste Integrationsfachdienst für diesen Personenkreis in Niedersachsen eingerichtet.

Allgemeines Ziel des Integrationsfachdienstes ist es, Menschen mit einer Schwerbehinderung bei der Suche nach einem für sie geeigneten Arbeitsplatz auf dem sogenannten freien Arbeitsmarkt zu unterstützen. Durch den Integrationsfachdienst ist die Möglichkeit einer Berufswahlentscheidung für geistig Behinderte zwischen einer Tätigkeit in einer beschützenden Werkstatt oder einer tariflich eingebundenen Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verbessert worden.

Zum Personenkreis zählen anerkannte Schwerbehinderte mit geistiger Behinderung, Mehrfachbehinderung und Lernbehinderte mit einer Werkerausbildung oder ohne Ausbildungsfähigkeit, welche einer besonderen Unterstützung und einer Begleitung am Arbeitsplatz bedürfen. Die Hauptaufgabe des Integrationsfachdienstes besteht in der Zusammenführung der Interessen des Arbeitssuchenden sowie des Arbeitgebers.

Die Leistungen für die arbeitssuchende Person

In einem oder mehreren Beratungsgesprächen wird ein individuelles Interessen- und Fähigkeitsprofil erstellt, wobei neben der Motivation und den beruflichen Einsatzmöglichkeiten ebenso die sozialen und lebenspraktischen Kompetenzen ermittelt werden. Ein weiterer wichtiger Faktor besteht in der Klärung der gesamtheitlichen Lebenssituation, um im Anschluß auch in diesem Bereich eine stabilisierende und unterstützende Funktion zu erreichen.

Nach der Anpassung der Wünsche an die Realität auf dem Arbeitsmarkt und dem Herausfiltern der individuellen Einsatzmöglichkeiten in bestimmten Berufsfeldern erfolgt die Suche nach geeigneten Praktikumsstellen.

Bei der Akquisition von Arbeitsplätzen in Betrieben werden die individuellen Bedürfnisse und Wünsche der Schwerbehinderten soweit wie möglich berücksichtigt. Häufig ist in der Einarbeitungsphase eine Anpassung des Arbeitsplatzes an das vorliegende Fähigkeitsprofil möglich.

In der Regel wird die arbeitssuchende Person bereits beim Vorstellungsgespräch vom BBD begleitet. Im zweiten Schritt wird sie auf die genaue Tätigkeit im Betrieb vorbereitet.

Während der Praktikumsphase wird die Praktikantin/der Praktikant je nach individuellem Bedarf am Arbeitsplatz vom Integrationsfachdienst begleitet. Die Hilfestellung bei der Einarbeitung im Betrieb beinhaltet sämtliche arbeitsplatzbezogenen Fragen sowie die Einführung in die betrieblichen Strukturen wie z. B. Vorgesetzte, Pausenregelungen usw.

In persönlichen Beratungsgesprächen können Ängste und Unsicherheiten abgebaut werden, so daß das Einleben in einen Betrieb für die schwerbehinderte Person erleichtert wird. Während der Praktikumsphase und nach erreichter Einstellung in dem Betrieb bleibt der Integrationsfachdienst so lange, wie es die schwerbehinderte Person wünscht, begleitender Ansprechpartner. Regelmäßige Besuche am Arbeitsplatz ermöglichen das Besprechen von Problemen und Sorgen, bis auch hier selbständige Lösungswege gegangen werden können.

Die Leistungen für Arbeitgeber

Der Integrationsdienst sucht gemeinsam mit dem Arbeitgeber nach Einsatzmöglichkeiten für Schwerbehinderte, die dem Betrieb nützlich sind. Kollegen, Anleiter, Meister oder sonstige Ansprechpartner im Betrieb werden auf den neuen Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin vorbereitet.

Der Integrationsfachdienst bemüht sich um reibungslose Betriebsabläufe und wirkt beratend und unterstützend bei der Einarbeitung mit. Betriebswirtschaftliche Interessen werden voll einbezogen. Informationen über finanzielle Hilfen und Förderprogramme bei der Einstellung Behinderter zeigen konkrete Handlungsspielräume auf. Auch die häufig gestellte Frage nach der Kündigungsmöglichkeit wird beantwortet. Der Integrationsfachdienst unterstützt die Betriebe bei der Abwicklung, bei erforderlichen Antragstellungen usw. Umfang und Dauer der begleitenden Hilfe im Betrieb werden gemeinsam abgestimmt.

Der berufsbegleitende Dienst ist somit in allen Phasen der Eingliederung in einen Betrieb beteiligt und stellt für den Schwerbehinderten wie für die Betriebe eine Absicherung dar. Eine enge Zusammenarbeit mit den REHA-Vermittler/innen des Arbeitsamtes stellt zügige Abwicklungen sicher. Die Kooperation mit abgebenden Einrichtungen, Schulen und Behörden ist Bestandteil der Tätigkeit des Fachdienstes.

Der Integrationsfachdienst in Oldenburg wurde an den bereits bestehenden psychosozialen Dienst (zwei Kollegen) der Hauptfürsorgestelle angegliedert. Diese Maßnahme hat sich als sehr sinnvoll erwiesen, da Klienten, welche auch nach der Vermittlung noch eine kontinuierliche Begleitung benötigen, direkt an die Kollegen weitergeleitet werden können. Der BBD (Integrationsdienst und psychosozialer Dienst) ist für die folgenden Regionen zuständig: Landkreis Ammerland, Landkreis Oldenburg, Landkreis Wesermarsch, Stadt Delmenhorst und Stadt Oldenburg.

Vom Integrationsfachdienst wurden innerhalb der letzten zwei Jahre mehr als 50 Praktika organisiert und begleitet. Insgesamt ist es bisher zu 18 Festeinstellungen und sieben Zeitverträgen gekommen.

Bei den erfolgreichen Vermittlungen handelt es sich vorrangig um Helfertätigkeiten oder sogenannte Nischenarbeitsplätze, welche zusätzlich geschaffen werden, z. B. in Baumschulen, Tankstellen, in Großküchen, in der Lagewirtschaft, in Hol- und Bringdiensten, in der Serienfertigung der Bereiche Holz und Metall oder in Stationsküchen von Altenheimen.

Zur Zeit befinden sich ca. 25 Personen mit Arbeitsverträgen und ca. 20 Personen ohne Arbeit in enger Betreuung des Dienstes. Zusätzlich besteht eine Warteliste mit mehr als 20 Personen. Bei den Hilfesuchenden handelt es sich um Werkstattbeschäftigte, Abgangsschüler/innen von Sonderschulen oder langzeitarbeitslose behinderte Menschen, welche über das Arbeitsamt oder aus Fördermaßnahmen heraus auf den Dienst aufmerksam gemacht wurden. Angesichts einer Arbeitslosenquote zwischen 15 und 20 % in der Region sind die Bedingungen für eine erfolgreiche Integrationsarbeit zur Zeit denkbar ungünstig, da viele Wirtschaftszweige von Krisen geschüttelt werden und in der Tendenz eher ein Personalabbau angestrebt wird. Dennoch kann ermutigend festgestellt werden, daß selbst unter diesen erschwerten Bedingungen immer wieder Einstellungen erreicht werden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Ich werde, für den Verein Arbeitsassistenz in Oldenburg zur Arbeit des berufsbegleitenden Fachdienstes einige Anmerkungen zu machen. Ich komme dieser Bitte gerne nach. Ein wesentliches Ziel unserer Bemühungen als Verein Arbeitsassistenz ist mit der Gründung des berufsbegleitenden Dienstes in Oldenburg im April 1996 erreicht worden. Über einen regen Informationsaustausch hinaus bestand von Anfang an eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen dem BBD und unserem Verein, und wir bemühen uns, den Fachdienst zu unterstützen.

Im Verlauf der vergangenen zwei Jahre hat die stetig wachsende Zahl von Unterstützungssuchenden die Arbeitsbedingungen innerhalb des BBD verändert: Menschen mit unterschiedlichsten beruflichen Qualifizierungen, mit Verhaltensauffälligkeiten, mit mangelnder sozialer Kompetenz oder auch Abgänger von Sonderschulen stehen einer abnehmenden Zahl von Arbeitsplätzen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gegenüber. Damit erhöhen sich die Schwierigkeiten für den BBD, geeignete Arbeitsmöglichkeiten zu finden, aus denen über Praktikumsplätze hinaus feste Arbeitsplätze werden können. Der Einzugsbereich umfaßt zusätzlich zur Stadt Oldenburg großflächige Regionen im Umland, dies ist auch ein Grund für die rasch steigende Inanspruchnahme des Dienstes. Deutlich zeigt sich jetzt: In Oldenburg ist der Punkt erreicht, wo steigender Aufwand, Energie und Zeit für immer mehr Unterstützungssuchende nur eine Fachkraft überlastet. Arbeitsplatzbewerber auf eine Warteliste zu setzen oder womöglich abzuweisen, kann nicht die Lösung sein. Die liegt nach unserer Auffassung in der personellen Ausweitung des BBD in Oldenburg.

Ohne die Ausweitung des BBD ist die Vermittlung gerade von Menschen mit geistiger Behinderung fast unmöglich.

Intensive und sorgfältige Vorbereitung nach klar definierten Lernzielen erhöht die Erfolgschancen für diejenigen Schülerinnen und Schüler von Schulen für geistig Behinderte, die sich für einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entscheiden wollen. Gemeinsam mit der Schule für geistig Behinderte und den beteiligten Institutionen sucht unser Verein den Weg, dieses Vorhaben praktisch umzusetzen.

Ich danke Ihnen nicht nur für Ihre Aufmerksamkeit, sondern bitte Sie auch um Ihre Unterstützung bei unserer Forderung nach personeller Verstärkung des BBD in Oldenburg.

Arbeitsassistenz durch Betreuer nach dem Betreuungsgesetz - eine Ideenskizze (Eckhard Schimmack)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

behinderte Mitbürger verdienen, daß es ihnen ermöglicht wird, sich so in die Gesellschaft einzugliedern, daß sie sich selbstverwirklichen und selbstachten sowie auf eigene Leistungen blicken und sich auf sie stützen können. Deshalb gilt für Behinderte in Kindergarten, Schule und Beruf:

Mit Nichtbehinderten gemeinsam spielen, gemeinsam lernen, gemeinsam arbeiten, gemeinsam leben.

Um dieses Ziel insbesondere auch für das Berufsleben umzusetzen, sind Institute einzurichten, die gesellschaftlich finanziert, gezielt auf den betroffenen Behinderten zugeschnittene Arbeitsplätze auf dem freien Arbeitsmarkt erschließen, den Behinderten in den Beruf hinein begleiten und soweit und solange unterstützen, wie es für den Eingliederungserfolg wichtig und richtig ist (Arbeitsassistenz!).

Merke:

Letztes Ziel ist immer, daß sich die Arbeitsassistentinnen und -asstistenten so schnell und soweit wie möglich überflüssig machen. In besonderen Fällen muß die Arbeitsassistenz aber auch auf Dauer gewährt werden können.

Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden - auch nicht in der Arbeitswelt. Das bedeutet auch: Behinderte müssen die gleichen Lebens=Gestaltungsgsmöglichkeiten haben wie sie in unserer Gesellschaft üblich sind. Dabei hat die Arbeit eine erhebliche soziale,psychische und persönliche Funktion. Voraussetzung für eine Aufhebung, ja wenigstens Milderung der Benachteiligungen im täglichen Leben ist, daß auch behinderte Menschen zwischen verschiedenen Arbeits- und Berufsalternativen wählen und ihre berufliche Entwicklung mitgestalten können.

Mindestens müssen Behinderte wählen können, ob sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder ob sie in Werkstätten für Behinderte arbeiten wollen. Nach dieser Entscheidung muß es verschiedene Wege geben, auf denen das jeweilige Ziel erreicht werden kann.

Chancengleichheit kann hier nur erreicht werden durch flächendeckende Untertützungsangebote bei der Suche nach einem Arbeitsplatz und/oder Begleitung im Beruf. Die Arbeitsplätze müssen den Wünschen und Fähigkeiten der Betroffenen ent-sprechen. Diese Unterstützungsangebote müssen geschaffen werden.

Ideal wäre m.E. das flächendeckende Angebot von Integrationsfachdiensten mit qualifiziertem Personal, wie Arbeitsassistenten und Jobtrainern, möglichst mit einschlägiger Vorbildung, wie Sozialpädagogik, Betriebswirtschaft, Psychologie usw. (ausgebaute Arbeitsassistenzen).

Arbeitsassistenzen müssen mindestens:

  • Fähigkeitsprofile erstellen,

  • geeignete Arbeitsplätze erschließen,

  • die Qualifizierung und Begleitung am Arbeitsplatz vornehmen und

  • langfristige Nachbetreuung bieten/Hilfe in Krisensituationen leisten.

Ich fürchte, flächendeckende Angebote von Integrationsfachdiensten werden aus finanziellen Gründen in kürzester Frist nicht in die Tat umgesetzt werden. Um dennoch Arbeitsassistenz schnell und flächendeckend anzubieten, sollte das bewährte Institut der Betreuung nach dem Betreuungsgesetz eingesetzt und verbessert werden.

Damit sind wir endlich bei unserem eigentlichen Thema und da streiten oder scheiden sich die Geister. Ursache dafür ist nicht das Betreuungsrecht und Betreuungswesen selbst, sondern sind die davor gültig gewesenen Bestimmungen, die ein Nebeneinander von Vormundschaft und Gebrechlichkeitspflegschaft kannten. Ihre Mängel waren starre Eingriffe, bei denen nur zu oft die Restfähigkeiten der Betroffenen nicht ausreichend berücksichtigt und dadurch die Behinderten diskriminiert wurden.

Wenn auch Sie Bedenken dagegen haben, Betreuer als Arbeitsassistenten einzusetzen, hören Sie mich zu Ende an. Das Betreuungsrecht ist ganz anders, auch wenn es heute noch den einen oder anderen Richter oder Betreuer geben mag, der sich von den alten vorrechtlichen Regelungen noch nicht so ganz lösen kann.

Das neue und inzwischen bewährte Rechtsinstitut der Betreuung nimmt die betroffenen und behinderten Mitbürger ernst und stärkt nicht nur ihre Rechte, sondern auch ihre Position in der Gesellschaft. Im Vordergrund steht das individuelle, psychische und soziale Wohl der Betroffenen. Ihre Wünsche und Vorschläge sind verbindlich, soweit diese deren Wohl nicht zuwiderlaufen. Es sollen alle Möglichkeiten genutzt werden, den Zustand und die sozialen Umstände der Betroffenen zu verbessern, die Krankheit oder Behinderung zu beseitigen, eine Verschlimmerung zu verhindern oder die Folgen zu mildern [§1901 Abs. 2 S 1 BGB].Deshalb berührt die Bestellung eines Betreuers eine vorhandene Geschäftsfähigkeit des Betreuten nicht. Vielmehr soll der Betreute sein Leben nach eigenen Vorstellungen und Wünschen gestalten können (allerdings hat der Betreuer die Stellung eines gesetzlichen Vertreters, auch wenn der Betreute geschäftsfähig ist). Im Prinzip gilt aber immer auch: Ist der Betroffene einwilligungsfähig, kann der Betreuer die Einwilligung auch in dem festgelegten Aufgabenkreis anstelle des Betroffenen nicht erteilen.

Die Betreuung nach dem Betreuungsgesetz unterliegt relativ strengen Anforderungen. So muß der Betroffene i.d.R. volljährig sein und seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst besorgen können, z.B. nicht selbst Arbeitsverhältnisse gründen und durchhalten können. Ursache dafür muß eine psychische (Psychosen/Neurosen/seelische Störungen) Krankheit oder körperliche (Blindheit/Taubheit) oder seelische Behinderung sein.

Für die Bewältigung der Angelegenheiten, die nicht selbst besorgt werden können, haben sich verschiedene Aufgabenkreise herausgebildet. Diese Aufgabenkreise sind auf die notwendigen Bereiche zu beschränken und so konkret wie möglich in einem Gerichtsbeschluß anzugeben. Nur in dem "festgelegten" Aufgabenkreis vertritt der Betreuer den Betroffenen, in anderen Bereichen soll er behilflich sein.

Zu den bisher herausgebildeten Aufgabenkreisen zählen z.B. Schutz der Gesundheit, Vertretung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten. Dabei umfaßt die vermögensrechtliche Betreuung oft auch die Beschaffung von Arbeitsplätzen und die Begleitung während der Arbeit. (Schon allein um die Existenz des Behinderten zu sichern und/oder seine Schuldenregulierung einzuleiten).

Merke:

Ob dieser Aspekt der Betreuung in Angriff genommen wird, hängt heute regelmäßig von der Eigeninitiative des betreffenden Betreuers ab.

Vor der Bestellung von Betreuern wird geprüft, ob sie geeignet sind, die Angelegeheiten der zu Betreuenden tatsächlich zu besorgen. (Neben natürlichen Personen können auch juristische Personen, z.B. Betreuungsvereine, zum BETREUER bestimmt werden.)

Der Einsatz bereiter Betreuer für eine schnelle, flächendeckende Versorgung mit Arbeitsassistenzaufgaben hat folgende Vorteile:

  • Das Institut ist bekannt und bewährt.

  • Arbeitsassistenz ist so relativ preiswert zu haben, weil über Betreuer nach dem Betreuungsgesetz flächendeckend durch alle Amtsgerichte und Landkreisverwaltungen (dort: Betreuungsstelle) verfügt werden kann.

  • Bereits jetzt mindestens ein Aufgabenkreis (Vermögensbetreuung) be steht, in den auch die Aufgabe Arbeitsassistenz einbezogen werden kann.

  • Betreuer verfassen regelmäßig Berichte über den Erfolg/Nichterfolg der Arbeit mit den Betreuten an das Amtsgericht.

  • Fort- und Weiterbildung für Betreuer ist vorgesehen und geschieht bereits in einem bewährten Rahmen (auch durch regionale Betreuerfördervereine, allerdings anfangs fachliche und finanzielle Unterstützung aus dem Sozialbereich erforderlich!)

  • Akquisition von Arbeitsplätzen und Begleitung im Beruf durch Betreuer wäre möglich.

Ein Betreuer wäre sozusagen ein "Ein-Mann-Arbeitsassistenten-Dienst". Einen erfolgreichen "Ein-Frau-Arbeitsassistenten-Dienst" haben wir bereits; es ist der "Berufsbegleitende Dienst in und um Oldenburg".

Das flächendeckende endgültige Angebot von Arbeitsassistenzen könnte wie folgt aussehen:

  • Hauptschwerpunkt: Landeshauptstadt Hannover;

  • Schwerpunkte: Bezirksstädte;

  • Nebenschwerpunkte: Standorte der LKH und

  • im übrigen Betreuer.

Bis zur vollen Ausstattung des Landes mit QUALIFIZIERTEN ARBEITSASSI-STENZDIENSTEN sollte diese Aufgabe in den unterversorgten Gebieten im wesentlichen durch Betreuer wahrgenommen werden.

Arbeitsassistenz durch Betreuer ist aber auch selbst dort noch angebracht, wo zentrale Integrationsfachdienste bestehen. Immer wenn (oft psychisch) Behinderte den engen Kontakt zu ihren Betreuern brauchen, weil sie aufgrund schlechter Lebenserfahrungen neue Beziehungen nur schwer aufbauen können, sollte auch hier der Betreuer die Arbeitseinweisung und Begleitung übernehmen, um den Start in den Beruf nicht durch eine Kontaktüberhäufung zu gefährden.

Die alte Schule möchte auch in der Betreuung noch gerne streng unterscheiden zwischen rechtlichen und tatsächlichen Hilfeleistungen für die betroffenen Betreuten. Das entspricht aber nicht den tasächlichen Aufgabenstellungen im Leben. Wie auch Eltern nicht nur gesetzliche Vertreter sind, sondern auch alle anderen Hilfestellungen und Unterstützungen geben und dafür nur im Ausnahmefall einen Fachmann heranziehen, z. B. Betreuungsaufgabengebiet "Schutz der Gesundheit".

Arbeitsassistenz durch Betreuer ist die Organisation und teilweise Durchführung tatsächlicher Hilfen durch den Betreuer im Zusammenwirken mit den Firmen, die die jeweiligen Arbeitsplätze zur Verfügung stellen.

Was ist zu tun?

1.

In einer Werbekampagne sollten bereite Betreuer dafür gewonnen werden, sich auf die Aufgabe der ARBEITSBETREUUNG zu spezialisieren, so, wie es Betreuer gibt, die speziell Alte oder psychisch Kranke betreuen.

2.

Bereite Betreuer sollen schon jetzt mit persönlicher, fachlicher und finanzieller Unterstützung des Sozialministeriums für die "Arbeitsassistenz" weitergebildet werden. Dabei sollen auch die Betreuervereine und Betreuerfördervereine mit einbezogen werden.

3.

Richtlinien und sonstige Bestimmungen sollen schon jetzt so formuliert werden, daß in Gerichtsbeschlüssen in geeigneten Fällen die Aufgabe "Arbeitsassistenz" festgelegt werden soll.

4.

Später sollte in der Betreuung ein eigener Aufgabenkreis Arbeitsassistenz" eingerichtet werden.

Bedürfen Behinderte der Betreuung nach dem Betreuungsgesetz nicht, so vermitteln die Betreuungsstellen bereite Betreuer als Arbeitsassistenten. Diese unterstützen die Behinderten in entsprechender Weise auf vertraglicher Basis (abgerechnet würde bei vertraglicher Arbeitsassistenz mit den Landkreisen).

Merke:

Selbstverständlich werden Betreuungen aufgehoben, wenn die Voraussetzungen für die Betreuung entfallen sind, z.B. weil der Betroffene nunmehr seine Angelegenheiten selber regeln kann.

Die berufliche Integration Behinderter in den allgemeinen Arbeitsmarkt durch Arbeitsassistenzen und Betreuer muß die Gesellschaft als Chance erkennen und der Staat als eine wesentliche Aufgabe fördern und in Angriff nehmen. Deshalb ist Unterstützte Berufstätigkeit für unsere schwächsten Mitbürger voranzutreiben und sind entsprechende Einrichtungen zu schaffen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Ein Arbeitsplatz auf dem Bauernhof (Elin Schriever, Henriette Wehrmann)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

der Gärtnerhof Wendengarten besteht aus zwei Hofställen in Zasenbeck und Plastau. Zur Zeit werden 40 ha biologisch dynamisch bewirtschaftet. Gärtnerei und Landwirtschaft ergänzen sich im Sinne des Ideals eines in sich geschlossenen Betriebsorganismusses. Dem Hof ist noch ein kleiner Isländer-Reithof angeschlossen. Bewirtschaftet und belebt wird der Hof von sieben festen Mitarbeiter/innen, zwei bis fünf Lehrlingen und sieben Kindern. Vier Mitarbeiter/innen haben in heilpädagogischen Gemeinschaften gelebt und gearbeitet, in denen behinderte Kinder und Jugendliche in Schule, Ausbildung und Leben betreut und begleitet wurden. Die Hofgemeinschaft des Wendegartens sieht ihre Aufgabe in der Erzeugung von gesunden Nahrungsmitteln und der Erhaltung eines intakten Lebensraumes.

Immer deutlicher wurden in den letzten Jahren aber auch die sozialen und pädagogischen Aufgaben dieser landwirtschaftlichen Gemeinschaft. Zum einen werden junge Menschen in Gartenbau und Landwirtschaft ausgebildet; auch machen Schüler/innen diverser Waldorfschulen ihr Landwirtschaftspraktikum hier. Zum anderen aber kommen immer wieder Menschen, die diesen Lebensraum suchen, um ihr eigenes Leben durch die Arbeit hier besser begreifen zu können. In diesem Jahr nun möchten wir erstmals einen behinderten jungen Menschen aufnehmen, der gerne in der Landwirtschaft arbeiten will. Der überschaubare Rahmen, die täglich wiederkehrenden, notwendigen und sinnvollen Tätigkeiten auf dem Hof sowie das Gemeinschaftsleben als solches erscheinen uns gerade für einen behinderten Menschen als wünschenswertes Arbeits- und Lebensumfeld. Zur Betreuung stehen wechselweise zwei Mitarbeiter/innen zur Verfügung, die über heilpädagogische Erfahrung und eine therapeutische Ausbildung verfügen. Sie werden in den Arbeitsprozessen anleitend und helfend zur Seite stehen.

Wir danken Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Ass-Cari (Arbeitsassistenz und Integrationsfachdienst des Caritas Vereines Altenoythe e. V. ) (Ralf Sinnigen)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich möchte Ihnen das Modellprojekt Ass-Cari vorstellen. Ass-Cari steht für Arbeitsassistenz und Integrationsfachdienst beim Caritas-Verein Altenoythe. e. V.. Der Verein hat sich zur Aufgabe gestellt, sich um die Belange der Behinderten im Landkreis Cloppenburg zu bemühen. Somit sehen wir es auch als unsere Aufgabe an, uns um einen Integrationsfachdienst zu bemühen. Mit Ass-Cari verfolgen wir folgende Ziele:

1. Begleitung und Unterstützung von Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz

Wir sind der Meinung, daß gerade geistig behinderte Menschen eine intensive direkte Begleitung am Arbeitsplatz benötigen, soll es nicht bei dem frommen Wunsch ´dauerhafte Vermittlung´ bleiben. Konkret: Wir legen großen Wert auf Arbeitsassistenz.

2. Vergrößerung des Arbeitsplatzangebotes für Menschen mit Behinderung

In den Wohneinrichtungen für Behinderte ist es eine Selbstverständlichkeit, daß neben den klassischen Wohnheimen, Wohngruppen und auch ambulante Wohnbetreuung angeboten wird. Wohnmöglichkeiten nach den Wünschen und Bedürfnissen der Betroffenen.

Warum soll es etwas Ähnliches nicht auch für den Bereich Arbeiten geben? Also neben BBW, BfW und WfB auch eine zumindest befristete ambulante Betreuung am Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

3. Vermittlung von geeigneten WfB-Beschäftigten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Aus der WfB sind meiner Meinung nach jährlich ca. 2 % auf den allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelbar. Dieser Personenkreis kann und darf nicht in der Werkstatt verbleiben - sie sind dort, nicht zuletzt durch die Förderung in der WfB, fehlplaziert. Ohne Hilfe wären sie nicht in der Lage, einen Arbeitsplatz außerhalb der WfB zu finden, und die meisten von ihnen wären ohne intensive Unterstützung mit einer so einschneidenden Veränderung überfordert - zumindest längerfristig.

4. Information der Arbeitgeber über die Leistungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung

Nach wie vor haben sehr viele Menschen (Arbeitgeber) einen Schwermehrfachbehinderten vor Augen, wenn sie an Menschen mit geistiger Behinderung denken. Daß gerade Menschen mit Behinderung besonders motiviert sind, können sie nicht glauben. Es muß somit Aufgabe eines Integrationsdienstes sein, Arbeitgeber von der Leistungsfähigkeit behinderter Menschen zu überzeugen. D.h. es ist schlicht und ergreifend Klinkenputzen notwendig.

5. Information der Arbeitgeber über die Leistungen der Hauptfürsorgestellen und Arbeitsämter

Die wenigsten Arbeitgeber wissen etwas über die finanziellen Förderleistungen o.g. Stellen. Hierüber ist Information notwendig, um zu verdeutlichen, daß die Einstellung eines Behinderten finanziell kein Risiko in sich birgt.

Fast jeder Arbeitgeber hat Angst vor dem besonderen Kündigungsschutz Behinderter. Auch hier ist Information zur Angstreduzierung notwendig.

Zustimmungspflicht bedeutet nicht Ablehnung, sie soll lediglich dafür sorgen, daß behinderungsbedingte Nachteile abgemildert werden - evtl. durch weitere Zuschüsse bei der Arbeitsplatzgestaltung.

Zielgruppen von Ass-Cari wären folglich:

  1. Arbeitslose Schwerbehinderte mit unzureichender beruflicher Qualifikation

  2. (langjährig) geförderte Werkstattbeschäftigte

  3. Schulabgänger, die besondere Hilfestellung benötigen

  4. Teilnehmer des Arbeitstrainings der WfB

Als Einzugsgebiet für Ass-Cari könnten wir uns das klassische Einzugsgebiet des Caritas Vereins, den Landkreis Cloppenburg, vorstellen.

Der Landkreis Cloppenburg liegt im nordwestlichen Niedersachsen ca. 20 km westlich von Oldenburg. Er ist 1.418 qkm groß und hat lediglich 142.680 Einwohner. Damit zählt der Landkreis Cloppenburg zu den dünnbesiedelsten Landkreisen in Niedersachsen.

Grafik leider nicht vorahnden (Anmerkung bidok)

Dies birgt bei der ohnehin relativ hohen Arbeitslosenquote zusätzliche Probleme: Die Wege zwischen Wohnort und Arbeitsplatz sind relativ weit aber es gibt praktisch kein öffentliches Verkehrsnetz. Und wir alle wissen, daß gerade geistig behinderte Menschen in ihrer Mobilität sehr eingeschränkt sind.

Ich möchte nun zur praktischen Arbeit der Arbeitsassistenz kommen, d.h. so wie wir sie uns z.Z. vorstellen könnten. Dabei beziehe ich mich im Wesentlichen auf den Personenkreis der geistig Behinderten. Bei psychisch Kranken liegen die Schwerpunkte etwas anders:

Nachdem der Klient Kontakt zum Arbeitsassistenz aufgenommen hat, wird er oder sie zu einem Gespräch eingeladen.

Inhalte des Erstgespräches wären seine persönliche Lebenssituation, die Motivation und der Vertrag zwischen Klient und Ass-Cari.

Unter persönlicher Lebenssituation verstehen wir:

  • sein derzeitiger oder früherer Arbeitsplatz bzw. die Schulbildung

  • seine Wohnsituation

  • seine Mobilität

  • usw.

Unter Motivationsklärung ist zu verstehen, ob

  • es der ureigene Wunsch des Klienten ist, einen Arbeitsplatz auf den allg. Arbeitsmarkt zu finden oder ob es eher der Wunsch von Angehörigen oder anderen Betreuern (z.B. aus der WfB) ist

  • Welche Vorstellungen hat der Klient von seinem Arbeitsplatz - in welcher Branche möchte er einen Arbeitsplatz suchen

  • Welche Erwartungen verbindet er mit einem Arbeitsplatz auf dem allg. Arbeitsmarkt - Bezahlung, Arbeitszeit, usw.

Zum Schluß des Erstgespräches wird ein Kontrakt abgeschlossen, aus dem hervor geht, wie die zukünftige Arbeit aussieht und wer welchen Teil übernehmen muß.

Die Arbeitsassistenz übernimmt die Bestandsaufnahme, d.h. sie nimmt Kontakt zu früheren betreuenden Stellen oder Arbeitgebern auf, um sich ein umfassendes Bild vom Klienten zu machen. Wo hat er oder sie besondere Stärken, wo liegen seine Schwächen, warum konnte er den Arbeitsplatz nicht halten?

Die Ergebnisse aus dem Erstgespräch und der Bestandsaufnahme müssen nun miteinander verglichen werden und ggf. geklärt werden, wie es zu Differenzen kommt, bevor Perspektiven gemeinsam entwickelt werden können.

Nach der Perspektivenentwicklung sind u.U. weitere Qualifizierungsmaßnahmen notwendig, bevor die Suche nach einem Arbeitsplatz beginnen kann.

Die Bewerbung sollte je nach dem Einzelfall schriftlich oder mündlich; allein oder in Begleitung der Assistenz oder anderen Betreuern erfolgen.

In aller Regel werden Arbeitgeber sich nicht direkt auf einen Arbeitsvertrag einlassen.

Vorab ist sehr viel Information über den Bewerber und möglichen Förderungen notwendig sein. Auch die künftigen Kollegen sollten vorab informiert werden, mit wem sie es zukünftig zu tun haben werden ( Stärken, Schwächen, evtl. allgemeiner Umgang mit einem geistig Behinderten).

Wie bereits gesagt, die wenigsten Arbeitgeber dürften sich bei dem betroffenen Personenkreis sofort auf einen festen Arbeitsvertrag einlassen. Meistens wird eine Erprobung, also eine Probebeschäftigung und oder ein Praktikum vorgeschaltet werden müssen .

Je nach Einzelfall wird mehr oder weniger Assistenz am Arbeitsplatz notwendig sein. Dies ist zum einen abhängig vom individuellen Hilfebedarf des Klienten. Genau so wichtig ist es aber auch sich den Betrieb anzusehen - Größe und Art der Produktion, für welchen Teil der Produktion ist der Klient vorgesehen, wie groß ist die Bereitschaft von Vorgesetzten und Kollegen dem neuen Kollegen Zeit und Hilfestellung zu geben?

Konkret bedeutet dies, daß die Arbeitsassistenz die eigene Arbeit den betrieblichen Bedingungen gewissermaßen unterordnen muß.

Die aufgeführten betrieblichen Bedingungen, den meisten von uns sicher nicht ganz unbekannt, würden allesamt zu einer Überforderung beim Klientel führen, was zwangsläufig zum Scheitern am Arbeitsplatz führen müßte.

Ohne auf jeden einzelnen Punkt einzugehen, erscheint es mir logisch daß der Assistent am Arbeitsplatz Leistungsdruck herabsetzen muß, konkrete Rückmeldung geben muß, Arbeitsschritte erklären muß usw.

Nur auf den untersten Punkt "Leistungseinschränkungen können ambivalente Gefühle hervorrufen" möchte ich näher eingehen: Darunter ist zu verstehen:

  • So ein armer Kerl kann diese Arbeit nicht schaffen, daß muß ich als verantwortungsbewußter Kollege wohl selbst übernehmen.

oder

  • Was will so ein Schwachkopf bei uns im Betrieb, der nimmt uns doch bestimmt nur die Arbeit weg, weil ihm nicht gekündigt werden kann - wir müssen seine Arbeit mitmachen, wenn wir die Arbeit insgesamt schaffen wollen - hätte der Chef doch jemand Anderen eingestellt.

Beide Seiten wird der geistig Behinderte irgendwie wahrnehmen und er wird sich zwangsläufig unwohl fühlen. Der Assistent kommt also gar nicht darum herum, derartige Gedanken der Kollegen zu erkennen und kommt nicht darum herum, dieses auch zum Thema zu machen.

In der Nachbetreuungsphase ist es also immer noch sehr wichtig mit allen Beteiligten, dem Klienten, seinen Vorgesetzten und Kollegen im Gespräch zu bleiben. Selbstredend, daß die Häufigkeit mit der Zeit abnehmen muß, wobei gerade in akuten Krisen immer ausreichend Zeit sein muß.

An Langeweile wäre beim Assistenten am Arbeitsplatz auf keinen Fall zu denken.

Was spricht für einen Integrationsfachdienst in Trägerschaft des Caritas-Vereins, der auch Träger von WfB´s im Landkreis Cloppenburg. ist? Dahinter steckt die Frage, ob WfB`s und Integrationsfachdienste nicht beide um die sogenannten Leistungsträger der WfB`s buhlen?

Die Antwort ist eindeutig : NEIN!!!

  • der in Frage kommende Personenkreis ist zahlenmäßig geringer als man zunächst glaubt,

  • die Vergangenheit der Werkstätten hat gezeigt, daß ungeahnte Kräfte bei anderen Betreuten geweckt werden, wenn die Leistungsträger die Werkstatt verlassen.

Aber:

  • Werkstätten haben bereits Erfahrungen mit dem Personenkreis,

  • WfB`s haben Erfahrungen mit der Vermittlung von Behinderten. Dieser wichtigen Aufgabe kann aber bei dem insgesamt schlechten Personalschlüssel viel zu wenig Zeit eingeräumt werden um größere Erfolge zu haben,

  • die Werkstätten haben gute Kontakte zu vielen Betrieben in der Region,

  • die Werkstätten haben in der Region einen guten Ruf,

  • die Werkstätten haben eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu den örtlichen Arbeitsämtern aufgebaut - ohne eine gute Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt kann die Arbeit eines Integrationsfachdienstes aber nicht funktionieren.

D.h. zusammenfassend, daß insgesamt weniger vertrauensbildende Vorarbeit notwendig wäre, als dies bei einem neuen Träger notwendig wäre

Nicht zuletzt würde es für Kostenträger, Behörden und Betroffene immer schwieriger einen Weg durch den Dschungel der Anbieter zu finden.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Verabschiedung (Detlev Jähnert)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich hatte das Vergnügen, Sie vor rund sieben Stunden hier im Fritz-Haake-Saal begrüßen zu dürfen. Jetzt möchte ich Sie verabschieden und mich dafür bedanken, daß Sie der Einladung des "Niedersächsischen Bündnisses Unterstützte Beschäftigung" gefolgt sind. Mehr als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, darunter ein für uns besonders erfreulich hoher Anteil von Menschen mit Behinderung, haben das Angebot zur Information, zum Erfahrungsaustausch und zur Diskussion intensiv genutzt. Wir betrachten dies auch als ein weiteres Zeichen dafür, daß es nunmehr endlich auch in Niedersachsen Zeit wird, Unterstützte Beschäftigung, wie heute bereits mehrfach gefordert, flächendeckend einzuführen. Wir glauben, daß diese Veranstaltung dazu beigetragen hat.

Natürlich wissen wir, daß eine Veranstaltung allein wenig bewirkt. Wir sind uns sehr wohl bewußt, daß noch viel Überzeugungsarbeit gegenüber den politischen Entscheidungsträgern in diesem Land zu leisten ist, damit wir das Menschenrecht auf Arbeit auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt durchsetzen können. Dieser Workshop war der erste Schritt in die richtige Richtung. Wir werden auf Ihre Unterstützung angewiesen sein. Deshalb freuen wir uns über jeden, der sich künftig an der Arbeit unseres noch sehr jungen Bündnisses unterstützend beteiligt.

Ich beende die Veranstaltung mit drei Versprechen:

1.

Sie werden von uns hören bzw. lesen. Wir werden so bald als möglich eine Dokumentation über diese Veranstaltung erstellen, damit Sie die zahlreichen Eindrücke und Informationen, die Sie heute mitnehmen konnten, später noch einmal nachschlagen können. Die Dokumentation soll auch als Grundlage für weitere Diskussionen dienen.

2.

Die Menschen mit Behinderung in diesem Land, die ihre Chance auf einen Arbeitsplatz auch außerhalb der Werkstatt für Behinderte erhalten möchten, können mit uns rechnen. Wir werden alles im Rahmen unserer Macht Stehende tun, um die Menschen und alle Organisationen, Vereine und Initiativen, die an unserer Vision der Wahlfreiheit auf dem Arbeitsmarkt mitarbeiten wollen, zu unterstützen.

3.

Das Land Niedersachsen wird mit uns rechnen müssen. Wir werden als kritisch-konstruktiver Partner die weitere Entwicklung im Bereich beruflicher Rehabilitation behinderter Menschen in Niedersachsen beeinflussen. Wir werden mit konkreten Vorschlägen auf Politiker und Entscheidungsträger in Verwaltungen zugehen. Wie heute morgen bereits von Frau Chrestin angekündigt, werden wir nach Veröffentlichung der Dokumentation über diese Veranstaltung einen runden Tisch "Unterstützte Beschäftigung in Niedersachsen" ins Leben rufen. Dort wollen wir mit allen Beteiligten die heute vorgestellten Projekte besprechen und gemeinsam überlegen, wie diese zu realisieren sind.

Lassen Sie mich meine Ausführungen mit einem vielleicht etwas illusorischen Wunsch schließen. Wir würden Sie gerne in fünf Jahren zu einer erneuten Fachtagung einladen, um dort die zahlreichen regionalen Integrationsprojekte zur beruflichen Eingliederung behinderter Menschen in den allgemeinen Arbeitsmarkt in Niedersachsen vorzustellen. Ob dies gelingt, wird in der Zukunft von unserem Engagement und Ihrer Unterstützung abhängen.

Ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, den zahlreichen Helferinnen und Helfern zu danken, die Referate gehalten, die Infostände aufgebaut, aber auch all denen, die während der Veranstaltung im Hintergrund gewirkt haben, damit diese Veranstaltung möglich wurde. Hervorheben möchte ich die Aktion Grundgesetz und den Behindertenbeauftragten des Landes Niedersachsen, die diese Veranstaltung im wesentlichen finanziert haben. Die Kolleginnen und Kollegen des Freizeitheims Ricklingen, haben uns in jeder nur denkbaren Weise unterstützt. Auch ihnen gilt unser Dank.

Ihnen allen wünsche ich nun eine gute Heimfahrt und hoffe, daß wir gemeinsam in absehbarer Zeit die offizielle Gründung verschiedener Integrationsfachdienste in Niedersachsen feiern können.



[1] vgl. dazu "Psychiatrische Rahmenplanung in der Region Osnabrück", Osnabrück Februar 1997 und "Arbeit und Beschäftigung in Stadt und Landkreis Osnabrück", Osnabrück Juni 1997

C: Anhang

Presseerklärung

Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden -

auch nicht in der Arbeitswelt

Karl Finke und das "Niedersächsische Bündnis Unterstützte Beschäftigung" fordern "normale" Arbeitsplätze in "normalen" Betrieben für Behinderte

In der Broschüre "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden - auch nicht in der Arbeitswelt", die der Behindertenbeauftragte des Landes Niedersachsen am 22.07.1998 vorstellte, werden die Ergebnisse des Workshops vom 25.04.1998 in Hannover dokumentiert. Während des Workshops präsentierten 15 Projekte aus Niedersachsen die vielfältigen Möglichkeiten, Menschen mit Behinderung neben der Werkstatt für Behinderte auch in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren.

Das Spektrum reichte von der Arbeit des Berufsbegleitenden Dienstes für geistig Behinderte in Oldenburg, über die Möglichkeit, des Lebens und Arbeitens auf einem Bauernhof bei Walsrode, bis zu dem vom Bundesministerium für Arbeit am 21.04. d. J. als Modellprojekt anerkannten Integrationsfachdienst in Wolfsburg.

"Wer den Workshop besuchte und dort mit den Menschen mit Behinderung sprach, dem wurde schnell klar, daß nicht nur die Kreativität in der Erschließung von Dauerarbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung in Niedersachsen sehr groß ist, sondern auch, daß großer Bedarf nach solchen Arbeitsplätzen bei den Betroffenen besteht", so Karl Finke.

Finke fordert daher von den politisch Verantwortlichen: Jährlich 3 - 5 neue Integrationsfachdienste oder ähnliche Projekte zu finanzieren, so daß zum Ende dieser Legislaturperiode 20 - 25 Projekte behinderten Menschen aus Niedersachsen die Chance bieten, in den allgemeinen Arbeitsmarkt eingegliedert zu werden.

Die Broschüre ist kostenlos zu beziehen über:

Behindertenbeauftragter des Landes Niedersachsen

Postfach 1 41, 30001 Hannover

oder E-Mail: Detlev.Jaehnert@msas.land-ni.dbp.de

Lieferbare Schriften:

Bisher sind in unserer Schriftenreihe 23 Hefte erschienen.

Von diesen Heften sind noch vorrätig und können kostenlos bestellt werden:

Band 7

Behinderte Liebe. Wie l(i)ebe ich als behinderte Frau/behinderter Mann in dieser gesellschaft? Oktober 1996

Band 14

Wer: Wenn nicht wir? Wann: Wenn nicht jetzt? Selbstbestimmtes Leben in Niedersachsen, 3. Tätigkeitsbericht

Band 16

Integration in der Praxis, Heft 4, Bildungsurlaub für behinderte und nichtbehinderte Menschen, Erfahrungsberichte, Juli 1996

Band 19

Integration in der Praxis. "Selbstbestimmtes Wohnen - Wege zur Annäherung an ein notwendiges Ziel", September 1997

Band 20

Das Bürgerrecht auf Gleichstellung - Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik, November 1997

Band 21

Selbstbestimmung bis ins hohe Alter - Wie behinderte Menschen im hohen Alter leben wollen, März 1998

Band 22

Die Bioethik-Konvention: Ein Angriff auf die menschliche Würde, April 1998

Die Schriften können kostenlos bestellt werden:

Behindertenbeauftragten des Landes Niedersachsen

Postfach 141

30001 Hannover

oder per E-Mail: Detlev.Jaehnert@msas.land-ni.dbp.de

Quelle:

Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden - auch nicht in der Arbeitswelt

Herausgegeben vom Behindertenbeauftragten des Landes Niedersachsen, Juli 1998, Schriftenreihe Band 23

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 04.10.2006

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