Qualitätsdiskussionen in der beruflichen Integration

Themenbereiche: Arbeitswelt
Textsorte: Artikel
Releaseinfo: In: Feyerer, Ewald & Prammer, Wilfried (Hrsg.).(2004). Qual-I-tät und Integration. Beiträge zum 8. PraktikerInnenforum. Linz: Universitätsverlag Rudolf Trauner (Schriften der Pädagogischen Akademie des Bundes in Oberösterreich.
Copyright: © Helga Fasching, Mathilde Niehaus 2004

1 Qualitätsdiskussion am Beispiel Arbeitsassistenz

Qualitätsdiskussionen in der beruflichen Integration werden nicht erst seit heute geführt. Sie nehmen angesichts ökonomischer Sparzwänge, aber auch angesichts einer Vielzahl von Angeboten und Maßnahmen im Bereich der beruflichen Rehabilitation einen immer bedeutenderen Raum ein. Es geht bei Qualitätsdiskussionen häufig um die Fragen

  • aus Sicht der Betroffenen: "Welches Angebot, welche Maßnahme ermöglicht mir als Mensch mit Behinderung mein berufliches Ziel zu verwirklichen?"

  • aus Sicht der Eltern / Angehörigen: "Welches Angebot, welche Maßnahme soll meine Tochter / mein Sohn wählen, welche(s) ist gut und geeignet?"

  • aus Sicht der Anbieter/ Professionellen: "Wie können wir ein gutes Angebot planen und durchführen, damit Menschen mit Behinderung beruflich integriert sind?"

  • aus Sicht der Kostenträger / Fördergeber: "Welche Maßnahme ist zielführend für die berufliche Integration Behinderter und zugleich kostengünstig?"

Die Frage, was Qualität in der beruflichen Integration bedeutet, wird somit je nach Interessenlage unterschiedlich ausfallen. Da in den nächsten Jahren die Ressourcenverteilung an öffentliche und private Einrichtungen immer stärker ziel- und ergebnisorientiert erfolgen wird, ist eine mehrperspektivische Qualitätsdiskussion notwendig. Dabei wird die Entwicklung von Leitlinien und Qualitätskriterien zu fordern sein, die in einem gemeinsamen Prozess zwischen MitarbeiterInnen, TrägerInnen von Projekten, GeldgeberInnen und "KundInnen" ausgehandelt werden müssen. Schwarte & Oberste-Ufer (2001, 66) begründen die gemeinsame Beteiligung aller AkteurInnen im Qualitätsentwicklungsprozess: "Die NutzerInnen und ihre Angehörigen haben einen Anspruch auf Verbindlichkeit, Transparenz und Vergleichbarkeit der Angebote (Verbraucherschutz), die Fachkräfte sozialer Dienste haben ein subjektives und berufsständisches Interesse an der Definition von einheitlichen Standards für die Qualität ihrer Arbeit (Professionalisierung), die Kostenträger haben ein gesetzlich festgelegtes Recht, die qualitätsbewusste Verwendung öffentlicher Gelder zu überprüfen (Ressourcensteuerung)."

Diese mehrperspektivische Qualitätsdiskussion soll im folgenden am Beispiel der "Arbeitsassistenz" konkretisiert werden, da die Arbeitsassistenz als Maßnahme zur beruflichen Integration in Österreich einen besonderen Stellenwert einnimmt.

Seit der Novelle des BEinstG (Behinderteneinstellungsgesetz) mit 01. 01. 1999 sind die Maßnahmen der Arbeitsassistenz im BEinstG gesetzlich verankert. Demnach werden die Kosten der begleitenden Hilfe am Arbeitsplatz, insbesondere Arbeitsassistenz finanziell gefördert (vgl. Badelt & Österle 2001, 80). Die Arbeitsassistenzprojekte unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Zielgruppen. Ihr gemeinsamer Auftrag ist die berufliche Integration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Die im Gesetz festgelegten Ziele und Aufgaben der Arbeitsassistenz beschreiben den Dienst insgesamt als ambulanten professionellen Dienstleister zur Erlangung und Erhaltung von Arbeitsplätzen. Die Arbeitsassistenz unterstützt Menschen mit besonderen Bedürfnissen bei der Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer möglichst dauerhaften Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Arbeitsassistenz versteht sich als eine vernetzte, flexible und regionale Serviceeinrichtung zur passenden Vermittlung und Stabilisierung von Arbeitsverhältnissen. Im Mittelpunkt ihrer Tätigkeit steht deshalb die persönliche und zuverlässige Beratung und Unterstützung von Arbeitssuchenden, ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen (vgl. Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales 1996, 55f.).

2 Mehrperspektivische Qualität

Will man über Qualität in der Arbeitsassistenz diskutieren, so ist zuerst notwendig zu klären, was Qualität für die unterschiedlichen Interessengruppen bedeutet. Vorrangig beteiligt an Qualitätsdiskussionen sind derzeit AuftragerInnen der Arbeitsassistenz und MitarbeiterInnen der Arbeitsassistenz, in seltenen Fällen werden die NutzerInnen in Qualitätsplanung, -sicherung und -kontrolle einbezogen.

2.1 Perspektive AuftraggeberInnen

Die Qualität der Arbeitsassistenz wird seitens der AuftraggeberInnen ausschließlich über die Anzahl der Vermittlungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt gemessen und daran, wie viele Arbeitsplätze durch Interventionen gesichert werden konnten (=Ergebnisqualität). Das BSB (Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen) ist für die Qualitätskontrolle der TrägerInnen von Arbeitsassistenzprojekten verantwortlich. Sie erfolgt durch MitarbeiterInnen der Abteilung "Berufliche Rehabilitation" des BSB. Im Gremium einer sogenannten "Steuergruppe" werden die der Qualitätskontrolle zugrundeliegenden Kriterien gemeinsam festgelegt. Das "Controlling" basiert derzeit hauptsächlich auf quantitativen Messungen: Die Arbeitsassistenz muss vier Mal pro Jahr eine Quartalsstatistik über die betreuten und vermittelten Personen abgeben und am Ende des Jahres eine Jahresstatistik erstellen (Jahresbericht). Dieses "Controlling-System" richtet sich hauptsächlich auf sogenannte "hard facts". Es geht vor allem um die Frage, wie viele Arbeitsplätze wurden geschaffen, wie viele wurden gesichert, und wie viel Geld musste dafür aufgewendet werden. Qualität wird also hauptsächlich über das Schaffen bzw. Erhalten von Arbeitsplätzen am allgemeinen Arbeitsmarkt definiert, wobei im Vordergrund eindeutig der "dauerhafte Arbeitsplatz" für die betreute Person steht. Die Unterbringung in eine Beschäftigungstherapie ist für das BSB kein Erfolg. Laut BSB-Richtlinien wird demnach als Erfolgskriterium der Abschluss eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses gewertet, das "mindestens sechs Monate aufrecht ist". Ein gefährdetes Arbeitsverhältnis gilt als gesichert, wenn es zumindest sechs Monate nach Beginn der Intervention noch aufrecht ist. Ein gefundener Arbeitsplatz gilt aber nur dann als Erfolg, wenn er eine Vollbeschäftigung ermöglicht (38 Wstd.), ein 20stündiges Arbeitsverhältnis oder Teilzeitarbeit wird daher nicht als Erfolg gewertet. Genaue Erfolgsdefinitionen hinsichtlich der Vermittlungsquote werden gemeinsam mit dem Auftraggeber BSB und den Trägern von Arbeitsassistenzprojekten vereinbart und in Verträgen festgehalten. Nach dieser Vertragsvereinbarung hat jedes Projekt eine unterschiedlich hohe Auflage, welche erfüllt werden muss. Sehr oft handelt es sich dabei aber um eine Vermittlungsquote von 50 %. Vom Auftraggeber ist für die Arbeitsassistenz ein Betreuungsschlüssel von 1:20 vorgesehen, die Betreuungsdauer darf 2 Jahre nicht überschreiten (1/2 Jahr Vorbereitungszeit, max. 1 ½ Jahre Nachbetreuungszeit (vgl. Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales 1997, Kommentar zu den Richtlinien für die Förderung begleitender Hilfen).

2.2 Perspektive ArbeitsassistentInnen

ArbeitsassistentInnen bewerten die Qualität ihrer Arbeit nicht primär über Vermittlungszahlen in den allgemeinen Arbeitsmarkt - auch wenn dies das entscheidendste Qualitätskriterium für den Auftraggeber ist. Qualität sollte ihrer Meinung nach nicht durch Zahlen definiert werden, sondern es sollte die Betreuungsarbeit selbst als Qualitätskriterium gelten.

Qualität bedeutet für die ArbeitsassistentInnen, wenn sie in den verschiedenen Phasen der Beratung erfolgreich waren. Dazu gehören die individuelle Berufsorientierung, das Finden von Arbeits- und Ausbildungsplätzen mit integrativen Rahmenbedingungen am allgemeinen Arbeitsmarkt, die Suche von Praktikumsplätzen als Vorbereitung für den Berufseinstieg, die kontinuierliche längerfristige Begleitung am Arbeits- und Ausbildungsplatz, die Nachbegleitung als Beitrag zur Sicherung eines Arbeits- oder Ausbildungsverhältnisses. Des Weiteren ist die gelungene Vernetzung mit relevanten KooperationspartnerInnen (vor allem wurde das AMS dabei genannt) und die gelungene Einbeziehung aller wichtigen Akteure aus dem sozialen Umfeld der betroffenen Jugendlichen ein Erfolg (vgl. Beratungseinrichtung "Integration Wien - berufliche Integration durch Arbeitsassistenz, Jahresbericht 2001, 7; Autark-Integrationsfachdienst, Jahresbericht 2000-2001, 9).

Wegen der Sicherung erreichter Arbeitsverhältnisse spielt bei der Arbeitsassistenz die Frage der Dauerhaftigkeit eine größere Rolle. Damit rückt die Prozessqualität der Beratung der Arbeitsassistenz sehr viel mehr in den Blickpunkt. Dabei geht es nicht nur um Prozessqualität als einer bloßen Voraussetzung für Ergenisqualität, sondern um Prozessqualität im Sinne des so genannten "uno-actu-Prinzips": Erbringung einer Dienstleistung und ihr "Ergebnis" fallen unmittelbar zusammen oder sind doch zumindest so verbunden, dass die Bestimmung eines objektivierbaren Ergebnisses nicht oder nur schwer möglich ist. Die Ergebnisse (outputs) solcher Dienstleistungen sind prinzipiell nicht isoliert fassbar (etwa als Anzahl aufrechterhaltener Arbeitsverhältnisse), sie sind oftmals nur kumulativ wirksam (vgl. Schwarte & Oberste-Ufer 2001, 24f.).

2.3 Perspektive Jugendliche als NutzerInnen

Was als Qualität aus der Perspektive der Jugendlichen bzw. NuterInnen bezeichnet werden kann, ergibt sich nicht automatisch aus ihrer Zufriedenheit mit der Arbeitsassistenz. Die Jugendlichen sind zwar "Kunden", ihre Zufriedenheit ist wichtig, doch ist sie nicht alleiniger Maßstab von Qualität. Soll Qualität nicht nur an der Zahl der Vermittlungen oder mit der Befragung der Zufriedenheit der NutzerInnen gemessen werden, sondern auch daran, unter welchen fachlichen und inhaltlichen Aspekten eine Beratung durchgeführt wird, dann sind Qualitätskriterien auszuarbeiten, an denen sich die Beratungsarbeit mit den Jugendlichen orientiert (=Prozessqualität). Damit sollen pädagogisch relevante Kriterien in den Mittelpunkt der Qualitätsdiskussion gestellt werden.

Förderung der Selbstbestimmung

Die Grundgedanken der Selbstbestimmung (vgl. Metzler & Wacker 2001) entsprechen dem Selbstverständnis der Arbeitsassistenz. Die Arbeitsassistenz versteht sich als Ansprechpartnerin, die gemäß dem Prinzip der Selbstbestimmung dem/der einzelnen Jugendlichen die Hilfeanleitung gibt, die er/sie zur Realisierung seiner/ihrer beruflichen und sozialen Integration benötigt. Die Arbeitsassistenz unterstützt die Jugendlichen bei der Artikulierung ihrer eigenen Berufswünsche und -vorstellungen und fördert sie in der Ausführung ihrer selbstständigen Handlungen, so dass sie lernen, eigene Verantwortung zu übernehmen. Dies bedeutet für die Arbeitsassistenz, dass sie ihre Tätigkeit nicht als eine "Vermittlungsagentur" für Jugendliche mit Behinderungen verstehen darf, sondern im Wesentlichen als eine pädagogische Aufgabe, mit dem Ziel, Jugendliche in ihrer sozialen Entwicklung und bei der Verwirklichung ihrer Berufsperspektive behilflich zu sein.

Entwicklung einer Berufsperspektive entsprechend den individuellen Fähigkeiten

Bei Jugendlichen, die noch keine beruflichen Erfahrungen gemacht haben, soll die Berufsorientierung umfassend sein und viele unterschiedliche berufliche Perspektiven aufzeigen. Vor allem den weiblichen Jugendlichen sollen alternative Berufsmöglichkeiten (z.B. gewerblich-technische Berufsmöglichkeiten wie Malerin, Tischlerin, Graphikerin) angeboten werden. Eine Information über untypische Frauenberufe soll stattfinden (vgl. ibv 1996). Bei der anschließenden Berufswahl ist darauf zu achten, dass diese den Interessen und Fähigkeiten der Jugendlichen entspricht. Dazu wird in der ersten Beratungsphase vor der eigentlichen Integration in ein Arbeitsverhältnis ein differenziertes Fähigkeitsprofil gemeinsam mit den Jugendlichen entwickelt.

Praktika

Entsprechend den individuellen Interessen und Fähigkeiten der Jugendlichen werden Praktikumsplätze ausgewählt, die für eine spätere Arbeitstätigkeit bzw. für das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses relevant sein könnten. Praktika erweisen sich bei der Zielgruppe der Jugendlichen als besonders hilfreich, um ihre Interessen und Fähigkeiten praxisnahe zu erproben. Untersuchungen zur Arbeitsassistenz konnten feststellen, dass Betriebspraktika eine zentrale Schlüsselstellung im Integrationsprozess einnehmen. Bei 82% der Personen, die ein Betriebspraktikum durchgeführt haben, konnte anschließend ein Arbeitsvertrag mit demselben Betrieb - in dem das Praktikum durchgeführt worden war - abgeschlossen werden. "Dabei scheint das erste Praktikum einen zentralen Platz im Prozess der Passung von Anforderungen und Fähigkeiten einzunehmen: Zum Ende kann eine relativ genaue Entscheidung darüber getroffen werden, ob a) eine betriebliche Integration erfolgversprechend erscheint und b) weitere Praktika die Chancen einer Vermittlung auf dem allgemeinen Arbeitsplatz erhöhen" (Barlsen et al. 1999, 9). Dies setzt voraus, dass Praktika, die sowohl diagnostische als auch qualifizierende Funktionen erfüllen, intensiv begleitet werden.

Passung zwischen Fähigkeiten und Anforderungen

Der angestrebte Arbeitsplatz soll in seinen Anforderungen den Fähigkeiten der Jugendlichen entsprechen; oder er muss - was sich in der Praxis häufig zeigt - fähigkeitsadäquat unter Berücksichtigung der Interessen der Betriebe und der Jugendlichen ausgestaltet werden (vgl. Bungart & Putzke 2001). Bei der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes ist zu beachten, dass der gegebene Arbeitsplatz in seinen Anforderungen auf die Fähigkeiten der Jugendlichen zurechtgeschnitten wird, um ein vorzeitiges Ausscheiden zu vermeiden.

Förderung arbeitsbezogener und sozialer Kompetenzen

Die Qualifizierung am Arbeitsplatz soll dementsprechend individuell gestaltet und auf der Grundlage der eruierten Fähigkeiten der Jugendlichen konzipiert werden (vgl. Bungart & Putzke 2001). Jugendliche benötigen Unterstützung für die Entwicklung unmittelbar arbeitsbezogener Kompetenzen sowie im Besonderen für die Entwicklung ihrer sozialen Kompetenzen. Die Bemühungen sollen sich demnach nicht nur auf das Üben von tätigkeitsbezogenen Fähigkeiten, die Vermittlung geeigneter Bewerbungsstrategien oder die Explikation beruflicher Ziele beschränken. Um ein stabiles Selbstwertgefühl aufzubauen, sollen die Jugendlichen durch ein Sozialtraining im Arbeits- und Sozialverhalten geübt werden. Dieses Training soll auch der berufsbezogenen Motivationsförderung der Jugendlichen dienen (vgl. Grünke & Ketzinger 2000). Das Selbstwertempfinden dieser Jugendlichen, ihr Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit und Strategien, um mit den kommunikativen und sozialen Herausforderungen des Arbeitslebens umzugehen, sollen im Mittelpunkt der Beratung stehen.

Unterstützung bei der sozialen Integration im Betrieb

Um die berufliche Integration dauerhaft zu sichern, unterstützt die Arbeitsassistenz die Jugendlichen in ihrer sozialen Akzeptanz im Betrieb. Denn: Die Platzierung der Jugendlichen auf einen Arbeitsplatz am allgemeinen Arbeitsmarkt bedeutet nicht, dass diese dort auch sozial integriert sind (vgl. Plath & Blaschke 1999). Die Qualität der Beratung und der Erfolg der Maßnahme hängt also wesentlich davon ab, ob es der Arbeitsassistenz gelingt, die soziale Integration der Jugendlichen im Betrieb zu fördern.

Einbeziehung des sozialen Netzwerkes

Für eine dauerhafte berufliche Integration von Jugendlichen ist nicht nur die Situation des Arbeitsplatzes ausschlaggebend, sondern auch das hinter den Jugendlichen stehende soziale Netzwerk. Vor allem die Eltern üben einen entscheidenen Einfluss dahingehend aus, ob die berufliche Integration ihrer Kinder gelingt. Eine wesentliche Aufgabe der Arbeitsassistenz ist es daher, die Kooperation der Eltern zu gewinnen, sie für die Bedeutung der beruflichen Integration ihrer Kinder zu sensibilisieren sowie diese bei ihren bereits vorgenommenen eigenen Anstrengungen zu entlasten (Schartmann 1999).

Kooperation

Um einen optimalen Informationsaustausch mit relevanten Institutionen, die am Integrationsprozess unmittelbar beteiligt sind, zu gewährleisten, hat die Arbeitsassistenz ein umfangreiches Kooperationsnetz aufgebaut. Zu den wichtigsten KooperationspartnerInnen zählen - neben den Betrieben und den Angehörigen - die Schulen, der pädagogisch-psychologische Dienst und das Arbeitsmarktservice. "Hierbei kommt es vorrangig darauf an, die unterschiedlichen Kompetenzen für den Beratungsprozess verfügbar zu machen und in der Zusammenarbeit kontinuierlich auszubauen." (Appelhans et al. 1992, 83) Der gelungene Informationsaustausch z.B. mit den Schulen und dem pädagogisch-psychologischen Dienst ermöglicht eine differenziertere Beurteilung der Leistungs- und Sozialsituation der Jugendlichen. Durch den gelungenen Informationsaustausch mit dem Arbeitsmarktservice erhält die Arbeitsassistenz die aktuellen Informationen über freie Lehrstellen und Arbeitsplätze in der Region (Bundesanstalt für Arbeit 2002).

Es wurden Kriterien der Prozessqualität zusammengefasst, die eine erfolgreiche Integration in der Arbeitsassistenz bezogen auf die Zielgruppe der Jugendlichen gewährleisten sollen. Darüber hinaus muß betont werden, dass eine gute Beratung nur durch die Bereitstellung notwendiger Rahmenbedingungen erfolgreich sein kann. Die Leistungsfähigkeit der ArbeitsassistentInnen ist zu einem entscheidenden Anteil von Strukturqualität abhängig, d.h. von der Gewährleistung bestimmter Rahmenbedingungen. Dazu gehört eine notwendige materielle und personelle Ausstattung. Dabei müssen Kapazitäten auch bereitgestellt werden, die für die Klärung beruflicher Perspektiven, für Beratungen aus dem sozialen Netzwerk der Jugendlichen und für nicht vorhersehbare Formen der Krisenintervention im betrieblichen Umfeld problemadäquat verfügbar sind. ArbeitsassistentInnen mit dieser Zielgruppe benötigen daher:

  • eine längere Phase der Vorbereitung zur Abklärung beruflicher Perspektiven

  • einen höheren Zeitaufwand für das Training arbeitsbezogener und sozialer Kompetenzen

  • einen höheren Zeitaufwand für die Beratung von ArbeitgeberInnen und ArbeitskollegInnen zum Abbau von sozialen Vorurteilen

  • einen höheren Aufwand für die Einbeziehung und Unterstützung des sozialen Umfeldes

  • einen höheren Aufwand in der Nachbetreuung zur Stabilisierung der Arbeitsverhältnisse (vgl. Grünke & Ketzinger 2000; Petermann & Petermann 1995).

3 Empfehlungen zur Qualitätssicherung und -optimierung für die Praxis

Zukünftige vom Auftraggeber gesetzlich vorgeschriebene Leistungsvereinbarungen sollten sowohl quantitative als auch qualitative Aspekte beinhalten. Die Bestimmung von Qualitätskriterien soll dem Zweck dienen, dass damit dem Auftraggeber nicht nur die Darlegung der quantitativen Erfolge (Vermittlungsquote) möglich wird, sondern auch die der qualitativen Erfolge. Dadurch kann eine einseitige Ausrichtung der Bewertung des Erfolges der Arbeitsassistenz an quantitativen Kriterien - sowohl in der Arbeitsassistenz als auch für den Auftraggeber - vermieden werden. Es stellt sich natürlich hier die Frage, ob bei der Arbeitsassistenz, bei der es um die Integration von besonders benachteiligten Menschen geht, eine Orientierung an Vermittlungszahlen überhaupt sinnvoll ist. Eine Orientierung an der Vermittlung hat Auswirkungen auf den gesamten Prozess der Beratung (vgl. Braun & Lesch 2000; Bungart, Supe & Willems 2000).

Für die prozessualen und strukturellen Rahmenbedingungen sollen geeignete Mindeststandards entwickelt werden, die garantieren, dass die Jugendlichen, die Betriebe und die KooperationspartnerInnen gut beraten werden können. Es sollte auch darauf geachtet werden, dass pädagogische Aktivitäten wie z.B. die Berufsorientierung und das Sozialtraining der Entwicklungsförderung der Jugendlichen dienen. Da damit auch unweigerlich Anschaffungen verbunden sind, sollte von Seiten der Träger überlegt werden, wie die Kosten dafür bestritten werden können (z.B. Computer mit Internetanschluss, Berufsorientierungstest, Assessmentinstrumente). Aber auch von Seiten der Kostenträger sind entsprechende Ressourcen bereitzustellen.

Die Betreuungszeiten für die arbeitssuchenden Jugendlichen sollten grundsätzlich ausreichend gewährleistet werden. Für die Zielgruppe der Jugendlichen sollte eine längere Vorbereitungszeit als sechs Monate vorgesehen werden, und die Phase der Nachbetreuung müsste über die vorgesehenen eineinhalb Jahre hinausgehen. Bei Jugendlichen, die in einem Lehrverhältnis stehen, sollte demnach eine Nachbetreuung über die gesamte Lehrzeit ermöglicht werden, also in der Regel 3 Jahre.

Vom Auftraggeber ist für die Arbeitsassistenz ein Betreuungsschlüssel von 1:20 vorgesehen, der jedoch in der Praxis aufgrund der großen Nachfrage deutlich höher liegt - im Durchschnitt bei 1:35. Die Folge ist, dass die vermittelten Jugendlichen von der Arbeitsassistenz nicht mehr intensiv genug am Arbeitsplatz beraten und begleitet werden können (vgl. Autark-Integrationsfachdienst, Jahresbericht 2000-2001). Diese arbeitsplatzbezogene Beratung und Begleitung wäre aber gerade für Jugendliche eine Notwendigkeit, um eine dauerhafte berufliche Integration zu sichern. Es kann davon ausgegangen werden, dass, je günstiger die Betreuungsrelation ist, desto größer der Anteil an pädagogischen Aktivitäten ist. Um den Betreuungsschlüssel angemessen zu senken (1:20), ist eine Aufstockung des Personals notwendig.

Für das Gelingen einer erfolgreichen beruflichen Integration ist die Qualifizierung der ArbeitsassistentInnen von großer Bedeutung. Sie sollten die Möglichkeit zu einer regelmäßigen berufsbegleitenden Weiterbildung erhalten und auch dazu verpflichtet werden. Die vielseitigen Aufgabenfelder der Arbeitsassistenz erfordern ein breites Wissen in unterschiedlichen Fachgebieten. Neben (sonder-)pädagogischen Qualifikationen sind unter anderem Kenntnisse über rechtliche Grundlagen, Akquisitionsstrategien sowie Methoden der Gesprächsführung gefragt. Die Arbeitsassistenz ist eine aus der Praxis entstandene Profession, für die es bis vor kurzem keine umfassende Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten gab. Es scheint daher dringend erforderlich, eine angemessene Qualifikation der Fachkräfte zu gewährleisten, auch um einen inhaltlichen Erfahrungsaustausch innerhalb dieser Berufsgruppe zu sichern. Durch externe Supervision sollte der Beratungsprozess regelmäßig reflektiert und vor allem im Hinblick auf Lösungsstrategien durchdacht werden (vgl. Bauer 1998).

Für das Gelingen einer guten Beratung ist es wichtig, dass alle am Integrationsprozess beteiligten Personen und Institutionen zueinander kommen und miteinander kooperieren. Dafür ist eine gut organisierte Vernetzungsarbeit notwendig.

Eine leistungsgerechte Honorierung der ArbeitsassistentInnen und ein unbefristeter Arbeitsvertrag sind zudem wichtige Kriterien für die Motivation und folgedessen für eine gute Beratung. Für ArbeitsassistentInnen sollten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine längerfristige Ausübung dieser Tätigkeit attraktiv werden lassen (vgl. Autark-Integrationsfachdienst, Jahresbericht 2000-2001; Hovorka 2001; Strutz 1999).

Die Jugendlichen befinden sich in der Regel im letzten Schuljahr oder haben erst vor kurzem die Schule beendet. Die Betroffenen suchen nach integrativen Angeboten sowohl für die Phase der Qualifizierung als auch für die Ausübung eines Berufs. Zwar ist mittlerweile das Angebot der Arbeitsassistenz bekannt, und auch die BeraterInnen beim Arbeitsmarktservice informieren die Eltern und die Jugendlichen über das Angebot der Arbeitsassistenz. Die Arbeitsassistenz für Jugendliche ist aber oftmals (noch) nicht vor Ort zur Verfügung, und die genannte Zielgruppe kann vielfach von der Arbeitsassistenz nicht beraten werden. Außerdem werden qualifizierende Maßnahmen nicht integrativ, d.h. in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes, angeboten. Daher ist eine Ausweitung des Angebotes der Arbeitsassistenz auch für Jugendliche flächendeckend dringend erforderlich.

4 Ausblick

Aus Gründen der Qualitätssicherung und -entwicklung wäre es aus zusammenfassenden Erkenntnissen wünschenswert, wenn in Österreich die Verständigung auf ein gemeinsames Qualitätssicherungskonzept für die Arbeitsassistenz gelänge. Zwischen dem Auftraggeber BSB (Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen) und den Arbeitsassistenzprojekten soll eine flächendeckende Kommunikation und der Informationsaustausch über gemeinsame Qualitätssicherungsverfahren stattfinden. Dafür müssten bundesweit Fachgremien eingerichtet werden. Die Forschung kann hier einen Beitrag leisten, indem sie diese Fachgremien durch Prozessevaluationen begleitet und sie dadurch bei ihrem Qualitätsentwicklungskonzept unterstützt. Darüber hinaus ist grundsätzlich auf die Institutionalisierung nicht nur externer, sondern insbesondere auch interner dialogischer Strategien zur Qualitätssicherung zu verweisen.

Literatur

Appelhans, P., Braband, H., Düe, W. & Rath, W. (1992). Übergang von der Schule ins Arbeitsleben. Bericht über ein Projekt mit sehgeschädigten jungen Menschen. Hamburg: Hamburger Buchwerkstatt.

Autark-Integrationsfachdienst. Jahresbericht 2000-2001. Klagenfurt: Autark-Integrationsfachdienst.

Badelt, Ch. & Österle, A. (2001). Grundzüge der österreichischen Sozialpolitik. Spezieller Teil: Sozialpolitik in Österreich. Wien: Manz Verlag.

Barlsen, J., Bungart, J., Hohmeier, J. & Mair, H. (1999). Integrations-begleitung in Arbeit und Beruf von Menschen mit Lern- oder geistiger Behinderung. Online abrufbar unter: http://bidok.uibk.ac.at/library/imp12-99-untersuchung.html (Stand: 17.05.2010, Link aktualisiert durch bidok).

Bauer, Petra (1998). Supervision als Instrument der Qualitätssicherung? In E.-J. Brunner & P. Bauer (Hrsg.), Soziale Einrichtungen bewerten. Theorie und Praxis der Qualitätssicherung (107-134).

Beratungseinrichtung Integration Wien. Berufliche Integration durch Arbeitsassistenz. Jahresbericht 2001. Wien: Beratungseinrichtung Integration Wien.

Braun, H. & Lesch, B. (2000). Modellprojekt "Integrationsfachdienste in Rheinland-Pfalz. Abschlussbericht zur Begleitforschung. Universität Trier: Zentrum für Arbeit und Soziales (ZENTRAS).

Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.). (2002). Berufliche Rehabilitation junger Menschen. Handbuch für Schule, Berufsberatung und Ausbildung. Nürnberg: Bundesanstalt für Arbeit.

Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (1996). Bericht zur Lage behinderter Menschen Nr. 2 - Berufsausbildung/Arbeit. Wien: Bundesministerium für Arbeit und Soziales.

Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales (1997). Kommentar zur Förderung begleitender Hilfen gem. § 6 Abs. 1 BEinstG, September 1997. Wien: Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

Bungart, J. & Putzke, S. (2001) Einarbeitung am Arbeitsplatz und der Prozess der betrieblichen Integration. In J. Barlsen & J. Hohmeier (Hrsg.), Neue berufliche Chancen für Menschen mit Behinderung. Unterstützte Beschäftigung im System der beruflichen Rehabilitation. Düsseldorf: Verlag Selbstbestimmtes Leben (111-160).

Bungart, J., Supe, V. & Willams, P. (2000). Qualitätssicherung und -entwicklung in Integrationsfachdiensten. Ergebnisse eines Modell-projektes zur Einführung eines Qualitätsmanagementsystems in Fachdiensten zur beruflichen Eingliederung von Menschen mit Behinderungen (Abschlussbericht). Münster: Westfälische Wilhelms-Universität Münster.

Grünke, M. & Ketzinger, W. (2000). "Jobcoaching": ein Konzept zur beruflichen Eingliederung von Jugendlichen aus Schulen für Lernbehinderte. In Die neue Sonderschule, 45, 6 (429-444).

Hovorka, H. (2001). Integration durch regionale Arbeitsassistenz in NÖ. (Studie im Auftrag des Bundessozialamtes für Wien, NÖ u. Bgld. 2000/01). Endbericht. Klagenfurt: Universität Klagenfurt.

Informationen für die Beratungs- und Vermittlungsdienste der Bundesanstalt für Arbeit (Ibv).(1997). Behinderte junge Frauen bei der beruflichen Erstein-gliederung. Ergebnisse eines Workshops. In Informationen für die Beratungs- und Vermittlungsdienste der Bundesanstalt für Arbeit: Nürnberg (289-297).

Metzler, H. & Wacker, E. (2001). Zum Qualitätsbegriff in der Behindertenhilfe. In H.-J. Schubert & K.-J. Zink (Hrsg.), Qualitäts-management im Gesundheitswesen (2. Auflage). Neuwied; Kriftel: Luchterhand Verlag.

Petermann, U. & Petermann, F. (1995). Training mit Jugendlichen: Förderung von Arbeits- und Sozialverhalten. In A. Hundsalz, H.-P. Klug & H. Schilling (Hrsg.), Beratung für Jugendliche. Lebenswelten, Problemfelder, Beratungskonzepte. Weinheim; München: Juventa Verlag (237-247).

Plath, H.-E. & Blaschke, D. (1999). Probleme der Erfolgsfeststellung in der beruflichen Rehabilitation. In M. Niehaus (Hrsg.), Erfolg von Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation. Freiburg im Breisgau: Lambertus Verlag (9-28).

Scharte, N. & Oberste-Ufer, R. (2001). Qualitätssicherung und -entwicklung in der sozialen Rehabilitation Behinderter: Anforderungen an Prüfverfahren und Instrumente. In H.-J. Schubert & K.-J. Zink (Hrsg.), Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen (2. Auflage). Neuwied; Kriftel: Luchterhand Verlag.

Schartmann, D. (1999). Persönlichkeitsfördernde Arbeitsgestaltung mit geistig behinderten Menschen. Münster: LIT Verlag.

Schildmann, U. (1996). Integrationspädagogik und Geschlecht. Theoretische Grundlegung und Ergebnisse der Forschung. Opladen: Leske + Budrich Verlag.

Quelle:

Helga Fasching, Mathilde Niehaus: Qualitätsdiskussionen in der beruflichen Integration

In: Feyerer, Ewald & Prammer, Wilfried (Hrsg.). (2004). Qual-I-tät und Integration. Beiträge zum 8. PraktikerInnenforum. Linz: Universitätsverlag Rudolf Trauner (Schriften der Pädagogischen Akademie des Bundes in Oberösterreich.

bidok - Volltextbibliothek: Wiederveröffentlichung im Internet

Stand: 17.05.2010

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